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Document 52010IG0318(02)
Initiative of the Kingdom of Belgium, the Republic of Bulgaria, the Republic of Estonia, the Kingdom of Spain, the French Republic, the Italian Republic, the Republic of Hungary, the Republic of Poland, the Portuguese Republic, Romania, the Republic of Finland and the Kingdom of Sweden with a view to the adoption of a Directive of the European Parliament and of the Council on the European Protection Order
Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumäniens, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Schutzanordnung
Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumäniens, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Schutzanordnung
ABl. C 69 vom 18.3.2010, p. 5–18
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
18.3.2010 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 69/5 |
Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumäniens, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Schutzanordnung
(2010/C 69/02)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe d,
auf Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumäniens, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln. |
(2) |
Artikel 82 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (VAEU) sieht vor, dass die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen beruht. |
(3) |
Gemäß dem Stockholmer Programm, das der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 10./11. Dezember 2009 angenommen hat, könnte sich die gegenseitige Anerkennung auf alle Arten von gerichtlichen Urteilen und Entscheidungen erstrecken, seien sie – abhängig vom Rechtssystem – strafrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art. In dem Programm wird ferner darauf hingewiesen, dass für Opfer von Straftaten besondere Schutzmaßnahmen vorgesehen werden können, die innerhalb der Union wirksam sein sollten. |
(4) |
In seiner Entschließung vom 2. Februar 2006 zu der derzeitigen Lage bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und künftigen Maßnahmen empfiehlt das Europäische Parlament den Mitgliedstaaten, eine Nulltoleranz-Politik gegenüber jeder Form von Gewalt gegen Frauen zu verfolgen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu treffen, um einen besseren Schutz und eine bessere Unterstützung für tatsächliche und potenzielle Opfer zu gewährleisten. |
(5) |
In einem gemeinsamen Rechtsraum ohne Binnengrenzen muss gewährleistet sein, dass der einer Person in einem Mitgliedstaat gewährte Schutz in jedem anderen Mitgliedstaat, in den die betreffende Person umzieht oder umgezogen ist, aufrechterhalten und fortgesetzt wird. Es sollte auch gewährleistet sein, dass die legitime Wahrnehmung des Rechts der Unionsbürger, sich gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (VEU) und gemäß Artikel 21 VAEU im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht zu einem Verlust an Sicherheit für die Unionsbürger führt. |
(6) |
Damit diese Ziele erreicht werden können, sollten in dieser Richtlinie Regeln festgelegt werden, wonach der Schutz aufgrund einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats (des „Anordnungsstaats“) angeordneten Schutzmaßnahme auf einen anderen Mitgliedstaat, in den die geschützte Person umzieht (den „Vollstreckungsstaat“), ausgeweitet werden kann, und zwar unabhängig von der Art oder der Dauer der in der betreffenden Schutzmaßnahme enthaltenen Verpflichtungen oder Verbote. |
(7) |
Um zu verhindern, dass im Vollstreckungsstaat eine neue Straftat gegen das Opfer verübt wird, sollte für diesen Staat eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, damit er die zuvor im Anordnungsstaat zugunsten des Opfers ergangene Entscheidung anerkennen kann, wobei gleichzeitig vermieden werden sollte, dass das Opfer im Vollstreckungsstaat ein neues Verfahren anstrengen oder erneut Beweise erbringen muss, als ob der Anordnungsstaat die Entscheidung nicht erlassen hätte. |
(8) |
Diese Richtlinie sollte so angewendet und durchgesetzt werden, dass die geschützte Person im Vollstreckungsstaat denselben oder einen gleichwertigen Schutz erhält, wie sie ihn erhalten hätte, wenn die Schutzmaßnahme von Anfang an in diesem Staat angeordnet worden wäre, wobei jede Diskriminierung zu vermeiden ist. |
(9) |
Da diese Richtlinie Fälle regelt, in denen die geschützte Person ihren Wohnort in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, gehen mit der Durchführung dieser Richtlinie keine Befugnisse auf den Vollstreckungsstaat über, die Hauptstrafen, ausgesetzte Strafen, alternative Strafen, Bewährungsstrafen oder Nebenstrafen bzw. Sicherungsmaßregeln, die gegen die gefährdende Person verhängt wurden, betreffen, wenn die gefährdende Person sich weiterhin in dem Staat aufhält, der die Schutzmaßnahme angeordnet hat. |
(10) |
Gegebenenfalls sollten im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren elektronische Mittel genutzt werden können, um die in Anwendung dieser Richtlinie angeordneten Maßnahmen durchzuführen. |
(11) |
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich der Schutz gefährdeter Personen, angesichts des grenzübergreifenden Charakters der damit verbundenen Situationen auf Ebene der Mitgliedstaaten durch einseitiges Vorgehen nicht ausreichend verwirklicht werden kann und wegen des Umfangs und der potenziellen Wirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen wäre, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 Absatz 3 TEU tätig werden. Entsprechend dem in Artikel 5 Absatz 4 TEU genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus. |
(12) |
Diese Richtlinie sollte zum Schutz von Personen, die sich in Gefahr befinden, beitragen und dadurch die in diesem Bereich bereits vorhandenen Rechtsinstrumente ergänzen, wie etwa den Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (2) und den Rahmenbeschluss 2009/829/JI des Rates vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung – zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft (3) – |
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Definitionen
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnen die folgenden Begriffsbestimmungen:
1. |
Eine „Europäische Schutzanordnung“: eine gerichtliche Entscheidung im Zusammenhang mit einer Schutzmaßnahme, die von einem Mitgliedstaat angeordnet wurde und es einem anderen Mitgliedstaat erleichtern soll, gegebenenfalls nach seinem eigenen Recht eine Schutzmaßnahme zu ergreifen, um das Leben, die physische oder psychische Integrität, die Freiheit oder die sexuelle Integrität einer Person zu schützen. |
2. |
Eine „Schutzmaßnahme“: eine von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung, mit der einer gefährdenden Person eine(s) oder mehrere der in Artikel 2 Absatz 2 genannten Verpflichtungen oder Verbote auferlegt werden, sofern der Verstoß gegen diese Verpflichtungen oder Verbote nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats einen Straftatbestand erfüllt oder anderweitig in diesem Mitgliedstaat durch Freiheitsentzug bestraft werden kann; |
3. |
Eine „geschützte Person“: eine Person, deren Leben, physische oder psychische Integrität, Freiheit oder sexuelle Integrität Gegenstand des Schutzes sind, der aufgrund einer durch den Anordnungsstaat erlassenen Schutzmaßnahme gewährt wird; |
4. |
Eine „gefährdende Person“: eine Person, der eine(s) oder mehrere der in Artikel 2 Absatz 2 genannten Verpflichtungen oder Verbote auferlegt wurden; |
5. |
„Anordnungsstaat“: den Mitgliedstaat, in dem eine Schutzmaßnahme, die die Grundlage für den Erlass einer europäischen Schutzanordnung darstellt, ursprünglich angeordnet wurde; |
6. |
„Vollstreckungsstaat“: den Mitgliedstaat, dem eine Europäische Schutzanordnung zum Zwecke der Anerkennung übermittelt wurde; |
7. |
„Staat der Überwachung“: den Mitgliedstaat, dem ein Urteil im Sinne des Artikels 2 des Rahmenbeschlusses 2008/947/JI des Rates oder eine Entscheidung über Überwachungsmaßnahmen im Sinne des Artikels 4 des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI übermittelt wurde. |
Artikel 2
Geltungsbereich der Europäischen Schutzanordnung
(1) Eine Europäische Schutzanordnung kann jederzeit erlassen werden, wenn die geschützte Person den Anordnungsstaat verlassen will oder verlassen hat, um sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten.
(2) Die Europäische Schutzanordnung wird nur dann erlassen, wenn zuvor eine Schutzmaßnahme im Anordnungsstaat angeordnet wurde, mit der der gefährdenden Person eine(s) oder mehrere der folgenden Verpflichtungen oder Verbote auferlegt wurden:
a) |
eine Verpflichtung, bestimmte Lokalitäten, Orte oder festgelegte Gebiete, in bzw. an denen sich die geschützte Person aufhält oder die sie aufsucht, nicht zu betreten; |
b) |
eine Verpflichtung, sich, gegebenenfalls zu bestimmten Zeiten, an einem bestimmten Ort aufzuhalten; |
c) |
eine Verpflichtung, mit der das Verlassen des Hoheitsgebiets des Anordnungsstaats eingeschränkt wird; |
d) |
eine Verpflichtung, den Kontakt mit der geschützten Person zu meiden; oder |
e) |
ein Verbot, sich der geschützten Person mehr als bis auf eine festgelegte Entfernung zu nähern. |
Artikel 3
Pflicht zur Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung
(1) Die Mitgliedstaaten erkennen jede Europäische Schutzanordnung gemäß dieser Richtlinie an.
(2) Diese Richtlinie berührt nicht die Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte und der allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Artikel 6 des VEU.
Artikel 4
Benennung der zuständigen Behörden
(1) Jeder Mitgliedstaat teilt dem Generalsekretariat des Rates mit, welche Justizbehörde oder Justizbehörden nach seinem innerstaatlichen Recht für den Erlass einer Europäischen Schutzanordnung und die Anerkennung einer solchen Anordnung gemäß dieser Richtlinie zuständig ist bzw. sind, wenn dieser Mitgliedstaat der Anordnungsstaat oder der Vollstreckungsstaat ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der für Entscheidungen nach dieser Richtlinie zuständigen Behörden auch außergerichtliche Stellen benennen, sofern diese nach dem innerstaatlichen Recht und den innerstaatlichen Verfahren für vergleichbare Entscheidungen zuständig sind.
(3) Das Generalsekretariat des Rates macht die erhaltenen Angaben allen Mitgliedstaaten und der Kommission zugänglich.
Artikel 5
Erlass einer Europäischen Schutzanordnung
(1) Auf der Grundlage einer im Anordnungsstaat ergangenen Schutzmaßnahme erlässt eine Justizbehörde dieses Staats oder eine andere zuständige Behörde gemäß Artikel 4 Absatz 2 nur auf Antrag der geschützten Person eine Europäische Schutzanordnung, nachdem sie geprüft hat, dass die Schutzmaßnahme alle Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 1 erfüllt.
(2) Die geschützte Person oder ihr gesetzlicher Vertreter können einen Antrag auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung entweder bei der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats oder bei der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats stellen.
Wird ein solcher Antrag im Vollstreckungsstaat gestellt, so übermittelt die zuständige Behörde dieses Staats den Antrag so rasch wie möglich der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats, damit der Erlass der Europäischen Schutzanordnung gegebenenfalls in die Wege geleitet wird.
(3) Die Behörde, die eine Schutzmaßnahme erlässt, welche eine(s) oder mehrere der in Artikel 2 Absatz 2 genannten Verpflichtungen oder Verbote enthält, unterrichtet die geschützte Person über die Möglichkeit, eine Europäische Schutzanordnung zu beantragen, wenn sie in einen anderen Mitgliedstaat umziehen will. Die Behörde erteilt der geschützten Person den Rat, den Antrag einzureichen, bevor sie das Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats verlässt.
Artikel 6
Form und Inhalt der Europäischen Schutzanordnung
Die Europäische Schutzanordnung wird nach dem Muster in Anhang I ausgestellt. Sie enthält insbesondere folgende Angaben:
a) |
Identität und Staatsangehörigkeit der geschützten Person sowie Identität und Staatsangehörigkeit ihres gesetzlichen Vertreters, wenn die geschützte Person minderjährig oder geschäftsunfähig ist; |
b) |
Verwendung etwaiger technischer Hilfsmittel, die der geschützten Person gegebenenfalls zum Zwecke der unverzüglichen Vollstreckung der Schutzmaßnahme zur Verfügung gestellt wurden; |
c) |
Name, Anschrift, Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Adresse der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats; |
d) |
Angaben zu der Schutzmaßnahme, die dem Erlass der Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegt; |
e) |
Zusammenfassung des Sachverhalts und der Umstände, die zum Erlass der Schutzmaßnahme im Anordnungsstaat geführt haben; |
f) |
Verpflichtungen oder Verbote, die der gefährdenden Person mit der der Europäischen Schutzanordnung zu Grunde liegenden Schutzmaßnahme auferlegt wurden, Dauer dieser Verpflichtungen oder Verbote und ausdrücklicher Hinweis, dass ein Verstoß dagegen nach dem Recht des Anordnungsstaats einen Straftatbestand erfüllt oder anderweitig durch Freiheitsentzug bestraft werden kann; |
g) |
Identität und Staatsangehörigkeit der gefährdenden Person; |
h) |
gegebenenfalls sonstige Umstände, die auf die Bewertung der Gefahr, die der geschützten Person droht, Einfluss haben könnten; |
i) |
gegebenenfalls ausdrücklicher Hinweis, dass ein Urteil im Sinne des Artikels 2 des Rahmenbeschlusses 2008/947/JI des Rates oder eine Entscheidung über Überwachungsmaßnahmen im Sinne des Artikels 4 des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates bereits einem anderen Mitgliedstaat übermittelt wurde, sowie Angabe der für die Vollstreckung dieses Urteils oder dieser Entscheidung zuständigen Behörde. |
Artikel 7
Übermittlungsverfahren
(1) Die zuständige Behörde des Anordnungsstaats übermittelt die Europäische Schutzanordnung der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, damit die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats die Echtheit der Schutzanordnung feststellen kann.
(2) Ist der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats oder des Anordnungsstaats nicht bekannt, welche Behörde im jeweils anderen Staat zuständig ist, so versucht sie, diese mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – auch über die durch die Gemeinsame Maßnahme 98/428/JI des Rates vom 29. Juni 1998 zur Einrichtung eines Europäischen Justitiellen Netzes (4) eingerichteten Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes, das nationale Mitglied von Eurojust oder ihr nationales Eurojust-Koordinierungssystem – in Erfahrung zu bringen.
(3) Ist eine Behörde des Vollstreckungsstaats, die eine Europäische Schutzanordnung erhält, nicht zuständig, diese Schutzanordnung anzuerkennen, so übermittelt diese Behörde die Schutzanordnung von Amts wegen der zuständigen Behörde.
Artikel 8
Maßnahmen im Vollstreckungsstaat
(1) Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats:
a) |
erkennt eine bei ihr eingegangene, gemäß Artikel 7 übermittelte Europäische Schutzanordnung an und ergreift gegebenenfalls alle Maßnahmen, die nach ihrem nationalen Recht in einem vergleichbaren Fall vorgesehen sind, um den Schutz der geschützten Person zu gewährleisten, es sei denn, sie beschließt, einen der Gründe für die Nichtanerkennung nach Artikel 9 geltend zu machen; |
b) |
unterrichtet die gefährdende Person gegebenenfalls über alle im Vollstreckungsstaat ergriffenen Maßnahmen; |
c) |
ergreift alle dringenden und vorläufigen Maßnahmen, die erforderlich sind, um den weiteren Schutz der geschützten Person zu gewährleisten; |
d) |
meldet der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats sowie, falls der Anordnungsstaat ein anderer als der Staat der Überwachung ist, der zuständigen Behörde des Staats der Überwachung unverzüglich jeden Verstoß gegen die der Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegende und in derselben beschriebene Schutzmaßnahme. Die Meldung erfolgt unter Verwendung des Formblatts in Anhang II. |
(2) Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats unterrichtet die zuständige Behörde des Anordnungsstaats und die geschützte Person über die gemäß diesem Artikel angeordneten Maßnahmen.
Artikel 9
Gründe für die Nichtanerkennung einer Europäischen Schutzanordnung
(1) Jede Verweigerung der Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung ist zu begründen.
(2) Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats kann die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung in folgenden Fällen ablehnen:
a) |
die Europäische Schutzanordnung ist unvollständig oder wurde nicht innerhalb der von der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats gesetzten Frist vervollständigt; |
b) |
die Anforderungen nach Artikel 2 Absatz 2 sind nicht erfüllt; |
c) |
der Schutz leitet sich aus der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel ab, die nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Gegenstand einer Amnestie ist und sich auf eine Handlung bezieht, für die nach diesem Recht der Vollstreckungsstaat zuständig ist; |
d) |
die gefährdende Person genießt nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunität, was die Anordnung der Schutzmaßnahmen unmöglich macht. |
(3) Bevor die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats in den Fällen nach Absatz 2 Buchstaben a und b beschließt, die Europäische Schutzanordnung nicht anzuerkennen, konsultiert sie auf geeignete Art und Weise die zuständige Behörde des Anordnungsstaats und bittet diese gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen zusätzlichen Angaben.
Artikel 10
Weitere Entscheidungen im Anordnungsstaat
(1) Die zuständige Behörde des Anordnungsstaats ist zuständig für alle weiteren Entscheidungen im Zusammenhang mit der einer Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegenden Schutzmaßnahme. Zu solchen weiteren Entscheidungen gehören insbesondere:
a) |
die Erneuerung, Überprüfung und Rücknahme der Schutzmaßnahme; |
b) |
die Änderung der Schutzmaßnahme; |
c) |
die Ausstellung eines Haftbefehls oder der Erlass einer anderen vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung; |
d) |
die Einleitung eines neuen Strafverfahrens gegen die gefährdende Person. |
(2) Auf die nach Absatz 1 ergangenen Entscheidungen ist das Recht des Anordnungsstaats anwendbar.
(3) Ist ein Urteil im Sinne des Artikels 2 des Rahmenbeschlusses 2008/947/JI des Rates oder eine Entscheidung über Überwachungsmaßnahmen im Sinne des Artikels 4 des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates bereits einem anderen Mitgliedstaat übermittelt worden, ergehen weitere Entscheidungen gemäß den einschlägigen Vorschriften jener Rahmenbeschlüsse.
Artikel 11
Gründe für den Widerruf der Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung
Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats kann die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung widerrufen, wenn erwiesen ist, dass die geschützte Person das Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats endgültig verlassen hat.
Artikel 12
Fristen
(1) Die Europäische Schutzanordnung wird unverzüglich anerkannt.
(2) Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats beschließt unverzüglich über die Anordnung von Maßnahmen nach ihrem nationalen Recht infolge der Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung gemäß Artikel 8.
Artikel 13
Maßgebliches Recht
Die Entscheidungen der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats aufgrund dieser Richtlinie richten sich nach dessen innerstaatlichem Recht.
Artikel 14
Pflichten der beteiligten Behörden
(1) Hat die zuständige Behörde des Anordnungsstaats die der Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegende Schutzmaßnahme gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b geändert, so unterrichtet sie unverzüglich die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats über diese Änderung. Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats ergreift gegebenenfalls die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die geänderte Schutzmaßnahme durchzuführen, wenn diese Maßnahmen nach ihrem nationalen Recht in einem ähnlichen Fall vorgesehen sind, und unterrichtet hiervon die zuständige Behörde des Anordnungsstaats, die geschützte Person und gegebenenfalls die gefährdende Person, wenn diese sich im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats aufhält.
(2) Die zuständige Behörde des Anordnungsstaats unterrichtet die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats und die geschützte Person unverzüglich über das Auslaufen oder den Widerruf der Schutzmaßnahme, die der im Anordnungsstaat erlassenen Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegt, und anschließend über den Widerruf der Anordnung.
Artikel 15
Konsultation zwischen den zuständigen Behörden
Die zuständigen Behörden des Ausstellungsstaats und des Vollstreckungsstaats können einander gegebenenfalls konsultieren, um die reibungslose und effiziente Anwendung dieser Richtlinie zu erleichtern.
Artikel 16
Sprachenregelung
Die Europäische Schutzanordnung wird in die Amtssprache oder eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats übersetzt.
Jeder Mitgliedstaat kann zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie oder später in einer beim Generalsekretariat des Rates hinterlegten Erklärung angeben, dass er eine Übersetzung in eine oder mehrere andere Amtssprachen der Organe der Union akzeptiert.
Artikel 17
Kosten
Die Kosten, die bei der Anwendung dieser Richtlinie entstehen, werden vom Vollstreckungsstaat getragen, ausgenommen solche, die ausschließlich im Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats entstehen.
Artikel 18
Verhältnis zu anderen Übereinkünften und Vereinbarungen
(1) Es steht den Mitgliedstaaten frei, die beim Inkrafttreten dieser Richtlinie geltenden bilateralen oder multilateralen Übereinkünfte oder Vereinbarungen auch weiterhin anzuwenden, sofern diese die Möglichkeit bieten, über die Ziele dieser Richtlinie hinauszugehen, und zu einer weiteren Vereinfachung oder Erleichterung der Verfahren zur Anordnung von Schutzmaßnahmen beitragen.
(2) Es steht den Mitgliedstaaten frei, nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte oder Vereinbarungen zu schließen, sofern diese die Möglichkeit bieten, über die Ziele dieser Richtlinie hinauszugehen, und zu einer Vereinfachung oder Erleichterung der Verfahren zur Anordnung von Schutzmaßnahmen beitragen.
(3) Die Mitgliedstaaten unterrichten bis zum … (5) den Rat und die Kommission über bestehende Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Absatz 1, die sie weiterhin anwenden wollen. Die Mitgliedstaaten unterrichten das Generalsekretariat des Rates und die Kommission auch über alle neuen Übereinkünfte und Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2 binnen drei Monaten nach deren Unterzeichnung.
Artikel 19
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum … (6) nachzukommen.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen dem Generalsekretariat des Rates und der Kommission den Wortlaut der Bestimmungen mit, mit denen sie die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen in ihr nationales Recht umgesetzt haben.
Artikel 20
Überprüfung
(1) Die Kommission erstellt bis spätestens … (7) einen Bericht auf der Grundlage der Angaben der Mitgliedstaaten nach Artikel 19 Absatz 2.
(2) Anhand dieses Berichts wird der Rat Folgendes beurteilen:
a) |
die Frage, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um dieser Richtlinie nachzukommen; und |
b) |
die Anwendung dieser Richtlinie. |
(3) Dem Bericht werden erforderlichenfalls Gesetzgebungsvorschläge beigefügt.
Artikel 21
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am …
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
…
Im Namen des Rates
Der Präsident
…
(1) Position des Europäischen Parlaments vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(2) ABl. L 337 vom 16.12.2008, S. 102.
(3) ABl. L 294 vom 11.11.2009, S. 20.
(4) ABl. L 191 vom 7.7.1998, S. 4.
(5) drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen.
(6) zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen
(7) ABl.: Bitte das Datum vier Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen.
ANHANG I
EUROPÄISCHE SCHUTZANORDNUNG
nach Artikel 6 der
RICHTLINIE 2010/…/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES VOM … ÜBER DIE EUROPÄISCHE SCHUTZANORDNUNG
Anordnungsstaat: Vollstreckungsstaat: |
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ANHANG II
FORMBLATT
nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d
DER RICHTLINIE 2010/…/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES VOM … ÜBER DIE EUROPÄISCHE SCHUTZANORDNUNG
MELDUNG EINES VERSTOSSES GEGEN DIE DER EUROPÄISCHEN SCHUTZANORDNUNG ZUGRUNDE LIEGENDE UND IN DERSELBEN BESCHRIEBENE SCHUTZMASSNAHME
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