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Document 52010DC0203

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Realisierung der Transeuropäischen Energienetze im Zeitraum 2007-2009 gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 680/2007 sowie Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 15 der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG SEK(2010)505 final

/* KOM/2010/0203 endg. */

52010DC0203

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Realisierung der Transeuropäischen Energienetze im Zeitraum 2007-2009 gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 680/2007 sowie Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 15 der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG SEK(2010)505 final /* KOM/2010/0203 endg. */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 4.5.2010

KOM(2010)203 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

ÜBER DIE REALISIERUNG DER TRANSEUROPÄISCHEN ENERGIENETZE IM ZEITRAUM 2007-2009gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 680/2007sowie Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 15 der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG

SEK(2010)505 final

BERICHT DER KOMMISSIONAN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT,DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSUND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

ÜBER DIE REALISIERUNG DER TRANSEUROPÄISCHEN ENERGIENETZE IM ZEITRAUM 2007-2009gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 680/2007sowie Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 15 der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG

POLITISCHER RAHMEN

Das künftige Wirtschaftswachstum und die Stabilität Europas hängen von rechtzeitigen und angemessenen Investitionen in die Energieinfrastruktur ab. 1996 wurden die transeuropäischen Energienetze (TEN-E) als Teil der EU-Initiativen zur Vollendung des Binnenmarkts entwickelt. Mit ihnen wurde der Zweck verfolgt, Energieinfrastruktur-Investitionen stärkere politische Impulse zu verleihen. Der Schwerpunkt lag auf der Durchführbarkeitsphase von Gas- und Stromnetzprojekten, die zum Funktionieren des Binnenmarkts beitragen, insbesondere auf grenzübergreifenden Initiativen. Damals verfügte die EU über keine Zuständigkeiten in der Energiepolitik und gab es keinen Energiebinnenmarkt. Die nationalen, staatlich geführten Unternehmen verwalteten die Netzinvestitionsprojekte, deren oberstes Ziel die Versorgungssicherheit war.

Spätere Überarbeitungen des TEN-E-Programms führten zur Einführung von Nachhaltigkeits- und Versorgungssicherheitskriterien. Stets wurde davon ausgegangen, dass ein Eingreifen der EU während der Realisierungsphase der Projekte nicht notwendig wäre, da die kommerziellen Interessen die Projekte vorantreiben würden. Das TEN-E-Budget blieb daher sehr niedrig (es betrug im Berichtszeitraum ca. 22 Mio. EUR jährlich).

In diesem Bericht wird zusammenfassend dargestellt, welche Fortschritte das TEN-E-Programm im Zeitraum 2007-2009 erzielt hat, indem es zur Konzipierung und Realisierung strategischer Netzprojekte durch die europäische Energiewirtschaft beigetragen hat. Für den Berichtszeitraum maßgeblich sind die im September 2006 erlassenen TEN-E-Leitlinien[1], welche die Leitlinien aus 1996[2] und 2003[3] ersetzen. Im Zuge der Festlegung der neuen Leitlinien wurden die politischen Ziele überprüft und eine Reihe neuer Konzepte und Instrumente, z. B. verschiedene Prioritätsstufen und Europäische Koordinatoren, eingeführt, um einen gezielteren Ansatz für die Projektverwirklichung und eine bessere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten entlang transnationaler Korridore sicherzustellen. Ferner wird in dem Bericht der Versuch unternommen, die Bereiche zu bewerten, in denen das TEN-E-Programm positive Auswirkungen hatte, und seine Schwachstellen zu analysieren.

Ausführliche Informationen zu den Vorhaben von europäischem Interesse und den vorrangigen Vorhaben sind dem Anhang[4] zu entnehmen. Der Anhang enthält eine zusammenfassende Beschreibung der Projekte sowie eine Beschreibung der Realisierungsfortschritte. Außerdem werden in ihm die Finanzierungsquellen im Zeitraum 2007-2009 dargestellt. Ferner umfasst er eine ausführliche Bewertung der bei der Projektrealisierung aufgetretenen Probleme.

Im Berichtszeitraum haben sich die energiepolitischen Rahmenbedingungen in der EU grundlegend geändert. Es wurden ehrgeizige Energie- und Klimaschutzziele (20-20-20-Ziele) festgelegt und das dritte Energiebinnenmarktpaket verabschiedet. Diese Ziele sind jetzt ein zentraler Bestandteil der neuen Strategie Europa 2020[5], die von der Kommission im März 2010 angestoßen wurde. Außerdem wurde die EU im Berichtszeitraum von der größten Wirtschaftskrise in ihrer Geschichte getroffen. Darüber hinaus hat sich die geopolitische Lage im Energiebereich mit der Entwicklung Chinas und anderer Schwellenländer zu wichtigen Energieimportländern geändert.

In diesem Bericht wird hervorgehoben, welche Bedeutung die Energieinfrastruktur für die übergeordneten energiepolitischen Ziele der EU und für die Erreichung ihrer 20-20-20-Ziele hat. Der Bericht liefert Beiträge zur Vorbereitung eines Vorschlags für ein neues EU-Instrument für Energieversorgungssicherheit und –infrastruktur, wie dies auf der Tagung des Europäischen Rats im März 2009[6] gefordert und in der Mitteilung zur zweiten Überprüfung der Energiestrategie (2008)[7] und im Grünbuch zu den Energienetzen (2008)[8] bereits vorgesehen wurde.

FORTSCHRITTE BEI DER VERWIRKLICHUNG DER TEN-E-PROJEKTE

Die TEN-E-Politik wurde in den 1990er Jahren durch aufeinanderfolgende TEN-E-Leitlinien und die dazugehörige Finanzierungsverordnung entwickelt und gestaltet. Die aktuellen Ziele der TEN-E-Politik sind 1) Unterstützung der Vollendung des Energiebinnenmarkts der EU, 2) Verminderung der Isolation der benachteiligten Gebiete und der Inselregionen, 3) Sicherung und Diversifizierung der EU-Energieversorgung auch durch die Zusammenarbeit mit Drittländern und 4) Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Umweltschutz. Der derzeitige Rahmen für die TEN-E-Politik schließt Stromübertragungs- sowie Erdgas- und Alkengasfernleitungsnetze ein.

In den 2006 eingeführten Leitlinien für transeuropäische Energienetze wurden die Vorhaben aufgeführt, die für eine Kofinanzierung der Gemeinschaft entsprechend den oben genannten Zielen und Prioritäten in Frage kommen. Insgesamt gibt es ungefähr 550 TEN-E-Vorhaben, die nach ihrer Bedeutung für die Erzielung umfassenderer europäischer Nutzeffekte in drei Kategorien eingeteilt sind.

Vorhaben von europäischem Interesse weisen einen grenzüberschreitenden Charakter auf oder wirken sich wesentlich auf die Kapazitäten für grenzüberschreitende Übertragungen aus. Sie haben hinsichtlich einer Finanzierung aus dem TEN-E-Budget der Gemeinschaft oberste Priorität.

Von den 32 Strom- und den 10 Gasvorhaben von europäischem Interesse wurden 9 fertig gestellt, fünf davon im Stromsektor und vier im Gassektor. Außerdem sind seit 2007 12 Projekte im Bau, darunter neun im Strom- und drei im Gassektor. Nur bei einer sehr geringen Anzahl von Vorhaben von europäischem Interesse ist es zu gravierenden Verzögerungen gekommen, etwa bei dem Projekt Jamal (Studienphase nicht begonnen) oder bei dem Projekt „Baltic Interconnector“ (Aussetzung der Bauarbeiten, obwohl die erforderlichen Genehmigungen erteilt wurden). Ein Projekt wurde aufgegeben (Verbindungsleitung Stupava (SK) – Wien Südost (AT)).

Vorrangige Vorhaben haben wesentliche Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und/oder auf die Versorgungssicherheit. Die Projekte werden aus den Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewählt und stehen hinsichtlich ihrer Priorität in Bezug auf eine finanzielle Unterstützung durch die Gemeinschaft an zweiter Stelle.

Es gibt ca. 140 vorrangige Stromprojekte und ca. 100 vorrangige Gasprojekte. Im Zeitraum 2007-2009 wurden 21 Vorhaben fertig gestellt: 9 im Strom- und 12 im Gassektor. Außerdem sind bis dato 46 Projekte im Bau, davon 33 im Strom- und 13 im Gassektor.

Vorhaben von gemeinsamem Interesse entsprechen den Zielen und Prioritäten der Leitlinien und sind potenziell wirtschaftlich tragfähig, was durch eine Kosten-Nutzen-Analyse in Bezug auf die Umwelt, Versorgungssicherheit und geographische Kohäsion belegt wird. In den Leitlinien sind 164 Strom- und 122 Gasvorhaben von gemeinsamem Interesse aufgeführt.

Im Berichtszeitraum wurden mehrere Projekte der drei Kategorien wegen der geänderten Marktnachfrage oder Schwierigkeiten bei der Durchführung neu definiert. Dies bedeutet, dass die TEN-E-Vorhaben flexibler definiert werden müssen, damit sie den Netzentwicklungserfordernissen besser Rechnung tragen.

Am effektivsten war das TEN-E-Programm bei den Projekten, die für eine Finanzierung der höchsten Prioritätsstufe ausgewählt wurden, nämlich bei Vorhaben von europäischem Interesse, die sowohl in erheblichem Maße politisch unterstützt wurden als auch über ein kommerzielles Potenzial verfügten. Der Fokus des TEN-E-Programms muss auf eine begrenzte Zahl strategischer Projekte verengt werden, die die europäischen Prioritäten deutlich machen. Gleichzeitig sollten die Projekte flexibel definiert werden, um der Marktentwicklung besser gerecht zu werden.

FINANZIERUNG DER TEN-E-INFRASTRUKTUR

In der EU wird die Infrastruktur im Energiebereich hauptsächlich von den Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreibern (ÜNB/FNB) durch Entgelte (Nutzerprinzip, „Nutzer zahlt“) finanziert. Die Eigenmittel der ÜNB/FNB machen, je nach Umfang der Gesamtinvestitionen, ungefähr 20-100 % der erforderlichen Gesamtinvestitionen aus. Die Differenz wird in der Regel durch Darlehen internationaler Finanzinstitute oder Geschäftsbanken gedeckt. Partnerschaften mit im Gas- und Stromsektor tätigen Unternehmen, die keine ÜNB/FNB sind, stellen gelegentlich auch zusätzliches Kapital bereit. In den meisten Fällen beteiligen sich die Mitgliedstaaten nicht direkt an der Finanzierung von TEN-E-Projekten, da diese üblicherweise von den ÜNB/FNB durchgeführt und finanziert werden.

Für die von der EU finanzierte Förderung von TEN-E-Projekten gibt es eine Reihe von Instrumenten:

- Die im Juni 2007 überarbeitete TEN-Finanzierungsverordnung [9] ergänzt die TEN-E-Leitlinien. Der Haushalt des TEN-E-Förderprogramms beträgt im Haushaltszeitraum 2007-2013 155 Mio. EUR, wovon ca. 70 Mio. EUR auf den Zeitraum 2007-2009 entfallen. Wenngleich der maximale Kofinanzierungssatz für Studien bis zu 50 % und für Arbeiten bis zu 10 % der zuschussfähigen Kosten beträgt, macht er selten mehr als 0,01-1 % der Gesamtinvestitionskosten eines Projekts aus.

- Die Europäische Investitionsbank spielt bei der Realisierung der TEN-E-Projekte eine wichtige Rolle. Im Zeitraum 2007-2009 belief sich der Finanzrahmen für Gas- und für Stromprojekte auf 2,561 Mrd. EUR bzw. auf 3,407 Mrd. EUR.

- Wegen ihrer sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung hat die Finanzierung von Energieinfrastrukturprojekten aus anderen EU-Quellen, zu denen die Strukturfonds , das Instrument für Heranführungshilfe (IPA) , die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENPI[10]/NIF[11]) und das FTE-Rahmenprogramm gehören, an Priorität gewonnen. Diese Programme verfügen über deutlich größere Haushaltmittel für energiebezogene Maßnahmen als das TEN-E-Programm. Allerdings sind die absoluten Beträge nach wie vor niedrig, sieht man von den Strukturfonds ab, aus denen TEN-E-Projekte mit nahezu 700 Mio. EUR gefördert wurden.

- 2009 billigte der Rat im Rahmen des europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung („European Energy Programme for Recovery“, „ EEPR “) eine außerordentliche Zuweisung von 3,98 Mrd. EUR für die Bereiche Energieinfrastruktur und -technologie. Die Wirtschaftskrise 2009 hatte bedeutende Auswirkungen auf kommerzielle Infrastrukturprojekte. Die EEPR-Mittel waren für Projekte bestimmt, bei denen die durch die Rücknahme der Kreditzusagen verursachten Verzögerungen nicht nur negative Folgen für die Versorgungssicherheit der EU und somit für das künftige Wirtschaftswachstum, sondern auch gravierende Folgen für die Beschäftigung und die Qualifikationen im Energie- und im Bausektor gehabt und die Einbeziehung erneuerbarer und CO2-armer Technologien in die Energienetze behindert hätten. Ein Großteil der EEPR-Mittel wird Projekten zugute kommen, die Prioritäten des TEN-E-Programms sind.

Das TEN-E-Budget wird durch eine stärkere Koordinierung mit anderen die Energieinfrastruktur betreffenden Maßnahmen und Instrumenten in der EU effektiver genutzt. Das Potenzial einer effektiveren Koordinierung - auch mit nationalen Maßnahmen - ließe sich besser strukturieren, um stärkere Synergieeffekte und bessere Ergebnisse nicht nur in finanzieller Hinsicht zu erzielen, sondern auch, um die Gesamtkohärenz der EU-Maßnahmen und –Konzepte zu gewährleisten. Eine verstärkte Koordinierung zwischen dem TEN-E-Programm und den Instrumenten IPA/ENPI ist erforderlich, um mehr Möglichkeiten für die Netz- und Marktintegration zu schaffen und Aspekte wie die Entwicklung intelligenter Netze und die Verbesserung der Verbindungsleitungen zwischen den neuen Mitgliedstaaten (Strukturfonds und EIB) und Drittländern (IPA, ENPI/NIF) besser zu berücksichtigen. Durch eine Stärkung dieses Ansatzes könnte das TEN-E-Programm erheblich größere Auswirkungen haben.

VERBESSERUNG DER POLITISCHEN AUSWIRKUNGEN

In den Leitlinien von 2006 wurden die langfristigen Ziele des TEN-E-Programms wiederholt, nämlich die Förderung des wirksamen Funktionierens und des Ausbaus des Energiebinnenmarkts sowie die Verringerung der isolierten Lage benachteiligter Gebiete und von Inselregionen. Ferner wurde in ihnen die Notwendigkeit der Stärkung der Energieversorgungssicherheit erneut betont und das neue Ziel - Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Umweltschutz - bestätigt.

Im Berichtszeitraum hat das TEN-E-Programm einen positiven Beitrag zur Entwicklung und zum Funktionieren des Energiebinnenmarkts geleistet. Vor allem die elf zum Abschluss gebrachten grenzüberschreitenden Stromprojekte, die durch den Rahmen für die TEN-E-Politik beschleunigt wurden, haben einen Ausbau des Energiehandels und mehr Wettbewerb ermöglicht. Damit haben sie zu einer Konvergenz der durchschnittlichen Energiepreise beigetragen und die Marktintegration und somit die Entwicklung eines echten Energiebinnenmarkts vorangetrieben.

Die Versorgungssicherheit wurde durch eine größere Übertragungs- und Fernleitungskapazität innerhalb der Mitgliedstaaten sowie durch die drei LNG-Terminal- und Gasspeicherprojekte ebenfalls verbessert. In dieser Hinsicht hat das TEN-E-Programm zu einer größeren Diversifizierung der Gasversorgung geführt. Allerdings werden nur im Rahmen des EEPR erhebliche Investitionen in die Technologie für den Gastransport entgegen der Hauptflussrichtung bei neuen und/oder vorhandenen Gasverbindungsleitungen getätigt, die auf diese Weise die Versorgungssicherheit verbessern.

Was das Ziel der Verringerung der isolierten Lage von Randgebieten und Inseln betrifft, so war die Erfolgsbilanz eher gemischt. Vier von neun Projekten sind jetzt im Bau. Die Ungewissheit hinsichtlich des künftigen Stromerzeugungsmixes (Importgas oder erneuerbare Energien) hemmt die Infrastrukturentwicklung in isolierten Märkten.

In den letzten Jahren wurde der TEN-E-Rahmen dadurch gestärkt, dass zusätzlich zum Ziel der Verbindung der Märkte die Ziele Sicherheit und Diversifizierung der Versorgung sowie Nachhaltigkeit festgelegt wurden. Dennoch ist das Programm, was seine Ergebnisse betrifft, nach wie vor bei großen Verbindungsleitungsprojekten, die weitgehend von der Angebotsseite bestimmt werden, am effektivsten. Die Auswirkungen des TEN-E-Programms waren für die Bewältigung neuerer Herausforderungen hinsichtlich der strategischen energiepolitischen Ziele und Vorgaben der EU weniger relevant.

STÄRKUNG DER KOORDINIERUNG UND ZUSAMMENARBEIT

In den Leitlinien wurde ein Rahmen für eine engere Zusammenarbeit, u. a. durch einen besseren Informationsaustausch und eine bessere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten, festgelegt. Im Berichtszeitraum wurde das TEN-E-Programm zum ersten Mal als Grundlage für die Ernennung Europäischer Koordinatoren herangezogen. Im September 2007 wurden vier Koordinatoren für einen Zeitraum von vier Jahren bestellt[12].

Die Rolle der Koordinatoren bestand darin, bei strategischen grenzübergreifenden Projekten als Vermittler zu fungieren, um Schwierigkeiten in der Praxis, die diese Projekte behinderten, zu lösen. Zwei Jahre später haben zwei der Koordinatoren ihren Auftrag erfolgreich abgeschlossen, zwei sind noch aktiv. Die Koordinatoren waren dort am effektivsten, wo sie Vertreter der Mitgliedstaaten auf höchster Ebene zusammenführen konnten, um politische oder administrative Probleme aus der Welt zu schaffen. Möglich war dies aufgrund ihrer Unparteilichkeit und politischen Erfahrung, des klaren Mandats, des straffen Zeitplans und der engen Zusammenarbeit mit der Kommission und den Mitgliedstaaten auf höchster Ebene. Ein Nachteil liegt in der Gefahr einer unklaren Trennung zwischen der Funktion der Koordinatoren und der Funktion der Kommission, vor allem dann, wenn das Mandat der Koordinatoren sich auf Projekte erstreckt, die über die Grenzen der EU hinausgehen.

Parallel dazu hat die Kommission einen aktiven Part bei der Zusammenführung der relevanten Akteure gespielt, um einen Konsens in der Frage zu erreichen, wie politisch heikle und komplexe regionale Projekte vorangebracht werden können. Hierzu gehören vor allem der Verbundplan für den baltischen Energiemarkt, der südliche Korridor mit Nabucco sowie die Unterstützung regionaler Initiativen, z. B. des Pentalateralen Forums (Gas und Strom) und des jetzt von Deutschland und Polen geförderten Heptalateralen Forums (Strom).

Die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und den nationalen Regulierungsbehörden hat mit der Intensivierung der Arbeiten zur Realisierung eines umfassenden europäischen Strom- und Gasnetzverbunds an Bedeutung gewonnen.

Durch das Tätigwerden der Europäischen Koordinatoren konnten einige Schwachstellen des vorhandenen TEN-E-Rahmens behoben werden. Ihre Arbeit hat bei den betroffenen Projekten zu erheblichen Fortschritten geführt, vor allem dann, wenn diese vor klar definierten Hindernissen standen und wenige Länder und Unternehmen an ihnen beteiligt waren.

Bei der Förderung der Realisierung komplexer regionaler Projekte, an denen mehrere Länder und Unternehmen beteiligt sind und die einen multisektoralen Ansatz erfordern, hat die Kommission eine entscheidende Rolle gespielt.

GENEHMIGUNGSVERFAHREN

Per Definition sind nahezu alle TEN-E-Projekte während ihrer Realisierung mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert. Diese betreffen hauptsächlich finanzielle und technische Sachzwänge, besondere mit der gewählten Streckenführung zusammenhängende Probleme und den rechtlichen und politischen Rahmen. Eines der größten Hindernisse sind jedoch die Genehmigungsverfahren. Das TEN-E-Programm bietet keine Handhabe, um dieses Problem anzugehen.

Nach den TEN-E-Leitlinien müssen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um Projektverzögerungen (vor allem bei Vorhaben von europäischem Interesse) unter Einhaltung der umweltrechtlichen Verfahren zu verringern. Dies gilt gemäß dem Vertrag über die Energiecharta auch für beteiligte Drittländer. Die nicht absehbare Länge der Genehmigungsverfahren, die manchmal mehrere Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauern, wird jedoch zunehmend zum Problem. In ländlichen Gegenden können ökologische Anforderungen und der Widerstand der Öffentlichkeit gegen Großbauvorhaben erschwerend hinzukommen. Bei Projekten über große Entfernungen, was TEN-E-Projekte häufig sind, können die Probleme in jeder Gemeinde, in jeder Region und in jedem Land, das das Projekt quert, auftreten.

Die meisten, wenn nicht alle, Mitgliedstaaten sind sich dieses Problems bewusst, und einige haben damit begonnen, sie durch neue nationale Rechtsakte anzugehen, die die Genehmigungsverfahren beschleunigen und vereinfachen sollen. Da diese Rechtsvorschriften sehr neu sind, wurde noch nicht geprüft, inwieweit sie rechtlichen Anfechtungen standhalten und für Probleme in der Praxis anfällig sind.

Um die notwendige Unterstützung auf nationaler Ebene zu gewährleisten, erklären einige Mitgliedstaaten mitunter bestimmte Projekte zu Vorhaben von nationalem Interesse. Dies kann Verzögerungen beim Genehmigungsverfahren vermeiden und die Realisierung von Infrastrukturprojekten beschleunigen.

Allerdings geschieht dies nicht in allen Mitgliedstaaten und wird diese Vorgehensweise bei grenzüberschreitenden Projekten häufig nicht auf einer umfassenderen regionalen oder europäischen Ebene koordiniert. Außerdem sehen die TEN-E-Leitlinien derzeit keinen Mechanismus vor, durch den die Kohärenz zwischen europäischen und nationalen Prioritäten im Bereich der Energieinfrastruktur sichergestellt wird.

Die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen bei Projekten, für die mehrere Jurisdiktionen gelten, eindeutig gestrafft werden. In den vergangenen beiden Jahren gab es zwar einige Fortschritte bei der Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für große Energieinfrastrukturprojekte in den Mitgliedstaaten, jedoch muss auf EU-Ebene gehandelt werden, um für mehr Koordinierung und Kohärenz zu sorgen.

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK

Das TEN-E-Programm hat einen positiven Beitrag zu den ausgewählten Projekten geleistet, indem es sie politisch sichtbar gemacht und zur Mittelbereitstellung durch den Finanzmarkt beigetragen hat. Das „TEN-E-Zeichen“, das Projekte von höchstem europäischen Interesse erhalten, und die Einsetzung Europäischer Koordinatoren haben die Voraussetzungen für diese Ergebnisse geschaffen.

Die europäischen energiepolitischen Rahmenbedingungen haben sich jedoch in den letzten Jahren dramatisch geändert, weshalb eine gründliche Überprüfung sowohl des Konzepts als auch des Grundgedankens des TEN-E-Rahmens erforderlich ist. Bereits 2008 wurde im Grünbuch der Europäischen Kommission über Energienetze der Frage nachgegangen, ob das TEN-E-Programm sich dafür eignet, die 20-20-20-Vorgaben und das Ziel der Versorgungssicherheit zu erreichen. In ihm wurde dargelegt, dass ein neues Instrument erforderlich sei, um die wachsenden Herausforderungen in Bezug auf die Energieversorgungssicherheit und die Netzinvestitionen in der EU zu bewältigen. Der Europäische Rat unterstützte auf seiner Tagung vom März 2009 diese Schlussfolgerungen. Im vorliegenden Bericht werden diese Argumente weiter untermauert. Der Bericht deckt sich auch mit den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rats vom März 2009, in denen die Kommission aufgefordert wird, ein neues Instrument für Energieversorgungssicherheit und –infrastruktur zu entwickeln.

Bei der Verständigung auf eine EU-Energiepolitik[13] von 2007 wurden ehrgeizige Ziele und verbindliche Zielvorgaben sowohl für die Treibhausgasemissionen[14] als auch für Energie aus erneuerbaren Quellen[15] festgelegt, um den Klimawandel zu bekämpfen, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die Energieversorgungssicherheit für die europäischen Verbraucher zu gewährleisten. Die Energieinfrastruktur muss in zweckmäßiger Weise ausgebaut werden, damit diese Ziele erreicht werden können, vor allem, was die Einspeisung erneuerbarer Energie in das Netz, die Begrenzung der höheren technologischen Risiken CO2-armer Technologien, die Integration der europäischen Energiemärkte und die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit betrifft.

Der Rechtsrahmen für die Gas- und Strominfrastruktur hat sich erheblich weiterentwickelt: das dritte Energiebinnenmarktpaket[16] wurde im Sommer 2009 verabschiedet und wird derzeit umgesetzt. Es sieht neue Instrumente für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Übertragungs-/Fernleitungsnetzbetreibern und Regulierungsbehörden vor. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden wird 2011 den Betrieb aufnehmen mit dem Ziel, die Koordinierung der Netzzugangsregeln und der grenzübergreifenden Investitionen zu gewährleisten. Der Europäische Verbund der Fernleitungsnetzbetreiber (ENTSO-Gas) und der Europäische Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-Strom) wurden mit der Aufgabe betraut, die Marktintegration dadurch zu verwirklichen, dass sie eine europäische Sichtweise in Fragen des Netzzugangs und der Netzinvestitionen entwickeln. Eine ihrer Hauptaufgaben ist die Erstellung von Zehnjahres-Netzentwicklungsplänen. Ein erster Entwurf für den Gassektor wurde im Dezember 2009 und für den Stromsektor im März 2010 veröffentlicht.

Im Juli 2009 legte die Kommission im Nachgang zur zweiten Überprüfung der Energiestrategie vom November 2008 und zu den Aufforderungen des Rats und des Parlaments, die durch die Gaskrise vom Januar 2009 zusätzliches Gewicht bekamen, einen Vorschlag für eine neue Verordnung für Maßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung vor. Während in der Verordnung der Hauptakzent auf den Binnenmarkt als bester Garantie für die Versorgungssicherheit gelegt wird, sind in ihr gemeinsame Standards für die Versorgungssicherheit festgelegt: der Infrastrukturstandard (n-1) und Versorgungsstandards für geschützte Verbraucher. Ferner wird in ihr vorgeschrieben, dass innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten (mit einigen Ausnahmen) alle Verbindungsleitungen für den Betrieb entgegen der Hauptlastflussrichtung ausgerüstet werden müssen.

Zur Förderung des wirtschaftlichen Aufschwungs wurden im Rahmen des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung fast 4 Mrd. EUR für die Mobilisierung privater Mittel zur Finanzierung von Projekten in den Bereichen Gas- und Strominfrastruktur, Offshore-Windenergie und CO2-Abscheidung und -Speicherung bestimmt. Das Programm enthält nützliche Erkenntnisse über die Vorteile einer umfassenderen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und einer strategischen Beteiligung auf hoher Ebene.

Vor diesem Hintergrund wurden die Schwächen des TEN-E-Programms im Zeitraum 2007-2009 deutlich. Das Programm hat zu langsam auf die Bewährungsproben der letzten Jahre reagiert und verfügt über unzureichende Instrumente für die Bewältigung der wachsenden Herausforderungen, die sich aus den ehrgeizigen Zielen für 2020 und 2050 ergeben werden.

Das neue politische Umfeld stellt eine Herausforderung für das TEN-E-Programm dar, das weder über die Ressourcen noch über die Flexibilität verfügt, um uneingeschränkt zur Erreichung der ehrgeizigen energie- und klimapolitischen Ziele beizutragen. Die Kommission wird 2010 prüfen, ob ein neues Instrument erforderlich ist, das der Bedeutung der Infrastruktur für die Erreichung politischer Ziele im vollen Umgang gerecht wird.

Ausgehend von den Erkenntnissen dieses Berichts ergeben sich die folgenden Prioritäten, die im Rahmen der bevorstehenden Überarbeitung des TEN-E-Programms und der dazugehörigen Folgenabschätzung weiter ausgearbeitet und analysiert werden.

Erstens: Die strategischen Prioritäten für die Energieinfrastruktur in der EU müssen besser definiert werden . Die Energienetze müssen modernisiert werden, damit Europa seine energiepolitischen Ziele, einschließlich der 20-20-20-Vorgaben, erreichen kann. Die Netze müssen in stärkerem Maße ganz Europa abdecken, um die Entwicklung und das ordnungsgemäße Funktionieren des Energiebinnenmarkts zu ermöglichen, die Versorgungssicherheit zu stärken und auch die Anwendung neuer Technologien zuzulassen. Außerdem müssen die Netze flexibel werden, damit vielfältige erneuerbare Energiequellen und eine zunehmend dezentrale Stromerzeugung genutzt werden können, wobei intelligente Energienachfragetechnologien mit einem EU-weiten „Supernetz“ für Strom und Gas sowie Netze für die CO2-Abscheidung und –Speicherung einbezogen werden. Die externe Dimension der Infrastruktur und die Diversifizierung der Versorgungswege und –quellen müssen ebenfalls untersucht werden, vor allem im Gassektor, möglicherweise jedoch auch im Ölsektor.

Zweitens: Für die Projektdefinition ist ein neuer Ansatz erforderlich . Die aktuelle Kategorisierung ist verwirrend und vermittelt keinen klaren Überblick über die Ziele. Der Ansatz, den die Kommission in der zweiten Überprüfung der Energiestrategie eingeführt hat, nach dem eine Vielzahl von Projekten in einer regionalen Initiative wie dem südlichen Korridor für Gaseinfuhren aus dem kaspischen Raum oder dem Baltischen Verbundplan zusammengeführt werden, kann fortgesetzt werden. Es bedarf einer gründlichen politischen Debatte, um zu entscheiden, welches die künftigen Prioritäten im Bereich der europäischen Infrastruktur sein sollen.

Drittens: Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen den an einzelnen Projekten beteiligten Mitgliedstaaten müssen besser genutzt werden . Dies gilt für die Planungsebene wie auch für die Ebene der politischen Koordinierung. Situationen, in denen Vorhaben von europäischem Interesse keinen nationalen Vorrang erhalten oder in denen diese Vorhaben nicht von allen beteiligten Mitgliedstaaten im gleichen Maße unterstützt werden, sind unhaltbar. Es sollte geprüft werden, ob innerhalb eines Mitgliedstaats eine (zentrale) Genehmigungsstelle zumindest für die grenzüberschreitenden Projekte eingerichtet werden kann, um die Realisierung zu beschleunigen.

Viertens: Eine stärkere EU-Infrastrukturstrategie muss Investitionen in einer Höhe anziehen, die den Herausforderungen entspricht . Die Finanzierung von Netzinvestitionen aus Entgelten, die die Netznutzer zahlen, ist die in Europa etablierte Vorgehensweise. Dies wird auch in Zukunft überwiegend so sein. Allerdings kann es einige Fälle geben, in denen eine öffentliche Finanzierung wegen der umfassenden europäischen Vorteile und eines klar belegten Marktversagens, das das Tätigen von Investitionen verhindert, gerechtfertigt sein kann. Die im Rahmen anderer EU-Instrumente verfügbaren Gelder müssen besser genutzt und mit den energiepolitischen Maßnahmen abgestimmt werden.

Parallel zu diesem Bericht legt die Kommission erste Überlegungen zum künftigen Energieaktionsplan vor, zu dessen obersten Prioritäten die Entwicklung einer stärkeren und flexibleren Energieinfrastruktur gehören sollte, die voll und ganz auf die politischen Herausforderungen unserer Zeit abgestimmt ist.

[1] Entscheidung Nr. 1364/2006/EG.

[2] Entscheidung Nr. 96/391/EG.

[3] Entscheidung Nr. 1229/2003/EG.

[4] SEK(2010) xxx.

[5] Europa 2020 - Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum (3. März 2010).

[6] Europäischer Rat (Brüssel, 19./20. März 2009), Schlussfolgerungen des Vorsitzes, 7880/1/09.

[7] KOM(2008) 781.

[8] KOM(2008) 782.

[9] Verordnung (EG) Nr. 680/2007.

[10] Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument.

[11] Nachbarschaftsinvestitionsfazilität.

[12] Mario Monti, Josiaz van Aartsen, Georg Wilhelm Adamowitsch und Prof. Wladyslaw Mielczarski. Siehe die jährlichen Berichte und sonstigen relevanten Unterlagen der Europäischen Koordinatoren unter: http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/tent_e/coordinators_en.htm.

[13] KOM(2007) 1. Im Frühjahr 2007 vom Rat in seinen Schlussfolgerungen gebilligt.

[14] Richtlinie 2009/29/EG zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten und Entscheidung Nr. 406/2009/EG über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020.

[15] Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen („Erneuerbare-Energien-Richtlinie“).

[16] Richtlinien 2009/72 und 2009/73 sowie Verordnungen (EG) Nr. 713, 714 und 715/2009.

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