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Document 52009XR0176

Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Klimawandel: auf dem Weg nach Kopenhagen angenommen am 18. Juni 2009

ABl. C 211 vom 4.9.2009, p. 61–64 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.9.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 211/61


Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Klimawandel: auf dem Weg nach Kopenhagen

angenommen am 18. Juni 2009

(2009/C 211/09)

DER KLIMAWANDEL — EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DIE LOKALEN UND REGIONALEN GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN

Der Ausschuss der Regionen

1.

erinnert daran , dass der Klimawandel eine der größten politischen Herausforderungen ist, vor denen die Menschheit steht. Im Klimaschutz kommt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle zu, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie zumeist die damit verbundenen sozialen und finanziellen Kosten zu tragen haben;

2.

betont , dass die Wirtschaftskrise nicht als Argument für die Verringerung der Klimaschutzbemühungen herhalten darf, sondern vielmehr ein Grund ist, diese zu intensivieren. Die Wirtschaftskrise sollte als Chance für den Ausbau des technischen Know-hows und der Entwicklungstätigkeit im Zusammenhang mit dem Klimaschutz genutzt werden;

3.

streicht heraus , dass viele lokale und regionale Gebietskörperschaften bereits maßgeblich zum Erfolg der europäischen Initiativen auf dem Gebiet des Klimaschutzes und der Energiepolitik beitragen und eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung dieser Politik in konkrete Maßnahmen in den Bereichen öffentlicher Verkehr, Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Wohnungswesen, Raumplanung, Energieeffizienz und Öffentlichkeitsarbeit spielen;

4.

hebt hervor , dass die europäischen Regionen dem Klimawandel besonders ausgesetzt sind und vor allem wegen der Unterschiede in der sozioökonomischen Entwicklung, bei den natürlichen Gegebenheiten und in der Bevölkerungsdichte in sehr unterschiedlichem Maße in der Lage sind, sich auf den Klimawandel einzustellen; Berggebiete, Küstenregionen, Gebiete in äußerster Randlage und Inselregionen sowie viele semiaride Gebiete des Mittelmeerraums gehören zu den Gebieten, die für die Auswirkungen des Klimawandels am anfälligsten sind;

5.

ist überzeugt , dass die Kosten politischer Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels weit unter den geschätzten Kosten des Klimawandels liegen;

6.

vertritt die Ansicht , dass eine wirksame Klimaschutzpolitik die Verschärfung sozialer Ungleichheiten, die sich aus dem Klimawandel ergeben, verhindern könnte;

7.

unterstreicht , dass der Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft vor allem für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein wichtiger Schritt für Wachstum und mehr Beschäftigung ist;

NÄCHSTE SCHRITTE IN DEN INTERNATIONALEN KLIMASCHUTZVERHANDLUNGEN

8.

ersucht die Europäische Union nachdrücklich , ihre Anstrengungen auf höchster politischer Ebene zu intensivieren, um die weltweite Allianz gegen den Klimawandel voranzubringen und den Abschluss von Klimaschutzabkommen mit ehrgeizigen, transparenten und rechtlich verbindlichen Reduktionszielen im Anschluss an Kyoto sicherzustellen;

9.

betont , dass der AdR als Vertreter der Interessen der europäischen Gebietskörperschaften in der EU-Delegation vertreten sein sollte, die im Dezember 2009 in Kopenhagen an der COP-15-Konferenz zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen teilnimmt;

10.

zeigt sich darüber besorgt , dass im letzten Entwurf eines Verhandlungspapiers der Ad-hoc-Gruppe „Langfristige gemeinsame Maßnahmen im Rahmen des Übereinkommens“ zwar die Bedeutung der subnationalen Anstrengungen zur Anpassungen an den Klimawandel anerkannt wird, doch die Bemühungen der subnationalen Ebene um Eindämmung des Klimawandels und eine langfristige Klimaschutzstrategie keine Erwähnung finden;

ALLGEMEINE POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

11.

ruft die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf , bei der Konzipierung und Aushandlung neuer klimaschutzpolitischer Maßnahmen mit möglichen Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihre Bürger sowie bei der Sicherstellung ausreichender finanzieller und personeller Mittel für die den verschiedenen Ebenen zugewiesenen Aufgaben das Subsidiaritätsprinzip anzuwenden;

12.

betont die Notwendigkeit aktiver Sensibilisierungskampagnen, die mit der vollen Unterstützung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die einen direkten Kommunikationsweg zu den Bürgern haben, einzuleiten sind;

13.

begrüßt daher die Verpflichtung der EU, die Klimaschutzbemühungen zur Abmilderung und Anpassung im Einklang mit der Lissabon-Agenda und der Göteborg-Strategie im Hinblick auf Synergien zu bündeln, ruft jedoch dazu auf, bei der neuen Lissabon-Strategie nach 2010 das derzeitige Konzept mit drei parallel verlaufenden Prozessen aufzugeben und einen einheitliches Rahmenwerk für die Entwicklung anzustreben, das die Maßnahmen der Europäischen Union in den Bereichen Soziales, Wirtschaft und Umwelt abdeckt;

14.

empfiehlt , dass stetige Investitionen in eine grüne Infrastruktur getätigt werden: in eine umfangreichere Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der Verwaltung; in die energieeffiziente Renovierung öffentlicher und privater Altbauten; in neue Verkehrsformen. Auch die Nutzung energieeffizienter Beleuchtungs-, Beheizungs- und Kühlsysteme ist zu fördern. Grundlegend ist darüber hinaus eine „grüne“ öffentliche Auftragsvergabe und eine Verbesserung der Energieversorgungssicherheit;

15.

vertritt die Auffassung, dass Klimaschutzbemühungen zur Abmilderung und Anpassung als ausdrückliches Ziel in alle bestehenden politischen Strategien der EU aufgenommen werden sollten, so in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, einschließlich der Vermeidung der Entwaldung, Verkehr, Biodiversität, Wasserwirtschaft und Abfallbewirtschaftung sowie bei den Förderprogrammen, z. B. auf dem Gebiet der Kohäsionspolitik;

16.

fordert eine Überprüfung des EU-Haushalts nach 2013, der Programme, der Maßnahmen und insbesondere wichtiger Rechtsvorschriften der EU im Lichte der durch den Klimawandel verursachten Parameteränderung;

17.

empfiehlt , im Hinblick auf die Konzipierung geeigneter politischer Antworten auf den Klimawandel zu prüfen, ob neue Indikatoren zur Messung der Nachhaltigkeit entwickelt und bei der neuen Generation der Strukturfonds als Parameter berücksichtigt werden müssen;

18.

betont , dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umfassend in die Konzipierung, Entwicklung, Annahme und Umsetzung nationaler Klimaschutz-Strategien und -Aktionspläne einbezogen werden müssen;

19.

bekräftigt seine vorbehaltlose politische Unterstützung für den von der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen gemeinsam initiierten Bürgermeisterkonvent als eine Maßnahme der Städte zur Bewältigung der Erderwärmung, bei der sich diese offiziell zur Verminderung ihrer CO2-Emissionen über die von der EU für 2020 angestrebten Ziele hinaus verpflichten, und ruft den Bürgermeisterkonvent auf, sich allen einschlägigen Gebietskörperschaften auf subnationaler Ebene zu öffnen; fordert nachdrücklich eine Ausweitung des Bürgermeisterkonvents und die Bereitstellung angemessener Mittel für die Entwicklung von Fachwissen und maßgeschneiderten Strategien für die besonderen Erfordernisse der lokalen Gebietskörperschaften;

ZUR ANPASSUNG

20.

empfiehlt einen geeigneten Haushaltsrahmen der Gemeinschaft, damit alle europäischen Gebietskörperschaften auf gleiche Weise für den Klimawandel gerüstet sind und über die nötigen Mittel verfügen, um seinen Ursachen vorzubeugen und sich auf seine Folgen einzustellen; dies gilt insbesondere für die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen und Wirtschaftsakteure;

ZUR ABMILDERUNG

21.

ist der Ansicht , dass das Verursacherprinzip bei allen gemeinschaftlichen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen Anwendung finden muss, indem eine Internalisierung der Umweltkosten von Waren und Dienstleistungen erfolgt;

22.

begrüßt den im neuen europäischen Emissionshandelssystem (EU-EHS) eingeführten Grundsatz der Zusammenarbeit und Solidarität zwischen den technologisch weiterentwickelten Mitgliedstaaten (deren Industriezweige eine höhere Energieeffizienz aufweisen) und den Staaten mit Entwicklungsrückständen (deren Volkswirtschaften einen höheren Energieverbrauch haben und höhere Wachstumsraten brauchen);

23.

ist der Auffassung , dass trotz der erreichten Fortschritte die Transparenz und die langfristige Zuverlässigkeit des EU-EHS auch weiterhin gestärkt und die sozialen und ökologischen Folgen der geplanten Maßnahmen — insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene — berücksichtigt werden müssen;

24.

empfiehlt daher , die Erfordernisse der Politik der regionalen Entwicklung gebührend zu berücksichtigen, und macht darauf aufmerksam, dass einige Industrieanlagen im Hinblick auf eine größere Transparenz und Funktionsfähigkeit der CO2-Emissionsbörse möglicherweise weitreichend umstrukturiert werden müssen, wobei die ineffizientesten oder bereits in Krise befindlichen Anlagen gänzlich stillgelegt werden müssten; ruft in diesem Zusammenhang dazu auf, die notwendige industrielle Erneuerung und Umschulung der betroffenen Arbeitnehmer durch entsprechende Maßnahmen zu unterstützen;

25.

stellt fest , dass parallel zum Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten weitere Anstrengungen erforderlich sind, um vor allem den Verkehr auf umweltfreundlichere Träger umzustellen; ruft die nationalen Regierungen auf, die Schienen- und Wasserverkehrswege auszubauen und allgemein den intermodalen Verkehr zu fördern;

26.

bedauert , dass im Rahmen der zweiten Überprüfung der Energiestrategie angesichts der starken Erdölabhängigkeit des europäischen Verkehrssektors keine Vorschläge für Verkehrseffizienz parallel zum Energieeffizienzpaket vorgelegt werden, so z. B. im Hinblick auf schienengebundene und andere kollektive Verkehrsmittel, energieeffiziente Fahrzeuge, Car-Sharing, umweltbewusstes Fahren, verstärkte Fahrradnutzung usw.;

27.

ist der Ansicht , dass Energiepolitik und Klimaschutzpolitik in engem Zusammenhang stehen und aufeinander abgestimmt werden müssen, stammen doch 80 % der CO2-Emissionen in Europa aus der Energieerzeugung;

28.

bedauert , dass es nicht gelungen ist, in dem Energie- und Klimawandelpaket 2008 ein verbindliches Ziel hinsichtlich der Energieeffizienz zu verankern, das das Bindeglied für ein Erreichen der erforderlichen CO2-Reduktion wäre;

29.

verweist auf die unterschiedlichen Fortschritte der Städte und Regionen der EU bei der Senkung der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs in den letzen Jahren; hält dafür, dass die in und zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere zwischen den städtischen und ländlichen Gebieten bestehenden Unterschiede in der Energieintensität von Verbrauch und Produktion sowie der damit verbundenen Situation bezüglich der Treibhausgasemissionen berücksichtigt werden müssen;

30.

ist der Ansicht , dass regionale Klimaschutzpläne und/oder Pläne für nachhaltige Energie das Bindeglied zwischen den lokalen und nationalen Initiativen bilden könnten, wobei konkrete Instrumente geschaffen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen; zudem müssen angemessene Finanzmittel zur Verfügung werden;

31.

empfiehlt neben der Nutzung der europäischen Strukturfonds zur Unterstützung der Anpassung an den Klimawandel und von Maßnahmen zu seiner Eindämmung, wie Energiesparen und erneuerbare Energieträger, Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden und Verringerung der Treibhausgasemissionen, weitere Ressourcen bereitzustellen und weitere Maßnahmen aufzulegen; somit würde die europäische Klimapolitik auch größere Unterstützung erhalten;

32.

ruft zu einer Aufstockung der Forschungsmittel für Technologien der CO2-Abscheidung und -Speicherung auf , die in Verbindung mit den anderen Abmilderungsmaßnahmen genutzt werden sollten, um eine Senkung der Treibhausgasemissionen im erforderlichen Umfang zu erreichen;

33.

möchte sicherstellen , dass Fördermaßnahmen für Erzeuger erneuerbarer Energie aller Größenordnungen, somit auch für kleine Anlagen, zugänglich sind, und hält es konsequenterweise für erforderlich, dass die Förderung erneuerbarer Energien mit einem verminderten Einsatz fossiler Brennstoffe einhergeht;

SCHUTZ DER SCHWÄCHSTEN BEVÖLKERUNGSGRUPPEN

34.

merkt an , dass der Bürgermeisterkonvent durch den Einsatz für nachhaltige Energie und Energieeffizienz Städte und Regionen zur Durchführung von Änderungen anspornen kann, die darauf gerichtet sind, die schwächsten Bevölkerungsgruppen, besonders diejenigen mit geringen Festeinkommen, vor den Auswirkungen hoher Energiepreise und vor Armut aufgrund hoher Energiekosten zu schützen. Die Bemühungen sollten jedoch dergestalt sein, dass ein subventionierter Energieverbrauch vermieden wird und hohe Anreize erlaubt sind, um die Energieeffizienz zu steigern und den Energieverbrauch möglichst umfassend zu senken;

35.

unterschreibt nachdrücklich die Notwendigkeit, die schwächsten Bevölkerungsgruppen vor dem eventuellen Preisanstieg von Energie — insbesondere der Stromtarife — zu schützen, auch durch Unterstützung bei der Verbesserung der Energieeffizienz von Privathaushalten;

beauftragt seinen Präsidenten, die vorliegende Entschließung dem tschechischen und schwedischen EU-Ratsvorsitz, der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten sowie den Partnern auf der Ebene der Vereinten Nationen zu übermitteln.

Brüssel, den 18. Juni 2009

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Luc VAN DEN BRANDE


ANHANG

Liste der in jüngster Vergangenheit verabschiedeten AdR-Stellungnahmen mit unmittelbarem und mittelbarem Bezug zum Klimawandel

„Das europäische Konjunkturprogramm und die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften“, CdR 12/2009 fin

„Energie: Überprüfung der Energiestrategie und Energieleistung von Gebäuden“, CdR 8/2009 fin

„Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt“, CdR 274/2008 fin

„Fünfter Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“, CdR 273/2008 fin

„Wie die Regionen zur Verwirklichung der europäischen Energie- und Klimaziele beitragen — der Konvent der Bürgermeister“, CdR 241/2008 fin

„Verbesserung der Energieeffizienz durch Informations- und Kommunikationstechnologien“, CdR 254/2008 fin

AdR-Prospektivstellungnahme „Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“, CdR 245/2008 fin

„Legislativvorschläge der Kommission für die Gemeinsame Agrarpolitik nach dem Gesundheitscheck“, CdR 162/2008 fin

„Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten“, CdR 161/2008 fin

„Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“, CdR 160/2008 fin

AdR-Prospektivstellungnahme „Der Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung“, CdR 85/2007 fin

„Eine integrierte Meerespolitik für die Europäische Union“, CdR 22/2008 fin

„Der europäische Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt: drittes Legislativpaket“, CdR 21/2008 fin

„Den Haushalt reformieren, Europa verändern“, CdR 16/2008 fin

„Antworten auf die Herausforderung von Wasserknappheit und Dürre in der Europäischen Union“, CdR 313/2007 fin

„Strategie für die Regionen in äußerster Randlage: Fortschritte und Ausblick“, CdR 309/2007 fin

Grünbuch „Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt“, CdR 236/2007 fin

„Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik“, CdR 197/2007 fin

„Anpassung an den Klimawandel in Europa: Optionen für Maßnahmen der EU“, CdR 118/2007 fin

„Energiepaket“, CdR 111/2007 fin

„Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius“ und „Einbeziehung des Luftverkehrs in das Emissionshandelssystem“, CdR 110/2007 fin


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