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Document 52009XC0916(02)

    Mitteilung der Kommission betreffend die Kriterien für die eingehende Prüfung staatlicher Beihilfen mit regionaler Zielsetzung zur Förderung grosser Investitionsvorhaben

    ABl. C 223 vom 16.9.2009, p. 3–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    16.9.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 223/3


    Mitteilung der Kommission betreffend die Kriterien für die eingehende Prüfung staatlicher Beihilfen mit regionaler Zielsetzung zur Förderung grosser Investitionsvorhaben

    2009/C 223/02

    1.   EINLEITUNG

    1.1   Allgemeine Vorschriften für Beihilfen mit regionaler Zielsetzung

    1.

    In den Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007—2013 (1) (nachstehend „Leitlinien“ genannt) ist der allgemeine Ansatz der Kommission in Bezug auf staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, gemeinhin als Regionalbeihilfen bezeichnet, ausgeführt. Nach den in den Leitlinien festgelegten Kriterien können staatliche Beihilfen — trotz der negativen Auswirkungen, die Regionalbeihilfen auf Handel und Wettbewerb haben können — als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, wenn sie der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter benachteiligter Gebiete innerhalb der Europäischen Union dienen.

    2.

    Die Leitlinien enthalten Obergrenzen für Regionalbeihilfen, um so dem relativen Ausmaß der Entwicklungsprobleme in den betreffenden Gebieten Rechnung zu tragen. Die Beihilfehöchstintensitäten sind gestaffelt und reichen von 10 % bis 50 % der beihilfefähigen Kosten. Die Staffelung basiert in erster Linie auf dem Pro-Kopf-BIP der betreffenden Gebiete, wobei den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität eingeräumt wurde, damit sie die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen können. Die Fördergebietskarten für die einzelnen Mitgliedstaaten sind auf der Website Europa (2) veröffentlicht. Diese gestaffelten Beihilfeintensitäten spiegeln im Großen und Ganzen die Abwägung der Kommission zwischen den positiven Auswirkungen wider, die Regionalbeihilfen — insbesondere im Bereich der Förderung der Kohäsion durch Anwerbung von Investitionen für benachteiligte Gebiete — haben können, und der Begrenzung der negativen Auswirkungen, die derartige Beihilfen zugunsten einzelner Unternehmen z.B. auf andere Wirtschaftsbeteiligte und auf Gebiete, deren relativer Wettbewerbsvorteil entsprechend verringert wird, haben können.

    3.

    Der Begriff „großes Investitionsvorhaben“ bezeichnet eine Erstinvestition, deren beihilfefähigen Ausgaben über 50 Mio. EUR betragen (3). Bei großen Invesititionsvorhaben fallen die Probleme, die benachteiligte Gebiete charakterisieren, weniger ins Gewicht als bei Investitionsvorhaben kleineren Maßstabs. Es besteht jedoch ein größeres Risiko, dass der Handel durch große Invesititionsvorhaben beeinträchtigt wird und es somit zu einer stärkeren Verfälschung des Wettbewerbs gegenüber den Wettbewerbern in anderen Regionen kommt. Bei großen Invesititionsvorhaben besteht zudem die Gefahr, dass die Höhe der Beihilfe über das zum Ausgleich regionaler Nachteile erforderliche Minimum hinausgeht und die staatliche Beihilfe eine verkehrte Wirkung hat wie z.B. die Wahl ineffizienter Standorte oder eine stärkere Verfälschung des Wettbewerbs und, da Beihilfen teure Transferleistungen vom Steuerzahler an den Beihilfeempfänger sind, zu Nettowohlfahrtsverlusten führt, was der Fall ist, wenn die Kosten der Beihilfe die Vorteile für Verbraucher und Produzenten überwiegen.

    4.

    Die Leitlinien enthalten besondere Vorschriften für Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben (4). Die Leitlinien sehen für regionale Investitionsbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben eine automatische stufenweise Herabsetzung der Beihilfehöchstsätze vor, um Wettbewerbsverzerrungen auf ein Maß zu beschränken, das in der Regel durch die durch die Beihilfe entstehenden Vorteile für die Entwicklung der betreffenden Gebiete aufgewogen wird (5).

    5.

    Beihilfen für Investitionsvorhaben, die über dem Beihilfehöchstbetrag liegen, der nach den geltenden Vorschriften für Investitionsvorhaben mit beihilfefähigen Ausgaben von 100 Mio. EUR gewährt werden darf (Anmeldeschwelle) (6), müssen einzeln angemeldet werden. Bei diesen angemeldeten Investitionsvorhaben prüft die Kommission insbesondere die Beihilfeintensitäten und die Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen der Leitlinien; des Weiteren untersucht sie, ob die Beihilfe auf einem unterdurchschnittlich wachsenden oder sogar schrumpfenden Markt eine wesentliche Zunahme der Produktionskapazitäten bewirken könnte und ob sie Unternehmen mit hohen Marktanteilen zugute kommt.

    1.2   Regionalbeihilfen, die Gegenstand einer eingehenden Prüfung sind

    6.

    Trotz der automatischen Herabsetzung besteht die Möglichkeit, dass bestimmte umfangreiche Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben wesentliche Auswirkungen auf den Handel haben und erhebliche Wettbewerbsverzerrungen verursachen. Deshalb hat die Kommission zuvor Beihilfen für große Investitionsvorhaben in der Regel nicht genehmigt, wenn (7):

    der Beihilfeempfänger für mehr als 25 % des Verkaufs des betreffenden Produkts/der betreffenden Produkte auf dem betreffenden Markt/den betreffenden Märkten verantwortlich ist oder

    die durch das Investitionsvorhaben geschaffene Kapazität mehr als 5 % des Marktes beträgt, während die Zuwachsrate des betreffenden Marktes unter der Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts im EWR liegt.

    7.

    Mit den derzeit geltenden Leitlinien hat die Kommission einen individuelleren Ansatz gewählt, der ganz konkret eine Berücksichtigung der Kohäsion und sonstiger Vorteile, die mit derartigen Vorhaben erzielt werden können, ermöglicht. Derartige Vorteile müssen aber gegen die voraussichtlichen negativen Auswirkungen auf Handel und Wettbewerb, die ebenfalls möglichst konkret ermittelt werden sollten, abgewogen werden. Daher ist in Nummer 68 der Leitlinien festgelegt, dass die Kommission in Fällen, in denen die Anmeldeschwelle überschritten wird und eine oder beide Bedingungen in Nummer 68 Buchstaben a oder b der Leitlinien (Schwellen für eine eingehende Prüfung, die mit den in Nummer 6 der vorliegenden Mitteilung genannten Schwellen übereinstimmen) erfüllt sind, ein förmliches Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft einleitet. In dessen Rahmen wird eingehend geprüft, „ob die Beihilfe als Investitionsanreiz notwendig ist und die Vorteile der Beihilfemaßnahme stärker ins Gewicht fallen als die Wettbewerbsverzerrungen und die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten“ (8).

    8.

    In Fußnote 63 der Leitlinien hatte die Kommission ihre Absicht angekündigt, dass sie „die Kriterien, die sie bei der Bewertung anwenden wird, weiter präzisieren“ wird. Im Folgenden führt die Kommission deshalb näher aus, welche Arten von Informationen sie möglicherweise benötigt und welche Verfahren sie bei einer eingehenden Prüfung anwenden wird. Um festzustellen, ob eine Beihilfe insgesamt genehmigt werden kann, führt die Kommission im Einklang mit dem Aktionsplan Staatliche Beihilfen (9) eine Gesamtbewertung der Beihilfe durch, bei der sie die positiven und negativen Auswirkungen abwägt.

    9.

    Die eingehende Prüfung sollte in einem angemessenen Verhältnis zu der durch die Beihilfe möglicherweise verursachten Wettbewerbsverzerrung stehen. Der Umfang der Prüfung hängt somit von der Art des Falles ab. Art und Umfang des erforderlichen Beweismaterials richten sich also ebenfalls nach dem spezifischen Sachverhalt des einzelnen Falls. Unter Einhaltung der in den Artikeln 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (10) aufgeführten Bestimmungen zur Durchführung des förmlichen Prüfverfahrens kann die Kommission die Mitgliedstaaten außerdem um Vorlage unabhängiger Studien bitten, die die in der Anmeldung enthaltenen Informationen bestätigen, bzw. andere auf den jeweiligen Märkten tätige Wirtschaftsakteure sowie Experten für regionale Entwicklung um ergänzende Beiträge ersuchen. Darüber hinaus können Beteiligte während des förmlichen Prüfverfahrens Stellungnahmen abgeben. Die Kommission gibt bei der Einleitung des Verfahrens die für die Prüfung zentralen Aspekte an, zu denen sie um Beiträge ersucht.

    10.

    Mit der vorliegenden Mitteilung sollen Transparenz und Berechenbarkeit des Entscheidungsprozesses der Kommission sowie eine Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten gewährleistet werden. Die Kommission behält sich die Möglichkeit vor, den Leitfaden auf der Grundlage der gewonnenen praktischen Erfahrungen zu ändern.

    2.   POSITIVE AUSWIRKUNGEN DER BEIHILFE

    2.1   Zielsetzung der Beihilfe

    11.

    Mit Regionalbeihilfen wird ein im gemeinsamen Interesse liegendes Ziel verfolgt, das Gerechtigkeitserwägungen widerspiegelt und darin besteht, durch die Förderung des wirtschaftlichen Zusammenhalts einen Beitrag zur Verringerung der Entwicklungsabstände zwischen den verschiedenen Gebieten der Gemeinschaft zu leisten. In Nummer 2 der Leitlinien heißt es: „Indem die einzelstaatlichen Regionalbeihilfen speziell für Probleme benachteiligter Gebiete Abhilfe schaffen, fördern sie den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union insgesamt.“ In Nummer 3 der Leitlinien wird hinzugefügt: „Einzelstaatliche regionale Investitionsbeihilfen sollen die Entwicklung der besonders benachteiligten Gebiete durch Förderung der Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen. Sie unterstützen insbesondere durch die Förderung der Ansiedlung neuer Betriebe in benachteiligten Gebieten die Erweiterung und Diversifizierung der Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen.“

    12.

    Bei großen Investitionsvorhaben, die die Schwellen für eine eingehende Prüfung erreichen, müssen die Mitgliedstaaten nachweisen, dass mit der Beihilfe dem Gleichheitsziel Rechnung getragen wird. Daher müssen die Mitgliedstaaten ausführen, wie das Investitionsvorhaben zur Entwicklung des betreffenden Gebiets beitragen wird.

    13.

    Wenngleich mit Regionalbeihilfen vorrangig Ziele des Gleichheitsprinzips (z.B. wirtschaftlicher Zusammenhalt) gefördert werden sollen, können sie auch eingesetzt werden, um Marktversagen entgegenzuwirken. Regionale Nachteile können mit Marktversagen verbunden sein; dabei kann es sich um unzureichende Informationen, Koordinierungsprobleme oder Schwierigkeiten für den Beihilfenempfänger, sich Investitionen in öffentliche Güter oder externer Effekte von Investitionen zu bedienen, handeln. Wenn Regionalbeihilfen neben Gleichheitszielen auch Effizienzprobleme angehen, ist eine insgesamt größere positive Wirkung zu erwarten.

    14.

    Anhand der folgenden Kriterien (nicht erschöpfende Aufzählung) kann der regionale Beitrag einer Beihilfe in Bezug auf zusätzliche Investitionen und zusätzliche Wirtschaftstätigkeit für das betreffende Gebiet aufgezeigt werden. Die positiven Auswirkungen der Beihilfe können sowohl direkter Art (z.B. Schaffung direkter Arbeitsplätze) als auch indirekter Art sein (z.B. Innovation auf lokaler Ebene).

    Die Zahl der durch die Investition geschaffenen direkten Arbeitsplätze ist ein wichtiger Indikator für den Beitrag zur regionalen Entwicklung. Auch die Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze und das erforderliche Qualifikationsniveau sollten berücksichtigt werden.

    Eine noch größere Zahl neuer Arbeitsplätze wird möglicherweise im lokalen (Unter-)Lieferantennetz geschaffen, wodurch die Investition besser in das betreffende Gebiet integriert und weiterreichende Spillover-Effekte gewährleistet werden könnten. Die Anzahl der geschaffenen indirekten Arbeitsplätze sollte daher ebenfalls berücksichtigt werden.

    Die Zusage des Begünstigten, umfangreiche Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, um die (allgemeinen und spezifischen) Fertigkeiten seiner Mitarbeiter zu verbessern, wird als Beitrag zur regionalen Entwicklung betrachtet. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Ausbildungsmaßnahmen, mit denen das Wissen sowie die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitskräften außerhalb des Unternehmens verbessert werden. Um eine Doppelerfassung zu vermeiden, werden allgemeine bzw. spezifische Ausbildungsmaßnahmen, für die Ausbildungsbeihilfen genehmigt wurden, nicht als positive Auswirkungen von Regionalbeihilfen berücksichtigt.

    Externe Größenvorteile oder andere Vorteile im Bereich der regionalen Entwicklung können sich aus der geografischen Nähe ergeben (Clusterwirkung). Aufgrund der Clusterbildung zwischen Unternehmen desselben Industriezweigs können sich einzelne Werke spezialisieren, was wiederum zu Effizienzsteigerungen führt. Die geografische Nähe erleichtert den Austausch von Informationen, Ideen und Wissen zwischen den Unternehmen. Eine Konzentration von Wirtschaftstätigkeiten zieht Arbeitssuchende an, so dass den Unternehmen ein großer Pool an Arbeitskräften mit unterschiedlichen Qualifikationen zur Verfügung steht. Der Zugang der Unternehmen zu rechtlichen und kommerziellen Dienstleistungen ist gewährleistet, so dass die Produktivität steigt. Im Allgemeinen zieht eine Konzentration von Wirtschaftstätigkeiten weitere Investitionen an, die ihrerseits die positiven Spillover-Effekte verstärken (positive Eigendynamik).

    Investitionen gehen mit Fachwissen einher und können einen erheblichen Technologietransfer hervorbringen (Wissens-Spillover). Bei Investitionen in technologieintensive Industriezweige sind Technologietransfers in das Empfängergebiet wahrscheinlicher. Ebenfalls wichtig sind in diesem Zusammenhang der Umfang und die besonderen Umstände der Wissensverbreitung.

    Ebenfalls berücksichtigt werden kann, inwiefern die Vorhaben die Region befähigen, durch lokale Innovation neue Technologien zu schaffen. So wäre eine Zusammenarbeit zwischen einer neuen Produktionsstätte und den lokalen Hochschuleinrichtungen in dieser Hinsicht als positiv zu bewerten.

    Laufzeit der Investition und mögliche Folgeinvestitionen lassen erkennen, ob ein dauerhaftes Engagement eines Unternehmens in einem Gebiet zu erwarten ist.

    15.

    Die Mitgliedstaaten sollten möglichst Bewertungen früherer Beihilferegelungen oder -maßnahmen, Folgenabschätzungen von Bewilligungsbehörden, Sachverständigengutachten und möglicherweise angefertigte Studien zu dem zu bewertenden Investitionsvorhaben heranziehen. Der Geschäftsplan des Beihilfeempfängers könnte Aufschluss geben über die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze, die gezahlten Gehälter (Vermögensbildung in den privaten Haushalten als Spillover-Effekt), den Gesamtabsatz der lokalen Hersteller und den durch die Investition generierten Umsatz, der der Region möglicherweise durch zusätzliche Steuereinnahmen zugute kommt.

    16.

    Gegebenenfalls muss auch die Beziehung zwischen dem Investitionsvorhaben und dem nationalen strategischen Rahmenplan sowie den operationellen Programmen, die durch die Strukturfonds kofinanziert werden, berücksichtigt werden. Bei der Prüfung großer Vorhaben im Rahmen der Strukturfonds oder des Kohäsionsfonds kann sich die Kommission dabei auf einschlägige Kommissionsentscheidungen stützen (11). Derartige Entscheidungen basieren unter anderem auf einer „Kosten/Nutzen-Analyse mit einer Analyse des Risikos und der erwarteten Auswirkungen auf den betroffenen Sektor und auf die sozioökonomische Lage des Mitgliedstaats und/oder der Region sowie auch, soweit möglich und angezeigt, der übrigen Regionen der Gemeinschaft.“

    2.2   Geeignetheit des Beihilfeinstruments

    17.

    Staatliche Beihilfen in Form von Investitionszuschüssen sind nicht das einzige Instrument, mit dem die Mitgliedstaaten die Investitionstätigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen in benachteiligten Gebieten fördern können. Sie können auch allgemeine Maßnahmen einsetzen, um zum Beispiel die Infrastruktur zu entwickeln oder die Qualität der allgemeinen und beruflichen Bildung bzw. die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.

    18.

    Als geeignete Instrumente gelten Maßnahmen, für die der Mitgliedstaat politische Alternativen in Betracht gezogen und die Vorteile eines selektiven Instruments wie einer staatlichen Beihilfe für ein bestimmtes Unternehmen nachgewiesen hat. Die Kommission wird insbesondere eine etwaige Folgenabschätzung berücksichtigen, die der Mitgliedstaat für die angemeldete Beihilfemaßnahme durchgeführt hat.

    2.3   Anreizeffekt

    19.

    Die Prüfung des Anreizeffekts zählt zu den wichtigsten Aspekten der eingehenden Prüfung von Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben. Die Kommission wird prüfen, ob die geplante Beihilfe „Anreiz zu Investitionen gibt, die sonst in den geförderten Regionen nicht getätigt würden“ (12). Diese Prüfung wird zunächst auf einer allgemeinen verfahrenstechnischen Ebene und anschließend auf einer umfassenderen wirtschaftlichen Ebene erfolgen.

    20.

    Nummer 38 der Leitlinien enthält allgemeine Kriterien für die förmliche Prüfung des Anreizeffekts von Regionalbeihilfen. Diese Kriterien gelten nicht nur für Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben, sondern für alle Beihilfen mit regionaler Zielsetzung.

    21.

    Bei Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben im Sinne dieser Mitteilung wird die Kommission eingehend prüfen, „ob die Beihilfe als Investitionsanreiz notwendig ist“ (13). Mit dieser eingehenden Prüfung soll festgestellt werden, ob die Beihilfe tatsächlich dazu beiträgt, das Verhalten des Beihilfeempfängers dahingehend zu beeinflussen, dass er in dem betreffenden Fördergebiet (zusätzliche) Investitionen tätigt. Auch ohne eine in Aussicht stehende Beihilfe kann es für ein Unternehmen viele triftige Gründe geben, sich in einem bestimmten Gebiet niederzulassen.

    22.

    In Bezug auf das sich aus der Kohäsionspolitik ergebende Gleichheitsziel gibt es — sofern die Beihilfe zur Erreichung dieses Ziels beiträgt — zwei Szenarios, für die ein Anreizeffekt nachgewiesen werden kann:

    1.

    Die Beihilfe ist ein Anreiz, sich für eine Investition zu entscheiden, da in dem Fördergebiet eine Investition getätigt werden kann, die andernfalls für das Unternehmen an einem anderen Standort nicht wirtschaftlich gewesen wäre (14).

    2.

    Die Beihilfe ist ein Anreiz, die geplante Investition in dem jeweiligen Gebiet und nicht anderswo zu tätigen, da sie die mit dem Fördergebiet verbundenen Nettonachteile und Kosten ausgleicht.

    23.

    Der Mitgliedstaat muss der Kommission gegenüber darlegen, dass die Beihilfe einen Anreizeffekt hat und mit entsprechenden Belegen nachweisen, dass die Beihilfe sich tatsächlich auf die Investitions- oder Standortentscheidung auswirkt. Daher muss er angeben, von welchem Szenario ausgegangen wird. Um eine umfassende Bewertung zu ermöglichen, muss der Mitgliedstaat nicht nur Angaben zum geförderten Vorhaben, sondern auch eine ausführliche Beschreibung der kontrafaktischen Fallkonstellation (der Mitgliedstaat gewährt dem Empfänger keine Beihilfe) vorlegen.

    24.

    Für Szenario 1 kann der Mitgliedstaat den Nachweis über den Anreizeffekt der Beihilfe mit Hilfe von Unternehmensunterlagen erbringen, aus denen hervorgeht, dass die Investition ohne die Beihilfe nicht wirtschaftlich wäre und dass kein anderer Standort als das betreffende Fördergebiet in Frage kommt.

    25.

    Für Szenario 2 kann der Mitgliedstaat den Beweis für den Anreizeffekt der Beihilfe mit Hilfe von Unternehmensunterlagen erbringen, aus denen hervorgeht, dass Kosten und Nutzen der Niederlassung in dem betreffenden Fördergebiet mit Kosten und Nutzen der Niederlassung in einem anderen Gebiet verglichen worden sind. Derartige Vergleiche werden nur anerkannt, wenn sie von der Kommission als realistisch beurteilt werden.

    26.

    Die Mitgliedstaaten sollten möglichst Risikobewertungen (einschließlich einer Bewertung standortspezifischer Risiken), Finanzberichte, interne Geschäftspläne, Sachverständigengutachten und Studien zu dem zu bewertenden Investitionsvorhaben heranziehen. Für die Prüfung des Anreizeffekts hilfreich sind außerdem Unterlagen, die Angaben zu Nachfrageprognosen, Kostenprognosen und Finanzprognosen enthalten, einem Investitionsausschuss vorgelegte Unterlagen, in denen verschiedene Investitionsszenarios untersucht werden, sowie den Finanzmärkten vorgelegte Unterlagen.

    27.

    Vor diesem Hintergrund kann das Rentabilitätsniveau — insbesondere für Szenario 1 — mit Hilfe der in dem jeweiligen Industriezweig üblichen Methoden festgestellt werden (z.B. Methoden zur Feststellung des Kapitalwerts, des internen Zinsfußes oder der Kapitalrendite des Vorhabens).

    28.

    Ändert die Beihilfe das Verhalten des Empfängers nicht dahingehend, dass er (zusätzliche) Investitionen in dem betreffenden Fördergebiet tätigt, besteht kein ausreichender Anreiz, die regionale Zielsetzung zu verwirklichen. Bietet die Beihilfe keinen Anreiz, die regionale Zielsetzung zu verwirklichen, ist davon auszugehen, dass sie dem Unternehmen einfach nur Mittel verschafft. Daher werden Regionalbeihilfen zur Förderung großer Investitionsvorhaben, die Gegenstand einer eingehenden Prüfung sind, nicht genehmigt, wenn sich zeigt, dass die jeweilige Investition in dem betreffenden Gebiet auch ohne die Beihilfe getätigt worden wäre.

    2.4   Angemessenheit der Regionalbeihilfen

    29.

    Regionalbeihilfen entsprechen dem Grundsatz der Angemessenheit, wenn ihre Höhe und Intensität auf das für die Investition in dem Fördergebiet erforderliche Minimum beschränkt sind.

    30.

    Durch Festsetzung allgemeiner Obergrenzen für Regionalbeihilfen und eine automatische stufenweise Herabsetzung der Beihilfehöchstsätze bei großen Investitionsvorhaben (siehe Nummern 1 und 3) gewährleisten die Leitlinien, dass Regionalbeihilfen in einem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der Probleme in den betreffenden Fördergebieten stehen.

    31.

    Im Falle einer eingehenden Prüfung einer Regionalbeihilfe muss eine umfassendere Prüfung dieses in den Leitlinien enthaltenen allgemeinen Grundsatzes der Angemessenheit erfolgen.

    32.

    Bei Szenario 1 wird in der Regel davon ausgegangen, dass der Investitionsanreiz der Beihilfe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfüllt, wenn die infolge der Beihilfe erzielte Kapitalrendite dem von dem Unternehmen bei anderen Investitionsvorhaben zugrunde gelegten normalen Renditesatz, den Kapitalkosten des Unternehmens insgesamt oder den in dem jeweiligen Industriezweig üblichen Renditen entspricht.

    33.

    Bei Szenario 2 wird in der Regel davon ausgegangen, dass in Bezug auf einen Standortanreiz die Beihilfe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfüllt, wenn sie der Differenz zwischen den Nettokosten, die dem Empfängerunternehmen für die Investition in das Fördergebiet entstehen, und den Nettokosten, die ihm für die Investition in ein anderes Gebiet/andere Gebiete entstehen würden, entspricht. Dabei müssen alle Kosten- und Nutzenarten berücksichtigt werden (unter anderem Verwaltungskosten, Transportkosten, nicht durch Ausbildungsbeihilfen abgedeckte Ausbildungskosten und Gehaltsunterschiede).

    34.

    Diese durch die regionalen Nachteile bedingten Nettokosten bewirken eine geringere Rentabilität der Investition. Deshalb können die für die Analyse des Anreizeffekts verwendeten Berechnungen auch bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe zugrunde gelegt werden.

    35.

    Der Mitgliedstaat muss die Angemessenheit anhand geeigneter Unterlagen wie der in Nummer 26 genannten nachweisen.

    36.

    Die Beihilfeintensität darf in keinem Falle höher sein als die für Regionalbeihilfen festgesetzten Obergrenzen einschließlich der in den Leitlinien vorgesehenen stufenweisen Herabsetzung.

    3.   NEGATIVE AUSWIRKUNGEN DER BEIHILFE

    37.

    Zur Bewertung der Marktanteile und potenzieller Überkapazitäten auf einem strukturbedingt schrumpfenden Markt muss die Kommission den sachlich und räumlich relevanten Markt abgrenzen. Bei Regionalbeihilfen, die Gegenstand einer eingehenden Prüfung sind, ist der relevante Markt daher in der Regel (15) bereits abgegrenzt worden.

    38.

    In Nummer 68 der Leitlinien sind bereits zwei wichtige Indikatoren für potenzielle negative Auswirkungen von Regionalbeihilfen aufgeführt: hohe Marktanteile und eine potenzielle Überkapazität auf einem strukturbedingt schrumpfenden Markt. Diese Indikatoren stammen aus zwei Theorien über die Behinderung des Wettbewerbs, die auf die Schaffung von Marktmacht bzw. die Schaffung oder Aufrechterhaltung ineffizienter Marktstrukturen abstellen. Eine erste Einschätzung (prima facie) dieser beiden Indikatoren erfolgt bereits vor der Einleitung des Prüfverfahrens. Um zu gewährleisten, dass alle für die abschließende Abwägungsprüfung erforderlichen Elemente zur Verfügung stehen, werden diese beiden Indikatoren im Rahmen der eingehenden Prüfung ausführlich untersucht. Ein dritter Indikator für die potenziellen negativen Auswirkungen der eingehend zu prüfenden Beihilfe ist der Einfluss der Beihilfe auf den Handel. Wenngleich es sich hier um die drei wichtigsten Indikatoren für sich aus einer Regionalbeihilfe zur Förderung großer Investitionsvorhaben ergebende potenzielle negative Auswirkungen handelt, schließt die Kommission nicht aus, dass in bestimmten Fällen auch andere Indikatoren relevant sein können.

    39.

    In Fällen, in denen die Beihilfe einen Anreiz zur Änderung der Investitionsentscheidung gibt, so dass die Investition ohne die Beihilfe nicht getätigt worden wäre (Szenario 1 für einen Anreizeffekt), legt die Kommission besonderes Gewicht auf die mit Marktmacht und Überkapazität verbundenen negativen Auswirkungen.

    40.

    Wenn die kontrafaktische Analyse jedoch darauf schließen lässt, dass die Investition auch ohne die Beihilfe — möglicherweise allerdings an einem anderen Standort — getätigt worden wäre (Szenario 2) und die Beihilfe dem Grundsatz der Angemessenheit entspricht, wären die Anzeichen für etwaige Wettbewerbsverzerrungen (z. B. ein hoher Marktanteil und eine Zunahme der Kapazität auf einem Markt mit unterdurchschnittlichem Wachstum) ungeachtet der Beihilfe grundsätzlich gleich.

    3.1   Verdrängung privater Investoren

    3.1.1   Marktmacht

    41.

    Auf Märkten mit einer begrenzten Zahl von Marktteilnehmern (typisch für große Investitionsvorhaben) berücksichtigt ein Unternehmen bei der Ermittlung seines optimalen Investitionsniveaus die von seinen Wettbewerbern getätigten Investitionen. Wird ein Unternehmen durch eine Beihilfe dazu veranlasst, mehr zu investieren, könnten die Wettbewerber darauf mit einer Kürzung ihrer eigenen Ausgaben in diesem Bereich reagieren. In diesem Fall führt die Beihilfe zu einer Verdrängung privater Investoren. Wird die Marktstellung dieser Wettbewerber in der Folge geschwächt oder müssen sie sich sogar vom Markt zurückziehen, verzerrt die Beihilfe den Wettbewerb. In diesem Zusammenhang wird, wie in Nummer 38 dargelegt, in den Leitlinien zwischen Fällen unterschieden, in denen der Beihilfeempfänger Marktmacht hat, und in denen die Beihilfe auf einem schrumpfenden Markt zu einer erheblichen Kapazitätszunahme führt.

    42.

    Bei konzentrierten Märkten sind Wettbewerbsverzerrungen aufgrund von Beihilfen an einen Begünstigten im Allgemeinen wahrscheinlicher, da davon auszugehen ist, dass die Entscheidung des betreffenden Unternehmens einen direkteren Einfluss auf die Wettbewerber ausübt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Wirtschaftsbeteiligter in marktbeherrschender Stellung gefördert wird. Wenn das begünstigte Unternehmen folglich seine Marktmacht (16) mit Hilfe einer Regionalbeihilfe zur Förderung großer Investitionsvorhaben beibehalten oder sogar ausbauen kann, könnte sich die Beihilfe auf die Investitionsentscheidungen der Wettbewerber abschreckend auswirken und damit den Wettbewerb verzerren. Da dies zulasten der Verbraucher ginge, ist der Kommission daran gelegen, staatliche Beihilfen an Unternehmen mit Marktmacht in Grenzen zu halten.

    43.

    Bei allen Regionalbeihilfen, die die Anmeldeschwelle erreichen (Nummer 64 der Leitlinien), muss die Kommission den Anteil des Beihilfeempfängers (oder der Gruppe, zu der er gehört) am Verkauf des betreffenden Produkts oder der betreffenden Produkte auf dem/den relevanten sachlichen und räumlichen Markt/Märkten bewerten (Nummer 68 Buchstabe a der Leitlinien). Marktanteile können jedoch nur einen ersten Hinweis auf mögliche Probleme geben. Daher trägt die Kommission bei ihrer eingehenden Prüfung gegebenenfalls auch anderen Faktoren, z. B. der Marktstruktur, Rechnung, wobei sie sich mit der Konzentration auf dem Markt (17), eventuell Marktzutrittsschranken (18), der Nachfragemacht (19) und den Marktaustrittsschranken befasst.

    44.

    Die Kommission berücksichtigt die Marktanteile und andere damit verbundene Faktoren vor und nach der Investition (in der Regel in dem Jahr vor Beginn der Investition und in dem Jahr, nach dem die Produktion ihren vollen Umfang erreicht hat). Bei der eingehenden Prüfung der negativen Auswirkungen trägt die Kommission der Tatsache Rechnung, dass einige Investitionsvorhaben zwar über einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von ein oder zwei Jahren durchgeführt werden, die meisten großen Investitionsvorhaben aber eine wesentlich längere Laufzeit haben. Daher sind in den meisten Fällen langfristige Analysen zur Entwicklung der Märkte erforderlich. Die Kommission räumt jedoch ein, dass diese langfristigen Analysen eher hypothetischer Art sind, insbesondere bei volatilen Märkten oder bei Märkten, die einem raschen technologischen Wandel unterliegen. Je langfristiger und damit spekulativer die Analyse ist, umso weniger Bedeutung wird den möglichen negativen Auswirkungen der Marktmacht oder der Möglichkeit eines wettbewerbsausschließenden Verhaltens beigemessen.

    3.1.2   Schaffung oder Aufrechterhaltung ineffizienter Marktstrukturen

    45.

    Wenn ineffiziente Unternehmen gezwungen werden, sich vom Markt zurückzuziehen, zeugt dies von wirksamem Wettbewerb. Langfristig begünstigt dieser Prozess den technologischen Fortschritt und eine effiziente Nutzung knapper wirtschaftlicher Ressourcen. Auf einem Markt mit unterdurchschnittlichem Wachstum könnte eine durch staatliche Beihilfen begünstigte wesentliche Kapazitätszunahme jedoch eine unangemessene Wettbewerbsverzerrung bewirken, da die Überkapazität die Gewinnmargen schmälern sowie eine Verringerung der Kapazitäten der Wettbewerber oder sogar ihren Rückzug vom Markt herbeiführen könnte, so dass Wettbewerber, die ihre Geschäftstätigkeit andernfalls hätten fortführen können, durch die staatliche Beihilfe gezwungen werden, sich vom Markt zurückzuziehen. Außerdem könnten kostengünstig produzierende Unternehmen am Markteintritt gehindert und die Anreize für Wettbewerber, Neuerungen einzuführen, untergraben werden. Dies führt zu ineffizienten Marktstrukturen, die langfristig auch für die Verbraucher von Nachteil sind.

    46.

    Bei der Untersuchung, ob die Beihilfe zur Schaffung oder Beibehaltung ineffizienter Marktstrukturen beitragen könnte, berücksichtigt die Kommission, wie bereits ausgeführt, die durch das Vorhaben geschaffene zusätzliche Produktionskapazität sowie die Frage, ob es sich um einen Markt mit unterdurchschnittlichem Wachstum handelt (20). Im Einklang mit den Leitlinien wird eine zusätzliche Kapazität nur dann als problematisch betrachtet, wenn sie mehr als fünf Prozent des betreffenden Marktes beträgt und auf einem Markt mit unterdurchschnittlichem Wachstum geschaffen wird.

    47.

    Da Kapazität, die auf einem in absoluten Zahlen schrumpfenden Markt geschaffen wird, in der Regel stärker wettbewerbsverzerrend wirkt als Kapazität, die auf einem in relativen Zahlen schrumpfenden Markt geschaffen wird, unterscheidet die Kommission zwischen Fällen, bei denen der relevante Markt langfristig betrachtet strukturell schrumpft (d.h. eine negative Wachstumsrate aufweist), und Fällen, bei denen der relevante Markt in relativen Zahlen schrumpft (d.h. eine positive Wachstumsrate zeigt, aber eine als Bezugsgröße festgelegte Wachstumsrate nicht überschreitet (siehe Nummer 48)). Wird durch das Vorhaben auf einem in absoluten Zahlen strukturell schrumpfenden Markt Kapazität geschaffen, betrachtet die Kommission dies bei der Abwägungsprüfung als negativen Aspekt, der kaum durch positive Aspekte ausgeglichen werden kann. In einem derartigen Fall stellt sich um so mehr die Frage des langfristigen Nutzens für das betreffende Gebiet.

    48.

    Bezugsgröße für die Definition des „Markts mit unterdurchschnittlichem Wachstum“ ist in der Regel das EWR-BIP der letzten fünf Jahre vor Beginn des Vorhabens. Daten über die in der Vergangenheit erzielten Ergebnisse sind leichter verfügbar und weniger hypothetisch als Prognosen für die Zukunft. Die Kommission kann bei der eingehenden Prüfung jedoch auch zu erwartende Trends berücksichtigen, denn der Kapazitätszuwachs wird seine Wirkung in den Jahren nach der Investition entfalten. Als Indikatoren könnten das voraussichtliche Wachstum des betreffenden Marktes und die sich daraus vermutlich ergebenden Kapazitätsauslastungen sowie die wahrscheinlichen Auswirkungen des Kapazitätszuwachses aufgrund seines Einflusses auf Preise und Gewinnspannen, aber auch auf die Wettbewerber, verwendet werden.

    49.

    Die Erfahrung zeigt aber auch, dass sich das Wachstum des betreffenden Produkts im EWR in bestimmten Fällen nicht als Bezugsgröße für die Bewertung der Auswirkungen der Beihilfe eignet; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen Weltmarkt handelt und das betreffende Produkt nur in begrenztem Umfang im EWR produziert oder verbraucht wird. In derartigen Fällen prüft die Kommission die Auswirkungen der Beihilfe auf die Marktstrukturen eingehender und berücksichtigt dabei besonders die Frage, ob EWR-Hersteller durch die Beihilfe vom Markt verdrängt werden könnten.

    3.2   Negative Auswirkungen auf den Handel

    50.

    Wie in Nummer 2 der Leitlinien dargelegt, liegt der Unterschied zwischen Regionalbeihilfen und anderen Formen horizontaler Beihilfen in der geografischen Komponente. Die besondere Eigenschaft von Regionalbeihilfen besteht darin, dass auf die Standortentscheidung der Investoren Einfluss genommen wird. Wenn Regionalbeihilfen die durch regionale Nachteile bedingten Mehrkosten ausgleichen und zusätzliche Investitionen in Fördergebieten hervorbringen, tragen sie nicht nur zur Entwicklung der Region, sondern auch zur Kohäsion bei, so dass sie letztlich der gesamten Gemeinschaft zugute kommen (21). Die potenziellen negativen, standortspezifischen Auswirkungen von Regionalbeihilfen wurden bereits erkannt und durch die Leitlinien und Fördergebietskarten beschränkt, in denen nach Maßgabe der verfolgten Gleichheits- und Kohäsionsziele erschöpfend festgelegt ist, in welchen Gebieten Regionalbeihilfen gewährt werden dürfen und welche Beihilfeintensitäten zulässig sind. Investitionen außerhalb dieser Gebiete dürfen nicht durch Beihilfen gefördert werden. Für die Bewertung großer Investitionsvorhaben auf der Grundlage der hier erläuterten Kriterien muss die Kommission über alle notwendigen Informationen verfügen, damit sie prüfen kann, ob die staatliche Beihilfe an bereits vorhandenen Standorten in der Gemeinschaft zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten führen würde.

    51.

    Wenn mit staatlichen Beihilfen Investitionen gefördert werden, die die Produktionskapazität auf einem Markt steigern, besteht die Gefahr, dass sich dies negativ auf die Produktions- oder Investitionstätigkeit in anderen Gegenden der Gemeinschaft auswirkt. Dies trifft besonders dann zu, wenn der Kapazitätszuwachs über dem Marktwachstum liegt, was bei großen Investitionsvorhaben, die dem zweiten Kriterium in Nummer 68 der Leitlinien entsprechen, in der Regel der Fall sein wird. Die negativen Auswirkungen auf den Handel, die der entgangenen wirtschaftlichen Tätigkeit in den von der Beihilfe betroffenen Gegenden entsprechen, können sich in Arbeitsplatzverlusten auf dem betreffenden Markt, Nachteilen für die Subunternehmer (22) und Einbußen an positiven externen Effekten (wie z. B. Clusterwirkung, Wissens-Spillover, Ausbildung und Fortbildung etc.) äußern.

    4.   ABWÄGUNG DER AUSWIRKUNGEN DER BEIHILFE

    52.

    Hat die Kommission festgestellt, dass eine regionale Investitionsbeihilfe als Anreiz für ein großes Investitionsvorhaben in einem bestimmten Gebiet notwendig ist, wägt sie die positiven und negativen Auswirkungen gegeneinander ab. Dabei werden die Gesamtauswirkungen der Beihilfe auf den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft eingehend untersucht. Die Kommission wendet die in der vorliegenden Mitteilung festgelegten Kriterien allerdings nicht schablonenhaft an, sondern wägt je nach anzumeldender Beihilfe deren Bedeutung insgesamt ab. Bei dieser Abwägung sind weder ein einziges Element noch mehrere Elemente zusammen für sich genommen dafür ausschlaggebend, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

    53.

    Die Kommission vertritt insbesondere die Auffassung, dass eine Investition in einem stärker benachteiligten Gebiet (mit höherer Regionalbeihilfen-Obergrenze) für den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft wichtiger ist als dieselbe Investition in einem weniger benachteiligten Gebiet. Im Szenario 2, bei dem ein alternativer Standort nachzuweisen ist, stellt die Einschätzung, dass die Investition ohne Beihilfe in ein stärker benachteiligtes Gebiet (mehr regionale Nachteile — höhere Regionalbeihilfen-Höchstintensität) geflossen wäre oder in ein Gebiet, dessen regionale Nachteile als ebenso groß betrachtet werden wie die des Zielgebiets (dieselbe Regionalbeihilfen-Höchstintensität) bei der allgemeinen Abwägungsprüfung einen negativen Aspekt dar, der kaum durch positive Aspekte aufgewogen werden kann, da er dem eigentlichen Zweck einer Regionalbeihilfe zuwiderläuft. Im Hinblick auf die positiven Auswirkungen einer Regionalbeihilfe, die lediglich die Differenz der Nettokosten gegenüber einem weiterentwickelten alternativen Investitionsstandort ausgleicht (und damit das vorstehend genannte Kriterium der Angemessenheit sowie die Anforderung einer „positiven Auswirkung“ hinsichtlich Zielsetzung, Geeignetheit und Anreizeffekt erfüllt), wird hingegen im Rahmen der Abwägungsprüfung in der Regel die Auffassung vertreten, dass diese stärker ins Gewicht fallen als die möglichen negativen Auswirkungen der neuen Investition an dem alternativen Standort.

    54.

    Gibt es jedoch stichhaltige Beweise dafür, dass die staatliche Beihilfe an bestehenden Standorten in der Europäischen Union zu einem erheblichen Verlust an Arbeitsplätzen führen würde, die andernfalls mittelfristig wahrscheinlich erhalten geblieben wären, müssen bei der Abwägung die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf diese bestehenden Standorte berücksichtigt werden.

    55.

    Die Kommission kann das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 mit einer Entscheidung nach Artikel 7 der genannten Verordnung abschließen.

    56.

    Die Kommission kann entscheiden, die Beihilfe zu genehmigen, mit Bedingungen und Auflagen zu versehen oder zu untersagen (23). Wenn sie eine an Bedingungen und Auflagen gebundene Entscheidung gemäß Artikel 7 Absatz 4 der genannten Verordnung erlässt, kann sie entsprechende Bedingungen und Auflagen festlegen, um die mögliche Wettbewerbsverzerrung zu beschränken und die Angemessenheit zu gewährleisten. Insbesondere kann sie den angemeldeten Beihilfebetrag oder die angemeldete Beihilfeintensität auf ein Maß verringern, das als angemessen und daher als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden kann.


    (1)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

    (2)  http://ec.europa.eu/comm/competition/state_aid/regional_aid/regional_aid.html

    (3)  Siehe die Definition in Nummer 60 und Fußnoten 54 und 55 der Leitlinien.

    (4)  Vgl. Abschnitt 4.3 der Leitlinien.

    (5)  Vgl. Nummer 67 der Leitlinien.

    (6)  Vgl. Nummer 64 der Leitlinien.

    (7)  Vgl. Nummer 24 des Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben aus dem Jahr 2002 (ABl. C 70 vom 19.3.2002, S. 8. Zuletzt geändert in ABl. C 263 vom 1.11.2003, S. 3).

    (8)  Vgl. Nummer 68 der Leitlinien.

    (9)  Vgl. Nummern 11 und 20 des Aktionsplans Staatliche Beihilfen (KOM(2005) 107 endgültig).

    (10)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

    (11)  Vgl. Abschnitt 2 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25).

    (12)  Vgl. Nummer 38 der Leitlinien.

    (13)  Vgl. Nummer 68 der Leitlinien.

    (14)  Derartige Investitionen können ein Umfeld schaffen, in dem ohne zusätzliche Hilfe weitere Investitionen getätigt werden können.

    (15)  Verbleiben Zweifel hinsichtlich der angemessenen Abgrenzung der relevanten Märkte, so werden diese von der Kommission in ihrer Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag festgehalten.

    (16)  Marktmacht ist das Vermögen, die Marktpreise, die Produktion, die Vielfalt oder die Qualität von Gütern und Dienstleistungen oder sonstige Wettbewerbsparameter über einen erheblichen Zeitraum zu beeinflussen.

    (17)  Für diesen Zweck könnte die Kommission den Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) heranziehen, der eine grundlegende Analyse der Marktstruktur ermöglicht. Auf einem Markt mit wenigen Marktteilnehmern, von denen mehrere einen vergleichsweise hohen Marktanteil besitzen, gibt ein hoher Marktanteil des Begünstigten möglicherweise weniger Anlass zu Wettbewerbsbedenken.

    (18)  Zu diesen Zutrittsschranken zählen rechtliche Schranken (insbesondere Rechte des geistigen Eigentums), Größen- und Verbundvorteile sowie Schranken beim Zugang zu Netzwerken und Infrastrukturen. Wird die Beihilfe auf einem Markt gewährt, auf dem der Beihilfeempfänger ein etablierter Marktteilnehmer ist, könnten sich die vom Beihilfeempfänger ausgeübte potenzielle Marktmacht und damit die möglichen negativen Auswirkungen dieser Marktmacht durch eventuelle Zutrittsschranken verstärken.

    (19)  Sind nachfragestarke Abnehmer auf dem Markt vorhanden, ist es weniger wahrscheinlich, dass ein Beihilfeempfänger ihnen gegenüber höhere Preise durchsetzen kann.

    (20)  In diesem Zusammenhang bezeichnet der Begriff „Markt mit unterdurchschnittlichem Wachstum“ einen Markt, dessen mittlere jährliche Wachstumsrate im Bezugszeitraum nicht über der Wachstumsrate des BIP im EWR liegt.

    (21)  So würde eine zusätzliche Geschäftstätigkeit bzw. ein höherer Lebensstandard im Fördergebiet die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen aus anderen Teilen der Gemeinschaft stärken.

    (22)  Vor allem, wenn sie in der jeweiligen Gegend auf lokalen Märkten tätig sind.

    (23)  Werden Beihilfen auf der Grundlage einer bestehenden Regionalbeihilferegelung gewährt, behält der Mitgliedstaat allerdings die Möglichkeit, derartige Beihilfen bis zu einer Höhe zu gewähren, die dem zulässigen Höchstbetrag entspricht, der im Rahmen der anwendbaren Bestimmungen für eine Investition mit beihilfefähigen Ausgaben von 100 Mio. EUR gewährt werden darf.


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