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Document 52008IP0229

Preisanstieg bei Lebensmitteln in der Europäischen Union und in den Entwicklungsländern Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2008 zum Preisanstieg bei Lebensmitteln in der EU und in den Entwicklungsländern

ABl. C 279E vom 19.11.2009, p. 71–77 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

19.11.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 279/71


Preisanstieg bei Lebensmitteln in der Europäischen Union und in den Entwicklungsländern

P6_TA(2008)0229

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2008 zum Preisanstieg bei Lebensmitteln in der EU und in den Entwicklungsländern

(2009/C 279 E/14)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis darauf, dass vor 60 Jahren die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, in deren Artikel 25 Absatz 1 das Recht auf Nahrung verankert ist,

unter Hinweis auf die Ergebnisse des Welternährungsgipfels 1996 und die Zielvorgabe, bis 2015 die Zahl der Menschen, die Hunger leiden, zu halbieren,

unter Hinweis auf die Verpflichtungen in dem Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, zu dessen Vertragsstaaten alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union zählen, insbesondere auf die Verpflichtungen in Artikel 11, der das Recht auf Nahrung betrifft,

unter Hinweis auf die Sondertagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zum Thema „Die negativen Auswirkungen der Verschärfung der unter anderem durch die steigenden Lebensmittelpreise bedingten weltweiten Nahrungsmittelkrise auf die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung“, die am 22. Mai 2008 in Genf stattfindet,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission zur humanitären Hilfe der Europäischen Union mit dem Titel „Europäischer Konsens über die humanitäre Hilfe“ (1),

unter Hinweis auf Artikel 33 des EG-Vertrags,

unter Hinweis auf den derzeit laufenden „Gesundheitscheck“ der GAP,

unter Hinweis auf die jüngsten Empfehlungen des vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Weltbank und anderen Einrichtungen der internationalen Gemeinschaft initiierten und geförderten Weltlandwirtschaftsrats (International Assessment of Agricultural Science and Technology — IAASTD) zur weltweiten Lebensmittelproduktion,

unter Hinweis auf die Berichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaänderungen (IPCC),

unter Hinweis auf die derzeitigen Verhandlungen der Doha-Entwicklungsrunde,

unter Hinweis auf die am 22. November 2007 von der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU angenommene Erklärung von Kigali über umweltverträgliche Wirtschaftspartnerschaftsabkommen,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2007 zu den steigenden Futtermittel- und Lebensmittelpreisen (2),

gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

unter Hinweis darauf, dass nach Jahren stabiler oder fallender Grundstoffpreise die Weltmarktpreise für Weizen in den 36 Monaten bis Februar 2008 um 181 % gestiegen sind, dass die Preise für Reis seit Januar 2008 um 141 % gestiegen sind und dass sich weltweit die Lebensmittelpreise insgesamt um 83 % erhöht haben;

B.

in der Erwägung, dass der Anstieg der Preise die Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Verringerung der Armut um sieben Jahre zurückgeworfen hat und nach Berechnungen der Weltbank mehr als 100 Millionen Menschen in den Entwicklungsländern bei sich stetig aufwärts entwickelnden Lebensmittelpreisen noch stärker in Armut zu geraten drohen,

C.

unter Hinweis darauf, dass weltweit 854 Millionen Menschen an Hunger oder Unterernährung leiden (d. h., ihre Ernährung ist nicht gesichert) und jährlich 4 Millionen Menschen hinzu kommen, dass 170 Millionen Kinder unterernährt sind und 5,6 Millionen Kinder jährlich an Unterernährung sterben,

D.

in der Erwägung, dass die derzeitige Nahrungsmittelkrise auch die Folge zunehmender Spekulation mit landwirtschaftlichen und zur Nahrungsmittelherstellung dienenden Rohstoffen ist,

E.

unter Hinweis darauf, dass nach Aussagen der FAO 60-80 % der Verbraucherausgaben in Entwicklungsländern auf Lebensmittel entfallen, in Industriestaaten dagegen nur 10-20 %, und dass einkommensschwache Haushalte am stärksten vom Anstieg der Lebensmittelpreise betroffen sind,

F.

in der Erwägung, dass die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation in den letzten Jahrzehnten eine Liberalisierung des Handels in den Entwicklungsländern durchgesetzt haben, um ein dominantes Modell einer großmaßstäblichen, exportorientierten Landwirtschaft auf Kosten einer nachhaltigen lokalen Lebensmittelproduktion und lokaler Lebensmittelmärkte zu etablieren,

G.

in der Erwägung, dass die Preissteigerungen die Probleme der Zugänglichkeit insbesondere für Einkommensschwache und Menschen ohne Einkommen verschärfen,

H.

in der Erwägung, dass die Lebensmittelnachfrage, insbesondere in sich rasch entwickelnden Ländern wie China und Indien, mit dem Anstieg der Weltbevölkerung zunimmt; unter Hinweis darauf, dass unser Planet, der nach Angaben der FAO 12 Milliarden Menschen ernähren kann, weltweit betrachtet nicht durch einen Mangel an Lebensmitteln gekennzeichnet ist; unter Hinweis darauf, dass die Getreideernte und die Reisernte 2007 sehr gut waren; in der Erwägung, dass nur 1,01 Milliarden Tonnen der Ernte des Jahres 2007 für Ernährungszwecke verwendet werden dürften, während ein großer Teil (760 Millionen Tonnen) als Futtermittel und rund 100 Millionen Tonnen für die Erzeugung von Agrarkraftstoffen Verwendung finden werden; in der Erwägung, dass nach den aktuellsten Schätzungen die weltweite Getreideproduktion 2008 um 2,6 % auf einen Rekordwert von 2,164 Mrd. Tonnen steigen dürfte, dass diese Schätzungen aber auf günstigen Klimabedingungen beruhen,

I.

in der Erwägung, dass viele Entwicklungsländer ihr Potenzial für die Erzeugung von Lebensmitteln nicht ausschöpfen; in der Erwägung, dass infolge fehlender Investitionen in die Landwirtschaft, die Entwicklung des ländlichen Raums und die Ausbildung der Landwirte durch die Entwicklungsländer und die internationalen Finanzinstitute insbesondere kleine Landwirte einem unlauterem Wettbewerb ausgesetzt sind, wodurch sich ihre Armut und Verwundbarkeit erhöht und ihre Fähigkeit zur Erzeugung ausreichender Lebensmittel vermindert hat,

J.

in der Erwägung, dass ein schwerwiegendes Hindernis für eine höhere landwirtschaftliche Produktion in den Entwicklungsländern darin besteht, dass Kleinerzeuger oft keinen Zugang zu Krediten oder Mikrokrediten für Investitionen in Saatgut, Düngemittel und Bewässerungssysteme höherer Qualität sowie zu der notwendigen Palette von Instrumenten zum Schutz ihrer Kulturen vor Schadorganismen und Krankheiten haben, was in einigen Fällen darauf zurückzuführen ist, dass diese Landwirte nicht Eigentümer ihres Landes sind und daher über keine Sicherheiten für Kredite verfügen,

K.

unter Hinweis darauf, dass, wie das Welternährungsprogramm meldet, nur 260 von den benötigten 750 Millionen USD bislang fest zugesagt sind, um den Bedarf für 2008 zu decken,

L.

in der Erwägung, dass der Anstieg der Grundstoffpreise destabilisierend auf die Weltwirtschaft wirkt und schon in mehreren Ländern Krawalle ausgelöst hat,

M.

in der Erwägung, dass der Anstieg der Lebensmittelpreise die Notwendigkeit einer integrierten politischen Reaktion und einer umfassenden Strategie zur Bewältigung der Lebensmittelproblematik noch verstärkt,

Recht auf Nahrung

1.

betont, dass das Recht auf Nahrung und die Notwendigkeit, den Zugang zu verbessern, den alle Menschen jederzeit zu einer für ein aktives und gesundes Leben ausreichenden Nahrung haben müssen, grundlegende Prinzipien sind; betont, dass Staaten die Pflicht haben, dieses grundlegende Menschenrecht zu schützen, zu achten und zu verwirklichen; stellt fest, dass es sich täglich als systematische Verletzung des Rechts auf Nahrung — wie es in den international geltenden Menschenrechten verankert ist — erweist, wenn zwei Milliarden Menschen weiter in furchtbarer Armut leben und 850 Millionen jeden Tag hungern; fordert daher angemessene Maßnahmen zur Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Bezug auf das Recht auf Nahrung; fordert den Rat auf, dafür zu sorgen, dass alle mit Nahrungsmitteln zusammenhängenden einzelstaatlichen und internationalen Maßnahmen im Einklang mit den Verpflichtungen auf der Ebene des Rechts auf Nahrung stehen;

2.

fordert aus diesem Grund den Rat auf, sein Engagement für die Millenniums-Entwicklungsziele zu verstärken, indem er seine Finanzierungszusagen bekräftigt und auf der Juni-Tagung des Europäischen Rates eine EU-Aktionsagenda für die Millenniums-Entwicklungsziele verabschiedet; vertritt die Auffassung, dass diese EU-Aktionsagenda in Schlüsselbereichen wie Bildung, Gesundheit, Wasser, Landwirtschaft, Wachstum und Infrastruktur zeitlich festgelegte konkrete Meilensteine und Maßnahmen ermitteln sollte, die dazu beitragen, das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele — darunter auch die Ausrottung des Hungers — bis 2015 zu gewährleisten;

3.

ist besorgt wegen der Auswirkungen der Spekulation mit Nahrungsmittelrohstoffen einschließlich Rohstoff-Hedgefonds, und damit der Spekulation mit Hunger und Armut; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Spekulation auf die Lebensmittelpreise zu untersuchen und auf der Grundlage dieser Untersuchung geeignete Maßnahmen vorzuschlagen;

4.

weist darauf hin, dass diese Nahrungsmittelkrise eng mit der Finanzkrise verwoben ist, bei der Liquiditätsspritzen der Zentralbanken zwecks Abwendung von Konkursen möglicherweise spekulativen Investitionen in Grundstoffe Vorschub geleistet haben; fordert den IWF und das Forum für Finanzmarktstabilität auf, diesen „Nebeneffekt“ zu begutachten und ihn bei Vorschlägen für weltweite Gegenmittel zu berücksichtigen;

5.

weist darauf hin, dass die, die am stärksten unter dieser Krise leiden, die schwächeren Bevölkerungsschichten sind, und unterstreicht daher die Notwendigkeit zu geeigneten sozialpolitischen Maßnahmen, durch die arme oder benachteiligte Bevölkerungsgruppen sich selbst helfen können und die die Folgen der gegenwärtigen Nahrungsmittelkrise mildern;

Nachhaltige Lebensmittelproduktion

6.

betont, dass die weltweite Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln Vorrang vor allen anderen Zielen haben sollte; unterstreicht, dass die Lebensmittel gemäß den in Artikel 33 des Vertrags genannten Zielen zu angemessenen Preisen verfügbar sein müssen;

7.

verweist auf die Notwendigkeit einer internen und globalen Regulierung der Agrarmärkte im Interesse der Verbraucher, der landwirtschaftlichen Einkommen und der verarbeitenden Industrien und auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lebensmittelpolitik der Europäischen Union;

8.

verweist darauf, dass es das vorrangige Ziel der GAP ist, Marktstabilisierung, Versorgungssicherheit und angemessene Preise zu gewährleisten, und unterstreicht die Notwendigkeit für eine GAP nach 2013, um eine nachhaltige Nahrungsmittelpolitik der Europäischen Union zu gewährleisten bei Achtung der Nachhaltigkeit, der Sicherheit und der Qualität der landwirtschaftlichen Produkte;

9.

betont, dass die Rohstoffkosten bei vielen Lebensmittelerzeugnissen einen relativ geringen Bestandteil des Gesamtpreises ausmachen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Diskrepanzen zwischen den Ab-Hof-Preisen und den von den großen Einzelhandelsketten verlangten Preisen zu untersuchen;

10.

fordert daher eine Untersuchung der Rolle der Einzelhändler innerhalb der Lebensmittelkette, da die Einzelhandelspreise im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten überproportional gestiegen sind; fordert die Einzelhändler auf, faire Preise an die Erzeuger zu zahlen und den Verbrauchern gleichzeitig Lebensmittel zu angemessenen Preisen anzubieten;

11.

weist darauf hin, dass die gegenwärtigen Getreidevorräte der Europäischen Union nur für 30 Tage ausreichen würden, und fragt sich, ob unsere Vorräte, vor allem angesichts möglicher Krisen, auf dem richtigen Stand sind; fordert die Kommission auf, zur Vermeidung künftiger Krisen Strategien zur Anlegung von Lebensmittelvorräten zu entwickeln;

12.

fordert bessere Prognosen der landwirtschaftlichen Produktion, um vorherrschende Trends in der weltweiten Nahrungsmittelversorgung wesentlich früher erkennen zu können;

13.

betont, dass die Einkommenssituation der Landwirte in der EU berücksichtigt werden muss; weist darauf hin, dass angesichts steigender Kosten für Futtermittel, Energie, Düngemittel und andere Produktionsmittel und der immer kostenintensiveren rechtlichen Auflagen die Einnahmen der Landwirte deutlich steigen müssen, wenn sie weiterhin in der Lage sein sollen, die Nachfrage nach Lebensmitteln zu befriedigen; weist darauf hin, dass die landwirtschaftlichen Einkommen nur geringfügig gestiegen sind und dass die Landwirte in einigen Mitgliedstaaten sogar einen Einkommensrückgang hinnehmen mussten;

14.

verlangt, die Förderung einer nachhaltigen Agrarpolitik in alle Erweiterungs- und Nachbarschaftsinstrumente einzubeziehen;

15.

verlangt, dass Wirtschaftsbeteiligte aus Drittländern derselben Kontrolle unterworfen werden wie Erzeuger in der Europäischen Union, räumt aber ein, dass die Entwicklungsländer dabei unterstützt werden müssen, den EU-Normen im Bereich des Pflanzenschutzes zu entsprechen;

16.

begrüßt den Beschluss der Landwirtschaftsminister der Europäischen Union, den Vorschlag der Kommission zur Aussetzung der Flächenstilllegungsverpflichtungen für 2008 anzunehmen, und nimmt zur Kenntnis, dass dadurch nach Schätzung der Kommission etwa 2,9 Mio. Hektar für die Getreideerzeugung frei werden und die Ernte in diesem Jahr um etwa 10 Mio. Tonnen höher ausfallen wird;

17.

fordert die Kommission auf, die gegenwärtigen EU-Maßnahmen im Bereich der GAP, die erneuerbaren Energien, die Entwicklungshilfe und die internationalen Handelsabkommen einer Prüfung zur Folgenabschätzung für die Lebensmittelsicherheit zu unterziehen, um die Lebensmittelsicherheit weltweit zu verbessern;

18.

unterstreicht, dass Nahrungsmittel Priorität vor Kraftstoffen erhalten müssen und dass die Biokraftstofferzeugung strengen Nachhaltigkeitskriterien unterworfen werden sollte; weist darauf hin, dass diese Kriterien bei der Verwirklichung des in Bezug auf Biokraftstoffe vorgesehenen Ziels eingehalten werden müssen;

19.

räumt ein, dass die Subventionierung des Anbaus von Kulturen für die Erzeugung von Biokraftstoff nicht mehr gerechtfertigt ist, unterstreicht aber mit allem Nachdruck, dass gegenwärtig nur 2-3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU für diese Art der Erzeugung genutzt werden und dass Berichte in den Medien, die die Biokraftstoffe für die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise verantwortlich machen, in Bezug auf die EU übertrieben sind; teilt jedoch die Auffassung, dass sich die in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern verfolgte Politik der Zuweisung von mehr Land für den Anbau von Mais zur Herstellung von Bioethanol negativ auf die Preise und die Verfügbarkeit von Mais und anderen Getreidearten auf dem Nahrungsmittelweltmarkt ausgewirkt hat;

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten dennoch auf, die Verwendung und Erzeugung von Bioenergie der zweiten Generation, für die Wirtschaftsdünger und landwirtschaftliche Abfallstoffe und keine landwirtschaftlichen Primärerzeugnisse verarbeitet werden, stärker zu fördern;

21.

betont insbesondere, dass der Sammlung von Siedlungsabfällen sowie land- und forstwirtschaftlichen Rückständen und ihrer Umwandlung in Gas hohe Priorität eingeräumt werden sollte; weist darauf hin, dass hierdurch ermöglicht würde, geeignete Technologien zu entwickeln, und Zeit gewonnen würde, um die Vereinbarkeit von Nahrungsmittel- und Energieerzeugung zu untersuchen;

22.

stellt mit großer Sorge fest, dass die Kosten von Mischfuttermitteln wegen eines akuten Mangels an Futtergetreide um 75 EUR pro Tonne gestiegen sind und weiter steigen und dass der Viehwirtschaft in der Europäischen Union dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von 15 Milliarden EUR entstehen;

23.

vertritt die Auffassung, dass die gegenwärtige Krise eine sofortige, intensive Debatte zwischen den Organen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten über den Beitrag erfordert, den die moderne Biotechnologie dazu leisten kann, dass weiterhin Lebensmittel zu angemessenen Preisen erzeugt werden;

Bessere Entwicklungspolitik

24.

ist der Ansicht, dass es zu einer wirklichen Bekämpfung des Hungers einer weltweiten, nachhaltigen Entwicklungspolitik bedarf, die die Entwicklungsländer in die Lage versetzt, ausreichend Wasser und Lebensmittel zu erzeugen und ihre Bevölkerung damit zu versorgen;

25.

unterstützt die Entwicklungsländer bei ihren Versuchen, den Zugang der einheimischen Bevölkerung zu Nahrungsmitteln zu gewährleisten; ist davon überzeugt, dass der vorhandene politische Spielraum weiter ausgebaut werden muss, um nationalen Vorschriften und Maßnahmen zum Ausbau dieses Sektors zum Durchbruch zu verhelfen; betrachtet Malawi als ein positives Beispiel für ein Entwicklungsland, dessen Nahrungsmittelproduktion sich in den letzten drei Jahren verdoppelt hat, und betont, dass die Europäische Union zu dieser Entwicklung beiträgt; fordert die Kommission auf, Unterstützung bei der Bekanntgabe dieses Phänomens zu leisten, damit es anderen Entwicklungsländern als Beispiel dienen kann;

26.

fordert die EU-Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dem außerordentlichen Hilfsaufruf des Welternährungsprogramms unverzüglich Folge zu leisten und es dabei zu unterstützen, sich den neuen Herausforderungen im Kampf gegen den Hunger zu stellen; ist jedoch der Auffassung, dass die Abhängigkeit von Nahrungsmittelhilfe verringert werden muss, und betont deshalb, dass mittel- und langfristige Schritte nötig sind, um noch nachteiligere Folgen abzuwenden und den Ursachen dieser Krise zu begegnen;

27.

verlangt eine dringende und deutliche Verstärkung der Investitionen in die Landwirtschaft, die Aquakultur, die Entwicklung des ländlichen Raums und die Agro-Unternehmen der Entwicklungsländer unter schwerpunktmäßiger Berücksichtigung armer Landwirte und der kleinmaßstäblichen Landwirtschaft auf der Grundlage agro-ökologischer Nahrungsmittelerzeugungssysteme; weist darauf hin, dass 75 % der armen Weltbevölkerung in ländlichen Gebieten leben, dass aber nur 4 % der öffentlichen Entwicklungshilfe auf die Landwirtschaft entfallen; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich im Rahmen ihrer Entwicklungspolitik wirksamer mit der Frage der Landwirtschaft auseinanderzusetzen, die Anpassung der Programmplanung für den 10. Europäischen Entwicklungsfonds in enger Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern voranzutreiben und die Länderstrategiepapiere mit dem Ziel zu überprüfen, der Landwirtschaft höhere Priorität einzuräumen; hebt den Beitrag von nichtstaatlichen Organisationen und lokalen Behörden zu innovativen agrarpolitischen Lösungen hervor, die in Partnerschaft mit der jeweiligen Bevölkerung der Entwicklungsländer umgesetzt werden, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, solche Projekte zu fördern;

28.

betont, dass kleinen Landwirten in armen Ländern, die zum großen Teil Frauen sind, Zugang zu Boden, Finanzdienstleistungen und Krediten, ertragreichem Saatgut, Bewässerungssystemen und Düngemitteln verschafft werden muss; hebt hervor, dass die Investitionen im Agrarbereich stärker auf Bewässerung, ländliche Verbindungswege, Forschung und vor Ort vorhandenes Wissen, Ausbildung und Austausch bewährter Verfahren mit dem Ziel, effiziente und nachhaltige Anbausysteme zu entwickeln, auf sauberes Trinkwasser, Bildung sowie auf die Steigerung der Erzeugung vor Ort und des Handels auf den Märkten ausgerichtet werden müssen; fordert deshalb die Kommission auf, diese Aspekte in ihren Maßnahmen stärker zur Geltung zu bringen und Erzeugerorganisationen, Programme für Mikrokredite und andere Finanzdienstleistungen sowie eine verstärkte Investitionstätigkeit in der Landwirtschaft zu unterstützen;

29.

fordert die Europäische Investitionsbank auf, die Möglichkeiten für die sofortige Einrichtung eines Garantiefonds zur Unterstützung nationaler Mikrokredit- und Kreditprogramme und von Systemen zur Risikoabsicherung zu prüfen, die auf den Bedarf der Lebensmittelerzeuger vor Ort, insbesondere in den ärmeren Entwicklungsländern, zugeschnitten sind;

30.

betont die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Entwicklungsländern in der Klimaschutzpolitik, insbesondere bei Technologietransfer und Kapazitätsaufbau; hebt hervor, dass der Klimaschutz in die gesamte Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union einbezogen werden muss und dass bestimmte einfache Schutzmaßnahmen den Landwirten helfen würden, ihre Pflanzen vor Dürre und anderen Katastrophen zu schützen, wobei die Kommission diese Schutzmaßnahmen sondieren sollte; fordert die internationale Gemeinschaft auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Wüstenbildung, Landverödung und Dürre zu verstärken, um die Ernährungssicherheit und den Zugang zu Wasser, insbesondere in armen Ländern, zu verbessern;

31.

betont, wie wichtig angemessene Investitionen auf dem Gebiet der Forschung sind, damit in allen Teilen der Welt bestmögliche Ernten eingefahren werden können;

32.

fordert insbesondere, alle Entwicklungen im Zusammenhang mit genetisch veränderten Organismen sowie die öffentliche Diskussion darüber genau zu verfolgen;

33.

ist der Ansicht, dass die Länder ein Recht auf Nahrungsmittelsouveränität und Nahrungsmittelsicherheit haben müssen und dass sie das Recht haben, ihre Märkte vor Einfuhren subventionierter Erzeugnisse zu schützen; ist der Ansicht, dass diese Exportsubventionierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse die lokalen Märkte in den Entwicklungsländern destabilisiert;

Fairer internationaler Handel

34.

vertritt die Auffassung, dass eine stufenweise Öffnung der Agrarmärkte nötig ist, die sich nach den Entwicklungsfortschritten der einzelnen Entwicklungsländer und sozial gerechten und umweltverträglichen Handelsregeln richtet; stellt fest, dass empfindliche Erzeugnisse, die Grundbedürfnisse der Menschen in Entwicklungsländern sind oder besondere Bedeutung für die Nahrungsmittelsicherheit und die ländliche Entwicklung in Entwicklungsländern haben, von der uneingeschränkten Liberalisierung ausgenommen werden sollten, damit den Erzeugern vor Ort kein irreversibler Schaden entsteht; betont, dass die Europäische Union in den handelspolitischen Verhandlungen mit Entwicklungsländern ein asymmetrisches Präferenzsystem bevorzugt zur Geltung bringen muss, damit diese Länder in der Lage sind, bestimmte Instrumente der Angebotssteuerung und andere entwicklungspolitische Instrumente auf ihren Märkten weiter anzuwenden; weist darauf hin, dass die am wenigsten entwickelten Länder im Rahmen des Abkommens „Alles außer Waffen“ (EBA) in der gesamten Europäischen Union quoten- und zollfreien Marktzugang haben;

35.

betont, dass die Kommission in ihren laufenden Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der Priorität folgen muss, den von den AKP-Staaten formulierten Entwicklungsbedürfnissen Rechnung zu tragen; weist darauf hin, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, um dieser Herausforderung zu begegnen, durch die in Aussicht gestellten neuen Mittel für Aid for Trade, d. h. 2 Mrd. EUR jährlich ab 2010, und durch die Förderung der regionalen Integration ergänzt werden müssen;

36.

unterstreicht die Notwendigkeit eines erfolgreichen, ausgewogenen und gerechten Ergebnisses der Doha-Entwicklungsrunde; betont, dass die Ergebnisse der Doha-Runde den Entwicklungsländern Anreize zur Investition in ihre Agrar- und Nahrungsmittelproduktion geben sollten; fordert die Kommission auf, Vorschläge zu unterstützen, wonach im Rahmen der laufenden WTO-Verhandlungen auch über Maßnahmen in Bezug auf die Preise der Hauptnahrungsmittel gesprochen werden soll;

37.

erneuert seine Aufforderung an die Kommission und den Rat, fairen Handel und andere ethisch vertretbare Programme zu fördern, die ihren Beitrag dazu leisten, soziale und ökologische Standards zu erhöhen, indem sie kleine und marginalisierte Erzeuger in Entwicklungsländern unterstützen, die Volatilität verringern und gerechtere Preise und Einkommen garantieren; ermuntert die staatlichen Stellen in der Europäischen Union, Kriterien für fairen Handel und Nachhaltigkeit zum Bestandteil ihrer öffentlichen Ausschreibungen und ihrer Beschaffungspolitik zu machen;

Förderung der Demokratie

38.

unterstreicht, dass sich an der gegenwärtigen Nahrungsmittelkrise zeigt, dass politische Stabilität, regionale Integration, Demokratie und Menschenrechte nicht nur in der Europäischen Union, sondern weltweit gefördert werden müssen; fordert daher alle Beteiligten auf, menschliche und demokratische Werte und die Rechtsstaatlichkeit zur Geltung zu bringen, wenn sie die derzeitige Nahrungsmittelkrise und langfristige Probleme der Nahrungsmittelsicherheit in Angriff nehmen;

*

* *

39.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Weltbank, der G8, dem Generalsekretär und der Vollversammlung der Vereinten Nationen, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und dem Panafrikanischen Parlament zu übermitteln.


(1)  ABl. C 25 vom 30.01.2008, S. 1.

(2)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0480.


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