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Document 52007DC0100

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Gleichstellung und Teilhabe – Die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit [SEK(2007) 332]

/* KOM/2007/0100 endg. */

52007DC0100

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Gleichstellung und Teilhabe – Die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit [SEK(2007) 332] /* KOM/2007/0100 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 8.3.2007

KOM(2007) 100 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit [SEK(2007) 332]

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit

1. VORBEMERKUNG

Es entspricht weit verbreiteter Erkenntnis, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur aus sich heraus bedeutend, sondern auch fundamentaler Bestandteil der Menschenrechte sowie sozialer Gerechtigkeit ist. Zudem ist die Gleichstellung der Geschlechter ein wesentlicher Faktor bei der Förderung des Wirtschaftswachstums und der Armutsbekämpfung und von ausschlaggebender Bedeutung für die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele ist und dass es sich um ein Menschenrecht handelt. Dennoch gilt nach wie vor, dass Ungleichbehandlungen aufgrund des Geschlechts in so manchem Land tief in Kultur, Gesellschaft und Politik verwurzelt sind.

Die EK und die EU-Mitgliedstaaten sind international führend in ihren Bemühungen, der Gleichstellung in den Entwicklungsländern zum Durchbruch zu verhelfen. Sie sind Unterzeichner internationaler Vereinbarungen und Erklärungen zugunsten der Gleichbehandlung (1) (Fußnoten vgl. Anhang I.). Dementsprechend steht hinter der derzeitigen Entwicklungspolitik der EU der feste Entschluss, in diesem wichtigen Bereich rasch voranzukommen.

Der Europäische Konsens (2) unterstreicht mithin die Bedeutung, die der Gleichstellung der Geschlechter im Zusammenhang mit den neuen Hilfemodalitäten zukommt. Die EU in ihrer Gesamtheit erkennt in der Gleichstellung ein gemeinsames Ziel und eine allen gemeinsame ethische Norm – der Konsens geht einen Schritt weiter und definiert die Gleichstellung als Ziel an sich und erhebt sie zu einem der fünf gemeinsamen Grundsätze der Europäischen Entwicklungszusammenarbeit (3).

Die EU setzt sich in ihren mit sämtlichen Regionen der Welt geschlossenen Abkommen über Entwicklungszusammenarbeit für die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie von Mädchen und Jungen ein (4) . Der 'Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern’ (5) zählt zudem‚ die Förderung der Rechte der Frauen und ihrer Teilhabe in den Staaten außerhalb der Europäischen Union’ zu einem seiner sechs Schwerpunktbereiche (6) .

Um mehr Gleichstellung zu erreichen, sind die meisten Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission inzwischen zu einer Doppelstrategie übergegangen, und zwar Einbeziehung der Gleichstellungsthematik in sämtliche politischen Entscheidungen, Strategien und Aktionen einerseits und Finanzierung von Maßnahmen, die der Teilhabe der Frauen unmittelbar Vorschub leisten, andererseits (7) .

Um diese Vorgehensweisen mit den neuen Hilfemodalitäten und den Auflagen der Pariser Erklärung über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe in Einklang zu bringen, hat die Kommission gemeinsam mit UNIFEM (8) im November 2005 eine wichtige Konferenz mit der Themenstellung „Selbstverantwortete Entwicklung: Förderung der Gleichstellung im Rahmen der neuen Hilfemodalitäten und Partnerschaften” veranstaltet. Diese Konferenz hat bilanziert, inwieweit Erfolge beim Zurückdrängen der Geschlechterdiskriminierung in den Entwicklungsländern erzielt werden konnten und hat eine Neubewertung der Funktion der EG bei der beschleunigten Durchsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Kontext der Veränderungen vorgenommen, denen die Entwicklungshilfearchitektur der EG unterworfen ist.

Die vorliegende Mitteilung basiert auf den Ergebnissen dieser Konferenz, dem Strategierahmen des europäischen Konsens und den bisherigen praktischen Erfahrungen. Sie nimmt ferner die in dem "Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern" eingegangenen Verpflichtungen auf. Das darin formulierte Konzept der EU dient der Erreichung folgender Ziele:

- gleiche Rechte (politische, bürgerliche, wirtschaftliche, beschäftigungsrelevante, soziale und kulturelle Rechte) für Frauen, Männer, Mädchen und Jungen;

- gleichberechtigter Zugang zu Ressourcen und gleichberechtigte Kontrolle derselben durch Frauen und Männer;

- gleiche Chancen für Frauen und Männer, Einfluss auf Politik und Wirtschaft zu nehmen.

Das voraufgegangene „Aktionsprogramm über die Einbeziehung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe der Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft“ für die Jahre 2001 bis 2006 war die Grundlage für einen Kapazitätenaufbau innerhalb der Europäischen Kommission, das vorliegende Dokument dagegen siedelt die Thematik der Gleichstellung und Teilhabe der Frauen entschieden im EU-Kontext an – es ist gedacht als starkes Signal, um darauf aufmerksam zu machen, welch große Wichtigkeit der Gleichstellung bei allen künftigen entwicklungsstrategischen Anstrengungen der EG beizumessen sein wird.

2. BEGRÜNDUNG

Frauen stehen im Mittelpunkt der nachhaltigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, der Armutsbekämpfung und des Umweltschutzes. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Geschlechterdiskriminierung für viele Frauen in der Welt nach wie vor zum Alltag gehört. Diese Ungleichbehandlung wird in vielfältiger Weise erlebt; es hat sich gezeigt, dass in den nachstehend beschriebenen Bereichen der Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Status der Frauen und Erfolgen bei der Armutsbekämpfung besonders augenfällig ist.

Die Rolle der Frauen in Wirtschaft und Beschäftigung wird häufig unterschätzt, da Frauen zumeist im informellen Sektor beschäftigt sind und das häufig in wenig produktiven Sektoren mit niedriger Entlohnung, schlechten Arbeitsbedingungen sowie geringer oder ohne jegliche soziale Absicherung. In Afrika stellen die Frauen 52 % der Gesamtbevölkerung, tragen aber 75 % zur landwirtschaftlichen Tätigkeit bei und produzieren bzw. vermarkten 60 bis 80 % der ernährungswirtschaftlichen Erzeugnisse. Im Jahre 2005 waren in Subsahara-Afrika rund 73 Mio. Frauen erwerbstätig, machten aber nur 34 % der im formellen Sektor Beschäftigten aus, waren nur mit 10 % an den erwirtschafteten Einkommen beteiligt und besaßen lediglich 1 % aller Vermögenswerte (9) .

Langfristig kann sich die Handels liberalisierung auf die meisten Volkswirtschaften positiv auswirken, sie kann aber auch für sozial schwache Gruppen kurzfristig negative Konsequenzen haben, was in Armut lebende Frauen besonders hart trifft (10) . Verschiedene Sektoren der Wirtschaft können einschneidende Folgen für die Gleichstellung haben; so kann unzureichende Infrastruktur die Einschulung von Mädchen torpedieren – beispielsweise wegen unsicherer Verkehrsverhältnisse, oder wenn sich Eltern „gezwungen“ sehen, Mädchen zu häuslicher Arbeit heranzuziehen, namentlich wenn das Trinkwasser von weither herangeschafft werden muss.

Die Teilhabe von Frauen ist ein Schlüsselaspekt im verantwortlichen politischen Handeln, doch in vielen Staaten besteht immer noch die Tendenz, Frauen nicht an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Es ist somit entscheidend, die Gleichstellung (11) von Männern und Frauen gesetzlich zu garantieren und diese Gesetze tatsächlich umzusetzten, denn nur so können die fundamentalen Menschenrechte von Frauen geschützt und verwirklicht sowie Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum beschleunigt werden.. In konfliktuellen Situationen kommt Frauen eine wesentliche Funktion zu: Sie müssen voll in die friedensschaffenden Anstrengungen integriert werden, so wie es die WSR 1325 fordert (12) .

Auch der Zugang zur Bildung (13) wird immer noch durch die Ungleichbehandlung der Geschlechter erschwert. 57 % der Kinder in schulfähigem Alter, die keine Schule besuchen, sind Mädchen (14) und gleichzeitig sind weltweit nahezu zwei Drittel aller Menschen, die weder lesen noch schreiben können, wiederum Frauen (15) . Die Möglichkeiten der Frauen und Mädchen, sich selbst Zugang zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe durch Schulbesuch, Einstieg in produktive Tätigkeiten oder Teilnahme an Aktivitäten im öffentlichen Leben außerhalb des eigenen Hauses werden dadurch eingeengt, dass sie im Rahmen der häuslichen Arbeitsteilung ihrer alltäglichen Pflicht stehen.

Im Gesundheitswesen gibt der eingeschränkte Zugang der Frauen zur medizinischen Grundversorgung Anlass zu Bedenken. Besonders schlecht ist es um die Gleichstellung im Bereich der Sexual- und Reproduktivgesundheit und der diesbezüglichen Rechte bestellt. Die Investitionen in diesem Bereich steigern und damit die Gesundheitssituation der Frauen verbessern, heißt nicht nur, einem menschlichen Grundrecht zum Durchbruch verhelfen, sondern bedeutet gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft. Ein Großteil des in Jahrzehnten mühsam erkämpften Fortschritts im Bereich der Gesundheit der Frauen ist nun durch die HIV/AIDS-Pandemie bedroht. Der zunehmende Anteil der bei Frauen und Mädchen diagnostizierten HIV-Infektionen ist in höchstem Maße alarmierend (16) .

Gegen Frauen gerichtete Gewalt ist ein schwerer Verstoß gegen die menschlichen Grundrechte und bedeutet eine ernste Behinderung von Rechtsgleichheit, Entwicklung und Frieden. Sexuelle Gewalt geht oft Hand in Hand mit der Ausbreitung von HIV/AIDS. Frauenhandel ist ein Vergehen, dessen Wurzeln auf weit verbreitete Armut, Ungleichheit, schlechte Regierungsführung, bewaffnete Konflikte und mangelhaftem Schutz vor Diskriminierung zurück zu führen sind.

Weitere Einzelheiten zum Thema Ungleichbehandlung der Geschlechter sind Anhang II zu entnehmen.

3. ERREICHTES UND NOCH ZU ERREICHENDES

Die Europäische Union hat Wichtiges unternommen, um die Gleichstellung der Geschlechter sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union voranzubringen. Die Gleichstellung ist inzwischen als ernst zu nehmendes Thema anerkannt und findet in den Dialog mit mehr und mehr Staaten Eingang; gleichzeitig hat sie inzwischen ihren Platz in den Konsultationen zwischen der EU und den zivilgesellschaftlichen Organisationen in den Partnerstaaten. Durch diesen Prozess ist die Bedeutung der Gleichstellung und der Teilhabe von Frauen stärker in das Bewusstsein der Partner der EU-Entwicklungszusammenarbeit eingedrungen, so dass in diesen Staaten der Zusammenhang zwischen besserer Gleichstellung und Rückgang der Armut allmählich Anerkennung findet (17) . Diese Entwicklung geht einher mit einer deutlichen Beschleunigung der Verwirklichung der Gleichstellung in den einzelnen Staaten, ausgelöst durch mehrere von der EK und den EU-Mitgliedstaaten geförderte Projekte und Programme (18) . Bei der 10. Programmierung des EEF hat die EK besondere Sorgfalt darauf verwandt, die Gleichstellungsthematik in die Länderstrategien einzuführen. Fortschritte sowohl bei den Mitgliedsstaaten und der EK konnten ferner beim Capacity building erziehlt werden (19) .

Doch trotz all des bisher Erreichten bleibt noch erhebliches zu tun. Zunächst einmal ist man noch weit von der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele entfernt, zumal die erste Frist – Beseitigung der geschlechterbedingten Ungleichbehandlung in der Primar- und Sekundarstufe des Unterrichtswesens bis 2005 – verstrichen ist, ohne dass dieses Millenniumsziel erreicht worden wäre. So erreichte in den Entwicklungsländern die Einschulungsquote der Mädchen in der Sekundarstufe im Durchschnitt nur 89 % der Quote der Jungen. Der Anteil der Frauen an zumutbarer Beschäftigung ist immer noch geringer als der Anteil der Männer, und ein Drittel aller Frauen muss damit rechnen, im Verlaufe ihres Lebens Opfer von geschlechterspezifischer Form von Gewalt zu werden. Dem ist hinzuzufügen, dass die entwicklungspolitischen Millenniumsziele die Gesundheits- und Bildungsaspekte der Gleichstellung in den Vordergrund rücken und andere Aspekte der facettenreichen Gleichstellungsproblematik übersehen (20) .

Zum anderen behindern gewichtige gesellschaftliche und kulturelle Faktoren eine zügige Verwirklichung der Gleichstellung. Traditionelle Gesellschaftsstrukturen bieten nur begrenzt Anreize für eine Veränderung des bestehenden Kräfteverhältnisses zwischen Männern und Frauen, und das trifft insbesondere auf Gesellschaften zu, in denen ein übergeordnetes Interesse an der Aufrechterhaltung des Status quo besteht. Auf diese Weise lässt sich zum Teil erklären, weshalb spezifische, auf die Gleichstellung abzielende Maßnahmen nicht in jedem Fall als Priorität empfunden werden und weshalb in den meisten Länderstrategien die Gleichstellungsthematik zu kurz kommt (21).

Es muss noch einmal betont werden, dass es offenbar trotz beachtlicher Fortschritte noch nicht vollständig gelungen ist, die Gleichstellungsproblematik wirksam als Querschnittsaufgabe in sämtliche Länderstrategien bzw. in die Alltagspraxis der Entwicklungszusammenarbeit der EU zu integrieren. Die Europäische Kommission hat 2003 in ihrer „thematischen Evaluierung der Integrierung der Gleichstellungsproblematik in die Entwicklungszusammenarbeit der EG“ zwar die Leistungen der Kommission in dieser Hinsicht anerkannt, gleichzeitig aber auf die unzulänglichen Ergebnisse der gleichstellungsspezifischen strategischen Ziele und der Integration der Gleichstellungsproblematik in die Entwicklungszusammenarbeit moniert. Ferner gelangt dieser Bericht zu der Auffassung, dass die zur Unterstützung der Integration der Gleichstellungsproblematik in die Entwicklungszusammenarbeit eigens bereitgestellten Finanzmittel verglichen mit der Dotierung anderer horizontaler Maßnahmen unbedeutend sind. Vieles deutet darauf hin, dass die zahlreiche Empfehlungen dieser Evaluierung nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt haben – und das gilt sowohl für die Kommission als auch für einige der EU-Mitgliedstaaten. (Vgl. 9 wichtige Empfehlungen des Berichts in Anhang IV ) (22) .

Die innerhalb der EU in Bezug auf methodisches Vorgehen gesammelten Erfahrungen zählen zu den großen Vorzügen, die die EU bei der Förderung der Gleichstellung im Rahmen ihres Engagements in Drittstaaten vorweisen kann. Die Gleichstellung ist ein im EU-Raum anerkanntes Grundrecht und gilt gleichzeitig als unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung der EU-Ziele Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und sozialer Zusammenhalt. Mithin hat die EU massiv in die Förderung der Gleichberechtigung investiert, und zwar durch entsprechende Gesetzgebung (23) , die Behandlung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe, spezifische Maßnahmen der Frauenförderung, Aktionsprogramme, sozialen Dialog und Dialog mit der Bürgergesellschaft.

Ein originär europäisches Konzept muss auf dem Fundament der Erfahrungen vieler Jahre und der Einmaligkeit dieses sich aus kultureller Vielfalt höchst unterschiedlicher Staaten zusammensetzenden Europa aufbauen, das sich in seinem engagierten Eintreten für die Sache der Gleichstellung trotz aller sonstigen Differenzen einig ist. Als fundamentales europäisches Ziel sollte die EU Drittstaaten bei der Einhaltung und Umsetzung internationaler Verpflichtungen unterstützen wie bspw. die Peking Platform for Action.

4. EINE EU-STRATEGIE ZUR RASCHEN VERWIRKLICHUNG DER GLEICHSTELLUNG

Die Europäische Union ist bezüglich der Bedeutung der Gleichstellung im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit an einer Wegscheide angelangt. Der Handlungsrahmen und die Strategien sind vorhanden, und nun lautet die entscheidende Frage wie sich im Rahmen der neuen Hilfemodalitäten die Strategien und Maßnahmen wirksam umsetzen lassen, so dass sich die Situation der Frauen spürbar ändert. Man muss sich klar vor Augen führen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter nicht nur ein Mehr an sozialem Zusammenhalt und Stärkung der Frauen- und Menschenrechte nach sich ziehen, sondern sich auch nachhaltig auf Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Armutsbekämpfung auswirken.

4.1. Ziele

Das neue europäische Konzept muss einer doppelten Zielsetzung gehorchen, und zwar zum einen wirksame Verstärkung der Behandlung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe und zum anderen Neuausrichtung spezifischer Aktionen zur Förderung der Teilhabe der Frauen in den Partnerstaaten der Entwicklungszusammenarbeit der EG. Um diese Zielsetzungen zu erreichen,; werden die Modalitäten der Entwicklungszusammenarbeit zur Förderung der Gleichstellung und Teilhabe von Frauen der neuen Hilfearchitektur – namentlich Budgethilfe – angepasst werden müssen.

4.1.1. Effektives Mainstreaming

Damit die Behandlung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe und die Teilhabe von Frauen zu besseren Ergebnissen führt sind Anpassungen in folgenden Bereichen erforderlich:

1. Politische Aktion :

2. Die Problematik der Gleichstellung und der Teilhabe der Frauen müssen Gegenstand des auf höchster Ebene mit den Partnerstaaten geführten Politikdialogs sein (24).

3. Entwicklungszusammenarbeit :

4. Die Schlüsselfunktion, die den Frauen im Zusammenhang mit dem Wirtschaftswachstum und der Entwicklung zukommt, muss bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Kooperationsstrategien in Rechnung gestellt werden; mithin müssen die Agrar- und Ernährungssicherungsstrategien ohne Umschweife auf die gegensätzlichen Zwänge eingehen, denen die Frauen auf dem Lande aufgrund der Tatsache ausgeliefert sind, dass in einigen Entwicklungsländern die Produktion von bis zu 80 % der Grundnahrungsmittel auf ihren Schultern ruht (25) ;

5. Unter den zuständigen Beteiligten (einschließlich der Regierungen, Forschungseinrichtungen, Universitäten, der Zivilgesellschaft, internationaler Organisationen) muss eine echte Partnerschaft, Dialog und Beratung zur Erstellung der Länderstrategien und Hilfeprogramme etabliert werden ;

6. Installierung von Mechanismen der allseitigen Rechenschaftspflicht, auch für die Themen Gleichstellung und Teilhabe der Frauen; Klarstellung der im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht auf Akteure wie die Regierung, regionale Wirtschaftsvereinigungen, Entwicklungsagenturen, internationale Einrichtungen, zivilgesellschaftliche Vereinigungen, Parlamente und Medien zukommenden Aufgaben;

7. Aufstellung und Anwendung von Indikatoren, die die Leistungen im Zusammenhang mit der Förderung der Gleichstellung messen;

8. bei Budgethilfe sind Gleichstellungsfragen zu berücksichtigen, und dazu müssen die Auszahlungen der als Anreize konzipierten Tranchen an Indikatoren geknüpft sein, die Aufschluss über das in Bezug auf Gleichstellung Erreichte geben und es muss gleichzeitig ein hochkarätiger Strategiedialog stattfinden.

9. Aufbau von Verwaltungskapazitäten:

10. In der Bewertungs- und Umsetzungsphase müssen dem neusten Stand entsprechende Dokumente entwickelt werden (26) ;

11. der Zugang zu Information und bewährten Methoden muss besser werden, und es sind Schulungsmaßnahmen für die Partnerstaaten zum Thema Gleichstellung sowie Personal bereitzustellen.

4.1.2. Spezifische Aktionen zur Förderung der Teilhabe der Frauen

Ausgehend von der Analyse in Abschnitt 2 oben wurden für folgende Bereiche 41 spezifische Aktionen zur Förderung der Gleichstellung und Teilhabe der Frauen ausgewählt:

- Verantwortliches politisches Handeln (Menschenrechte, Teilhabe der Frauen am politischen Handeln, Aufstellung von Indikatoren, Funktion der Frauen in gewaltsamen Konflikten sowie anschließenden Transformationsprozess (postconflict) ;

- Beschäftigung und Wirtschaft (Teilhabe der Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft, Beschäftigung, Budgetanalyse unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung, öffentliche Mittelbewirtschaftung);

- Bildung (Abschaffung des Schulgelds, Förderung der Schulbildung für Mädchen, Verbesserung des schulischen Umfelds, Schreiben und Lesen für Erwachsene);

- Gesundheitswesen (Sozialversicherungsmodelle, Sexual- und Reproduktivgesundheit und die damit verbundenen Rechte der Frauen);

- gegen Frauen gerichtete Gewalt (Gesetzgebung, Opferschutz, Weckung des Problembewusstseins durch Medien, Arbeit, Bildung und Ausbildung).

Eine exemplarische Liste mit möglichen unterstützenden Maßnahmen ist im in Anhang III aufgeführt. Diese Maßnahmenliste soll die Identifizierung des passenden Programmmixes für ein spezielles Land oder eine Region erleichtern. Das jeweilige Maßnahmepaket wird nach intensiver Analyse der individuellen Situation zusammengestellt.

4.2. Der Grundsatz der Identifizierung mit Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit und die neuen Hilfemodalitäten

Eine der Kernaussagen der Erklärung von Paris bezieht sich auf den Grundsatz der Identifizierung des Nehmerlandes mit den Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und Teilhabe der Frauen hat sich gezeigt, dass diese „Identifizierung“ nicht nur auf Seiten der Regierungen der Nehmerstaaten, sondern auch auf Seiten der Frauen selbst stattfinden muss, an die sich die Initiativen und Projekte richten. In der Praxis bedeutet dies häufig, dass diese Identifizierung die Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und ähnlichen Organisationen erfordert (27) . Eine Unterstützung der sich für die Gleichstellung einsetzenden zivilgesellschaftlichen Organisationen ist besonders in Fällen von Bedeutung, in denen nur wenige Frauen in der lokalen Selbstverwaltung, in der Zentralregierung bzw. im Parlament aktiv sind. Die EG wird deshalb mit ihrer Hilfe die Entstehung solcher zivilgesellschaftlicher Organisationen ggf. unterstützen und dort, wo sie bereits vorhanden sind, aber in Bezug auf Methoden der Interessensvertretung, Werbung, Analyse der Gleichstellungssituation und wirtschaftliche Mündigkeit der Förderung bedürfen, in erheblichem Maße in den Kapazitätenaufbau investieren.

Auf der Grundlage eines gründlichen Politikdialogs mit Partnerregierungen und maßgeblichen regierungsunabhängigen Beteiligten wird die EG sich darum bemühen zu gewährleisten, dass die Entwicklungshilfe zur Unterstützung der von den Staaten verantworteten Gleichstellungspolitik tatsächlich dahin gelangt, wo sie gebraucht wird. Die Zwänge und die Bedarfslage werden in einem jeden einzelnen Länderkontext zu analysieren sein, damit auf der Ebene der Regierung des Nehmerlandes und der dortigen Zivilgesellschaft ebenso wie im Kreis der Geber eine echte Identifizierung mit der jeweiligen Initiative stattfinden kann.

Die Pariser Erklärung bedeutet einen Paradigmenwechsel, der in der Bevorzugung neuer Formen der Hilfeleistung seinen Niederschlag findet, wie z.B. in der Budgetförderung und den sektorumfassenden Konzepten, statt der bisherigen isolierten Einzelprojekte. Für eine Gewährung von Budgethilfe müssen einige Vorbedingungen erfüllt sein; so müssen namentlich eine bereits in der Durchführung befindliche landes- oder sektorbezogene Entwicklungsstrategie und ein von namhaften internationalen Gebern (üblicherweise ist das der IWF) gefördertes makroökonomisches Reformprogramm sowie der bewiesene Wille zu Reformen vorhanden sein.

Budgethilfen können z. B. dann zur Verwirklichung der Gleichstellung beitragen, wenn die Auszahlung variabler Tranchen an Verbesserungen in Bezug auf eine Reihe von Gleichstellungsindikatoren geknüpft wird; weitere Möglichkeiten bietet die Einführung rigoroser Methoden der öffentlichen Mittelbewirtschaftung sowie die Förderung eines breit angelegten Dialogs über die strategischen Prioritäten der jeweiligen Partnerstaaten.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten werden die Ausarbeitung von Indikatoren und die Erfassung von relevanten Daten zur Ermittlung von Veränderungen in der Situation der Gleichstellung der Geschlechter unterstützen, mit denen sich zudem die Auszahlung der variablen Tranchen verknüpfen lässt.

4.3. Die Stellung der Gleichstellungsproblematik innerhalb der Strategien der jeweiligen Staaten

Die Ausarbeitung eines Strategiepapiers zur Armutsbekämpfung, eines Landesentwicklungsplans oder eines Länderstrategiepapiers bietet die ideale Gelegenheit, den Status der Frau gegenüber dem des Mannes zu analysieren, die mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter einhergehenden Behinderungen von Entwicklung und Wirtschaftswachstum zu bestimmen und eine landesweite, für die Probleme der Gleichstellung offene Strategie zu formulieren. Die Gleichstellungssituation eines Landes muss sektorübergreifend analysiert und es müssen daraus Schlussfolgerungen für die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Armutssituation gezogen werden. Dabei wird der derzeitige Prozess des Politikdialogs zwischen der EU und ihren Partnern dazu genutzt werden sicherzustellen, dass die Gleichstellungsaspekte in die Analyse der die Armutsentwicklung bedingenden variablen Größen einfließen. Dieser Politikdialog wird durch Bemühungen der EU, Gleichstellungskapazitäten der nationalen Behörden zu stärken, ergänzt. Dabei wird vor allem darauf geachtet, dass die Armut nicht schlicht auf der Grundlage unzureichender Einkommen und fehlender Finanzressourcen definiert wird, sondern dass in diese Definition ebenso die Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen in Zusammenhang mit dem Zutritt zu den materiellen und immateriellen Gütern der Gesellschaft bzw. zur Kontrolle über diese Güter einbezogen werden. Das bedeutet, dass u.a. die nachstehenden Themen auf die Tagesordnung der Politik gesetzt werden müssen:

- Sicherstellung der Akzeptanz einer weiteren eine Vielzahl von Aspekten einschließenden Auslegung des Armutsbegriffs, der nicht länger auf den bloßen Mangel an Einkommen eingeengt bleibt, sondern in den auch der Mangel an Zeit einbezogen wird, inklusive einer Abwägung der unterschiedlichen Auswirkungen der Armut auf Mann und Frau und Werbung für technologische Mittel, dem Zeitmangel entgegenzuwirken;

- Herbeiführung von Einvernehmen darüber, dass es Aufgabe der Zivilgesellschaft sein sollte, zum Politikdialog sowie zur Formulierung und begleitenden Beobachtung der Strategien der Armutsbekämpfung stets aus der Gleichstellungsperspektive beizutragen sowie Einvernehmen hinsichtlich der Organisation geeigneter Maßnahmen zum Aufbau von Kompetenzen und Kapazitäten.

4.4. Notwendigkeit besonderer Indikatoren zur Bewertung der Entwicklung im Bereich Gleichstellung

Es bedarf spezifischer Indikatoren, um die Ergebnisse der Behandlung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe und der spezifischen Aktionen zur Förderung der Gleichstellung zu werten (28) . Die meisten der zurzeit üblichen Indikatoren bedienen tendenziell Gleichstellungsprobleme im Sozialbereich. In den meisten Entwicklungsländern stehen nur einige verlässliche Indikatoren zur Erfassung der Entwicklung hinsichtlich der Erwerbssituation der Frauen, der Finanzierungslücke im Bereich der Fürsorge, der bürgerlichen Rechte, der Häufigkeit der gegen Frauen gerichteten Gewalt, des Erbrechts, des Eigentumsrechts und des Bodennutzungsrechts, der Vertretung der Belange der Frauen und der Einbeziehung in die Entscheidungsfindungsprozesse.

Die EU unterstützt deshalb die Ausarbeitung und Verwendung von spezifischen Indikatoren zur Bewertung der Entwicklung im Zusammenhang mit der Gleichstellung sowie den Ausbau der zugrunde liegenden Basisstatistiken, um so die Voraussetzungen für Fortschritte im gesamten Spektrum der Gleichstellungs- und Teilhabeproblematik zu schaffen (29) . Anhang VII enthält eine nicht erschöpfende Auflistung der in Frage kommenden Indikatoren, wobei die Bereiche Unterrichtswesen, Gesundheitswesen, verantwortliches Regieren und Teilhabe der Frauen, Beschäftigung und Wirtschaft, Zeiteinteilung und gegen Frauen gerichtete Gewalt berücksichtigt sind.

4.5. Strategien für die Aufstellung gleichstellungsrelevanter Budgets

Angesichts des vermehrten Einsatzes der Budgethilfe als wichtigem Instrument der Entwicklungshilfe stellt sich die Frage, wie diese Budgethilfeprogramme der Sache der Gleichstellung nutzbar gemacht werden könne. Das Entscheidende in diesem Zusammenhang ist, dass die Gleichstellungsproblematik Eingang in die öffentlichen Haushalte der Partnerstaaten findet. Dazu ist folgendes erforderlich:

- schwerpunktmäßige Förderung des Problembewusstseins und Einbeziehung der Querschnittsaufgabe Gleichstellung in die Haushaltsverfahren auf zentralstaatlicher und lokaler Ebene;

- Revision der Prioritätensetzung im Bereich der Ausgaben und Neuausrichtung von sektoralen Programmen zwecks Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und im Hinblick auf Humankapitalaufbau;

- Kontrolle der staatlichen Einnahmen und Ausgaben zwecks Gewährleistung einer allmählichen Schließung der Kluft zwischen Männern und Frauen.

4.6. Koordinierung und Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg bei der Verwirklichung der Gleichstellung im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit ist die Koordinierung der Hilfeprogramme der EU-Mitgliedstaaten und der Kommission zur Gewährleistung optimaler Komplementarität. Die Kommission wird auch weiterhin regelmäßige Begegnungen der Gleichstellungsexperten aus den einzelnen Mitgliedstaaten organisieren, nicht nur um gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Maßnahmen zu koordinieren und abzustimmen, sondern auch um der Gleichstellung den ihr gebührenden Platz in der Entwicklungszusammenarbeit zu sichern. Die Verbesserung der Expertise der EK und der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Thema Gleichstellung der Geschlechter durch Entwicklung und Weitergabe bewährter Methoden hat in diesem Zusammenhang Priorität. Die Ausarbeitung der Länderstrategiepapiere und der gemeinsamen Hilfestrategien werden auch weiterhin Schwerpunkte der Bemühungen um bessere Koordinierung und Abstimmung des Vorgehens sein. Darüber hinaus werden die Kommissionsdelegationen und die Botschaften der EU-Mitgliedstaaten auch weiterhin die vorhandenen Koordinierungskanäle nutzen wenn es darum geht, gleichstellungsbezogene Aktivitäten vor Ort in Angriff zu nehmen.

4.7. Die Aktionen der EU international und regional

Die bilaterale Zusammenarbeit mit den Partnerstaaten im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter wird durch internationales Tätigwerden der EU ergänzt. Der Umstand, dass Europa in diesem Bereich mit einer Stimme spricht, festigt den Stand der EU als ernst zu nehmender globaler Akteur der Entwicklungszusammenarbeit. Die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten werden sich in maßgeblichen internationalen Gremien tatkräftig um eine Beförderung des Grundsatzes der Gleichstellung und um die Verwirklichung der Teilhabe der Frauen bemühen. Als besonders wichtig gilt, dass die Gleichstellungsproblematik, die auf den Gesundheits- und Bildungssektor beschränkt ist, Eingang in weitere Bereiche findet, die unter dem dritten entwicklungspolitischen Millenniumsziel nicht erfasst sind.

Durch regionale und interregionale Zusammenarbeit wird der Informationsaustausch zwischen den einzelnen Mitgliedern der regionalen Organisation zum Thema Gleichstellung – spezifische Instrumente, statistische Angaben, sachliche Analysen und Ausbildung – gefördert. Deshalb werden die Kommission und die Mitgliedstaaten die regionale Zusammenarbeit im Bereich Gleichstellung auch weiterhin unterstützen und in der Sache mit den vorhandenen internationalen und regionalen Netzen zusammenarbeiten.

5. SPEZIFISCHE FÖRDERMASSNAHMEN DER EG

Zur Umsetzung der Strategie wird die Europäische Kommission in dreierlei Hinsicht tätig:

5.1. Länderprogrammierung

Die Europäische Kommission wird mit besonderem Nachdruck darauf hinwirken, dass die Themen Gleichstellung und Teilhabe der Frauen in allen künftigen Länder- und Regionalstrategien ihren Platz haben werden (30) . Das schließt folgende Aktivitäten ein:

- Weiterentwicklung der Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit sowie der für die Programmierungen maßgeblichen Leitlinien;

- systematische Bewertung der Länder- und Regionalstrategien (u.a. durch die üblichen Halbzeit- und Abschlussüberprüfungen) in Bezug auf Gleichstellung und Teilhabe von Frauen;

- Anpassung der Länderstrategiepapiere entsprechend der Ergebnisse der o. g. Bewertungen;

- Aufbau von Partnerschaften mit internationalen Organisationen, die über reichhaltige Erfahrung mit der Einbeziehung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe in Projekte und Programme der verschiedensten Art verfügen. (31)

5.2. Sektorprogramme und andere Finanzierungsinstrumente

Neben den Mitteln für Landes- bzw. Regionalprogramme stehen mit den thematischen Mehrjahresprogrammen[1] – von der Kommission in der finanziellen Vorausschau 2007-2013 vorgesehen – zusätzliche Mittel zur Verfügung. Im thematischen Programm „In das Humankapital investieren“ ("Investing in people") (32) sind eigens Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen der EG im Zusammenhang mit der Förderung von Gleichstellung und Teilhabe der Frauen eingeplant. Die Mittelzuweisungen erfolgen durch Einholung von Angeboten seitens zugelassener Organisationen und im Wege von Direktvereinbarungen mit ausgewählten Partnern. Über das thematische Programm werden Finanzmittel der EK in den folgenden breit angelegten Bereichen zur Verfügung stehen:

- Veranstaltungen zur Förderung und Unterstützung der Umsetzung von international eingegangenen Verpflichtungen;

- Capacity building für NGO und Verbände, die sich für die Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter sowie Frauenrechte engagieren;

- Stärkung von Regierungen hinsichtlich der Bereitstellung von Kapazitäten für statistische Zwecke.

Die Gleichstellung der Geschlechter wird zudem durch die Umsetzung der thematischen Programme Umweltschutz (33) und Lebensmittelsicherheit (34), sowie das neue Instrument Menschenrechte und Demokratie (35) und das Stabilitätsinstrument (36) gefördert werden.

5.3. Begleitende Beobachtung und Folgemaßnahmen

Die praktischen Ergebnisse dieser neuen Strategie der EU müssen einer begleitenden Beobachtung unterworfen sein. Mithin wird die Europäische Kommission 2009 zur Evaluierung des Erreichten und zur Feinabstimmung bzw. Anpassung der Strategie an eine evtl. veränderte internationale Situation 2010 die zweite große internationale Konferenz zum Thema Gleichstellung organisierten, zu der alle Beteiligten von Rang und Namen geladen werden (37) .

Ferner wird ein externer Berater im Jahr 2010 sowie mit Abschluss des 10. EEF eine mid-term als auch eine Abschlussevaluierung der Strategieumsetzung durchführen. Diese Überprüfungen werden eine Analyse des Budgets für Teilhabe und Gleichstellung aller geförderten Projekte und Programme einschließlich der in mindestens 12 ausgewählten Pilotländern verwandten Budgethilfe beinhalten.

Die Kommissionsdelegationen werden in enger Zusammenarbeit mit den Botschaften der Mitgliedstaaten auch künftig in den jährlichen Fortschrittsberichten eine Bilanzierung der Fortschritte bei der Verwirklichung der Gleichstellung in den jeweiligen Partnerstaaten vornehmen. So wird auch der dem Thema Gleichstellung gewidmete Abschnitt „Jahresbericht“ zur Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft und über die Umsetzung der Drittlandshilfe“ künftig aggregierte Informationen über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Gleichstellung enthalten. Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden die Möglichkeiten für ein gemeinsames EU-System der Jahresberichterstattung prüfen, in das eine Rubrik Beobachtung der praktischen Handhabung der Einbeziehung der Gleichstellungsthematik als Querschnittsaufgabe in die Entwicklungszusammenarbeit der EG Eingang finden könnte.

6. SCHLUSSFOLGERUNG

Soll Armut beseitigt werden, dann muss die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern und deren gleichberechtigter Zugang zu den Ressourcen und den daran geknüpften Verfügungsrechten in ihrem jeweiligen Land Wirklichkeit werden. Um die Gleichstellung in den Partnerstaaten wesentlich voranzubringen, muss die EU systematisch gegen die diese Entwicklung hemmenden Hindernisse in den Entwicklungsländern und in den Verfahren ihrer eigenen Entwicklungspolitik vorgehen. Das ist nur im Rahmen eines intensiveren Politikdialogs möglich, der ausdrücklich die Gleichstellungsproblematik thematisiert und der den Weg in eine echte Zusammenarbeit mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen und anderen Organisationen ebnet, die in den jeweiligen Staaten für die Verwirklichung der Gleichstellung eintreten.

Das in dieser Hinsicht wichtigste Instrument ist die Behandlung der Gleichstellung als Querschnittsaufgabe , und dieses Instrument gilt es nun wirksamer einzusetzen, wenn konkrete Erfolge erreicht werden sollen. An zweiter Stelle stehen die spezifischen gezielten Maßnahmen zur Stärkung der Teilhabe der Frauen; sie ergänzen die der Querschnittsaufgabe zugeordneten Aktivitäten und befassen sich mit wichtigen, die Existenz und die Chancen einzelner sozial schwacher Gruppen berührenden Belangen. Für beide Instrumente gilt, dass sie behutsam und jeweils mit Rücksicht auf die besondere gesellschaftliche und kulturelle Situation in den einzelnen Partnerstaaten eingesetzt werden müssen. Um dieses Konzept umzusetzen muss in den Gleichstellungsdiskurs, der bislang vor allem auf die Sektoren Gesundheit und Bildung beschränkt war, ein breites Spektrum zusätzlicher Kooperationsaktivitäten einbezogen werden.

Für echte Fortschritte auf dem Wege zur Gleichstellung bedarf es eines wohldosierten Gemischs aus Überzeugungsarbeit, Förderung von Frauengruppen und spezifischen Aktionen, um kulturelle, gesellschaftliche und politische Verhaltensmuster zu verändern und um in Politik und Wirtschaft zu einer Neuverteilung der Rollen zu gelangen. Das ist gewiss eine große Aufgabe, zu deren Bewältigung die EU entschlossen ist, die Partnerstaaten bei der Überwindung aller Hindernisse zu unterstützen.

[1] Sektorprogrammen vergleichbar

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