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Document 52006IP0340

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einem Europäischen Sozialmodell für die Zukunft (2005/2248(INI))

ABl. C 305E vom 14.12.2006, p. 141–147 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

52006IP0340

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einem Europäischen Sozialmodell für die Zukunft (2005/2248(INI))

Amtsblatt Nr. 305 E vom 14/12/2006 S. 0141 - 0147


P6_TA(2006)0340

Ein europäisches Sozialmodell für die Zukunft

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einem Europäischen Sozialmodell für die Zukunft (2005/2248(INI))

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über europäische Werte in der globalisierten Welt (KOM(2005)0525),

- in Kenntnis des Vertrags über eine Verfassung für Europa [1],

- in Kenntnis der Europäischen Sozialcharta,

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Januar 2006 zum Standpunkt des Europäischen Rates zur Finanziellen Vorausschau und zur Erneuerung der Interinstitutionellen Vereinbarung 2007-2013 [2],

- unter Hinweis auf die Übereinkommen der IAO über internationale Arbeits- und Umweltnormen,

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2006 zu Schutzschutz und sozialer Eingliederung [3],

- unter Hinweis auf den Bericht der Hochrangigen Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in einer erweiterten Europäischen Union vom Mai 2004,

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur sozialpolitischen Agenda 2006-2010 (KOM(2005)0033),

- unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über nachhaltige Finanzierung der Sozialpolitiken in der Europäischen Union (SEK(2005)1774),

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über europäische Politiken im Jugendbereich: Die Anliegen Jugendlicher in Europa aufgreifen — Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend und Förderung der aktiven Bürgerschaft (KOM(2005)0206),

- unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur sozialen Lage in der Europäischen Union 2004 (SEK(2004)0636),

- gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, des Ausschusses für internationalen Handel und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A6-0238/2006),

A. in der Erwägung, dass das Europäische Sozialmodell Ausdruck einer gemeinsamen Wertordnung ist, die auf der Wahrung des Friedens, sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit, Solidarität, Freiheit und Demokratie sowie der Achtung der Menschenrechte beruht,

B. in der Erwägung, dass ein Eckpfeiler des Europäischen Sozialmodells die so genannte Sozialwirtschaft ist,

C. unter Hinweis darauf, dass die im Europäischen Sozialmodell zum Ausdruck kommende gemeinsame Wertordnung es der wachsenden Europäischen Union in den letzten 60 Jahren ermöglicht hat, erfolgreich zu einem Raum von größerem wirtschaftlichem Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit zu werden,

D. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten trotz unterschiedlicher Sozialsysteme und unterschiedlicher Umsetzung dieser Werte das übereinstimmende Ziel verfolgen, die lebhafte Wechselbeziehung zwischen Wirtschaftswachstum und sozialer Solidarität in ein Gleichgewicht zu bringen, und sich dies im Europäischen Sozialmodell als einer Einheit von Werten mit einer Vielfalt von Systemen widerspiegelt,

E. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Union vorrangig die Werte aufrecht erhalten, die mit dem Europäischen Sozialmodell verbunden sind, was sich in den Zielen der Lissabon- Strategie zeigt, gemäß der die soziale Entwicklung ein Grundpfeiler für nachhaltige Entwicklung ist,

F. in der Erwägung, dass es für eine bessere soziale Eingliederung, soziale Gerechtigkeit und die Beseitigung von Armut offensichtlich erforderlich ist, das Europäische Sozialmodell zu modernisieren und zu reformieren, um dem demografischen Wandel zu begegnen, die in der Globalisierung liegende Herausforderung anzunehmen und die Fähigkeit der Humanressourcen zur Anpassung an die rasche technologische Entwicklung zu verbessern,

G. in der Erwägung, dass das europäische Sozialmodell Maßnahmen vorsehen muss, um die in verstärkter Migration und Immigration liegende Herausforderung und deren Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt anzunehmen,

H. in der Erwägung, dass eine Reform des Europäischen Sozialmodells nicht dazu führen darf, dass die Bedeutung der Werte, die seinen Wesensgehalt ausmachen, geschwächt wird,

I. in der Erwägung, dass "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am Arbeitsplatz" eine Kernbotschaft des Europäischen Sozialmodells ist,

J. unter Hinweis darauf, dass mehr Wirtschaftswachstum von größter Bedeutung für die Nachhaltigkeit der europäischen Sozialnormen ist, und dass Sozialnormen für nachhaltiges Wachstum unabdingbar sind,

K. unter Hinweis darauf, dass ein angemessenes Einkommen für die soziale Eingliederung, die aktive Teilhabe an der Gesellschaft und ein Leben in Würde von grundsätzlicher Bedeutung ist,

L. in der Erwägung, dass sozialpolitische Maßnahmen, die angemessen konzipiert sind, nicht als Kostenfaktor angesehen werden sollten, sondern vielmehr als positiver Faktor des Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union, der nicht nur die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigert, sondern auch sozialen Zusammenhalt schafft, den Lebensstandards der Bürger erhöht und die Inanspruchnahme von Gleichheits- und Grundrechten gewährleistet, womit sie ein wichtiger Faktor bei der Gewährleistung gesellschaftlichen Friedens und politischer Stabilität werden, ohne die es keinen dauerhaften wirtschaftlichen Fortschritt geben kann,

M. ist der Auffassung, dass solche sozialpolitischen Maßnahmen berücksichtigen sollten, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Mehrzahl der Arbeitgeber stellen und die Mehrzahl der Arbeitnehmer beschäftigen,

N. in der Erwägung, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Dienstleistungen vom allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erstmals im Vertrag von Amsterdam ausdrücklich als Kernelemente für die mitgliedstaatliche Gewährleistung des sozialen und territorialen Zusammenhalts anerkannt wurden sowie als Bereiche mit dem mitgliedstaatlichen Recht zur Definition und Finanzierung, und dass diese Position im Vertrag über eine Verfassung für Europa gestärkt wurde,

O. in der Erwägung, dass das Konzept des Europäischen Sozialmodells im Verfassungsvertrags enthalten ist und von den Grundsätzen der Gleichheit, Solidarität und Nichtdiskriminierung untermauert wird,

P. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten den Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 (KOM(2006)0092) und den Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter befolgen und die aktuellen Antidiskriminierungsvorschriften der Gemeinschaft in nationales Recht vollumfänglich umsetzen sollten,

Q. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Fähigkeit besitzt, die Volkswirtschaften in vielen anderen Teilen der Welt sowohl positiv als auch negativ zu beeinflussen, abhängig von der Art und Weise, wie sie Handel treibt, sowohl im Hinblick auf ihre Rolle in der WTO als auch bei den Bedingungen, die sie anwendet, und den Abkommen, die sie mit weniger entwickelten Regionen und Ländern schließt,

R. in der Erwägung, dass die Umsetzung einer Handelspolitik, die auf gemeinsamen europäischen Präferenzen und global geteilten Werten basiert sowie einer Hilfepolitik, die darauf abzielt, Bildung unter gleichzeitiger Beseitigung von Kinderarbeit, elementare Arbeits- und Umweltnormen und Normen der Transparenz und verantwortungsvollen Staatsführung zu fördern, zur Verbesserung der politischen Stärke der Europäischen Union in internationalen Institutionen beitragen wird,

Reform des Europäischen Sozialmodells

1. betont, dass die Bewahrung und Stärkung der Werte erforderlich ist, die mit dem Europäischen Sozialmodell verbunden werden — Gleichheit, Solidarität, Rechte und Pflichten des Einzelnen, Nichtdiskriminierung und Umverteilung mit Zugang für alle Bürger zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen— sowie der hohen, bereits erzielten Sozialnormen;

2. verweist mit Nachdruck darauf, dass nur eine auf wirtschaftlichem und sozialem Zusammenhalt basierende Europäische Union, die ihre gemeinsamen Werte verteidigt, stark genug sein kann, um ihre Interessen zu wahren;

3. ist davon überzeugt, dass es keine Alternative zur Reform der Wirtschafts- und Sozialsysteme gibt, die dringend erforderlich ist, wenn diese nicht die Kriterien der Effizienz und sozial verträglichen Entwicklung erfüllen und nicht geeignet sind, die Herausforderungen des demografischen Wandels, der Globalisierung und der IT-Revolution zu bewältigen;

4. zeigt sich zutiefst enttäuscht über die derzeitige Rate des Wirtschaftswachstums in der Europäischen Union, die eine Strukturreform sehr erschwert;

5. ist sich der weit verbreiteten Besorgnis der EU-Bürger über Arbeitslosigkeit, insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Armut, Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt und das potenzielle Versagen der sozialen Sicherheitssysteme bewusst;

6. ist der Auffassung, dass dort, wo demografischer Wandel und Arbeitslosigkeit bestimmte Gruppen unverhältnismäßig stark treffen, die Europäische Union anstreben muss, gleichen Zugang zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen zu gewährleisten;

7. sieht es als von höchster Bedeutung an, das Engagement der Europäischen Union für ein soziales Europa zu erneuern, um das Vertrauen der Bürger in das EU-Projekt, das Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand schafft, wieder herzustellen;

8. ist sich vollauf bewusst, dass die Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu großen Teilen zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehört; betont gleichwohl, dass die Europäische Union in diesem Bereich auch Kompetenzen besitzt, wie sie sich aus den Verträgen ergeben; ist sich ferner vollauf bewusst, dass die Europäische Union einen stabileren wirtschaftlichen und sozialen Rahmen schaffen muss, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, so notwendige Reformen auf nationaler Ebene umzusetzen, abhängig von ihren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnissen;

9. fordert die Kommission auf, weitere Initiativen zu ergreifen, um die vollständige Verwirklichung des Binnenmarktes zu erreichen, der, wenn vollendet, wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit schaffen und dabei die Notwendigkeit berücksichtigen wird, dass es keinen Abwärts-Wettlauf bei den sozialen Standards, den Verbraucher- oder Umweltstandards geben darf;

10. unterstützt die Kommission in ihren Bemühungen, die Gründung und den Erfolg von europäischen Unternehmen zu unterstützen, unter besonderer Hervorhebung der KMU, die in hohem Maß zur europäischen Wirtschaft beitragen und die große Mehrzahl der Arbeitsplätze im Privatsektor stellen;

11. fordert die Kommission und den Rat auf, das ursprünglich gleichseitige Dreieck der Lissabon-Strategie einzuhalten und einen Ansatz mit einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Koordination einerseits und Beschäftigungs- und Sozialpolitik andererseits zu entwickeln;

12. bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass viele Mitgliedstaaten noch weit von der Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie entfernt sind, und wiederholt deshalb den Aufruf an die Mitgliedstaaten, die revidierte Lissabon-Strategie vollständig umzusetzen, da diese als die einzige dauerhafte Möglichkeit anzusehen ist, Wirtschaftswachstum zu erzielen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen; fordert die Mitgliedstaaten auf, insbesondere die spezifischen Ziele für Beschäftigung, vor allem für Frauen und Jugendliche, FuE-Investitionen, Kinderbetreuung und lebenslanges Lernen zu erreichen; ist der Auffassung, dass die Ziele der Lissabon-Strategie unverzichtbare Minimalziele darstellen, wenn die Mitgliedstaaten die erforderlichen Strukturreformen in die Wege leiten;

13. empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Praktiken durch die verbesserte offene Koordinierungsmethode vertiefen und damit ein wirksames politischen Instrument in den Bereichen Beschäftigung, sozialer Schutz, soziale Ausgrenzung, Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt, Ruhegehälter und Gesundheitsfürsorge bereitstellen; ist der Ansicht, dass die Methode der offenen Koordinierung den Beitrag der Parlamente, der Sozialpartner und der betroffenen Organisationen verstärken sollte;

14. fordert die Kommission auf, die offene Koordinierungsmethode zu demokratisieren und zu gewährleisten, dass nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die nationalen Parlamente an der Festlegung und Erreichung der Ziele der Regierungen der Mitgliedstaaten vollumfänglich beteiligt werden;

15. betont, dass es wichtig ist, öffentliche Kampagnen einzuleiten, um die Basis von Reformzielen zu erläutern und auszuhandeln, bei denen EU-Organe, nationale Regierungen, öffentliche Behörden, Sozialpartner und NRO eine aktive Rolle zu spielen haben;

16. wiederholt seine Unterstützung für seine Entschließung vom 12. Januar 2005 zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa [4] und den Plan D der Kommission betreffend Dialog, Debatte und Demokratie; fordert die Kommission auf, die soziale Dimension in ihre Wirkungsanalysen entsprechend der im Verfassungsvertrag vorgesehenen Sozialklausel einzubeziehen;

17. fordert die Kommission auf, die Sozialwirtschaft zu respektieren und eine Mitteilung über diesen Eckpfeiler des Europäischen Sozialmodells vorzulegen sowie ein Statut der europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft und des europäischen Vereins einzuführen;

Finanzierung der Reform

18. fordert die Mitgliedstaaten auf, Reformen zur Gewährleistung der nationalen Sozialsysteme durchzuführen, wobei erworbene Rechte, die gegenseitige Unterstützung und die Solidarität zwischen den Generationen nicht gefährdet werden und der Wandel der Gesellschaft und des Arbeitsmarkts, der demografische Wandel, die Globalisierung und die technologischen Entwicklungen berücksichtigt werden; weist darauf hin, dass einige der erfolgreichsten Mitgliedstaaten bereits solche Reformen durchgeführt haben, wobei sie die Nachhaltigkeit und Effizienz ihrer Sozialsysteme erhalten haben; hält es daher für wichtig, vergleichende Analysen der bereits durchgeführten Reformen vorzunehmen wie auch Analysen über Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren der noch durchzuführenden Reformen; betont die Bedeutung, herausragende Leistungen unter anderem durch den Austausch bewährter Verfahren hervorzuheben;

19. ist sich bewusst, dass in einigen Mitgliedstaaten die derzeitigen Beiträge zum Sozialsystem nicht ausreichen können, um die Erwartungen der Bürger zu erfüllen; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten unter Achtung des Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzips über alternative Möglichkeiten zur Finanzierung solcher Systeme, die dynamische und lohnneutrale Reformen fördern würden, nachdenken sollten, z.B. durch Nutzung des von den Unternehmen erzeugten Mehrwerts, indem sie das vertikale und horizontale Subsidiaritätsprinzip zwischen den Institutionen und der Bevölkerung fördern;

20. fordert eine verbesserte Koordinierung der Steuerpolitiken in den Mitgliedstaaten, um einen schädlichen Steuerwettbewerb zu vermeiden, eine dauerhafte Finanzierung des sozialen Schutzes zu gewährleisten und die Steuerpolitik beschäftigungsfreundlicher zu machen; stellt fest, dass die Kapital- und Verbrauchersteuern in den letzten 30 Jahren im Allgemeinen stabil geblieben sind, während die tatsächliche Besteuerung der Arbeit im selben Zeitraum gestiegen ist; empfiehlt den Mitgliedstaaten, koordiniert über Möglichkeiten nachzudenken, wie die derzeitigen Steuersysteme in der Europäischen Union verbessert werden können, zumal solche Steuerreformen Einfluss auf die langfristige Finanzierbarkeit der nationalen Sozialsysteme hätten;

21. betont die Notwendigkeit einer Stärkung der Struktur- und Kohäsionsfonds, um dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt Rechnung zu tragen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, EU-Fonds wie z.B. die Strukturfonds effizienter zu nutzen, um nationale Reformen mitzufinanzieren; bedauert die Tatsache, dass die jüngste Vereinbarung über den Finanzrahmen offensichtlich unzureichend war, um Programme mit geeigneten Mitteln für Kohäsion, Bildung und Ausbildung, lebenslanges Lernen, Mobilität und sozialen Dialog auszustatten;

22. hebt hervor, dass alle Reformen vor dem Hintergrund des haushaltspolitischen Spielraums der Mitgliedstaaten geprüft werden müssen, schlägt aber vor, dass der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt Chancen für soziale Investitionen bieten soll, die bislang nicht zur Verfügung standen;

Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

23. weist darauf hin, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ein unverzichtbares Element des Europäischen Sozialmodells und wichtig für die allgemeine Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, öffentlicher Verkehr, Wasser- und Energieversorgung für alle Bürger sind; hält es für wesentlich, dass bei der Reform der Sozialsysteme in der Europäischen Union auf die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Rücksicht genommen wird, da sie nicht nur bei der Verbesserung der Lebensqualität der Bürger eine Schlüsselrolle spielen, sondern auch bei der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen und ihres Zugangs zu qualifizierten Arbeitskräften;

24. betont die Notwendigkeit, die neue Typen von Familien entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip angemessen zu behandeln und den Umfang der sozialen Dienstleistungen, wie z.B. erschwingliche Kinderbetreuung, Betreuung für Personen mit besonderen Bedürfnissen und Behinderungen sowie langfristige Pflege für ältere Menschen, bei Aufrechterhaltung eines hohen Maßes an Konsultation in mittel- und langfristiger Planung zu erweitern;

Sozialer Dialog

25. weist darauf hin, dass der soziale Dialog in seinen verschiedenen Spielarten ein wesentliches Element in den Traditionen der Mitgliedstaaten ist und dass in Einklang mit den nationalen Sitten und Gebräuchen jede erfolgreiche Reform der Sozialsysteme alle Akteure beteiligen sollte, insbesondere die Sozialpartner; fordert die Wiederaufnahme des sozialen Dialogs auf allen Ebenen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, und die Entwicklung einer wichtigeren Rolle für den Trilog auf europäischer Ebene;

26. erkennt die positive Rolle an, die soziale Unternehmensverantwortung bei der Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch die Art und Weise spielen kann, wie sich das Verhalten der Unternehmen auf das tägliche Leben der Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, auswirkt, sowie bei der Vergrößerung der Verantwortlichkeit der Unternehmen gegenüber ihren Anteilseignern; empfiehlt, soziale und ökologische Anforderungen an die Berichterstattung und Maßnahmen der öffentlichen Ordnung wie z.B. beim öffentliches Auftragswesen einzusetzen, um verantwortungsvolles Verhalten der Unternehmen anzuregen;

Menschliche Ressourcen

27. besteht darauf, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten als zentrales Element zur Modernisierung der Sozialsysteme bei der Ausarbeitung konkreter Programme und Initiativen zusammenarbeiten, die sich auf die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und die nachhaltige Entwicklung der menschlichen Ressourcen, wie z.B. Ziele und Normen für die Verbesserung der Gesundheitsfürsorge, konzentrieren;

28. fordert eine umfassende Debatte betreffend das Recht aller auf eine angemessene Rente; befürchtet, dass die in zahlreichen Mitgliedstaaten eingeleiteten Rentenreformen die Zahl der bereits in Armut lebenden Rentner erhöhen werden; legt den Schwerpunkt auf die dringende Notwendigkeit positiver Maßnahmen zur Förderung und Befähigung älterer Arbeitnehmer, auf dem Arbeitsmarkt zu bleiben oder wieder in ihn einzutreten, die Gewährleistung eines gerechten Zugangs sowie mehr Flexibilität bei der Wahl von Renten- und Pensionsplänen; fordert die Kommission auf, die nationalen Anstrengungen zur Bewältigung der Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Nachhaltigkeit der Ruhegehälter und die Armut von Rentner zu untersuchen und die Umsetzung von bestehenden Rechtsvorschriften gegen Alterdiskriminierung besser zu überwachen;

29. weist insbesondere auf die Lage von Frauen hin, deren Rentenansprüche nicht deshalb gering sein sollten, weil sie verheiratet sind oder Unterbrechungen der Berufstätigkeit wegen Mutterschaftsurlaub, Elternurlaubs oder Kindererziehungszeiten aufzuweisen haben;

30. erkennt die Vorteile des Flexicurity-Systems, das die Mitgliedstaaten entsprechend ihren Gegebenheiten übernehmen sollten, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer aufgrund beruflicher Weiterbildung und lebenslangen Lernens durch Mobilität und/oder Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten Arbeitsplätze behalten/finden können; erachtet diese als Mittel, die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben und Konzepte des Arbeitslebens zu fördern;

31. nimmt die Schaffung eines Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zur Kenntnis, der die Tätigkeit des Europäischen Sozialfonds ergänzen kann, wie auch die Anstrengungen der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei der spezifischen Unterstützung von Arbeitnehmern bei der Suche nach einem neuen oder besseren Arbeitsplatz;

32. weist darauf hin, dass die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und Rassen und das Prinzip der Nichtdiskriminierung gemäß Artikel 13 des EG-Vertrags — der eine Rechtsgrundlage für geeignetes Vorgehen gegen Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischer Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alter oder der sexueller Ausrichtung darstellt — systematisch in alle Sozialpolitiken aufgenommen werden muss; ist der Auffassung, dass aufkommende EU-Politiken zur Integration in Wirklichkeit eine Ausprägungen von Sozialpolitiken sind, die entwickelt werden sollten; ist der Auffassung, dass die Gewährleistung einer guten Integration aller Gruppen — Frauen, Männer, Minderheiten und Einwanderer — soziale Vorteile im Hinblick auf den Zusammenhalt und die Vorbereitung auf einen Arbeitsplatz bietet;

33. betont insbesondere die Bedeutung von Maßnahmen, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 2204/2002 der Kommission vom 12. Dezember 2002 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen [5] vorgesehen sind, zur sozialen und beruflichen Eingliederung benachteiligter Menschen, die ohne Unterstützung Schwierigkeiten haben, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden, um sowohl konkrete Schritte zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu unternehmen und die betroffenen Personen mit den Mitteln zur Sicherstellung von Einkommen, Unabhängigkeit, persönlicher Entwicklung und Integration auszustatten als auch eine völlige oder teilweise Alternative zur Sozialhilfe zu bieten;

Sozialer Schutz

34. hebt hervor, dass die sozialen Schutzsysteme ihre Ziele, Armut und soziale Ausgrenzung zu verhindern und zu bekämpfen, effizient verfolgen können sollten, wobei auf die Beseitigung von Armutsfallen besonderer Nachdruck gelegt werden sollte;

35. ist der Auffassung, dass Arbeit ein entscheidender Faktor ist, um soziale Eingliederung zu erreichen; fordert daher Reformen, öffentliche Gelder für die Anhebung der Beschäftigungsquoten zu verwenden, für die Förderung der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt und für Anreize zur Arbeit, indem man Armutsfallen und andere Formen der sozialen Ausgrenzung beseitigt; fordert ferner, vordringlich die hohe Anzahl von Frauen und einigen ethnischen Minderheiten zu berücksichtigen, die arbeitslos sind, und von denen viele beim Eintritt in den Arbeitsmarkt mit gesellschaftlichen und/oder strukturellen Hindernissen konfrontiert werden; ist ferner der Auffassung, dass die spezifischen Probleme, die Frauen aus ethnischen Minderheiten und Einwandererfrauen haben, zu untersuchen sind und dagegen vorzugehen ist;

36. erkennt an, dass beim Flexicurity-System die Schaffung und Erhaltung angemessener sozialer Schutzmechanismen eine unabdingbare Voraussetzung für Flexibilität ist; dasselbe gilt für sicheren Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung;

Äußere Dimension

37. bekräftigt, dass die Europäische Union nur dann erfolgreich EU-Interessen auf internationaler Ebene verteidigen kann, wenn sie ihren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bewahrt;

38. räumt ein, dass die Globalisierung trotz ihrer positiven Auswirkungen wirtschaftlich und soziales Ungleichgewicht verursacht, was zu ernsten Sorgen bei den europäischen Bürgern führt, insbesondere in den Mitgliedstaaten mit hoher Arbeitslosigkeit und in den Regionen, die am stärksten von Unternehmensverlagerungen betroffen sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Strukturreformen in Angriff zu nehmen, damit die Europäische Union auf internationalen Ebene mit hochwertigen Produkten und Dienstleistungen attraktiv bleiben kann;

39. betont, dass die Europäische Union zuversichtlich ihre sozialen Werte der Solidarität und sozialen Gerechtigkeit bei allen Handels- und Entwicklungsverhandlungen und -abkommen fördern sollte;

40. fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, politische Maßnahmen gegenüber Drittländern mit einem hohen Wirtschaftswachstum (Brasilien, Russland, Indien und China) zu treffen, um ein Entwicklungsmodell anzustreben, das die Achtung von Menschenrechten, Demokratie, Freiheit, Arbeitsund Umweltnormen und soziale Gerechtigkeit vorsieht; fordert die Europäische Union auf, dazu beizutragen, ein globales Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum und hohen Sozial- und Umweltnormen zu finden;

41. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine konsequente Linie in Organisationen wie der ILO, der OECD und multilateralen Umweltagenturen anzunehmen; ist insbesondere der Auffassung, dass die Tätigkeit der ILO enger in die WTO-Übereinkommen integriert werden sollte und dass die Kernarbeitsnormen der ILO in die EU-Strategien für Verhandlungen im Rahmen der WTO sowie auf bilateraler Ebene einbezogen werden sollten; fordert die Kommission auf, über bilaterale Abkommen zu gewährleisten, dass die ILO-Standards als Minimalstandards eingehalten werden, um Kinderarbeit zu beseitigen und humane Arbeitsbedingungen zu gewährleisten;

42. begrüßt die Einführung des Allgemeinen Präferenzsystems (APS+), das Anreize für höhere Sozial- und Umweltstandards bietet, und fordert die Ausweitung dieses Ansatzes auch auf bilaterale Handelsabkommen; stellt fest, dass die Kommission die Anwendung des Systems gründlich überwachen muss, um sicherzustellen, dass diese Standards eingehalten werden;

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43. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

[1] ABl. C 310 vom 16.12.2004, S. 1.

[2] Angenommene Texte, P6_TA(2006)0010.

[3] Angenommene Texte, P6_TA(2006)0089.

[4] ABl. C 247 E vom 6.10.2005, S. 88.

[5] ABl. L 337 vom 13.12.2002, S. 3.

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