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Document 52006DC0865

    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Finanzielle Vorausschau des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)

    /* KOM/2006/0865 endg. */

    52006DC0865

    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Finanzielle Vorausschau des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) /* KOM/2006/0865 endg. */


    [pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

    Brüssel, den 22.12.2006

    KOM(2006) 865 endgültig

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    FINANZIELLE VORAUSSCHAU DES HARMONISIERUNGSAMTS FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE)

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    FINANZIELLE VORAUSSCHAU DES HARMONISIERUNGSAMTS FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE)

    1. EINLEITUNG

    Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)[1] ist für die Eintragung von Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern zuständig. Das HABM nahm seine Arbeit im Jahr 1996 auf. Seitdem haben sich über 200 000 Unternehmen aus der ganzen Welt an das Amt in Alicante gewandt, um einen EU-weiten Schutz ihrer Marken, Muster und Modelle zu beantragen.

    Die vorliegende Mitteilung betrifft die langfristige Finanzierung des HABM. Als sich selbst finanzierendes EU-Amt mit einem von Gemeinschaftsmitteln unabhängigen Haushalt muss das HABM dafür sorgen, dass seine Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sind. Das HABM finanziert sich größtenteils aus den Gebühren, die Unternehmen für seine Dienste entrichten müssen. Diese werden von der Kommission in Durchführungsverordnungen festgelegt.

    Da ständig mehr Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet werden, Produktivität und Effizienz des Amts gesteigert werden konnten und dank des Wachstums des elektronischen Geschäftsverkehrs, erwirtschaftet das HABM erhebliche Liquiditätsreserven. Trotz der unlängst vorgenommenen Gebührensenkung dürften diese Reserven in den kommenden Jahren weiter wachsen. Ende 2005 lagen die aufgelaufenen Liquiditätsreserven bei 130 Millionen EUR und könnten bis Ende 2010 leicht 375 Millionen EUR erreichen.

    Ein signifikanter Jahresüberschuss, der einen strukturellen jährlichen Anstieg der aufgelaufenen Liquiditätsreserven verursacht, kann langfristig nicht akzeptiert werden. Wenn die Einnahmen den finanziellen Bedarf zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des HABM kontinuierlich überschreiten und die Reserven nicht mehr in einem angemessenen strukturellen Verhältnis stehen, sollte die Kommission eingreifen. Diese Mitteilung enthält konkrete Vorschläge für Maßnahmen, die sicherstellen können, dass in Zukunft in jedem finanziellen Umfeld ein vernünftiges Haushaltsgleichgewicht erreicht wird. Eine regelmäßige und automatische Überprüfung der Gebühren ist sowohl bei Haushaltsüberschüssen als auch bei Haushaltsdefiziten angebracht.

    Nach Ansicht der Kommission ist es an der Zeit, ein strukturelles Konzept für das Finanzmanagement des HABM zu entwickeln. Das HABM nimmt seine Aufgabe seit über zehn Jahren wahr und hat in dieser Zeit wichtige Ereignisse wie die Einführung der elektronischen Anmeldung (E-Filing), die Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten im Jahr 2004 und die erste Runde der Verlängerung von Gemeinschaftsmarken im Jahr 2005 erfolgreich abgewickelt. Nun ist ein günstiger Zeitpunkt, um die Haushaltspraxis zu konsolidieren.

    2. DIE LEISTUNGSBILANZ DES HABM

    Das HABM wurde im Jahr 1994 im Rahmen der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke geschaffen. Eine Gemeinschaftsmarke ist ein Titel des gewerblichen Eigentums, der seinem Inhaber ein Recht verleiht, das auf dem gesamten Gebiet der EU gültig ist. Seit dem Jahr 1996 werden Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken angenommen und wurden über 330.000 Gemeinschaftsmarken eingetragen. Im Jahr 2002 erließ der Rat die Verordnung über Gemeinschaftsgeschmacksmuster und schuf damit ein System von (eingetragenen und nicht eingetragenen) Gemeinschaftsgeschmacksmustern, das in der gesamten EU gilt. Die Eintragung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern begann im Jahr 2003; seither wurden über 180.000 Muster bearbeitet.

    Diese Zahlen überschreiten selbst die optimistischsten Erwartungen aus der Zeit der Verabschiedung der einschlägigen Verordnungen durch den Rat. Sie zeigen, wie wichtig den Unternehmen Rechte des geistigen Eigentums sind, die auf dem gesamten Gebiet der Europäischen Union gelten, und wie erfolgreich das Büro das System abwickelt. Solche einheitlichen Titel sind eine zentrales Element der umfassenden EU-Strategie für das geistige Eigentum, die ein Kernstück der Lissabonner Strategie für Wachstum und Beschäftigung bildet.

    Marken, Muster und Modelle sind für moderne Unternehmen ein wichtiges Marketinginstrument auf dem Binnenmarkt. Unternehmen können sich jetzt in der gesamten Union und in Drittländern darauf verlassen, dass ihre wertvollen Güter dank einer effizienten Organisation rechtzeitig und wirksam geschützt werden. In einer Welt immer aufgeschlossener Verbraucher kann eine Kennzeichnung durch Marken, Muster und Modelle Unternehmen aller Größen bei ihrem Streben nach Innovation und nach Zugang zu neuen Märkten helfen.

    Der unerwartete Erfolg und die ständig zunehmende Nachfrage nach seinen Diensten stellen das HABM vor große Herausforderungen. Das Amt konnte in den vergangenen Jahren seine Leistungsfähigkeit deutlich verbessern und hat sich für seine Dienstleistungen und für das Qualitätsmanagement ehrgeizige Ziele gesetzt. Zu diesem Zweck wurde ein Programm zur Steigerung der Produktivität und Verbesserung der Effizienz geschaffen, das seine Ziele durch vereinfachte Verfahren, rationalisierte Arbeitsmethoden, verringerten Bürokratieaufwand, solides Finanzmanagement und modernste Informatikwerkzeuge und -ressourcen erreichen soll.

    Die Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs im Jahr 2002 war eine wichtige Entwicklung für die Anmeldeverfahren. Nach den Gebührensenkungen Ende 2005 können die Nutzer nun einen deutlichen Gebührennachlass erhalten, wenn sie Anmeldungen und Verlängerungsanträge auf elektronischem Wege einreichen. Der elektronische Geschäftsverkehr bringt den Nutzern finanzielle Vorteile und ermöglicht Qualitätsverbesserungen wie zum Beispiel eine genauere Datenerfassung, die letztendlich auch dem Nutzer zugute kommen. Die wachsende Bedeutung des elektronischen Geschäftsverkehrs im Amt kann deshalb nur begrüßt werden.

    Am 1. Oktober 2004 trat die EG dem Protokoll von Madrid über die internationale Registrierung von Marken bei. Dieses Protokoll bietet Unternehmen die Möglichkeit, auf einfachem Wege durch Einreichung einer einzigen internationalen Anmeldung beim Amt Markenrechte in 67 Ländern außerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu beantragen. Die Gemeinschaft bereitet gegenwärtig ihren Beitritt zur Genfer Akte vor, um im Bereich der internationalen Eintragung von Geschmacksmustern vergleichbare Möglichkeiten zu schaffen.

    Im Jahr 2005 wurde die Zusammenarbeit zwischen dem HABM und den nationalen Ämtern der Mitgliedstaaten intensiviert. Das HABM beschloss, mehr Ressourcen für die Finanzierung von Partnerschaften und gemeinsame Projekte mit nationalen Ämtern einzusetzen. Das Büro kompensiert diese für Beiträge und Dienste, die sie für das System der Gemeinschaftsmarken leisten. Diese Partnerschaft dürfte sowohl den Nutzern des Gemeinschaftssystems als auch den Nutzern der nationalen Systeme für Marken, Muster und Modelle Vorteile bringen.

    Die Nutzer bewerten die Leistung des HABM insgesamt positiv. Diese Anerkennung wurde in einer umfassenden Erhebung bestätigt, bei der die Nutzer von einem unabhängigen Unternehmen befragt wurden, inwieweit sie mit der Arbeit des HABM zufrieden sind. Zu diesem Zweck wurden zahlreiche Personen und Unternehmen kontaktiert, die die Systeme für Gemeinschaftsmarke und/oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster zwischen Januar 2004 und Juni 2005 direkt verwendet hatten. Die vollständigen Ergebnisse wurden im März 2006 veröffentlicht[2]. Sie zeigen sowohl bei den Betroffenen als auch den Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums insgesamt einen guten Zufriedenheitsgrad, wobei jedoch auch Bereiche aufgezeigt wurden, in denen noch Verbesserungen möglich sind. Das Amt nimmt dieses Ergebnis ernst und investiert weiterhin in die Verbesserung seiner Dienste[3].

    3. DIE FINANZIELLE ENTWICKLUNG BEIM HABM

    3.1. Haushalt und Gebührenstruktur des HABM

    Einnahmen des HABM stammen in der Hauptsache aus den Gebühren, die Nutzer für die Eintragung von Marken, Mustern und Modellen entrichten müssen. In der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke wird unzweideutig gefordert, dass Einnahmen und Ausgaben im Haushalt ausgeglichen sein sollen[4]. Das heißt, das HABM genießt insofern Haushaltsautonomie, als es zum Ausgleich seines Haushalts keinen Zuschuss der Gemeinschaft benötigen sollte.

    Die Gebühren, die von den Nutzern des Systems an das HABM zu entrichten sind, wurden in zwei Durchführungsverordnungen der Kommission festgelegt: die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke und die Verordnung über die Gebühren für die Eintragung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern. Hierzu gehören Anmeldungs-, Eintragungs- und Verlängerungsgebühren, die der Inhaber der Gemeinschaftsmarke/des Gemeinschaftsgeschmacksmusters entrichtet, Widerspruchsgebühr (nur bei Marken) bzw. Löschungsgebühr, die Dritte entrichten müssen, die Widerspruch einlegen oder die Löschung einer Eintragung beantragen, und die Beschwerdegebühr, die Parteien entrichten, die bei der Beschwerdekammer Einspruch gegen eine HABM-Entscheidung erheben. Rund 90 % der Einnahmen des HABM stammen jedoch aus den Gebühren für Anmeldung, Eintragung und Verlängerung von Gemeinschaftsmarken. Gemäß Artikel 139(2) der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ist die Höhe der Gebühren so zu bemessen, dass die Einnahmen hieraus grundsätzlich den Ausgleich des Haushaltsplans des Amts gewährleisten.

    Die Ausgaben der ersten Jahre des Amts standen im Zeichen der Notwendigkeit, in die Infrastruktur des Amts zu investieren und ausreichend Personal zu rekrutieren, um die Anmeldungen bearbeiten zu können, deren Umfang die Erwartungen übertraf. Die Einnahmen stiegen bis zum Jahr 2000 rasch an, wonach zwei Jahre lang Rückgänge zu verzeichnen waren, bis sich schließlich erneut ein Wachstum einstellte.

    Ende 2004 waren beim HABM erhebliche Liquiditätsreserven in Höhe von rund 105 Millionen EUR aufgelaufen, ermittelt als Umlaufvermögen abzüglich der kurzfristigen Verbindlichkeiten, und Projektionen wiesen auf fortgesetztem jährlichem Überschusse hin[5]. Deshalb wurden im Jahr 2005 anlässlich der ersten Überprüfung des Gebührensystems für die Gemeinschaftsmarke seit Schaffung des Amts verschiedene Gebühren um rund 20 % gesenkt[6].

    3.2. Neue Entwicklungen mit Einfluss auf den Haushalt des HABM

    Die Gebührenreform für Gemeinschaftsmarken trat im Oktober 2005 in Kraft. Die wichtigsten Merkmale waren eine Senkung der Anmelde- und Eintragungsgebühr, die Einführung eines Nachlasses für die elektronische Anmeldung und eine Senkung der Verlängerungsgebühren. Die niedrigeren Gebühren sollten den Unternehmen Schätzungen zufolge zwischen 37 und 40 Millionen EUR pro Jahr einsparen helfen, in der Praxis sind die tatsächlichen Einsparungen aber deutlich höher ausgefallen. Allein 2006 dürfte die Industrie dank der Gebührennachlässe um die 55 Millionen EUR sparen[7].

    Darüber hinaus haben sich zwei weitere Entwicklungen auf den Haushalt des HABM ausgewirkt. Erstens haben die Anmeldungen und Verlängerungen einen höheren Umfang erreicht als ursprünglich erwartet. Dieser Gesamtanstieg spiegelt einen allgemeinen Trend in den meisten Teilen der Welt wieder. Zweitens war 2005 das erste volle Jahr, in dem Anmeldungen im Rahmen des Protokolls von Madrid über WIPO eingingen. Das HABM nahm im Jahr 2005 aus den Gebühren für internationale Anmeldungen im Rahmen des Protokolls von Madrid rund 9 Millionen EUR in bar ein.

    Die ersten Erfahrungen mit der Gebührenreform zeigen, dass die Gebührenänderungen einen mäßigenden Einfluss auf die Einnahmen hatten. Allerdings werden die Liquiditätsreserven 2006 trotz der Gebührensenkung noch höher liegen, so dass die aufgelaufenen Liquiditätsreserven weiter steigen. Allein im Haushaltsjahr 2005 betrug der Überschuss bei einem Gesamthaushalt von 162,8 Millionen EUR insgesamt 41,5 Millionen EUR. Die Liquiditätsreserven erreichten Ende 2005 insgesamt 132 Millionen EUR. Im Haushaltsjahr 2006 wird der Überschuss bei einem Gesamteinkommen von 179 Millionen EUR Schätzungen zufolge 50 Millionen EUR betragen[8]. Von einem ausgeglichenen Haushalt kann somit nicht die Rede sein. Deshalb muss entsprechende Abhilfe geschaffen werden.

    Schließlich ist anzumerken, dass auch die steigende Anzahl der Eintragungen von Gemeinschaftsgeschmacksmustern - wenn auch in geringerem Ausmaß - zu den Liquiditätsreserven des Haushalts beiträgt. Im Jahr 2005 machten die Einnahmen aus Geschmacksmustern weniger als 10 % der Einnahmen aus den Gebühren für Gemeinschaftsmarken aus.

    3.3. Ausblick auf den künftigen Haushalt

    Ohne Änderung der Gebührenpolitik dürfte sich das Ungleichgewicht des Haushalts in Zukunft noch erhöhen. Die aufgelaufenen Liquiditätsreserven werden bei einem realistischem Szenario weiter wachsen.

    Der bei weitem wichtigste Faktor für künftige Einnahmen ist der Umfang der Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken. Im Anhang werden Berechnungen anhand verschiedener Szenarien vorgenommen. Diese basieren auf einer vorsichtigen Schätzung mit jährlich 60.000, einer mittleren Schätzung mit jährlich 75.000 und einer hohen Schätzung mit jährlich 90.000 Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken.

    Bei dem realistischsten Szenario mit 75.000 Anmeldungen pro Jahr und einer Verlängerungsquote von 60 % könnte das Gesamteinkommen im Jahr 2010 bei nahezu 200 Millionen EUR und im Jahr 2016 bei über 230 Millionen EUR liegen. Die aufgelaufenen Liquiditätsreserven würden bis Ende 2010 den eindrucksvollen Betrag von rund 375 Millionen EUR und bis Ende 2016 beinahe 700 Millionen EUR erreichen.

    Selbst bei der niedrigen Schätzung von 60.000 Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken pro Jahr (im Jahr 2005 gingen 64.000 Anmeldungen ein) lägen die strukturellen Liquiditätsreserven bis 2010 bei 300 Millionen EUR. Auch bei der vorsichtigen Schätzung einer Verlängerungsquote von 40 % anstelle von 60 % (die Verlängerungsquote für das gesamte Jahr 2006 dürfte bei ungefähr 63 % liegen) stiegen die erwarteten Liquiditätsreserven bis 2010 auf 330 Millionen EUR.

    Die beiden folgenden Grafiken zeigen die geschätzten aufgelaufenen Liquiditätsreserven für den Zeitraum 2006-2016 im Vergleich zu den ermittelten Liquiditätsreserven des Zeitraums 2000-2005 (alle Angaben in Mio. EUR bei einer angenommenen Verlängerungsquote von 60 %).

    Aufgelaufener Gesamtüberschuss | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | |Haushaltsjahr |2000 |2001 |2002 |2003 |2004 |2005 |2006 |2007 |2008 |2009 |2010 |2011 |2012 |2013 |2014 |2015 |2016 | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | |Aufgelaufener Überschuss | | | | | | | | | | | | | | | | | | |Vorsichtiges Szenario | | | | | | | |204 |235 |272 |314 |349 |375 |407 |438 |468 |526 | |Mittleres Szenario |52 |53 |57 |71 |90 |132 |182 |221 |278 |349 |425 |497 |558 |625 |691 |757 |850 | |Spitzenszenario | | | | | | | |262 |319 |390 |466 |538 |599 |666 |732 |798 |891 | |

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    4. STRUKTURELLE LÖSUNG ZUR GEWÄHRLEISTUNG EINES AUSGEGLICHENEN HAUSHALTS

    4.1. Ein leistungsfähiges System für die Eintragung von Marken in Europa

    Wie bereits dargelegt, führt der jährlich wachsende Überschuss des HABM zu einem unausgeglichenen Haushalt und somit zu einem Widerspruch zu Artikel 139(2) der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke, dem zufolge die Höhe der Gebühren so zu bemessen ist, dass die Einnahmen den Ausgleich des Haushaltsplans gewährleisten. Nach Ansicht der Kommission ist hier eine strukturelle Lösung erforderlich. Allerdings ist ein entsprechendes Konzept eng auf den hohen Qualitätsanspruch des Amts abzustimmen.

    Einleitend sei vermerkt, dass das HABM seinen Haushalt unter Aufsicht des HABM-Haushaltsausschusses und des Rechnungshofes und gemäß soliden Haushalts- und Buchführungsgrundsätzen durchführt. Hierzu gehören beispielsweise das Vorsichtsprinzip (Gewinne werden erst verrechnet, wenn sie bei Ende des Jahres erzielt worden sind, während vorhersehbare Risiken und Eventualverbindlichkeiten in die Konten aufgenommen werden, sobald sie entstehen), der Grundsatz eines soliden Finanzmanagements und der Grundsatz der Transparenz. Die Liquiditätsreserven werden auf der Grundlage der gleichen Grundsätze berechnet und verwaltet, und auch bei der Vorhersage zukünftiger Entwicklungen geht das HABM umsichtig und verantwortlich vor.

    Ein Teil der Liquiditätsreserven kann nach Ansicht der Kommission durch Finanzierung der operationellen Aufgaben des HABM absorbiert werden. Ungeachtet der insgesamt positiven Ergebnisse einer unlängst erfolgten Erhebung, bei der die Nutzer gefragt wurden, inwieweit sie mit der Arbeit des HABM zufrieden sind, sieht die Kommission noch Handlungsbedarf und begrüßt deshalb die Initiativen des Amts zur Verbesserung seiner Leistung in verschiedenen Bereichen, die in der Erhebung aufgezeigt wurden. Die einschlägigen Maßnahmen sollten zu mehr Klarheit, Konsistenz und Vollständigkeit der in Alicante getroffenen Entscheidungen, zu einfacheren Verwaltungsverfahren und kürzeren Fristen in Schlüsselbereichen führen. Diese Qualitätsverbesserung dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach weitere finanzielle Investitionen erfordern.

    Die Kommission möchte auch die Bedeutung gemeinsamer Partnerschaften zwischen dem HABM und den Ämtern der Mitgliedstaaten hervorheben, die eine wichtige Rolle für einen effizienten Verlauf und eine wirksame Interaktion zwischen den gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Markensystemen spielen. Programme für eine enge Zusammenarbeit auf Gebieten wie Ausbildung, Informationstechnologien (IT), Förderungs- und Informationsdiensten werden derzeit entwickelt und ausgeführt. Je nach Bedarf könnten weitere Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, um solche Partnerschaften für die technische Zusammenarbeit zu erleichtern und weiterzuentwickeln.

    Zusätzliche Investitionen, die umsichtig und in Einklang mit den Prinzipien eines soliden Managements und einer guten Buchführung getätigt werden, um die Abwicklung der täglichen Arbeit und die Partnerschaften für die Zusammenarbeit zu verbessern, werden sich jedoch nur in relativ geringem Umfang auf das starke Wachstum der Liquiditätsreserven auswirken, das in den kommenden zehn Jahre erwartet wird.

    4.2. Weitere Gebührenreformen

    Die Kommission ist der Meinung, dass die derzeitige Situation eines ständig wachsenden Überschusses und der damit verbundenen, unverhältnismäßig hohen Bargeldreserven eine weitere Senkung der Gebühren unvermeidlich macht. Niedrige Gebühren sind auch deshalb interessant, weil sie die Gemeinschaftsmarke für Unternehmen, insbesondere KMU, aus der gesamten EU und im Ausland aus finanzieller Sicht noch attraktiver machen.

    Allerdings zeigt die Erfahrung, dass Gebührensenkungen bei den derzeitigen gemeinsamen Regeln und Praktiken kein einfaches Unterfangen sind. Die Festlegung von Gebühren erfolgt im so genannten „Komitologieverfahren“, und die Verhandlungen im Ausschuss für die Gemeinschaftsmarkengebühren, die im Jahr 2005 zur Überarbeitung der Kommissionsverordnung über die an das HABM zu entrichtenden Gebühren geführt wurden, verliefen aufgrund unterschiedlicher Ansichten über die Bestimmung der Liquiditätsreserven und die optimale Gebührenhöhe eher schwierig. Der schließlich vereinbarte Umfang der Senkungen reichte nicht aus, um den Haushalt auszugleichen.

    Angesichts dieser Sachlage sollte ein rationalisiertes, strukturelles Konzept erarbeitet werden, um sicherzustellen, dass der Einnahmenfluss in einem angemessenen Verhältnis zu den geschätzten Ausgaben steht. Die Kommission schlägt deshalb vor, die Gebühren auf der Grundlage der Finanziellen Vorausschau des Amts regelmäßig zu überprüfen und die Liquiditätsreserven gemäß einer vorab festgelegten Formel zu verwalten . Diese Überprüfung würde sich auf die üblichen Finanzstatistiken des Amts und eine Aussage des Amts hinsichtlich der im nächsten Zeitraum erwarteten Liquiditätsreserven stützen.

    Bei dieser Formel sollte der Schwerpunkt allein auf den Markengebühren liegen. Wie oben bereits ausgeführt, ist das Ungleichgewicht des Haushalts nahezu ausschließlich auf die Einnahmen aus der Eintragung von Gemeinschaftsmarken zurückzuführen. Die relativ geringen Erfahrungen mit dem System der Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist ein weiteres Argument dafür, die Gebühren für Gemeinschaftsgeschmacksmuster zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Formel einzubeziehen.

    Die Einführung einer regelmäßigen Überprüfung der Markengebühren bietet klare Vorteile.

    Erstens bliebe dadurch die finanzielle Unabhängigkeit des Amts gewahrt. Strukturelle Defizite und die daraus resultierende Gefahr, dass die Reserven verbraucht und Zuschüsse benötigt werden, könnten ebenfalls vermieden werden. Zudem käme es zu keinem übermäßigen Auflaufen von Reserven und könnte ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben gewährleistet werden.

    Zweitens würde die Verwendung einer solchen Formel die Kosten für die Nutzer des HABM-Systems besser reflektieren. Bei der Festlegung von Gebühren sind zwar verschiedene Elemente zu berücksichtigen, aber die Gebührenhöhe sollte letztlich doch die Kosten der erbrachten Dienstleistung reflektieren.

    Drittens scheint die Einführung einer Formel für die Verwaltung und Verwendung künftiger Überschüsse oder Defizite durch automatische Verknüpfung mit den Gebühren aus technischer Sicht keine besonderen Schwierigkeiten verursachen. Gemäß der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke wird in den Gebührenordnungen insbesondere die Höhe der Gebühren und die Art und Weise, wie sie zu entrichten sind, bestimmt[9]. Die Kommission wird vorschlagen, die Gebührenordnung der Kommission in Einklang mit der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke im „Komitologieverfahren“ zu ändern. Vorausgesetzt es gelingt, sich auf politischer Ebene auf ein Konzept für die Berechnung der Veränderung – die sich in Form einer Gebührensenkung oder einer Gebührenanhebung äußern kann – zu einigen, könnten die einschlägigen Bestimmungen eine Formel einbeziehen, auf deren Grundlage die Gebühren in regelmäßigen Abständen überprüft würden, um sicherzustellen, dass ein sinnvolles Haushaltsgleichgewicht erreicht wird.

    4.3. Zentrale Merkmale der vorgeschlagenen Methode für eine regelmäßige Überprüfung der Gebühren

    Bei einer automatischen Überprüfung und Anpassung der Gebühren auf der Grundlage der Finanziellen Vorausschau des HABM sollten einige grundlegende Bedingungen erfüllt sein. Die Kommission beabsichtigt, für die regelmäßige Überprüfung eine Methode vorzuschlagen, die auf folgenden Elementen basiert:

    - Um Rechtssicherheit zu gewährleisten und den tatsächlichen Haushaltsentwicklungen über einen bestimmten Zeitraum Rechnung zu tragen, sollten etwaige Anpassungen regelmäßig erfolgen (zum Beispiel jährlich).

    - Nach Ermittlung des Überschuss (bzw. Defizits) sollte die Überprüfung sich auf die drei wichtigsten grundlegenden Gebühren stützen, d.h. die Anmelde-, Eintragungs- und Verlängerungsgebühren für (einzelne) Marken. Senkungen oder Anhebungen dieser drei Gebühren sollten ihr relatives Gewicht widerspiegeln[10].

    - Die automatischen regelmäßigen Anpassungen sollten auf eine bestimmte Schwankungsmarge beschränkt sein.

    - Die finanzielle Unabhängigkeit des HABM muss unter allen Umständen gesichert sein.

    5. SCHLUSSFOLGERUNG

    Die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke schreibt einen ausgeglichenen HABM-Haushalt vor. Auf der Grundlage realistischer Vorhersagen hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Anmeldung von Gemeinschaftsmarken und der Verlängerungsquoten wird dies bei einer unveränderten Gebührenpolitik nicht der Fall sein. Die aufgelaufenen Liquiditätsreserven könnten bis Ende 2010 bei über 375 Millionen EUR liegen und bis Ende 2016 beinahe 700 Millionen EUR erreichen. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf, da ansonsten die Liquiditätsreserven nicht unter Kontrolle gehalten werden können.

    Die Kommission steht besonders in der Verantwortung, da sie für die Festlegung der Gebührenhöhe zuständig ist. Diese sollten auf einem Niveau festgelegt werden, das gewährleisten kann, dass die Einnahmen grundsätzlich für einen ausgeglichenen HABM-Haushalt ausreichen. Ein Ad-hoc-Konzept mit gelegentlicher Gebührenanpassung könnte sich als problematisch erweisen, da lange, wiederholte Debatten im „Komitologiekontext“ nicht auszuschließen sind. Eine bessere Alternative bestünde in einer detailliert ausgearbeiteten, strukturellen Lösung. Deshalb wird eine regelmäßige Überprüfung der Haushaltssituation vorgeschlagen, die sich auf die besten verfügbaren Kenntnisse hinsichtlich der finanziellen Entwicklungen beim HABM stützt und bei der ein Standardkonzept zur Anwendung kommt, dem zufolge je nach Lage die wichtigsten Gebühren angehoben oder gesenkt werden. Vorbehaltlich einer politischen Einigung zu diesem Konzept sollte eine solche Formel beispielsweise jährlich angewendet werden. Die Formel sollte alle relevanten Elemente berücksichtigen, um eine ausgewogene und praktikable Gebührenstruktur zu gewährleisten.

    Die Kommission hält den jetzigen Zeitpunkt für geeignet, um einen Vorschlag für eine strukturelle Lösung vorzulegen und unverhältnismäßig hohe HABM-Liquiditätsreserven zu vermeiden. In den über zehn Jahren seit seiner Einrichtung hat das HABM bei der Eintragung von Gemeinschaftsmarken und seit kurzem auch bei der Eintragung von Gemeinschaftsmarken einen durchgängig hohen Standard erreicht. Das Amt hat einige wichtige Ereignisse mit erheblichen finanziellen Konsequenzen wie zum Beispiel die Einführung der elektronischen Anmeldung, die Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten im Jahr 2004 und die erste Runde der Verlängerung von Gemeinschaftsmarken im Jahr 2005 erfolgreich abgewickelt.

    Die vorab festgelegte Formel sollte weder das hohe Qualitätsniveau des HABM gefährden noch eine optimale Zusammenarbeit mit nationalen Ämtern verhindern. Eine zukünftige Defizitsituation sollte ebenfalls vermieden werden. Im Interesse der Nutzer und der gesamten Gesellschaft sollte das Amt auf jeden Fall auch weiterhin moderne, effiziente und wirksame Systeme für die Eintragung von Marken, Mustern und Modellen unterhalten können.

    Angesichts der derzeitigen Haushaltsüberschüsse des HABM möchte die Kommission so schnell wie möglich und unter Beachtung der Grundsätze eines verantwortungsvollen Regierens handeln. Die Kommission plant, im Frühjahr 2007 Vorschläge zur Änderung der Gebührenordnung der Kommission vorzulegen. Diese werden einer angemessenen Folgenabschätzung unterzogen.

    Die Kommission ersucht den Rat und das EP um Bemerkungen zu dem in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Konzept.

    ANHANG

    In der Tabelle wurden mehrere Annahmen für Haushaltsentwicklungen im Zeitraum 2006-2016 kombiniert (alle Angaben in Millionen EUR). Als Hauptszenario dienen geschätzte 75.000 Anmeldungen pro Jahr mit Alternativen von 60.000 bzw. 90.000 jährlichen Anmeldungen. Bei allen drei Optionen wird die Quote der Verlängerung von Gemeinschaftsmarken über den ganzen Zeitraum auf eine stabile Rate von 60 % veranschlagt.

    Haushaltsjahr | | 2006 |2007 |2008 |2009 |2010 |2011 |2012 |2013 |2014 |2015 |2016 | | | | | | | | | | | | | | | | Szenario: |Einnahmen | 179 |174 |179 |188 |197 |194 |188 |196 |198 |202 |232 | | 75.000 Anmeldungen pro Jahr |Ausgaben | 130 |142 |132 |134 |137 |140 |144 |147 |150 |153 |156 | | |Saldo | 50 |32 |47 |54 |60 |54 |44 |50 |49 |49 |76 | | |Aufgelaufener Überschuss | 182 |214 |261 |314 |374 |428 |472 |521 |570 |619 |695 | | | | | | | | | | | | | | | | Szenario: |Einnahmen | |186 |196 |209 |219 |216 |210 |219 |221 |225 |255 | | 90,000 Anmeldungen pro Jahr |Ausgaben | |146 |139 |139 |142 |145 |149 |152 |155 |159 |162 | | |Saldo | |39 |57 |70 |77 |71 |61 |67 |66 |66 |93 | | |Aufgelaufener Überschuss | |221 |278 |349 |425 |497 |558 |625 |691 |757 |850 | | | | | | | | | | | | | | | | Szenario: |Einnahmen | |160 |161 |166 |174 |170 |164 |173 |175 |178 |208 | | 60,000 Anmeldungen pro Jahr |Ausgaben | |138 |130 |129 |132 |135 |138 |141 |144 |147 |150 | | |Saldo | |22 |31 |37 |42 |35 |26 |32 |31 |31 |58 | | |Aufgelaufener Überschuss | |204 |235 |272 |314 |349 |375 |407 |438 |468 |526 | |

    [1] Im Folgenden „HABM“ oder „das Amt“.

    [2] Siehe http://oami.europa.eu/en/office/survey05.htm.

    [3] Siehe Reaktion des HABM auf die Ergebnisse der Umfrage unter http://oami.europa.eu/en/office/pdf/USS_Response.pdf.

    [4] Siehe Artikel 134(2) der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 422/2004 des Rates vom 19. Februar 2004, ABl. L 70, 9.3.2004, S. 1.

    [5] Der jährliche Überschuss ergibt sich aus einem einzigen Haushaltsjahr. Die (aufgelaufenen) Überschüsse vermitteln jedoch kein treues Bild der frei verfügbaren Überschüsse. Ein Teil dieser aufgelaufenen Überschüsse ist nämlich nicht frei verfügbar, da er beispielsweise in Anlagevermögen investiert wurde. In dieser Mitteilung bezeichnet der Begriff „Liquiditätsreserven“ die frei verfügbaren Überschüsse. Die Liquiditätsreserven sind somit das Umlaufvermögen abzüglich der kurzfristigen Verbindlichkeiten.

    [6] Verordnung (EG) Nr. 1042/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren, ABl. L 172 vom 5.7.2005, S. 22. Die derzeitigen Gebühren für Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind festgelegt in der Verordnung (EG) Nr. 2246/2002 der Kommission vom 16. Dezember 2002 über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren für die Eintragung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern, ABl. L 341 vom 17.12.2002, S. 54.

    [7] Für das Haushaltsjahr 2006 werden die Gesamteinsparungen durch Senkung der Anmelde- und Eintragungsgebühren auf rund 20 Millionen EUR geschätzt; die niedrigeren Verlängerungsgebühren werden auf 28,5 Millionen EUR und die Auswirkungen der Nachlässe für elektronische Anmeldungen auf weitere 4,5 Millionen EUR veranschlagt. Die zusätzlichen Klassengebühren dürften ebenfalls Einsparungen in Höhe von 2 Millionen EUR möglich machen.

    [8] Schätzung vom 1. Oktober 2006.

    [9] Siehe Artikel 139(2) der geänderten Verordnung (EG) Nr. 40/94.

    [10] Die regelmäßige Anpassung der drei wichtigsten Gebührentypen gemäß einer vorab festgelegten Formel schließt eine Reform sämtlicher Gebühren nicht aus. Ss können sich - zum Beispiel im Zuge der EU-Erweiterung oder nach Änderungen von Rechtsakten - durchaus strukturelle Änderungen erforderlich erweisen.

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