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Document 52005DC0561

    Mitteilung der Kommission - Strategiepapier 2005 zur Erweiterung {SEC(2005) 1433 } {SEC(2005) 1421 } {SEC(2005) 1422 } {SEC(2005) 1423 } {SEC(2005) 1424 } {SEC(2005) 1426 } {SEC(2005) 1428 }

    /* KOM/2005/0561 endg. */

    52005DC0561

    Mitteilung der Kommission - Strategiepapier 2005 zur Erweiterung {SEC(2005) 1433 } {SEC(2005) 1421 } {SEC(2005) 1422 } {SEC(2005) 1423 } {SEC(2005) 1424 } {SEC(2005) 1426 } {SEC(2005) 1428 } /* KOM/2005/0561 endg. */


    [pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

    Brüssel, den 9.11.2005

    KOM(2005) 561 endgültig

    MITTEILUNG DER KOMMISSION

    Strategiepapier 2005 zur Erweiterung {SEC(2005) 1433 } {SEC(2005) 1421 } {SEC(2005) 1422 } {SEC(2005) 1423 } {SEC(2005) 1424 } {SEC(2005) 1426 } {SEC(2005) 1428 }

    1. DIE ERWEITERUNGSPOLITIK DER EU

    Die Erweiterung ist eine der wirksamsten politischen Maßnahmen der EU. Die Anziehungskraft der EU hat dazu beigetragen, Mittel- und Osteuropa von kommunistischen Regimen in moderne, gut funktionierende Demokratien umzuwandeln. In jüngster Zeit hat sie tief greifende Reformen in der Türkei, in Kroatien und in den westlichen Balkanstaaten bewirkt. Allen europäischen Bürgern kommt es zugute, wenn man Nachbarn hat, die stabile Demokratien und wohlhabende Marktwirtschaften sind. Es ist lebensnotwendig für die EU, einen sorgfältig geplanten Erweiterungsprozess zu gewährleisten, der in ganz Europa für mehr Frieden, Stabilität, Wohlstand, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sorgt.

    Nach Jahrzehnten der Teilung und des Konflikts schafft die EU auf friedliche Weise ein vereinigtes Europa. Zehn neue Mitgliedstaaten traten 2004 bei, und im April 2005 unterzeichnete die EU einen Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien. Im Oktober 2005 eröffnete die Union Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Kroatien sowie Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien und Montenegro. Jede dieser Maßnahmen war gerechtfertigt durch die Fortschritte der jeweiligen Länder bei der Erfüllung der einschlägigen Bedingungen.

    Die westlichen Balkanstaaten stellen eine besondere Herausforderung für die EU dar. Die Erweiterungspolitik muss nachweisen, dass sie in der Lage ist, zu einem Wandel in einer Region beizutragen, in der der Staat schwach und die Gesellschaft gespalten ist. Eine überzeugende politische Perspektive für eine spätere Aufnahme in die EU ist entscheidend, damit an den Reformen festgehalten wird. Aber es ist auch klar, dass diese Länder erst beitreten können, wenn sie die Kriterien vollständig erfüllt haben.

    Die Erweiterungspolitik ist festgelegt in Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union, der besagt, dass jeder europäische Staat, der die demokratischen Grundsätze der EU achtet, beantragen kann, Mitglied der Union zu werden.[1] Die EU hat politische und wirtschaftliche Kriterien für die Mitgliedschaft festgelegt sowie Kriterien im Zusammenhang mit den sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen und der Verwaltungskapazität, die Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der EU umzusetzen und anzuwenden.[2] Die drei Grundprinzipien des Erweiterungskonzeptes der Kommission sind Konsolidierung, Konditionalität und Kommunikation.

    Konsolidierung der EU-Erweiterungsverpflichtungen

    Die Erweiterungspolitik war stets ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Einigungswerks. Die EU kann ihre Verpflichtungen im Hinblick auf die Wahrung von Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa und darüber hinaus nicht leugnen. Die gegenwärtige Erweiterungsagenda umfasst entsprechend den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten die Balkanstaaten und die Türkei. Die europäische Perspektive war Antrieb für die entscheidenden Fortschritte, die diese Länder in den letzten Jahren erzielt haben, aber der Reformprozess steht auf tönernen Füßen. Vor uns liegen wichtige Herausforderungen wie die Lösung des Kosovo-Status, wobei die EU eine zentrale Rolle spielen wird.

    Die Kommission ist überzeugt, dass ein sorgfältig geplanter Erweiterungsprozess einen positiven Beitrag zum europäischen Einigungswerk leistet. Eine gut funktionierende Union ist im Interesse der gegenwärtigen und künftigen Mitgliedstaaten. Die Fähigkeit der Union zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten bei gleichzeitiger Wahrung der Dynamik des europäischen Einigungswerks muss im allgemeinen Interesse der Union und der Bewerberländer im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.[3]

    Eine weitere Erweiterung um eine Vielzahl von Staaten zur gleichen Zeit ist nicht in Sicht. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sind ein langfristiger Prozess. Zu den westlichen Balkanstaaten gehören kleinere Länder, die sich auf ihrem Weg in die EU in unterschiedlichen Phasen befinden. Die künftigen Erweiterungen richten sich danach, wie schnell die einzelnen Länder die strengen Normen erfüllen, damit eine reibungslose Aufnahme neuer Mitglieder gewährleistet ist.

    Beim Tempo der Erweiterung ist die Aufnahmefähigkeit der EU zu berücksichtigen. Bei der Erweiterung geht es darum, ein Projekt gemeinsam zu verfolgen, das sich auf gemeinsame Grundsätze, politische Maßnahmen und Organe stützt. Die Union muss ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit im Rahmen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen ihren Organen gewährleisten, die Haushaltsbeschränkungen respektieren und gemeinsame politische Maßnahmen umsetzen, die gut funktionieren und ihre Ziele erreichen.

    Mehr als drei Jahrzehnte lang hat die EU mit Erfolg äußerst unterschiedliche Ländergruppen aufgenommen. Durch eine Anpassung ihrer Maßnahmen und Organe ist es der Union gelungen, auf neue Umstände positiv zu reagieren. Hierzu gehören der Sturz von Diktaturen, der Zusammenbruch des Kommunismus und die Ausweitung der Globalisierung. Die Erweiterung war ein erfolgreiches Instrument in diesem Prozess.

    Faire und strenge Bedingungen

    Die EU muss Strenge walten lassen, indem sie die Erfüllung ihrer Kriterien verlangt, jedoch auch Fairness, indem sie Fortschritte angemessen würdigt. Beitrittsanwärter können eine Phase des Prozesses nur abschließen, wenn sie die entsprechenden Bedingungen erfüllt haben. Darüber hinaus kann die Kommission die Aussetzung des Fortgangs empfehlen, wenn ernsthaft und nachhaltig gegen die Grundprinzipien der EU verstoßen wird, oder ein Land die Grundanforderungen in einer Phase nicht erfüllt. Zu diesen Anforderungen gehört auch die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY).

    Die EU geht nicht von ihrer Forderung ab, dass Beitrittsanwärter vor dem Beitritt alle Anforderungen vollständig erfüllen. Die Kommission unterstützt die Länder und überwacht ihre Fortschritte, um eine ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung zu gewährleisten.

    Sowohl auf dem Balkan als auch in der Türkei hängt die Effizienz der Konditionalität für das Vorantreiben von Reformen davon ab, ob eine glaubwürdige politische Perspektive für einen späteren Beitritt zu Union aufrecht erhalten wird. Beitrittsanwärter können die öffentliche Zustimmung zu mutigen und häufig schmerzlichen Reformen am besten erlangen, wenn die EU sie unterstützt, mit ihnen zusammenarbeitet und ihre Versprechen hält.

    Die Perspektive, in die nächste Phase der Beziehungen zur Union einzutreten, ist ein mächtiger Anreiz für Länder, sich zu wandeln und die Normen und Werte der EU zu übernehmen. Der Weg zur Mitgliedschaft ist ein Wert an sich, auch in Fällen, in denen ein Beitritt noch viele Jahre entfernt ist. Dieser Weg ist häufig schwierig. Daher muss die EU während des gesamten Prozesses engagiert bleiben und sich dem Ergebnis verpflichtet fühlen. Im Folgenden wird ein Fahrplan zur Verwirklichung der europäischen Perspektive der westlichen Balkanstaaten mit allen Phasen und den mit jeder Phase verbundenen Bedingungen dargelegt.

    Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Erweiterungspolitik

    Eine breite öffentliche Unterstützung ist notwendig für eine nachhaltige Erweiterungspolitik. Der Kommission sind die Sorgen der EU-Bürger im Zusammenhang mit dem europäischen Einigungswerk im Allgemeinen und der Erweiterung im Besonderen bekannt. Die EU muss die Ziele und Herausforderungen des Beitrittsprozesses und ihre Position diesen Ländern gegenüber besser erklären. Dies ist besonders wichtig angesichts der Sorgen der Bürger im Zusammenhang mit den Problemen der Globalisierung und der Debatte über die Zukunft Europas. Die Union muss sich der Sorgen ihrer Bürger direkt annehmen. Insbesondere muss sie eine klare Strategie für künftige Beitritte anbieten, die sich auf objektive Bedingungen und realistische Verpflichtungen stützt. Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit über die früheren Erweiterungen ist notwendig, um die Unterstützung für künftige Beitritte zu gewinnen.

    Die letzte Erweiterung war ein bemerkenswerter Erfolg. Vor dem 1. Mai 2004 ging man im Zusammenhang mit der größten Erweiterung in der EU-Geschichte weitgehend davon aus, dass sie zu großen Problemen, z.B. einer institutionellen Lähmung und einer massiven Einwanderung von Arbeitnehmern, führen würde. In Wirklichkeit war der Anpassungsbedarf jedoch begrenzt und beherrschbar. 25 Mitgliedstaaten beteiligen sich vollständig an der Arbeit der Organe. Die EU-Bürger, die außerhalb ihrer Heimatländer arbeiten, haben einen positiven wirtschaftlichen Beitrag in den Mitgliedstaaten geleistet, die ihre Arbeitsmärkte geöffnet haben.

    Inzwischen haben die neuen Mitgliedstaaten eine neue Wirtschaftsdynamik bewirkt und dazu beigetragen, Arbeitsplätze in der ganzen EU zu sichern und zu schaffen. Eine Zunahme des Handels und der Investitionen hat den Binnenmarkt gestärkt. Allen europäischen Bürgern kommt die Anwendung europäischer Normen in den neuen Mitgliedstaaten zugute, beispielsweise im Umweltschutz.

    Dieser Erfolg wurde in der Öffentlichkeit jedoch nicht genügend herausgestellt. Hierzu ist ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen notwendig, wobei die Mitgliedstaaten ihre Verantwortung wahrnehmen müssen, die von ihnen einstimmig vereinbarten politischen Maßnahmen zu erläutern und zu verteidigen. Die Kommission ergänzt diese Bemühungen durch die Nutzung vielfältiger Mittel, um ihre Erweiterungspolitik bekannt zu machen und Fehlinformationen mit Tatsachen zu begegnen. Sie bemüht sich um einen Dialog mit wichtigen Akteuren aus Politik, Medien, Wissenschaft, Unternehmen sowie mit Sozialpartnern, um eine fundiertere Debatte über die vergangenen und künftigen Erweiterungen zu fördern. Ein wichtiger Teil der Kommunikationsstrategie der Kommission ist der Dialog mit der Bürgergesellschaft, durch den die Verbindungen zwischen der Bürgergesellschaft in der EU und in den beitrittswilligen Ländern verstärkt werden soll, um das Verständnis füreinander zu verbessern, Probleme anzusprechen und eine hochwertige Debatte zu fördern.[4]

    ***

    Dieses Strategiepapier befasst sich zunächst mit den Kandidatenländern Kroatien und Türkei sowie mit den potenziellen Kandidatenländern des westlichen Balkans[5]. Damit einhergehend werden ausführliche Fortschrittsberichte zu jedem Land veröffentlicht. Die Analyse der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist jedoch in der Stellungnahme zum Beitrittsgesuch dieses Landes enthalten, die ebenfalls am 9. November abgegeben wird.

    2. TÜRKEI UND KROATIEN

    2.1. Die Fortschritte der Türkei

    Der politische Übergang in der Türkei setzt sich fort, und das Land erfüllt die politischen Kriterien von Kopenhagen weiterhin in ausreichendem Maße. Wichtige Rechtsreformen sind mittlerweile in Kraft getreten und dürften zu strukturellen Veränderungen des Justizsystems, insbesondere im Gerichtswesen, führen. Dennoch hat sich das Tempo des Wandels 2005 verlangsamt, und die Umsetzung der politischen Reformen ist nach wie vor unausgewogen. Auch wenn die Menschenrechtsverletzungen rückläufig sind, existieren sie weiterhin. Bereits geltende Rechtsvorschriften müssen dringend umgesetzt werden, und in bestimmten Bereichen müssen weitere Gesetzesinitiativen ergriffen werden. Wesentliche weitere Anstrengungen sind notwendig im Hinblick auf die Grundfreiheiten und Menschenrechte, insbesondere im Bereich der Meinungsfreiheit, der Rechte der Frau, der Religionsfreiheit, der Gewerkschaften, der kulturellen Rechte und der weiteren Intensivierung der Bekämpfung von Folter und Misshandlung. Insbesondere sollte die Türkei den Reformprozess besser in die Arbeit aller öffentlichen Behörden einbeziehen. Die Verpflichtung der Türkei zu weiteren politischen Reformen muss zu konkreteren Ergebnissen zum Nutzen aller Türken, unabhängig von ihrer Herkunft, führen.

    Die Türkei hat große wirtschaftliche Fortschritte erzielt und kann mittlerweile als funktionierende Marktwirtschaft angesehen werden, solange sie an ihren jüngsten Stabilisierungs- und Reformanstrengungen festhält. Die Türkei sollte auch in der Lage sein, mittelfristig dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, sofern sie an ihrer Stabilisierungspolitik festhält und weitere entscheidende Schritte hin zu Strukturreformen unternimmt.

    Was die Übernahme und Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften ( Acquis ) betrifft, hat die Anpassung der Türkei in mehreren Bereichen Fortschritte gemacht, verharrt in den meisten Bereichen jedoch in einer Frühphase. Weitere Arbeiten sind in allen Bereichen erforderlich, neue Rechtsvorschriften dürfen nicht vom Acquis abweichen , und die Diskriminierung nicht-türkischer Dienstleistungsanbieter oder Produkte oder eine unterschiedliche Behandlung von EU-Mitgliedstaaten ist zu beenden. Die aus der Zollunion resultierenden Verpflichtungen sind zu beachten. Die Verwaltungs- und Justizkapazitäten müssen verstärkt werden, damit die EU-Rechtsvorschriften angewendet werden, wenn sie im Land eingeführt werden.

    2.2. Die Fortschritte Kroatiens

    Kroatien hat keine großen Schwierigkeiten, die politischen Anforderungen für eine Mitgliedschaft zu erfüllen. Es gab in den meisten Bereichen Fortschritte, aber wichtige Anstrengungen sind nach wie vor notwendig, um das Justizwesen zu reformieren, wozu auch die objektive Verfolgung von Kriegsverbrechen, die Korruptionsbekämpfung, die Verbesserung der Minderheitensituation und Erleichterungen bei der Rückführung von Flüchtlingen gehören. Gute Fortschritte wurden bei der regionalen Zusammenarbeit erzielt, sowohl im Hinblick auf die bilateralen Beziehungen zu den Nachbarländern, als auch im Hinblick auf regionale Initiativen. Da es keine vollständige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) gab, konnte die EU die Beitrittsverhandlungen nicht wie geplant im März 2005 eröffnen; die vollständige Zusammenarbeit ist nun hergestellt und muss fortgesetzt werden.

    Hinsichtlich der wirtschaftlichen Kriterien kann Kroatien als funktionierende Marktwirtschaft angesehen werden. Es sollte in der Lage sein, mittelfristig dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, sofern es weiterhin an seinem Reformprogramm zur Beseitigung bestehender Schwächen festhält.

    Im Hinblick auf die Übernahme und Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften hat Kroatien einige Fortschritte erzielt, insbesondere bei der Anpassung des Rechtssystems. Kroatien muss diese Anpassung des Rechtssystems grundsätzlich fortführen und gleichzeitig die Verwaltungs- und Justizkapazität stärken, um den Acquis umzusetzen. In vielen Fällen ist die Umsetzung schwach und die Verwaltungskapazität unausgewogen.

    2.3. Beitrittsstrategie

    Führung von Beitrittsverhandlungen

    Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei und Kroatien traten in eine neue historische Phase, als am 3. Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen eröffnet wurden. Die EU hat in dieser Hinsicht ihre Versprechen gehalten. Die Verhandlungen bieten beiden Ländern die Gelegenheit, ihre Entschlossenheit und Fähigkeit zu demonstrieren, die notwendige Umstrukturierung zu vollenden und alle Beitrittskriterien zu erfüllen.

    Die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Abkommen von Ankara in diesem Sommer war Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die EU wird die Umsetzung dieses Protokolls genau überwachen und 2006 evaluieren, insbesondere feststellen, ob alle Beschränkungen im Bereich des freien Warenverkehrs, wozu auch die Transportmittel gehören, aufgehoben wurden.

    Das Urteil der Chefanklägerin des ICTY, dass Kroatien mittlerweile vollständig kooperiert, ebnete für den Rat den Weg zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Eine nachhaltig vollständige Zusammenarbeit mit dem ICTY bleibt eine Voraussetzung für den Fortgang während des gesamten Beitrittsprozesses. Alles andere als eine jederzeit vollständige Zusammenarbeit mit dem ICTY beeinträchtigt den Gesamtfortgang der Verhandlungen und könnte zur Aussetzung der Verhandlungen führen.

    Für die Verhandlungsführung gelten vom Rat festgelegte klare und strenge Verhandlungsrahmen, die die Verfahren und Leitlinien festlegen[6]. Die Verhandlungen stützen sich auf die eigenen Leistungen der Länder, und ihr Tempo hängt von den Fortschritten der Länder bei der Erfüllung der Beitrittskriterien ab. Die Union erwartet, dass beide Länder die politischen Kriterien in vollem Umfang erfüllen und an einer weiteren Verbesserung im Laufe der Verhandlungen arbeiten. Verstößt ein Land ernsthaft und anhaltend gegen die Grundsätze der Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit, auf die sich die Union gründet, können die Beitrittsverhandlungen ausgesetzt werden. Um Mitglied zu werden, müssen beide Länder den Acquis der Union akzeptieren. Wie bei allen früheren Beitrittsverhandlungen können Sondervereinbarungen getroffen werden.

    Die Union legt „Benchmarks“ für den vorläufigen Abschluss und gegebenenfalls auch für die Eröffnung einzelner Kapitel fest. Im Hinblick auf die Benchmarks, die für Wirtschaftskapitel berücksichtigt werden, achtet die Kommission insbesondere auf die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Union sowie allen Mitgliedstaaten im Rahmen des Assoziierungsabkommens, bei der Türkei auch der Vereinbarungen über die Zollunion und das Zusatzprotokoll, sowie des Kriteriums einer funktionierenden Marktwirtschaft. Falls die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt feststellt, dass ein Beitrittskandidat diese Verpflichtungen oder Kriterien nicht länger erfüllt, kann sie den Mitgliedstaaten vorschlagen, die Beitrittsverhandlungen über die entsprechenden Kapitel auszusetzen.

    Der erste Schritt der Verhandlungen war der Beginn der analytischen Prüfung (“Screening”) des EU- Acquis am 20. Oktober 2005. Beim Screening-Verfahren kommen Sachverständige aus der Türkei und Kroatien sowie der Kommission zusammen, um die EU-Vorschriften zu erläutern und die Pläne der einzelnen Länder für ihre Übernahme und Umsetzung zu prüfen. Das Screening aller Acquis -Kapitel dürfte bis Herbst 2006 dauern. Nachdem ein Kapitel durchgesehen worden ist, entscheidet die EU auf Vorschlag der Kommission, ob es eröffnet werden kann oder welche Benchmarks vor seiner Eröffnung erreicht werden müssen.

    Unterstützung der Reformen

    Ein Pfeiler der Türkei-Strategie der Kommission ist ihre aktive Unterstützung des politischen Reformprozesses. Die regelmäßige Überwachung der politischen Kriterien wurde intensiviert durch häufige Treffen auf Politiker- und Sachverständigenebene, um im Einzelnen alle Fragen und Probleme im Zusammenhang mit den verschiedenen Kapiteln der politischen Kriterien zu überprüfen. Die wichtigsten ausstehenden Fragen müssen in der Frühphase der Beitrittsverhandlungen behandelt werden, wozu auch das Benchmarking notwendiger Maßnahmen im Rahmen der einschlägigen Verhandlungskapitel gehört, wenn der Schwung der Verhandlungen nicht verloren gehen soll.

    Die Kommission unterstützt nach wie vor den Prozess der politischen, wirtschaftlichen und anderen Reformen im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess in Kroatien, insbesondere in Bezug auf das im Februar 2005 in Kraft getretene Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen.

    Für beide Länder schlägt die Kommission überarbeitete Beitrittspartnerschaften vor, die die wichtigsten in den Fortschrittsberichten genannten Prioritäten widerspiegeln. Hierdurch wird die Konditionalität für die Annäherung an die EU in konkrete Maßnahmen umgesetzt. Die EU-Förderprojekte entsprechenden diesen Prioritäten.

    Nachdem Kroatien Beitrittskandidat wurde, kam das Land auch für alle drei Finanzierungsinstrumente der Heranführungsstrategie in Frage: PHARE im Bereich Institutionenaufbau und wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, ISPA im Umwelt- und Verkehrsinfrastrukturbereich und SAPARD im Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Kroatien kann auch 2005 und 2006 im Rahmen des CARDS-Regionalprogramms gefördert werden. Die finanzielle Heranführungshilfe beläuft sich auf 105 Mio. EUR für 2005 und 140 Mio. EUR für 2006. Kroatien kann auch an Gemeinschaftsprogrammen teilnehmen.

    Das Programm für die Heranführungshilfe für die Türkei im Jahre 2005 besteht aus einem nationalen Programm und damit verbundenen Ausgaben für Mehrländerprogramme, Kommunikation und Management in Höhe von insgesamt 300 Mio. EUR für 2005 und 500 Mio. für 2006. Die wichtigsten Prioritäten des Programms für 2005 entsprechen den Prioritäten der EU im Zusammenhang mit den politischen Kriterien, dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, der Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes in Kernbereichen und dem politischen und sozialen Dialog zwischen der EU und der Türkei. Hierzu gehören auch Mittel zur Vorbereitung der Türkei auf die Umsetzung großer Infrastruktur- und Strukturfondsmaßnahmen ab 2007.

    3. DIE WESTLICHEN BALKANSTAATEN

    3.1. Die Fortschritte Albaniens, Bosnien und Herzegowinas, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien [7] , Serbien und Montenegros und des Kosovo [8]

    Politische Entwicklungen

    Die politische Gesamtlage verbessert sich, es gibt jedoch nach wie vor erhebliche Probleme. Albanien ist, wie durch den reibungslosen Regierungswechsel im Juli/August 2005 deutlich wurde, politisch stabiler geworden. Allerdings muss das Regierungshandeln nach wie vor wesentlich verbessert werden. Bosnien und Herzegowina hat bei der Umsetzung der Prioritäten in der Machbarkeitsstudie erhebliche Fortschritte erzielt, aber die komplizierten Verfassungsstrukturen führen oft zu Blockaden und einem ineffizienten Beschlussfassungsverfahren. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien hat sich ernsthaft zur Umsetzung des Rahmenabkommens von Ohrid verpflichtet und hat seit 2001 bedeutende Fortschritte bei der Erhöhung der Stabilität des Landes erzielt. Serbien und Montenegro leidet unter Strukturschwächen und Koordinierungsschwierigkeiten, insbesondere in Bereichen mit geteilter Zuständigkeit zwischen dem Staatenbund und den Republiken. Den Institutionen im Kosovo fehlt nach wie vor die notwendige politische Reife, um eine wirklich demokratische und sichere Vielvölkergesellschaft aufzubauen.

    Die demokratischen Institutionen funktionieren insgesamt besser. Die Länder müssen ihre Wahlreformen zu Ende führen. Die Standards bei den Wahlen haben sich verbessert. Die Effizienz der Parlamente nimmt in der gesamten Region zu, aber fehlende Mittel und eine kontraproduktive politische Atmosphäre in einigen Ländern behindern ihre Arbeit. Die öffentlichen Verwaltungen sind anfällig gegenüber politischer Einflussnahme und leiden unter schwachen Verwaltungs- und Durchsetzungskapazitäten. Die Länder müssen die Reformbemühungen intensivieren. Sie müssen auch einen hoch qualifizierten und unabhängigen öffentlichen Dienst aufbauen, der den europäischen Integrationsprozess lenken kann.

    Das Justizwesen wird reformiert, und die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich verbessert. Gleichwohl ist die Justiz nach wie vor insgesamt schwach und wenig unabhängig. Mangelnde Effizienz, fehlende Mittel, Arbeitsrückstände und eine schwache Umsetzung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften sind gängige Probleme. Eine wichtige Priorität im Kosovo ist es, dass Angehörige von Minderheiten im Justizwesen beschäftigt werden. Obwohl der Rechtsrahmen für den Schutz der Menschenrechte und der Minderheiten in den meisten Ländern vorhanden ist, kommt es immer wieder zu Diskriminierungen.

    Die Reform der Polizei muss fortgesetzt werden, um sicherzustellen, dass sie ohne politische Einmischung arbeiten kann, und dass sie nach technischen und professionellen Kriterien aufgebaut ist. Wesentliche Probleme in der gesamten Region sind nach wie vor das organisierte Verbrechen und die Korruption. Die Korruptionsbekämpfungsstrategien der Länder müssen verfeinert und aktualisiert werden. Hierzu bedarf es realistischer Ziele und Zeitpläne.

    Die Zahl der Menschen, die nach wie vor als Flüchtlinge oder Vertriebene registriert sind, ist zurückgegangen, im wesentlichen als Folge einer Neuregistrierung der Flüchtlinge und Vertriebenen in Serbien und Montenegro sowie in Bosnien und Herzegowina. Die Gewalttätigkeiten im März 2004 im Kosovo waren ein ernster Rückschlag für den Rückführungsprozess, und der Dialog zwischen Belgrad und Pristina bleibt in dieser Frage problematisch.

    Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro haben beträchtliche Fortschritte bei der Zusammenarbeit mit dem ICTY erzielt. Hierzu gehören zahlreiche Überstellungen von Beschuldigten nach Den Haag, aber sie müssen nach wie vor eine vollständige Zusammenarbeit erreichen. Nahezu alle Länder haben sich an den Ratsbeschluss, sämtliche Vermögensgegenstände natürlicher Personen, die vom ICTY angeklagt sind, einzufrieren, gehalten[9].

    Eine Intensivierung der regionalen Zusammenarbeit ist für die weitere Stabilisierung und Versöhnung wichtig. Sie ist ein Hinweis auf die Fähigkeit eines Landes, ein engeres Verhältnis zur EU aufrechtzuerhalten. Die vor kurzem erfolgte Entschuldigung des serbischen Präsidenten für Kriegsverbrechen, die seine Landsleute in Bosnien und Herzegowina begangen haben, war ein ermutigendes Zeichen für eine Vertiefung des Versöhnungsprozesses. Die Zusammenarbeit bei der Flüchtlingsrückführung wurde verbessert und wird im Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit ausgeweitet, wozu auch die Bekämpfung des organisierten Verbrechens gehört.

    In den letzten sechs Jahren hat der Stabilitätspakt einen wertvollen Beitrag geleistet, aber die Voraussetzungen für seine Arbeit ändern sich. Die Region übernimmt allmählich Verantwortung für die regionale Zusammenarbeit, beispielsweise im Rahmen des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses. Ein reformierter Stabilitätspakt könnte seine wichtigsten Aufgaben Schritt für Schritt und in angemessener Form auf die Region übertragen, um den Schwung der regionalen Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten.

    Wirtschaftliche Entwicklungen

    Die gesamtwirtschaftliche Stabilität wurde insgesamt weiter gestärkt. Dies trug zu nachhaltigen Wachstumsraten und einer moderaten Inflation bei. Gleichwohl geben die hohen Leistungsbilanzdefizite nach wie vor Anlass zur Sorge.

    Die Strukturreformen kamen unterschiedlich gut voran. Der Privatisierungs- und Umstrukturierungsprozess befindet sich in unterschiedlichen Phasen. Die Durchsetzung von Eigentumsrechten und Verträgen ist nach wie vor schwierig. Der große informelle Sektor führt immer noch zu unausgewogenem Wettbewerb und Steuerhinterziehung. Die Liberalisierung des Handels kam durch die Vollendung eines regionalen Netzes von Freihandelsabkommen voran. Um funktionierende Marktwirtschaften zu schaffen, müssen die Länder eine weitere makroökonomische Stabilisierung und Strukturreformen, einschließlich Liberalisierung und Privatisierung, gewährleisten. Dieser Prozess erfordert entsprechende Regelungsrahmen und Strukturen der Unternehmensführung.

    3.2. Heranführungsstrategie

    Ein Fahrplan zur Verwirklichung der Beitrittsperspektive

    Allen westlichen Balkanstaaten wurde eine EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt, sobald sie die erforderlichen Bedingungen erfüllen[10]. Die EU steht zu dieser Verpflichtung. Jedes Land kommt diesem Ziel durch eigene Leistungen näher, die von seinen Fortschritten bei der Erfüllung der Anforderungen abhängen. Auf ihrem Weg zur EU befinden sich die Länder in verschiedenen Phasen, aber alle werden in der Lage sein, ihre europäische Perspektive anhand des unten erläuterten Fahrplans zu verwirklichen.

    Als potenzielle Beitrittskandidaten haben die westlichen Balkanstaaten bereits Zugang zu zahlreichen Instrumenten, die auch zur Unterstützung von Beitrittskandidaten zur Verfügung stehen. Hierzu gehören der Zugang zu Gemeinschaftsprogrammen (z.B. Bildung, Wissenschaft und Forschung), die Unterstützung zur Erreichung von EU-Standards, Handelspräferenzen für ihre Erzeugnisse, eine regelmäßige Berichterstattung durch die Kommission und die Festlegung politischer Prioritäten durch die EU.

    Jedes Land kann ein weit reichendes Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der EU abschließen. Diese Abkommen sollen die westlichen Balkanstaaten auf eine künftige Mitgliedschaft vorbereiten, indem die EU-Rechtsvorschriften in verschiedenen Bereichen weit vor dem Beitritt eingeführt werden. Bisher gibt es SAAs mit Kroatien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Albanien steht kurz vor dem Abschluss eines solchen Abkommens, während Serbien und Montenegro SAA-Verhandlungen gerade erst aufgenommen hat, und Bosnien und Herzegowina dies in Kürze tun wird.

    Vor der Eröffnung von SAA-Verhandlungen prüft die EU, ob die grundlegenden Bedingungen erfüllt sind. Ein ausreichendes Maß an Stabilisierung ist Vorbedingung für die Aufnahme von Verhandlungen.

    Die EU unterstützt die weitere Stabilisierung der Region durch eine Reihe von Instrumenten im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wozu auch EU-Sonderbeauftragte, die EU-Überwachungsmission, die EU-Streitkräfte in Bosnien und Herzegowina und die EU-Polizeimissionen in Bosnien und Herzegowina und in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gehören. Die Präsenz der EU muss entsprechend der Stabilisierung und den Fortschritten der Länder auf dem Weg zur europäischen Integration angepasst werden. Die Union hat 2005 einen wichtigen Schritt geleistet, indem sie dieselbe Person zum Leiter der Delegation der Kommission und zum EU-Sonderbeauftragten in Skopje ernannt hat.

    Sobald die Stabilisierung ausreichend gewährleistet ist, kann die Kommission dem Rat in einem Machbarkeitsbericht empfehlen, ob und unter welchen Bedingungen die SAA-Verhandlungen beginnen können. Angesichts der Bedeutung einer Vertragsbeziehung ist es für die Kommission von Vorrang, soweit wie möglich SAAs mit den übrigen Ländern zu verhandeln und abzuschließen. Die SAA-Verhandlungen mit Serbien und Montenegro wurden im Oktober 2005 aufgenommen. Ebenfalls im Oktober empfahl die Kommission dem Rat die Aufnahme von SAA-Verhandlungen mit Bosnien und Herzegowina.

    SAA-Verhandlungen können abgeschlossen werden, sobald das Land insgesamt ausreichende Fortschritte in den Reformbereichen erzielt hat, die notwendig für die Umsetzung des Abkommens sind. Sobald das Abkommen unterzeichnet ist, muss es von der EU und dem künftig assoziierten Land ratifiziert werden. In der Zwischenzeit werden die handelsbezogenen Bestimmungen des SAA im Rahmen eines Interimsabkommens angewandt. Nach der Ratifizierung tritt das Abkommen in Kraft.

    Kroatien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien verfügen über gültige SAAs. Albanien hat ausreichende Fortschritte bei der Entwicklung des legislativen und institutionellen Rahmens und der erforderlichen Verwaltungskapazitäten für eine ordnungsgemäße Anwendung des künftigen Abkommens erzielt, so dass der Weg für den Abschluss von SAA-Verhandlungen geebnet ist.

    Die Kommission ist der Auffassung, dass es möglich sein müsste, die SAA-Verhandlungen mit Serbien und Montenegro sowie mit Bosnien und Herzegowina innerhalb eines Jahres nach Aufnahme abzuschließen. Dies ist ein ehrgeiziger Zeitplan, der von konkreten Fortschritten bei den politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Reformen abhängt.

    Durch das erfolgreiche Aushandeln und Abschließen eines Abkommens kann ein Land nachweisen, dass es in der Lage ist, ein engeres Verhältnis zur EU aufrechtzuerhalten. Die ordnungsgemäße Umsetzung des Abkommens ist daher die beste Grundlage für die Beurteilung, ob ein Land in der Lage ist, in die nächsten Phasen des Kandidatenstatus und anschließend in die Beitrittsverhandlungen einzutreten. Zufrieden stellende Ergebnisse eines Landes bei der Umsetzung seiner SAA-Verpflichtungen (einschließlich der handelsbezogenen Bestimmungen) sind daher ein wesentliches Element für die EU bei der Prüfung eines Beitrittsgesuchs .

    Im Anschluss an ein Beitrittsgesuch und auf der Grundlage der Stellungnahme der Kommission kann die EU beschließen, einem Bewerberland den Kandidatenstatus zuzuweisen. Dieser Status bedeutet die politische Anerkennung einer engeren Beziehung zu einem Land auf seinem Weg zur Mitgliedschaft. In der Praxis bedeutet dies, dass die EU-Hilfe in allen Bereichen genutzt werden kann, die wichtig sind für die Fähigkeit des Landes, die aus der Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen wie z.B. die Vorbereitung auf die Umsetzung der Strukturfonds zu übernehmen. Allerdings bedeutet dies keine automatische Erhöhung der Gesamthilfen, die diesem Land zugewiesen werden. Der Kandidatenstatus beinhaltet, dass das betreffende Land in eine neue Phase seiner Beziehungen zur EU eintritt. Hierzu gehören auch ein intensiverer politischer Dialog und eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Kommission und den Mitgliedstaaten.

    Der Kandidatenstatus ist notwendig, aber nicht ausreichend für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen . Bevor Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, muss das Land bei der Einhaltung der Kriterien von Kopenhagen ein ausreichendes Niveau erreichen. Die politischen Kriterien müssen erfüllt werden[11], wozu gegebenenfalls auch die vollständige Zusammenarbeit mit dem ICTY gehört. Das Land muss wesentliche Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung der wirtschaftlichen Kriterien und der aus der Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen erzielt haben. Die Kommission prüft das Niveau der grundsätzlichen Einhaltung in ihrer Stellungnahme zum Beitrittsgesuch des Landes und berichtet anschließend regelmäßig über die Fortschritte. Der Europäische Rat beschließt auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission, ob und wann Verhandlungen aufgenommen werden können. Sobald diese Entscheidung getroffen wurde, wird eine Regierungskonferenz auf der Grundlage eines vom Rat auf Vorschlag der Kommission verabschiedeten Verhandlungsrahmens einberufen.

    Wie im Verhandlungsrahmen für Kroatien darlegt, sind bis zum Beitritt die besonderen Kriterien im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) zu erfüllen und das SAA umzusetzen. Mängel bei der Erfüllung dieser Anforderungen beeinträchtigen das Tempo der Verhandlungen. Die Erfahrungen zeigen, dass Beitrittsverhandlungen je nach Land eine unterschiedliche Anzahl von Jahren in Anspruch nehmen können. Aufgrund ihrer Art sind die Verhandlungen ein Prozess mit offenem Ende. Sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind, werden ihre Ergebnisse in einen Beitrittsvertrag aufgenommen. Dieser Vertrag ermöglicht den Beitritt zur Union, nachdem er vom Europäischen Parlament gebilligt und von allen Mitgliedstaaten und dem Beitrittsland ratifiziert wurde.

    Unterstützung der Reformen

    Die Europäischen Partnerschaften bieten einen Rahmen für die Reformenbemühungen der Länder und zeigen die konkreten Maßnahmen auf, die notwendig sind, um Fortschritte entsprechend dem Fahrplan zu erreichen. Sie legen die kurz- und mittelfristigen Prioritäten für jede einzelne Phase des Heranführungsprozesses fest. Die Länder sollten auf die von der EU vorgeschlagenen Prioritäten unverzüglich mit ihren eigenen entsprechenden Aktionsplänen reagieren. Um dieses Instrument bestmöglich zu nutzen, müssen die Länder die Prioritäten der Partnerschaft vollständig in ihre innenpolitische Agenda aufnehmen, und zwar nicht nur in die gesetzgeberische, sondern auch in die Haushalts- und Verwaltungsplanung. Die Europäischen Partnerschaften bilden weiterhin die Grundlage für CARDS[12], das Hilfsprogramm der Gemeinschaft für die westlichen Balkanstaaten.

    Die Union unterstützt die Reformagenda der Europäischen Partnerschaften mit einer Vielzahl von Instrumenten. Die EU-Finanzhilfe für die westlichen Balkanstaaten umfasst allein für 2005 Mittel in Höhe von 539 Mio. EUR, wozu auch die Unterstützung für das Regionalprogramm, für das Kroatien nach wie vor in Frage kommt, gehört. Diese Hilfe konzentriert sich auf die im Rahmen der Europäischen Partnerschaften festgestellten Probleme. Die meisten der beim Gipfel von Thessaloniki 2003 neu vereinbarten EU-Hilfsinstrumente sind mittlerweile eingerichtet. Die Länder haben die Möglichkeit erhalten, sich an den Gemeinschaftsprogrammen zu beteiligen, damit sie mit den politischen Maßnahmen und Arbeitsmethoden der EU vertraut werden. Die Kommission will in Kürze die Anwendung der diagonalen Ursprungskumulierung im Handel zwischen den Ländern der Region vorschlagen, die über ein Freihandelsabkommen mit der EU verfügen. Daneben hat die Kommission im Grunde für alle Produkte eine Verlängerung des freien Zugangs der Länder zum EU-Markt um fünf Jahre vorgeschlagen. Fortschritte im Hinblick auf den Abschluss von Abkommen über die Rückübernahme und die Visaerleichterungen verdeutlichen die gegenseitige Verpflichtung zu einer weiteren Zusammenarbeit im Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit.

    4. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

    1. Die Erweiterungspolitik der Kommission beruht auf den drei Prinzipien Konsolidierung, Konditionalität und Kommunikation. Ein sorgfältig geplanter Erweiterungsprozess sorgt in ganz Europa für mehr Frieden, Stabilität, Wohlstand, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die EU wird zu ihren Verpflichtungen stehen, wenn die Länder die strengen Beitrittsvoraussetzungen erfüllen. Jedes Land wird anhand seiner eigenen Leistungen beurteilt. Die Kommission wird die Länder unterstützen und ihre Fortschritte überwachen, um eine ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung von Maßnahmen zu gewährleisten. Gleichzeitig muss die EU insgesamt besser über die Ziele und Herausforderungen des Beitrittsprozesses informieren.

    2. Mit der Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei und Kroatien am 3. Oktober hat eine neue Phase der politischen und wirtschaftlichen Integration begonnen. In den Beitrittspartnerschaften werden die wichtigsten Aufgaben genannt, die jedes Land erfüllen muss, um Fortschritte in den Verhandlungen zu erzielen.

    3. Die Zukunft der westlichen Balkanländer liegt in der EU. Diese Länder befinden sich im Übergang von der Stabilisierung und dem Wiederaufbau zur nachhaltigen Entwicklung, Assoziation und Integration in die europäischen Strukturen, womit sie die Ziele verwirklichen, die der Europäische Rat von Thessaloniki 2003 festgelegt hatte. Die Kommission bemüht sich sicherzustellen, dass alle diese Länder Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der EU unterzeichnen, um solide vertragliche Beziehungen zu knüpfen. Zufrieden stellende Ergebnisse eines Landes bei der Umsetzung seiner mit dem SAA verbundenen Verpflichtungen (einschließlich der handelsbezogenen Bestimmungen in Form eines Interimsabkommens) sind daher ein wesentliches Element für die EU bei der Prüfung eines Beitrittsantrags.

    4. Die Kommission hat dieses Jahr die Empfehlung ausgesprochen, dass die EU SAA-Verhandlungen mit Serbien und Montenegro sowie mit Bosnien und Herzegowina aufnimmt. Abhängig von ihren Fortschritten bei der Durchführung politischer, wirtschaftlicher und institutioneller Reformen, müsste es möglich sein, diese Verhandlungen innerhalb eines Jahres nach ihrer Aufnahme abzuschließen. Albanien hat insgesamt ausreichende Fortschritte in den Reformbereichen erzielt, die für die Anwendung eines künftigen SAA wichtig sind, womit der Weg für den Abschluss der Verhandlungen geebnet ist.

    5. Die EU stellt sicher, dass das Kosovo von den Schlüsselinstrumenten profitiert, die der Region geboten werden. Die Aufnahme von Gesprächen über seinen Status stellt eine Herausforderung für die gesamte Region und für die internationale Gemeinschaft dar. Ein echtes Engagement aller Beteiligten für ein multiethnisches, stabiles und demokratisches Kosovo ist wesentlich, um eine nachhaltige Einigung zu erzielen, die die Sicherheit und Stabilität in der Region stärkt und ihre weiteren Fortschritte in Bezug auf die EU gewährleistet.

    6. In ihrer Stellungnahme zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien empfiehlt die Kommission dem Europäischen Rat, dem Land den Status eines Kandidatenlandes zuzuerkennen. Die Beitrittsverhandlungen sollten aufgenommen werden, sobald das Land die Beitrittskriterien in ausreichendem Umfang erfüllt. Die Kommission wird dem Rat bis spätestens Ende 2006 einen Bericht über die von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien erzielten Fortschritte vorlegen.

    ANHANG: SCHLUSSFOLGERUNGEN DER FORTSCHRITTSBERICHTE ÜBER ALBANIEN, BOSNIEN UND HERZEGOWINA, KROATIEN, SERBIEN UND MONTENEGRO UND KOSOVO, DIE TÜRKEI

    Albanien

    Was die politische Lage angeht, so hat Albanien zwar Fortschritte bei der Stärkung der demokratischen Einrichtungen, der Justizbehörden und der öffentlichen Verwaltung zu verzeichnen, muss aber die Strategien und Gesetze energischer anwenden, um ihre Wirkung noch zu erhöhen. Es wurden Anstrengungen unternommen, um die Korruption zu bekämpfen und die Achtung der Menschenrechte zu verbessern. Um greifbare Ergebnissen zu erzielen, ist mehr Engagement erforderlich. Albanien spielt nach wie vor eine positive politische und handelspolitische Rolle in der Region.

    Das Parlament, das weiterhin das Zentrum des politischen Austausches ist, hat in erheblichem Umfang wichtige Rechtsvorschriften verabschiedet. Eine übermäßig starke politische Konfrontation verhinderte einen politischen Konsens in Reformfragen und verlangsamte die Fortschritte. Die neue Geschäftsordnung des Parlaments und vor allem der gestärkte Ausschuss für europäische Integration könnten dazu beitragen, einen konstruktiven Konsens herbeizuführen. Die im Wesentlichen problemlos verlaufenen Parlamentswahlen vom Juli 2005 führten zu einem reibungslosen Machtwechsel, wiesen jedoch einige Unzulänglichkeiten auf, die zeigen, dass eine weitere Wahlreform notwendig ist.

    Die Regierung hat wichtige neue Strategien und Koordinierungsinstrumente für den weiteren Weg Albaniens zur Europäischen Union entwickelt. Um sie konkret zur Erzielung besserer Ergebnisse einzusetzen, ist in vielen Fällen mehr Energie und Engagement erforderlich. Das Ministerium für europäische Integration wurde verstärkt, benötigt aber zusätzliche Mittel, um seine federführende und koordinierende Rolle in EU-Fragen besser wahrnehmen zu können. Die Koordinierung in zusammenhängenden Politikbereichen könnte durch Zusammenlegung von Ministerien verbessert werden, jedoch wird darauf zu achten sein, dass geeignete Kontrollmöglichkeiten bestehen.

    Albanien hat die Aufsicht über die öffentliche Verwaltung sowie die Einstellung und Ausbildung der Beamten verbessert und Schritte zur Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens unternommen. Nun muss es für eine geeignete Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der politischen und der Verwaltungsebene sorgen und die Beurteilungsverfahren und die Beschäftigungsbedingungen für die Beamten verbessern.

    Fortschritte wurden bei der Verbesserung der Arbeitsweise der albanischen Justiz erzielt. Der Verbesserung der Ausbildung von Richtern und Staatsanwälten sollten nun weitere Schritte folgen, um deren Unabhängigkeit und bessere Beschäftigungsbedingungen für das übrige Justizpersonal zu gewährleisten. Zur Verbesserung der Transparenz und der Koordinierung in der Justiz wurden Maßnahmen getroffen, die jedoch nicht ausreichen. Zwar werden nun mehr Urteile vollstreckt, das Niveau der Vollstreckung ist jedoch immer noch relativ niedrig. Die neuen rechtlichen Instrumente und die regionalen Übereinkünfte müssen nun eingesetzt werden, um bessere konkrete Ergebnisse bei der Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Terrorismus zu erzielen.

    Einige Anstrengungen wurden zur Bekämpfung der Korruption unternommen: die Mitarbeit in den internationalen Gremien wurde fortgesetzt, neue Rechtsvorschriften über Interessenkonflikte wurden erlassen, mehr Beamte wurden wegen Korruption verfolgt, und es wurde streng gegen Korruption in der Polizei vorgegangen. Dennoch sind die greifbaren Ergebnisse immer noch begrenzt: es bedarf erheblicher weiterer Anstrengungen zum Vollzug des geltenden Rechts und zur Einführung neuer Maßnahmen, die dem Aktionsplan Albaniens zur Bekämpfung der Korruption, den GRECO-Empfehlungen und den internationalen Korruptionsbekämpfungsübereinkünften entsprechen.

    Im Bereich der Menschenrechte hat Albanien mit einem neuen Verhaltenskodex und einem neuen Gesetz über die interne Kontrolle in den Gefängnissen zwar einige Anstrengungen unternommen, um die Bedingungen für Strafgefangene zu verbessern, die physischen Bedingungen sind aber wegen der unzulänglichen Infrastruktur weiterhin schlecht. Die Kenntnis der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der internationalen Übereinkünfte über die Behandlung von Gefangenen und ihr Vollzug sind zu verbessern.

    Die konkreten Fortschritte bei der Verbesserung der Freiheit der Medien waren gering. In der Gesetzgebung sind Fortschritte bei der Stärkung der Eigentumsrechte zu vermelden, die Umsetzung muss jedoch erheblich beschleunigt werden. Albanien ist ein Beispiel an religiöser Toleranz, weitere Fortschritte sind jedoch erforderlich, um bei den Menschen- und Minderheitenrechten internationale Standards zu erreichen.

    Albanien hat weiter eine positive Rolle in der Region gespielt, indem es die Vertiefung der politischen und Handelsbeziehungen zu seinen Nachbarländern aktiv durch Freihandelsabkommen und regionale multilaterale Initiativen vorangetrieben und eine konstruktive Politik gegenüber Kosovo beibehalten hat.

    Die albanische Wirtschaft bewegt sich bis zu einem gewissen Grade im Rahmen der für eine funktionierende Marktwirtschaft geltenden Grundsätze. Weitere energische Reformanstrengungen sind notwendig, um die Unzulänglichkeiten bei der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft anzugehen.

    Das Wachstum blieb bei gedämpftem Inflationsdruck weiterhin stark. Das Leistungsbilanzdefizit verringerte sich. Die Konsolidierung im Steuerbereich wurde fortgesetzt, und das Haushaltsdefizit ging zurück. Bei der Reform der öffentlichen Verwaltung ist Albanien weiter vorangekommen, und die Leistungsfähigkeit der Steuerverwaltung ist gestiegen. Im Bereich der öffentlichen Finanzkontrolle und der internen Rechnungsprüfung sind einige Fortschritte festzustellen. Die Privatisierung der kleinen und mittleren Unternehmen ist abgeschlossen. Der Verkauf der Sparkasse wurde 2004 abgeschlossen, und Anfang 2005 wurde mit der Privatisierung von Albtelecom begonnen. Die Aufsicht wurde durch Einführung eines risikobezogenen Aufsichtsverfahrens gestärkt. Der Arbeitsmarkt gilt als relativ flexibel.

    Jedoch ist die Lenkung des öffentlichen Sektors noch zu verbessern, und die Privatisierung der Großunternehmen hat sich verzögert. Die Fähigkeit des Finanzsektors, Ersparnisse für produktive Investitionen verfügbar zu machen, hat sich in letzter Zeit verbessert, ist aber immer noch schwach. Erwerb und Durchsetzung von Eigentumsrechten bleiben schwierig, was das Potenzial für Investitionen und Wirtschaftstätigkeit schwächt. Die Gründung von Unternehmen stieß weiterhin auf Hindernisse wie schwache Infrastruktur, schlechte Rechtsvorschriften und schwacher Vollzug des Steuerrechts. Der unlautere Wettbewerb durch Unternehmen der Schattenwirtschaft bleibt ein Problem. Das Bildungsniveau ist nach wie vor relativ niedrig und das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften gering.

    Albanien hat einige Fortschritte bei der Angleichung an die europäischen Normen zu verzeichnen. In diesem Zusammenhang sind vor allem neue Rechtsvorschriften und Einrichtungen zu nennen. Einige Anstrengungen wurden zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung unternommen, aber in einer Reihe von Fällen sind mehr Engagement und Mittel Voraussetzung für weitere Fortschritte.

    Im Bereich des Binnenmarkts hat Albanien weitere Fortschritte beim freien Warenverkehr erzielt. Normung und Zertifizierung sind zufrieden stellend vorangekommen, aber die Umsetzung der Richtlinien nach dem Neuen, dem Globalen und dem Alten Konzept bedarf größerer Aufmerksamkeit. Bei der Gesetzgebung im Messwesen ist keine Entwicklung zu beobachten, und die Prüfausrüstung ist mangelhaft. Erhebliche weitere Fortschritte in Gesetzgebung und Verwaltung sind für eine ordnungsgemäße Marktaufsicht erforderlich. Die Verbraucherschutzgesetze müssen verbessert und effektiv angewandt werden. In den Bereichen Freizügigkeit , freier Dienstleistungsverkehr und Niederlassungsrecht steht Albanien nach wie vor dem Problem der Auswanderung gegenüber. Die Rechtsvorschriften über die Niederlassung sind relativ offen, müssen jedoch geändert werden, um die Diskriminierung zwischen albanischen und ausländischen Unternehmen zu beseitigen. Die Rechtsvorschriften über die Erbringung von Dienstleistungen sind recht liberal. Im Bereich des freien Kapitalverkehrs hat keine nennenswerte Entwicklung stattgefunden.

    Albanien hat erhebliche Fortschritte im Bereich der Zoll vorschriften erzielt, und es wurden mehr Abgaben erhoben; dagegen waren die Fortschritte in anderen Bereichen bescheidener, und es besteht noch Handlungsbedarf, um die Korruption beim Zoll anzugehen. Die Steuer vorschriften wurden verbessert, was vor allem den KMU zugute kommt. Als positive Entwicklung ist zu vermelden, dass die Erhebung der Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge der Steuerverwaltung übertragen wurde. Das Steuerrecht muss fair und transparent angewandt und die Abgabenerhebung verbessert werden.

    Im Wettbewerb sbereich bleibt viel zu tun, um das Verständnis der Wirtschaftsbeteiligten für die Grundsätze des Wettbewerbs zu verbessern. Besondere Fortschritte sind im Bereich der staatlichen Beihilfen zu vermelden, und zwar die Einrichtung einer Abteilung für staatliche Beihilfen und die Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften. Die geltenden Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen müssen eingehalten werden, und es bedarf noch erheblicher Anstrengungen, um den EU-Standard zu erreichen. Es wurden neue Rechtsvorschriften über die Rechte an geistigem Eigentum erlassen, deren Durchsetzung jedoch verbessert werden muss. Einige Fortschritte gibt es im Statistik system, insbesondere bei der Klassifizierung und der Einrichtung eines Unternehmensregisters, welches nun weiter auszubauen ist. Die Gesamtwirtschaftsstatistik muss verbessert werden.

    Bei der Sektorpolitik waren im Sektor Industrie und KMU nur begrenzte Fortschritte festzustellen; dieser Sektor profitierte allerdings von den genannten Maßnahmen im Steuerbereich. Albanien muss seinen Aktionsplan für den Abbau administrativer Hemmnisse in vollem Umfang umsetzen und die Schattenwirtschaft angehen.

    In den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei sind nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Die Landwirtschaft dient nach wie vor als wirtschaftlicher und sozialer Puffer, der Armut und Arbeitslosigkeit verringert, wenn auch sein Anteil am BIP weiter abnimmt. Viel bleibt zu tun, um die Qualität der landwirtschaftlichen und Fischereierzeugnisse zu verbessern, insbesondere mit Blick auf die Lebensmittelsicherheit.

    Nur begrenzte Fortschritte sind im Umwelt bereich erzielt worden. Es wurden verbesserte Rechtsvorschriften erlassen, der Gesetzesvollzug ist aber weiterhin problematisch. Die Fähigkeit der Verwaltung zur effektiven Anwendung des Umweltrechts muss gestärkt werden.

    Einige Fortschritte sind im Verkehr sbereich zu vermelden, insbesondere bei der Gesetzgebung und der Mitarbeit in den internationalen Gremien. Die Infrastruktur ist jedoch nach wie vor unzulänglich und schlecht unterhalten. Albanien muss seinen Verkehrsgesamtentwicklungsplan umsetzen und die Sicherheit der einzelnen Verkehrsträger erhöhen. Investitionen in den Verkehrssektor müssen transparent sein und den Beschaffungsregeln entsprechen.

    Im Energie bereich ist Albanien gut vorangekommen, insbesondere durch Umsetzung des Energieaktionsplans, Angleichung der Rechtsvorschriften und Unterzeichnung des Vertrages über die Südosteuropäische Energiegemeinschaft. Der Energieaktionsplan muss weiter strikt umgesetzt werden, um die immer noch häufigen Stromausfälle und illegalen Anschlüsse zu verringern.

    Einige Fortschritte sind im Bereich Informationsgesellschaft und Medien erzielt worden, insbesondere durch Liberalisierung des Telekommunikationssektors und weitere Verbreitung der elektronischen Kommunikation. Die Privatisierung von Albtelecom ist noch erfolgreich abzuschließen und das Telekommunikationsrecht weiterzuentwickeln, um Anreize für zusätzliche Investitionen zu schaffen. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die Rechtsvorschriften über elektronische Kommunikation, Informationstechnologie und audiovisuelle Medien anzugleichen und ihre diskriminierungsfreie Anwendung zu gewährleisten.

    Albanien hat ein Grundsatzpapier zur internen Kontrolle der öffentlichen Finanzen ausgearbeitet, das weiterzuentwickeln ist. Auf dem Gebiet der externen Rechnungsprüfung muss die Oberste Rechnungsprüfungsbehörde Albaniens nach den INTOSAI-Leitlinien ausgebaut und ihre finanzielle Unabhängigkeit gewährleistet werden.

    Im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht sind die Reisedokumente nun sicherer, jedoch bedarf es weiterer Fortschritte bei der Informatisierung des Visa systems und der Angleichung der Visavorschriften an den EU-Standard. Albanien hat den Grenzschutz durch besseres Management, eine bessere informationstechnologische Infrastruktur und bessere Zusammenarbeit mit den Nachbarländern erheblich verbessert; der illegale Handel ist allerdings immer noch ein erhebliches Problem, das eine integrierte Grenzschutzstrategie zur Verbesserung der dienststellenübergreifenden Zusammenarbeit und zusätzliche Mittel erfordert. Albanien hat Strategien für die Bereiche Migration und Asyl beschlossen und ein Rückübernahmeabkommen mit der EU unterzeichnet. Diese müssen nun mit entsprechenden Mitteln ausgestattet und umgesetzt werden.

    Bei der Bekämpfung der Geldwäsche wurden mit neuen Durchführungsvorschriften und Schritten zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen und der regionalen Zusammenarbeit Fortschritte erzielt. Auf diesen Gebieten sind jedoch weitere, ergebnisorientierte Anstrengungen erforderlich, und die Finanzfahndungsstelle, die Staatsanwaltschaften und die Abteilung Wirtschaftskriminalität der Polizei benötigen mehr Mittel, um wirklich effizient arbeiten zu können.

    Albanien hat einige Fortschritte bei der Bekämpfung des illegalen Drogen handels zu verzeichnen, nämlich die Verabschiedung einer Drogenbekämpfungsstrategie, die Einführung besonderer Ermittlungstechniken und den Erlass von Rechtsvorschriften über die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Dennoch ist Albanien nach wie vor ein wichtiges Transitland für den illegalen Drogenhandel und muss der Umsetzung seiner Drogenbekämpfungsstrategie höhere Priorität einräumen und mehr Mittel bereitstellen. Ferner ist der Vollzug zu verstärken, die Koordinierung im Inland und mit ausländischen Partnern zu verbessern und die Behinderung von Ermittlungen in Drogenfällen durch Beamte zu verhindern.

    Einige Fortschritte sind bei der Steigerung der Effizienz der albanischen Staats polizei zu vermelden; die mit organisiertem Verbrechen und Korruption befassten Abteilungen wurden verstärkt, und es wurden mehr – häufig höhere – Polizeibeamte wegen Korruption verfolgt und entlassen. Dennoch muss Albanien die Ausrüstung und das Management der Polizei noch verbessern, insbesondere hinsichtlich der Personalausstattung, der Transparenz, der Autonomie und der Polizeiprotokolle, und die Anstrengungen zur Erzielung einer Einigung mit Europol beschleunigen.

    Als Fortschritt bei der Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Terrorismus hat Albanien die Verabschiedung eines gezielt ausgerichteten Gesetzespakets zu verzeichnen. Albanien hat besondere aktionsorientierte Maßnahmen gegen das organisierte Verbrechen fortgesetzt, die Schlüsselstellen der Ministerien verstärkt und die Rechtsvorschriften über die Erträge aus Straftaten verbessert. Die Informationsauswertung durch die Polizei verbesserte sich, und der Menschenhandel auf dem Seeweg ging zurück. Die Durchführung der aktionsorientierten Maßnahmen ist jedoch zu beschleunigen, und konkrete Schritte zur Verbesserung des Zeugenschutzes sind dringend erforderlich. Albanien muss die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen verbessern, die regionale und internationale Zusammenarbeit energischer vorantreiben und seine neuen rechtlichen Instrumente entschlossener zur Verhaftung und Verfolgung organisierter Straftäter einsetzen. Die Bekämpfung des Terrorismus wurde durch Einrichtung einer Sonderpolizeidirektion intensiviert. Albanien hat die internationalen Initiativen in diesem Bereich unterstützt, mutmaßliche Förderer des Terrorismus ausgewiesen und die Sicherheit auf den Flughäfen verbessert. Die Durchführung der internationalen Übereinkünfte ist zu beschleunigen und die Sicherheit auf dem Flughafen Tirana noch zu verbessern.

    Bosnien und Herzegowina

    Die politische Lage Bosnien und Herzegowinas hat sich im Zuge einer weiteren Konsolidierung der Stabilität der Institutionen, die Gewähr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die Achtung und den Schutz von Minderheiten bieten, weiter verbessert. Die meisten der mit dem Beitritt zum Europarat verbundenen Verpflichtungen wurden erfüllt. Dennoch müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, damit Bosnien und Herzegowina ein stabiler und eigenständiger Staat wird, der die volle Regierungsverantwortung tragen kann.

    Bosnien und Herzegowina trug den demokratischen Grundsätzen unter anderem dadurch Rechnung, dass es die volle Verantwortung für die Organisation und Finanzierung der Kommunalwahlen 2004 übernahm. Die Umsetzung des Gesetzes über den Ministerrat und des Gesetzes über die Ministerien stellen weitere Fortschritte in diesem Bereich dar. Nun muss das Land seine Bemühungen um eine höhere Effizienz der Exekutive und der Legislative fortsetzen, damit die gesamtstaatlichen Institutionen die für ihre Aufgaben erforderliche Ausstattung erhalten und die Koordinierung zwischen Gesamtstaat und Entitäten verbessert wird.

    Im Bereich der öffentlichen Verwaltung wurden einige positiv zu bewertende Maßnahmen ergriffen. So wurde eine Koordinierungsstelle für die Reform der öffentlichen Verwaltung eingerichtet, die Direktion für europäische Integration gestärkt und eine Prüfung der Schlüsselbereiche der öffentlichen Verwaltung durchgeführt. Nun müssen die Anstrengungen zur Schaffung eines modernen und effizienten öffentlichen Dienstes verstärkt werden. Der umfassende Aktionsplan für die Reform der öffentlichen Verwaltung ist allerdings noch nicht verabschiedet worden. Zudem werfen der Personal- und Raummangel für die Behörden immer wieder Probleme auf. Der Aufbau von Kapazitäten zur Ausbildung von Beamten ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung.

    Im Justizwesen wurden weitere Fortschritte erzielt. Durch die Verabschiedung der Rechtsvorschriften zur Einsetzung eines einzigen Hohen Rats für Justiz und Staatsanwaltschaft wurde im ganzen Land die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt. Darüber hinaus übernimmt Bosnien und Herzegowina nach und nach wieder die Verantwortung für die zuvor von der internationalen Gemeinschaft wahrgenommene Verwaltung der Justiz.

    Auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung sind weitere Anstrengungen erforderlich. Zwar wurde die Strafverfolgung bei einer Reihe von Korruptionsfällen sichergestellt, aber in vielen Fällen bleibt diese weiterhin aus. Daher müssen geeignete Aktionspläne zur Bekämpfung der Korruption erarbeitet und umgesetzt werden. Die Verabschiedung des Gesetzes über Interessenskonflikte war diesbezüglich ein positiv zu bewertender Schritt. Nun muss seine konsequente Umsetzung sichergestellt werden.

    Im Hinblick auf die Verteidigungsreform sind positive Entwicklungen zu verzeichnen, da die Rechtsvorschriften zur Schaffung einer gemeinsamen kleineren Berufsarmee verabschiedet und damit die Anforderungen des NATO-Programms „Partnerschaft für den Frieden“ erfüllt wurden. Im Zusammenhang mit der Polizeireform wird begrüßt, dass die Parlamente der Entitäten und des Gesamtstaats ein den Anforderungen der EU entsprechendes Übereinkommen über die Umstrukturierung der Polizei gebilligt haben, das nun ordnungsgemäß umzusetzen ist.

    Die ausstehenden Rechtsvorschriften zur Unterstützung der Rückkehr von Flüchtlingen wurden mittlerweile verabschiedet und der Rückführungsfonds ist nun funktionsfähig. Hinsichtlich der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen in die Gebiete, die sie vor dem Krieg bewohnten, wurden beträchtliche Fortschritte erzielt. Nun sollte der Schwerpunkt auf dem Abschluss dieses Prozesses und den Bemühungen um die Integration der Flüchtlinge in Wirtschaft und Gesellschaft liegen. Die Übertragung der Verantwortung für die Menschenrechtsgremien von der internationalen Gemeinschaft auf Bosnien und Herzegowina ist erheblich vorangekommen. Dennoch sind weiterer Fortschritte erforderlich, damit die internationalen Standards für die Menschen- und Minderheitenrechte erreicht werden können. In diesem Zusammenhang sollte besonders darauf geachtet werden, die Ethnien in den Schulen nicht zu trennen. Ferner sollten Anstrengungen unternommen werden, um die Integration der Roma-Minderheit zu verbessern.

    Die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wurde weiter verbessert, doch es bedarf weiterer Anstrengungen zur Gewährleistung einer uneingeschränkten Zusammenarbeit, damit alle Angeklagten vor Gericht gestellt werden können. Die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern war weiterhin konstruktiv. Dennoch sollte auf eine ordnungsgemäße Umsetzung der regionalen Freihandelsabkommen geachtet werden. Darüber hinaus sollte Bosnien und Herzegowina Anstrengungen unternehmen, um den noch nicht erfüllten Verpflichtungen aus dem Beitritt zum Europarat - insbesondere im Hinblick auf Wahlen und Bildung - Rechnung zu tragen.

    Die Wirtschaft Bosnien und Herzegowinas entspricht nur in begrenztem Maße marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Um die erheblichen Defizite bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit auszugleichen, sind weitere energische Reformen erforderlich.

    2004 trat eine Erholung des Wirtschaftswachstums und der industriellen Produktion ein. Bei einer weiterhin geringen Inflation konnten beträchtliche Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen verbucht werden. Insbesondere im Bereich der indirekten Steuern wurde eine weitere Harmonisierung zwischen den Entitäten erzielt, indem bestimmte Zuständigkeiten der Entitäten auf die Behörde für indirekte Steuern übertragen wurden, wodurch eine neue Plattform für die Zusammenarbeit geschaffen wurde. Im Hinblick auf eine stärkere finanz- und wirtschaftspolitische Koordinierung wurden weitere Anstrengungen wie die Einrichtung eines Nationalen Finanzrats unternommen. Zur Verbesserung des Wirtschaftsklimas wurden ebenfalls einige Maßnahmen ergriffen. Die Bankenintermediation wurde durch die weitere Verbesserung des rechtlichen Rahmens gestärkt.

    Die Arbeitslosigkeit und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte sind nach wie vor sehr hoch und werfen finanzpolitische Probleme auf. Im Hinblick auf die Wahrung der gesamtwirtschaftlichen Stabilität und der Tragfähigkeit des Currency Boards ist ein vorsichtiger makroökonomischer Policy-Mix unabdingbar. Zur Stärkung der produktiven Basis der Wirtschaft sind eine tief greifende Umstrukturierung des weitgehend Verlust schreibenden Unternehmenssektors und eine zügigere Privatisierung dringend erforderlich. Außerdem müssen unbedingt Maßnahmen zur Verringerung der allgegenwärtigen Eingriffe der Regierung in die Wirtschaft und zur Verbesserung des Wirtschaftsklimas ergriffen werden. Die Flexibilität des Arbeitsmarkts sollte gefördert und die Justiz, insbesondere bei der Behandlung von Insolvenzen und Eigentumsrechten, gestärkt werden. Bosnien und Herzegowina muss seine Koordinierungs- und Analysekapazitäten ausbauen und seine realen Staatsausgaben zurückfahren, damit es die finanzpolitischen Herausforderungen bewältigen kann. Diese schwierigen Aufgaben erfordern rasches Handeln und einen festen politischen Willen sowie die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Regierungsebenen.

    Seit dem letzten Bericht hat Bosnien und Herzegowina weitere Fortschritte bei der Angleichung an die europäischen Normen erzielt. Diese bestanden vor allem in der Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften und der Gründung einer Reihe neuer Institutionen. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Stärkung der Verwaltungskapazitäten ergriffen. Nun gilt es, nicht nachzulassen und die Umsetzungskapazitäten des Landes insbesondere im Hinblick auf ein künftiges Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen weiter zu erhöhen.

    Im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt hat Bosnien und Herzegowina mit der Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften über Standards, Zertifizierungen, Konformitätsbewertungen, allgemeine Produktsicherheit und Marktaufsicht Fortschritte im Bereich des freien Warenverkehrs erzielt. Diese neuen Rechtsvorschriften werden aber noch nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Das Personal und die technischen Mittel sind nach wie vor begrenzt, und die Exportkapazitäten des Landes werden weiterhin dadurch gehemmt, dass für die lokale Produktion keine Konformitätsbewertungen vorgenommen werden. In den Bereichen Personen- und Dienstleistungsverkehr und Niederlassungsfreiheit wurden bei den Dienstleistungen insbesondere mit dem Erlass von Rechtsvorschriften für den Versicherungssektor und der Einführung eines einheitlichen Registrierungssystems für Unternehmen weitere Fortschritte erzielt. Im Kapitalverkehr waren keine wichtigen Entwicklungen festzustellen.

    Im Bereich Zoll und Steuern hat Bosnien und Herzegowina mit der Verabschiedung neuer Zollvorschriften, der Einrichtung einer gemeinsamen Zollverwaltung und der Umstrukturierung der Zollbehörden Fortschritte erzielt. Es verabschiedete ein MwSt-Gesetz und traf Vorbereitungen für dessen Umsetzung, die jedoch ebenso wie die tatsächliche Erhebung der MwSt immer noch eine große Herausforderung darstellt. Bosnien und Herzegowina muss weitere Anstrengungen unternehmen, um die Steuereinnahmen zu erhöhen, um Steuerumgehung, Korruption und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen und um sicherzustellen, dass Fragen im Zusammenhang mit Freizonen, Zollwert und Ursprung gemäß den Rechtsvorschriften der EU behandelt werden. Insbesondere im Hinblick auf den Zollwert gibt die Nutzung von Preislisten Anlass zu ernsten Bedenken. Im Bereich Wettbewerb sind vor allem die Einrichtung des Wettbewerbsrats und die Verabschiedung eines neuen Wettbewerbsgesetzes hervorzuheben. Bezüglich der staatlichen Beihilfen sind keine wichtigen Entwicklungen zu verzeichnen. Die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen wurden weiter angeglichen. Nun sind weitere Anstrengungen erforderlich, um das Amt und die Aufsichtsbehörde für das öffentliche Auftragswesen einzurichten und diese funktionsfähig zu machen. Im Zusammenhang mit den Rechten an geistigem, gewerblichem und kommerziellem Eigentum sehen neue Rechtsvorschriften die Einrichtung eines eigenen Instituts für geistiges Eigentum vor. Bosnien und Herzegowina hat ein Kooperationsabkommen mit der Europäischen Patentorganisation unterzeichnet und Maßnahmen zur Bekämpfung der Produktpiraterie ergriffen. Die Um- und Durchsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutz des geistigen, gewerblichen und kommerziellen Eigentums ist aber nach wie vor begrenzt und muss verstärkt werden.

    Bosnien und Herzegowina hat auf dem Gebiet der sektorspezifischen Strategien seine Bemühungen um die Beseitigung der Hemmnisse für Unternehmen und die Umsetzung der Europäischen Charta für KMU fortgesetzt. Es fehlen jedoch weiterhin geeignete Strategien für die Sektoren Industrie und KMU . Auf dem Gebiet der Landwirtschaft wurden mit der Verabschiedung von Rechtsvorschriften zur Tier- und Pflanzengesundheit sowie zur Lebensmittelsicherheit einige Verbesserungen erreicht, aber eine übergeordnete politische Planung steht noch aus; einige der in den neuen Rechtsvorschriften vorgesehene Institutionen wurden nicht eingerichtet. Die Koordinierung zwischen dem Gesamtstaat und den Entitäten sowie zwischen den Entitäten sollte ebenfalls verbessert werden. Auf dem Gebiet der Umwelt hat Bosnien und Herzegowina verschiedene Maßnahmen in den Bereichen Luft, Wasser und Abfall ergriffen. Da nur wenig Personal und technische Mittel zur Verfügung stehen, können diese Maßnahmen jedoch nur in begrenztem Maße umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang sollte die Einrichtung einer gut ausgestatteten nationalen Umweltbehörde zu den Prioritäten zählen.

    Im Verkehrssektor werden weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastrukturen unternommen. So wurden Rechtsvorschriften für den Bahnverkehr verabschiedet und auch beim Luftverkehr sind positive Entwicklungen, unter anderem bezüglich der regionalen Zusammenarbeit, festzustellen. Es bedarf jedoch weiterer Anstrengungen zur Förderung der Strategieplanung, zur weiteren Verbesserung der Infrastrukturen und zur Gewährleistung der schrittweisen Angleichung der Rechtsvorschriften insbesondere bezüglich der technischen und sicherheitsrelevanten Standards, der sozialen Standards und der Liberalisierung des Marktes. Im Bereich Energie haben mit der Schaffung einer gesamtstaatlichen Regulierungsbehörde, eines unabhängigen Systembetreibers und einer nationalen Übertragungsgesellschaft positive Entwicklungen im Elektrizitätssektor eingesetzt. Beide Entitäten verabschiedeten Aktionspläne zur Umstrukturierung des Sektors und setzten ihre Zusammenarbeit zum Aufbau eines regionalen Energiemarktes fort. Nun sollte Bosnien und Herzegowina die Umsetzung der verschiedenen Aktionspläne sicherstellen, die Regulierungsstellen des Gesamtstaats und der Entitäten konsolidieren, die Reform des Gassektors beschleunigen und eine umfassende Energiepolitik vorbereiten. Bosnien und Herzegowina hat den Vertrag zur südosteuropäischen Energiegemeinschaft unterzeichnet.

    Bezüglich der Informationsgesellschaft und den Medien wurden Fortschritte erzielt. So wurden einige Maßnahmen zur Stärkung der Regulierungsbehörde für das Kommunikationswesen ergriffen, aber das Gesetz zur Einrichtung der Agentur für die Informationsgesellschaft wurde noch nicht verabschiedet. Die Liberalisierung der von Oligopolen beherrschten Festnetzdienste ist ebenfalls nicht vorangekommen. Die Verabschiedung des Gesetzes über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Fortschritte auf dem Weg zur Verabschiedung des gesamtstaatlichen Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten waren positive Entwicklungen. Die entsprechenden Rechtsvorschriften der Entitäten sollten unmittelbar nach der formellen Verabschiedung des gesamtstaatlichen Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erlassen werden.

    In den Bereichen Justiz, Freiheit und Sicherheit wurden Fortschritte im Hinblick auf Visumpflicht, Grenzkontrollen, Asyl und Migration erzielt. Bosnien und Herzegowina verabschiedete eine Strategie für die integrierte Grenzverwaltung und ergriff Maßnahmen, um die illegale Migration einzudämmen und die Effizienz bei der Visaerteilung zu erhöhen. Bislang von internationalen Stellen wahrgenommene Aufgaben im Zusammenhang mit Asylfragen werden nach und nach von den gesamtstaatlichen Behörden übernommen. Die ordnungsgemäße Ausführung der Aufgaben ist jedoch durch Personalengpässe des Ministeriums für Sicherheit gefährdet. Die Zahl der an den Grenzen ausgestellten Visa sollte ebenfalls gesenkt werden. Die Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Einrichtung der erforderlichen Strukturen sind als positive Schritte zu verzeichnen. Nun gilt es, die ordnungsgemäße Um- und Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften sicherzustellen. In der Drogenbekämpfung konnte nur wenig erreicht werden. Bosnien und Herzegowina sollte eine gesamtstaatliche Drogenbekämpfungspolitik entwickeln, geeignete Rechtsvorschriften über Drogen und Drogenausgangsstoffe verabschieden und eine nationale Stelle für Betäubungsmittel einrichten, um die Wirksamkeit seiner Drogenbekämpfungsmaßnahmen zu erhöhen.

    Im Zusammenhang mit der Polizei waren Fortschritte möglich. So wurde nicht nur ein Übereinkommen über eine umfassende Polizeireform erzielt, sondern es wurden auch einsatzfähige Einrichtungen auf gesamtstaatlicher Ebene geschaffen. Die Nachrichtendienste wurden zusammengelegt, geschult und mit den erforderlichen Ausstattungen versehen. Im Rahmen der Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Terrorismus wurde eine Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels verabschiedet. Die diesbezüglichen Strategien, Rechtsvorschriften und Strukturen wurden weiter entwickelt, und das Land arbeitete bei der Terrorismusbekämpfung gut mit der internationalen Gemeinschaft zusammen. Bosnien und Herzegowina muss seine Anstrengungen aber weiter verstärken, zumal das organisierte Verbrechen eine große Gefahr für die Stabilität und die gesamte sozioökonomische Entwicklung des Landes darstellt. Rechtsvorschriften über den Datenschutz stehen noch aus und sollten unverzüglich verabschiedet werden. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Gesetze und die Strafverfolgung von Straftätern sind von allergrößter Bedeutung.

    Kroatien

    Kroatien hat keine nennenswerten Schwierigkeiten bei der Erfüllung der eine Mitgliedschaft bedingenden politischen Kriterien . Die seit der Stellungnahme[13] aufgetauchten Probleme bezüglich der vollen Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien haben sich inzwischen erledigt. Insgesamt gesehen ist Kroatien in seinen Reformen gut vorangekommen, doch in einigen wichtigen Bereichen sind noch weitere erhebliche Anstrengungen vonnöten.

    Im Justizwesen sind Fortschritte zu verzeichnen, zu denen auch die Verabschiedung einer Strategie für die Justizreform und verschiedene verfahrenstechnische und organisatorische Verbesserungen zählen, doch Umfang und Vielfalt der in diesem Bereich zu bewältigenden Aufgaben bedürfen eines fortgesetzten entschlossenen Einsatzes, damit der enorme Rückstau unerledigter Strafsachen abgebaut und ein adäquater Urteilsvollzug gewährleistet werden kann. Bei der gerichtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechen hat es Verbesserungen gegeben, doch eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber Angeklagten serbischer Volkszugehörigkeit besteht nach wie vor.

    Bei der Schaffung des bisher fehlenden Rechts- und Verwaltungsrahmens wurden zwar gewisse Fortschritte erzielt, doch gegen die Kroatien nach wie vor ernsthaft belastende Korruption muss noch viel energischer vorgegangen werden.

    Die Menschenrechte und Minderheitenrechte sind inzwischen in geeigneter Form gesetzlich geschützt. Die Lage der Minderheiten hat sich seit der Stellungnahme generell weiter verbessert, doch die Umsetzung des Verfassungsgesetzes über die Rechte nationaler Minderheiten nimmt einen ausgesprochen zögerlichen Verlauf. Serben und Roma sind nach wie vor Diskriminierungen ausgesetzt, und es muss mit besonderer Dringlichkeit daran gearbeitet werden, dass ihre Beschäftigungsperspektiven besser werden und dass die Akzeptanz in der Mehrheitsbevölkerung zunimmt. Es ist vor allem zu gewährleisten, dass alle ethnisch motivierten Vorkommnisse ordnungsgemäß recherchiert und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

    Im Zusammenhang mit den regionalen Angelegenheiten hat es zwar gute Fortschritte bei der Rückführung der Flüchtlinge und insbesondere bei der Rückübertragung und dem Wiederaufbau von Wohnungen gegeben, doch gleichzeitig wurde eine Reihe von Fristen nicht eingehalten. Die Verwirklichung von Programmen zur Unterbringung von Personen, die vor Flucht und Vertreibung Inhaber von Eigentums- bzw. Wohnrechten waren, ist besonders stark in Verzug geraten. Die Schaffung der für eine dauerhafte Rückführung der Flüchtlinge erforderlichen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen muss beschleunigt werden. Bei der Zusammenarbeit mit den Staaten der Region hat es gute Fortschritte gegeben, und zwar sowohl bilateral als auch im Zusammenhang mit Initiativen, die die gesamte Region betreffen. Kroatien hat den Vertrag über die Gründung der Südosteuropäischen Energiegemeinschaft unterzeichnet. Es bedarf jedoch noch ernster Anstrengungen zur endgültigen Lösung aller offenen bilateralen Fragen, namentlich was die Grenzen anbelangt sowie alle noch offenen Eigentumsfragen. Nach der Verabschiedung der Stellungnahme sind Probleme hinsichtlich der Einhaltung der Auflage einer uneingeschränkten Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien aufgetaucht, die dann prompt zu einer Vertagung des Beginns der Beitrittsverhandlungen geführt haben, die normalerweise im März 2005 aufgenommen worden wären. Inzwischen hat sich die Lage verbessert, so dass die Hauptanklägerin des Jugoslawientribunals am 3. Oktober 2005 feststellen konnte, dass Kroatien nunmehr uneingeschränkt mit dem Tribunal zusammenarbeitet. Noch am selben Tage stellte dann auch der Rat fest, dass nun sämtliche Bedingungen für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen erfüllt sind und leitete diese in aller Form ein. Der Rat bekräftigte jedoch in seinen Schlussfolgerungen, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Jugoslawientribunal während des gesamten Beitrittsprozesses die conditio sine qua non für die Fortführung der Verhandlungen bleibt und dass bei Nichterfüllung dieser Vorbedingung die Verhandlungen jederzeit ausgesetzt werden können.

    Kroatien erfüllt die wirtschaftlichen Kriterien und ist als funktionierende Marktwirtschaft zu betrachten. Das Land dürfte mittelfristig in der Lage sein, in der Union im Wettbewerb zu bestehen und sich den Marktkräften gewachsen zu zeigen, vorausgesetzt, es fährt in der Verwirklichung seines Reformprogramms fort und beseitigt verbleibende Schwachstellen. Allem Anschein nach herrscht weiterhin politischer Konsens in Bezug auf die konstituierenden Elemente einer marktorientierten Volkswirtschaft. Eine stabilitätsbewusste makroökonomische Strategie hat dazu beigetragen, dass die Inflation relativ niedrig und der Wechselkurs der Kuna stabil blieben. Das beträchtliche Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit konnte reduziert werden, und es wurden einige Maßnahmen getroffen, um die Ausgaben im Gesundheitswesen und bei den Renten stärker unter Kontrolle zu halten. Bei den Privatisierungen hat sich 2005 wieder Einiges bewegt, und die Gewerbeanmeldungs- und Grundbucheintragungsverfahren konnten vereinfacht werden. Der Bankensektor setzt seine Expansion fort, und die Bankenaufsicht wurde verstärkt. Dank erheblicher Investitionen in den Autobahnbau ist das Straßennetz besser geworden. Der Telekommunikationssektor wurde weiter liberalisiert, und durch das Vordringen privater Dienstleister in den Sektor wurde die Infrastrukturentwicklung positiv beeinflusst. Wichtige erste Schritte wurden bei der Umstrukturierung des mit Verlust arbeitenden Bahnwesens eingeleitet. Die kroatische Volkswirtschaft ist inzwischen weitgehend in die Wirtschaft der EU integriert, und auch die regionale Handelsintegration hat hinzugewonnen.

    Die erhebliche außenwirtschaftliche und finanzielle Schieflage birgt Risiken für die makroökonomische Stabilität. Aus diesem Grund muss die Konsolidierung der Staatsfinanzen verstärkt vorangetrieben und durch Strukturmaßnahmen insbesondere im Bereich der staatlichen Beihilfen und der Sozialleistungen wirksam untermauert werden. Eine stärkere Entfaltung des Privatsektors und ein stärkerer Zufluss ausländischer Direktinvestitionen wurden durch unübersichtliche Vorschriften, Mängel in der öffentlichen Verwaltung und im Justizwesen sowie durch schwerfällige Marktzutritts- und Marktaustrittsprozeduren behindert. Eine nur wenig leistungsfähige Justiz steht der Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum und der Gläubigerrechte weiterhin im Wege. Staatlicher Interventionismus in der Wirtschaft ist immer noch sehr präsent, und im Zusammenhang mit der Umstrukturierung von staatlichen Großbetrieben – namentlich der Schiffswerften sowie im Stahl- und Energiesektor – hat es nur geringe Fortschritte gegeben. Die Einführung einer rigoroseren Finanzdisziplin in den staatseigenen Betrieben bleibt auch weiterhin eine der großen Aufgaben der Wirtschaftspolitik. Mit Blick auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und einer Verbesserung der Aussichten auf eine nachhaltige Investitionstätigkeit und stetiges Wachstum muss Kroatien entschlossen daran gehen, die festgestellten Mängel zu beheben und die Probleme zu beseitigen.

    In Bezug auf seine Fähigkeit, die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen , hat Kroatien seit der Stellungnahme einige Fortschritte gemacht, und zwar namentlich in Bezug auf eine Angleichung an den gemeinschaftlichen Besitzstand in Bereichen wie freier Warenverkehr, öffentliches Auftragswesen sowie Informationsgesellschaft. Gute Fortschritte hat es zudem in den Bereichen Bildung, Kultur sowie Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik gegeben.

    Kroatien muss die Rechtsangleichung in sämtlichen Bereichen fortsetzen und seinen Verwaltungs- und Justizapparat ausbauen, damit der gemeinschaftliche Besitzstand in wirksamer Weise umgesetzt werden kann. In vielen Bereichen lässt die Rechtsumsetzung noch zu wünschen übrig, und Verwaltungskapazitäten stehen nicht in allen Bereichen in erforderlichem Umfang zur Verfügung.

    In nachstehenden Bereichen sind erhöhte Anstrengungen bei der Angleichung an das EU-Recht und mit Blick auf eine lückenlose Rechtsumsetzung erforderlich: freier Kapitalverkehr, Gesellschaftsrecht, Informationsgesellschaft und Medien, Fischerei, Verkehr, Energiewirtschaft, Verbraucherschutz und Gesundheitsschutz, Zollunion und Finanzkontrolle.

    Kroatien muss noch erhebliche und nachhaltige Anstrengungen bei der Angleichung an den gemeinschaftlichen Besitzstand und mit Blick auf dessen lückenlose Umsetzung in folgenden Bereichen unternehmen: freier Warenverkehr, öffentliches Auftragswesen, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit, Finanzdienstleistungen, Wettbewerb, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Lebensmittelsicherheit, Steuern, Sozialpolitik und Beschäftigung, Regionalpolitik, Rechtsprechung und Grundrechte sowie Justiz, Freiheit und Sicherheit.

    Ganz erheblicher Anstrengungen bedarf es im Umweltschutz, in dem auch umfangreiche Investitionen sowie erhebliche Anstrengungen bei der Stärkung des für die Durchsetzung des EG-Rechts erforderlichen Verwaltungsapparats erforderlich sind.

    Serbien und Montenegro

    Im Hinblick auf die politische Lage und die Lage der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Serbien und Montenegro ist die Rechtssicherheit – auch in Bezug auf die Verfassung – weiterhin labil. Während die Legitimität des Parlaments der Staatsunion wiederhergestellt und die Funktionsfähigkeit des serbischen Parlaments durch die Verabschiedung einer neuen Geschäftsordnung verbessert wurde, wird die Funktionsweise der demokratischen Institutionen allgemein durch strukturelle Schwächen beeinträchtigt. Bei der Revision der Verfassungen der beiden Teilrepubliken waren keine konkreten Fortschritte zu verzeichnen.

    In Serbien und Montenegro sollten die verfassungsrechtlichen Fragen insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zwischen den beiden Teilrepubliken und die Funktionsweise der Institutionen der Staatsunion im Geiste der konstruktiven Zusammenarbeit und unter uneingeschränkter Achtung der Verfassungscharta in Angriff genommen werden. Dies gilt auch für ein mögliches Referendum über die Unabhängigkeit einer der beiden Teilrepubliken. Ein solches Referendum muss mit den international anerkannten demokratischen Normen und in den in Kürze zu erwartenden Empfehlungen der Venedig-Kommission im Einklang stehen.

    In beiden Teilrepubliken sind in Bezug auf den rechtlichen Rahmen der Reform der öffentlichen Verwaltung zwar Fortschritte zu verzeichnen, doch die Umsetzung dieser Reform steckt noch in den Anfängen. Bei der Reform der öffentlichen Verwaltung auf der Ebene der Staatsunion gab es keine Fortschritte. Die Leistungsfähigkeit der Verwaltung ist weiterhin gering. Die im Hinblick auf die Verhandlungen über ein SAA erforderlichen Verwaltungsstrukturen wurden sowohl auf der Ebene der Staatsunion als auch auf der Ebene der Teilrepubliken eingerichtet.

    Die Reform der Streitkräfte stößt weiterhin auf große Hindernisse, die auf eine unzulängliche demokratische Kontrolle und ein wenig transparentes Finanzmanagement zurückzuführen sind.

    Der Gerichtshof der Staatsunion hat zwar seine Arbeit aufgenommen, zeichnet sich jedoch durch mangelnde Kapazitäten aus. Die Vereinbarung über seinen Zuständigkeitsbereich wurde bisher kaum auf die Probe gestellt. Die Übertragung von Zuständigkeiten von den militärischen auf die zivilen Gerichte erfolgte mit Ausnahme des erheblichen Rückstaus an Verwaltungssachen reibungslos. Das Justizwesen zeichnet sich insbesondere in Serbien durch erhebliche Schwächen aus, seine Unabhängigkeit wird durch übermäßige politische Einflussnahme beeinträchtigt.

    Die Korruption gibt nach wie vor Anlass zu ernster Sorge. Einige Fortschritte brachte die Entwicklung von Korruptionsbekämpfungsstrategien, die nun – in Serbien – fertig gestellt und umgesetzt werden müssen.

    In Bezug auf die Achtung der Menschenrechte ist Serbien und Montenegro - vor allem durch die Ernennung eines Regierungsvertreters beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - bei der Umsetzung der beim Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtungen vorangekommen. In Bezug auf Meinungsfreiheit und Zivilgesellschaft waren Probleme zu verzeichnen. Auch Fälle von Misshandlung durch die Polizei wurden gemeldet. Bei der Aufklärung von Verbrechen, die unter dem alten Regime begangen wurden, gab es kaum Fortschritte. Das Land verfügt weiterhin nicht über ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz. Bei der Achtung der Minderheitenrechte waren gewisse Fortschritte zu verzeichnen, doch kommt es nach wie vor zu Zwischenfällen.

    Im Vorfeld der Veröffentlichung des Kommissionsberichts über die Fähigkeit des Landes zur Aushandlung eines SAA arbeitete Serbien und Montenegro vor allem durch die Überstellung zahlreicher Angeklagter nach Den Haag in erheblichem Umfang mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zusammen. Seitdem setzte sich die gute Zusammenarbeit vor allem in Bezug auf die Einstellung der Strafverfolgung bei Zeugen und den Zugang zu Dokumenten fort, sie wird allerdings gelegentlich durch Teile der Verwaltung und Armee behindert. Auch bei der Verfolgung flüchtiger Straftäter wurden weitere, wenn auch begrenzte Fortschritte erzielt. Diese Fortschritte müssen fortgesetzt werden, bis die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Gerichtshofshof gewährleistet ist.

    Im Hinblick auf die Einhaltung der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats zu Kosovo hat Belgrad den Dialog mit Pristina zu technischen Fragen von gemeinsamem Interesse verstärkt. Doch es hat die Kosovo-Serben nicht aktiv zur Beteiligung an den Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen ermutigt. Das konstruktive Engagement Belgrad in der Kosovo-Frage wird die europäische Perspektive Serbien und Montenegros fördern, eine Obstruktionspolitik könnte zum Hindernis werden.

    Trotz gelegentlich auftretender Probleme entwickelte sich die regionale Zusammenarbeit auf bi- und multilateraler Ebene weiter positiv.

    In beiden Teilrepubliken funktioniert die Wirtschaft in gewissem Maße nach marktwirtschaftlichen Prinzipien. Weitere energische Reformschritte sind erforderlich, um die vorhandenen Defizite in Bezug auf den Wettbewerb zu überwinden.

    In der ersten Jahreshälfte verzeichnete Serbien eine vergleichsweise lebhafte Wirtschaftsaktivität. Die restriktive Finanzpolitik wurde aufgrund der starken Binnennachfrage und des verbesserten Steuervollzugs fortgesetzt. Das Außenhandelsdefizit ging in der ersten Jahreshälfte 2005 zurück, während die Devisenreserven anstiegen. Der Abschluss der Verhandlungen mit dem Londoner Club der kommerziellen Gläubiger 2004 hat zur Verringerung der Auslandsschulden beigetragen. Die Strukturreformen gewannen erneut an Dynamik, vor allem bei der Umstrukturierung und Privatisierung des Bankenwesens wurden weitere Fortschritte erzielt.

    Bei den Bemühungen der Regierung um makroökonomische Stabilisierung ergibt sich ein gemischtes Bild. Der Inflations- und Lohndruck ist gestiegen und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte bleiben groß. Auch die Arbeitsmärkte weisen erhebliche Ungleichgewichte auf. Bürokratische Hürden behindern die Unternehmenstätigkeit, und die wirtschaftliche Entwicklung wird durch die Trägheit und Ineffizienz des Justizwesens beeinträchtigt. Der Anteil des Privatsektors am BIP ist nach wie vor relativ klein und der Wettbewerb gering. Trotz Fortschritten bei der Privatisierung ist bisher kein wettbewerbsfähiger, dynamischer Privatsektor entstanden. Der öffentliche Sektor nimmt weiterhin einen Großteil der Ressourcen in Anspruch und behindert dadurch das freie Spiel der Marktkräfte und eine effiziente Ressourcenzuteilung. Die Verluste der staatlichen und volkseigenen Unternehmen belasten weiterhin den öffentlichen Haushalt.

    Montenegro verzeichnete ein verstärktes Wirtschaftswachstum. Die Inflation ging weiter zurück, und die Preisliberalisierung wurde weitgehend abgeschlossen. Auch die Privatisierung ist vorangeschritten. Die Arbeitslosenquote ging leicht zurück. 2004 war auch ein Rückgang des Haushaltsdefizits zu verzeichnen. Die bisher niedrige Darlehenstätigkeit der Banken hat aufgrund des erneuten Vertrauens in den Bankensektor zugenommen.

    Trotzdem sind die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte gewachsen und die Auslandschulden weiter angestiegen. Der Anteil des Privatsektors am BIP ist nach wie vor relativ gering. Die Defizite des Justizwesens beeinträchtigen weiterhin die Entwicklung des Privatsektors. Das starke Lohnwachstum wirkte sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft und auf die Beschäftigung aus.

    Bei der Erfüllung europäischer Normen ist Serbien und Montenegro vorangekommen. In Bezug auf den Binnenmarkt haben beide Teilrepubliken insgesamt bedeutende Fortschritte erzielt. Sie müssen nun ihre Anstrengungen konsequent fortsetzen, um mit Blick auf künftige Verpflichtungen im Rahmen eines SAA die Leistungsfähigkeit von Verwaltung und Justiz weiter zu steigern. Sie müssen den Aufbau neuer gegenseitiger Barrieren vermeiden.

    Beide Teilrepubliken machen in Bezug auf den freien Warenverkehr gewisse Fortschritte. Im Bereich der Normung und Zertifizierung waren keine besonderen Entwicklungen zu verzeichnen. Dies gilt auch für Freizügigkeit und Niederlassungsrecht . In Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit erzielte Serbien mit der Verabschiedung eines Gesetzespakets im Bereich der Finanzdienstleistungen erhebliche Fortschritte. Beide Teilrepubliken verzeichneten begrenzte Fortschritte im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr . In Montenegro wurden ein neues Devisengesetz sowie ein Gesetz über den ausländischen Leistungs- und Kapitalverkehr verabschiedet, mit denen der Kapitalverkehr weiter liberalisiert wurde. Bei der Gewährleistung des freien Kapitalverkehrs innerhalb der Staatsunion wurden keine Fortschritte erzielt, weil sich die Zentralbanken der beiden Teilrepubliken nicht auf ein System korrespondierender Konten einigen konnten.

    Im Zollbereich werden gewisse Fortschritte gemeldet. Serbien verabschiedete Änderungen des Zollgesetzes und des Zolltarifgesetzes, mit denen die Nomenklatur der Zolltarife mit der kombinierten Nomenklatur der EU in Einklang gebracht wurde. Montenegro verabschiedete Änderung des Zollgesetzes und des Zolldienstleistungsgesetzes. Die administrative Leistungsfähigkeit der Zollverwaltungen der beiden Teilrepubliken steigt zwar, bedarf jedoch einer weiteren erheblichen Stärkung. Im Bereich des Wettbewerbs haben beide Teilrepubliken neue Kartellgesetze verabschiedet und Strukturen zur Überwachung der staatlichen Beihilfen eingerichtet. Zur Gewährleistung der vollen Funktionsfähigkeit der von beiden Teilrepubliken geschaffenen Mechanismen zur Kontrolle von Kartellen und staatlichen Beihilfen sind allerdings weitere Anstrengungen erforderlich. Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe waren in Serbien keine rechtlichen oder verwaltungstechnischen Entwicklungen zu verzeichnen. Montenegro hat dadurch begrenzte Fortschritte erzielt, dass die Beschaffungsbestimmungen auf die Institutionen der Staatsunion ausgedehnt wurden. Die zur Anwendung und Durchsetzung des Beschaffungsrechts erforderlichen Verwaltungskapazitäten müssen vor allem im Montenegro wesentlich gestärkt werden. Beide Teilrepubliken sollten dafür sorgen, dass Wirtschaftsteilnehmern aus der einen Teilrepublik in der jeweils anderen Teilrepublik die Inländerbehandlung zuteil wird und dass die Institutionen der Staatsunion den gesetzlichen Beschaffungsbestimmungen unterliegen. In Bezug auf die Rechte an geistigem Eigentum verzeichneten beide Teilrepubliken in rechtlicher Hinsicht einige Fortschritte. Montenegro verabschiedete ein Rahmengesetz zum Schutz von Rechten an geistigem Eigentum. Die Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum verbessert sich allmählich, doch hier sind weitere energische Maßnahmen erforderlich. Die Rolle des auf der Ebene der Staatsunion eingerichteten Amts für geistiges Eigentum muss von den beiden Teilrepubliken uneingeschränkt anerkannt werden. Dieses Amt muss mit den Verwaltungsressourcen ausgestattet werden, die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendig sind.

    In Bezug auf die Sektorpolitik waren einige Fortschritte zu verzeichnen, die jedoch von Sektor zu Sektor unterschiedlich ausfielen. Im Hinblick auf die Industrie und die Klein- und Mittelunternehmen kamen beide Teilrepubliken bei der Umsetzung der Europäischen Charta für Klein- und Mittelunternehmen voran. Auch im Bereich der Landwirtschaft waren einige Fortschritte zu verzeichnen. Serbien hat insbesondere die Verwaltungskapazitäten des Landwirtschaftsministeriums weiter gestärkt und neue Rahmengesetze im Bereich der Veterinärmedizin verabschiedet. Im Umwelt bereich erzielten beide Teilrepubliken begrenzte Fortschritte. Insbesondere verabschiedete Montenegro ein Gesetz zur integrierten Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung. Auch im Verkehrs bereich erzielten beide Teilrepubliken insbesondere durch Beteiligung am südosteuropäischen regionalen Kernverkehrsnetz gewisse Fortschritte. Im Energie bereich kamen beide Teilrepubliken voran. In Serbien nahm die Energieagentur ihre Arbeit auf und die Strategie zur Entwicklung der Energiewirtschaft bis zum Jahr 2015 wurde verabschiedet. Die Entflechtung des staatlichen Stromversorgers wurde fortgesetzt. In Montenegro wurden einige Fortschritte bei der Umstrukturierung des Elektrizitätssektors erzielt. Serbien und Montenegro haben den Vertrag zur Gründung der südosteuropäischen Energiegemeinschaft unterzeichnet.

    In Bezug die Zivilgesellschaft und die Medien waren einige Fortschritte zu verzeichnen. In Serbien wurde das Festnetzmonopol aufgehoben, doch konnte die Telekommunikationsagentur aufgrund mangelnder Finanzen noch immer nicht ihre Arbeit aufnehmen. In Montenegro wurde die Privatisierung des Festnetzanbieters abgeschlossen. Im Bereich der audiovisuellen Medien waren in Serbien keine Fortschritte zu verzeichnen. Dort wurde das Rundfunkgesetz geändert, um die Frist für die Umwandlung des staatlichen Rundfunks in eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt zu verlängern und die Privatisierung der von den Kommunen betriebenen Rundfunkanstalten zu verschieben. In Montenegro führte der Rundfunkrat eine Ausschreibung für die Erteilung von Lizenzen zur Frequenznutzung durch.

    In Hinblick auf Justiz, Freiheit und Sicherheit waren in den Bereichen, in denen die Zuständigkeiten zwischen der Staatsunion und den Teilrepubliken aufgeteilt sind, keine Fortschritte zu verzeichnen. Die Teilrepubliken verfügen weiterhin über unterschiedliche Visa regelungen. In den beiden Teilrepubliken sind die nationalen Strategien zum integrierten Grenzschutz immer noch erst in Vorbereitung, in Serbien wurde die Übertragung des Grenzschutzes von der Armee der Staatsunion auf die Polizei aufgeschoben. Im Bereich des Asylrechts haben die beiden Teilrepubliken noch immer nicht die zur Umsetzung des Rahmengesetzes der Staatsunion erforderlichen Gesetze verabschiedet. Im Hinblick auf die Migration müssen die Rückübernahmeabkommen vollständig durchgesetzt werden.

    In den Bereichen, die in die ausschließliche Kompetenz der Teilrepubliken fallen, waren bei den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche einige Fortschritte zu verzeichnen. In Bezug auf die Reform der Polizei kam Montenegro durch die Verabschiedung von Gesetzen über die Polizei und die Sicherheitsdienste weiter voran. In Serbien wurden die neuen Gesetze über Polizei und Sicherheitsdienste noch nicht verabschiedet. In beiden Teilrepubliken gibt die organisierte Kriminalität weiterhin Anlass zu ernsthafter Besorgnis. In Montenegro wurde eine Strategie zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität verabschiedet.

    Kosovo

    Die politische Situation in Kosovo war während der Parlamentswahlen wie auch in der anschließenden Phase der Bildung einer Regierungskoalition stabil und wurde auch durch die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und durch den freiwilligen Amtsverzicht des früheren Regierungschefs nicht beeinflusst. Die Leistungsfähigkeit der vorläufigen Selbstverwaltungsinstitutionen ist allerdings infolge erheblicher Defizite auf demokratischer Ebene sowie der mangelnden Arbeitseffizienz noch geschwächt.

    Die Beziehungen zwischen Kosovoserben und Kosovoalbanern sind weiterhin angespannt. Mit ihrem Wahlboykott im Jahr 2004 beraubten sich die Kosovoserben der Möglichkeit, die legitimen Anliegen ihrer Gemeinschaft mit demokratischen Mitteln umzusetzen. Gleichzeitig gelang es der kosovoalbanischen Mehrheit nicht, die notwendigen Voraussetzungen für eine konstruktive Beteiligung der Kosovoserben an den politischen Prozessen zu schaffen. Die Reform der lokalen Selbstverwaltung ist durch diese Situation ernsthaft behindert worden.

    Die Rechtsstaatlichkeit muss in allen Bereichen erheblich gestärkt werden. Ein Problem stellt hierbei die Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die in Kosovo geltenden Gesetze dar. Vor einer besonderen Aufgabe steht die Justizverwaltung, da sich der Rückstand unbearbeiteter Fälle ständig vergrößert. Um die vollständige Durchsetzung von geltenden Gesetzen – insbesondere über die Rechte an geistigem Eigentum sowie über die Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Finanzkriminalität – zu erreichen, müssen die Rechtsinstitutionen und die Strafverfolgungsbehörden umfassend gestärkt werden. Korruption ist allgegenwärtig und es fehlt an kohärenten und konsequenten Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung.

    Die Verwaltungskapazität des Kosovo ist nach wie vor nur sehr gering entwickelt. Die öffentliche Verwaltung arbeitet uneffizient, unterliegt politischer Einflussnahme und entscheidet nicht immer angemessen. Es existieren Rechtsgrundlagen für den öffentlichen Dienst und für die öffentliche Finanzverwaltung, aber die Tätigkeit dieser Behörden ist dennoch von fehlender Transparenz und Rechenschaftslegung geprägt. Die Koordinierung durch die Regierung muss ausgebaut werden und auch die Beziehungen zwischen der Zentralebene und den Gemeindeebenen sind konkreter zu formulieren. Die Verbesserung des Angebots des öffentlichen Dienstes für alle Gemeinden genießt große Priorität, um nicht zuletzt den Bedarf an Dienstleistungen zu verringern, die von Parallelstrukturen angeboten werden und in den von Kosovoserben dominierten Gemeinden weiterhin existieren.

    Weitere Fortschritte bei der Ausweitung der freien Meinungsäußerung sind mit der Schaffung des regulatorischen Rahmens für unabhängige Medien und mit der Gründung zweier neuer akademischer Institutionen zur Förderung eines anspruchsvollen Journalismus erreicht worden. Ein Antidiskriminierungsgesetz wurde angenommen und muss nunmehr vollständig umgesetzt werden, um die Rechte der am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen, insbesondere von Frauen und Kindern, zu wahren. Beim Schutz der Menschenrechte und beim Minderheitenschutz spielt die Ombudsstelle weiterhin eine entscheidende Rolle.

    Einige weit reichende Anstrengungen wurden unternommen, um Passagen über die Verurteilung von Gewaltakten gegen Minderheiten und über die bessere Repräsentation von Minderheiten in die kosovarische Verfassung aufzunehmen und damit Flüchtlinge zur Rückkehr zu ermutigen. Bisher blieb es jedoch bei Absichtserklärungen, deren praktische Umsetzung, insbesondere auf lokaler Ebene, noch aussteht, so dass die Lage ethnischer Minderheiten weiterhin äußerst schwierig bleibt. In der Zentralverwaltung und auch in den Gemeindeverwaltungen ist die Verwendung der Minderheitensprachen ungenügend, was die Beteiligungsmöglichkeiten der jeweiligen Sprecher an Institutionen stark einschränkt. Ferner stellt der Zugang von Minderheiten zu öffentlichen Dienstleistungen ein Problem dar. Der Anteil von Rückkehrern ist – angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen – sehr gering. Die Unsicherheit bezüglich des künftigen Status des Kosovo, Sicherheitsbedenken und schlechte Beschäftigungsaussichten wirken sich negativ auf die Rückkehr von Kosovoserben und Angehörigen anderer Gemeinschaften aus. Besondere Aufmerksamkeit muss der Gewährleistung eines dauerhaften Lebensunterhalts aller bereits in Kosovo lebenden Minderheiten gewidmet werden. Insbesondere bei der Situation der Roma, Ashkalija und der ägyptischen Bevölkerungsgruppen, vor allem derjenigen, die unter prekären gesundheitlichen Bedingungen leben, besteht dringender Handlungsbedarf.

    Der technische Dialog mit Belgrad wurde wieder aufgenommen und die Einbindung des Kosovo in Initiativen zur regionalen Zusammenarbeit ist verbessert worden.

    Die Eröffnung der Gespräche über den künftigen Status des Kosovo stellt die gesamte Region vor große Herausforderungen. Das deutliche Bekenntnis aller Akteure zu einem multi-ethnischen, stabilen und demokratischen Kosovo ist die Grundlage für eine dauerhafte Lösung, die die Sicherheit und Stabilität in der Region erhöhen und sie auf dem Weg in die EU weiter voranbringen wird.

    Die Wirtschaft in Kosovo kann sich auf allmählich entstehende und funktionierende marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen stützen. Weitere intensive Reformanstrengungen sind notwendig, um den erheblichen Wettbewerbsdefiziten der Wirtschaft zu begegnen.

    Die Währungsstabilität wird durch die Verwendung des Euro als Hauptzahlungsmittel gestärkt. Im zweiten Halbjahr 2004 und im ersten Halbjahr 2005 war die Inflation negativ. Die Strukturreformen wurden vorangebracht: So wurde seit Mitte 2004 insbesondere die Privatisierung von Genossenschaften beschleunigt. Zwei staatliche Unternehmen wurden in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die Verwaltung setzt ihren liberalen Handels- und Arbeitsmarktkurs fort und gewährleistet einen relativ offenen Marktzugang und ein insgesamt günstiges Klima für Unternehmer. Im Zuge der beschleunigten Privatisierung erfolgten begrenzte ausländische Direktinvestitionen.

    Das Wirtschaftswachstum ist eher schwach und wird durch den Rückgang der Unterstützung ausländischer Geber und die fehlende Dynamik der Wirtschaft verlangsamt. Die Arbeitslosigkeit verharrt weiter auf sehr hohem Niveau, und auch das aktuelle Leistungsbilanzdefizit ist beträchtlich. Die ergriffenen Maßnahmen waren nicht immer angemessen: So führten umfangreiche Ausgabensteigerungen zu einer beträchtlichen Staatsverschuldung im Jahr 2004. Die Umstrukturierung der Elektrizitätsgesellschaft wurde verschoben, da die Mittel für die erforderlichen Investitionen nicht aufgebracht werden konnten. Die Gewährleistung der Rechte an geistigem Eigentum bleibt weiterhin eine große Herausforderung. Die Rechtsunsicherheit sowie Schwächen bei der Rechtsumsetzung und der Vertragsdurchsetzung beeinträchtigen weiterhin die Entwicklung des Privatsektors und private Investitionen. Der Marktaustritt gestaltet sich schwierig und langwierig, was hauptsächlich auf Mängel der Judikative zurückzuführen ist. Die Wirtschaftstätigkeit wird durch unzureichende grundlegende Infrastrukturen weiter behindert. Der Anstieg der Reallöhne hat die Exportwettbewerbsfähigkeit des Kosovo gemindert.

    Kosovo hat in vielen Bereichen Fortschritte bei der Angleichung an europäische Normen erreicht, wobei die Fortschritte allerdings sehr uneinheitlich sind.

    Neue Gesetze und Strategien werden nunmehr bei der Konzeption und im frühen Entwurfsstadium in den Fachministerien und durch das Amt für Europäische Integration umfassend auf ihre Vereinbarkeit mit EU-Bestimmungen geprüft. In sieben Ministerien sind Abteilungen für die EU-Integration geschaffen worden, von denen einige durch ausländische Sachverständige unterstützt werden. Der Mangel an qualifizierten inländischen Sachverständigen für EU-Recht stellt ein Hindernis dar. Auch bei der Übersetzung der neuen Rechtsbestimmungen traten Probleme auf. Trotz aller erreichten Fortschritte sind weder die Strukturen des öffentlichen Dienstes gefestigt worden noch ist der Parlamentsausschuss für internationale Zusammenarbeit und EU-Integration uneingeschränkt arbeitsfähig.

    Im Bereich des Binnenmarkts wurden mit der Annahme neuer Rechtsbestimmungen einige Fortschritte erreicht. Das überarbeitete Gesetz über das öffentliche Auftragswesen basiert nunmehr auf EU-Regeln; es befindet sich derzeit zur Lesung im Parlament. Keine Fortschritte sind im Bereich der Rechte an geistigem Eigentum zu verzeichnen. Positive Entwicklungen wurden im Bereich Zoll hauptsächlich bei der Umsetzung des integrierten Zolltarifs für Kosovo und beim Zollkodex erzielt. Einige Fortschritte wurden im Bereich Steuern erreicht, wo die Angleichung an den gemeinschaftlichen Besitzstand vorankommt. Im Jahr 2005 hat Kosovo ein vereinfachtes System mit zwei Arten von Einkommenssteuern eingeführt. Die Beitreibung der Steuern sowie die Kontrollkapazität der Steuerbehörde müssen verbessert und dem Betrug bei Verbrauchsteuern stärker entgegengewirkt werden.

    Bei der Entwicklung sektorspezifischer Instrumente ist die Umsetzung der Europäischen Charta für Kleinunternehmen fortgesetzt worden und ein Gesetz über die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen angekündigt worden. Das Potenzial der Landwirtschaft in Kosovo bleibt ungenutzt. Herausforderungen in Schlüsselbereichen wie die unterentwickelte Infrastruktur, ungeeignete Kredite und uneffiziente Qualitätskontrollmechanismen sowie der niedrige Bildungsstand müssen angegangen werden. Im Bereich Umwelt hat Kosovo mit der Annahme von Rechtsbestimmungen zu Wasser- und Luftqualität sowie von Durchführungsbestimmungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen Fortschritte bei der Annäherung an den gemeinschaftlichen Besitzstand erreicht. Die Regierung verabschiedete eine Strategie für den Umweltschutz, und ein auf fünf Jahre angelegter Umweltaktionsplan befindet sich in der Vorbereitung. Fortschritte sind im Bereich Verkehr zu verzeichnen. Hier ist Kosovo an den regionalen Initiativen beteiligt. Der Flughafen von Pristina ist der zivilen Kontrolle unterstellt und privatisiert worden. Kosovo nimmt an der Ausweitung des gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums auf Südosteuropa teil. Für den Bereich Energie ist zu vermelden, dass Kosovo Unterzeichner des Vertrags über die Energiegemeinschaft Südosteuropa ist. Was den Bereich Telekommunikation und Postdienste betrifft, so gelten seit Juni 2005 neue Postleitzahlen.

    Die Situation in den Bereichen Justiz, Freiheit und Sicherheit ist weiterhin unbefriedigend. Bei der Schaffung eines Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche sind gewisse Fortschritte erreicht worden, aber die Durchführungsmechanismen bedürfen noch der Nachbesserung. Eine umfassende Antidrogen-Strategie – sowohl im Hinblick auf den Drogenhandel als auch den steigenden Drogenmissbrauch im Land – muss noch erarbeitet werden. Die Übergabe der Zuständigkeit an die Kosovo-Polizei schreitet voran. Der weitere Ausbau der Verwaltungskapazitäten ist unumgänglich; dies betrifft insbesondere die Bereiche Ermittlung, Management und Personalführung. Fortschritte sind ferner bei der Verurteilung von Straftätern und bei der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit erforderlich. Die Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Finanzkriminalität muss intensiviert werden. Dazu ist u.a. der Ausbau lokaler Kapazitäten im Hinblick auf die Übertragung weiterer Zuständigkeiten an die lokalen Behörden notwendig.

    Türkei

    Der politische Wandel in der Türkei setzt sich fort und das Land erfüllt weiterhin in ausreichendem Maße die politischen Kriterien von Kopenhagen. Wichtige Rechtsreformen sind in Kraft getreten und dürften zu strukturellen Änderungen im Rechtssystem, insbesondere in der Justiz, führen. Das Reformtempo hat sich jedoch 2005 verlangsamt und die Umsetzung der Reformen verläuft noch immer uneinheitlich. Verstöße gegen die Menschenrechte werden zwar seltener, kommen aber immer noch vor, und es ist dringend notwendig, dass die bereits geltenden Rechtsvorschriften tatsächlich angewandt und in einigen Bereichen zusätzliche gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen werden. Erheblicher weiterer Handlungsbedarf besteht bei den Grundfreiheiten und den Menschenrechten, vor allem in Bezug auf Meinungsfreiheit, Frauenrechte, Religionsfreiheit, Gewerkschaftsrechte, kulturelle Rechte und das Vorgehen gegen Folter und Misshandlungen. Die Türkei sollte den Reformprozess stärker in die Arbeit aller Behörden integrieren. Die Bereitschaft der Türkei zu weiteren politischen Reformen sollte sich in konkreteren Ergebnissen zum Wohle aller Bürger ungeachtet ihrer Herkunft niederschlagen.

    Was Demokratie und Rechtsstaatlichkeit anbelangt, so wurden wichtige strukturelle Reformen vollzogen, die vor allem das Funktionieren der Justiz betreffen. Die sechs in der Empfehlung der Kommission von 2004 erwähnten Rechtsakte sind inzwischen in Kraft getreten. Sie werden jedoch in der Praxis uneinheitlich angewandt. Während manche Urteile erkennen lassen, dass sich die Gerichte zunehmend an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte orientieren, gab es auch mehrere Entscheidungen, vor allem im Zusammenhang mit der freien Meinungsäußerung zu traditionell heiklen Themen, die zu Verfolgung und Verurteilungen führten. Die Reform der Beziehungen zwischen Zivilsphäre und Militär wurde fortgesetzt, aber die Streitkräfte üben mit ihren öffentlichen Stellungnahmen zur politischen Entwicklung und zur Regierungspolitik noch immer erheblichen Einfluss aus.

    Im Bereich der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes bleibt das Bild trotz einiger Fortschritte gemischt. Mit dem Inkrafttreten weiterer Bestimmungen zur Bekämpfung von Folter und Misshandlungen wurde zwar der bestehende umfassende Rechtsrahmen weiter ausgebaut und solche Praktiken werden seltener angewandt. Es wird aber dennoch weiterhin häufig über Fälle von Folter und Misshandlungen berichtet, und die Schuldigen gehen oft straflos aus.

    In Bezug auf die Ausübung der Grundfreiheiten hat sich die rechtliche Lage durch das Inkrafttreten eines neuen Strafgesetzbuchs und eines neuen Vereinsgesetzes verbessert, und sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen der Zivilgesellschaft haben jetzt mehr Freiheiten als bisher. Dennoch werden immer noch Einzelne wegen friedlicher Meinungsäußerung verfolgt und verurteilt und manche Organisationen sind in ihrer Tätigkeit eingeschränkt. In diesem Zusammenhang werden Gerichtsverfahren auf der Grundlage des Artikels 301 genauestens beobachtet.

    Noch immer wird von Fällen unangemessener Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte bei Demonstrationen berichtet. Was die Religionsfreiheit betrifft, so haben religiöse Minderheiten und Gemeinschaften noch immer keine Rechtspersönlichkeit. Es ist dringend geboten, ihren Problemen durch Annahme eines umfassenden Rechtsrahmens, der europäischen Standards entspricht, zu begegnen. Zwar wird den Rechten der Frau nun mehr Aufmerksamkeit geschenkt, aber die Gewalt gegen Frauen bietet weiterhin Anlass zu groβer Sorge.

    Obwohl der Verwendung anderer Sprachen als Türkisch jetzt mit größerer Toleranz begegnet wird, bleibt die Wahrnehmung kultureller Rechte schwierig. Es wurden noch keine lokalen kurdischen Rundfunk- und Fernsehsendungen zugelassen, kurdische Sprachkurse wurden eingestellt und Politiker werden noch immer verfolgt, wenn sie in bestimmten Situationen Kurdisch sprechen. Die Türkei verfolgt in Bezug auf Minderheiten und kulturelle Rechte nach wie vor einen restriktiven Ansatz.

    Trotz des zunehmenden Konsenses darüber, dass die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung des Südostens gefördert werden muss, wurden nur wenig konkrete Fortschritte erzielt, und die Sicherheitslage hat sich seit dem Wiederaufflammen der Gewalt seitens der PKK verschlechtert. Binnenvertriebene haben weiterhin mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

    Im Hinblick auf regionale Fragen hat die türkische Regierung mehrfach erklärt, dass sie eine umfassende Lösung der Zypernfrage im Einklang mit dem Plan des UN-Generalsekretärs anstrebt. Am 29. Juli unterzeichnete die Türkei das Zusatzprotokoll zur Anpassung des Assoziationsabkommens EG-Türkei an die neue Situation nach dem EU-Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten. Gleichzeitig gab sie eine einseitige Erklärung ab, in der sie feststellte, dass dies keineswegs die formale Anerkennung der Republik Zypern bedeute. Am 21. September nahm die EU ihrerseits eine Erklärung an, in der sie darauf hinwies, dass besagte Erklärung der Türkei deren Pflichten nach dem Zusatzprotokoll unberührt lasse. In ihrer Erklärung betonte die EU, dass die Anerkennung sämtlicher Mitgliedstaaten der Europäischen Union unverzichtbarer Bestandteil des Beitrittsprozesses sei. Außerdem müsse der Generalsekretär der Vereinten Nationen in seinen Bemühungen, das Zypernproblem endgültig beizulegen, unterstützt werden, wodurch gleichzeitig ein Beitrag zu Frieden, Stabilität und harmonischen Beziehungen in der Region geleistet würde. Die Türkei hat weiterhin durch ihr Veto den Beitritt Zyperns zu bestimmten internationalen Organisationen und zur Wassenaar-Vereinbarung über die Exportkontrolle für konventionelle Waffen und Dual-Use-Güter und Technologien verhindert. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland haben sich weiter positiv entwickelt. Dennoch haben sich die beiden Seiten auch nach 31 Sitzungsrunden seit 2002 nicht auf eine umfassende Lösung der offenen Grenzstreitigkeiten einigen können.

    Was die wirtschaftlichen Kriterien anbelangt, so kann die Türkei als funktionsfähige Marktwirtschaft angesehen werden, solange sie ihren jüngsten Stabilisierungs- und Reformkurs entschlossen beibehält. Die Türkei dürfte mittelfristig auch in der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, wenn sie an ihrer Stabilisierungspolitik festhält und weitere wichtige Strukturreformen in Angriff nimmt.

    Im vergangenen Jahr machte die makroökonomische Stabilisierung weitere wichtige Fortschritte. Dank eines strikten und umsichtigen Policy-Mix wurden die Finanzen weiter konsolidiert, die Schuldendynamik wurde verbessert und die Inflation weiter reduziert; dabei wurde ein robustes Wirtschaftswachstum gewahrt. Die öffentliche Finanzverwaltung und -kontrolle wurden beträchtlich verbessert und damit auch die finanzpolitische Transparenz. Die Systeme der sozialen Sicherheit und das Gesundheitssystem werden derzeit grundlegend überarbeitet. Die schrittweise Verbesserung des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens für den Bankensektor und die Fortschritte bei der Privatisierung bewirken allmählich bei den Wirtschaftsbeteiligten größere Finanzdisziplin und verbessern das Unternehmens- und Investitionsklima in der Türkei. Die ausländischen Direktinvestitionen haben angezogen.

    Aufbauend auf diesen Fortschritten sollte die makroökonomische Stabilisierung auf der Grundlage einer restriktiven Haushaltspolitik fortgesetzt werden. Der jüngste starke Anstieg des Leistungsbilanzdefizits erfordert große Wachsamkeit und die Bereitschaft zu raschem Handeln. Weitere Strukturreformen, vor allem zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Intensivierung von Privatisierung und Unternehmensumstrukturierung, Korrektur von Ungleichgewichten auf dem Arbeitsmarkt sowie zur Eindämmung der Schattenwirtschaft sollten den Stabilisierungsprozess untermauern und verstärken. Anzustreben ist auch eine effizientere Ressourcenallokation; wichtig hierfür ist vor allem eine Reform der wichtigsten Faktormärkte. Die Gesamtlohnsumme sollte wie geplant begrenzt werden. Die Reform der Haushaltsverfahren sollte fortgesetzt und die vollständige Anwendung der verbesserten Rechts- und Verwaltungsvorschriften gewährleistet werden.

    Die Fähigkeit der Türkei zur Übernahme und Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsordnung hat sich seit 2004 positiv entwickelt, wenn auch nicht in allen Bereichen in gleichem Maße. Im Bereich des freien Warenverkehrs waren Fortschritte zu verzeichnen, vor allem in Bezug auf die Anwendung der Durchführungsbestimmungen nach dem neuen Konzept, darunter die Möglichkeit der Türkei, Konformitätsbewertungsstellen zu notifizieren, und die Marktüberwachung. In den unter das alte Konzept fallenden und den nicht harmonisierten Bereichen wurden keine Fortschritte erzielt. Trotz der Zollunion EG-Türkei ist der freie Warenverkehr nicht vollständig verwirklicht.

    Beim freien Kapitalverkehr waren leichte Verbesserungen festzustellen. Bestimmte Beschränkungen wurden aufgehoben, aber Ausländer dürfen noch immer keine Immobilien erwerben und in bestimmten Wirtschaftszweigen nicht tätig sein. In dem wichtigen Bereich der Geldwäschebekämpfung wurden Fortschritte erzielt, aber die Rechtsangleichung ist noch unvollständig.

    Im Bereich des Gesellschaftsrechts gab es positive Entwicklungen, vor allem in Bezug auf die Rechnungslegungsnormen und die Rechnungsprüfung. Insgesamt ist die Rechtsangleichung bei diesem Kapitel weiterhin begrenzt.

    Im Bereich der Rechte an geistigem Eigentum ist die Rechtsangleichung recht fortgeschritten und noch weiter vorangekommen. Trotz gewisser Verbesserungen beim Rechtsvollzug bleibt dieser Aspekt der schwächste im System.

    Was die Wettbewerbspolitik anbelangt, so sind die kartellrechtlichen Bestimmungen und die Fusionskontrollvorschriften hinreichend angepasst und werden von der Wettbewerbsbehörde in angemessener Weise angewandt. Bei den staatlichen Beihilfen hingegen sind in Bezug auf Rechtsangleichung und Rechtsvollzug keine Fortschritte zu vermelden. Trotz spezifischer bilateraler Zusagen ist der Grad der Rechtsangleichung folglich sehr gering. Besondere Aufmerksamkeit ist der Beihilfenkontrolle im Stahlsektor zu widmen.

    In Bezug auf die Finanzdienstleistungen sind einige Fortschritte festzustellen, vor allem im Versicherungssektor und bei den Zusatzrenten. Die Fortschritte im Bankensektor müssen konsolidiert werden. Insgesamt ist die Rechtsangleichung in diesem Bereich jedoch begrenzt und die Verwaltungskapazität muss gestärkt werden.

    Im Bereich Informationsgesellschaft und Medien sind Fortschritte zu verzeichnen auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation und der Informationstechnologie, wo die Liberalisierung vorangekommen ist, und bei den Diensten der Informationsgesellschaft. Die wirksame Anwendung der Rechtsvorschriften erfordert einen weiteren Ausbau der Verwaltungskapazität. Im Bereich der audiovisuellen Medien wurden in letzter Zeit nur wenige Fortschritte erzielt und der Grad der Rechtsangleichung bleibt begrenzt.

    In den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei wurden nur sehr wenige Fortschritte erzielt. Es gab einige Initiativen zur Förderung der ländlichen Entwicklung, die aber noch verstärkt werden müssen. Insgesamt sind sowohl der Grad der Rechtsangleichung als auch die Verwaltungskapazität noch immer sehr gering.

    Auch in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit ist der Grad der Rechtsangleichung recht begrenzt. In bestimmten Unterbereichen der allgemeinen Lebensmittelpolitik wurde ein höherer Grad erreicht, obwohl auch hier der Rechtsbestand noch unvollständig und die Anwendung schwierig ist. Der allgemeine Rechtsrahmen für die Veterinärpolitik ist noch nicht vorhanden. Die Verwaltung bemüht sich jetzt jedoch zu ermitteln, welche Probleme in der Praxis bestehen und welche administrativen Änderungen notwendig sind, um sie zu lösen. Auf dem Gebiet der Pflanzengesundheit wurden einige begrenzte Fortschritte erzielt. Die Verwaltungsstrukturen müssen beträchtlich ausgebaut werden.

    Die Fortschritte im Bereich Verkehr fallen je nach Verkehrsträger unterschiedlich aus. Es gab einige Fortschritte beim Straßenverkehr, wo die Rechtsangleichung schon weiter gediehen ist, die Umsetzung bleibt jedoch unvollständig. Im Eisenbahnsektor sind noch erhebliche rechtliche und institutionelle Reformen notwendig. Im Seeverkehr machte die Rechtsangleichung Fortschritte und die Verwaltungskapazität wurde gestärkt. Auch im Bereich des Luftverkehrs gab es positive Entwicklungen, die Rechtsangleichung bleibt jedoch insgesamt begrenzt. Im Energie bereich wurden insgesamt einige Fortschritte erzielt, vor allem im Hinblick auf die Versorgungssicherheit und die erneuerbaren Energien. Während die Schaffung des Energiebinnenmarktes in Maßen vorankam, war in Bezug auf die staatlichen Beihilfen im Energiesektor und die Energieeffizienz keinerlei positive Entwicklung zu verzeichnen. Falls die Türkei die Fähigkeit zur Erzeugung von Kernenergie entwickelt, muss die Verwaltungskapazität gestärkt werden, damit ein hohes Niveau an nuklearer Sicherheit gewährleistet ist. Der Strahlenschutz hat Fortschritte gemacht.

    Die Fortschritte im Steuer bereich sind begrenzt, sowohl bei den indirekten als auch bei den direkten Steuern. Insgesamt steht das Steuersystem der Türkei zum Teil mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand in Einklang, die Angleichung muss jedoch noch erheblich vorangetrieben werden. Das Ausmaß der Schattenwirtschaft bleibt problematisch. Die Verwaltungskapazität muss noch erheblich erweitert werden.

    Im Bereich der Statistik waren einige Fortschritte zu verzeichnen, vor allem in Bezug auf die Klassifikation und die Sektorstatistiken. Die Angleichung an den Besitzstand ist zurzeit noch begrenzt, aber Eurostat und das türkische Amt für Statistik setzen ihre Kooperation fort. Im Bereich von Beschäftigung und Sozialpolitik wurden Fortschritte erzielt. Während die Rechtsangleichung in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz recht weit gediehen ist, sind in den Bereichen sozialer Dialog, Chancengleichheit und Diskriminierungsbekämpfung noch beträchtliche Anstrengungen nötig. Eine Hauptaufgabe bleibt die Verbesserung der Durchführung und der Ausbau der Verwaltungskapazität.

    Die türkische Strategie im Bereich der Industriepolitik entspricht weitgehend den Grundprinzipien der EU. Seit dem letzten Bericht sind einige weitere Fortschritte zu verzeichnen, vor allem in der KMU-Politik. Auf dem Gebiet der Regionalpolitik und der Koordination der strukturpolitischen Instrumente sind die Fortschritte uneinheitlich. Bei der territorialen Gliederung und der Programmierung gab es seit dem letzten Bericht keine Entwicklung. Der rechtliche Rahmen hingegen sowie Finanzmanagement und -kontrolle haben sich positiv entwickelt. Was die Schaffung der institutionellen Strukturen anbelangt, so besteht nach wie vor erheblicher Handlungsbedarf. Sowohl auf regionaler wie auf zentraler Ebene sollten für Regionalpolitik zuständige Verwaltungsbehörden geschaffen und anschließend ausgebaut werden.

    In den Bereichen Justiz und Grundrechte hat die Türkei Fortschritte bei der Übernahme der EU-Standards und -Verfahren für Justiz und Korruptionsbekämpfung gemacht. Allerdings sind noch zusätzliche Schritte notwendig, um Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz zu sichern. Was die Korruption anbelangt, so muss die Leistungsfähigkeit der Korruptionsbekämpfungsstellen weiter verbessert und die Öffentlichkeit dafür sensibilisiert werden, dass Korruption eine schwere Straftat darstellt.

    Die Türkei hat ihre Rechtsvorschriften im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht weiter an den gemeinschaftlichen Besitzstand angeglichen. Insgesamt steht das türkische Recht in diesem Bereich zum Teil mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang. In einer Reihe von Bereichen sind weitere Fortschritte nötig, zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten, die Annahme und Durchführung eines nationalen Aktionsplans zum Grenzschutz, die Durchführung des nationalen Aktionsplans zu Migration und Asyl sowie die Aufhebung der räumlichen Beschränkung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Ausbau der dienststellenübergreifenden Zusammenarbeit.

    Im Umwelt bereich hat die Türkei begrenzte Fortschritte erzielt. Insgesamt hat die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands nur ein geringes Niveau erreicht, nur in den Bereichen Abfallwirtschaft und Lärmschutz ist die Rechtsangleichung schon weiter gediehen. Schwächen in der Anwendung und im Vollzug bieten weiterhin Anlass zur Sorge. Die Türkei muss Schritte unternehmen, um Umweltbelange in die Definition und Umsetzung der Politik in allen anderen Bereichen einzubeziehen,

    Beim Verbraucher- und Gesundheitsschutz kommt die Übernahme des Besitzstands stetig voran. Vor allem bei der Durchführung der nicht sicherheitsrelevanten Maßnahmen wurden Fortschritte erzielt. Bei den sicherheitsrelevanten Maßnahmen waren keine weiteren Entwicklungen zu beobachten. Im Bereich der öffentlichen Gesundheit gab es eine gewisse Entwicklung, vor allem bei den Tabakvorschriften. Die Verwaltungskapazität sollte verstärkt werden.

    Die Vorschriften zur Zollunion sind weitgehend angeglichen, sodass sie auch den bilateralen Abkommen zwischen der EG und der Türkei entsprechen. Dennoch muss der türkische Zollkodex dem der Gemeinschaft noch stärker angepasst werden. Anlass zur Sorge in diesem Bereich sind die nichtzollrechtlichen Vorschriften, die in Freizonen angewandt werden, und die immer noch mangelhafte Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum bei den Zollkontrollen.

    Die Türkei folgt im Wesentlichen den handelsbezogenen Aspekten der EU-Politik im Bereich Außenbeziehungen , da dies eine aus der Zollunion EG-Türkei resultierende Verpflichtung ist. Sie unterzeichnete insbesondere neue Freihandelsabkommen mit Drittländern. Das Allgemeine Präferenzsystem der Gemeinschaft hat die Türkei weitgehend übernommen. Was die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik angeht, hat die Türkei einen hohen Grad der Rechtsangleichung erreicht. Die bilateralen Beziehungen zu den Nachbarländern einschließlich Griechenland haben sich weiter verbessert Die Grenze zu Armenien ist weiterhin geschlossen. Die Türkei und die EU legen die Berlin-Plus-Vereinbarungen zwischen EU und NATO unterschiedlich aus, was die strategische Zusammenarbeit zwischen EU und NATO beim Krisenmanagement erschwert.[pic][pic][pic]

    [1] Artikel 49 und 6 des Vertrags über die Europäische Union.

    [2] Wie in den Schlussfolgerungen der Tagungen des Europäischen Rates von Kopenhagen 1993 und Madrid 1995 festgelegt.

    [3] Wie beim Europäischen Rat von Kopenhagen im Juni 1993 festgelegt.

    [4] Siehe Mitteilung der Kommission zum zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern (KOM (2005) 290).

    [5] Die Kommission berichtete am 25. Oktober 2005 über ihre Monitoring-Berichte über die Fortschritte Bulgariens und Rumäniens (siehe Kommissionsmitteilung KOM(2005)534)

    [6] Die Verhandlungsrahmen werden veröffentlicht unter: http://europa.eu.int/comm/enlargement/turkey/docs.htm und http://europa.eu.int/comm/enlargement/croatia/key_documents.htm.

    [7] Die Fortschritte der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien sind Gegenstand der separat veröffentlichten Stellungnahme der Kommission (KOM (2005) 562).

    [8] Der Kosovo wird gegenwärtig gemäß Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates verwaltet.

    [9] Beschluss 2004/767/GASP des Rates zur Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/694/GASP.

    [10] Europäischer Rat von Thessaloniki im Juni 2003.

    [11] Wie beim Europäischen Rat von Helsinki im Dezember 1999 festgelegt.

    [12] CARDS = Gemeinschaftshilfe für Wiederaufbau, Entwicklung und Stabilisierung.

    [13] KOM (2004) 257 vom 20. April 2004

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