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Document 52005DC0331

Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag

/* KOM/2005/0331 endg. */

52005DC0331

Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag /* KOM/2005/0331 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 25.7.2005

KOM(2005) 331 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützungder Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen fina nziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag

1. HINTERGRUND

NACH ARTIKEL 119 EG-VERTRAG KÖNNEN MITGLIEDSTAATEN, DIE DEN EURO NOCH NICHT EINGEFÜHRT HABEN UND DIE HINSICHTLICH IHRER ZAHLUNGSBILANZ VON SCHWIERIGKEITEN BETROFFEN ODER ERNSTLICH BEDROHT SIND, IM RAHMEN EINER GEMEINSCHAFTSFAZILITÄT MITTELFRISTIGEN FINANZIELLEN BEISTAND ERHALTEN. GEREGELT WIRD DIESE FAZIL ität durch die Verordnung (EG) Nr. 332/2002 vom 18. Februar 2002 (im Folgenden: die „Verordnung“)[1]. Nach der Verordnung hat der Rat alle drei Jahre zu prüfen, ob das Prinzip an sich sowie Einzelheiten und Plafond der eingeführten Fazilität nach wie vor dem Bedarf entsprechen, der für ihre Einführung maßgeblich war. Der Rat soll diese Prüfung auf der Grundlage eines Berichts der Kommission und nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses (WFA) durchführen. Da seit der Annahme der Verordnung nunmehr drei Jahre vergangen sind, hat die Kommission die vorliegende Mitteilung als Bericht an den Rat über die Funktionsweise der Fazilität ausgearbeitet.

2. DIE WICHTIGSTEN MERKMALE DER FAZILITÄT

DIE FAZILITÄT SOLL DIE MÖGLICHKEIT BIETEN, INNERHALB KURZER ZEIT UMFANGREICHE FINANZHILFE BEREITZUSTELLEN. DER EMPFÄNGERMITGLIEDSTAAT SOLLTE DIE HILFE ZEITIG GENUG ERHALTEN, UM EINE AKUTE ZAHLUNGSBILANZKRISE DURCH POLITIKMAßNAHMEN ABWENDEN UND KONVERGENZANSTRENGUNGEN UNTERNEHMEN ZU KÖNNEN. DER ZUGANG ZU DIESER FAZILITÄT KANN ALSO – ZUSAMMEN MIT DEN WIRTSCHAFTSPOLISCHEN AUFLAGEN, DIE MIT JEDER ART VON FINANZHILFE VERBUNDEN SIND – DAZU BEITRAGEN, DAS VERTRAUEN DER FINANZMÄRKTE IN DIE FÄHIGKEIT DES EMPFÄNGERMITGLIEDSTAATS ZUR WIEDERHERSTELLUNG EINER SOLIDEN ZAHLUNGSBILANZLAGE ZU STÄRKEN. [2]

Die Fazilität kann vom Rat auf Initiative der Kommission (nach Artikel 119 EGV) im Einvernehmen mit dem Mitgliedstaat, der die Gemeinschaftsfinanzierung in Anspruch nehmen möchte, oder auch auf direkten Antrag des betroffenen Mitgliedstaats aktiviert werden. Nachdem die Fazilität aktiviert wurde, prüft der Rat die Lage des betroffenen Mitgliedstaats und entscheidet (a) über die Gewährung eines Darlehens oder einer angemessenen Finanzierungsfazilität, ihren Betrag und ihre durchschnittliche Laufzeit; (b) die wirtschaftspolitischen Bedingungen, an die der mittelfristige finanzielle Beistand geknüpft wird, um eine tragbare Zahlungsbilanzsituation wiederherzustellen; und (c) die Einzelheiten des Darlehens oder der Finanzierungsfazilität, dessen/deren Auszahlung oder Ziehung grundsätzlich in mehreren Tranchen erfolgt. Beschlüsse des Rates zur Gewährung finanziellen Beistands im Rahmen der Fazilität werden mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des WFA gefasst.

Die Kommission vergewissert sich in regelmäßigen Abständen in Zusammenarbeit mit dem WFA, dass die Wirtschaftspolitik des betroffenen Mitgliedstaats mit den im Anpassungsprogramm festgelegten Zusagen und sonstigen Auflagen übereinstimmt. Der Mitgliedstaat stellt der Kommission alle erforderlichen Informationen zur Verfügung; die Freigabe weiterer Tranchen hängt von den Ergebnissen dieser Prüfungen ab. Auf Antrag des Empfängermitgliedstaats, kann bei den Darlehen eine vorzeitige Tilgungsmöglichkeit vorgesehen werden. Werden während der Laufzeit des finanziellen Beistands Kapitalverkehrsbeschränkungen (nach Artikel 120 EGV) eingeführt oder wieder eingeführt, so werden die Bedingungen und Einzelheiten des finanziellen Beistands überprüft.

3. FINANZIERUNG VON DARLEHEN IM RAHMEN DER FAZILITÄT

Das Kreditvolumen, das den Mitgliedstaaten im Rahmen der Fazilität gewährt werden kann, ist derzeit auf 12 Mrd. EUR begrenzt. Die Kommission kann bis zu dieser Höhe im Namen der Europäischen Gemeinschaft Anleihen auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstitutionen aufnehmen. Die Anleihe- und Darlehenstransaktionen werden in Euro mit gleicher Wertstellung abgewickelt und dürfen für die Gemeinschaft keine Änderung der Fristen, kein Zins- und Wechselkursrisiko und keine sonstigen kommerziellen Risiken mit sich bringen. Die EZB kümmert sich um die Verwaltung der Darlehen.[3] Der Rat entscheidet auch über eine vollständige oder teilweise Finanzierung des mittelfristigen Beistands durch Inanspruchnahme der Mitgliedstaaten.

Auf Antrag des Schuldnermitgliedstaats kann die Kommission, wenn die Umstände eine Verbesserung des Darlehenszinssatzes gestatten, ihre ursprünglichen Anleihen ganz oder teilweise refinanzieren oder die entsprechenden Finanzierungskonditionen umgestalten. Dadurch darf sich die durchschnittliche Laufzeit der betreffenden Anleihe jedoch nicht verlängern und der ausstehende Kapitalbetrag nicht erhöhen. Die Kosten für den Abschluss und die Abwicklung der Transaktionen trägt der Empfängermitgliedstaat. Der WFA ist über die Transaktionen auf dem Laufenden zu halten. Die im Rahmen des mittelfristigen finanziellen Beistands gewährten Darlehen können zur Konsolidierung eines von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen der sehr kurzfristigen Finanzierungsfazilität gewährten Beistands verwendet werden.

4. BEWERTUNG DES PRINZIPS AN SICH UND DES PLAFONDS DER FAZILITÄT

Seit Annahme der Verordnung wurde die Fazilität nicht in Anspruch genommen[4]. Keiner der anspruchsberechtigten Mitgliedstaaten war in dem fraglichen Zeitraum hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht. Die grundsätzliche Angemessenheit der Fazilität sowie die Angemessenheit der Detailregelungen und des Plafonds konnten somit nicht am praktischen Beispiel eines Mitgliedstaats, der eine Gemeinschaftsfinanzierung benötigt hätte, untersucht werden.

Auch wenn seit Annahme der Verordnung kein Bedarf an einer mittelfristigen Finanzhilfe bestand, behalten das Prinzip der Fazilität und die Gründe hierfür ihre Gültigkeit. Durch die Erweiterung der Union zum 1. Mai 2004 ist die Zahl der in Frage kommenden Mitgliedstaaten von drei auf dreizehn angewachsen. Solange diese Mitgliedstaaten den Euro noch nicht eingeführt haben, haben sie Anspruch auf mittelfristige Finanzhilfe von der Gemeinschaft für den Fall, dass sie Probleme mit ihrer Zahlungsbilanz haben. Die derzeitige maximale Kreditfazilität von 12 Mrd. EUR wurde vom Rat im Vorgriff auf künftige Erweiterungen beschlossen[5]. Zwar ist dies weniger als die in der Verordnung von 1988 vorgesehenen 16 Mrd. EUR, doch ist die Kommission der Ansicht, dass das Volumen immer noch groß genug ist, um den Bedarf mehrerer Mitgliedstaaten gleichzeitig zu decken. Deshalb werden zum jetzigen Zeitpunkt weder das Prinzip an sich noch die Einzelheiten oder die Höhe der Fazilität in Frage gestellt.

5. AKTUALISIERUNG DES MITTELFRISTIGEN ANLEIHE-EMISSIONSPROGRAMMES FÜR ANLEIHEN IN EUROPA (EMTN)

Gemäß der Verordnung 332/2002 müssen geeignete Verfahren und Instrumente vorgesehen werden, damit die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten bei Bedarf einen mittelfristigen finanziellen Beistand leisten können. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Kommission ihre Rahmenvereinbarung über die Emission von Anleihen in Europa (European Medium-Term Note (EMTN) Programme) aktualisiert hat. Die dazugehörige Dokumentation wurde bei dieser Gelegenheit an die derzeitigen Finanzmarktstandards angepasst. Das aktualisierte EMTN-Programm ermöglicht es der Kommission, im Namen der Gemeinschaft und/oder von Euratom direkt Anleihen in Höhe von bis zu 4 Mrd. mit Laufzeiten zwischen drei Monaten und 30 Jahren je nach Art des zu finanzierenden Projekts[6] zu begeben. Das Programm beruht auf einer realistischen Bewertung des kurzfristigen Finanzierungsbedarfs und könnte auf Betreiben der Kommission gegebenenfalls kurzfristig aufgestockt werden.

Das EMTN-Programm kommt nicht nur der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zugute. Es dient darüber hinaus auch der Finanzierung von „durchgereichten“ Krediten (back-to-back), die (i) die EU zur finanziellen Unterstützung von Nicht-Mitgliedstaaten gewähren kann, die sich in einer ernsten Finanzkrise befinden, und die (ii) von Euratom zugunsten von Mitgliedstaaten sowie bestimmten mittel- und osteuropäischen Ländern und den GUS-Staaten für die Verbesserung der Sicherheit ihrer Kernkraftwerke ausgereicht werden können. Das neue Programm ist bis Juni 2005 schon in einer Höhe von 1,66 Mrd. EUR in Anspruch genommen worden.

Im Rahmen der Aktualisierung des EMTN-Programms wurden in Überstimmung mit der im WFA im September 2003 getroffenen Vereinbarung so genannte “collective action clauses (CAC)” in die Dokumentation aufgenommen. Mit diesen CAC, die die rechte der Anleihebesitzer durch gemeinschaftliche Vertretung, Mehrheitsbeschlüsse und deren Durchsetzung im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verbessern. Die Aufnahme der CAC in die EMTN-Dokumentation deckt sich mit der Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission, mit gutem Beispiel vorangehen und die CAC in ihre internationalen Anleihebegebungsinstrumente aufnehmen zu wollen, um die internationalen Bemühungen für eine geordnete Umschuldung im Falle einer Schuldenkrise zu fördern.[7]

6. SCHLUSSFOLGERUNG

Die vorliegende Mitteilung ist – wie in der entsprechenden Ratsverordnung vorgeschrieben - der erste dreijährige Bericht an den Rat zum Prinzip, den Detailregelungen und dem maximalen Kreditvolumen im Rahmen der Gemeinschaftsfazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands. Da keiner der anspruchsberechtigten Mitgliedstaaten die Fazilität im Beurteilungszeitraum aktiviert hat, standen das Prinzip sowie Details und Plafond der Fazilität nicht auf dem Prüfstand. Dennoch ist die Kommission der Auffassung, dass die Fazilität den möglichen Finanzbedarf der in Frage kommenden Mitgliedstaaten decken kann, und schlägt daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Änderung vor.

[1] Amtsblatt L 53 vom 23.2.2002, Berichtigung: Amtsblatt L 349 vom 24.12.2002. Durch die Verordnung von 2002 wurde die Verordnung (EG) Nr. 1969/88 des Rates ersetzt.

[2] Will ein Mitgliedstaat an wirtschaftspolitische Bedingungen geknüpfte Finanzierungsquellen außerhalb der Gemeinschaft in Anspruch nehmen, so muss er zunächst die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten konsultieren, um die Möglichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsfazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zu prüfen. Diese Konsultation erfolgt im Rahmen des Wirtschafts- und Finanzausschusses.

[3] Beschluss EZB/2003/14 der Europäischen Zentralbank vom 7. November 2003 zur Verwaltung der im Rahmen der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands von der Europäischen Gemeinschaft abgeschlossenen Anleihe- und Darlehensgeschäfte [Amtsblatt L 297 vom 15.11.2003].

[4] Zuletzt aktiviert wurde die Fazilität vom Rat noch unter der früheren Verordnung im Januar 1993, als Italien ein in vier Raten ausbezahltes Darlehen in Höhe von 8 Mrd. EUR gewährt wurde. Ausgezahlt wurden jedoch nur die beiden ersten Raten in Höhe von 2 Mrd. EUR, da sich die Zahlungsbilanz Italiens anschließend verbesserte und sich die Auszahlung der noch ausstehenden Raten daher erübrigte.

[5] Zum Zeitpunkt der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 gehörten zu den Beitrittsländern die zehn neuen Mitgliedstaaten sowie Bulgarien und Rumänien.

[6] Das neue Programm tritt an die Stelle eines ursprünglich im Jahr 1994 eingeführten und im Jahr 1999 aktualisierten Programms, das die Emission auf 2 Mrd. EUR begrenzte. Die Emissionsbanken sind Goldman Sachs und die Deutsche Bank, die die Anleihen bei europäischen und internationalen Investoren platzieren sollen.

[7] Im Rahmen der internationalen Bemühungen für eine geordnete Umschuldung im Falle einer Schuldenkrise einigten sich die EU-Mitgliedstaaten darauf, mit gutem Beispiel voranzugehen und so genannte „collective action clauses“ (CACs) in ihre internationalen Anleihe-Begebungsinstrumente aufzunehmen. Der ECOFIN-Ratspräsident kündigte auf der Tagung des IMFC im April 2003 an, dass “die EU bis Ende diesen Jahres bei staatlichen Anleihen, die im Ausland und/oder nach ausländischem Recht begeben werden, Vertragsbedingungen anwenden wird, die auf den Vorgaben der G-10 beruhen und gegebenenfalls der jeweiligen Rechtspraxis vor Ort angepasst sind. Von diesem Zeitpunkt an werden EU Mitgliedstaaten keine Anleihen ohne CACs mehr begeben.“ Bei dieser Gelegenheit gab der für Wirtschaft und Finanzen zuständige Kommissar bekannt, dass die CAC auch in die Dokumentation im Zusammenhang mit der Anleihetätigkeit der Gemeinschaften aufgenommen würden.

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