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Document 52004DC0479

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss ,Vertrauenswürdigkeit elektronischer B2B-Marktplätze" {SEK(2004) 930}

    /* KOM/2004/0479 endg. */

    52004DC0479

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss ,Vertrauenswürdigkeit elektronischer B2B-Marktplätze" {SEK(2004) 930} /* KOM/2004/0479 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS ,Vertrauenswürdigkeit elektronischer B2B-Marktplätze" {SEK(2004) 930}

    1. EINFÜHRUNG

    Elektronische B2B-Marktplätze (,E-Märkte") sind weiterentwickelte Formen elektronischer Geschäftsbeziehungen (,E-Business"), die Käufer und Verkäufer zusammenbringen, um den Abschluss von Geschäften auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Die Ausgestaltung reicht vom einfachen kataloggestützten Online-Einkauf und -Verkauf bis hin zur fortgeschrittenen Prozessintegration. B2B-Marktplätze können wesentlich zur Verbesserung der Effizienz und zur Steigerung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beitragen. Trotz dieser potenziellen Vorteile ist die Beteiligung von Unternehmen, vor allem kleinerer und mittlerer Betriebe (KMU), an E-Märkten relativ gering.

    Im November 2002 veröffentlichte die Generaldirektion Unternehmen ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen mit dem Titel ,B2B Internet trading platforms: Opportunities and barriers for SMEs - A first assessment" [1], in dem eine Reihe potenzieller Hemmnisse genannt werden, die KMU davon abhalten können, sich an elektronischen Handelsplattformen zu beteiligen. Dazu gehören beispielsweise unzureichende Marktinformationen, mangelnde Kenntnis des anwendbaren Rechtsrahmens und fehlendes Vertrauen in elektronische Transaktionen. Daraufhin wurde aus Experten der Wirtschaft und E-Markt-Betreibern eine Sachverständigengruppe gebildet, die diese Probleme erörtern und Empfehlungen aussprechen sollte, wie die Kommission die Teilnahme an B2B-Marktplätzen für KMU erleichtern könnte. Die Kommission begrüßt den Bericht der Sachverständigengruppe [2] und unterstützt deren wichtigste Empfehlung zur Steigerung des Vertrauens in B2B-Transaktionen, die Betonung der Selbstregulierung.

    [1] SEC (2002) 1217, 11.11.2002.

    [2] http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/b2b/wshop/fin-report.pdf.

    Die relativ geringe Beteiligung an B2B-Märkten, besonders seitens der KMU, lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass Käufer anscheinend stärker als Verkäufer von elektronischen B2B-Märkten profitieren. Aus diesem Grund sind KMU, die häufig Zulieferer großer Unternehmen sind, zurückhaltend bei der Nutzung elektronischer B2B-Märkte. Mit besonderer Skepsis begegnen KMU einem bestimmten Preisfindungsmechanismus, den so genannten ,umgekehrten Auktionen" (Ausschreibungen eines Einkäufers, bei denen das niedrigste Angebot den Zuschlag erhält). Es besteht die Besorgnis, dass umgekehrte Auktionen im Wesentlichen dazu benutzt werden, um Preise zu drücken, und somit eher den Käufern als den Verkäufern dienen. Solche Bedenken können die Nutzung von E-Business generell und damit auch die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beeinträchtigen. Gleichwohl möchte die Kommission keine bestimmten Handelsformen fördern, sondern vielmehr bestehende oder potenzielle Hindernisse beseitigen, die Unternehmen davon abhalten können, elektronische Märkte effizient und zum gegenseitigen Vorteil zu nutzen.

    Ziel dieser Mitteilung ist es, das Vertrauen in elektronische B2B-Märkte zu stärken, indem bestehende Vorbehalte ausgeräumt und die Beteiligung der Unternehmen an diesen neuen Handelsformen erleichtert werden. Zugleich soll der Kenntnisstand über den geltenden Rechtsrahmen verbessert und potenzielle Hemmnisse für den Binnenmarkt erörtert werden, die sich z.B. aus unterschiedlichen nationalen Vorschriften oder unlauteren Handelspraktiken auf B2B-Marktplätzen ergeben können.

    Vor allem möchte die Kommission damit die weitere Umsetzung der Empfehlungen der Sachverständigengruppe erleichtern, die auf die Ausarbeitung von Verhaltenskodizes zur Vertrauensbildung, zur Unterstützung fairer Geschäftspraktiken und zur Förderung der Beteiligung von KMU an elektronischen B2B-Märkten abzielen. Dies fällt zwar in erster Linie in die Verantwortung des Privatsektors, die Kommission ist aber bereit, die Konsensbildung in diesem Bereich zu unterstützen und die Selbstregulierung durch entsprechende Maßnahmen zu fördern.

    2. ELEKTRONISCHE B2B-MÄRKTE

    B2B E-Commerce, d.h. der elektronische Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, setzt sich zunehmend durch. Viele Unternehmen haben mittlerweile ehrgeizige Strategien entwickelt, um die Effizienz interner Geschäftsabläufe zu erhöhen und ihre Kundenbeziehungen zu verbessern und zu rationalisieren. Im Vergleich zum reinen Absatzgeschäft über Internetseiten stellen elektronische B2B-Marktplätze weiterentwickelte Formen des elektronischen Geschäftsverkehrs zwischen Unternehmen dar. Sie lassen sich als internetgestützte Handelsplattformen beschreiben, auf denen Unternehmen Waren und Dienstleistungen austauschen. [3]

    [3] Nähere Einzelheiten siehe Anhang 1.

    Diese neuen Handelsformen führen nicht zwangsläufig zu einem ausgeglichenen Kosten-Nutzen-Verhältnis für alle Beteiligten. Dies gilt vor allem für ,umgekehrte Online-Auktionen". Online-Auktionen dienen der Preisfindung auf einer internetgestützten Handelsplattform und werden von Verkäufern initiiert, die ihre Produkte oder Dienstleistungen zu einem möglichst hohen Preis verkaufen wollen. Dagegen werden umgekehrte Auktionen von Käufern durchgeführt, die Produkte und Dienstleistungen zu einem möglichst niedrigen Preis einkaufen wollen.

    Einige dieser umgekehrten Auktionen haben ausdrücklich kurzfristige Kostensenkungen und nicht den Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen zum Ziel. Es wird jedoch argumentiert, dass die Kosteneinsparungen durch umgekehrte Auktionen, die aus einem stärkeren Wettbewerbsdruck resultieren, auf der anderen Seite durch Kostensteigerungen aufgrund häufiger Wechsel der Zulieferer und wenig integrierter Geschäftsbeziehungen wieder kompensiert werden. Die derzeit verfügbaren empirischen und ökonomischen Erkenntnisse über die direkten und indirekten Kosten unterschiedlicher elektronischer Handelsformen, umgekehrte Auktionen eingeschlossen, lassen keinen endgültigen Schluss über die finanziellen Auswirkungen auf die Beteiligten zu. Die Kommission wird daher eine Wirtschaftsstudie in Auftrag geben, um die Auswirkungen elektronischer B2B-Märkte auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität der EU-Wirtschaft zu untersuchen.

    3. DER RECHTSRAHMEN FÜR B2B-MÄRKTE

    Elektronische B2B-Märkte unterliegen einer Reihe von Rechtsvorschriften, die jeweils unterschiedliche Aspekte ihrer Tätigkeiten betreffen. Diese Tätigkeiten reichen von der Errichtung eines B2B-Marktes über seinen Betrieb bis hin zu den Verträgen, die seine Nutzer untereinander schließen. Diese Vorschriften sollen insbesondere Hindernisse bei der EU-weiten Erbringung von Dienstleistungen der Informationsgesellschaft beseitigen und einen fairen und unverzerrten Wettbewerb sicherstellen. Eine bessere Kenntnis der Rechtslage wird zweifellos dazu beitragen, das Vertrauen in die neuen Formen des elektronischen Handels zu stärken. Die Kommission wird sich daher auch in Zukunft um Unterstützung für das Rechtsportal für e-Business (ELEAS) bemühen, einen Online-Informationsdienst über die rechtlichen Grundlagen des E-Business, der sich insbesondere an KMU richtet und von einem europäischen Netz von Euro-Info-Zentren bereitgestellt wird [4].

    [4] http://www.ebusinesslex.net.

    Kenntnis der Rechtsvorschriften unterstützt den B2B-Handel

    Bei B2B-Transaktionen zwischen Unternehmen rückt die Vertrauensbildung immer stärker in den Mittelpunkt. Dies bestätigen die Ergebnisse einer offenen Konsultation über rechtliche Hindernisse des E-Business [5], zu der die Kommissionsdienstellen die Unternehmen im letzten Quartal 2003 aufgerufen hatten. Bestehende Vorbehalte betreffen bestimmte Formen von Online-Auktionen, die auf B2B-Märkten zunehmend eingesetzt werden. Bei vielen Unternehmen besteht Unsicherheit über die für diese Auktionen geltenden Rechtsvorschriften. Offensichtlich wird es auch als schwierig empfunden, zwischen einer Verlagerung der Marktmacht aus wirtschaftlichen Gründen und unlauteren oder rechtswidrigen Geschäftspraktiken zu unterscheiden. Ein Grund liegt darin, dass elektronische Auktionen, im Gegensatz zu herkömmlichen Auktionen, ein relativ neues Phänomen darstellen. Daher haben sich bisher noch keine Handelspraktiken herausbilden können, die dem Konfliktpotenzial, das Auktionswerkzeugen generell innewohnt, Rechnung tragen.

    [5] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen: Rechtliche Hindernisse im E-Business, Ergebnisse einer offenen Unternehmensbefragung, http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/doc/legal_barriers_sec_2004_498.pdf.

    Die Binnenmarktvorschriften gelten auch für B2B-Marktplätze...

    Die Errichtung eines elektronischen B2B-Marktes unterliegt der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr [6]. Elektronische B2B-Märkte werden als Dienstleistungen der Informationsgesellschaft betrachtet und können ohne vorherige Genehmigung eingerichtet werden. Darüber hinaus muss gemäß der so genannten ,Binnenmarktklausel" jeder Mitgliedstaat sicherstellen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem auf seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Dienstleister erbracht werden, den nationalen Vorschriften entsprechen, die in diesem Mitgliedstaat gelten und die in den koordinierten Bereich fallen. Insbesondere dürfen die Mitgliedstaaten den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen. Die Richtlinie führt jedoch weder zusätzliche Vorschriften des internationalen Privatrechts ein, noch befasst sie sich mit der Rechtsprechung der Gerichte.

    [6] Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (,Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"), ABl. L 78 vom 17.07.2000 S.1.

    Im Hinblick auf den Betrieb eines elektronischen B2B-Marktes sind gemäß den Transparenzvorschriften der Richtlinie die Identität und der Niederlassungsort des Dienstleisters anzugeben. Darüber hinaus sind die Transparenzverpflichtungen für den elektronischen Vertragsabschluss einzuhalten. Die Kommission sieht diese Rechtsvorschriften als wichtige Schritte auf dem Weg zu einem Binnenmarkt für elektronische B2B-Märkte an.

    ...aber nationale Regelungen unterscheiden sich nach wie vor

    Viele Vorbehalte gegenüber B2B-Märkten, vor allem gegenüber elektronischen B2B-Auktionen, beziehen sich auf die mangelnde Transparenz, z.B. in Bezug auf Teilnahmebedingungen oder bestimmte Geschäftspraktiken, die von den Teilnehmern als unlauter empfunden werden. Die Bedenken betreffen insbesondere Unklarheiten über die Teilnahmebedingungen, über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, über die Möglichkeit, Angebote zurückzuziehen und über die Pflicht zur Annahme des höchsten Angebots. Einige Praktiken werden als Verzerrung des Preisfestsetzungsmechanismus angesehen, wie z. B. die Abgabe von Geboten durch den Initiator der Auktion. Solche Praktiken fallen in der Regel unter die Bestimmungen des nationalen Vertrags- und Wettbewerbsrechts, das sowohl für Offline- als auch für Online-Auktionen gilt. Da diese Vorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten jedoch unterschiedlich aussehen können, besteht Unsicherheit über die geltende Rechtslage bei grenzüberschreitenden elektronischen Transaktionen.

    Einige der genannten Verhaltensweisen sind in den mitgliedstaatlichen Gesetzen eindeutig als Vertragsbruch definiert, wie beispielsweise die Lieferung fehlerhafte Ware, die verspätete oder nicht erfolgte Lieferung bestellter Ware, die verspätete oder nicht erfolgte Bezahlung der Ware, die Lieferung falscher Mengen oder die schlechte Qualität der gelieferten Ware. In anderen Fällen ist die Rechtslage weniger eindeutig, z. B. hinsichtlich der versteckten Festlegung von Mindestpreisen bei Auktionen, des Mitbietungsrechts des Initiators oder der Verpflichtung des Initiators, das beste Angebot zu akzeptieren. Einige nationale Rechtsvorschriften erlauben den Beteiligten, die Zulässigkeit solcher Praktiken bilateral zu regeln. Darüber hinaus ist häufig unklar, inwieweit Rechtsvorschriften über Auktionen auf ein elektronisches Umfeld anzuwenden sind (z. B. Festlegung des genauen Zeitpunkts des Vertragsabschlusses bei einer Online-Auktion).

    Ohne weitere Analyse lässt sich nur schwer beurteilen, inwieweit die beschriebenen unlauteren Geschäftspraktiken auf elektronischen B2B-Märkten tatsächlich von den nationalen Rechtsvorschriften erfasst werden. Offensichtlich ist, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze bei der Regelung solcher Praktiken verfolgen, was zu Hindernissen bei der Nutzung von B2B-Märkten für grenzüberschreitende elektronische Transaktionen führen kann. Die Kommission wird näher untersuchen, inwieweit die Unterschiede in der einzelstaatlichen Gesetzgebung den Binnenmarkt für elektronische B2B-Transaktionen behindern.

    Die Transparenz rechtlicher Schutzmechanismen gegen unlautere Geschäftspraktiken muss verbessert werden

    Um die Transparenz einzelstaatlicher Vorschriften gegen unlautere Geschäftspraktiken zu erhöhen, wird die Kommission eine Studie in Auftrag geben, die zur politischen Diskussion über die Notwendigkeit einer Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene beitragen kann und den Stand der EU-Gesetzgebung berücksichtigt [7]. Gleichzeitig wird die Kommission die Unternehmen auffordern, ihr konkrete Beispiele für unlautere Praktiken auf elektronischen B2B-Märkten zu melden. Diese Rückmeldungen werden von den bestehenden Unternehmensnetzwerken, wie dem europäischen Rechtsportal für E-Business, dem europäischen Portal für elektronische B2B-Märkte [8] und den nationalen E-Commerce-Verbindungsstellen [9] entgegengenommen werden. Die Kommission wird die Ergebnisse analysieren und veröffentlichen.

    [7] Als da sind: die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung, Richtlinie 84/450/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. L 250 vom 19.9.1984, S. 17) und die Richtlinie 97/55/EG des Europäische Parlamentes und des Rates zur Änderungen der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (ABl. L 290 vom 23.10.1997, S. 18).

    [8] http://www.emarketservices.com.

    [9] http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/ecommerce/contactpoints_en.htm.

    Außerdem wird eine Gruppe von Rechtsexperten für B2B-Marktplätze eingerichtet, in der die Mitgliedstaaten und entsprechenden Interessengruppen vertreten sind. Aufgabe dieser Gruppe wird es sein, die Rechtslage zu prüfen und die von den Unternehmen vorgebrachten Beschwerden zu analysieren. Ihre Arbeit wird mit einem Bericht abgeschlossen, in dem die Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung des Vertragsrechts auf europäischer Ebene untersucht und die bestehenden Schutzmechanismen gegen unlautere Geschäftspraktiken auf elektronischen B2B-Märkten beurteilt werden. Auf diese Weise sollen grenzüberschreitende elektronische Transaktionen zwischen Unternehmen erleichtert werden. Folgeinitiativen im Zusammenhang mit diesem Bericht werden auf die laufenden Entwicklungen des Europäischen Vertragsrechts abgestimmt werden. [10]

    [10] Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum Europäischen Vertragsrecht (Abl. EG C 255 vom 13.9.2001, S. 1); Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: ein kohärenteres Europäisches Vertragsrecht - ein Aktionsplan (Abl. EG C 63 vom 15.3.2003, S. 1).

    Die kartellrechtlichen Regeln sind ausreichend...

    B2B-Marktplätze haben Anlass zu Befürchtungen gegeben, dass ihre Teilnehmer oder Eigentümer durch die Bündelung von Einkaufs- oder Verkaufsmacht oder durch den Austausch sensibler Geschäftsinformationen den Wettbewerb verfälschen können. Die Kommission ist sich dieser Gefahren bewusst und wendet daher das EG-Kartellrecht [11] strikt an, um die Entstehung oder Verstärkung von Marktmacht zu vermeiden und sicherzustellen, dass es nicht zu wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder zum Missbrauch marktbeherrschender Stellungen kommt. [12]

    [11] Insbesondere Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (,EG-Fusionskontrollverordnung"), ABl. L 24 vom 29.01.2004, S. 1-22.

    [12] Diese Beurteilung wird jedoch auf Einzelfällen beruhen, so dass die folgenden Abschnitte die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf bestimmte Fälle unberührt lassen.

    Die Vermeidung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ist unter Berücksichtigung der Nutzerprofile auf elektronischen Märkten von besonderer Bedeutung. Häufig wird die Befürchtung geäußert, dass E-Märkte so genannte Netzwerkeffekte verursachen, da ihr Wert für den einzelnen Nutzer mit der Zahl der Nutzer steigt; dies kann zu einer Marktbeherrschung des Netzwerkbetreibers führen, wenn die Netzwerkeffekte stark genug sind, um alle Marktteilnehmer dazu zu bringen, dasselbe Netz zu benutzen. Weitere Gefahren einer Marktbeherrschung können entstehen, wenn versucht wird, die ausschließliche Nutzung eines bestimmten E-Marktes zu erzwingen, oder nur bestimmten Käufern und Verkäufern Zugang gewährt wird. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass die Teilnehmer an E-Märkten ihre Einkaufs- und Absatzmacht bündeln. Dies kann den Wettbewerb behindern, vorausgesetzt, ihr Verhalten im Wettbewerb ändert sich und ihr Marktanteil ist groß genug. Darüber hinaus wird befürchtet, dass elektronische Handelsplattformen den Austausch sensibler Geschäftsinformationen, z.B. über Preise, Mengen oder andere Vertrags-bedingungen erleichtern und somit wettbewerbswidrig zu abgestimmten Verhaltensweisen oder Absprachen zwischen den Konkurrenten führen könnten. Ob der Informationsaustausch tatsächlich ein Problem für den Wettbewerb darstellt, hängt sehr stark von der Art der Informationen und der Intensität des Wettbewerbs auf dem jeweiligen Markt ab. So dürfte der Austausch sensibler Informationen über Preise, Teilnehmer usw. auf einem oligopolistischen Markt mit wenigen Teilnehmern eher eine Gefahr für den Wettbewerb darstellen als auf einem Markt mit vielen Käufern oder Verkäufern.

    Die Kommission konnte praktische Erfahrungen bei der Beurteilung von B2B-Märkten in zahlreichen Fällen sammeln, die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag und die EG-Fusionskontrollverordnung betrafen. Diese Erfahrung hat gezeigt, dass die bestehenden kartellrechtlichen Vorschriften ausreichen, um etwaige wettbewerbsbezogene Vorbehalte gegenüber diesen neuen elektronischen Handelsformen auszuräumen und Wettbewerbs-verzerrungen zu vermeiden. In den bisher entschiedenen Fällen konnten die Befürchtungen im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen ausgeräumt werden, da die betreffenden Marktplätze wirksame Schutzmechanismen für sensible Geschäftsinformationen boten bzw. die Möglichkeiten des koordinierten Einkaufs beschränkten. Allerdings sieht die neue Verordnung 1/2003 [13], die die Verordnung 17/1962 ersetzt, keine vorherige Anmeldung von Vereinbarungen und deren Genehmigung durch die Kommission mehr vor. Dementsprechend müssen die E-Marktbetreiber auf der Grundlage von Kommissionsentscheidungen und -Leitlinien, wie beispielsweise den Leitlinien über horizontale Kooperationsvereinbarungen [14], selbst beurteilen, ob die in Frage stehenden Vereinbarungen mit Artikel 81 EG-Vertrag vereinbar sind. Gleichwohl können die Kommission, nationale Wettbewerbsbehörden und Gerichte entweder aus eigener Initiative oder aufgrund von Beschwerden B2B-Marktplätze auf mögliche Verstöße gegen EG-Kartellrecht überprüfen.

    [13] Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikel 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1-25.

    [14] Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. C 3 vom 6.1.2001, S. 2-30.

    ...aber der Kenntnisstand über geltende Wettbewerbsregeln sollte verbessert werden

    Das Vertrauen in elektronische B2B-Märkte kann durch eine Verbesserung des Kenntnisstands über geltendes Wettbewerbsrechts verbessert werden. Diese Verbesserung dient der Einhaltung der betreffenden Regeln durch Marktplatzbetreiber und Teilnehmer und hat eine disziplinierende Wirkung. Die Kommission möchte daher allen an B2B-Märkten Interessierten einen einfachen Zugang zu den einschlägigen Informationen verschaffen. Zu diesem Zweck könnte das B2B-Marktplätze-Portal Informationen über die Kartellrechtspraxis der Kommission bezüglich der Einrichtung und des Betriebs von B2B-Märkten bereitstellen, und zwar hauptsächlich in Form von Links zu den einschlägigen Entscheidungen und Dokumenten auf der Kommissionswebsite. Ferner sollten die Betroffenen darüber informiert werden, wie sie sich über unlauteres Verhalten auf elektronischen B2B-Märkten beschweren können.

    4. DIE BEDEUTUNG DER SELBSTREGULIERUNG FÜR DIE VERTRAUENSWÜRDIGKEIT VON B2B-MARKTPLÄTZEN

    Die für die Einrichtung und den Betrieb von B2B-Märkten geltenden Rechtsvorschriften lassen den beteiligten Unternehmen zum Teil die Möglichkeit zu bilateralen vertraglichen Vereinbarungen. In diesem Zusammenhang kann die Selbstregulierung eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Geschäftspraktiken spielen, die auf lauteren Handelsgrundsätzen und der gegenseitigen Vorteilsnahme aus dem Online-Handel beruhen.

    Vertrauen ist das Fundament elektronischer B2B-Märkte

    Der Entwicklung elektronischer B2B-Märkte wäre es förderlich, wenn die Beteiligten sicher wären, dass die Transaktionen für alle transparent, sicher und rechtmäßig erfolgen. Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für eine breitere Akzeptanz der B2B-Märkte. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Erwartungen der Unternehmen, vor allem der KMU, an den Online-Handel nicht wesentlich von denjenigen der Verbraucher, auch wenn die Unternehmen nicht den gleichen Rechtschutz genießen.

    Die Selbstregulierung kann in Bereichen, die nicht gesetzlich geregelt sind, eine wichtige Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für Online-Auktionen, da das Vertragsrecht der meisten Mitgliedstaaten den beteiligten Parteien die Möglichkeit einräumt, die Regeln für Auktionen selbst zu bestimmen. In dem verhältnismäßig neuen Bereich der Online-Auktionen kann die Selbstregulierung dazu beitragen, faire Geschäftspraktiken zu entwickeln. Viele potenzielle Konflikte, die aus als unlauter empfundenen Praktiken resultieren, könnten vermieden werden, wenn die geltenden Regeln transparenter wären und auf einem breiten Konsens zwischen den Vertragsparteien beruhen würden.

    Die Kommission unterstützt die Selbstregulierung auf B2B-Märkten

    Nach Auffassung der Kommission müssen sich B2B-Marktplätze, um nachhaltig erfolgreich zu sein, auf faire Handelsgrundsätze verständigen, die es den Unternehmen ermöglichen, ohne unnötige Risiken daran teilzunehmen. Um effizient zu sein, muss sich die Selbstregulierung auf einen Konsens zwischen allen Beteiligten stützen. Die Kommission fördert daher die Entwicklung von Verhaltenskodizes unter Beteiligung aller beteiligten Interessengruppen (B2B-Marktbetreiber, Käufer und Verkäufer). Diese Kodizes sollen ein ausgewogenes Interessenverhältnis gewährleisten und die Beteiligten zu lauteren Handelspraktiken anhalten. Um diese Initiative zur Konsensbildung zu unterstützen und ihre Erfordernisse und Möglichkeiten auszuloten, wird die Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2004 einen offenen Workshop über Vertrauensbildung auf elektronischen B2B-Märkten veranstalten. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Kommission zwar bereit ist, die beteiligten Interessengruppen zusammenzubringen, dass sie aber nicht beabsichtigt, sich direkt an den Verhandlungen über die konkrete Ausgestaltung möglicher Verhaltenskodizes zu beteiligen.

    Ein Referenzmodell für Verhaltenskodizes auf elektronischen B2B-Märkten

    Die Notwendigkeit und die Perspektiven für eine Selbstregulierung können je nach Sektor und Handelsform variieren. Besonderer Bedarf besteht offensichtlich an Verhaltenskodizes, die die Transparenzvorschriften über die Durchführung umgekehrter Online-Auktionen näher erläutern. Nach den Empfehlungen der Sachverständigengruppe für B2B-Marktplätze sollten solche Verhaltenskodizes vor allem dem Bedarf der Nutzer an Informationen über den jeweiligen B2B-Markt (z.B. über Teilnehmer, Transaktionsprozessmodelle, Preisfestsetzungs-mechanismen, technische Sicherheit, Datenschutz und Geheimhaltung, geltende Rechtsvorschriften, Streitbeilegungsmechanismen usw.) gerecht werden. [15]

    [15] Siehe Anhänge 2 und 3.

    Die ersten Schritte zur Ausarbeitung von Verhaltenskodizes haben europäische Verbände verschiedener Wirtschaftsbereichen bereits unternommen. Eine vorläufige Beurteilung zeigt jedoch, dass sie häufig unvollständig sind und nicht alle anstehenden Fragen hinreichend beantworten. [16] Die Kommission fordert daher die Privatwirtschaft auf, die bestehenden Verhaltenskodizes zu überarbeiten und zu vervollständigen.

    [16] Siehe Anhang 2.

    Verhaltenskodizes für B2B-Märkte sind freiwillig...

    Verhaltenskodizes basieren auf freiwilligen Vereinbarungen und sind nicht rechtsverbindlich. Nach Auffassung der Kommission ist diese Form freiwilliger Verpflichtung am besten geeignet, ein Klima gegenseitigen Vertrauens zu schaffen und so die elektronischen Geschäftsbeziehungen zu stärken. Sie ist der Ansicht, dass Unternehmen, die sich zu Verhaltenskodizes bekennen, diese auch tatsächlich einhalten sollten.

    Die vereinbarten Verhaltenskodizes müssen transparenter sein, um die Weiterentwicklung von Geschäftspraktiken zu fördern. Betreiber elektronischer B2B-Märkte und Unternehmen, die sich einem Verhaltenskodex unterwerfen, dürfen ein größeres Vertrauen in ihre Dienstleistungen erwarten, vor allem wenn der Verhaltenskodex durch eine unabhängige Stelle zertifiziert wurde, die die Einhaltung der vereinbarten Grundsätze überprüft.

    ...aber mehr Transparenz wird fairen Handelspraktiken zugute kommen

    Die Kommission ermutigt die Betreiber elektronischer B2B-Märkte, die Transparenz der Teilnahmebedingungen proaktiv zu erhöhen und potenzielle Käufer und Verkäufer umfassend zu informieren, damit diese die Vertrauenswürdigkeit und die Sicherheit des E-Marktes besser beurteilen können. Auf der Grundlage dieser Informationen könnten unabhängige Bewertungssysteme entwickelt werden, die es den Unternehmen ermöglichen, sachlich fundiert zu entscheiden, welche Marktplätze sie nutzen wollen. Das europäische B2B-Marktplatz-Portal wird Informationen über B2B-Märkte bereitstellen, die den Grundprinzipien des lauteren Handels genügen.

    Damit die Selbstregulierung effizienter wird, fordert die Kommission die Unternehmensverbände und Handelskammern auf, ihre Mitglieder über den Inhalt bestehender Verhaltenskodizes zu informieren und ihnen Hilfestellung zu geben, damit sie sich tatsächlich an elektronischen B2B-Märkten beteiligen. Allerdings sollen sämtliche Informationen und Fortbildungsmaßnahmen neutral formuliert sein und keinesfalls verbindliche Empfehlungen bestimmter elektronischer B2B-Marktplätze aussprechen.

    5. FAZIT

    Die vorliegende Mitteilung befasst sich mit der Notwendigkeit, die Vertrauensbildung auf elektronischen B2B-Märkten voranzutreiben, um die wirtschaftlichen Risiken zu reduzieren, die sich aus unlauteren und illegalen Geschäftspraktiken auf solchen Märkten ergeben. Elektronische B2B-Märkte können zur Effizienzsteigerung beitragen, weil sie die Transaktionskosten senken und den Wettbewerb stärken. Diese Effizienzgewinne hängen aber weitgehend von der Bereitschaft der Unternehmen ab, auf diesen Märkten tätig zu werden. Um die potenziellen Hindernisse für die Nutzung elektronischer B2B-Märkte zu beseitigen, die auf mangelndes Vertrauen zurückzuführen sind, will die Kommission folgende Maßnahmen ergreifen:

    * Analyse der bestehenden nationalen Rechtsvorschriften über unlautere Handelspraktiken auf B2B-Marktplätzen, um etwaige Lücken auszumachen und/oder festzustellen, ob auf europäischer Ebene Harmonisierungsbedarf besteht. Die Analyse wird in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erstellt werden.

    * Aufforderung an die beteiligten Interessengruppen, Verhaltenskodizes zu entwickeln oder diese zu überarbeiten, um lautere Handelspraktiken auf elektronischen B2B-Märkten zu fördern, wie es in dieser Mitteilung dargelegt wird. Die Kommission ist bereit, die Konsensbildung zwischen den Handelspartnern zu fördern, indem sie alle beteiligten Gruppen auf sektoraler Ebene zusammenbringt und die rechtlichen Rahmenbedingungen näher erläutert.

    * Erstellung einer Studie über die wirtschaftlichen Auswirkungen elektronischer B2B-Märkte auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität europäischer Unternehmen. Im Rahmen dieser Studie sollen vor allen die direkten und indirekten Kosten und der Nutzen für die E-Marktteilnehmer analysiert werden. Die Ergebnisse sollen mit den beteiligten Gruppen diskutiert werden, damit diese ihre Unternehmensstrategien auf elektronischen B2B-Märkten optimieren können.

    * Bereitstellung kohärenter Informationen über die Anwendung der geltenden kartellrechtlichen Regelungen auf B2B-Marktplätze, um den Beteiligten Leitlinien für ein wettbewerbskonformes Verhalten an die Hand zu geben.

    Diese Mitteilung dient dazu, den Dialog zwischen den an elektronischen B2B-Märkten interessierten Kreisen zu intensivieren, damit die Grundsätze des fairen Wettbewerbs und des Schutzes individueller Interessen Beachtung finden. Potenzielle Hindernisse für eine Beteiligung an elektronischen B2B-Marktplätzen sollen beseitigt werden. Es gilt, die Effizienz und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen positiv zu beeinflussen. Die Kommission wird über das europäische B2B-Marktplatz-Portal regelmäßig über Fortschritte in diesem Bereich berichten.

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