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Document 52003PC0446

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern

    /* KOM/2003/0446 endg. - COD 2003/0170 */

    52003PC0446

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern /* KOM/2003/0446 endg. - COD 2003/0170 */


    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern

    (von der Kommission vorgelegt)

    BEGRÜNDUNG

    1. EINFÜHRUNG

    Die Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe aus dem Jahre 1977 regelt die gegenseitige Amtshilfe und den Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, damit diese ihre Steuergesetze wirksamer anwenden können.

    Ein derartiges Instrumentarium hatte sich wegen des ständig wachsenden Risikos, dass Praktiken der Steuerhinterziehung und der Steuerflucht über die Grenzen der einzelnen Mitgliedstaaten hinweg zu Einnahmeverlusten für den Fiskus führen und gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen, als erforderlich erwiesen. Die dadurch bewirkten Verzerrungen des Kapitalverkehrs und der Wettbewerbsbedingungen würden das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, d.h. des heutigen Binnenmarktes, beeinträchtigen.

    Obwohl die Mitgliedstaaten meist bilaterale Abkommen mit anderen Mitgliedstaaten abgeschlossen haben, wurden diese als nicht ausreichend angesehen, um die neuen Formen der Steuerhinterziehung und Steuerflucht wirksam einzudämmen, die immer mehr einen multinationalen Charakter annahmen. Es war daher erforderlich, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten nach gemeinsamen Grundsätzen und Regeln zu stärken.

    Die Richtlinie regelt drei Arten des Informationsaustauschs: Auskunft auf Ersuchen, automatischer Austausch von Auskünften und spontaner Austausch von Auskünften. Außerdem enthält die Richtlinie Bestimmungen zur Gewährleistung der Vertraulichkeit, damit jegliche im Rahmen dieser Zusammenarbeit übermittelten Auskünfte unter Wahrung der Rechte der Steuerpflichtigen behandelt werden. Darüber hinaus wurden Beschränkungen des Informationsaustauschs festgelegt, um zu gewährleisten, dass hinsichtlich der Art der zu übermittelnden Auskünfte der Grundsatz der Gegenseitigkeit gilt. So darf ein Mitgliedstaat einen anderen Mitgliedstaat nicht um Auskünfte ersuchen, die er selbst nach seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht beschaffen dürfte.

    Ferner ermöglicht die Richtlinie eine ständige, durch Mitgliedstaaten und Kommission gemeinsam vorzunehmende Überprüfung der Verfahren der Zusammenarbeit in der Praxis, damit die Kommission entscheiden kann, ob entsprechende Gemeinschaftsvorschriften vorzuschlagen sind, um die erforderlichen Verbesserungen zu erzielen.

    Ursprünglich galt die Richtlinie nur für direkte Steuern. Später wurde ihr Geltungsbereich jedoch zuerst auf die Mehrwertsteuer (MwSt) und dann auf die Verbrauchsteuern ausgedehnt. Kürzlich hat die Kommission einen Vorschlag (KOM (2001) 294 endgültig) unterbreitet, der ein eigenes Instrumentarium für die MwSt vorsieht, und in einem weiteren Vorschlag sollen neue Regelungen ausschließlich für die Verbrauchsteuern niedergelegt werden. Die Richtlinie ist nun seit einem Vierteljahrhundert in Kraft, aber sie wurde für Bedingungen ausgelegt, die sich von den heute herrschenden erheblich unterscheiden. Es erscheint nunmehr angebracht, die ursprüngliche Richtlinie mit dem Ziel ihrer Modernisierung zu überprüfen, um ihre Bestimmungen - allerdings unter Berücksichtigung der erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Steuerarten - enger auf die Regelungen für die Verwaltungszusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung im Bereich der indirekten Steuern abzustimmen.

    2. Ad-hoc-Gruppe "Bekämpfung des Steuerbetrugs"

    Im September 1999 setzte der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) eine Arbeitsgruppe aus von den Mitgliedstaaten benannten hochrangigen Beamten mit Verantwortung im Bereich der Steuerkontrolle und einem Vertreter der Kommission ein. Den Vorsitz führte jeweils der Mitgliedstaat, der den Ratsvorsitz innehatte. Die Arbeitsgruppe sollte dem AStV bis zum 30. Mai 2000 einen Bericht vorlegen, der dann dem Rat "Wirtschaft und Finanzen" zugeleitet werden sollte. Das Mandat der Ad-hoc-Gruppe umfasste folgende Punkte:

    * Beurteilung der aktuellen Situation im Bereich des Steuerbetrugs;

    * Untersuchung möglicher Schwachstellen in den bestehenden Regeln und Kontrollsystemen der Gemeinschaft;

    * Prüfung der Effizienz der administrativen Kooperationsmechanismen bei der Bekämpfung von Steuerflucht und Steuerbetrug im Bereich der indirekten wie auch der direkten Steuern;

    * Untersuchung der Möglichkeit einer verbesserten Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesen Gebieten und Vorschlag von neuen Mechanismen bzw. Maßnahmen, die die Gruppe für zweckmäßig erachtet - all dies unter Berücksichtigung aller Arbeiten, die in ähnlichen Gremien durchgeführt wurden oder noch durchzuführen waren.

    Die Arbeitsgruppe legte ihren Bericht (Ratsdokument 8668/00 - FISC 67 - CRIMORG 83) fristgerecht vor. Der Bericht enthält zahlreiche Empfehlungen, von denen sich einige auf Angelegenheiten im Zusammenhang mit den derzeitigen Regeln über die Verwaltungszusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung beziehen, bei denen die Mitgliedstaaten bereits befugt sind, Änderungen organisatorischer Art vorzunehmen, ohne dass es dafür zusätzlicher Rechtsvorschriften bedürfte.

    Der Bericht fordert jedoch auch Änderungen sowohl der nationalen als auch der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften. Die geltende Richtlinie müsse verbessert werden, um gewisse Schwächen, die die Verfasser des Berichts ermittelt haben, zu beseitigen.

    Nachdem der Rat "Wirtschaft und Finanzen" den Inhalt des Berichts zur Kenntnis genommen hatte, wollte die Kommission prüfen, inwiefern die Empfehlungen der Ad-hoc-Gruppe in Bezug auf die direkten Steuern aufgegriffen werden könnten. Im Hinblick darauf nahm die Kommission Gespräche im Rahmen einer Arbeitsgruppe auf, in der Fachleute aus den Mitgliedstaaten unter ihrem Vorsitz zusammenkamen. Diese Beratungen wurden in drei Sitzungen durchgeführt und zielten auf einen Konsens in der Sache ab.

    3. Erläuterung der vorgeschlagenen Änderungen an den bestehenden Vorschriften und der neuen Bestimmungen auf der Grundlage der spanischen Vorschläge

    1. In Artikel 1 sind die vorgeschlagenen Änderungen an den bestehenden Vorschriften der Grundrichtlinie niedergelegt.

    2. Die erste Änderung betrifft Artikel 2 der Richtlinie, der sich mit der Auskunft auf Ersuchen befasst. Artikel 2 Absatz 2 erkennt an, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates häufig Ermittlungen durchführen muss, um einem Ersuchen der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates nachzukommen und die erforderlichen Informationen zu beschaffen.

    3. In einer Reihe von Mitgliedstaaten schreiben innerstaatliche Verfahrensvorschriften vor, dass ein Steuerpflichtiger zu unterrichten ist, wenn von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates ein ihn betreffendes Amtshilfeersuchen eingegangen ist. Die Ad-hoc-Gruppe hält diesen Umstand für eine Schwachstelle des derzeitigen Verfahrens, da so häufig der Nutzen der von dem ersuchenden Mitgliedstaat anschließend erlangten Informationen eingeschränkt und die Beschaffung der Information verlangsamt werden. Derartige Verzögerungen können die Ermittlungen untergraben und dienen allein den Interessen des Steuerhinterziehers.

    4. Bei Ermittlungen für den eigenen Bedarf dieser Mitgliedstaaten gibt es eine solche Pflicht zur Unterrichtung jedoch nicht. Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen führen dazu, dass die Beschaffung von Informationen für einen anderen Mitgliedstaat erheblich länger dauert als im Rahmen rein inländischer Ermittlungen. Derartige Verzögerungen sind sowohl den Interessen des Mitgliedstaats abträglich, der sich um die Durchsetzung seiner Steuervorschriften bemüht, als auch den allgemeinen Interessen der Gemeinschaft, da ja auch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt wird.

    5. Daher wird vorgeschlagen, die Richtlinie dahingehend zu ändern, dass jegliches Auskunftsersuchen nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Praktiken des Mitgliedstaates behandelt wird, in dem die Behörde ihren Sitz hat, die die Informationen beschafft. Der Wortlaut der vorgeschlagenen Änderung ist mit demjenigen des die MwSt betreffenden Vorschlags (Artikel 5 Absatz 3) identisch. [1]

    [1] KOM(2001) 294 endgültig.

    6. Eine andere Schwachstelle, die die Ad-hoc-Gruppe in der geltenden Richtlinie festgestellt hat, findet sich in Artikel 7 Absatz 1. Derzeit dürfen Informationen nur dann offengelegt werden, wenn die zuständige Behörde des Auskunft erteilenden Mitgliedstaates keine Einwände dagegen erhebt. Nach Auffassung der Ad-hoc-Gruppe lässt der geltende Wortlaut an Klarheit zu wünschen übrig. Einige Mitgliedstaaten sind der Ansicht, dass es einer ausdrücklichen Zustimmung der zuständigen Behörde des Auskunft erteilenden Mitgliedstaates bedarf, bevor die betreffende Auskunft in Gerichtsverfahren verwendet werden darf. Andere Mitgliedstaaten sind dagegen der Ansicht, dass eine stillschweigende Zustimmung unterstellt werden kann, wenn keine Einwendungen erhoben wurden. Der neue Wortlaut soll jegliche Verzögerung ausschließen und macht es nicht mehr erforderlich, dass Gerichtsverfahren ausgesetzt werden, solange die Frage in den Mitgliedstaaten, die eine ausdrückliche Zustimmung für erforderlich halten, nicht geklärt ist. Künftig würde von Anfang an zweifelsfrei feststehen, welche Auffassung vertreten wird.

    7. Der derzeitige Wortlaut von Artikel 8 Absatz 1 lässt offensichtlich unterschiedliche Auslegungen zu. Die Kommission möchte die Gelegenheit nutzen, um den Wortlaut so zu ändern, dass er nicht mehr mehrdeutig ist. Bei den Beratungen der Arbeitsgruppe der Fachleute stimmten die Mitgliedstaaten mit der Auslegung der Kommission überein, dass der derzeitige Wortlaut einem Mitgliedstaat nicht gestatte, Beschaffung und Übermittlung von Auskünften mit der Begründung abzulehnen, die fraglichen Auskünfte wären für seine innerstaatlichen Zwecke nicht erforderlich. Eine solche Ablehnung gelte nur für Informationen, die der betreffende Mitgliedstaat selbst für seine eigenen Zwecke nicht beschaffen oder verwenden könnte. Die Neufassung dieser Bestimmung soll gewährleisten, dass die vorstehende Auslegung nicht mehr in Frage gestellt werden kann, sondern ausdrücklich niedergelegt ist.

    8. Der derzeitige Wortlaut von Artikel 8 Absatz 3 lässt ebenfalls verschiedene Auslegungen zu, und zwar hinsichtlich des Begriffs "interessierter Staat". Ist damit der ersuchte Mitgliedstaat gemeint oder der ersuchende? Nach Ansicht der Kommission kann nur der ersuchende Mitgliedstaat gemeint sein. Da die Mitgliedstaaten dies ebenfalls für die korrekte Auslegung halten, soll die vorgeschlagene Änderung nun jegliche Mehrdeutigkeit vermeiden.

    9. Außerdem werden mit der vorgeschlagenen Richtlinie neue Bestimmungen eingeführt, die auf Anregungen beruhen, die im Rahmen der Arbeitsgruppe der Fachleute auf Kommissionsebene vorgebracht wurden. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, die Regelungen für den Bereich der direkten Steuern enger an diejenigen im Bereich der indirekten Steuern anzulehnen, die sich derzeit im Beschlussverfahren befinden.

    10. Der vorgeschlagene neue Artikel 8a regelt das Verfahren für den Fall, dass einem Steuerpflichtigen Verfügungen oder Entscheidungen der Behörden des Mitgliedstaates, in dem Steuern geschuldet werden, zugestellt werden müssen.

    11. Nicht in jedem Mitgliedstaat ist eine derartige Zustellung notwendig. Für die Mitgliedstaaten, in denen eine Zustellung erforderlich ist, wäre es jedoch von großem Nutzen, wenn das Verfahren in ihrem Namen durch die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates durchgeführt werden könnte. Ist in letzterem in Zusammenhang mit der Durchsetzung von Vorschriften oder der Beitreibung nach innerstaatlichem Recht kein derartiges Verfahren notwendig, sind sich die Steuerbeamten dieses Mitgliedstaates wahrscheinlich nicht über seine Bedeutung für den ersuchenden Mitgliedstaat im Klaren. Die vorgeschlagene Änderung hebt die Bedeutung derartiger Verfahren hervor und erleichtert jegliche weitere Maßnahme im Rahmen der Richtlinie über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen.

    12. Der vorgeschlagene neue Artikel 8b befasst sich mit der gleichzeitigen Prüfung der Geschäftstätigkeit eines Steuerpflichtigen in zwei oder mehr Mitgliedstaaten. Gleichzeitige Prüfungen gelten als eines der effizientesten Mittel für den Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden. Die Ad-hoc-Gruppe hat dringend gefordert, das Problem des missbräuchlichen Umgangs mit Verrechnungspreisen, d.h. die Unter- oder Überfakturierung für grenzüberschreitende Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen, durch einen verbesserten Informationsaustausch anzugehen. Nach Ansicht der Gruppe wären abgestimmte Prüfungen eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen weiter auszubauen. Die Änderung der Richtlinie würde derartige Prüfungen ermöglichen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die jeweiligen zuständigen Behörden ihre Teilnahme an der Prüfung bekunden.

    2003/0170 (CNS)

    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

    auf Vorschlag der Kommission [2],

    [2] ABl. C vom , S. .

    nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [3],

    [3] ABl. C vom , S. .

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) Die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern [4] hat die Grundregeln für die Verwaltungszusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zwecks Aufdeckung und Vorhütung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung festgelegt. Diese Regeln bedürfen nunmehr der Verbesserung, Ergänzung und Modernisierung.

    [4] ABl. L 336 vom 27.12.1977, S. 15.

    (2) Führt ein Mitgliedstaat Ermittlungen durch, um die zur Beantwortung eines Auskunftsersuchens erforderlichen Informationen zu beschaffen, so sollte er als in Erfuellung eigener Aufgaben handelnd gelten. Auf diese Weise unterliegt die Beschaffung der Informationen unabhängig davon, wo sich der betreffende Steuerpflichtige befindet, nur einem einzigen Regelwerk, und die Ermittlungen werden nicht verzögert.

    (3) Es entspricht nicht den Erfordernissen einer wirksamen Bekämpfung des Steuerbetrugs, wenn ein Mitgliedstaat, der von einem anderen Mitgliedstaat Informationen bekommen hat, für deren Verwendung vor Gericht oder bei anderen Verfahren um Genehmigung ersuchen muss.

    (4) Es sollte klargestellt werden, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, Ermittlungen durchzuführen, um die zur Beantwortung eines Amtshilfeersuchens erforderlichen Informationen zu beschaffen, wenn seine zuständige Behörde aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften nicht zur Durchführung von Ermittlungen oder zur Beschaffung derartiger Informationen befugt ist.

    (5) Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates sollte die Möglichkeit haben, die Übermittlung von Auskünften oder die Amtshilfe abzulehnen, wenn der ersuchende Mitgliedstaat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen seinerseits nicht in der Lage ist, gleichartige Auskünfte zu erteilen.

    (6) Da es in einigen Mitgliedstaaten gesetzlich vorgeschrieben ist, einem Steuerpflichtigen Entscheidungen und Verfügungen im Zusammenhang mit seiner Steuerpflicht zuzustellen, und in Anbetracht der daraus erwachsenden Schwierigkeiten für die Steuerbehörden in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger in einen anderen Mitgliedstaat verzogen ist, wäre es angebracht, dass diese Behörden in derartigen Fällen die zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, in den der Steuerpflichtige verzogen ist, um Amtshilfe ersuchen können.

    (7) Da Unternehmen häufig in einer Weise gegliedert sind, dass sie in verschiedenen Mitgliedstaaten über Tochtergesellschaften und verbundene Einrichtungen verfügen, die untereinander Geschäfte tätigen, muss häufig überprüft werden, ob dabei dem Fremdvergleichsprinzip entsprechende Preise angewandt wurden, und es muss festgestellt werden, ob es in einem oder mehreren Mitgliedstaaten möglicherweise zu Steuerausfällen kommt. Es müsste daher möglich sein, derartige Unternehmen gleichzeitigen Prüfungen durch zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu unterziehen, um im Hinblick auf eine korrekte steuerliche Veranlagung der einzelnen verbundenen Einrichtungen Informationen auszutauschen.

    (8) Die Richtlinie 77/799/EWG ist daher entsprechend zu ändern -

    HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Richtlinie 77/799/EWG wird wie folgt geändert:

    1. In Artikel 2 Absatz 2 wird folgender Unterabsatz eingefügt:

    "Zur Beschaffung der verlangten Informationen verfährt die ersuchte Behörde oder die von ihr befasste Verwaltungsbehörde so, als ob sie in Erfuellung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen einer anderen Behörde ihres Landes handeln würde."

    2. In Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 zweiter Spiegelstrich erhält der Satzteil nach dem Strichpunkt folgenden Wortlaut:

    "diese Auskünfte können jedoch in öffentlichen Gerichtsverhandlungen oder in Gerichtsurteilen erwähnt werden, wenn die zuständige Behörde des Auskunft gebenden Mitgliedstaates bei der erstmaligen Übermittlung der Auskünfte nichts dagegen einzuwenden hat."

    3. Artikel 8 wird wie folgt geändert:

    a) Absatz 1 erhält folgenden Wortlaut:

    "Diese Richtlinie verpflichtet einen um Auskunft ersuchten Mitgliedstaat nicht zur Durchführung von Ermittlungen oder zur Übermittlung von Auskünften, wenn die Durchführung derartiger Ermittlungen oder die Beschaffung der verlangten Informationen durch die zuständige Behörde dieses Staates gegen dessen Rechtsvorschriften verstieße oder nicht mit seiner Verwaltungspraxis vereinbar wäre."

    b) Absatz 3 erhält folgenden Wortlaut:

    "Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates kann die Übermittlung von Auskünften verweigern, wenn der ersuchende Mitgliedstaat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, gleichartige Auskünfte zu übermitteln."

    4. Es werden folgende Artikel 8a und 8b eingefügt:

    "Artikel 8a

    Zustellung

    (1) Auf Antrag der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates stellt die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates nach Maßgabe der Rechtsvorschriften über die Zustellung entsprechender Rechtsakte in dem Land, in dem sie ihren Sitz hat, alle behördlichen Verfügungen und Entscheidungen des Mitgliedstaates zu, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, die mit der Anwendung der Rechtsvorschriften über direkte Steuern in dem Gebiet des ersuchenden Mitgliedstaates zusammenhängen.

    (2) Das Zustellungsersuchen enthält Angaben über den Gegenstand der zuzustellenden Verfügung oder Entscheidung, Namen und Anschrift des Empfängers sowie alle weiteren Informationen, die die Identifizierung des Empfängers erleichtern könnten.

    (3) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behöre unverzüglich mit, was aufgrund des Zustellungsersuchens veranlasst wurde und insbesondere, an welchem Tag die Verfügung oder Entscheidung dem Empfänger übermittelt wurde.

    Artikel 8b

    Gleichzeitige Prüfungen

    (1) Ist die steuerliche Situation eines oder mehrerer Steuerpflichtiger für zwei oder mehr Mitgliedstaaten von gemeinsamem oder zusätzlichem Interesse, so führen diese Mitgliedstaaten gleichzeitige Prüfungen durch, um die dabei erlangten Informationen auszutauschen.

    Derartige gleichzeitige Prüfungen werden durchgeführt, wann immer sie wirksamer zu sein scheinen als von einem Mitgliedstaat allein durchgeführte Prüfungen.

    (2) Die zuständige Behörde eines jeden Mitgliedstaats bestimmt selbst, welche Steuerpflichtigen sie als Gegenstand einer gleichzeitigen Prüfung vorschlägt. Sie unterrichtet die jeweils zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten über die Fälle, die nach ihrer Auffassung für eine gleichzeitige Prüfung in Frage kommen. Sie begründet ihre Wahl im Rahmen des Möglichen, indem sie die Informationen liefert, die sie zu dieser Wahl veranlasst haben. Sie gibt ferner an, in welchem Zeitraum derartige Prüfungen durchgeführt werden sollten.

    (3) Die zuständige Behörde eines jeden betroffenen Mitgliedstaats entscheidet, ob sie an der gleichzeitigen Prüfung teilnehmen will. Die zuständige Behörde, der eine gleichzeitige Prüfung vorgeschlagen wurde, teilt der zuständigen Behörde in dem anderen Mitgliedstaat mit, ob sie sich an dieser Prüfung beteiligt.

    (4) Die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten benennen einen für die Beaufsichtigung und Koordinierung der Prüfung verantwortlichen Vertreter."

    Artikel 2

    Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen vor dem [...] die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und übermitteln ihr eine Tabelle der Entsprechungen zwischen diesen Vorschriften und den Bestimmungen dieser Richtlinie.

    Beim Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

    Artikel 3

    Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

    Artikel 4

    Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    Brüssel, den

    In Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

    Der Präsident Der Präsident

    [...] [...]

    ANHANG

    FOLGENABSCHÄTZUNGSBOGEN

    AUSWIRKUNGEN DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS AUF DIE UNTERNEHMEN UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN (KMU)

    Bezeichnung des vorgeschlagenen Rechtsakts: Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern

    Dokumentennummer: [...]

    Der vorgeschlagene Rechtsakt

    Steuerflucht und Steuerhinterziehung über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg führen zu Einnahmeverlusten und verstoßen gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, wodurch wiederum Verzerrungen des Kapitalverkehrs und der Wettbewerbsbedingungen hervorgerufen und das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt werden. Die Gemeinschaft hat also ein starkes Interesse daran, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, ihre steuerlichen Vorschriften wirksam durchzusetzen. Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters dieser rechtswidrigen Praktiken sind nationale Maßnahmen allein nicht ausreichend. Daher sind Regelungen erforderlich, die den Mitgliedstaaten eine entsprechende Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe ermöglichen.

    Der Vorschlag zielt auf die Änderung einer Reihe von Bestimmungen der Richtlinie in ihrer derzeitigen Fassung ab, um sie klarer zu fassen und einige der Verfahren zu verkürzen, die zu befolgen sind, wenn um Amtshilfe ersucht wird. Darüber hinaus werden aber auch neue Bestimmungen eingeführt. Eine davon betrifft die Zustellung von Verfügungen und Entscheidungen eines Mitgliedstaates in einem anderen Mitgliedstaat, in den der betreffende Steuerpflichtige verzogen ist. Eine andere neue Bestimmung regelt die Durchführung von gleichzeitigen Prüfungen von in mehreren Ländern tätigen Unternehmen durch die Mitgliedstaaten. Die Richtlinie gilt nur für den Bereich der direkten Steuern, da die MwSt von einem eigenen Rechtsakt abgedeckt wird und ein weiterer für die Verbrauchsteuern vorgesehen ist. Diese Rechtsakte müssen aufeinander abgestimmt sein, auch wenn die direkten Steuern der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten unterliegen.

    Auswirkungen auf die Unternehmen

    Wer wird durch den vorgeschlagenen Rechtsakt betroffen sein?

    Der Vorschlag zielt auf eine Verbesserung der Bestimmungen der derzeitigen Richtlinie ab, die die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten bei den Bemühungen unterstützt, der Steuerflucht und der Steuerhinterziehung entgegenzuwirken. Die Notwendigkeit der Modernisierung der Richtlinie wurde in dem Bericht [5] betont, den die Ad-hoc-Gruppe des Rates zur Bekämpfung des Steuerbetrugs im Mai 2000 vorgelegt hat. Die Richtlinie wird nur die für direkte Steuern zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten betreffen.

    [5] Ratsdokument 8668/00 FISC 67 CRIMORG 83

    Was werden die Unternehmen zu tun haben, um dem Rechtsakt nachzukommen?

    Durch die vorgeschlagene Richtlinie werden den Unternehmen keine neuen Belastungen auferlegt, weshalb sie auch nichts unternehmen müssen, um diesem Rechtsakt nachzukommen.

    Welche wirtschaftlichen Folgen wird der vorgeschlagene Rechtsakt voraussichtlich haben?

    Angestrebt wird ein höheres Maß an Erfuellung der steuerlichen Pflichten und an Steuergerechtigkeit, was wiederum zum Abbau von Störungen beim Funktionieren des Binnenmarktes beitragen wird. Unmittelbare Auswirkungen auf Beschäftigung, Neugründung von Unternehmen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Allgemeinen dürften nicht auftreten.

    Enthält der vorgeschlagene Rechtsakt Bestimmungen, die der besonderen Lage kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen (etwa reduzierte oder andersartige Anforderungen usw.)?

    Da der vorgeschlagene Rechtsakt keine Auswirkungen auf die Unternehmen hat, enthält der Vorschlag auch keine spezifischen Bestimmungen zur Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen.

    Anhörung

    Organisationen, die zu dem vorgeschlagenen Rechtsakt konsultiert wurden, und deren wichtigste Auffassungen

    Außer mit den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten wurden keine Konsultationen durchgeführt. Der Vorschlag wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe aus Fachleuten aus den Mitgliedstaaten unter Vorsitz der Kommission inhaltlich erörtert. In drei Sitzungen dieses Gremiums wurde ein Konsens angestrebt, und der Vorschlag befasst sich mit den Punkten, in denen Einigung erzielt wurde.

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