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Document 52003DC0660

Stellungnahme der Kommission zum Antrag des Gerichtshofs gemäß Artikel 245 Absatz 2 EG-Vertrag auf Änderung der Artikel 51 und 54 der Satzung des Gerichtshofs mit dem Ziel einer Neuverteilung der Direktklagen auf den Gerichtshof und das Gericht erster Instanz im Sinne von Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag

/* KOM/2003/0660 endg. */

52003DC0660

Stellungnahme der Kommission zum Antrag des Gerichtshofs gemäß Artikel 245 Absatz 2 EG-Vertrag auf Änderung der Artikel 51 und 54 der Satzung des Gerichtshofs mit dem Ziel einer Neuverteilung der Direktklagen auf den Gerichtshof und das Gericht erster Instanz im Sinne von Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag /* KOM/2003/0660 endg. */


STELLUNGNAHME DER KOMMISSION zum Antrag des Gerichtshofs gemäß Artikel 245 Absatz 2 EG-Vertrag auf Änderung der Artikel 51 und 54 der Satzung des Gerichtshofs mit dem Ziel einer Neuverteilung der Direktklagen auf den Gerichtshof und das Gericht erster Instanz im Sinne von Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag

Der Vorschlag des Gerichtshofs

Der Gerichtshof schlägt vor, Artikel 51 der Satzung wie folgt zu ändern:

"Abweichend von der in Artikel 225 Absatz 1 des EG-Vertrags und Artikel 140 a Absatz 1 des EAG-Vertrags vorgesehenen Regelung sind dem Gerichtshof die Klagen gemäß den Artikeln 230 und 232 des EG-Vertrags sowie den Artikeln 146 und 148 des EAG-Vertrags vorbehalten, die von einem Mitgliedstaat

- gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, mit Ausnahme

- der Entscheidungen des Rates gemäß Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 3 des EG-Vertrags;

- der Rechtsakte, die der Rat aufgrund einer Verordnung des Rates über handels politische Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel 133 des EG-Vertrags erlässt;

- der Handlungen des Rates, mit denen dieser gemäß Artikel 202 dritter Spiegelstrich des EG-Vertrags Durchführungsbefugnisse selbst ausübt;

- gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Kommission gemäß Artikel 11a des EG-Vertrags erhoben werden.

Dem Gerichtshof sind ebenfalls die Klagen gemäß denselben Artikeln vorbehalten, die von einem Gemeinschaftsorgan oder der Europäischen Zentralbank gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments, des Rates, dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, oder der Kommission erhoben werden, sowie die Klagen, die von einem Gemein schaftsorgan gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank erhoben werden."

Die Änderung in technischer Hinsicht des Artikels 54 Absatz 3 der Satzung wird im folgenden Text unterstrichen wiedergegeben:

"Sind bei dem Gerichtshof und dem Gericht Rechtssachen anhängig, die den gleichen Gegenstand haben, die gleiche Auslegungsfrage aufwerfen oder die Gültigkeit desselben Rechtsaktes betreffen, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs aussetzen, oder, wenn es sich um Klagen gemäß Artikel 230 des EG-Vertrags oder Artikel 146 des EAG-Vertrags handelt, sich für nicht zuständig erklären, damit der Gerichtshof über diese Klagen entscheidet."

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass er "die Klagen, die [...] in den letzten fünf Jahren (1996 bis 2000) von den Organen und den Mitgliedstaaten erhoben wurden, einer statistischen und inhaltlichen Bewertung unterzogen" [1] und seinen Vorschlag insbesondere auf der Grundlage dieser Bewertung erstellt hat.

[1] Dok. Nr. 6283 des Rates vom 13.2.2003, S. 4.

Einleitende Bemerkungen

a) Dieser Vorschlag ist Teil der im Vertrag von Nizza vorgesehenen Reformen mit dem Ziel, den Gerichtshof durch eine Neuverteilung der Zuständigkeiten auf den Gerichtshof (EuGH) und das Gericht erster Instanz (EuGeI) sowie auch das EuGeI vor allem durch die Übertragung der dienstrechtlichen Streitsachen auf ein gemäß Art. 225 a EG-Vertrag neu einzurichtendes Gericht, das diese Streitsachen in erster Instanz entscheiden soll, zu entlasten.

Aus den dazu auf dem Gipfeltreffen in Nizza angenommenen Erklärungen Nr. 12 und 16 ergibt sich, dass die beiden Reformen Hand in Hand gehen. Daher sollte darauf geachtet werden, dass sie zugleich oder zumindest möglichst rasch hintereinander erfolgen, damit eine deutliche Verlängerung der Urteilsfristen des EuGeI [2], die sich unweigerlich aus einer mit diesem Vorschlag bezweckten "quantitativ bedeutsamen Übertragung" von Klagen vom EuGH an das EuGeI [3] ergeben würde, wenn das EuGeI nicht von den dienstrechtlichen Streitsachen entlastet wird, vermieden werden kann.

[2] Dies würde den Zielen des Vertrags von Nizza widersprechen; zu den Urteilsfristen siehe C-185/95P Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I-8485 (Rn. 15 und 26 bis 49 des Urteils, insbesondere Rn. 44 bis 47).

[3] Dok. 6283, a.a.O., am Ende von S. 3.

b) Im Vorschlag des EuGH wird eine mögliche Übertragung von Vorabentschei dungsbefugnissen auf das EuGeI gemäß Artikel 225 Absatz 3 EG-Vertrag nicht geprüft.

Die Kommission ist mit diesem Ansatz einverstanden, da die wesentliche Neuerung des Vertrags von Nizza darin besteht, aus dem EuGeI das für Direktklagen allgemein zuständige Gericht zu machen, und die Übertragung von Vorabentscheidungs befugnissen nur in bestimmten Sachgebieten vorgesehen ist, die erst in einem zweiten Schritt festgelegt werden können, etwa anlässlich der Einrichtung spezialisierter gerichtlicher Kammern im Sinne von Artikel 225 Absatz 2 EG-Vertrag.

c) Der Vorschlag zielt auf die Durchführung der Reformen, die im ersten Satz des Artikels 225 Absatz 1 vorgesehen sind, da nach Auffassung des Gerichtshofs die "Möglichkeiten, die der letzte Satz des Artikels 225 Absatz 1 Unterabsatz 1 EG eröffnet, im derzeitigen Stadium nicht genutzt werden (sollten)" (Dok. 6283 des Rates, S. 3).

Die Kommission stimmt auch diesem Konzept zu; eine Übertragung anderer Klagen an das Gericht als der Untätigkeitsklagen stellt derzeit keine Priorität dar.

d) Der Gerichtshof erklärt in seinen einleitenden Bemerkungen und der Beschreibung des Gegenstands des Vorschlags [4], dass im Rahmen des neuen Artikels 225 Absatz 1 EG-Vertrag, nach dem das EuGeI im ersten Rechtszug allgemein für alle in Artikel 225 Absatz 1 erster Satz genannten Direktklagen zuständig ist, die "Ausnahmefälle, in denen der Gerichtshof eine ausschließliche Zuständigkeit behalten kann, [...] einer besonderen Rechtfertigung (bedürfen)". In diesem Sinne geht der EuGH davon aus, dass er "nur für die gerichtliche Kontrolle der grundlegenden Rechtsetzungstätigkeit und die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Organen" erst- und letztinstanzlich zuständig bleiben sollte.

[4] Dok. 6283, a.a.O., S. 2.

Die Kommission teilt diese Bewertung vollständig. Das Ziel der neuen Bestimmung des EG-Vertrags besteht in der Tat darin, dem Gerichtshof wesentliche Rechtssachen vorzubehalten, so dass er sich künftig auf seine dreifache Rolle als Verfassungs gerichtshof (wichtige Direktklagen, Vertragsverletzungen und Gutachten), Rechtsmittelgericht für Urteile des Gerichts im ersten Rechtszug und höchste Instanz für die Auslegung im Wege der Vorabentscheidung und die Überprüfung der Urteile des Gerichts konzentrieren kann [5].

[5] Dieses Verfahren wurde durch Artikel 225 Absätze 2 und 3 (letzte Unterabsätze) EG-Vertrag eingerichtet.

Zu den wichtigen Direktklagen zählen zweifellos die Klagen der Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaftsorgane gegen Basisrechtsakte sowie die Klagen zwischen den Organen. Diese Rechtssachen betreffen unmittelbar das Funktionieren der Gemeinschaft im Gleichgewicht der in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Befugnisse zwischen den Gemeinschaftsorganen und den Mitgliedstaaten einerseits und zwischen den Organen andererseits. Sie müssen daher der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs vorbehalten bleiben.

Die Kommission hat zum Vorschlag des Gerichtshofs inhaltliche Bemerkungen in Bezug auf die Rechtsakte und Rechtssachen, die seiner Zuständigkeit vorbehalten sein sollen, und Vorschläge für die Form der in Aussicht genommenen Bestimmung.

INHALTLICHE BEMERKUNGEN

RECHTSAKTE, DIE DEM GERICHTSHOF VORBEHALTEN SEIN SOLLEN

I. Normative Akte

1. Die Kommission stimmt dem Vorschlag des Gerichtshofs hinsichtlich der Rechtsakte des Europäischen Parlaments und/oder des Rates zu. Basisrechtsakte, die gemäß einer Bestimmung des EG-Vertrags erlassen werden, fallen unstreitig in die Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäß Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag.

Der Leitgedanke des Vorschlags führt den Gerichtshof zurecht dazu, Entscheidungen des Rates gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag [6], handelspolitische Schutzmaß nahmen, insbesondere Verordnungen, mit denen der Rat endgültige Antidumping- oder Ausgleichszölle festsetzt [7], sowie Durchführungsmaßnahmen des Rates auf Ermächtigung durch einen Basisrechtsakt von seiner Zuständigkeit in erster und letzter Instanz auszuschließen.

[6] Wie der Gerichtshof bereits 1998 vorgeschlagen hat, ist es in der Tat angezeigt, dass alle Rechtssachen auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen unabhängig vom Kläger oder Beklagten in die Zuständigkeit des EuGeI überführt werden, da sie "die Gruppe von Klagen (bilden), die potenziell am stärksten von der gegenwärtigen Aufsplitterung der gerichtlichen Zuständigkeiten für Klagen gegen ein und denselben Rechtsakt betroffen ist", die von den Mitgliedstaaten oder natürlichen und juristischen Personen erhoben werden (Dok. Nr. 5713/99 - JUR 54 - des Rates vom 25.2.1999; Begründung, S. 4).

[7] Verordnungen auf der Grundlage einer Bestimmung eines Basisrechtsakts wie etwa Artikel 12 der Verordnung Nr. 2423/88 des Rates vom 11.7.1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 209 vom 2.8.1988) nach einer Verordnung der Kommission zur Festsetzung eines vorläufigen Antidumping- oder Ausgleichszolls (Artikel 11). Aus denselben Gründen wie bei Streitsachen auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen hatte der EuGH bereits 1998 vorgeschlagen, diese Rechtsakte ebenfalls in die Zuständigkeit des EuGeI zu überführen.

Aus einer umfassenden Bewertung aller Durchführungsmaßnahmen, die im vom EuGH gewählten Referenzzeitraum Gegenstand von Streitsachen waren, ergibt sich, dass die vom Rat direkt oder im Rahmen eines Ausschussverfahrens angenommenen Maßnahmen mit den von der Kommission erlassenen Durchführungsmaßnahmen eine Gesamtheit bilden und der Kontrolle derselben Rechtsprechungsinstanz, nämlich des EuGeI, unterliegen sollten [8].

[8] Stellungnahme der Kommission, Dok. SEK (2002) 994 vom 20. September 2002, S. 8 bis 12.

Angesichts dieser Bewertung und des Leitgedankens des Vorschlags des Gerichtshofs vertritt die Kommission die Auffassung, dass in der vorgeschlagenen Bestimmung das Wort "selbst" gestrichen werden sollte (Absatz 1 erster Anstrich dritter Unteranstrich der Bestimmung) [9].

[9] Siehe den Vorschlag für eine Neuformulierung in dem Abschnitt "Die Bestimmung".

Durch eine Beibehaltung dieses Wortes, das aus Art. 202 EG-Vertrag entnommen ist [10], würde dem EuGeI die Zuständigkeit für die vom Rat "selbst" angenommenen Rechtsakte übertragen, während dem EuGH die Zuständigkeit für vom selben Organ im Rahmen eines Ausschussverfahrens angenommene Rechtsakte vorbehalten wäre [11].

[10] und auf Durchführungsmaßnahmen des Rates ohne vorheriges Ausschussverfahren abstellt.

[11] Verfahren, die gemäß dem Beschluss 1999/468 des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefug nisse (ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23), der den Beschluss 87/373 des Rates vom 13.7.1987 ersetzt hat (ABl. L 197 vom 18.7.1987, S. 33), in den Basisrechtsakten festgelegt sind.

Eine solche Unterscheidung lässt sich aus den Durchführungsmaßnahmen nicht rechtfertigen und würde daher eine Inkohärenz in die vom Vertrag von Nizza vorgegebene Neuverteilung der gerichtlichen Zuständigkeit [12] bringen.

[12] Siehe Fn. 8.

2. Die Kommission stimmt mit dem Gerichtshof überein, dass sich die normativen Akte, die seiner ausschließlichen Zuständigkeit vorbehalten bleiben sollen, nicht auf die Rechtsakte des Parlaments und des Rates beschränken.

Der Gerichtshof behält sich zurecht Klagen gegen die Handlungen der Kommission im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit gemäß Artikel 11 a EG-Vertrag vor. Wie der EuGH feststellt, handelt es sich dabei um eine Befugnis derselben Art, wie sie der Rat nach Artikel 11 Absatz 2 EG-Vertrag hat, deren normativer Charakter außer Zweifel steht.

3. Nach Ansicht der Kommission kann jedoch das Ziel, Basisrechtsakte der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs vorzubehalten, nicht mit der für eine Neuverteilung der gerichtlichen Zuständigkeit nötigen Kohärenz erreicht werden, wenn andere normative Akte, die gemäß dem Vertrag von der Kommission oder von der EZB angenommen werden, aus seiner Zuständigkeit in erster und letzter Instanz ausgenommen bleiben.

a) Normative Akte der Kommission

i) Richtlinien gemäß Art. 86 Abs. 3 (ex-Art. 90 Abs. 3) EG-Vertrag

In dem vom Gerichtshof gewählten Referenzzeitraum hat die Kommission mehrere Richtlinien gemäß ex-Artikel 90 Absatz 3 (nun Artikel 86 Absatz 3) EG-Vertrag angenommen, die Gegenstand von vier Klagen der Mitgliedstaaten waren [13]. Diese vier Rechtssachen wurden jedoch mit Beschlüssen vom 19.5.1998 und 26.6.1998 aus dem Register gestrichen.

[13] Die Rechtssachen C-11/96 Spanien/Kommission und C-12/96, Portugal/Kommission, betrafen die Richtlinie 95/51/EG zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG hinsichtlich der Aufhebung der Einschränkungen bei der Nutzung von Kabelfernsehnetzen für die Erbringung bereits libe ralisierter Telekommunikationsdienste (ABl. L 256 vom 26.10.1995, S. 49). Die Rechtssachen C-123/96 und 199/96, Spanien/Kommission, betrafen die Richtlinien 96/2 bzw. 96/19 zur Änderung der genannten Richtlinie 90/388.

Daher müssen frühere Fälle herangezogen werden, um den normativen Gehalt dieser Akte und die institutionelle Bedeutung der dem Gerichtshof unterbreiteten Streitsachen zu bewerten.

In den Rechtssachen 188 bis 190/80 beantragten drei Mitgliedstaaten die Nichtigerklärung der Richtlinie 80/723 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen [14]. In der Rechtssache 202/88 verlangte Frankreich unterstützt von vier weiteren Mitgliedstaaten die Nichtigerklärung der Richtlinie 88/301 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikations-Endgeräte [15].

[14] Verb. Rs. 188 bis 190/80, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1982, S. 2545. Anmerkung: Die in diesen Klagen angefochtene Richtlinie 80/723 wurde insbesondere durch die Richtlinie 2000/52 der Kommission vom 26.7.2000 geändert (ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75).

[15] Rs. C-202/88 Frankreich (unterstützt durch Deutschland, Belgien, Griechenland und Italien)/ Kommission, Slg. 1991, I- 1259.

Aus diesen Urteilen ergibt sich deutlich, dass Artikel 90 (nun Artikel 86) Absatz 3 EG-Vertrag der Kommission die normative Befugnis einräumt, "allgemeine Regeln zu erlassen, durch die die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen präzisiert werden und die für die Mitgliedstaaten hinsichtlich der in den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels genannten Unternehmen gelten" [16], und dass diese Befugnis unabhängig von der Befugnis der Kommission im Rahmen von Artikel 169 (nun Artikel 226) EG-Vertrag [17] sowie der allgemeinen Zuständigkeit des Rates gemäß dem Vertrag ist [18].

[16] Rn. 14 des Urteils in der Rs. 202/88, Slg. 1991, I- 1263.

[17] Rn. 16 und 17 des Urteils in der Rs. 202/88.

[18] Rn. 25 und 26 des Urteils in der Rs. 202/88.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof die Klagen in den Rechtssachen 188 bis 190/80 zurückgewiesen hat. Die im Rahmen der Rechtssache 202/88 erhobenen Klagegründe der Unzuständigkeit der Kommission und des Verfahrensmissbrauchs wurden ebenfalls zurückgewiesen. Dass der Gerichtshof bestimmte Vorschriften der Richtlinie 88/301, gegen die sich die genannte Klage richtete, dennoch aufgehoben hat, liegt nur an der mangelnden Rechtfertigung der Aufhebung bestimmter besonderer Rechte [19] und der Tatsache, dass die betreffende Richtlinie bestimmte wettbewerbswidrige Verhaltensweisen der Unternehmen betrifft, während Artikel 90 (nun Artikel 86) Absatz 3 EG-Vertrag der Kommission eine Befugnis nur im Hinblick auf staatliche Maßnahmen verleiht [20].

[19] Rn. 46 des Urteils in der Rs. 202/88.

[20] Rn. 55 und 56 des Urteils in der Rs. 202/88.

Diese Präzedenzfälle zeigen, dass die Klagen der Mitgliedstaaten gegen die Richt linien der Kommission gemäß Artikel 86 Absatz 3 EG-Vertrag einen institutionellen und grundlegenden Charakter aufweisen, da sie die verschiedenen Befugnisse der Kommission nach Maßgabe des Vertrags und die Kompetenzverteilung zwischen ihr und dem Rat betreffen.

Ferner wird darauf hingewiesen, dass Richtlinien grundsätzlich nicht Gegenstand von Direktklagen natürlicher und juristischer Personen beim EuGeI, wohl aber von Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH sein können.

Aus diesen Gründen sollten Richtlinien gemäß Artikel 86 Absatz 3 EG-Vertrag nach Ansicht der Kommission dem Gerichtshof vorbehalten bleiben.

ii) Verordnungen der Kommission gemäß Artikel 39 (ex-Artikel 48) Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag

Gemäß dieser Bestimmung gibt die Freizügigkeit der Arbeitnehmer

"3. ... das Recht ...

d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission in Durchführungsverordnungen festlegt."

Der normative Gehalt dieser Befugnis ist eindeutig. Die Tatsache, dass der letzte Basisrechtsakt, der von der Kommission in diesem Bereich angenommen wurde, aus dem Jahr 1970 stammt [21], ist keine Rechtfertigung dafür, Artikel 39 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag im Rahmen der Neuverteilung der gerichtlichen Zuständigkeit mit dem Ziel, dem Gerichtshof die Kontrolle der auf der Grundlage des Vertrags angenommenen normativen Akte vorzubehalten, nicht zu berücksichtigen.

[21] Die Verordnung Nr. 1251/70 der Kommission vom 29.6.1970 (ABl. L 142 vom 30.6.1970, S. 24) war Gegenstand des Urteils Givane vom 9.1.2003 (Rs. C-257/00, Slg. 2003, I-345).

b) Rechtsakte der Europäischen Zentralbank

Aus Titel VII Kapitel 2 (dritter Teil) EG-Vertrag sowie den Kapiteln VII und VIII des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der Europäischen Zentralbank (EZB) [22] (nachstehend: Satzung des ESZB) ergibt sich, dass die normative Befugnis im Bereich der Währungspolitik zwischen der EZB und dem Rat geteilt ist [23].

[22] Slg. der Verträge, Ausg. 1999- Teil I - Bd. I, S. 467 bis 501.

[23] Im Gegensatz zur Wirtschaftspolitik; vgl. Art. 111 Abs. 4 EG-Vertrag und Art. 6 Satzung des ESZB.

Der Rat übt eine allgemeine Rechtsetzungsbefugnis aus, die die Möglichkeit einschließt, die in Art. 107 Abs. 5 EG-Vertrag aufgeführten Bestimmungen der Satzung des ESZB (Art. 41 der Satzung des ESZB) zu ändern und die in Art. 107 Abs. 6 EG-Vertrag genannten "ergänzenden" Bestimmungen [24] der Satzung des ESZB (Art. 42 der Satzung des ESZB) zu erlassen.

[24] Kapitel VIII Satzung des ESZB: "Änderung der Satzung und ergänzende Rechtsvorschriften", Slg. der Verträge, Ausg. 1999, Teil I - Bd. I, S. 495.

Gemäß Artikel 110 Absatz 1 EG-Vertrag (Art. 34.1 der Satzung des ESZB) ist hingegen die EZB befugt, jene Akte zu erlassen, die zur Erfuellung der in der Satzung des ESZB festgelegten Aufgaben erforderlich sind.

Diese Befugnis besteht im Erlass von "Verordnungen", insoweit dies für die Erfuellung der in der Satzung des ESZB festgelegten Aufgaben erforderlich ist (Art. 110 Abs. 1 erster Anstrich EG-Vertrag), insbesondere:

- "die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen" (Art. 3.1 erster Anstrich der Satzung des ESZB; Art. 105 Abs. 2 erster Anstrich EG-Vertrag) [25],

[25] Art. 3 Abs. 1 der Satzung des ESZB wurde durch eine Leitlinie der EZB vom 31.8.2000 über geldpolitische Instrumente und Verfahren des Eurosystems umgesetzt (ABl. L 310 vom 11.12.2000, S. 1).

- "zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele verlangen, dass die in den Mitglied staaten niedergelassenen Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken unterhalten" (Art. 19.1 der Satzung des ESZB) [26],

[26] Dieser Artikel wurde insbesondere durch die Verordnung Nr. 2818/98 der EZB über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht umgesetzt (ABl. L 356 vom 30.12.1998, S. 1).

- "effiziente und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Gemeinschaft und im Verkehr mit dritten Ländern zu gewährleisten" (Art. 22 der Satzung des ESZB).

Die genannte Befugnis umfasst auch den Erlass von "Entscheidungen", die zur Erfuellung der dem ESZB nach dem Vertrag und der Satzung des ESZB übertragenen Aufgaben erforderlich sind (Art. 110 Abs. 1 zweiter Anstrich EG-Vertrag).

In Bezug auf Verordnungen der EZB ist von Bedeutung, dass in Art. 110 Abs. 2 EG-Vertrag (Art. 34.2 der Satzung des ESZB) derselbe Wortlaut wie in Artikel 249 (ex-Artikel 189) EG-Vertrag verwendet wird: "Die Verordnung (der EZB) hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat".

In Artikel 110 Abs. 1 erster Anstrich EG-Vertrag wird hinzugefügt, das die EZB Verordnungen ferner in den Fällen erlässt, "die in den Rechtsakten des Rates nach Artikel 107 Absatz 6 vorgesehen sind".

Es handelt sich um Durchführungsmaßnahmen, die auf Ermächtigung durch einen Basisrechtsakt des Rates ergriffen werden [27]. Dies gilt auch für die Maßnahmen der EZB im Rahmen von Art. 110 Abs. 3 EG-Vertrag, nach dem die EZB vom Rat ermächtigt werden kann, Unternehmen bei Nichteinhaltung ihrer Verordnungen und Entscheidungen mit Geldbußen oder Zwangsgeldern zu belegen [28], oder von Art. 105 Abs. 6 EG-Vertrag, nach dem der Rat der EZB besondere Aufgaben im Zusammen hang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen kann.

[27] Beispiel: Verordnung Nr. 2174/2002 der EZB über die konsolidierte Bilanz des Sektors der monetären Finanzinstitute (ABl. L 330 vom 6.12.2002, S. 29), erlassen gemäß Art. 5 Abs.1 und 6 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2533/98 des Rates über die Erfassung statistischer Daten durch die EZB (ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8), die wiederum gemäß Artikel 5.4 der Satzung des ESZB, der in Art. 107 Abs. 6 EG-Vertrag aufgeführt ist, erlassen wurde.

[28] Z.B. die Verordnung Nr. 2157/1999 der EZB über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen (ABl. L 264 vom 12.10.1999, S. 21), die auf Art. 110 Abs. 3 EG-Vertrag Bezug nimmt und insbesondere auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2532/98 des Rates (ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 4) erlassen wurde, die wiederum gemäß ex-Art. 108 a Abs. 3 (nun Art. 110 Abs. 3) EG-Vertrag und Art. 34.3 der Satzung des ESZB, der in Art. 107 Abs. 6 EG-Vertrag aufgeführt ist, angenommen wurde.

Nach Auffassung der Kommission sollte für Rechtsakte der EZB derselbe Leitgedanke gelten wie für die anderen Gemeinschaftsakte.

Die Kontrolle der Durchführungsmaßnahmen der EZB auf Ermächtigung durch einen Basisrechtsakt des Rates kann dem EuGeI übertragen werden.

Die anderen Akte der EZB gemäß Art. 110 Abs. 1 EG-Vertrag oder der Satzung des ESZB sollten hingegen der Kontrolle des EuGH vorbehalten bleiben.

Die Einstufung der Verordnungen und Rechtsakte gemäß Art. 110 Abs. 1 erster Anstrich EG-Vertrag als Basisrechtsakte wird weder durch ihre Rechtsgrundlage und ihre Wirkungen, noch in Bezug auf den Inhalt der ergriffenen Maßnahmen in Frage gestellt. Die Komplementarität dieser Maßnahmen zu den Rechtsakten des Rates gemäß Art. 107 Abs. 6 oder auch Art. 107 Abs. 5 EG-Vertrag setzt jedenfalls voraus, dass dieselbe Instanz, in diesem Fall der Gerichtshof, dafür zuständig ist.

Als Beispiel für ergänzende Bestimmungen können insbesondere die Verordnungen über die Mindestreservepflicht der EZB gemäß Art. 19.1 der Satzung des ESZB [29] und des Rates gemäß Art. 19.2 der Satzung der ESZB [30] herangezogen werden.

[29] Verordnung Nr. 2818/98 der EZB vom 1.12.1998 über die Auferlegung einer Mindestreserve pflicht, vgl. Fn. 26. Diese Verordnung wurde durch die Verordnung der EZB Nr. 1921/2000 (ABl. L 229 vom 9.9.2000, S. 34) und die Verordnung der EZB Nr. 690/2002 (ABl. L 106 vom 23.4.2002, S. 9) geändert.

[30] Verordnung Nr. 2531/98 des Rates vom 23.11.1998 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die EZB (ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 1).

Die Möglichkeit von Klagen der Mitgliedstaaten gegen solche Akte der EZB zur Klärung der Kompetenzverteilung zwischen der EZB und dem Rat kann daher nicht ausgeschlossen werden. Dies sollte nach Ansicht der Kommission bei der Neufassung von Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofs berücksichtigt werden.

Entscheidungen gemäß Art. 110 Abs. 1 zweiter Anstrich EG-Vertrag zählen jedoch sicherlich nicht formell zu den Basisrechtsakten.

Nach Auffassung der Kommission sollte jedoch dem Gerichtshof die Kontrolle der Entscheidungen der EZB vorbehalten bleiben, und zwar aus folgenden Gründen:

- sie sind, wie im Vertrag festgelegt ist, direkt mit der Erfuellung der Aufgaben des ESZB verbunden und werden aufgrund von Bestimmungen der Satzung der ESZB ergriffen,

- sie sind aufgrund der Zuständigkeitsverteilung nach Maßgabe des EG-Vertrags und der Satzung der ESZB [31] mit vielen Rechtsakten des Rates verbunden,

[31] Siehe Satzung des ESZB, insbesondere Art. 5.3 und 5.4, Art. 6 und 12.5, in Verbindung mit Art. 111 Abs. 4 EG-Vertrag, Art. 20 Absätze 1und 2, Art. 28 und 29.

- mögliche Klagen der Mitgliedstaaten gegen solche Rechtsakte hätten bereits ihrer Art nach einen institutionellen Charakter und jedenfalls eine bestimmte Bedeutung in diesem neuen Bereich, zu dem es bisher noch keine Rechtsprechung gibt.

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass Klagen der Mitgliedstaaten gegen Rechtsakte der EZB gemäß Art. 110 Abs. 1 EG-Vertrag oder anderer Bestimmungen der Satzung des ESZB mit Ausnahme jener Akte, die auf Ermächtigung durch einen Rechtsakt des Rates erlassen werden, dem Gerichtshof vorbehalten sein sollen.

II. Andere Rechtsakte, die dem Gerichtshof vorbehalten sein sollen

a) Rechtsakte oder unterlassene Beschlussfassung der Kommission gemäß den Artikeln 99 bis 104 EG-Vertrag

Gemäß den Artikeln 99 bis 104 EG-Vertrag werden Maßnahmen des Rates im Bereich der Wirtschaftspolitik aufgrund von Berichten und Empfehlungen der Kommission ergriffen.

Die Möglichkeit von Untätigkeits- oder gar Nichtigkeitsklagen der Mitgliedstaaten gegen die Kommission sollte im Rahmen der dem Gerichtshof vorbehaltenen Befugnisse berücksichtigt werden.

b) Akte der Organe, die nicht in Art. 249 EG-Vertrag aufgeführt sind, jedoch Rechtswirkungen erzeugen

Der Gerichtshof schlägt vor, "eine Handlung ... des Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen", seiner Zuständigkeit vorzubehalten.

Diese Formulierung umfasst nicht nur Basisrechtsakte, die vom Rat allein oder in Mitentscheidung mit dem Parlament angenommen werden, sondern auch Akte der beiden Organe in Bezug auf ihre Funktionsweise wie Entschließungen über den Sitz des Parlaments [32] oder die Unterbringung seiner Dienststellen [33] oder Akte wie den Verhaltenskodex für den Zugang zu Ratsdokumenten [34].

[32] Rs. C-230/81, Luxemburg/Parlament, Slg. 1983, S. 255 (281).

[33] Rs. C-108/83 Luxemburg/Parlament, Slg.. 1984, S. 1945 (1947).

[34] Rs. C-58/94 Niederlande/Rat, Slg. 1996, I- 2169; dieser Verhaltenskodex des Rates und der Kommission war auch Gegenstand einer Klage gegen die Kommission: Rs. C-303/90 Frankreich/Kommission, Slg.. 1991, I - 5315 (5343).

Die Kommission stimmt diesem Ansatz zu, der jedoch ihrer Auffassung nach für alle Organe gelten sollte. Bestimmungen der Organe im Rahmen ihrer institutionellen Autonomie, die Rechtswirkungen erzeugen sollen, betreffen stets die Kompetenz verteilung und das institutionelle Gleichgewicht [35]. Klagen der Mitgliedstaaten gegen diese Akte sollten daher dem Gerichtshof vorbehalten sein.

[35] In der Rechtssache C-366/88 Frankreich/Kommission (Slg. 1990, I-3571 (3595), hat der Gerichtshof eine Interne Dienstanweisung der Kommission zur Festlegung der Befugnisse ihrer Bediensteten gegenüber Dritten im Rahmen der Verwaltung des EAGFL aus dem Grund für nichtig erklärt, dass sich die Kommission nicht darauf beschränkt hat, die Grundverordnung zu erläutern, sondern ihre eigenen Bestimmungen hinzugefügt hatte. In der Rs. C-325/91, Frankreich/Kommission (Slg. 1993, I- 3283 (3303), hat der Gerichtshof eine Mitteilung der Kommission, in der die Modalitäten für die Anwendung der Richtlinie 80/723 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen in der verarbeitenden Industrie erläutert werden sollten und die im ABl. 1991, C 273, S.2 veröffentlicht und den einzelnen Mitgliedstaaten bekannt gegeben worden ist, für nichtig erklärt.

Der Vorschlag des Gerichtshofs erstreckt sich bereits auf solche Rechtsakte des Parlaments und des Rates. Wenn die Bestimmung noch in Bezug auf die EZB ergänzt wird, wäre noch eine Änderung in der Form notwendig, dass auch solche Rechtsakte der Kommission umfasst werden.

STREITSACHEN ZWISCHEN DEN ORGANEN

Der Gerichtshof schlägt vor, Streitsachen zwischen den Organen, zwischen einem Organ und der EZB und zwischen der EZB und einem Organ seiner Zuständigkeit vorzubehalten.

Nach Ansicht der Kommission sollte sich die Zuständigkeit des EuGH auf alle Streitsachen institutioneller Art erstrecken und damit auch Klagen von einem Organ und sogar einem Mitgliedstaat [36] gegen die Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen umfassen, die entsprechend dem Wortlaut des Artikels 286 Absatz 1 EG-Vertrag "durch den Vertrag oder auf der Grundlage des Vertrags errichtet" worden sind.

[36] Diese Klagemöglichkeit ist zum Beispiel in Art. 42 der Verordnung Nr. 1592/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.7.2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit (ABl. L 240 vom 7.9.2002, S. 1) vorgesehen.

Nach Auffassung der Kommission verlangt die Erfuellung bestimmter Aufgaben in Sonderbereichen, insbesondere von Durchführungsaufgaben mit Entscheidungsbefug nissen gegenüber Dritten spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der Verwaltung der Gemeinschaft nicht immer verfügbar sind [37]. Der Gemeinschaftsgesetzgeber kann in diesem Fall eine Agentur [38] errichten, d.h. eine Stelle, die über Rechtspersönlichkeit und die zur Ausübung ihrer Tätigkeit notwendige Autonomie verfügt.

[37] Mitteilung der Kommission - Rahmenbedingungen für die europäischen Regulierungs agenturen, KOM(2002)718 endg. vom 11.12.2002.

[38] Vgl. die Liste der derzeit bestehenden Agenturen im genannten Dok. KOM(2002) 718, S. 3.

Klagen eines Organs oder eines Mitgliedstaats gegen eine solche Agentur sollten im Rahmen der in Art. 225 Abs. 1 EG-Vertrag in Aussicht genommenen Neuverteilung der Zuständigkeiten nicht dem EuGeI zugewiesen werden, da solche an die Gemeinschaftsrichter herangetragenen Streitsachen stets die Reichweite der Befugnisse der betreffenden Agentur und ihre Stellung im institutionellen Gefüge betreffen werden.

Es wird damit nicht bezweckt, den Einrichtungen sowie den Ämtern und Agenturen Befugnisse vor dem Gerichtshof einzuräumen, die ihnen im Vertrag nicht zugestanden sind. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass der EuGH für Klagen zuständig ist, die gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten oder den Organen gegen solche Ämter und Agenturen erhoben werden.

Nach Auffassung der Kommission sollte die vom Gerichtshof vorgeschlagene Bestimmung daher in dieser Hinsicht ergänzt werden.

DIE BESTIMMUNG

I. Die Kommission schlägt vor, die vom Gerichtshof vorgeschlagene Bestimmung auf der Grundlage der vorangehenden Bemerkungen zu ergänzen.

Absatz 1

Die Kommission möchte erstens eine rein redaktionelle Änderung vornehmen, um die Durchführungsakte des Rates besser kenntlich zu machen, da in den Bezugs vermerken dieser Akte nicht Artikel 202 EG-Vertrag, sondern die Vorschrift des Basisrechtsakts genannt wird, die zur Annahme des betreffenden Durchführungsakts ermächtigt [39].

[39] Vgl. etwa die Verordnung Nr. 2772/1999 des Rates vom 21.12.1999 mit den allgemeinen Regeln für ein obligatorisches Etikettierungssystem für Rindfleisch (ABl. L 334 vom 28.12.1999), deren Bezugsvermerk wie folgt lautet: "gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung ..., insbesondere auf Artikel 19".

Zweitens möchte sie die vom Gerichtshof vorgeschlagene Bestimmung ergänzen, so dass die oben aufgeführten normativen und nicht normativen Akte zu dem ihm vorbehaltenen Zuständigkeitsbereich hinzugefügt werden.

Absatz 2

Die Kommission möchte den Wortlaut vereinfachen und Klagen der Gemeinschafts organe gegen durch den Vertrag oder auf seiner Grundlage errichtete Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen hinzufügen.

Die in dieser Form geänderte Bestimmung ist in Anlage 1 zu diesem Dokument beigefügt.

II. Möglichkeit eines anderen Wortlauts der Bestimmung

Nach Ansicht der Kommission sollte geprüft werden, ob die Neuverteilung der gerichtlichen Zuständigkeit auf den EuGH und das EuGeI im Sinne des Vertrags von Nizza nicht klarer wäre, wenn die dem Gerichtshof vorbehaltenen Rechtsakte entsprechend ihrer Kategorie (Rechtsakte, die auf der Grundlage des Vertrags ergriffen werden, autonome Rechtsakte...) und nicht allein nach Maßgabe des Urhebers gegliedert werden.

Die Aufzählung der gemäß dem Vertrag angenommenen Rechtsakte, zu der die Struktur der vom Gerichtshof vorgeschlagenen Bestimmung unweigerlich führt, insbesondere im Hinblick auf Rechtsakte der Kommission, birgt das Risiko, unvollständig und damit unsicher zu sein. Darüber hinaus könnte die Zulässigkeit bestimmter gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten erhobener Untätigkeitsklagen und sogar Nichtigkeitsklagen gegen die Kommission vor allem im Bereich der Wirtschaftspolitik (Artikel 99 bis 104 EG-Vertrag) in Frage gestellt sein.

Daher sollte ein Ansatz bevorzugt werden, bei dem die aufgrund des Vertrags angenommenen Rechtsakte mit Ausnahme jener im Bereich des Wettbewerbs, der staatlichen Beihilfen und der Wirtschaftspolitik dem Gerichtshof vorbehalten werden. Ein solcher Ansatz könnte zudem eine leichtere Anpassung an eventuelle Änderungen aufgrund eines künftigen Verfassungsvertrags ermöglichen.

Die in dieser Form geänderte Bestimmung ist in Anlage 2 zu diesem Dokument beigefügt.

ANLAGE 1

Die geänderte Bestimmung (siehe Unterstreichungen) lautet wir folgt:

"1. Abweichend von der in Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 140 a Absatz 1 EAG-Vertrag vorgesehenen Regelung sind dem Gerichtshof die Klagen gemäß den Artikeln 230 und 232 EG-Vertrag und den Artikeln 146 und 148 EAG-Vertrag vorbehalten, die von einem Mitgliedstaat

i) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, erhoben werden mit Ausnahme

- der Entscheidungen des Rates gemäß Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 3 EG-Vertrag,

- der Rechtsakte, die der Rat aufgrund einer Verordnung des Rates über handelspolitische Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel 133 EG-Vertrag erlässt,

- der Rechtsakte, die der Rat auf Ermächtigung durch einen auf der Grundlage des Vertrags erlassenen Rechtsakt des Rates oder Rechtsakt des Europäischen Parlaments und des Rates erlässt;

ii) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Kommission gemäß Artikel 11 a, Artikel 39 Absatz 3 Buchstabe d, Artikel 86 Absatz 3 und der Artikel 99 bis 104 EG-Vertrag erhoben werden,

iii) gegen einen von der Kommission angenommenen Rechtsakt, der nicht in Artikel 249 EG-Vertrag aufgeführt ist und Rechtswirkungen erzeugen soll, erhoben werden,

iv) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank gemäß Artikel 110 Absatz 1 EG-Vertrag oder sonstiger [40] Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank erhoben werden,

[40] anderer als jener nach Artikel 110 Absatz 1 erster Anstrich EG-Vertrag.

v) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung von Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, die durch den EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage errichtet wurden, erhoben werden."

2. Dem Gerichtshof sind ebenfalls die Klagen gemäß denselben Artikeln vorbehalten, die

- von einem Gemeinschaftsorgan gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung eines anderen Gemeinschaftsorgans oder der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Zentralbank gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung eines Gemeinschaftsorgans,

- von einem Gemeinschaftsorgan gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung von Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, die durch den EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage errichtet wurden,

erhoben werden."

ANLAGE 2

Alternativer Wortlaut der Bestimmung

"1. Abweichend von der in Artikel 225 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 140 a Absatz 1 EAG-Vertrag vorgesehenen Regelung sind dem Gerichtshof die Klagen gemäß den Artikeln 230 und 232 EG-Vertrag und den Artikeln 146 und 148 EAG-Vertrag vorbehalten, die von einem Mitgliedstaat

i) gegen einen Rechtsakt, der sich auf eine Bestimmung des EG-Vertrags oder des EAG-Vertrags stützt, oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Parlaments und des Rates, des Rates oder der Kommission gemäß dem EG-Vertrag oder dem EAG-Vertrag erhoben werden mit Ausnahme

- der Entscheidungen der Kommission oder des Rates gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag,

- und der Entscheidungen der Kommission gemäß Artikel 38, Artikel 76 Absatz 2, der Artikel 81, 82, 85, 86 Absatz 3 und Artikel 134 EG-Vertrag;

ii) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank gemäß Artikel 110 Absatz 1 EG-Vertrag oder sonstiger [41] Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank erhoben werden,

[41] anderer als jener nach Artikel 110 Absatz 1 erster Anstrich EG-Vertrag.

iii) gegen einen von der Kommission angenommenen Rechtsakt, der nicht in Artikel 249 EG-Vertrag aufgeführt ist und Rechtswirkungen erzeugen soll, erhoben werden,

iv) gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung von Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, die durch den EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage errichtet wurden, erhoben werden.

2. Dem Gerichtshof sind ebenfalls die Klagen gemäß denselben Artikeln vorbehalten, die

- von einem Gemeinschaftsorgan gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung eines anderen Gemeinschaftsorgans oder der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Zentralbank gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung eines Gemeinschaftsorgans,

- von einem Gemeinschaftsorgan gegen einen Rechtsakt oder wegen unterlassener Beschlussfassung von Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, die durch den EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage errichtet wurden,

erhoben werden."

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