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Document 52002XC1231(01)

Entwurf einer Mitteilung der Kommission über die Kontrolle horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Fusionskontrollverordnung (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. C 331 vom 31.12.2002, p. 18–31 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52002XC1231(01)

Entwurf einer Mitteilung der Kommission über die Kontrolle horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Fusionskontrollverordnung (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. C 331 vom 31/12/2002 S. 0018 - 0031


Entwurf einer Mitteilung der Kommission

über die Kontrolle horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Fusionskontrollverordnung

(2002/C 331/03)

(Text von Bedeutung für den EWR)

I. EINLEITUNG

1. Gemäß Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(1) ("Fusionskontrollverordnung") prüft die Kommission Zusammenschlüsse im Sinne dieser Verordnung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt.

2. In dieser Mitteilung wird dargelegt, wie die Kommission diese Befugnis wahrnimmt, wenn die fusionierenden Unternehmen auf dem gleichen relevanten Markt Waren oder Dienstleistungen verkaufen oder dort potenzielle Wettbewerber sind. Diese Zusammenschlüsse werden nachstehend als "horizontale Fusionen"(2) bezeichnet. In dieser Mitteilung werden vor allem Leitlinien für die Prüfung der Frage beschrieben, inwieweit die Beseitigung eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs den Wettbewerb auf dem relevanten Markt beeinträchtigen kann(3).

3. Diese Leitlinien beruhen auf den Erfahrungen, die die Kommission mit der Prüfung horizontaler Fusionen gemäß der Fusionskontrollverordnung seit ihrem Inkrafttreten am 21. September 1990 gesammelt hat, aber auch auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften. Sie werden von der Kommission in den einzelnen Fusionsfällen angewandt, weiterentwickelt und verfeinert.

4. Die Würdigung eines horizontalen Zusammenschlusses durch die Kommission greift in keiner Weise dem Ergebnis seiner etwaigen Würdigung durch den Gerichtshof oder das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vor.

II. ÜBERBLICK

5. Gemäß Artikel 2 der Fusionskontrollverordnung ist ein Zusammenschluss dann - und nur dann - mit dem Gemeinsamen Markt für unvereinbar zu erklären, wenn er eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde.

6. Bei der Prüfung von nach der Fusionskontrollverordnung angemeldeten Zusammenschlüssen geht die Kommission im Wesentlichen in zwei aufeinander bezogenen Hauptschritten vor:

i) Abgrenzung der sachlich und geografisch relevanten Märkte,

ii) wettbewerbsrechtliche Würdigung des Zusammenschlusses.

Mit der Abgrenzung des relevanten Marktes sollen vor allem systematisch die Wettbewerbszwänge ausgemacht werden, die auf die fusionierenden Unternehmen einwirken. Durch die Abgrenzung sowohl in sachlicher als auch in räumlicher Hinsicht sollen die tatsächlichen Wettbewerber der beteiligten Unternehmen ermittelt werden, die deren Verhalten einschränken und sie daran hindern können, sich unabhängig von ausreichend starkem Wettbewerbsdruck auf dem Markt zu verhalten. Erläuterungen hierzu sind der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft(4) zu entnehmen. Viele Gesichtspunkte, die zur Abgrenzung der relevanten Märkte führen, spielen u. U. auch bei der wettbewerbsrechtlichen Würdigung der Fusion eine Rolle.

7. In dieser Mitteilung geht es um folgende Punkte:

a) die Wahrscheinlichkeit, dass eine Fusion den Wettbewerb auf den relevanten Märkten behindert, sofern keine anderen Faktoren entgegenwirken;

b) die Wahrscheinlichkeit, dass Nachfragemacht einen wirtschaftlichen Machtzuwachs infolge des Zusammenschlusses ausgleicht;

c) die Wahrscheinlichkeit, dass der wirksame Wettbewerb auf den relevanten Märkten durch den Markteintritt neuer Anbieter gewahrt würde;

d) die Wahrscheinlichkeit von Effizienzvorteilen aufgrund der Fusion und

e) die Voraussetzungen für die Einstufung des Zusammenschlusses als eine Sanierungsfusion.

8. Mittels dieser Kriterien wird die Kommission darüber befinden, ob durch den Zusammenschluss eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt würde, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde. Diese Punkte sind natürlich nicht ausnahmslos in sämtlichen Fusionsfällen von Belang. Insbesondere Effizienzvorteile und Sanierungsaspekte sind in der Regel nur dann zu untersuchen, wenn die anmeldenden Unternehmen nachweisen, dass die erforderlichen Voraussetzungen erfuellt sind (siehe Abschnitte VI und VII dieser Mitteilung). Außerdem müssen die Punkte nicht in sämtlichen Fällen gleichmäßig ausführlich analysiert werden. Wenn beispielsweise ein Markteintritt von Neuanbietern sehr leicht binnen kurzem möglich ist und eine echte Wettbewerbswirkung entfaltet, können Wettbewerbsprobleme im Ergebnis bereits ausgeschlossen werden, ohne die übrigen Punkte eingehender zu analysieren.

III. MÖGLICHE WETTBEWERBSWIDRIGE FOLGEN HORIZONTALER ZUSAMMENSCHLÜSSE

9. Ein wirksamer Wettbewerb bringt für die Verbraucher zahlreiche Vorteile wie niedrigere Preise, bessere Produkte, eine größere Auswahl an Waren und Dienstleistungen und technische Innovation mit sich. Mit der Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen verhindert die Kommission Fusionen, durch die den Verbrauchern diese Vorteile genommen werden; Fusionen, die zu einem Ausbau dieser Vorteile durch weiterhin wirksamen Wettbewerb beitragen, werden hingegen genehmigt.

10. Zur Ermittlung der Wettbewerbsfolgen einer Fusion vergleicht die Kommission die voraussichtlichen Wettbewerbsbedingungen nach der Fusion mit denen, die auf dem Markt herrschen würden, wenn der Zusammenschluss nicht zustande käme. In den meisten Fällen sind die vorhandenen Wettbewerbsbedingungen Grundlage für diesen Vergleich. Dennoch wird die Kommission dabei auch die Wahrscheinlichkeit von Marktzu- und -austritten berücksichtigen(5).

11. Horizontale Fusionen können auf dreierlei Weise eine beherrschende Stellung begründen oder stärken, durch die der wirksame Wettbewerb erheblich behindert wird:

a) Eine Fusion kann eine überragende Marktstellung begründen oder stärken. Ein Unternehmen in einer solchen Stellung kann dann oftmals Preise(6) über das normale Wettbewerbsniveau hinaus erhöhen, ohne dabei Einschränkungen aufgrund von Maßnahmen seiner Abnehmer oder seiner tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerber befürchten zu müssen.

b) Durch eine Fusion kann das Ausmaß des Wettbewerbs in einem oligopolistischen Markt verringert werden, wenn sie zur Beseitigung wichtiger Wettbewerbsschranken für einen oder mehrere Anbieter führt und diesen Preiserhöhungen ermöglicht.

c) Eine Fusion kann die Wettbewerbsstruktur auf einem oligopolistischen Markt dahin gehend verändern, dass Anbieter, die ihr Marktverhalten zuvor nicht abgestimmt hatten, nun zu einer Abstimmung und damit zu Preiserhöhungen in der Lage sind. Außerdem kann sie die Koordinierung des Marktverhaltens von Anbietern erleichtern, die sich bereits zuvor abgestimmt verhalten hatten.

12. Die Kommission untersucht, ob die durch die Fusion verursachten Änderungen zu den o. g. Folgen führen würden. Auf oligopolistischen Märkten(7) kann eine Fusion den Wettbewerb sowohl in der unter Buchstabe b) genannten als auch in der unter Buchstabe c) genannten Weise erheblich beeinträchtigen. Im Einzelfall können beide Fälle von Bedeutung sein und Preiserhöhungen zum Nachteil der Verbraucher nach sich ziehen.

Marktmerkmale und Konzentrationsgrad

13. Bei der Untersuchung möglicher wettbewerbswidriger Folgen einer Fusion sind einige grundlegende Marktmerkmale zu berücksichtigen. Dazu zählen Marktanteile, Konzentrationsgrad und die Bedeutung der Innovation.

14. Marktanteile geben oft einen nützlichen ersten Hinweis auf die Wettbewerbsmacht der fusionierenden Unternehmen und ihrer Konkurrenten(8). Marktanteile sind jedoch weniger bedeutsam, wenn es Hinweise dafür gibt, dass sich die Wettbewerbsbedingungen in naher Zukunft z. B. durch wahrscheinliche Marktaus- oder -zutritte oder die Expansion eines Marktbeteiligten ändern können. Die fusionierenden Unternehmen können beispielsweise Aufträge von Abnehmern verlieren, die ihren Bedarf grundsätzlich bei verschiedenen Anbietern decken. Auf Ausschreibungsmärkten geben Marktanteile nicht unbedingt Aufschluss über die Wettbewerbsfolgen einer Fusion(9). Vorzuziehen sind unmittelbare Informationen über die Rolle der Marktteilnehmer in Vergabeverfahren z. B. durch Erfolgsstatistiken(10). Je genauer die Informationen über Verbraucherpräferenzen, umso weniger Bedeutung sollte den Marktanteilen als Indikator für mögliche Wettbewerbsfolgen einer Fusion beigemessen werden.

15. Frühere Veränderungen bei den Marktanteilen bieten oft nützliche Informationen über den Verlauf des Wettbewerbs und die wahrscheinliche künftige Bedeutung der Wettbewerber, da sie beispielsweise angeben, welche Unternehmen Marktanteile hinzugewonnen oder verloren haben.

16. Auch der Gesamtkonzentrationsgrad bietet Aufschluss über die Wettbewerbslage. Zur Ermittlung des Wettbewerbsdrucks nach der Fusion wird die Kommission dabei in erster Linie auf den Herfindahl-Hirschman-Index ("HHI") zurückgreifen. Der HHI ergibt sich aus der Summe der mit sich selbst multiplizierten einzelnen Marktanteile sämtlicher Marktteilnehmer(11). Im HHI werden die Marktanteile der größeren Unternehmen proportional stärker gewichtet, was ihrer relativen Bedeutung im Wettbewerbsprozess entspricht. Es ist unwahrscheinlich, dass die Kommission Fälle näher prüft, in denen das HHI-Aggregat auch nach der Fusion unter dem Wert von [1000] liegt(12).

17. Ein wesentlicher Teil der wettbewerblichen Analyse ist die Ermittlung der wichtigsten Wettbewerbsmerkmale auf dem betroffenen Markt. Im Großen werden zwei Arten von Wettbewerb unterschieden. Zum einen kann Wettbewerb auf der Ebene der Angebotsmenge und der Kapazitäten stattfinden, wenn die Unternehmen zuerst ihre Produktion oder ihre Kapazitäten festlegen und dann die Preise der Nachfrage anpassen. In einigen Rohstoffindustrien werden die Preise beispielsweise durch die Angebotsmenge bestimmt. Im zweiten Fall, dem des Preiswettbewerbs, setzen die Unternehmen ihre Preise fest und passen die Produktionsmenge der Nachfrage an.

18. Auf anderen Märkten wiederum kann Innovation die maßgebliche Triebfeder des Wettbewerbs sein. Dann untersucht die Kommission, inwieweit die Fusion den Innovationsdruck auf dem Markt beeinflusst.

Ein Unternehmen in überragender Marktstellung

19. Einige Fusionsvorhaben würden im Genehmigungsfall zu einer überragenden Stellung eines Unternehmens führen. Das fusionierte Unternehmen(13) könnte dann kaum noch in seinem Verhalten durch vorhandene Wettbewerber eingeschränkt werden. Eine überragende Marktstellung kann anhand mehrerer Kriterien festgestellt werden.

20. Nach ständiger Rechtsprechung können sehr hohe Marktanteile von über 50 % schon von sich aus - außer unter außergewöhnlichen Umständen - als Beleg für eine beherrschende Marktstellung(14) dienen, insbesondere wenn die Anteile der übrigen Konkurrenten viel kleiner sind. Die kleineren Unternehmen können keine Gegenmacht entfalten, wenn sie beispielsweise weder über Anreize noch über die Fähigkeit verfügen, ihre Produktion auszuweiten, oder auf dem Markt nicht durchgängig präsent sind. Auch ein Unternehmen mit einem Marktanteil von weniger als 50 % nach der Fusion kann sich je nach Stärke und Zahl der Wettbewerber in einer überragenden Marktstellung befinden(15).

21. Es können noch weitere Faktoren berücksichtigt werden, um die Marktmacht des fusionierten Unternehmens zu ermessen:

- Größen- und Verbundvorteile: der bloße Umfang von Produktion und Vertrieb verschafft dem führenden Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber kleineren Wettbewerbern(16).

- Privilegierter Zugang zu den Versorgungsquellen: das führende Unternehmen ist vertikal integriert oder kontrolliert hinreichend das Produktangebot auf dem vorgelagerten Markt(17), so dass eine Produktionsausweitung für kleine Konkurrenten schwierig oder teuer ist.

- Ein hoch entwickeltes Vertriebs- und Verkaufsnetz: das führende Unternehmen verfügt über ein dichtes eigenes Verkaufsnetz(18), etablierte Vertriebslogistik(19) oder eine umfassende geografische Präsenz(20) und kann darin von seinen Konkurrenten kaum erreicht werden.

- Der Zugang zu wichtigen Anlagen oder führenden Technologien verschafft dem fusionierenden Unternehmen einen strategischen Vorteil(21).

- Privilegierter Zugang zu wichtigen Grundlagen wie Sach- und Geldkapital. In den meisten Fällen spielt die finanzielle Stärke eines Unternehmens wahrscheinlich keine Rolle. In Ausnahmefällen kann sie jedoch dazu beitragen, dass gegenüber einer Fusion wettbewerbsrechtliche Bedenken(22) entstehen. Das gilt insbesondere dann, wenn i) die finanzielle Macht für den Wettbewerb in der betroffenen Branche bedeutsam ist, ii) zwischen den Wettbewerbern bei den internen Finanzierungsmöglichkeiten erhebliche Asymmetrien herrschen und iii) die Branche wegen besonderer Merkmale nur schwer Zugang zu externer Finanzierung findet.

- Andere strategische Vorteile wie der Besitz der wichtigsten Marken(23), ein etablierter Ruf oder eine genaue Kenntnis der Abnehmerbedürfnisse.

22. Einige dieser Faktoren kommen wahrscheinlich den Abnehmern dieses führenden Unternehmens zugute (Abschnitt VI). Sie können jedoch dazu führen, dass Konkurrenten einzeln oder auch gemeinsam nur schwer das Marktverhalten des überragenden Unternehmens ausreichend einschränken können. Beispielsweise können sie Produktionsausweitungen kleinerer Konkurrenten oder Markteintritte neuer Unternehmen erschweren. Die Kommission wird daher prüfen, ob der verbleibende Konkurrenzdruck auf das fusionierte Unternehmen ausreicht, um Preiserhöhungen oder Produktionsverringerungen unrentabel zu machen.

23. Eine Fusion kann entweder zur Entstehung eines Unternehmens mit einer überragenden Marktmacht führen oder diese Macht durch die Beseitigung einiger der verbliebenen Wettbewerbskräfte weiter stärken. Bei der Ermittlung der spezifischen Wettbewerbsfolgen einer Fusion ist u. a. zu untersuchen, inwieweit die fusionierenden Unternehmen ihr Wettbewerbsverhalten vor der Fusion gegenseitig einschränken und ob die Beseitigung dieser Einschränkungen dem fusionierenden Unternehmen erhebliche Preiserhöhungen erlaubt. Ein großes Gewicht käme in der Würdigung gegebenenfalls der Beseitigung des Markenwettbewerbs(24) oder generell dem Umstand zu, dass der Wettbewerb auf dem relevanten Markt vor allem zwischen den fusionierenden Unternehmen ausgetragen wurde(25). Das Gleiche gilt für den Fall, dass eines der fusionierenden Unternehmen trotz seiner geringen Größe eine wichtige Wettbewerbsfunktion innehatte, insbesondere wenn der Markt bereits einen hohen Konzentrationsgrad aufweist(26). Diese Analyseform ähnelt jener, die im nachstehenden Abschnitt über Oligopole ohne Verhaltensabstimmung ausführlicher beschrieben wird.

24. Bei der Untersuchung, ob eine Fusion eine beherrschende Stellung begründet oder stärkt, durch die der wirksame Wettbewerb wahrscheinlich erheblich behindert würde, berücksichtigt die Kommission auch, ob Markteintrittsperspektiven, Nachfragemacht oder Effizienzvorteile (Abschnitte IV bis VI) zu einer entgegengesetzten Schlussfolgerung führen.

Oligopole ohne abgestimmtes Marktverhalten

25. In vielen oligopolistischen Märkten herrscht ein gesunder Wettbewerb. Dennoch kann eine Fusion unter bestimmten Umständen zu weniger Wettbewerb führen, da wettbewerbliche Zwänge für einen oder mehrere Anbieter beseitigt werden, für die anschließend eine Preiserhöhung oder Produktionsverringerung rentabel ist. Am unmittelbarsten wird sich der Wegfall des Wettbewerbs zwischen den fusionierenden Unternehmen auswirken. Vor der Fusion könnten die beteiligten Unternehmen ihr Wettbewerbsverhalten gegenseitig eingeschränkt haben. Hätte eines der Unternehmen die Preise erhöht oder die Produktion verringert, wären Abnehmer auf das andere fusionierende Unternehmen umgestiegen und hätten damit den finanziellen Vorteil der Maßnahme zunichte gemacht. Durch die Fusion würde dann dieser Wettbewerbsfaktor beseitigt(27). Auch die übrigen Unternehmen können von der fusionsbedingten Verringerung des Wettbewerbsdrucks profitieren, da sie bei einer Preiserhöhung oder Produktionsverringerung des fusionierten Unternehmens einen Teil der Nachfrage an sich ziehen und ebenfalls die Preise erhöhen könnten. Die Beseitigung dieser Wettbewerbsfaktoren könnte zu einer erheblichen Preiserhöhung oder Produktionsverringerung auf dem relevanten Markt führen.

Marktanteile und Konzentrationsgrad

26. Bei der Würdigung horizontaler Fusionen in oligopolistischen Märkten ohne Verhaltensabstimmung wird die Kommission mehrere Konzentrationsindikatoren berücksichtigen. Ein hoher Konzentrationsgrad kann auf fehlenden Wettbewerbsdruck hindeuten. Bei relativ homogenen Produktmärkten(28) wird sie andere Maßstäbe zugrunde legen als auf Märkten mit einem differenzierten Produktangebot(29).

27. Im Falle relativ homogener Produktmärkte bietet der HHI einen besonders guten Indikator für die Wettbewerbslage auf dem Markt. Eine Fusion wirft dann erhebliche Zweifel im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) Fusionskontrollverordnung auf, wenn das HHI-Aggregat einen Wert von [2000] oder mehr erreicht oder um mindestens [150] Punkte ansteigt(30).

28. In ausdifferenzierten Produktmärkten wird der Wettbewerb entscheidend durch das Ausmaß der Substituierbarkeit der einzelnen Produkte beeinflusst. Je nach verfügbarem Zahlenmaterial kann das Ausmaß der Substituierbarkeit durch Untersuchungen der Verbraucherpräferenzen, die Analyse der Einkaufsmuster, die geschätzte Kreuzpreiselastizität der betroffenen Produkte(31) oder die Umstiegsquote(32) gemessen werden.

29. Auch wenn Marktanteile die Intensität des Wettbewerbs auf differenzierten Produktmärkten nur unzulänglich wiedergeben, ist ihnen eine gewisse Aussagekraft im Hinblick auf den wahrscheinlichen Wettbewerbsdruck nicht abzusprechen. Ein begrenzter gemeinsamer Marktanteil der Fusionsparteien wird kaum zu einer wirtschaftlichen Macht führen, durch die der wirksame Wettbewerb erheblich behindert zu werden droht. Überschreitet er zum Beispiel weder im Gemeinsamen Markt noch einem wesentlichen Teil desselben 25 % und sind die Produkte der beteiligten Unternehmen und der Konkurrenten relativ leicht untereinander austauschbar, dürften keine Wettbewerbsbedenken entstehen.

Märkte, in denen der Wettbewerb vor allem auf der Ebene der Produktion/Kapazitäten stattfindet

30. Bei Märkten, auf denen die Entscheidungen über Produktionsmenge und Kapazitäten zu den wichtigsten strategischen Entscheidungen oligopolistischer Unternehmen gehören, gilt das Hauptaugenmerk der Firmen der Frage, inwieweit ihre Produktions- und Kapazitätsentscheidungen die Marktpreise beeinflussen. Ein fusioniertes Unternehmen könnte auf Märkten mit relativ homogenen Produkten Anreize erhalten, die Produktion oder die Kapazität im Gegensatz zu der Zeit vor der Fusion zu verringern und damit die Marktpreise anzuheben. Vor der Fusion hätte nur das Unternehmen, das mit seiner Produktionsverringerung die Preise nach oben getrieben hätte, durch höhere Gewinnspannen profitiert. Nach der Fusion hat auch das andere fusionierende Unternehmen einen Vorteil davon. Das Ausmaß des Preisanstiegs wird jedoch von der Fähigkeit und dem Willen der Konkurrenten abhängen, die eigene Produktion zu erhöhen.

31. Verfügen die Konkurrenten über ausreichende Kapazitäten, können die Abnehmer leicht alternative Lieferquellen erschließen, solange die Produktionsaufstockung für die Konkurrenten rentabel bleibt. Dann fällt der fusionsbedingte Preisanstieg möglicherweise so gering aus, dass die Kommission keinen Anlass zu Bedenken sieht. Allerdings kann es vorkommen, dass die Wettbewerber nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre eigene Produktion so weit zu erhöhen, dass die Produktionsverringerung der fusionierenden Unternehmen ausgeglichen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Konkurrenten unter Kapazitätsengpässen leiden oder die überschüssigen Kapazitäten nur zu deutlich höheren Kosten betrieben werden können als die bereits genutzten(33).

32. Auf ausdifferenzierten Produktmärkten können auch Produktions- und Kapazitätsentscheidungen die Preise bestimmen. Trotz der etwaigen merkmalsbedingten Preisunterschiede der Produkte hängt das Gesamtpreisniveau auf Märkten dieses Typs erheblich von den Produktionsentscheidungen der Unternehmen und der Gesamtnachfrage ab. Eine Produktionsverringerung durch eines der fusionierenden Unternehmen führt wahrscheinlich zu einer verstärkten Nachfrage nach den Produkten der Konkurrenz. Je mehr die Produkte der fusionierenden Unternehmen untereinander austauschbar sind, umso größer sind die Anreize für sie, ihre Produktion zu verringern. Die Gegenreaktion der Konkurrenten wird wahrscheinlich weniger nachhaltig ausfallen, wenn diese unter Kapazitätsengpässen leiden und ihre Produkte nicht leicht die der fusionierenden Unternehmen ersetzen können.

33. Um die Wettbewerbsfolgen einer Fusion zu ermessen, wird die Kommission die Fähigkeit und die Anreize für eine Produktionsverringerung auf Seiten der fusionierenden Unternehmen prüfen. Außerdem wird sie Markteintrittsschranken, Abnehmermacht und Effizienzvorteile analysieren (Abschnitt IV bis VI).

Märkte, in denen der Wettbewerb vor allem auf der Ebene der Preise stattfindet

34. Auf bestimmten oligopolistischen Märkten kommt den Preisentscheidungen der Anbieter die größte strategische Bedeutung zu. Die Produktdifferenzierung kann den Unternehmen eine gewisse Flexibilität bei ihrer Preisgestaltung erlauben. Nachteilige Folgen für den Wettbewerb können dann eintreten, wenn das neue Unternehmen es im Anschluss an die Fusion für rentabel hält, aufgrund des nicht mehr vorhandenen Wettbewerbs zwischen den fusionierenden Unternehmen die Preise zu erhöhen. Vor der Fusion könnten die beteiligten Unternehmen ihr Wettbewerbsverhalten gegenseitig eingeschränkt haben, da das eine Unternehmen im Falle einer Preiserhöhung Kunden an das andere verloren hätte. Durch die Fusion würde dieser Wettbewerbsfaktor beseitigt.

35. Preiserhöhungsanreize hängen eng mit dem erwarteten Ausmaß zusammen, in dem die Absatzverluste des einen Unternehmens durch erhöhte Umsätze des Fusionspartners ausgeglichen werden. Dabei wird die Kommission zuerst die gegenseitige Substituierbarkeit der Produkte der Fusionsparteien untersuchen. Je leichter die Produkte der fusionierenden Unternehmen untereinander austauschbar sind, umso stärker wären die Preiserhöhungsanreize für die Fusionsparteien und die Wahrscheinlichkeit von Preiserhöhungen nach der Fusion.

36. Anschließend wird die Kommission die Substituierbarkeit zwischen den Produkten der Fusionsparteien und denen der Konkurrenten untersuchen. Die Preiserhöhungsanreize für die fusionierenden Unternehmen sind geringer, wenn konkurrierende Unternehmen nahezu gleiche Produkte herstellen, als im Fall großer Unterschiede in den Produktangeboten. Sind die Produkte der fusionierenden Unternehmen und der Wettbewerber in erheblichem Ausmaß untereinander austauschbar, wird die Kommission weniger Bedenken gegen den Zusammenschluss erheben. Die Fusion von zwei Herstellern von in den Augen der Verbraucher besonders ähnlichen Produkten könnte beispielsweise zu einem erheblichen Preisanstieg führen. Bieten konkurrierende Unternehmen jedoch ebenfalls sehr ähnliche Produkte an, dürfte sich der Preisanstieg nach der Fusion in Grenzen halten.

37. Auf einigen Märkten kann es für die Anbieter relativ leicht und nicht zu teuer sein, ihre Produkte neu zu positionieren oder ihr Angebot zu erweitern. Die Kommission wird untersuchen, welchen Einfluss die Möglichkeit der fusionierenden Unternehmen oder ihrer Wettbewerber zur Neupositionierung ihrer Produkte oder zur Ausweitung ihres Angebots gegebenenfalls auf die Anreize für das fusionierte Unternehmen hat, die Preise zu erhöhen. Eine Produktneupositionierung oder Angebotsausweitung ist weniger wahrscheinlich, wenn sie mit erheblichen verlorenen Kosten einhergeht.

38. Um die Wettbewerbsfolgen einer Fusion zu ermessen, wird die Kommission die Fähigkeit und die Anreize für eine Preiserhöhung auf Seiten der fusionierenden Unternehmen prüfen. Außerdem wird sie Markteintrittsschranken, Abnehmermacht und Effizienzvorteile analysieren (Abschnitt IV bis VI).

Ausschreibungsmärkte

39. Im Falle von Märkten, auf denen die Anbieter mittels individueller Angebote an jeden einzelnen Abnehmer untereinander konkurrieren, werden die Wettbewerbsfolgen auf andere Weise zu analysieren sein als oben beschrieben. Bei Ausschreibungsmärkten findet der Wettbewerb im Wesentlichen über die Abgabe konkurrierender Angebote statt. Die Kommission wird untersuchen, ob die fusionierenden Unternehmen bei bestimmten Aufträgen miteinander als die wahrscheinlich günstigsten Bieter konkurrieren, weil ihre Kosten die niedrigsten sind und kein anderer Bieter ein so geringes Kostenniveau aufweist, dass er das Wettbewerbsverhalten des günstigsten Bieters einschränken könnte.

Erhöhtes Koordinierungsrisiko

40. Eine Fusion kann die Wettbewerbsvoraussetzungen auf einem oligopolistischen Markt so verändern, dass Anbieter, die ihr Verhalten zuvor nicht koordinierten, nachher zu einer solchen Koordinierung und damit zu einer Anhebung ihrer Preise in der Lage sind, ohne zwangsläufig eine Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung im Sinne von Artikel 81 EGV einzugehen(34). Die Marktstruktur kann sich derart verändern, dass die Unternehmen es als möglich, wirtschaftlich vernünftig und damit anstrebbar erachten könnten, sich langfristig auf dem Markt so zu verhalten, dass sie ihre Produkte zu Preisen oberhalb des Wettbewerbsniveaus verkaufen können.

41. Eine Koordinierung kann auch von Unternehmen, die bereits vor der Fusion ihr Verhalten koordinierten, durch die Fusion noch widerstandsfähiger gemacht und damit erleichtert werden und sich im Ergebnis noch weiter von dem Wettbewerbsniveau entfernen. Die Genehmigung einer Fusion durch die Kommission ist unwahrscheinlich, wenn die Anbieter schon vorher ihr Verhalten koordinierten, es sei denn, die Fusion würde wahrscheinlich zum Ende dieser Koordinierung führen.

42. Eine Koordinierung kann vielerlei Formen annehmen. Auf vielen Märkten wird sie höchstwahrscheinlich Preise über dem Wettbewerbsniveau anstreben. Auf anderen Märkten mag sie sich darauf beschränken, das Angebot oder neue Produktionskapazitäten in Grenzen zu halten. Auch eine Aufteilung der Märkte z. B. nach geografischem Gebiet(35) oder Kundenkategorien oder ein Rotieren bei der Auftragsvergabe ist denkbar.

43. Eine Koordinierung ist umso wahrscheinlicher, je einfacher die Maßstäbe festgelegt werden können. Dies gilt sowohl für die Form der Koordinierung als auch für ihre impliziten Regeln. Die Unternehmen entwickeln dabei eine gemeinsame Vorstellung, welche Maßnahmen als aggressiv ("Tricks") angesehen werden, die Gegenmaßnahmen ("Bestrafung") durch die anderen Mitglieder des Oligopols rechtfertigen.

44. Drei grundsätzliche Voraussetzungen müssen erfuellt sein, damit eine Koordinierung Bestand hat. Zum einen müssen die koordinierenden Unternehmen in einem ausreichenden Umfang überwachen können, ob alle Unternehmen sich an die gemeinsamen Verhaltensmaßstäbe halten oder ein Unternehmen abweicht. Ferner müssen glaubwürdige Abschreckungsmechanismen vorhanden sein, die im Falle einer entdeckten Verhaltensabweichung zum Tragen kommen können. Diese Abschreckungsmechanismen müssen so massiv sein, dass die koordinierenden Unternehmen ihr Interesse am ehesten in einer Einhaltung der Koordinierungsmaßstäbe gewahrt sehen. Außerdem muss ausgeschlossen sein, dass Außenseiter - wie vorhandene oder künftige Wettbewerber oder Abnehmer - die Ergebnisse der Koordinierung durch ihr Verhalten gefährden können(36).

45. Märkte, auf denen die Maßstäbe für eine Koordinierung leicht festgelegt werden können und die drei oben genannten Kriterien in ausreichendem Maße erfuellt sind, sind nahezu wie geschaffen für ein koordiniertes Verhalten. Damit ist nicht gesagt, dass es unbedingt zu einer erheblichen Koordinierung kommen muss. Je weniger Unternehmen jedoch dem Oligopol zugehören, umso wahrscheinlicher werden sie günstige Marktbedingungen ausnutzen und eine Koordinierung untereinander in die Wege leiten oder intensivieren. In solchen Fällen würde eine Fusion entweder zur Stärkung eines bereits vorhandenen koordinierten Verhaltens führen oder seine Wahrscheinlichkeit erhöhen.

46. Die Kommission prüft, ob die gemeinsame Feststellung von Koordinierungsmaßstäben möglich ist und die drei notwendigen Voraussetzungen nach der Fusion in ausreichendem Umfang erfuellt sein werden, und inwieweit die Fusion in diesem Zusammenhang Veränderungen nach sich zieht. Auf diese Weise kann sie feststellen, ob die Fusion das Koordinierungsrisiko erhöht oder eine schon vorhandene Koordinierung erleichtert oder in ihren Erfolgsaussichten verbessert.

47. Die Kommission berücksichtigt sowohl die Strukturmerkmale der betroffenen Märkte als auch das bisherige Verhalten der Unternehmen auf diesen Märkten. Viele Strukturmerkmale sind für mehr als eine der genannten Voraussetzungen von Bedeutung.

48. Für die Analyse der Koordinierungsmöglichkeiten auf einem bestimmten Markt sind in der Regel zahlreiche Informationen heranzuziehen, die nicht alle unbedingt zu der gleichen Schlussfolgerung führen. Beweise für eine frühere Koordinierung auf ähnlichen sachlichen oder geografischen Märkten können einen nützlichen Hinweis darauf bieten, dass die oben genannten erforderlichen Koordinierungsvoraussetzungen wahrscheinlich auch auf den in der anhängigen Fusionssache relevanten Märkten erfuellt sein werden. Andererseits kann ein heftiger Wettbewerb der Anbieter vor dem Zusammenschluss darauf hindeuten, dass ein koordiniertes Verhalten nach der Fusion unwahrscheinlich ist.

Festsetzung der Koordinierungsparameter

49. Eine Koordinierung ist umso wahrscheinlicher, je leichter es den Mitgliedern eines Oligopols fällt, zu einer gemeinsamen Einschätzung über die Mechanismen ihrer Koordinierung zu gelangen. Sie müssten ähnliche Ansichten darüber haben, welches Verhalten im Rahmen der Koordinierung als angepasst gelten kann und welche Maßnahmen wahrscheinlich zu Gegenreaktionen durch die anderen Mitglieder des Oligopols führen werden.

50. Je einfacher und stabiler das wirtschaftliche Umfeld, umso leichter können die Unternehmen zu Koordinierungsparametern gelangen. Es ist leichter, einen Preis für ein einzelnes homogenes Produkt abzustimmen als viele verschiedene Preise in einem Markt mit zahlreichen unterschiedlichen Produkten. Ebenso erleichtert es eine Preiskoordinierung, wenn Nachfrage- und Angebotsbedingungen relativ stabil bleiben und sich nicht ständig verändern. Ein erhebliches organisches Wachstum mehrerer Unternehmen auf dem Markt kann darauf hindeuten, dass die derzeitige Lage nicht ausreichend stabil ist für das Zustandekommen koordinierter Verhaltensweisen. Eine Koordinierung in Form der Aufteilung von Märkten wird erleichtert, wenn sich die Abnehmer nach relativ einfachen Merkmalen unterscheiden und den verschiedenen koordinierenden Anbietern zuteilen lassen. Die Abnehmer können dabei nach geografischen Kriterien unterschieden, nach bestimmten Merkmalen einer bestimmten Kategorie zugeordnet oder einfach aufgrund traditioneller Lieferbeziehungen mit einem bestimmten an der Koordinierung mitwirkenden Lieferanten aufgeteilt werden.

51. Koordinierenden Firmen kann es jedoch auch gelingen, etwaige Probleme aufgrund eines komplexen wirtschaftlichen Umfelds zu überwinden. Sie können beispielsweise einige einfache Preisbildungsregeln etablieren, die eine Einigung auf eine große Vielfalt unterschiedlicher Preise überfluessig machen. Es können z. B. einige wenige Fixpreise festgesetzt werden, wodurch sich die einer Koordinierung entgegenstehenden Probleme erheblich verringern. Ein anderes Beispiel wäre eine feste Bindung zwischen bestimmten Basispreisen und einer Reihe übriger Preise, so dass sich sämtliche Preise grundsätzlich parallel bewegen.

52. Eine genaue Kenntnis der übrigen Unternehmen mag auch zur Überwindung etwaiger Koordinierungshindernisse beitragen. Von besonderer Bedeutung kann dabei die Transparenz der Kostenstruktur sein. Strukturelle Verbindungen wie Überkreuzbeteiligungen oder die Zusammenarbeit in Gemeinschaftsunternehmen können zu einer Angleichung der Verhaltensanreize zwischen den Oligopolisten führen. Eine andere Form der Festsetzung von Koordinierungsparametern wäre der öffentliche Austausch strategischer Informationen über die Medien. Sollten sich die Unternehmen beispielsweise der Frage gegenübersehen, wie viel zusätzliche Kapazität für das Folgejahr auf den Markt gebracht werden soll, können sie mittels öffentlicher Prognosen über das Nachfragewachstum Hinweise austauschen. Je komplexer die Marktlage, umso mehr Transparenz oder Kommunikation ist für die Festlegung der Koordinierungsparameter erforderlich.

53. Je symmetrischer die auf einem Markt vertretenen Unternehmen, umso leichter fällt die Festlegung der Koordinierungsparameter(37). Symmetrische Unternehmen verfügen sehr viel wahrscheinlicher über miteinander vereinbare Koordinierungsanreize und können sich sehr viel einfacher auf die gewünschten Verhaltensmaßstäbe einigen. Insbesondere Unternehmen mit ähnlichen Kostenstrukturen, Marktanteilen und Kapazitätsauslastungsgrad und mit dem gleichen Ausmaß an vertikaler Integration werden relativ leicht zu einer Preiskoordinierung gelangen.

54. Die Kommission wird insbesondere darauf achten, inwieweit eine Fusion den Unternehmen die Festlegung von Koordinierungsparametern erleichtert. Eine Fusion kann beispielsweise die Marktanteile, den Kapazitätsauslastungsgrad, das Ausmaß der vertikalen Integration oder die Kostenstrukturen zwischen verschiedenen Unternehmen angleichen und damit die Symmetrie zwischen ihnen erhöhen. Ferner kann an der Fusion auch ein Unternehmen beteiligt sein, das zuvor regelmäßig niedrigere Preise als seine Konkurrenten praktiziert hatte. Ein solches Unternehmen wird manchmal als Ausreißer bezeichnet. Sollte das fusionierte Unternehmen anschließend ähnliche Preisstrategien verfolgen wie seine Konkurrenten, dürfte den übrigen Unternehmen eine Koordinierung im Hinblick auf ein wünschenswertes Preisniveau leichter fallen, und der Zusammenschluss wird ein koordiniertes Verhalten dann wahrscheinlicher machen.

Überwachung

55. An einer Koordinierung beteiligte Unternehmen werden immer geneigt sein, ihren Marktanteil durch abweichendes Verhalten, z. B. durch niedrigere Preise, Kapazitätserhöhungen oder intensiveres Bemühen um den Zuschlag bei Ausschreibungen zu erhöhen. Nur die Drohung rascher Sanktionen hält Unternehmen von einem solchen abweichenden Verhalten ab. Um zu wissen, wann sie zu diesen Abschreckungsmechanismen zu greifen haben, müssen die koordinierenden Unternehmen erkennen können, wann es zu einer Verhaltensabweichung kommt. Die Märkte müssen somit ausreichend transparent sein, damit die koordinierenden Unternehmen frühzeitig das Verhalten ihrer Konkurrenten wahrnehmen können.

56. Das Ausmaß der Transparenz hängt unter anderem von der Art und Weise der Geschäftsabläufe auf dem Markt ab. Auf Märkten mit einer öffentlichen Abgleichung von Angebot und Nachfrage ist die Transparenz höher als auf Märkten, in denen die Verträge zwischen Käufern und Verkäufern bilateral vertraulich ausgehandelt werden. Öffentlich verfügbare Preislisten können Transparenz bieten, wenn sie die tatsächlichen Preise widerspiegeln. Die Transparenz verringert sich, wenn in die tatsächlichen Preise auch nicht erkennbare Rabatte einfließen.

57. Auf Ausschreibungsmärkten hängt das Ausmaß der Transparenz von der Vergabemethode ab. Bei Ausschreibungen mit verschlossenen Angeboten mag es den Anbietern nicht möglich sein, Informationen über die Angebote der anderen Bieter zu erhalten. Bei offenen Ausschreibungen in Auktionsform können die Anbieter untereinander das jeweilige Bietverhalten beobachten. Auch auf anderen Märkten ist das Ausmaß an Transparenz an den öffentlich verfügbaren Informationen über die einzelnen Transaktionen abzulesen. Auf einigen Märkten sind die Preise öffentlich erhältlich.

58. Bei der Bewertung der Markttransparenz ist ferner von großer Bedeutung, auf welche Maßnahmen der übrigen Oligopolisten aus den verfügbaren Informationen geschlossen werden kann. Koordinierende Unternehmen sollten mit einer gewissen Sicherheit feststellen können, ob ein unerwartetes Verhalten tatsächlich auf einer Abweichung von den Koordinierungsmaßstäben beruht. In einem instabilen Marktumfeld mag es für ein Unternehmen schwierig sein festzustellen, ob seine Absatzverluste auf einen Rückgang der Nachfrage insgesamt oder auf besondere Niedrigpreisangebote eines Konkurrenten zurückzuführen sind. Fluktuieren die Gesamtnachfrage oder die Kostenbedingungen stark, ist nicht unbedingt feststellbar, ob der Konkurrent seine Preise senkt, weil er mit einem Rückgang des koordinierten Preises rechnet, oder weil er Marktanteile hinzugewinnen will.

59. Dennoch können Unternehmen auch auf Märkten, auf denen die allgemeinen Bedingungen die Überwachung des Verhaltens der Konkurrenten erschweren, Verhaltensweisen annehmen, die die Überwachung erleichtern, selbst wenn sie nicht unbedingt zu diesem Zweck eingegangen wurden. Zu solchen Verhaltensweisen, die zu mehr Transparenz führen oder den Konkurrenten die Interpretation der eigenen Entscheidungen erleichtert, zählen die Veröffentlichung von Informationen oder öffentliche Ankündigungen. Auch personelle Verflechtungen auf der Führungsebene, die Zusammenarbeit in Gemeinschaftsunternehmen und ähnliche Regelungen können eine Überwachung erleichtern.

60. Die Kommission wird insbesondere darauf achten, ob die Fusion den koordinierenden Unternehmen eine gegenseitige Überwachung erleichtern würde. Veränderungen auf der Ebene der vertikalen Integration können beispielsweise die Preisüberwachung vereinfachen. Außerdem kann an der Fusion ein Unternehmen beteiligt sein, das sich vorher nicht an bestimmte Gepflogenheiten der Branche hielt, was die Überwachung ebenfalls erleichtert.

Abschreckungsmechanismen

61. Ohne ausreichend massive Abschreckungsmechanismen, die sämtliche koordinierenden Unternehmen davon überzeugen, dass eine Einhaltung der Koordinierungsparameter in ihrem Interesse ist, kann eine Koordinierung nicht vonstatten gehen. Nur die Drohung künftiger Gegenmaßnahmen hält eine Koordinierung aufrecht. Sie ist aber nur glaubwürdig, wenn die Mechanismen im Falle einer erkannten Abweichung tatsächlich eingesetzt werden. Auch wenn diese Abschreckungsmechanismen oftmals als Sanktionen bezeichnet werden, sollten sie nicht so verstanden werden, dass automatisch der einzelne Abweichler bestraft wird. Schon die Erwartung, dass die Koordinierung im Falle eines Abweichens für eine ausreichende Zeit zusammenbricht und die alte Marktlage vor der Koordinierung wiederhergestellt wird, wirkt abschreckend. Dieser Umstand vermag jedoch nicht immer eine ausreichende disziplinierende Wirkung zu entfachen, weshalb in einem solchen Fall auch andere Abschreckungsmechanismen vorhanden sein müssen.

62. Ein Unternehmen wird nur dann vom koordinierten Verhalten abweichen, wenn die Gewinne aus der Abweichung größer sind als die sanktionsbedingten Kosten. Im Vergleich zu einer Beibehaltung des koordinierten Verhaltens wird ein Abweichen anfänglich höhere, später aber niedrigere Gewinne zur Folge haben, wenn die übrigen Mitglieder des Oligopols zu Sanktionen greifen. Eine Abweichung wird verhindert, wenn der Nettokapitalwert der Gewinnrückgänge während der Sanktionen über dem Nettokapitalwert der anfänglich mit der Abweichung erzielten Gewinnsteigerungen liegt. Je früher die Sanktionen einsetzen, umso geringer die Abweichungsgewinne und umso größer die sanktionsbedingten Verluste.

63. Sanktionsmaßnahmen, die erst mit Verzögerung oder aber wahrscheinlich gar nicht ergriffen werden, dürften kaum eine ausreichende Abschreckungswirkung entfalten. Sind für einen Markt beispielsweise seltene Großaufträge typisch, mag ein Unternehmen versucht sein, vom koordinierten Verhalten abzuweichen, um einen Großauftrag an sich zu ziehen. Ausreichend wirksame Abschreckungsmechanismen dürften auf einem solchen Markt kaum zu verwirklichen sein, da der Abweichungsgewinn umfangreich und sicher ist und sofort erzielt wird, wohingegen die Verluste aufgrund von Gegenmaßnahmen nicht sicher sind und erst nach einiger Zeit zum Tragen kommen. Die schnelle Anwendbarkeit von Abschreckungsmechanismen hängt von der Markttransparenz ab. Wenn die Unternehmen die Maßnahmen ihrer Konkurrenten erst mit erheblichen Verzögerungen erkennen, verzögern sich auch die Gegenmaßnahmen, so dass eine ausreichende Abschreckungswirkung fraglich wird.

64. Gegenmaßnahmen müssen nicht unbedingt auf dem Markt drohen, auf dem die Abweichung erfolgte. Wenn die Mitglieder eines Oligopols auch auf anderen Märkten zusammenwirken, bieten sich dort verschiedene Abschreckungsmethoden an(38), z. B. die Aufkündigung von Gemeinschaftsunternehmen oder anderen Formen der Zusammenarbeit oder die Veräußerung von Anteilen an gemeinsam gehaltenen Unternehmen.

65. Ein Abschreckungsmechanismus als Grundlage für eine Marktkoordinierung kann nur funktionieren, wenn es für die einzelnen Mitglieder des Oligopols sinnvoll ist, sie im Falle einer Abweichung auch anzuwenden. Ob ein Unternehmen einen Abschreckungsmechanismus tatsächlich anwendet, hängt seinerseits von einer ähnlichen Abwägung der kurz- und langfristigen Konsequenzen ab wie beim potenziellen Abweichler. Wird eine Abweichung nicht bestraft, endet die Koordinierung, und künftige Gewinne werden wahrscheinlich niedrig ausfallen. Die Durchführung der Sanktionen dürfte hingegen zur Wiederaufnahme der Koordinierung und damit zu künftig höheren Gewinnen führen. Die Anwendung von Abschreckungsmechanismen kann somit auch dann für die Mitglieder eines Oligopols sinnvoll sein, wenn sie mit kurzfristigen Kosten verbunden sind, solange diese durch die mit der Wiederaufnahme der Koordinierung zu erwartenden langfristigen Gewinnerhöhungen ausgeglichen werden.

66. In einigen Fällen können einzelne Abschreckungsmechanismen keine Glaubwürdigkeit beanspruchen, weil sie automatisch die Rückkehr zum koordinierten Verhalten verhindern. Ein Beispiel hierfür wäre ein stagnierender Markt, auf dem Kapazitätserhöhungen nur in einzelnen großen Schritten (z. B. durch den Bau einer neuen Fabrik) erfolgen können und die Kapazitäten nur für diesen besonderen Markt verwendbar sind. In einem solchen Fall würde der koordinierte Versuch, die Gesamtkapazitäten unterhalb des Wettbewerbsniveau zu bewahren, wahrscheinlich daran scheitern, dass kein glaubwürdiger Abschreckungsmechanismus zur Verfügung steht, wenn ein Mitglied des Oligopols seine Kapazitäten so weit erhöht, dass zusätzliche Kapazitätsausweitungen zu einem dauerhaften Überangebot führen würden.

67. In einigen Fällen kann die Abweichung mit einem langfristigen Wettbewerbsvorteil verbunden sein, den kein den übrigen Oligopolisten zur Verfügung stehender Sanktionsmechanismus wirksam zunichte machen könnte. Auf stark vernetzten Märkten, auf denen beispielsweise die Abnehmer grundsätzlich vom gleichen Anbieter beliefert werden wollen wie die übrigen Abnehmer(39), kann die Abweichung zu einer unwiederbringlichen Verlagerung des Wettbewerbsgleichgewichts führen, so dass die übrigen Konkurrenten auf Dauer abgehängt würden.

68. Eine Fusion kann die Durchschlagskraft der Sanktionen auf einem Markt beeinflussen, zum Beispiel durch Veränderungen bei den Marktanteilen oder den Überkapazitäten. Die Kommission wird derartige Änderungen bei der Analyse der Wettbewerbsfolgen einer Fusion besonders würdigen.

Reaktionen von Außenseitern

69. Eine Koordinierung kann nur dann erfolgreich sein, wenn Maßnahmen vorhandener und künftiger Konkurrenten oder der Abnehmer das erwartete Ergebnis der Koordinierung nicht gefährden können. Ein koordinierter Kapazitätsabbau würde beispielsweise nur dann die Abnehmer schädigen, wenn kein Unternehmen außerhalb des Oligopols auf diesen Abbau mit einer entsprechenden Ausweitung der eigenen Kapazitäten reagieren würde. Hier wird die Kommission bei ihrer Analyse in ähnlicher Weise verfahren wie bei der Untersuchung anderer Formen von Wettbewerbsbeschränkungen. Markteintritte und Nachfragemacht werden in den nachstehenden Abschnitten behandelt. Eine besondere Aufmerksamkeit sollte ihren möglichen Folgen auf die Stabilität einer etwaigen Koordinierung gewidmet werden. Ein Großabnehmer könnte beispielsweise durch eine Änderung seiner Geschäftspraxis und eine Konzentration eines Großteils seiner Beschaffungen auf einen Anbieter oder das Locken mit langfristigen Bezugsverträgen eines der koordinierenden Unternehmen verleiten, von dem gemeinsamen Verhalten abzuweichen, um sein Geschäft massiv auszuweiten.

Sonderfälle

Innovation

70. Auf oligopolistischen Märkten ohne Verhaltensabstimmung oder auf von einem überragenden Unternehmen dominierten Märkten, auf denen die Innovation die Haupttriebfeder des Wettbewerbs darstellt, wird die Kommission untersuchen, inwieweit die Fusion den Innovationsdruck beeinflusst. Der Wettbewerbsdruck wird dann verringert, wenn die beiden innovationsfreudigsten Unternehmen fusionieren. Als Beispiel mag der Fall fusionierender Pharmaunternehmen dienen, die als einzige der auf einem bestimmten Produktmarkt vertretenen Anbieter in der Entwicklung neuer Arzneimittel begriffen sind. Sollte die Fusion die Innovationsfähigkeit des Unternehmens erhöhen, kann sich der Innovationsdruck und damit der Wettbewerb auf dem Markt verschärfen. Auf Märkten mit einer erhöhten Koordinierungswahrscheinlichkeit kann die Innovation die Aufrechterhaltung einer solchen Koordinierung erschweren. Mit einem innovativen Produkt kann ein Unternehmen nämlich einen erheblichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz gewinnen, insbesondere wenn es sich um eine erhebliche Neuerung handelt. Dadurch würde sich der Wert einer künftigen Koordinierung, aber auch das Ausmaß der Schäden durch Sanktionen der Konkurrenten verringern.

Potenzielle Markteintritte

71. Wenn ein bereits auf einem relevanten Markt vertretenes Unternehmen mit einem potenziellen Konkurrenten fusioniert, kann es zu ähnlichen wettbewerbswidrigen Folgen kommen wie bei Fusionen von zwei Unternehmen, die beide bereits auf dem relevanten Markt tätig sind. Die Kommission wird deswegen ähnliche Analysemethoden auf beide Zusammenschlussarten anwenden.

72. Eine Fusion mit einem potenziellen Konkurrenten kann deswegen wettbewerbswidrige Folgen auf horizontaler Ebene nach sich ziehen, weil auch der potenzielle Wettbewerber das Marktverhalten des auf dem Markt vertretenen Unternehmens schon erheblich einschränken kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der potenzielle Wettbewerber über Anlagen verfügt, die leicht und ohne erhebliche verlorene Kosten für einen Markteintritt verwendet werden könnten. Außerdem kann es sehr wahrscheinlich sein, dass der potenzielle Wettbewerber die erforderlichen verlorenen Kosten für einen relativ kurzfristig durchführbaren Markteintritt in Kauf nimmt und anschließend das Wettbewerbsverhalten der bereits auf dem Markt vertretenen Unternehmen einschränkt.

73. Eine Fusion mit einem potenziellen Wettbewerber hat dann erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen, wenn zwei Grundvoraussetzungen erfuellt sind. Zum einen muss der potenzielle Wettbewerber bereits einen erheblichen Wettbewerbsdruck entfachen oder die Wahrscheinlichkeit hoch sein, dass er tatsächlich zu einer wirksamen Wettbewerbsmacht wird. Zu einer solchen Schlussfolgerung könnte die Kommission u. a. dann gelangen, wenn ihr Beweise vorliegen, dass der potenzielle Wettbewerber beabsichtigt, in erheblichem Umfang auf dem Markt tätig zu werden(40). Die zweite Grundvoraussetzung ist die, dass andere potenzielle Wettbewerber, die den gleichen Wettbewerbsdruck wie der fusionierende potenzielle Konkurrent entfalten, nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind.

Fusionen, durch die eine Nachfragemacht begründet oder gestärkt wird

74. Die Kommission untersucht gegebenenfalls ferner, ob die wirtschaftliche Nachfragemacht des fusionierten Unternehmens auf vorgelagerten Märkten gestärkt wird. Eine Fusion, durch die ein Abnehmer wirtschaftliche Macht erhält oder hinzugewinnt, kann wirksamen Wettbewerb verhindern. Das fusionierte Unternehmen kann beispielsweise weniger Eingangsmaterial nachfragen, um die Preise nach unten zu drücken. Gleichzeitig wird es u. U. auf dem Endproduktmarkt sein Angebot verringern und damit dem Verbraucher schaden. Andererseits kann sich eine erhöhte Nachfragemacht oftmals zum Vorteil der Verbraucher auswirken. Wenn wegen der gestärkten Abnehmermacht die Eingangskosten sinken, ohne dass der Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt oder die Gesamtproduktion eingeschränkt werden, dürften die Kosteneinsparungen zum Teil in Form niedrigerer Preise an die Verbraucher weitergegeben werden. Der Wettbewerb auf den nachgelagerten Märkten könnte auch beeinträchtigt werden, indem das fusionierte Unternehmen seinen Lieferanten mittels seiner Nachfragemacht vertikale Beschränkungen aufzwingt, durch die seine Konkurrenten von Lieferquellen ferngehalten werden.

IV. NACHFRAGEGEGENMACHT

75. Auf ein Unternehmen wird nicht nur durch seine Konkurrenten Wettbewerbsdruck ausgeübt, sondern unter Umständen auch durch seine Kunden. Die Kommission prüft gegebenenfalls, in welchem Ausmaß Kunden einem erwarteten fusionsbedingten Marktzuwachs gegensteuern können.

76. Sogar Unternehmen mit einem sehr hohen Marktanteil können sich möglicherweise nicht unabhängig von ihren Abnehmern verhalten, wenn diese über Nachfragemacht verfügen(41). Unter Nachfragemacht ist in diesem Zusammenhang die Fähigkeit großer Abnehmer zu verstehen, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens auf realistische Alternativangebote umzusteigen, wenn der Lieferant die Preise erhöht oder die Konditionen verschlechtert(42). Nachfragemacht könnte beispielsweise darin bestehen, dass ein Abnehmer sofort auf andere Anbieter umsteigen oder glaubwürdig damit drohen kann, sich vertikal mit einem Unternehmen auf dem vorgelagerten Markt zu integrieren oder Markteintritte auf diesem Markt finanziell zu fördern(43), indem er beispielsweise einem potenziellen Neuanbieter Großaufträge fest zusagt. Diese Art der Nachfragemacht ist realistischerweise eher bei großen branchenkundigen Abnehmern anzutreffen als bei kleineren Unternehmen in einer fragmentierten Branche. Allerdings ist es wichtig zu untersuchen, welche Anreize die Abnehmer voraussichtlich verspüren, ihre Nachfragemacht in dieser Weise zur Geltung zu bringen. Ein Unternehmen eines nachgelagerten Marktes kann z. B. vor der finanziellen Förderung eines Markteintritts zurückschrecken, wenn die Vorteile in Form billigeren Eingangsmaterials auch seinen Konkurrenten zugute kämen.

77. Die Kommission kann zu dem Ergebnis kommen, dass die Nachfragemacht ausreicht, um die Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, wenn kleinere Abnehmer ohne Nachfragemacht nicht nach der Fusion mit erheblich höheren Preisen oder schlechteren Konditionen zu rechnen haben(44). Zudem muss Nachfragemacht nicht nur vor der Fusion, sondern auch danach vorhanden sein und wirksam bleiben. Die Fusion zweier Anbieter kann nämlich die Nachfragemacht verringern, wenn durch sie eine realistische alternative Lieferquelle beseitigt wird.

V. MARKTEINTRITT

78. In einem dynamischen Wettbewerbsumfeld schwanken Zahl und Identität der in einer Branche tätigen Unternehmen im Laufe der Zeit mit den Marktbedingungen. Ist das Ertragsniveau in einer Branche wegen fehlenden Wettbewerbsdrucks auf die beherrschenden Anbieter groß, sollte damit zu rechnen sein, dass andere Unternehmen in dieser Branche tätig werden, um an den Gewinnen teilzuhaben. Auf besonders leicht zugänglichen Märkten reicht schon das bloße Risiko eines potenziellen Markteintritts aus, um die fusionierenden Unternehmen von der Ausübung von Marktmacht abzuhalten. In diesem Fall würde nämlich jede Preiserhöhung sofort Anreize für Markteintritte bieten.

79. Ein potenzieller Markteintritt von Neuanbietern schränkt das Wettbewerbsverhalten der fusionierenden Unternehmen dann in ausreichendem Maße ein, wenn er wahrscheinlich ist, binnen kurzem bewerkstelligt werden kann und einen ausreichenden Umfang erreicht, um die drohenden wettbewerbswidrigen Folgen der Fusion zu verhindern. Gibt es überzeugende Beweise für das Vorliegen dieser Voraussetzungen, wird die Kommission wahrscheinlich keine Wettbewerbsbedenken geltend machen.

80. Mit Blick auf die erste Voraussetzung wird die Kommission prüfen, ob nach der Fusion mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Markeintritten zu rechnen ist. Dabei wird sie insbesondere die Existenz von Markteintrittschranken wie besonderen Marktmerkmalen untersuchen, die alteingesessenen Anbietern einen entscheidenden Vorteil gegenüber potenziellen Neuanbietern verschaffen würden. Sind die Markteintrittsschranken niedrig, ist eine Einschränkung des Wettbewerbsverhaltens der fusionierenden Unternehmen durch Neuanbieter wahrscheinlicher. Bei hohen Markteintrittsschranken ist hingegen damit zu rechnen, dass die fusionierenden Unternehmen ihre Marktmacht ausnutzen und die Preise anheben werden, ohne durch die Aussicht auf Markteintritte neuer Anbieter eingeschränkt zu werden.

81. Markteintrittsschranken können auch die Form rechtlicher, technischer oder strategischer Vorteile annehmen:

- Unter rechtlichen Vorteilen sind rechtliche Beschränkungen der Zahl der Marktteilnehmer, beispielsweise durch die Zahl der Lizenzen, zu verstehen.

- Zu den technischen Vorteilen zählen ein bevorrechtigter Zugang zu wesentlichen Anlagen, natürlichen Ressourcen, Innovation und FuE oder geistige Eigentumsrechte, die es einem Neuanbieter schwer machen, im Wettbewerb zu bestehen. In einigen Branchen kann beispielsweise der Zugang zu wichtigen Eingangsmaterialen schwierig sein, oder Produkte oder Verfahren werden durch Patente geschützt. Auch andere Faktoren wie Größen- und Verbundvorteile, Vertriebs- und Verkaufsnetze oder der Zugang zu wichtigen Techniken können den Markteintritt erschweren.

- Als strategische Markteintrittsschranke kann die gefestigte Position der etablierten Anbieter wirken. In bestimmten Branchen, in denen Erfahrung oder ein guter Ruf Voraussetzung sind für geschäftlichen Erfolg, mag ein Markteintritt daran scheitern, dass ein Neuanbieter beides nur schwer erwerben kann. Auch Faktoren wie die Bindung der Verbraucher an bestimmte Marken, die Nähe der Geschäftsbeziehungen zwischen Anbietern und Abnehmern, die Rolle der Werbung oder ähnliche ruffördernde Vorteile etablierter Unternehmen werden berücksichtigt. Zu den strategischen Markteintrittsschranken zählen ferner erhebliche Überkapazitäten bei den vorhandenen Anbietern oder hohe Umstiegskosten auf Seiten der Abnehmer.

82. Ein Markteintritt ist nur dann wahrscheinlich, wenn er auch angesichts möglicher Gegenreaktionen der alteingesessenen Anbieter ausreichende Rentabilitätsaussichten bietet. Ein Markteintritt wird folglich erschwert, wenn die vorhandenen Anbieter in der Lage sind, genau zu überwachen, welche Abnehmer der Neuanbieter zu gewinnen versucht, und ihre Marktanteile durch gezielte Rabatte für diese Kunden schützen können.

83. Die voraussichtliche Marktentwicklung sollte bei der Bewertung der Rentabilitätsaussicht von Markteintritten berücksichtigt werden. In Märkten mit hohen Wachstumserwartungen sind Markteintritte eher rentabel als in voraussichtlich rückläufigen Märkten. Größenvorteile oder die Vernetzung des Marktes können einen Zutritt unrentabel machen, solange der Neuanbieter keinen ausreichend großen Marktanteil erzielt.

84. Ein Markteintritt ist besonders wahrscheinlich, wenn Anbieter auf anderen Märkten bereits über Produktionsanlagen verfügen, die auch für einen Eintritt in einen in Rede stehenden relevanten Markt genutzt werden könnten. Die Umwidmung dieser Produktionsanlagen ist umso wahrscheinlicher, wenn beide Alternativen vor der Fusion etwa gleich rentabel waren.

85. Die Kommission wird bei der Würdigung der Markteintrittsschranken die Vorgeschichte der Branche sorgfältig untersuchen. Kam es schon früher häufig zu erfolgreichen Markteintritten, wird die Kommission wahrscheinlich keine Markteintrittsschranken feststellen. Sollten frühere Markteintrittsversuche vielleicht wegen des abschreckenden Verhaltens der bereits vorhandenen Anbieter nicht erfolgreich gewesen sein, dürfte auch ein künftiger Markteintritt als unwahrscheinlich erscheinen.

86. Markteintritte müssen nicht nur wahrscheinlich, sondern auch kurzfristig durchführbar sein und in einem ausreichenden Umfang erfolgen. Die Kommission wird die kurzfristige Durchführbarkeit daran messen, ob Markteintritte so rechtzeitig und nachhaltig erfolgen können, dass die Ausübung von Marktmacht verhindert wird. Welche Frist die Kommission als ausreichend ansieht, hängt von den Merkmalen und der Dynamik des betroffenen Marktes und den einschlägigen Fähigkeiten der potenziellen Neuanbieter ab(45). Nur wenn Markteintritte voraussichtlich in einem ausreichenden Umfang erfolgen, schränken sie wahrscheinlich das Wettbewerbsverhalten der vorhandenen Anbieter ein und verhindern nachteilige Wettbewerbsfolgen einer Fusion. Markteintritt lediglich in eine Marktnische kann beispielsweise keine glaubwürdige Gegenmacht entfalten. Das Risiko von Markteintritten muss auch nachdrücklich genug sein, um die fusionierenden Unternehmen von Preiserhöhungen abzuhalten.

VI. EFFIZIENZVORTEILE

87. Grundsätzlich begrüßt die Kommission Strukturveränderungen bei den Unternehmen in der Gemeinschaft insbesondere durch Zusammenschlüsse, da sie den Erfordernissen eines dynamischen Wettbewerbs entsprechen und geeignet sind, zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, zu einer Verbesserung der Wachstumsbedingungen sowie zur Anhebung des Lebensstandards in der Gemeinschaft zu führen(46). Folglich berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung horizontaler Fusionen die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert(47).

88. Die Kommission wird sämtliche begründeten Effizienzargumente bei der Gesamtwürdigung einer Fusion berücksichtigen. Sie kann zu dem Ergebnis kommen, dass die Fusion wegen der mit ihr einhergehenden Effizienzvorteile nicht zur Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung führt, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde. Für eine solche Schlussfolgerung muss die Kommission über hinreichende Beweise dafür verfügen, dass die fusionsbedingten Effizienzgewinne voraussichtlich beim fusionierten Unternehmen die Anreize erhöhen, sich wettbewerbsfördernd zum Wohle der Verbraucher zu verhalten, und so den ansonsten zu befürchtenden nachteiligen Wettbewerbsfolgen entgegenwirken. Im Interesse der Verbraucher muss unbedingt gewährleistet werden, dass das Unternehmen über ausreichende Anreize verfügt, nicht nur um die direkt mit der Fusion einhergehenden Effizienzvorteile zu verwirklichen, sondern um sich auch weiterhin um mehr Effizienz zu bemühen. Dies setzt einen ausreichenden Wettbewerbsdruck durch die verbliebenen Konkurrenten und potenzielle Neuanbieter voraus.

89. Effizienzvorteile sind am ehesten dann von entscheidender Bedeutung, wenn sie umfangreich sind und die ansonsten zu befürchtenden Wettbewerbsnachteile gering. Je größer die drohenden Wettbewerbsnachteile, umso mehr muss die Kommission die Sicherheit haben, dass die geltend gemachten Effizienzvorteile umfangreich und wahrscheinlich sind und direkt dem Verbraucher zugute kommen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine nahezu monopolistische Stellung aus Effizienzgründen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden kann.

90. Für die Schlussfolgerung, dass die Fusion wegen der mit ihr einhergehenden Effizienzvorteile nicht zur Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung führt, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, müssen sich die Effizienzvorteile unmittelbar zum Nutzen der Verbraucher auswirken, in kausalem Zusammenhang mit der Fusion stehen, umfangreich sein, ohne große Verzögerungen eintreten und nachprüfbar sein.

91. Die Effizienzvorteile müssen sich auf den relevanten Märkten unmittelbar zum Nutzen der Verbraucher auswirken, Märkte, auf denen ansonsten die Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung droht, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde. Da nachprüfbar sein muss, ob sich die Effizienzgewinne zum Nutzen der Verbraucher auswirken, wird eine Verringerung der variablen oder Grenzkosten bei der Würdigung wahrscheinlich eine größere Rolle spielen als eine Verringerung der Fixkosten.

92. Auch Effizienzvorteile, die zu neuen oder verbesserten Produkten oder Dienstleistungen führen, können den Verbrauchern unmittelbar nutzen. Die Einrichtung eines Gemeinschaftsunternehmens zur Entwicklung eines neuen Produkts kann beispielsweise jene Effizienzvorteile nach sich ziehen, die von der Kommission berücksichtigt werden können.

93. Effizienzvorteile stehen dann in einem kausalen Zusammenhang mit der Fusion, wenn sie sich unmittelbar aus ihr ergeben. Dabei wird sich die Kommission auf die Untersuchung realistischer und erreichbarer Alternativen konzentrieren und rein theoretischen Lösungen weniger Aufmerksamkeit widmen. Vor allem wird sie die gängige Branchenpraxis sowie die jeweiligen Fähigkeiten der fusionierenden Unternehmen berücksichtigen. Sie wird keine Kosteneinsparungen als Effizienzvorteile berücksichtigen, die aus wettbewerbsfeindlichen Produktionsverringerungen herrühren.

94. Effizienzvorteile müssen nachprüfbar sein, so dass die Kommission mit ausreichender Sicherheit mit ihrem Eintreten rechnen kann. Je länger sich ihre Verwirklichung hinzieht, umso weniger Gewicht kann die Kommission den etwaigen Effizienzvorteilen beimessen(48). Sie muss somit nachprüfen können, ob die Effizienzvorteile umfangreich genug sind, um den möglichen Wettbewerbsnachteilen einer Fusion für die Verbraucher entgegenzuwirken. Deshalb sollten Effizienzvorteile nach Möglichkeit quantifiziert werden. Wie erwähnt sind bei der Prüfung, ob sich Kosteneinsparungen tatsächlich unmittelbar zum Nutzen der Verbraucher auswirken, Einsparungen bei den variablen oder den Grenzkosten voraussichtlich von größerer Bedeutung als Einsparungen bei den Fixkosten. Nachweise, dass Effizienzgewinne zu neuen oder besseren Produkten führen und sich unmittelbar verbraucherfreundlich auswirken, werden eher von der Kommission berücksichtigt als bloße Zusicherungen.

95. Die meisten einschlägigen Angaben, die der Kommission die Nachprüfung ermöglichen, ob eine Fusion tatsächlich aufgrund von Effizienzvorteilen genehmigungsfähig ist, befinden sich ausschließlich im Besitz der fusionierenden Unternehmen. Es obliegt somit den anmeldenden Unternehmen, sämtliche einschlägigen Angaben rechtzeitig vorzulegen, anhand deren nachgewiesen werden kann, dass die Effizienzvorteile in kausalem Zusammenhang mit der Fusion stehen, umfangreich sind, ohne große Verzögerungen eintreten und nachprüfbar sind. Ebenso ist es Sache der anmeldenden Unternehmen, zu begründen und zu beweisen, dass die Effizienzvorteile ansonsten zu befürchtenden negativen Wettbewerbsfolgen der Fusion entgegenwirken und somit den Verbrauchern zugute kommen.

VII. SANIERUNGSFUSIONEN

96. Die Kommission kann entscheiden, dass eine Fusion mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, obwohl sie eine beherrschende Stellung begründet oder stärkt, falls eines der beteiligten Unternehmen konkursgefährdet ist und von dem anderen übernommen wird. Wichtigste Voraussetzung für eine Genehmigung ist, dass die anschließende Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur nicht durch die Fusion selbst verursacht wird(49).

97. Zur Genehmigung einer Sanierungsfusion müssen drei Voraussetzungen erfuellt sein. Erstens muss sicher sein, dass das übernommene Unternehmen in naher Zukunft wegen finanzieller Schwierigkeiten aus dem Markt gedrängt würde, wenn es nicht von einem anderen Unternehmen übernommen wird. Ferner darf sich der angemeldete Zusammenschluss nicht wettbewerbsschädlicher auswirken als alternative Übernahmeszenarien. Drittens muss fest stehen, dass das Anlagevermögen des konkursbedrohten Unternehmens ohne einen Zusammenschluss unvermeidlich aus dem Markt genommen würde. Eine Fusion kann unter diesen Umständen dann nicht als Ursache für die Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung gelten, durch die der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt erheblich behindert würde, wenn auch das Verschwinden des konkursgefährdeten Unternehmens(50) oder die Übernahme durch einen anderen in Frage kommenden Käufer(51) zur Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung führen würden.

98. Es ist Sache der anmeldenden Unternehmen nachzuweisen, dass die drei genannten Voraussetzungen erfuellt sind und die anschließende Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur nicht durch die Fusion selbst verursacht wurde.

VIII. AUFFORDERUNG ZUR STELLUNGNAHME

99. Diese Konsultation der Öffentlichkeit ist Teil eines umfassenden Prozesses zur Reform und Vereinfachung der Fusionskontrollverordnung und ihrer Anwendung. Sämtliche Interessenten sind eingeladen, sich zu diesem Entwurf zu äußern. Die Stellungnahmen sollten bei der Kommission bis zum 31. März 2003 eingehen.

Postanschrift: Europäische Kommission Generaldirektion Wettbewerb Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse B - 1049 Brüssel

E-Mail:

COMP-MTF-horizontal-guidelines@cec.eu.int

(1) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1; berichtigte Fassung in ABl. L 257 vom 21.9.1990, S. 13. Geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1); berichtigt in ABl. L 40 vom 13.2.1998, S. 17, und ABl. L 199 vom 26.7.1997, S. 69.

(2) Der in der Fusionskontrollverordnung verwendete Begriff des Zusammenschlusses schließt verschiedene Formen des Zusammengehens von Unternehmen wie Fusionen, Übernahmen und bestimmte Sorten von Gemeinschaftsunternehmen ein. In dieser Mitteilung werden die Begriffe "Fusion" und "Zusammenschluss", soweit nicht ausdrücklich anders formuliert, synonym für sämtliche dieser Zusammenschlussformen verwendet.

(3) Die Würdigung von Wettbewerbsfolgen einer Fusion in anderen Märkten einschließlich vertikaler oder Konzerneffekte wird in dieser Mitteilung nicht behandelt. Auch die Prüfung der Folgen eines Gemeinschaftsunternehmens im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 Fusionskontrollverordnung ist nicht Gegenstand dieser Mitteilung.

(4) ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5.

(5) Siehe dazu die Abschnitte über Fusionen mit einem potenziellen Neuanbieter sowie Fusionen, die die Nachfragemacht der fusionierenden Unternehmen stärken, und über Sanierungsfusionen.

(6) Wenn in dieser Mitteilung von "Preiserhöhungen" gesprochen wird, sind oftmals eine verringerte Auswahl und Qualität von Waren und Dienstleistungen, die Hemmung des technischen Fortschritts und andere mögliche Auswirkungen fehlenden wirksamen Wettbewerbs mitgemeint. Ferner umfasst dieser Begriff auch Fälle, in denen bei Vollzug des angemeldeten Zusammenschlusses Preise in einem geringeren Umfang zurückgehen oder ihr Sinken weniger wahrscheinlich ist.

(7) Unter einem oligopolistischen Markt wird ein Markt mit wenigen großen Unternehmen verstanden. Da sich schon das Verhalten eines Unternehmens erheblich auf die Gesamtmarktlage und damit indirekt auf die Situation der übrigen Unternehmen auswirkt, sind Oligopolisten voneinander abhängig.

(8) Zu ihrer Berechnung siehe die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 3, Ziff. 54-55).

(9) In vielen Fällen werden die Wettbewerbsschranken, die sich die verschiedenen Marktteilnehmer gegenseitig setzen, mehr von den besonderen Eigenheiten der einzelnen Anbieter und der betroffenen Abnehmer abhängen als von dem Umsatzanteil, der auf die einzelnen Anbieter entfällt. Die Marktanteile können in diesen Fällen oft zu einer Unter- oder Überschätzung der Wettbewerbsfolgen führen.

(10) Erfolgsstatistiken geben darüber Aufschluss, welche Anbieter an Ausschreibungen bestimmter Abnehmergruppen teilgenommen haben und inwieweit sie in den Vergabeverfahren den Zuschlag erhielten oder von den Abnehmern unter die günstigsten Anbieter eingestuft wurden.

(11) Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Bei fünf Anbietern mit Marktanteilen von 40 %, 20 %, 15 %, 15 %, und 10 % ergibt sich ein HHI von 2550 (402 + 202 + 152 + 152 + 102 = 2550). Der HHI reicht von gegen 0 (im Fall eines völlig atomisierten Marktes) bis 10000 (im Fall eines reinen Monopols). Auch wenn grundsätzlich sämtliche Anbieter in die Berechnung einbezogen werden sollten, wird das Ergebnis durch fehlende Angaben über kleine Unternehmen kaum verfälscht, da diese den HHI nicht in nennenswerter Weise beeinflussen.

(12) Unter dem HHI-Aggregat ist der HHI-Wert nach dem Zusammenschluss zu verstehen, der sich ergibt, falls die fusionierenden Unternehmen ihre Marktanteile behalten.

(13) In seltenen Fällen kann es sogar vorkommen, dass durch ein angemeldetes Vorhaben ein Unternehmen in eine überragende Marktstellung gerät oder in ihr gestärkt wird, das an dem Vorhaben gar nicht beteiligt ist (s. Entscheidung der Kommission vom 29. September 1999 in der Sache IV/M 1383, Exxon/Mobil, Erwägungsgründe 225-229.

(14) Rs. Nr. T-221/95, Endemol/Kommission, Slg. 1999, II-1299, Rdnr. 134, und Rs. Nr. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Rndr. 205; Sache IV/M. 890, Blokker/Toys "R" Us (ABl. L 316 vom 25.11.1998, S. 1, Ziff. 74).

(15) Sache IV/M.1221, Rewe/Meinl (ABl. L 274 vom 23.10.1999, S. 1, Ziff. 28); siehe auch Rs. C-250/92, Gottrup-Klim Slg. 1994, I-5641, Rdnr. 48.

(16) Größen- und Verbundvorteile entstehen aus der Verteilung der Festkosten auf einen umfangreicheren Ausstoß oder eine breitere Produktpalette.

(17) Rs. T-102/96, Endemol/Kommission, Slg. 1999, II-753, Rdnr. 167.

(18) Rs. T-22/97, Kesko/Kommission, Slg. 1999, II-3775, Rdnr. 141 ff.

(19) Sache COMP/M.2097, SCA/Metsa Tissue (ABl. L 57 vom 27.2.2002, S. 1, Ziff. 147).

(20) Sache COMP/M.2033, Metso/Svedala, 2001, Ziff. 195.

(21) Sache IV/M.603, Crown Cork & Seal/Carnaud/MetalBox (ABl. L 75 vom 23.3.1996, S. 38, Ziff. 66 ff.).

(22) Rs. T-156/98, RJB Mining/Kommission, Slg. 2001, II-337.

(23) Sache IV/M.623, Kimberly-Clark/Scott (ABl. L 183 vom 23.7.1996, S. 1).

(24) Sache M.430, Procter & Gamble/VP Schickedanz (II) (ABl. L 354 vom 31.12.1994, S. 32) und Rs. T-290/94, Kaysersberg/Kommission, Slg. 1997, II-2137, Rdnr. 153.

(25) Rs. T-310/01, Schneider/Kommission, Slg. 2002, II-0000, Rdnr. 418; Sache IV/M. 1628, TotalFina/Elf Aquitaine (ABl. L 143 vom 29.5.2001, S. 1), Sache COMP/M.2097, SCA/Metsä Tissue (ABl. L 57 vom 27.2.2001, S. 1, Ziff. 94-108).

(26) Sache IV/M.877, Boeing/McDonnell Douglas (ABl. L 336 vom 8.12.1997, S. 16, Ziff. 58ff.).

(27) Sache COMP/M.2817, Barilla/BPS/Kamps, Ziff. 34; Sache COMP/M.1672, Volvo/Scania (ABl. L 143 vom 29.5.2001, Ziff. 148).

(28) Obwohl sich die Produkte auf den meisten Märkten in gewisser Hinsicht unterscheiden, gibt es Märkte mit einem relativ homogenen Produktangebot. Darunter sind Märkte zu verstehen, auf denen die Produkte der verschiedenen Hersteller in den Augen der Abnehmer relativ leicht untereinander austauschbar sind.

(29) Die Angebotsdifferenzierung kann auf unterschiedlichen Wegen vonstatten gehen. Der Standort von Zweigstellen und Geschäften kann eine Rolle spielen. Die gilt beispielsweise für den Einzelhandel, Banken, Reisebüros oder Tankstellen. Die Differenzierung kann auch auf dem Markenimage, technischen Spezifikationen, der Produktqualität oder dem Kundendienst beruhen. Aus dem Werbeaufwand kann das Bemühen der Unternehmen um eine Profilierung ihrer Produkte deutlich werden. In anderen Fällen kann der Umstieg auf ein Konkurrenzprodukt mit Umstiegskosten verbunden sein.

(30) Die Steigerung des Konzentrationsgrads nach HHI-Maß kann unabhängig vom Konzentrationsgrad des Gesamtmarktes durch Multiplikation des Produkts der Marktanteile der fusionierenden Unternehmen mit 2 errechnet werden: Bei der Fusion zweier Unternehmen mit Anteilen von 30 und 15 % würde sich der HHI um 900 (30 × 15 × 2 = 900) erhöhen. Dieser Berechnung liegt folgende Formel zugrunde: Vor der Fusion wurden die Quadrate der Marktanteile der fusionierenden Unternehmen einzeln berücksichtigt: (a)2 + (b)2. Nach der Fusion tragen die Unternehmen in der Höhe des Quadrats der Summe ihrer Marktanteile (a + b)2 zum HHI bei, was der Formel a2 + 2ab + b2 entspricht Der zusätzliche Beitrag zum HHI wird somit durch 2ab dargestellt.

(31) Die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage hängt von dem Ausmaß ab, in dem sich die Menge eines bestimmten nachgefragten Erzeugnisses unter sonst gleichen Bedingungen in Reaktion auf Preisveränderungen bei einem anderen Produkt ändert. Die Eigenpreiselastizität misst das Ausmaß, in dem sich die Nachfrage nach einem Produkt in Reaktion auf Veränderungen seines Preises ändert.

(32) Die Umstiegsquote misst den Absatzverlust eines Produkts gegenüber einem anderen Produkt im Falle einer Preiserhöhung.

(33) Sache COMP/M.1693, Alcoa/Reynolds.

(34) Rs. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Rdnr. 277; Rs. T-342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, II-000, Rdnr. 61.

(35) Eine solche Koordinierung wird erleichtert, wenn die Oligopolisten aus historischen Gründen in bestimmten Gebieten besonders stark vertreten sind.

(36) Rs. T-342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, S. II-000, Rdnr. 62.

(37) Rs. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Rdnr. 222.

(38) Rs. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Rdnr. 281.

(39) Stark vernetzt ist beispielsweise der Markt für Spielkonsolen. Der Einzelverbraucher ist in der Regel bestrebt, die unter den übrigen Nutzern populärste Konsole zu erwerben, weil die Zahl der für diese Konsole entwickelten Spiele wahrscheinlich höher ist und mehr Nutzer untereinander Spiele austauschen können.

(40) Sache IV/M.1681, Akzo Nobel/Hoechst Roussel Vet, Rdnr. 64.

(41) Sache IV/M.1882, Pirelli/BICC, Ziff. 77-80.

(42) Sache IV/M.1313, Danish Crown/Vestjyske Slagterier (ABl. L 20 vom 25.1.2000, S. 1, Ziff. 171-173).

(43) Sache IV/M.1225, Enso/Stora (ABl. L 254 vom 29.9.1999, S. 9, Ziff. 89).

(44) Sache IV/M.1225, Enso/Stora (ABl. L 254 vom 29.9.1999, S. 9, Ziff. 95-96).

(45) Sache COMP/M.1693, Alcoa/Reynolds (ABl. L 58 vom 28.2.2002, S. 25, Ziff. 31-32 u. 38).

(46) Erwägungsgrund 4 der Fusionskontrollverordnung.

(47) Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b) der Fusionskontrollverordnung.

(48) In die Zukunft prognostizierte Effizienzvorteile müssen entsprechend abgezinst werden. In den meisten Fällen wird die Kommission nämlich den etwaigen tatsächlichen Effizienzvorteilen umso weniger Gewissheit beimessen können, je länger sich ihre Verwirklichung hinzieht.

(49) Rs. C-68/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1998, I-1375, Rdnr. 110.

(50) Rs. C-68/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1998, I-1375, Rdnr. 117-120.

(51) Sachen M.2810, Deloitte & Touche/Andersen UK; M 2816, Ernst & Young France/Andersen France; M.2824, Ernst & Young/Andersen Germany.

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