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Document 52002AE0864

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Entwurf einer Verordnung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen"

    ABl. C 241 vom 7.10.2002, p. 143–145 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52002AE0864

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Entwurf einer Verordnung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen"

    Amtsblatt Nr. C 241 vom 07/10/2002 S. 0143 - 0145


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Entwurf einer Verordnung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen"(1)

    (2002/C 241/27)

    Die Kommission beschloss am 30. April 2002, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 149 und Artikel 150 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu dem vorgenannten Entwurf zu ersuchen.

    Der Wirtschafts und Sozialausschuss beschloss, Herrn Zöhrer zum Hauptberichterstatter für die Vorbereitung seiner Stellungnahme einzusetzen.

    Der Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 392. Plenartagung (Sitzung vom 18. Juli 2002) mit 120 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Inhalt des Kommissionsvorschlages

    1.1. Der Entwurf der Verordnung über Beschäftigungsbeihilfen soll die derzeitigen Leitlinien der EU über staatliche Beschäftigungsbeihilfen ersetzen. Es wird vorgeschlagen, bestimmte Arten von Beihilfen, die im Rahmen der bisherigen Leitlinien zulässig sind, auszunehmen, z. B. Beihilfen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie Beihilfen für Arbeitgeber, die benachteiligte Arbeitnehmergruppen wie Langzeitarbeitslose und Behinderte einstellen. Die Voraussetzungen für die Freistellung der Beihilfen wurden im Vergleich zu den jetzigen Leitlinien klarer formuliert und sind abgestimmt auf bereits existierende Regelungen für die Vergabe von Beihilfen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze im Rahmen neuer Investitionsprojekte. Die vorgeschlagene Verordnung stellt ferner Beihilfen für die laufenden Kosten der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer frei.

    1.2. Viele beschäftigungswirksame Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden, um Arbeitsplätze zu schaffen oder die Einstellung von benachteiligten Arbeitnehmern zu fördern, fallen nicht unter die Definition von staatlichen Beihilfen. Besonders allgemeine Maßnahmen wie die Senkung der Steuern auf den Faktor Arbeit und die Sozialabgaben, die automatisch für alle Unternehmen eines Mitgliedstaates gelten, die z. B. Langzeitarbeitslose beschäftigen, stellen keine staatlichen Beihilfen dar. Die vorgeschlagene Verordnung würde sich nur auf solche Maßnahmen beziehen, die unter die Definition staatlicher Beihilfen gemäß Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags fallen, da sie bestimmte Unternehmen begünstigen.

    2. Allgemeine Bemerkungen

    2.1. Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag der Kommission grundsätzlich. Er trägt zur Umsetzung der beschäftigungspolitischen Ziele der EU bei, indem er die rechtlichen Voraussetzungen klärt, unter denen Beschäftigungsbeihilfen ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt werden können. Dies dient auch der Verwaltungsvereinfachung.

    2.2. Die Förderung der Beschäftigung hat zu Recht einen immer höheren Stellenwert in der Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU. Wie die Kommission in ihrer Begründung feststellt, haben die Mitgliedstaaten ein berechtigtes Interesse an der Durchführung von Maßnahmen, die Anreize für Unternehmen schaffen, neue Arbeitsplätze, vor allem für benachteiligte Arbeitnehmer, zu schaffen.

    2.3. Die Kommission stellt im Erwägungsgrund 6 fest, dass Maßnahmen allgemeiner Natur, die nicht durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen, keine staatlichen Beihilfen darstellen. In der Praxis ist zu befürchten, dass es zu Problemen bei der Abgrenzung von Beihilfen im Sinne dieser Verordnung und solchen allgemeinen Maßnahmen kommt. Eine klare Definition wäre im Sinne der Rechtssicherheit wünschenswert.

    Der Ausschuss regt daher an, dass die Kommission eine ausführlichere Beschreibung der allgemeinen Maßnahmen in Form einer Erläuterung herausgibt. Den Mitgliedstaaten empfiehlt der Ausschuss im Zweifelsfall eine vorherige Klärung mit den Dienststellen der Kommission.

    2.4. Die Schlüsselbedeutung der Rechtssicherheit wird ebenfalls durch die Kontroversen verdeutlicht, die Anwendung der Verordnung über Ausbildungsbeihilfen und insbesondere hinsichtlich der von den Sozialpartnern in einigen Ländern eingerichteten sektoriellen Beschäftigungsfonds begleiten.

    2.5. Der Ausschuss verweist auf zwei Bereiche, die seiner Meinung nach zu wenig Berücksichtigung im Vorschlag der Kommission finden.

    2.5.1. Nach Auffassung des Ausschusses sollte die vorgeschlagene Verordnung auch auf Beihilfen angewandt werden, die Projekten der "geschützten Beschäftigung" gewährt werden. Diese verfolgen in der Regel überwiegend soziale Zielsetzungen, die durch die nationalen Gesetze vorgegeben sind und ihre Tätigkeit ist daher nicht mit der eines kommerziell tätigen Unternehmens gleichzusetzen. Die Verordnung sollte auf diese Bedürfnisse eingehen, indem diese Beihilfen erfasst werden und eine Definition von geschützter Beschäftigung erfolgt.

    2.5.2. Einschlägige Studien beweisen, dass gerade Unternehmen im sozialen Bereich (wie genossenschaftliche Unternehmen, Verbände und Vereine usw.) einen aktiven Beitrag zur Schaffung neuer Arbeitsplätze leisten können. Die besondere Bedeutung von Unternehmen im sozialen Bereich wurde von den Institutionen der EU mehrfach anerkannt. Es sei hier nur auf die jüngsten Beispiele wie das Grünbuch zur sozialen Verantwortung der Unternehmen oder das Diskussionspapier der Europäischen Kommission über die Kooperativen im Europa der Unternehmen verwiesen.

    2.5.3. Um der besonderen Rolle dieser Unternehmen gerecht zu werden, schlägt der Ausschuss vor, dies bei der möglichen Höhe an Beihilfenintensität zu berücksichtigen.

    3. Besondere Bemerkungen

    3.1. zu Artikel 2 - Begriffsbestimmungen

    3.1.1. Kleine und mittlere Unternehmen

    3.1.1.1. Der Anhang I, in dem die Definition der KMU festgelegt ist, bezieht sich auf die Empfehlung der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen. Es muss sichergestellt werden, dass eine allfällige Änderung dieser Empfehlung während der Geltungsdauer der gegenständlichen Verordnung auch Berücksichtigung findet und der Anhang angepasst werden kann, ohne ein neuerliches Legislativverfahren einzuleiten.

    3.1.1.2. Der Ausschuss unterstützt bessere Bedingungen für die KMU. Er kann jedoch nicht akzeptieren, dass Großunternehmen in nicht förderfähigen Gebieten von den Bestimmungen betreffend die "Schaffung von Arbeitsplätzen" ausgenommen sein sollen, mit der Begründung, dass Großunternehmen "keine besonderen Nachteile hätten" (Erwägungsgrund 21). Großunternehmen können genauso wie kleine Unternehmen besondere Nachteile haben, die es rechtfertigen, dass sie Beihilfen zur Schaffung von Arbeitsplätzen erhalten.

    3.1.2. Jugendliche

    3.1.2.1. Im Vorschlag der Kommission werden darunter Jugendliche unter 25 Jahren verstanden, die noch keine reguläre bezahlte Erstanstellung gefunden haben. Der Ausschuss verweist darauf, dass es in einigen Mitgliedstaaten auch Jugendliche gibt, die im Rahmen einer dualen Berufsausbildung bereits einen, wenn auch besonderen, Arbeitsvertrag hatten, aber nach ihrer Ausbildung nicht weiterbeschäftigt werden und keine Anstellung finden. Auch diese Gruppe von Jugendlichen sollte hier einbezogen werden.

    3.1.3. Ältere Arbeitnehmer

    3.1.3.1. Die vorgeschlagenen Altersgrenzen erscheinen dem Ausschuss zu starr, da zum einen in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Grenzen gelten (vielfach getrennt nach Geschlecht) und zum anderen die Lage in den jeweiligen Sektoren oder Regionen unterschiedlich sein kann. Er schlägt daher vor, eine Definition zu wählen, die eine flexiblere Handhabung in den Mitgliedstaaten erlaubt, sofern es dafür generell gültige nationale Regelungen gibt.

    3.1.4. Frauen

    3.1.4.1. Der Durchschnittszeitraum für die Berechnung der Arbeitslosenrate von zwei Jahren erscheint zu lang. Wenn rechtzeitig gegengesteuert werden soll, sollte ein Jahr als Referenzzeitraum ausreichen. Zudem muss auch berücksichtigt werden, dass eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit bei Frauen nicht unbedingt mit einer generellen Arbeitslosigkeit über dem EU-Durchschnitt einhergehen muss. Der Ausschuss schlägt daher folgende Definition vor:

    3.1.4.2. Frauen in einer NUTS II-Region, in der die durchschnittliche Arbeitslosenquote der Frauen seit mindestens einem Kalenderjahr 150 % des Durchschnitts der betreffenden Region übersteigt.

    3.1.5. Behinderte Arbeitnehmer

    3.1.5.1. Die hier von der Kommission gewählte Definition ist zu restriktiv. Zudem schließt die Kommission mit dem Zusatz "... die dennoch auf dem Arbeitsmarkt verwendbar sind" Förderungen für Einrichtungen, die im Rahmen von geschützten Arbeitsplätzen Behinderte beschäftigen, aus, da diese Formulierung nur auf den regulären Arbeitsmarkt abzielt. Der Ausschuss schlägt daher folgende Formulierung vor:

    - Personen, die nach innerstaatlichem Recht als behindert gelten.

    3.2. zu Artikel 4 - Beihilfen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze

    3.2.1. Grundsätzlich ist der Vorschlag der Kommission, unterschiedliche Beihilfeintensitäten in Regionen zuzulassen, die gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) oder c) Anspruch auf Regionalbeihilfen haben, als in solchen Regionen, die einen derartigen Anspruch nicht erfuellen, nachvollziehbar.

    3.2.2. Für die Berechnung der Beihilfenintensität werden von der Kommission jene Vorgangsweisen gewählt, wie sie auch für Regionalförderungen angewandt werden. Diese Berechnungen sind für Laien nur sehr schwer nachvollziehbar und führen in der Praxis auch immer wieder zu Schwierigkeiten, da es eine Vermischung von Brutto- und Nettoberechnungen gibt. Der Ausschuss regt daher an, diese Frage einer generellen Diskussion zu unterziehen und eine einfachere Methode für die nächste Planungsperiode anzustreben.

    3.2.3. Ferner ist die Ungleichbehandlung des Stahlsektors mit anderen Wirtschaftszweigen für den Ausschuss nicht nachvollziehbar. Wenn neue Arbeitsplätze geschaffen und dafür Beihilfen gewährt werden, sollte dies unabhängig davon sein, in welchem Sektor diese Arbeitsplätze geschaffen werden. Davon ausgenommen können lediglich jene Sektoren sein, die schon in Artikel 1 Anwendungsbereich als Ausnahme definiert wurden.

    3.3. Unternehmen im sozialen Bereich

    3.3.1. Unternehmen im sozialen Bereich (Genossenschaften, Verbände, Vereine, ...) nehmen oft eine besondere Rolle bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze ein. Sie sind vielfach unabhängig von der wirtschaftlichen Lage einer Region in Zonen tätig sind, in denen traditionelle Wirtschaftszweige nicht vorhanden sind oder sich in einer Krise befinden.

    3.3.2. Der soziale Bereich fördert auch die soziale Kohäsion und Integration. Durch die Tätigkeit von Genossenschaften und Verbänden erfolgt eine berufliche und soziale Integration von Personen und Gruppen, die aufgrund von persönlichen schwierigen Umständen von Ausgrenzung bedroht sind.

    3.3.3. Letztendlich haben Unternehmen im sozialen Bereich eine manchmal entscheidende Bedeutung in Gemeinden, die aufgrund industrieller oder sozialer Umgestaltung in eine Krise geraten sind oder von urbaner Abwanderung betroffen sind. Hier stellen sie dynamische Zentren für nachhaltige lokale und regionale Entwicklung dar.

    3.3.4. Daher schlägt der Ausschuss vor, in Artikel 4 für Unternehmen und Organisationen im sozialen Bereich eine generelle Hoechstgrenze für die Beihilfenintensität von 20 Prozent fest zu schreiben.

    3.4. zu Artikel 6 - Mehrkosten für die Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer

    3.4.1. Die in Artikel 6 des Verordnungsentwurfs beschriebenen Beihilfen für die Beschäftigung von Behinderten beziehen sich lediglich auf die Beschäftigung von Behinderten innerhalb des normalen Arbeitsmarktes, also in Unternehmen mit dem Ziel Gewinne zu machen.

    3.4.2. Sie berücksichtigen nicht die Beschäftigung von Behinderten im Rahmen von Projekten der geschützten Beschäftigung. Diese können zwar auch wirtschaftlich tätige Einrichtungen sein, erfuellen jedoch einen überwiegend sozialen Auftrag und sind nicht auf Gewinn ausgerichtet.

    3.4.3. Um diese Projekte entsprechend ihrer sozialen Funktion zu berücksichtigen schlägt der Ausschuss vor, dass auch Beihilfen, welche die Errichtung und den Erhalt solcher Einrichtungen (auch Verwaltungskosten oder Kosten für den Transport) fördern, generell von einer Anmeldung freigestellt werden.

    3.5. zu Artikel 11 - Transparenz und Überwachung

    3.5.1. Der Ausschuss stellt fest, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Dokumentation der gewährten Beihilfen nicht zu einer Überwälzung von Verwaltungsaufgaben an die Unternehmen und damit zu einer zusätzlichen bürokratischen und finanziellen Belastung führen darf.

    3.6. zu Artikel 12 - Inkrafttreten und Geltungsdauer

    3.6.1. Der von der Kommission vorgeschlagene Geltungszeitraum bis zum 31. Dezember 2006 geht konform mit dem der Planungsperiode der Strukturfonds. Die Kommission sollte im Sinne der Kontinuität rechtzeitig eine Überprüfung der Verordnung in Angriff nehmen, so dass bereits mit dem Ablauf der Geltungsfrist eine neue Verordnung in Kraft treten kann.

    Brüssel, den 18. Juli 2002.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) ABl. C 88 vom 12.4.2002, S. 2.

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