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Document 52001PC0680

    Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen von 1996) im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen

    /* KOM/2001/0680 endg. */

    52001PC0680

    Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen von 1996) im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen /* KOM/2001/0680 endg. */


    Vorschlag für eine ENTSCHEIDUNG DES RATES zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen von 1996) im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen

    (von der Kommission vorgelegt)

    BEGRÜNDUNG

    Ziel

    1. Das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen von 1996) wurde am 19. Oktober 1996 im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht geschlossen. Obwohl das Übereinkommen inzwischen zum Teil in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, lässt das Übereinkommen einen Beitritt der Gemeinschaft als solche nicht zu.

    2. Das Übereinkommen würde nach herrschender Meinung einen wertvollen Beitrag zum Schutz von Kindern leisten, deren Lebensumstände außergemeinschaftliche Bezüge aufweisen, und auf diese Weise einschlägige bestehende und künftige Gemeinschaftsregelungen sinnvoll ergänzen. Die Kommission schlägt deshalb dem Rat vor, jene Mitgliedstaaten, für die die einschlägigen Gemeinschaftsregelungen gelten, ausnahmsweise zu ermächtigen, dem Übereinkommen im Interesse der Gemeinschaft beizutreten.

    3. Um die Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsraums innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen, wird die Ermächtigung unter dem Vorbehalt erteilt, dass bei Unterzeichnung des Übereinkommens eine Erklärung abgegeben wird und Verhandlungen über einen baldigen Beitritt der Gemeinschaft aufgenommen werden.

    Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsraums innerhalb der Gemeinschaft

    4. Die Europäische Gemeinschaft hat sich den Aufbau eines echten Rechtsraums auf der Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zum Ziel gesetzt. Auf seiner Sondertagung im Oktober 1999 in Tampere forderte der Europäische Rat die automatische unionsweite Anerkennung von Entscheidungen ohne Zwischenverfahren oder Zulassung von Versagungsgründen. Hierzu nahmen der Rat und die Kommission im Dezember 2000 ein Maßnahmenprogramm zur schrittweisen Abschaffung des Exequaturverfahrens in vier Bereichen an. [1]

    [1] Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.

    5. Nach der Ratsverordnung (EG) Nr. 1347/2000 [2] (Verordnung Brüssel II) gilt der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bereits für bestimmte bei einer Ehescheidung oder Trennung ergangene Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, die unter Bereich II des Maßnahmenprogramms fallen. Für Familiensachen sieht das Programm schon in seiner ersten Phase eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung Brüssel II und die Abschaffung des Exequaturverfahrens beim Umgangsrecht vor. Am 6. September 2001 legte die Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Ausweitung des Reziprozitätsprinzips auf alle Entscheidungen vor, die die elterliche Verantwortung betreffen. [3] Was die Abschaffung des Exequaturverfahrens beim Umgangsrecht anbelangt, so prüft der Rat derzeit die entsprechende französische Initiative vom Juli 2000. [4]

    [2] Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten, ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 19. Die Verordnung regelt die gerichtliche Zuständigkeit, automatische Anerkennung und vereinfachte Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und von aus Anlass einer Ehesache ergangene Entscheidungen über die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten.

    [3] Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, KOM (2001) 505 endg.

    [4] Initiative der Französischen Republik im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Rates über die gegenseitige Vollstreckung von Entscheidungen über das Umgangsrecht, ABl. C 234 vom 15.8.2000, S. 7.

    6. Langfristig soll das Exequaturverfahren für alle Entscheidungen über die elterliche Verantwortung mit Hilfe klarer und kohärenter Zuständigkeitsregeln aufgehoben werden.

    Das Haager Übereinkommen von 1996

    7. Das Übereinkommen von 1996 regelt die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und zum Schutz von Kindern. Das Übereinkommen geht von der Zuständigkeit des Vertragsstaats aus, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die zuständige Behörde wendet im Prinzip innerstaatliches Recht an, kann aber den Fall gegebenenfalls an ein Gericht verweisen, das im Einzelfall das Wohl des Kindes besser beurteilen kann. Die in den Vertragsstaaten ergangenen Urteile werden automatisch anerkannt, und die Vertragsstaaten sind gehalten, für einfache und schnelle Exequaturverfahren zu sorgen. Darüber hinaus ist eine Zusammenarbeit zwischen eigens hierzu bestimmten Behörden vorgesehen.

    8. Das am 19. Oktober 1996 im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht geschlossene Übereinkommen ist noch nicht in Kraft getreten. Die Gemeinschaft ist nicht Mitglied der Haager Konferenz, und die Kommission hat lediglich als Beobachter an den Verhandlungen teilgenommen. Dem Übereinkommen dürfen nur Staaten beitreten. Bislang haben von den Mitgliedstaaten nur die Niederlande das Übereinkommen unterzeichnet (aber noch nicht ratifiziert).

    9. Nach der AETR-Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Außenkompetenz der Gemeinschaft steht es den Mitgliedstaaten nicht länger frei, dem Übereinkommen von 1996 selbst beizutreten, soweit dessen Bestimmungen über die Zuständigkeit und Vollstreckung EG-Vorschriften (d. h. die Verordnung Brüssel II) berühren. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft teilen sich daher die Zuständigkeit in diesem Bereich.

    10. Das Verhältnis zwischen den Bestimmungen des Übereinkommens und bestehenden und künftigen EG-Vorschriften ist in Artikel 52 des Übereinkommens geregelt. Darin heißt es:

    "(1) Dieses Übereinkommen lässt internationale Übereinkünfte unberührt, denen Vertragsstaaten als Vertragsparteien angehören und die Bestimmungen über die im vorliegenden Übereinkommen geregelten Angelegenheiten enthalten, sofern die durch eine solche Übereinkunft gebundenen Staaten keine gegenteilige Erklärung abgeben.

    (2) Dieses Übereinkommen lässt die Möglichkeit unberührt, dass ein oder mehrere Vertragsstaaten Vereinbarungen treffen, die in Bezug auf Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem der Staaten, die Vertragsparteien solcher Vereinbarungen sind, Bestimmungen über die in diesem Übereinkommen geregelten Angelegenheiten enthalten.

    (3) Künftige Vereinbarungen eines oder mehrerer Vertragsstaaten über Angelegenheiten im Anwendungsbereich dieses Übereinkommens lassen im Verhältnis zwischen solchen Staaten und anderen Vertragsstaaten die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens unberührt.

    (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Einheitsrecht, das auf besonderen Verbindungen insbesondere regionaler Art zwischen den betroffenen Staaten beruht."

    11. Diese Bestimmungen sind jedoch nicht im Hinblick auf eine mögliche Kollision mit EG-Recht abgefasst worden. Zwar fanden damals Konsultationen statt, um eine gewisse Kohärenz zwischen dem Übereinkommen von 1996 und dem 1998 geschlossenen Übereinkommen Brüssel II (auf deren Grundlage später die Verordnung Brüssel II ausgearbeitet wurde) zu gewährleisten, doch gehörte der Bereich der justiziellen Zusammenarbeit damals noch nicht zur ersten Säule, und eine Gemeinschaftspolitik im Bereich der elterlichen Verantwortung wurde erst später entwickelt. Infolgedessen muss die Anwendung der Absätze 2, 3 und 4 im Gemeinschaftskontext näher geprüft werden (Absatz 2 sollte dazu dienen, eine Kollision mit dem damaligen Übereinkommen Brüssel II zu vermeiden). [5]

    [5] Absatz 1 ist hier unerheblich, da er sich auf Übereinkünfte (oder Regelungen) bezieht, die bereits vor Abschluss des Übereinkommens (d. h. vor 1996) bestanden.

    Grenzen des Gemeinschaftshandelns aufgrund des Übereinkommens

    12. Zur Anwendung von Artikel 52 des Übereinkommens auf Sachverhalte mit EG-Bezug könnten Rechtsakte der Gemeinschaft nach den Absätzen 2 und 3 in Verbindung mit Absatz 4 internationalen Vereinbarungen gleichgestellt werden. In diesem Zusammenhang sind allerdings zwei Fragen zu klären.

    13. Erstens: Nach Absatz 2 könnte die Gemeinschaft tätig werden, wenn es um Kinder geht, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten haben. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass die Gemeinschaft für Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Gemeinschaft haben, nicht zuständig wäre. Diese Auslegung von Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4 kann aber nicht zutreffen.

    14. Jede Beschränkung des Gemeinschaftshandelns kann sich nur auf Kinder beziehen, die ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in einem anderen Vertragsstaat haben. Eine andere Auslegung würde über den Anwendungsbereich des Übereinkommens hinausgehen und zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten mit Staaten, die dem Übereinkommen von 1996 nicht beigetreten sind, keine internationale Übereinkunft mehr schließen können, die in diesen Staaten ansässige Kinder betrifft. Soweit die Mitgliedstaaten eine solche Übereinkunft nicht mehr alleine schließen können (weil für diesen Regelungsbereich zumindest teilweise die Gemeinschaft zuständig ist), würde diese Auslegung jede internationale Lösung für solche Kinder ausschließen (abgesehen von dem Beitritt des Wohnsitzstaats zum Haager Übereinkommen).

    15. Zweitens: Wie bereits erwähnt, setzt die Anwendung von Artikel 52 im Gemeinschaftskontext die Gleichstellung von EG-Rechtsakten mit internationalen Vereinbarungen voraus. Dabei ist jedoch klarzustellen, dass eine Beschränkung des Gemeinschaftshandelns nicht für die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinschaft als solche gelten kann. Da es mit anderen Worten jedem Mitgliedstaat nach wie vor frei steht, Regelungen für gebietsfremde Kinder zu treffen, sollte dies auch dem Gemeinschaftsgesetzgeber in einem Bereich möglich sein, für den die Gemeinschaft zuständig ist.

    16. Aufgrund dieser Überlegungen hält die Kommission die folgende Auslegung von Artikel 52 in Bezug auf den Gemeinschaftskontext für korrekt: Bei Kindern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in einem anderen Vertragsstaat haben, würde das Übereinkommen den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen (sofern vorhanden) vorgehen.

    17. Um jegliche Zweifel an dieser Auslegung zu zerstreuen und die Rechtssicherheit zu erhöhen, wird vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten bei der Unterzeichnung des Übereinkommens eine Erklärung abgeben, die die Grenzen des Gemeinschaftshandelns bei der Anwendung von Artikel 52 im Gemeinschaftskontext deutlich macht.

    Wahrung der EG-Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen

    18. Artikel 52 ist, wie oben ausgeführt, dahin auszulegen, dass das Übereinkommen dann Vorrang vor Gemeinschaftsrecht hat, wenn es um Kinder geht, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in einem anderen Vertragsstaat haben. [6]

    [6] In gleicher Weise hat der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 37 der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 bestimmt, dass die Verordnung Vorrang vor dem Übereinkommen hat, "sofern das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat an".

    19. Diese Auslegung der Zuständigkeitsregeln ist im Hinblick auf eine ausgewogene Zuständigkeitsverteilung unter den Vertragsstaaten gerechtfertigt. Schließlich besteht der wesentliche Zweck des Übereinkommens gerade darin, die Zuständigkeit der Vertragsstaaten zu regeln. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vorgehen, wenn es sich um Kinder handelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Gemeinschaft, sondern in einem anderen Vertragsstaat haben.

    20. Was die Anerkennungs- und Vollstreckungsregeln anbelangt, so sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

    21. Die Anwendung des Übereinkommens anstelle von Gemeinschaftsvorschriften auf die Anerkennung und Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung würde, auch wenn dies nur in wenigen Fällen geschieht, die volle Umsetzung des Reziprozitätsprogramms beeinträchtigen. [7] Kern dieses Programms ist ja gerade der freie Verkehr aller in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen innerhalb der Gemeinschaft auf der Grundlage gemeinsamer Vorschriften, die schrittweise bis zur Abschaffung des Exequaturverfahrens zu vereinfachen sind. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nach geltendem Gemeinschaftsrecht diese gemeinsamen Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften unabhängig davon Anwendung finden, ob die Zuständigkeitsvorschriften auf Gemeinschaftsebene festgelegt worden sind oder unter Verweis auf innerstaatliches Recht. [8] Es muss daher eine Lösung gefunden werden, die den freien Verkehr aller auf der Grundlage des Übereinkommens in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen innerhalb der Gemeinschaft nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts zulässt. Dies ist vor allem für die Abschaffung des Exequaturverfahrens von Bedeutung.

    [7] So könnte ein Mitgliedstaat, der Vertragspartei des Übereinkommens ist, auf der Grundlage von Artikel 10 (Zuständigkeit des Scheidungsgerichts) oder Artikel 8 und 9 des Übereinkommens (Verweisung des Falls an ein Gericht, das besser in der Lage ist, das Wohl des Kindes zu beurteilen) eine Entscheidung über die elterliche Verantwortung für ein Kind treffen, das seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat, der nicht der Europäischen Gemeinschaft angehört. Diese in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung würde dann in einem anderen Mitgliedstaat nicht nach Gemeinschaftsrecht anerkannt und vollstreckt, sondern wegen des Orts des gewöhnlichen Aufenthalts nach Maßgabe des Übereinkommens. Dies bedeutet, dass die Entscheidung nach den Bestimmungen des Übereinkommens hinsichtlich der Einhaltung der Zuständigkeitsregeln nachgeprüft werden kann, was nach der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 nicht möglich wäre. Die Unterschiede zwischen den beiden Regelungen würden sich in Zukunft noch vertiefen, wenn das Exequaturverfahren innerhalb der Gemeinschaft abgeschafft ist, während es für die anderen Vertragsparteien des Übereinkommens noch besteht.

    [8] Beispielsweise finden die Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates auch dann Anwendung, wenn sich die Zuständigkeit gemäß Artikel 8 nach einzelstaatlichem Recht bestimmt. In gleicher Weise finden die Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates Anwendung, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hat und sich die Zuständigkeit gemäß Artikel 4 nach innerstaatlichem Recht bestimmt. Ähnlich verhält es sich bei den zurzeit laufenden Verhandlungen über den Abschluss internationaler Übereinkommen, bei denen die Sicherstellung der Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander im Wege einer Trennungsklausel vorrangiges Verhandlungsziel ist.

    22. Eine solche Lösung dürfte sich ohne größere Schwierigkeiten finden lassen, da sie dem Ziel des Übereinkommens, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern, voll entspricht und die Versagungsgründe nicht zwingend sind. [9] Eine weitere Einschränkung der Versagungsgründe und Vereinfachung der Vollstreckung durch Gemeinschaftsrecht würde daher den Zielen des Übereinkommens förderlich sein.

    [9] Artikel 23 des Übereinkommen sieht die automatische Anerkennung von Entscheidungen vor, sofern die dort aufgeführten Versagungsgründe nicht greifen. Nach Artikel 26 sind die Vertragsstaaten gehalten, ein einfaches und schnelles Verfahren auf die Vollstreckbarerklärung oder Registrierung anzuwenden, die nur aus den in Artikel 23 genannten Gründen versagt werden darf.

    23. Die Gemeinschaft sollte deshalb so bald wie möglich im Rahmen der Haager Konferenz Verhandlungen aufnehmen, um zum einen die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Fällen sicherzustellen, in denen es um die Anerkennung und Vollstreckung von in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen geht, und um zum anderen den Beitritt der Gemeinschaft zu dem Übereinkommen zu ermöglichen, nicht nur weil dies aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht die sauberste Lösung wäre, sondern weil die Gemeinschaft damit auch international deutlich machen würde, welchen Wert sie dem Übereinkommen beimisst.

    Vorschlag der Kommission

    24. Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen ausgehandelt haben, den Beitrag des Übereinkommens zum Schutz von Kindern positiv beurteilen und die Gemeinschaft dazu drängen, das Ihre zu tun, damit das Übereinkommen so schnell wie möglich in Kraft treten kann.

    25. Ziel der Gemeinschaft ist letztlich der Beitritt zum Haager Übereinkommen. Die Gemeinschaft wird so bald wie möglich Verhandlungen über einen Beitritt zu diesem Übereinkommen aufnehmen, die auch die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Rechtsraums, der den freien Verkehr aller in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen auf der Grundlage gemeinsamer Vorschriften voraussetzt, sicherstellen sollen.

    26. Da zurzeit jedoch nur Staaten diesem Übereinkommen beitreten können, schlägt die Kommission ausnahmsweise vor, dass der Rat die Mitgliedstaaten, die in diesem Bereich durch das Gemeinschaftsrecht gebunden sind, zur Unterzeichnung des Übereinkommens im Interesse der Gemeinschaft ermächtigt.

    27. Diese Abweichung von der üblichen Ausübung der Außenkompetenzen der Gemeinschaft gemäß Artikel 300 EG-Vertrag lässt sich ausnahmsweise mit der großen Bedeutung dieses Übereinkommens für den Schutz von Kindern rechtfertigen und mit der Notwendigkeit, für ein rasches Inkrafttreten des Übereinkommens zu sorgen. Eine solche Entscheidung soll allerdings eine Ausnahme bleiben und ist keinesfalls als Präzedenzfall für die Zukunft anzusehen.

    28. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten, wenn sie das Übereinkommen unterzeichnen, eine Erklärung abgeben, die das Verhältnis zwischen Übereinkommen und Gemeinschaftsrecht deutlich macht (siehe Rdnrn. 12-17).

    29. Aufgrund der vorliegenden Entscheidung können die Mitgliedstaaten unverzüglich mit den für eine Ratifizierung erforderlichen Vorarbeiten beginnen. Außerdem könnte eine gemeinsame Unterzeichnung erwogen werden, um international deutlich zu machen, welchen Wert die Gemeinschaft diesem Übereinkommen beimisst. Dieser Entscheidung wird dann eine weitere Entscheidung folgen, das Übereinkommen zu ratifizieren.

    30. Nach dem Protokoll über die Position Dänemarks im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist die Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 für Dänemark nicht verbindlich und diesem Staat gegenüber nicht anwendbar. Dänemark steht es daher frei zu entscheiden, ob es dem Haager Übereinkommen von 1996 beitritt. Nach dem in Artikel 10 EG-Vertrag verankerten Grundsatz der Gemeinschaftstreue muss Dänemark die anderen Mitgliedstaaten im Rat allerdings in dieser Angelegenheit konsultieren.

    Vorschlag für eine ENTSCHEIDUNG DES RATES zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen von 1996) im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION --

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c), Artikel 67 Absatz 1 und Artikel 300,

    auf Vorschlag der Kommission, [10]

    [10] ABl. C , , S. .

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) Die Europäische Gemeinschaft arbeitet an der Errichtung eines gemeinsamen Rechtsraums auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen.

    (2) Das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern, das am 19. Oktober 1996 im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht geschlossen wurde, leistet einen wertvollen Beitrag zum Schutz von Kindern auf internationaler Ebene und sollte daher so schnell wie möglich angewendet werden.

    (3) Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Beitritt zum Übereinkommen liegt zum Teil bei der Gemeinschaft und zum Teil bei den Mitgliedstaaten.

    (4) Das Übereinkommen lässt einen Beitritt der Gemeinschaft nicht zu.

    (5) Um die Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsraums in der Gemeinschaft nicht zu gefährden, ist zu klären, welche Grenzen das Übereinkommen dem Gemeinschaftshandeln in diesem Bereich setzt.

    (6) Dieser Entscheidung wird eine weitere Entscheidung folgen, die die Ratifizierung des Übereinkommens regelt.

    (7) Die Gemeinschaft wird sich so bald wie möglich um die Aushandlung eines Beitrittsprotokolls und um die Aufnahme von Verhandlungen bemühen, um die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen --

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Der Rat ermächtigt hiermit die Mitgliedstaaten, das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 zu unterzeichnen, unter dem Vorbehalt, dass sie die im Anhang beigefügte Erklärung abgeben, und vorbehaltlich einer späteren Entscheidung zur Ratifizierung dieses Übereinkommens.

    Artikel 2

    Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet mit Ausnahme Dänemarks.

    Geschehen zu Brüssel am

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    ANHANG

    Erklärung

    Bei der Unterzeichnung des Übereinkommens geben die Mitgliedstaaten die nachstehende Erklärung ab:

    "Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft wurden ermächtigt, im Interesse der Gemeinschaft ihre Zustimmung zu bekunden, durch die Bestimmungen des Übereinkommens, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, gebunden zu sein. Demzufolge hat das Übereinkommen im Einklang mit dessen Artikel 52 Vorrang vor gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften für Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in einem anderen Vertragsstaat haben.

    Es werden so bald wie möglich die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um Verhandlungen über ein Protokoll zum Übereinkommen aufzunehmen, das den Beitritt der Gemeinschaft ermöglicht und die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung sicherstellt.

    Im Sinne dieser Erklärung bezeichnet der Ausdruck 'Mitgliedstaaten' die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, die durch gemeinsame Vorschriften in den durch das Übereinkommen erfassten Bereichen gebunden sind."

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