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Document 52001AE0227

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justitiellen Netzes für Zivil- und Handelssachen"

ABl. C 139 vom 11.5.2001, p. 6–10 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52001AE0227

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justitiellen Netzes für Zivil- und Handelssachen"

Amtsblatt Nr. C 139 vom 11/05/2001 S. 0006 - 0010


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justitiellen Netzes für Zivil- und Handelssachen"

(2001/C 139/03)

Der Rat beschloss am 6. November 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe "Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch" nahm ihre Stellungnahme am 7. Februar 2001 an. Berichterstatter war Herr Retureau.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 379. Plenartagung am 28. Februar 2001 und 1. März 2001 (Sitzung vom 28. Februar) mit 112 Stimmen bei 1 Gegenstimme folgende Stellungnahme.

1. Wichtigste Ziele der Einrichtung eines europäischen justitiellen Netzes für Zivil- und Handelssachen und geplante Maßnahmen

1.1. Der Vorschlag der Kommission zielt auf eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen und ihre Verankerung auf Gemeinschaftsebene ab. Damit wird der nächste Schritt zur Schaffung eines europäischen Rechtsraums unternommen, der den Unionsbürgern greifbare Vorteile bringt.

1.2. Der Binnenmarkt und die Freizügigkeit setzen voraus, dass die Möglichkeit besteht, Rechte anerkennen und durchsetzen zu lassen, Beweismittel einzubringen, Verfahren anzustrengen, Streitsachen beizulegen und in jedem Mitgliedstaat Gerichtsurteile in Zivil- und Handelssachen zu erwirken bzw. diese in einem anderen Mitgliedstaaten anerkennen zu lassen. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit bei Finanztransaktionen und Verträgen sowie im Bereich des Personen-, Waren- und Kapitalverkehrs erforderlich.

1.3. Eine bessere Kenntnis der in den einzelnen Staaten geltenden Rechtsordnungen und Verfahren ist daher eine der Voraussetzungen für eine leichtere Beilegung grenzüberschreitender Streitfälle in Zivil- und Handelssachen(1).

1.4. Die Kommission schlägt die Schaffung eines Netzes vor, das entsprechend den Erfordernissen und der Verfügbarkeit von Mitteln schrittweise ausgebaut und vervollständigt würde. In gewissem Maße stehen auf einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Ebene sowie im Rahmen zwischenstaatlicher Übereinkünfte bereits Ressourcen zur Verfügung. Dank des von der Kommission vorgeschlagenen Informations- und Koordinierungsnetzes könnten die für das Netz bereitgestellten sowie die anderen, bereits verfügbaren Mittel besser koordiniert und ein Synergieeffekt erzielt werden, um auf Gemeinschaftsebene einen Mehrwert herbeizuführen. Auf diese Weise würden Einzelpersonen und Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Rechte trotz organisatorischer Unterschiede bzw. sogar Unvereinbarkeiten zwischen den Rechts- und Verwaltungssystemen der Mitgliedstaaten geltend zu machen.

1.5. Zur Verwirklichung der doppelten Zielsetzung, die justitielle Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu verbessern und den Bürgern und Unternehmen in grenzüberschreitenden Streitsachen den Zugang zu den Gerichten und zum Recht zu erleichtern, wird also die Einrichtung eines Europäischen Netzes für Zivil- und Handelssachen vorgeschlagen. Dieses Netz wäre zugleich ein Instrument für die justitielle Zusammenarbeit und eine Informationsquelle für die Verwaltungen und die Öffentlichkeit, insbesondere über das Internet, das bevorzugt für diese Zwecke eingesetzt werden soll.

1.6. Diese Zusammenarbeit ist - unter anderem auf Betreiben des Europäischen Rates von Tampere - in Artikel 65 des EG-Vertrags verankert worden, und Artikel 61 Buchstabe c) bildet nach Aussagen der Kommission die Rechtsgrundlage. Die Rechtsform der Entscheidung wurde aufgrund der Notwendigkeit einer kohärenten Anwendung durch alle Mitgliedstaaten gewählt, vorbehaltlich der Protokolle zum EUV und EGV betreffend Irland und das Vereinigte Königreich auf der einen Seite und Dänemark auf der anderen Seite, was die Tragweite der vorgeschlagenen Entscheidung stark einschränken könnte. Diese Länder sind jedoch Unterzeichner des Haager Abkommens, und die vorgeschlagene Entscheidung tritt nicht an die Stelle der bestehenden internationalen Übereinkünfte im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen.

1.7. Die Verwirklichung der doppelten Zielsetzung einer koordinierten und homogenen Stärkung der Mechanismen der justitiellen Zusammenarbeit in der gesamten Union sowie der Bereitstellung praktischer Informationen im Fall grenzüberschreitender Streitsachen, um natürlichen und juristischen Personen ihr Vorgehen zu erleichtern, darf keinesfalls die eigenen Befugnisse der Mitgliedstaaten einschränken oder die Umsetzung bestehender internationaler Übereinkünfte und Ad-hoc-Mechanismen behindern.

1.8. Dies ist selbstverständlich leichter gesagt als getan, denn das erklärte Ziel der Koordinierung, Kohärenz und gemeinschaftlichen Zusammenarbeit hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Mechanismen zur Regelung spezifischer Bereiche der internationalen justitiellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen. Es handelt sich um einen Integrationsansatz, der schrittweise und unter Berücksichtigung bestehender spezifischer Mechanismen umgesetzt wird, auf eine integrierte Vorgehensweise im gesamten Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen abzielt und gleichzeitig die Entwicklung einer Zusammenarbeit in den Bereichen ermöglicht, die nicht von gemeinschaftlichen Rechtsakten oder internationalen Übereinkommen erfasst sind. Dieser Schlüsselaspekt kommt in Ziffer 5 Buchstabe e) des Kommissionsvorschlags zum Ausdruck: "Das Netz soll ein wichtiges und notwendiges Instrument bei der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums in Zivil- und Handelssachen werden. Um die in den Verträgen vorgegebenen Ziele erreichen zu können, bedarf es Mechanismen, die einen umfassenden und integrierten Ansatz (...) ermöglichen."

1.9. Das Netz stützt sich auf "Kontaktstellen" in den Mitgliedstaaten, deren Anzahl und Aufbau von den Verwaltungs- und Justizstrukturen jedes Staates abhängt. Das Netz wird insbesondere durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zu einem internen elektronischen Netz aufgebaut, das auch über die Internet-Seite der Kommission zugänglich gemacht wird. Die bereits bestehenden Ressourcen werden ebenfalls genutzt und insbesondere in Form von Links in das zentrale Informationssystem integriert.

1.10. Die Kommission bekräftigt, dass es nicht darum geht, die juristische Beratung zu ersetzen, sondern lediglich darum zu verhindern, dass bestehende Rechtswege nicht beschritten werden, weil die Betroffenen die Verfahren und ihre Anforderungen nicht kennen und Bedenken haben, ihre Rechte in einem grenzüberschreitenden Kontext geltend zu machen.

1.11. Die Einrichtung des Netzes erfordert eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten sowie eine angemessene Ausstattung mit Sach- und Humanressourcen.

1.12. Das Netz soll ein flexibles und anpassungsfähiges Instrument werden. Es wird sich mit der justitiellen Zusammenarbeit weiterentwickeln und könnte deren Richtschnur werden.

1.12.1. Das Netz setzt sich zusammen aus:

- von den Mitgliedstaaten benannten nationalen Kontaktstellen;

- den Zentralbehörden, Justizbehörden oder anderen zuständigen Behörden, die aufgrund von internationalen Übereinkommen, an denen die Mitgliedstaaten teilnehmen, in Zivil- und Handelssachen Zuständigkeiten besitzen;

- den Verbindungsrichtern und -staatsanwälten im Sinne der Gemeinsamen Maßnahme 96/277/JI(2);

- anderen Justiz- oder Verwaltungsbehörden, deren Teilnahme am Netz dem betreffenden Mitgliedstaat sinnvoll erscheint.

1.13. Zentrale nationale Kontaktstellen (eine, von den einzelstaatlichen Behörden benannte Stelle pro Mitgliedstaat) bilden mit der Kommission als Koordinatorin die Schnittstelle zwischen der nationalen und der gemeinschaftlichen Ebene. Die Kommission schlägt eine nicht erschöpfende Liste der Aufgaben und Initiativen vor und unterstreicht den pragmatischen und praktischen Charakter der Tätigkeiten. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, entsprechend ihrer Gebietsstruktur oder Rechtsordnung eine begrenzte Zahl zusätzlicher Kontaktstellen einzurichten. Sie übermitteln der Kommission alle Angaben zu den nationalen Bestandteilen des Netzes, einschließlich der Sprachkenntnisse der Kontaktstellen.

1.13.1. Es wird vorgeschlagen, dass die Kontaktstellen neben der (den) Landessprache(n) über Kenntnisse einer weiteren Amtssprache der Europäischen Union verfügen. Die von jedem Mitgliedstaat erstellten Merkblätter für die breite Öffentlichkeit werden von den Dienststellen der Kommission in alle Amtssprachen der Union übersetzt.

1.13.2. Die Kontaktstellen stehen den Zentralbehörden, Justizbehörden oder anderen zuständigen Behörden sowie den Verbindungsrichtern und -staatsanwälten zur Verfügung; sie können dafür Sorge tragen, dass externe Anfragen den zuständigen nationalen Behörden zugeleitet werden oder dem Fehlen eines rechtlichen oder vertraglichen Mechanismus in den Fällen abhelfen, die nicht unter Rechtsakte der Gemeinschaft oder internationale Übereinkommen fallen.

1.14. Jeder Mitgliedstaat benennt eine gleiche Anzahl von Vertretern (vier) für die regelmäßigen Sitzungen der Kontaktstellen des Netzes, die auf Einladung der Kommission mindestens dreimal jährlich zusammentreten, um die Funktionsweise und den Ausbau des Netzes, die zu erstellenden Merkblätter sowie neue Initiativen zu erörtern. Ferner beruft die Kommission einmal jährlich eine größere Sitzung mit den Leitern der Kontaktstellen und Vertretern der Verwaltungs- und Justizbehörden ein, um einen Erfahrungs- und Gedankenaustausch mit dem Ziel zu führen, die bewährtesten Praktiken zu ermitteln.

1.15. Die Kontakte innerhalb des Netzes stehen regelmäßigen oder Ad-hoc-Kontakten nicht entgegen, die im Rahmen bi- oder multilateraler Übereinkünfte und insbesondere der Zusammenarbeit aufgrund der verschiedenen Abkommen von Den Haag sowie des Europarates zwischen den zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten bereits bestehen oder künftig zustandekommen. Es werden sich im Gegenteil Synergien zwischen den Kontaktstellen des Netzes und diesen Behörden entwickeln, und das Netz kann Letztere unterstützen.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Der Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justitiellen Netzes für Zivil- und Handelssachen, das zur Information von Privatpersonen, Unternehmern, Institutionen und Verwaltungen über die in den Mitgliedstaaten anwendbaren Vorschriften und Verfahren beiträgt, kann ein nützliches und wirksames Instrument im Hinblick auf die Beilegung grenzüberschreitender Streitsachen darstellen, sofern es auf Komplementarität angelegt ist und die Bereiche mit abdeckt, die von den Mechanismen der zahlreichen internationalen Übereinkünfte in Zivil- und Handelssachen nicht erfasst werden. Nach Ansicht des Ausschusses ist das Netz ein wichtiges Instrument für eine effiziente Zusammenarbeit und die rechtliche Kohärenz innerhalb des Binnenmarktes sowie eine Hilfe sowohl für Juristen als auch für Privatpersonen und Unternehmen bei grenzüberschreitenden Streitfällen in Zivil- und Handelssachen. Der Ausschuss stimmt dem Vorschlag für eine Entscheidung daher grundsätzlich zu.

2.2. Die vorgesehene Flexibilität bei der Einrichtung und späteren Anpassung des Netzes sowie die Möglichkeit, nach und nach neue Ziele abzustecken und neue Ressourcen zu schaffen erscheinen realistisch und ermöglichen es, den gesammelten Erfahrungen schrittweise Rechnung zu tragen. Dieser Ansatz wird sich nicht ohne Schwierigkeiten umsetzen lassen, insbesondere aufgrund der doppelten Zielsetzung (justitielle Zusammenarbeit und Information), er kann sich jedoch als zukunftsfähig erweisen, wenn in beiden Bereichen Fortschritte im Sinne einer gegenseitigen Information und Bereicherung erzielt werden.

2.3. Neben der Sicherstellung einer Gesamtkohärenz der justitiellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen sollte die Hauptaufgabe des Netzes darin bestehen, Lücken in den Sektoren zu schließen, die nicht unter Rechtsakte der Gemeinschaft und Übereinkommen fallen. Darüber hinaus gewährleistet das Netz die Information der Öffentlichkeit, der juristischen Fachkreise sowie der Vereinigungen und Gruppen zur Vertretung der Sozialpartner oder Verbraucher, und es ermöglicht den Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Unterstützung im Justizbereich.

2.4. Der Ausschuss hält das Bündel an Vorschlägen und die vorgesehenen Dienste für recht komplex und bittet darum, diese Dienste unbedingt so zu gestalten, dass sie für die Hauptadressaten - nämlich Privatpersonen und KMU - leicht verständlich und nachvollziehbar und darüber hinaus problemlos und kostenfrei zugänglich sind, und zwar unbeschadet einer etwaigen Bereitstellung technisch weiter entwickelter Instrumente für die juristischen Fachkreise sowie humanitäre, soziale, professionelle, genossenschaftliche oder gewerkschaftliche Kreise, die von bestimmten Fragen betroffen sein können (Sicherheit bestimmter Produkte mit Ursprung in einem anderen Mitgliedstaat, Konflikte im Bereich von Handelsverträgen, individuelle oder kollektive arbeitsrechtliche Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug, Wiedergutmachung im Ausland erlittener materieller oder körperlicher Schäden, usw.), damit diese die Mitglieder bzw. Interessen, die sie vertreten, im Fall grenzüberschreitender Probleme verteidigen können.

2.4.1. Der Ausschuss bittet darum, in die Website der Kommission Links zu einschlägigen gemeinschaftlichen oder nationalen Datenbanken aufzunehmen, um Privatpersonen sowie Vereinigungen und den Fachkreisen eine Vertiefung ihrer Kenntnisse zu ermöglichen.

2.5. Der Ausschuss hält es für erforderlich, dass jetzt und in Zukunft alle Mitgliedstaaten der Union dem Netz angehören, und äußert daher den dringenden Wunsch, dass die Länder, denen gemäß einen Protokoll die Möglichkeit eines Anschlusses freisteht, sich dafür entscheiden, da der wirkliche Nutzen und die Effizienz des Netzes vom Beitrag aller Rechtssysteme abhängen.

2.6. Nach Ansicht des Ausschusses wirft der Entscheidungsentwurf noch eine Reihe von Problemen auf:

- Die Frage der Kosten des Zugangs zu den Datenbanken wird außen vor gelassen.

- Der Ausschuss möchte das justitielle Netz und die Information der Öffentlichkeit als einen wirklichen öffentlichen Dienst der Gemeinschaft verstanden wissen und ist der Meinung, dass der Rechtsakt diesen Dienst auch in aller Konsequenz als solchen definieren sollte, insbesondere was den kostenfreien Zugang zur Basisinformation betrifft.

- Es wird kein eindeutiger Standpunkt in Bezug auf die juristische Beratung und Verteidigung bezogen. Wenn der Ausbau des Netzes und die gezielte Förderung alternativer Formen der Streitbeilegung einerseits eine Entlastung der Gerichte für Zivil- und Handelssachen bewirken können, besteht andererseits aber auch die Gefahr von Kompromissen ohne wirkliche Rechtsberatung, die dazu führen, dass zur Verteidigung der Interessen und Rechte der schwächsten Glieder in Kette (Privatpersonen, private oder gemeinwirtschaftliche Kleinunternehmen) gegenüber Gruppierungen, die über Ressourcen verfügen (juristische Dienste, Berater usw.), nur Minimallösungen gefunden werden.

- Den Vereinigungen und Organisationen zur Vertretung der Berufsstände, der Gewerkschaften und anderer Sektoren der organisierten Zivilgesellschaft (humanitäre Organisationen, Verbraucherverbände usw.), die zur Vertretung und Verteidigung ihrer Mitglieder eine wichtige Informations- und Beratungsfunktion erfuellen und selbst über Handlungsbefugnisse im justitiellen Bereich verfügen, haben keinen direkten Einfluss auf die Gestaltung und Funktionsweise des Netzes, insbesondere was die Art und Aufmachung der für die Öffentlichkeit bestimmten Informationen betrifft. Diese Organisationen sowie die EG-Beratungsstellen für Verbraucher und Unternehmen können der Öffentlichkeit als Informationsstellen ebenso wertvolle Dienste leisten, und dies sollte ausgenutzt werden.

2.6.1. Der Ausschuss ist der Überzeugung, dass die Verbände der organisierten Zivilgesellschaft eine wichtige, praktische und konkrete Rolle zu spielen haben, wenn es darum geht, in bestimmten gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren Informationen weiterzuleiten, und er ist der Auffassung, dass der Vorschlag in diesem Sinne ergänzt werden sollte.

2.7. Der Ausschuss stellt fest, dass die Gestaltung des Inhalts des für die Öffentlichkeit bestimmten Informationssystems sowie die Erstellung der Merkblätter große Anstrengungen von Seiten der einzelstaatlichen Behörden und der Dienststellen der Kommission erfordern werden, und er hofft, dass dieses ehrgeizige Ziel schrittweise, aber auch unter Einhaltung angemessener Fristen, erreicht werden kann, wobei alle auf Gemeinschaftsebene bereits zugänglichen Informationssysteme genutzt werden sollten, ohne zu übersehen, das in großem Umfang zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden müssen.

2.7.1. Nach Ansicht des Ausschusses erfordert die optimale und größtmögliche Verbreitung der Informationen neben der Bereitstellung des Netzes auch eine wirkliche Ausbildung der Öffentlichkeit für die Informationstechnologien, wie z. B. die Nutzung des Internet. Diese Ausbildung, die im schulischen und außerschulischen Bereich angeboten werden sollte, ist für die Ausübung der Bürgerschaft und die wirksame Verteidigung individueller und kollektiver Interessen unverzichtbar.

3. Besondere Bemerkungen

3.1. Der Ausschuss möchte auf die Probleme der Finanzierung des Netzes, nicht nur der Errichtungskosten, sondern auch seiner laufenden Betriebs- und Wartungskosten, und seiner umfangreichen materiellen Ausstattung hinweisen, die in dem Vorschlag kaum erwähnt werden. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die Bereitstellung dieser Ressourcen mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, da die Rechtssysteme in den meisten Fällen bereits für den täglichen Bedarf personell, materiell und finanziell nicht angemessen ausgestattet sind.

3.2. Der Ausschuss hegt Bedenken hinsichtlich der Sprachenfrage. Die zentralen Kontaktstellen müssen sicher über eine breitere Sprachenpalette verfügen als vorgesehen (neben der Landessprache eine weitere Gemeinschaftssprache), und in Anbetracht der erheblichen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen und den justitiellen Praktiken und Verfahren ist nur schwer vorstellbar, dass das System in der Praxis ohne eine einzige "Verkehrssprache" funktionieren kann.

3.3. Im Zusammenhang mit der Rechtsgrundlage stellt der Ausschuss fest, dass die Kommission Artikel 61 Buchstabe c) EGV anführt; dieser verweist auf Artikel 65, der wiederum die Einrichtung eines justitiellen Netzes nicht ausdrücklich vorsieht. In jedem Fall erfordert eine Beschlussfassung in diesem Bereich noch bis zum 1. Mai 2004 Einstimmigkeit auf der Ebene des Rates.

3.4. Der Ausschuss betont, dass die Verfahren, die Anlagen und die Software einheitlich sein müssen, um zu vermeiden, dass eine babylonische Verwirrung im technischen Bereich die Kommunikation zunichte macht. Die Kompatibilität der eingesetzten Technologien und Programme ist daher ein unbedingtes Muss.

3.5. Die Vorrangstellung des Internet bei der Information der Öffentlichkeit sollte relativiert werden, da in vielen Länder noch relativ wenige Privathaushalte über einen Internetanschluss verfügen. Der Vorschlag sollte daher dem Umstand Rechnung tragen, dass Privatpersonen und Unternehmen auf die Unterstützung zwischengeschalteter Vereinigungen oder Rechtsberater angewiesen sind, um sich angemessen zu informieren. Dies ist umso wichtiger, als eine bloße rechtliche Auskunft eine Privatperson noch nicht in die Lage versetzt, in einem anderen Land ein Gerichtsverfahren anzustrengen und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Es bedarf darüber hinaus einer strategischen und taktischen Beratung (auch ehrenamtlich) durch Fachleute, die auch das eingeleitete Verfahren überwachen, und ferner muss eine Vertretung des Betroffenen in seinem eigenen Land und im Verfahrensland sichergestellt sein. Die Öffentlichkeit muss genau darüber informiert werden, bei welchen Vereinigungen bzw. Fachleuten sie um Beratung und Unterstützung ersuchen können.

3.6. Der Ausschuss unterstreicht ferner die Notwendigkeit einer geschützten Kommunikation zwischen den Kontaktstellen und den Justiz- und Verwaltungsbehörden in Fällen, die natürliche oder juristische Personen betreffen. Unbeschadet der Geheimhaltung, der gerichtliche Untersuchungen und Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten unterliegen, muss nicht nur der bestmögliche Schutz der persönlichen Daten von Einzelpersonen, sondern auch die Vertraulichkeit in Handelssachen gewährleistet sein.

3.7. Was die sachliche Abgrenzung des Zivil- und Handelsbereichs angeht, so bittet der Ausschuss darum, in der Entscheidung ausdrücklich auf die diesbezüglichen Vorgaben des Gerichtshofs Bezug zu nehmen. Da Zivilklagen, über die in Straf- oder Steuersachen entschieden wird, nicht vom Anwendungsbereich des Entscheidungsentwurfs ausgenommen sind und es ebenfalls vorkommen kann, dass Schriftstücke angefordert werden, deren Einordnung in einen Rechtsbereich der zuständigen Justizbehörde nicht immer ohne weiteres möglich ist, sollte zur Wahrung der Rechte der betroffenen Parteien ein Absatz mit folgendem Wortlaut eingefügt werden: "Die Empfangsstelle ordnet die Schriftstücke, deren Rechtsnatur nicht eindeutig dem Zivil- oder dem Handelsbereich zugeordnet werden kann, die jedoch Anknüpfungspunkte zu diesen Bereichen aufweisen, möglichst flexibel ein."

3.8. In Bezug auf den territorialen Anwendungsbereich des Vorschlags verweist der Ausschuss auf seinen früher bereits vertretenen Standpunkt zur Art und Zuständigkeit der in jedem Mitgliedstaat für die justitielle Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten zuständigen nationalen Behörden, bei denen es sich in der Regel um die Staats- oder Bundesministerien für Justiz handelt. Die nationale(n) Kontaktstelle(n) muss/müssen von diesen nationalen Behörden ausdrücklich benannt und legitimiert werden. Im speziellen Fall einiger in Artikel 299 EGV genannter Gebiete, für die bestimmte Mitgliedstaaten Zuständigkeiten übernehmen, müssen Letztere die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsstrukturen einrichten.

Brüssel, den 28. Februar 2001.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) Stellungnahme des Ausschusses zum Thema "Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen" (ABl. C 368 vom 20.12.1999, S. 47), Stellungnahme des Ausschusses zum Thema "Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen" (ABl. C 117 vom 26.4.2000, S. 6), Stellungnahme des Ausschusses zum Thema "Umgangsrecht" (ABl. C 14 vom 16.1.2001) und Stellungnahme des Ausschusses zum Thema "Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen".

(2) ABl. L 105 vom 27.4.1996.

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