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Document 52001AE0052

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen"

ABl. C 123 vom 25.4.2001, p. 65–69 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52001AE0052

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen"

Amtsblatt Nr. C 123 vom 25/04/2001 S. 0065 - 0069


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss 'Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen'"

(2001/C 123/15)

Die Kommission beschloss am 27. Juli 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 175 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 20. Dezember 2000 an. Berichterstatterin war Frau Sánchez Miguel.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 378. Plenartagung (Sitzung vom 24. Januar 2001) mit 82 Ja-Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Die breit angelegte Debatte auf europäischer Ebene über die Wasserpolitik, an der sich Wissenschaftler, Umweltorganisationen, Vertreter der Verbraucher und der am stärksten betroffenen Sektoren - Landwirtschaft und Industrie - beteiligt haben, führte zum Vorschlag für eine Wasserrahmenrichtlinie(1), die eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen zum Ziel hat.

1.2. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss befürwortete sowohl die Mitteilung der Kommission über die Wasserpolitik der Europäischen Gemeinschaft(2) als auch den Entwurf der Wasserrahmenrichtlinie(3). Allerdings hielt er es für notwendig, konkrete Regeln für die Wasserpreisgestaltung aufzustellen, um einen nachhaltigen Umgang mit Wasserressourcen zu fördern.

1.3. Der Ausschuss ist sich auch darüber im Klaren, welche Bedeutung der "Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Liste prioritärer Stoffe im Bereich der Wasserpolitik" in Bezug auf die Durchführung der Wasserrahmenrichtlinie hat(4).

2. Zielsetzungen der Mitteilung

2.1. Die Wasserpreisgestaltung zielt in erster Linie darauf ab, über eine Koppelung der Preise an die verbrauchte Wassermenge und die verursachte Umweltverschmutzung auf eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen hinzuwirken.

2.2. Es ist wichtig, die der Theorie und Praxis der Wasserpreisgestaltung zugrunde liegenden Konzepte darzulegen und insbesondere die verschiedenen Kostenarten zu erläutern, die im Interesse der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden müssen:

- die finanziellen Kosten für Wasserdienstleistungen, einschließlich der Bereitstellung und Verwaltung dieser Dienste. Dazu gehören alle Betriebs- und Wartungskosten sowie Kapitalkosten.

- die Umweltkosten, d. h. die Kosten für Schäden, die der Wasserverbrauch für Umwelt, Ökosysteme und Personen mit sich bringt, die die Umwelt nutzen.

- die Ressourcenkosten, d. h. die Kosten, die anderen Nutzern aufgrund entgangener Nutzungsmöglichkeiten entstehen, z. B. in Verbindung mit einer übermäßigen Grundwasserentnahme.

2.3. Die Leitlinien für eine Wasserpreisgestaltung, die dem Umweltschutz und der wirtschaftlichen Effizienz Rechnung trägt, stützen sich auf folgende Aspekte:

- Verbesserung der Wissens- und Informationsgrundlagen unter Berücksichtigung der Wassernachfrage und der Schätzung der Kosten für Wasserdienstleistungen und -nutzung.

- Festsetzung adäquater Wasserpreise dergestalt, dass die Deckung der Kosten für jeden Sektor (Landwirtschaft, Haushalte und Industrie) gewährleistet und sowohl Oberflächengewässer als auch Grundwasser berücksichtigt ist.

- Das Einzugsgebiet als geeignete Grundlage zur Ermittlung von ökologischen und wirtschaftlichen Kosten, da externe ökologische Faktoren auf dieser Ebene zum Tragen kommen.

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Der Wasserrahmenrichtlinie zufolge wird eine Wasserpreisgestaltung wesentlich dazu beitragen, dass der nachhaltige Umgang mit den Wasserressourcen gefördert wird, die für Wasserdienstleistungen anfallenden Kosten gedeckt werden und sich die Erreichung der gesetzten Ziele wirtschaftlich lohnt.

3.2. Der Ausschuss bekräftigt nachdrücklich das Konzept, dass der Wasserpreis die Ressourcenverknappung angemessen widerspiegeln muss, um die Nutzer zur Senkung des Verbrauchs und Verringerung der Verschmutzung zu bewegen. Dazu wäre noch Folgendes anzumerken:

3.2.1. Auch wenn außer Frage steht, dass ein Großteil des Wasserverbrauchs an die für die Wirtschaft äußerst wichtigen Produktionstätigkeiten (Landwirtschaft, Industrie, Tourismus usw.) geknüpft ist, muss berücksichtigt werden, dass Wasser nicht einfach ein Wirtschaftsgut ist, sondern für ein wesentliches Menschenrecht steht und für die Ökosysteme unabdingbar ist. Diese Dimensionen müssen angemessen berücksichtigt werden, um zu verhindern, dass entgegen der Absicht der Kommission in der Praxis ausschließlich wirtschaftliche Aspekte zum Tragen kommen. Insofern ist die lebenswichtige Versorgung mit Wasser für alle Menschen zu gewährleisten, selbst wenn sie nicht über die Mittel zu dessen Bezahlung verfügen.

3.2.2. Damit die Preisgestaltung diesem Anspruch gerecht werden kann, muss die nachhaltige Nutzung auf angemessene Weise zur Kostendeckung ins Verhältnis gesetzt werden, wie in Artikel 9 der Rahmenrichtlinie festgelegt. Von der Kommission unberücksichtigte Variablen wie die Eigentumsverhältnisse der Wasserressourcen, die öffentliche oder private Bewirtschaftung usw. können diesbezüglich zu Widersprüchlichkeiten führen, wobei bestehende Eigentums- und Nutzungsrechte zu wahren sind.

3.3. Die gegenwärtige Lage ist vom Übergang von den überholten Bewirtschaftungs- und Nutzungsmodellen zu einem nachhaltigen Modell gekennzeichnet. Ein Nachfrage-Management für den Wasserverbrauch stößt nicht nur auf die üblichen Umorientierungsschwierigkeiten, sondern bedeutet eine völlige Loslösung von den bisher üblichen Verfahrensweisen.

3.4. Diese Nichtberücksichtigung der bisherigen Sachlage kann bewirken, dass bestimmte Maßnahmen, die Veränderungen vorantreiben sollen, nicht die erhoffte Wirkung zeitigen: bei Wasser könnte die Einführung wirtschaftlicher Grundsätze und Instrumente zu spekulativen Preisen oder zu Verbraucherverhaltensweisen führen, die der Nachhaltigkeit abträglich sind. Die herkömmliche Kosten-Nutzen-Analyse reicht nicht aus, da sie auf diesem Markt nicht greift.

3.5. In Kapitel 2 wird ein Überblick über die Wasserpreisgestaltung in den Mitgliedstaaten, den Beitrittsländern und den Entwicklungsländern gegeben, wobei die wesentlichen Aspekte und Elemente und die möglichen Auswirkungen der Wasserpreisgestaltung auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft erläutert werden.

3.5.1. Der Ausschuss hält die Analyse für zutreffend, dass in der Europäischen Union die Abwasserbehandlung und in den südlichen Mitgliedstaaten die Landwirtschaft in der Preisgestaltung nur ungenügend berücksichtigt werden und die Kostendeckung bei großen Infrastrukturinvestitionen kaum erreicht wird. In den Entwicklungsländern dagegen wird die Erschwinglichkeit (relativer Anteil der Kosten für Wasserdienstleistungen am verfügbaren Einkommen des Verbrauchers) als das größte Problem angesehen.

3.5.2. Andererseits sollte anderen, bereits in den allgemeinen Bemerkungen aufgeführten negativen Auswirkungen mehr Beachtung geschenkt werden: möglichen Veränderungen der "Eigentumsverhältnisse bei den Wasserressourcen", die der Wasserrahmenrichtlinie zuwider laufen, Preisspekulationen, Anreiz zum Bau von der EU geförderter unnötiger oder überdimensionierter Infrastrukturen sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in den Beitritts- oder Entwicklungsländern, teilweise in Verbindung mit unerlaubten oder rechtswidrigen Praktiken. Die Aufdeckung dieser Zusammenhänge ermöglicht es, diesen wirtschaftlichen Auswirkungen vorzubeugen und geeignete Maßnahmen zur Anpassung der zuständigen staatlichen und privaten Verwaltungen an die neue Realität zu ergreifen.

4. Besondere Bemerkungen

4.1. Die Politik zur Wasserpreisgestaltung muss mit den anderen politischen Maßnahmen der Gemeinschaft verknüpft werden, insbesondere mit der im Rahmen der Agenda 2000 reformierten GAP, der Kohäsions-, Sozial-, regionalen Entwicklungs- und Umweltpolitik, um die zu diesem Zweck geschaffenen Instrumente zu stärken.

4.2. In Absatz 1.3 der Mitteilung wird hervorgehoben, dass eine effiziente Wasserpreisgestaltung eine effiziente Zuteilung der vorhandenen Ressourcen auf die verschiedenen Wassernutzer gewährleistet.

4.2.1. Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser beinhaltet eine ausgewogene Zuteilung nach vorrangig sozialen und ökologischen Gesichtspunkten, um zu vermeiden, dass ausschließlich preisliche Kriterien bzw. die Wirtschaftskraft der Nutzer ausschlaggebend sind. Beispielsweise kann sonst in Gebieten mit Wasserknappheit ein unerbittlicher Wettbewerb zwischen den fest verankerten nachhaltigen traditionellen Landwirtschaftsstrukturen und der finanzkräftigeren Freizeit- und Tourismusindustrie (Golfanlagen, Themenparks usw.), die ihre Mehrkosten auf die Kunden abwälzt, entstehen.

4.2.2. Entsprechend früheren Äußerungen des Ausschusses(5) zu den Prioritäten für die Wassernutzung lägen diese nach wie vor so:

- menschliche Versorgung;

- Gewährleistung ökologischer Erfordernisse;

- landwirtschaftliche und industrielle Nutzung;

- Freizeit und sonstige Vergnügungszwecke.

4.2.3. Diese vorrangige Abwägung der Nutzung sollte als weiterer Aspekt zur Förderung der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Die Umsetzung der entsprechenden Informationen in die Preisgestaltung sollte geprüft werden, um dann den für die Wasserwirtschaft Zuständigen sinnvolle Empfehlungen an die Hand zu geben.

4.3. In Absatz 2.1 der Mitteilung werden die verschiedenen Nutzungszwecke für Wasser aufgezählt, u. a. die Nutzung in der Umwelt. Eine "ökologische Nutzung" von Wasserressourcen zu definieren und diese dann mit den anderen Nutzungsformen gleichzustellen, hält der Ausschuss für verfehlt. Die Erhaltung der ökologischen Eigenschaften des Wassers in Bezug auf Qualität (zentrales Ziel der Wasserrahmenrichtlinie) und Quantität, um Ökosysteme und natürliche Regelkreise zu schützen, muss eine Voraussetzung dafür sein, dass für die anderen Nutzungszwecke Wasser zugeteilt werden kann.

4.3.1. Dieser Aspekt sollte in der Mitteilung berücksichtigt werden, um Missverständnissen in Bezug auf die Aufgabe und die Nutzung von Wasser vorzubeugen. Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit ist es notwendig, wie auch zum Ausdruck gebracht wird, die möglichen Nutzungszwecke der Wasserressourcen vom natürlichen Wasserkreislauf abhängig zu machen.

4.4. In Kapitel 3 werden die Voraussetzungen für Wasserpreise zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen festgelegt. Zu Beginn werden zwei Feststellungen gemacht, die der Ausschuss voll und ganz unterstützt: es geht nicht darum, einheitliche Wasserpreise zu erreichen, da diese von den ökologischen und sozioökonomischen Bedingungen vor Ort abhängen, und die unabdingbare Regelung durch ökonomische Instrumente und die Preisgestaltung lässt sich nicht ersetzen.

4.4.1. Es muss vermieden werden, dass die Preisgestaltung, wenn alle Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen sind, für die zuständigen Behörden oberste Priorität hat und dies zu Lasten anderer kostenintensiverer und nicht unmittelbar "wirtschaftlich rentabler" Maßnahmen geschieht, wie das Erheben von Daten, die Analyse der Wassernutzung oder die Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen.

4.5. Laut Abschnitt 3.1 der Mitteilung ist es zur Ermittlung der Nutzung und der Schadstoffbelastung des Wassers durch die Verbraucher erforderlich, die Wassernachfrage zu kennen; im Allgemeinen ist dieser Wert nicht ausreichend bekannt. Die Kommission schlägt vor, die Einrichtung von Messvorrichtungen zu fördern und Validierungsmethoden für die Ermittlung signifikanter Daten zu testen.

4.5.1. Es ist nötig, diese Daten genauer zu kennen, aber vor allem müssen überall und insbesondere in Landwirtschaft und Industrie Messvorrichtungen eingerichtet werden, da der Wasserverbrauch der privaten Haushalte im Allgemeinen stärker kontrolliert wird. Der Ausschuss ist sich der technischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Maßnahme durchaus bewusst, die nicht auf das Fehlen entsprechender Vorrichtungen zurückzuführen sind, sondern in der Auswahl der Entnahmestellen, der jeweiligen, sozialgeschichtlich bedingten Organisation der Landwirtschaft, der allgemein geringen Transparenz - vor allem in den besonders umweltbelastenden - Industrien und den organisatorischen Veränderungen innerhalb der für die Kontrolle zuständigen Verwaltungen begründet liegen.

4.6. Die Kosten für Nutzung und Dienstleistungen setzen sich zusammen aus: Finanzkosten, Umweltkosten und Opportunitätskosten.

4.6.1. Im Zusammenhang mit den Finanzkosten ist auf zwei Probleme hinzuweisen: Das erste betrifft den Hinweis auf Situationen, in denen unter außergewöhnlichen Umständen - wie Dürren oder anderen Ereignissen, die die normale Versorgung verhindern - der Tarif diese Kosten nicht deckt. Das ist ein äußerst heikles Thema, vor allem, wenn es um private Betreiber geht. Es liegen bereits Erfahrungen vor, dass der Rückgang des Wasserverbrauchs als Reaktion auf den Anstieg der Preise für Wasserversorgung und Abwasserreinigung dazu führte, dass die Unternehmer ihre Absatzprognosen nach unten revidierten und die Preise dadurch erneut angehoben werden mussten. Die daraus hervorgehende Botschaft an die Gesellschaft ist nicht positiv: Sparen und Abwasserreinigung führen nicht zu Preissenkungen sondern zu Preiserhöhungen (Eurowasser, Deutschland, 1994).

4.6.1.1. Es ist zu bedenken, dass eine der Fehlfunktionen des Marktes darin besteht, dass bei einigen Ressourcen wie dem Wasser das, was für die Gesellschaft von Vorteil ist - das Sparen von Wasser -, den privaten Interessen der Wirtschaftsteilnehmer, die Gewinn aus dem Verkauf größerer Mengen ziehen, zum Nachteil gereicht.

4.6.2. Das zweite Problem hängt ebenfalls mit der Kostendeckung privater Betreiber zusammen. In der Mitteilung heißt es, dass die Eigenkapitalrendite (u. a. die Gewinne) "gegebenenfalls" auch in die Finanzkostenstruktur einzubeziehen ist. In die von der Kommission zu erarbeitenden Empfehlungen sollte die Verantwortlichkeit der für die Kontrolle dieser Erträge zuständigen Behörden aufgenommen werden, um die Verfehlung der grundlegenden Ziele der Wasserrahmenrichtlinie zu vermeiden.

4.6.3. In Bezug auf die Umwelt- und Ressourcenkosten beschränkt sich die Mitteilung darauf, die Schwierigkeiten bei der Einbeziehung dieser Kosten in die Wasserpreise zu beschreiben und auf das Fehlen von über die Wirtschaftsforschung hinausgehenden Berechnungsmodellen hinzuweisen. Eine harmonisierte Struktur und verschiedene aufeinander abgestimmte Kriterien für eine angemessene Veranschlagung dieser Kosten sind jedoch unabdingbar. Sonst könnte darauf geschlossen werden, dass das einzige Ziel der Wasserrahmenrichtlinie in diesem Bereich in der Deckung der Finanzkosten besteht.

4.6.3.1. Deshalb müssen Initiativen ergriffen werden, um ausgehend von der Analyse und Synthese der verschiedenen Denkrichtungen - von denen, die beabsichtigen, diese Güter und ihre Nutzungsmöglichkeiten monetär zu quantifizieren, bis zu denen, die für Vorgehensweisen plädieren, die an einer Vielzahl von Kriterien auf der Grundlage eines ökologische und gesellschaftliche Ziele umfassenden Konzepts für die Nachhaltigkeit ausgerichtet sind - in einem angemessenen Zeitraum Leitlinien und Handlungskriterien für diesen Bereich zu schaffen.

4.6.4. Der Ausschuss hält es für angebracht, "bewährte Verfahrensweisen" bei der Berechnung der unterschiedlichen Kosten für Nutzung und Dienstleistungen zu sammeln, um zu vermeiden, dass die verschiedenen in der Mitteilung angeführten Konzepte entgegen dem Grundsatz der vollständigen Kostendeckung ausgelegt oder angewandt werden.

4.7. In der Mitteilung werden "adäquate Wasserpreise" ausgehend von folgender Feststellung definiert: "Eine optimale Gesamtnutzung ist theoretisch dann gegeben, wenn der Grenznutzen der Wassernutzung den Grenzkosten, einschließlich Umwelt- und Ressourcenkosten, entspricht". Als Ansatz wird eine Preisstruktur festgelegt, die zwei Elemente enthalten sollte: ein variables (Menge, Verschmutzungsgrad, Jahreszeit, Standort) und ein fixes, das es ermöglicht, die Kosten unter allen Umständen zu decken.

4.7.1. Die Kommission schlägt vor, aus Gründen der Erschwinglichkeit, der politischen Akzeptanz und der Anpassungsmöglichkeit einen stufenweisen Durchführungsplan zu erstellen und im Fall einer nicht nachhaltigen Wassernutzung soziale Erwägungen in Betracht zu ziehen, aber nicht zum Hauptziel der Preisgestaltungspolitik zu erheben.

4.7.2. Obwohl dieser Ansatz Unterstützung verdient, muss sichergestellt werden, dass die flankierenden sozialen Maßnahmen im Einklang mit der Preispolitik festgelegt werden, eng an sie gekoppelt sind und die Nachhaltigkeit weder der Wasserressourcen noch des übrigen Systems beeinträchtigen, dadurch dass Investitionen in andere Wirtschaftsaktivitäten mit gleichen oder größeren Folgen fließen.

4.8. In der Mitteilung wird die Bedeutung der Kombination von Wassergebühren und Subventionen als Wirtschaftsinstrument, um Investitionen und Wirtschaftstätigkeit in die gewünschte Richtung zu lenken, anerkannt. So müssen Gebühren, Steuern oder andere im Wasserpreis enthaltene Belastungen zweckgebunden sein, damit ein erheblicher Teil davon in die Sektoren fließt, die von den möglicherweise auftretenden Umstellungsprozessen am meisten betroffen sind. So würden die durch den Anstieg des Wasserpreises möglicherweise geringeren Erträge oder Einnahmen durch Investitionen, Beihilfen, Subventionen oder andere Mechanismen zum vollkommenen oder teilweisen Ausgleich dieses Verlustes, z. B. die Modernisierung der städtischen Versorgungssysteme, der Bewässerungssysteme oder der Kläranlagen, kompensiert.

4.9. Die bisherigen Maßnahmen müssen durch Initiativen zur Bildung und Ausbildung der Bürger ergänzt werden, so dass sich die neue Wasserkultur, insbesondere diejenige, die auf die Reinhaltung und das Sparen von Wasser abzielt, in der europäischen Gesellschaft durchsetzt.

4.10. Der Einbindung der Nutzer und Verbraucher und der Transparenz der Informationen von Seiten der betreffenden Betreiber wird grundlegende Bedeutung beigemessen, um so zur Festlegung adäquater Preise, zur sozialen und politischen Akzeptanz und zur erfolgreichen Umsetzung beizutragen.

4.10.1. Es wäre zweckmäßig, die Begriffe des Nutzers und Verbrauchers zu erweitern. Traditionell waren Fragen im Zusammenhang mit Wasser Sache von Betreibern, Behörden oder Technikern - in einigen Staaten der Strom- und Bauunternehmen, in anderen, insbesondere des Südens, der Bauernverbände und Wässerungsberechtigten. Diese Interessengemeinschaft, die über eine traditionelle und tief verwurzelte Wasserkultur verfügt, ist dabei, sich auf die aktuellen, eine neue Wasserkultur auszeichnenden, sozialen und umweltschutzpolitischen Anforderungen einzustellen. Die Wasserwirtschaft muss sich den neuen Ideen und Konzepten öffnen: Einsparung, Reinhaltung, Wiederverwertung.

4.10.2. Es müssen weitere Mitglieder der Gesellschaft einbezogen werden, die beim Übergang zu einer neuen Wasserkultur eine innovative und gestalterische Rolle spielen: insbesondere die im Umweltbereich tätigen regierungsunabhängigen Organisationen, die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften, die für den Umweltschutz, die Einsparung von Wasser und die Verringerung der Umweltverschmutzung durch die Industrie unersetzlich sind. Zudem sind sie ausreichend organisiert und verfügen über genug soziale Autorität, um Kampagnen zur Mobilisierung und Sensibilisierung der Gesellschaft durchzuführen, die die politischen Maßnahmen zur Preisgestaltung unterstützen.

4.10.3. Dazu sind Änderungen des institutionellen Rahmens erforderlich, die die Beteiligung der Nutzer und Verbraucher im Sinne von Abschnitt 9.1 der Rahmenrichtlinie sowie die Einführung bestimmter gesetzlich verankerter Rechte ermöglichen. Ohne diese Befugnisse sind Maßnahmen gegenüber den Betreibern und deren Überwachung, vor allem in den in der Mitteilung genannten Fällen von Quasimonopolen, nur schwer möglich. Insofern sind institutionelle Mechanismen erforderlich, die eine unabhängige Kontrolle der öffentlichen wie der privaten Betreiber ermöglichen.

4.11. Die Gemeinschaftsprogramme im Bereich Forschung und Entwicklung müssen ausdrücklich Ziele enthalten, die die korrekte Anwendung dieser Wirtschaftsempfehlungen bewirken: in direkter (Untersuchung der Berechnungsmethoden beispielsweise für Umwelt- oder Ressourcenkosten), aber auch in indirekter Form, um die mit ihrer Umsetzung einhergehenden sozioökonomischen Nebenwirkungen abzumildern (wie die Forschung zu Pflanzenarten mit geringerem Wasserbedarf, Techniken zur Einsparung von Wasser in Industrie und Landwirtschaft sowie bei der Versorgung der Haushalte oder die Senkung der Verluste in den Wasserleitungen).

4.12. In mehreren Abschnitten der Mitteilung ist im Zusammenhang mit den landwirtschaftlichen Aktivitäten von großen Schwierigkeiten die Rede, in diesem Produktionssektor adäquate Preise zu erreichen. Diese Schwierigkeiten betreffen die Bewertung der Nachfrage und des nachhaltigen Verbrauchs, den stark subventionierten Anbau, die Bewertung der diffusen Umweltverschmutzung durch Nitrate und Pestizidrückstände, das Bestehen der GAP und das Fehlen einer Methode zur genauen Bewertung ihrer Umweltkosten und ihres Umweltnutzens. Diese Situation macht ein Dokument und einen besonderen Überlegungs- und Kristallisationsprozess für die Preisgestaltung in der Landwirtschaft erforderlich. So sind beispielsweise die positiven Aspekte der Getreidebewässerung für den Erhalt bedrohter Arten oder zur Verbesserung der Bodenbeschaffenheit oder der Beitrag zur Bindung von CO2 im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen zu berücksichtigen.

Brüssel, den 24. Januar 2001.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) ABl. L 327 vom 22.12.2000.

(2) ABl. C 30 vom 30.1.1997.

(3) ABl. C 355 vom 21.11.1997.

(4) ABl. C 268 vom 19.9.2000.

(5) ABl. C 30 vom 30.1.1997.

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