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Document 52000DC0087
Green Paper on greenhouse gas emissions trading within the European Union
Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union
Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union
/* KOM/2000/0087 endg. */
Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union /* KOM/2000/0087 endg. */
GRÜNBUCH zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union (Vorgestellt von der Kommission) INHALTSVERZEICHNIS 1. Einführung 2. Grünbuch für eine breitangelegte Konsultation von Interessengruppen 3. Was ist der Handel mit Emissionen- 4. Die Europäische Gemeinschaft, der Handel mit Emissionen und das Protokoll von Kyoto 4.1. Die "Lastenteilungsvereinbarung" der EU 4.2. Ein gemeinschaftliches System für den Handel mit Emissionen zwischen Unternehmen 4.3. Ein praxisorientierter Ansatz 5. Die Rolle der Europäischen Gemeinschaft 5.1. Das wirtschaftliche Argument für den Handel mit Emissionen in der EU 5.2. Schutz des Binnenmarktes 5.3. Festlegung der Rolle von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten 6. Politikoptionen in bezug auf den Umfang eines EG-Systems für den Handel mit Emissionen 6.1. Erfaßte Bereiche 6.2. Welches Maß an Vielfalt ist innerhalb der Gemeinschaft möglich- 6.2.1. Ein gemeinsames Gemeinschaftssystem 6.2.2. Ein koordiniertes Gemeinschaftssystem 6.2.3. EU-Erweiterung 6.3. Fragen: 7. Politikoptionen im Zusammenhang mit der Erstzuteilung von Emissionsmengen 7.1. Festlegung der Gesamtzuteilung für die auf Ebene der Gemeinschaft und auf Ebene der Mitgliedstaaten einbezogenen Bereiche 7.2. Die Zuteilung von Emissionsmengen durch Mitgliedstaaten an die Unternehmen 7.2.1. Allgemeiner Ansatz 7.2.2. Zentrale Probleme 7.3. "Neue Marktteilnehmer" 7.4. Fragen: 8. Politikoptionen im Hinblick auf Synergieeffekte mit sonstigen Politiken und Massnahmen 8.1. Der Bezug zu technischen Vorschriften 8.2. Der Bezug zu Umweltvereinbarungen 8.3. Der Bezug zur Energiebesteuerung 8.4. Die Sicherung von Ausgewogenheit zwischen dem Emissionshandel und sonstigen Politiken und Maßnahmen 8.5. Fragen 9. Politikoptionen für Einhaltung und Durchsetzung 9.1. Die Bedeutung strenger Vorschriften für Einhaltung und Durchsetzung 9.2. Einhaltung und Durchsetzung gegenüber den Unternehmen 9.3. Einhaltung und Durchsetzung gegenüber den Mitgliedstaaten 9.4. Fragen: Anlage 1: Wirtschaftlichkeitsanalyse ZUSAMMENFASSUNG DER POLITIK Das vorliegende Grünbuch soll eine Diskussion über den Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union wie auch über die Beziehung zwischen dem Handel mit Emissionen und sonstigen mit Klimaänderungen befaßten Politiken und Maßnahmen in Gang bringen. Im Rahmen des Protokolls von Kyoto hat sich die Europäische Gemeinschaft verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand von 1990 um 8 % zu senken. In der Praxis erfordert dies eine Reduzierung von schätzungsweise 14 % gegenüber den "Business-as-usual-Prognosen" [1]. Wird der Emissionshandel sowohl innergemeinschaftlich als auch mit anderen Industrienationen betrieben, so lassen sich die aus der Erfuellung der übernommenen Verpflichtung entstehenden Kosten für die Gemeinschaft reduzieren. Zusammen mit anderen Politiken und Maßnahmen wird der Emissionshandel ein integraler und wesentlicher Bestandteil der gemeinschaftlichen Strategie zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls sein. Die Kommission ist zudem der Ansicht, daß die Gemeinschaft als Ganzes alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen muß, um ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen zu können, wobei gilt: Je eher konkrete Schritte unternommen werden, desto besser. Die EU bereitet zur Zeit die Ratifizierung des Protokolls von Kyoto vor, dessen Inkrafttreten bis 2002 angestrebt wird. [1] Nähere Angaben finden sich in Abschnitt 2 von KOM(1999)230 vom 19.05.1999: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - "Vorbereitungen für die Umsetzung des Kyoto-Protokolls". Beim nationalen und internationalen Handel mit Emissionen werden Einheiten, wie zum Beispiel Unternehmen, bestimmte Emissionsmengen zugeteilt. Unternehmen, die ihre Emissionen unter ihren Emissionsanteil senken, können den "Überhang" an andere Unternehmen verkaufen, die Mühe haben, ihr Ziel zu erreichen. Dieser Handel höhlt die umweltpolitischen Ziele nicht aus, da die festgelegte Gesamtemissionsmenge unverändert bleibt. Vielmehr ermöglicht er ein kostengünstiges Erreichen des Gesamtziels und schafft Anreize für Investitionen in umweltverträgliche Technologien. Da der Emissionshandel ein neues Instrument für den Umweltschutz in der EU darstellt, ist es wichtig, noch vor dem Beginn des internationalen Handels mit Emissionsrechten im Jahre 2008 Erfahrungen mit der Umsetzung zu sammeln. Für die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten gibt es also guten Grund, sich durch Einführung eines innergemeinschaftlichen Systems für den Handel mit Emissionen ab 2005 darauf vorzubereiten. Nach Ansicht der Kommission würde im Gegensatz zu nicht aufeinander abgestimmten einzelstaatlichen Maßnahmen ein kohärenter und abgestimmter Rahmen für die Umsetzung des Handels mit Emissionen, der sämtliche Mitgliedstaaten erfaßt, die beste Garantie für ein reibungsloses Funktionieren des gemeinschaftlichen Emissionsmarktes bieten. Ein gemeinschaftliches System für den Emissionshandel hätte den Vorteil einheitlicher Preise für die von den Unternehmen gehandelten Emissionsanteile, während isolierte nationale Systeme zwangsläufig unterschiedliche Preise zur Folge hätten. Die Entwicklung des Binnenmarktes hat sich als eine wichtige treibende Kraft für die jüngsten Fortschritte der EU erwiesen, was auch bei der Schaffung neuer Märkte berücksichtigt werden sollte. Die Klimaänderung ist das deutlichste Beispiel für Vorgänge, die mit grenzüberschreitenden Auswirkungen einhergehen und daher des konzertierten Handelns bedürfen. Zudem gestatten Größenvorteile auf EU-Ebene bedeutende Kosteneinsparungen, wobei die Verwaltungskosten wiederum dank gleiche Rechtsvorschriften so gering wie möglich gehalten werden können. Im wesentlichen sind bei der Einführung eines solchen Rahmens folgende Fragen zu entscheiden: Welche Länder und welche Unternehmen in welchen Bereichen werden sich beteiligen- Wie und durch wen sollten die Emissionsanteile den in den Handel mit Emissionen einbezogenen Bereichen und Unternehmen gegenüber den nicht Beteiligten zugewiesen werden, und wie soll die Zuweisung der Emissionsanteile für die beteiligten Unternehmen erfolgen- Wie kann der Handel mit Emissionen auf bereits eingeführten Politiken und Maßnahmen wie technischen Vorschriften, Umweltvereinbarungen und steuerlichen Anreizen aufbauen, und wie läßt sich eine gleichwertige Verteilung der Anstrengungen auf die in den Emissionshandel einbezogenen Unternehmen und solche, die anderweitigen Politiken und Maßnahmen unterworfen sind, sicherstellen- Nach Auffassung der Kommission ist ein gemeinschaftliches Konzept erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes zu verhindern. Unterschiedliche nationale Regelungen für den Emissionshandel könnten zu schwerwiegenden Problemen im Hinblick auf staatliche Beihilfen und für neue Marktteilnehmer führen. Ein Verlust an Rechtssicherheit sowohl für die Mitgliestaaten als auch für die Unternehmen wäre die Folge. Darüber hinaus dürften diese Probleme im Zuge der Osterweiterung der Gemeinschaft noch zunehmen. Die Stärke und Umweltwirksamkeit eines Systems für den Handel mit Emissionen wird weitestgehend von den Durchführungsbestimmungen und einem robustem Regime der Durchsetzung abhängen. Das wirksame Funktionieren eines solchen Systems erfordert ein gewisses Maß an Harmonisierung der Überwachungs-, Melde- und Prüfverfahren. Das vorliegende Grünbuch stellt den Beginn eines Prozesses der Untersuchung dieser Fragen dar. Reaktionen und Meinungen, die möglichst knapp gefaßt sind und sich auf die in diesem Grünbuch behandelten Fragen konzentrieren, sind willkommen und sollten bis zum 15. September 2000 eingereicht werden, damit die Umsetzungsstrategie der Gemeinschaft unter Berücksichtigung solcher Stellungnahmen unmittelbar im Anschluß an die vom 13. bis 24. November 2000 in Den Haag (Niederlande) stattfindende Sechste Konferenz der Vertragsparteien entwickelt werden kann. Stellungnahmen richten Sie bitte an folgende Anschrift: Herr J. DELBEKE, Leiter des Referats Klimaveränderung, Europäische Kommission (GD Umwelt), 200 rue de la Loi/Wetstraat 200, B-1049 Bruxelles/Brüssel, Belgien. Alternativ ist der Versand an folgende E-Mail-Adresse möglich: ENV-CLIMATE@cec.eu.int. 1. Einführung Das Protokoll von Kyoto wurde im Dezember 1997 von der 3. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) angenommen. Seine Bedeutung ergibt sich daraus, daß in ihm für die Treibhausgasemissionen der Industriestaaten Grenzwerte festgelegt worden sind. Die Europäische Gemeinschaft hat sich in diesem Zusammenhang dazu verpflichtet, die Emissionen von sechs Treibhausgasen im Zeitraum 2008-2012 um 8 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren [2]. [2] Bei der Reduzierung um 8 % sollten auch Senken berücksichtigt werden. Als "Senken" werden Bereiche bezeichnet, wie zum Beispiel Wälder, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen. Letztendlich sterben natürlich auch Bäume ab und zersetzen sich, wobei wieder Treibhausgase an die Atmosphäre abgegeben werden. Auch kann Holz als Brennstoff eingesetzt werden, wobei Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben wird. Infolge ihres "vergänglichen" Charakters und beträchtlicher methodischen Unsicherheiten hinsichtlich der Messung von Absorptions- und Emissionswerten sind noch umfangreiche Untersuchungen zu den Senken erforderlich. Das Protokoll führte zudem drei neue internationale Mechanismen ein, die als "flexible Mechanismen" bzw. "Kyoto-Mechanismen" bezeichnet werden und wesentliche Bestandteile des Protokolls darstellen. Ohne sie würde dieses Protokoll wohl nicht in Kraft treten. Ziel ist eine kostengünstige Umsetzung des Protokolls. Einer dieser Mechanismen besteht darin, daß es ab dem Jahre 2008 möglich sein soll, international mit Treibhausgasemissionen ("Handel mit Emissionen") [3] zu handeln. [4] [3] Artikel 17 des Protokolls von Kyoto. [4] Die beiden anderen Mechanismen - Joint Implementation (gemeinsame Erfuellung von Verpflichtungen) und Clean Development Mechanism (Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung) - ermöglichen die Übertragung von Emissionsreduktionseinheiten, die bei Vorhaben zur Emissionsminderung in anderen Ländern erworben wurden. Die Europäische Gemeinschaft ist Vertragspartei des UNFCCC und Unterzeichner des Protokolls von Kyoto. Sie gehört zu den 39 Vertragsparteien [5], die einem absoluten Grenzwert für Emissionen zugestimmt haben und darf somit am internationalen Handel mit Emissionen nach dem Protokoll teilnehmen. [5] Die Vertragsparteien sind in Anlage B des Protokolls von Kyoto aufgeführt. Im Mai 1999 nahm die Kommission eine Mitteilung über Klimaveränderungen [6] an, die den Bedarf an "nachhaltigen politischen Maßnahmen" hervorhob. In der Mitteilung wird festgestellt, daß die Beobachtungsdaten einen Anstieg der Kohlendioxidemissionen aufzeigen und daß diese Tendenz "ohne weitergehende Maßnahmen bedeuten würde, daß die Forderung nach ,nachweisbaren Fortschritten' bis 2005 gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Protokolls von Kyoto und die EU-Verpflichtung zu einer Reduzierung um 8 % nicht erfuellt werden". [6] KOM(1999)230 endg. vom 19.05.1999 "Vorbereitungen für die Umsetzung des Kyoto-Protokolls". Eine große Herausforderung besteht darin, daß der Handel mit Emissionen andere Politiken und Maßnahmen ergänzen und mit diesen kompatibel sein muß. In den internationalen Verhandlungen drängt die EU die Industrieländer, als wichtigstes Handlungsmittel Politiken und Maßnahmen im eigenen Land durchzusetzen. In der EU greifen bereits viele solcher Maßnahmen bereits, darunter Energiesteuern, ordnungspolitische bzw. technische Normen sowie Umweltvereinbarungen. Jeder gemeinschaftliche Handel mit Emissionen sollte diese bestehenden Fundamente stärken, auf keinen Fall jedoch schwächen. Negative Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit werden denkbar gering ausfallen, wenn - wie erwartet - andere Industrieländer sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls dem Handel mit Treibhausgasemissionen anschließen. Wenn ab 2008 ein internationales System für den Emissionshandel in Kraft tritt, werden die Unternehmen in allen Industrieländern wahrscheinlich ähnliche Kosten haben. 2. Grünbuch für eine breit angelegte Konsultation von Interessengruppen Dieses Grünbuch leitet einen Konsultationsprozeß ein, der es staatlichen wie sonstigen Betroffenen ermöglicht, ihre Meinung darüber zu äußern, wie die Europäische Union beim Handel mit Emissionen für Ausgewogenheit sorgen kann. Durch das Protokoll von Kyoto ist der Handel mit Emissionen auf die Tagesordnung der EU gerückt. Dabei handelt es sich um ein neues Instrument für die europäische Politik im Bereich der Klimaänderung. Der Handel mit Emissionen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU sowie zwischen der EU und den übrigen Industriestaaten der Welt, wird ein bedeutendes Element der gemeinschaftlichen Strategie zur Umsetzung des Protokolls von Kyoto sein. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft stehen vor der Aufgabe, Strategien zur Umsetzung des Protokolls von Kyoto zu erarbeiten und weiter darüber nachzudenken, wie der Handel mit Emissionen in ihre Klimastrategien eingebettet werden kann. In diesem Kontext sollte eine Debatte über die Gemeinschafts dimension des Emissionshandels unter Berücksichtigung der etwaigen Auswirkungen auf den Binnenmarkt in Gang gesetzt werden. Insbesondere die Einbeziehung der Unternehmen wird unvermeidlich Fragen hinsichtlich staatlicher Beihilfen und lauterem Wettbewerb aufwerfen, bei denen die Gemeinschaft fraglos eine Rolle spielen muß. Auch sollte sichergestellt werden, daß die Initiativen der Mitgliedstaaten nicht zu ungerechtfertigten Hemmnissen für die Niederlassungs freiheit innerhalb des Binnenmarktes führen. [7] [7] Nach dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 43 und 48 EG-Vertrag (ex-Artikel 52 und 58) wird Gesellschaften und Unternehmen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden, das Recht gewährt, ihre Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat anzusiedeln oder dort Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften zu gründen. Die Inanspruchnahme dieser Freiheit bedingt die Einhaltung der für die bereits ansässigen Gesellschaften oder Unternehmen geltenden Vorschriften, soweit diese keine ungerechtfertigten diskriminierenden Maßnahmen beinhalten. Obwohl die Konsultation auf der Grundlage dieses Grünbuchs vorrangig darauf gerichtet ist, den Handel mit Emissionsrechten in der Europäischen Union bereits vor dem Jahr 2008 einzuführen, könnte sie wertvolle Einblicke liefern, die in den Verhandlungsprozeß der UNO einfließen können. Ein besseres Verständnis der zentralen Probleme und Wechselwirkungen mit einzelstaatlichen Politiken und Maßnahmen wird dazu beitragen, realistische Erwartungen für die Entscheidungen über den Handel mit Emissionen, die auf der 6. Konferenz der Vertragsparteien (COP6) vom 13. bis 24. November 2000 in Den Haag getroffen werden, zu gewährleisten. 3. Was ist der Handel mit Emissionen- Der Handel mit Emissionen ist ein System, bei dem Unternehmen entsprechend den umweltpolitischen Gesamtzielen ihrer Regierungen bestimmte Anteile an den Treibhausgasemissionen zugeteilt werden, mit denen sie dann untereinander handeln können. Diese Emissionsanteile werden nicht ganz einheitlich als "Quoten", "Rechte" oder "Obergrenzen" bezeichnet, wobei die Gesamtmenge der allen beteiligten Unternehmen zugeteilten Anteile der zulässigen Emissionshöchstmenge entspricht. Aus dieser zulässigen Hoechstmenge ergibt sich dann auch die positive Wirkung des Systems auf die Umwelt. Zu den größten Vorzügen des Handels mit Emissionen zählt es, daß seine Umweltwirksamkeit sicher ist. Das Konzept von "Emissionsrechten" hat sich in der Umweltpolitik durchaus bewährt, insbesondere bei der Anwendung technischer Normen auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft sowie der Wasser- und Luftverschmutzung. Ein Beispiel ist die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung [8]. Ordnungspolitische Instrumente können allerdings kein zuvor quantifiziertes Ergebnis für die Umwelt gewährleisten, da die Anzahl neuer Industrieanlagen - und somit die Gesamtemission - größer als vorhergesehen sein kann, selbst wenn alle diese Anlagen den besten technischen Normen entsprechen. [8] Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. Der Handel mit Emissionen gestattet es einzelnen Unternehmen, über den ihnen zugeteilten Emissionsanteil hinaus Schadstoffe auszustoßen, und zwar unter der Bedingung, daß sie ein anderes Unternehmen finden, daß seinen Emissionsanteil nicht ausgeschöpft hat und bereit ist, seinen "ungenutzten" Anteil abzugeben. Das umweltwirksame Gesamtergebnis ist dasselbe, als würden beide Unternehmen genau die ihnen zugeteilten Emissionsanteile ausschöpfen, mit dem entscheidenden Unterschied jedoch, daß sowohl das erwerbende als auch das veräußernde Unternehmen von der durch den Handel gegebenen Flexibilität profitieren, ohne daß dies für die Umwelt von Nachteil wäre. Beiden beteiligten Unternehmen entstehen bei der Einhaltung der Umweltschutzauflagen geringere Kosten, als dies ohne die Möglichkeit des Handels der Fall wäre (das veräußernde Unternehmen erhält für die übertragenen Emissionsanteile eine Zahlung in entsprechender Höhe, während für das erwerbende Unternehmen die Aufwendungen geringer ausfallen, als die Einhaltung des im voraus festgelegten Emissionsanteils erfordert hätte). Ein Signal für transparente Preise gäbe auch anderen Unternehmen die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Chancen des Emissionshandels und den potentiellen Nutzen ihrer Beteiligung an diesem Markt besser einzuschätzen. Da der Handel mit Emissionen darüber hinaus einen Wettbewerb der Unternehmen bei der Suche nach kosteneffizienten Möglichkeiten der Emissionsminderung anregt, werden umweltfreundliche Technologien einen zusätzlichen Aufschwung erfahren. Der zentrale wirtschaftliche Aspekt beim Emissionshandel besteht darin, mit Hilfe von Marktmechanismen sicherzustellen, daß die zur Erreichung vorab festgelegter Umweltziele erforderlichen Emissionsminderungen dort stattfinden, wo sie mit den geringsten Kosten verbunden sind. Obwohl handelbare Emissionsmengen im Rahmen der EU-Umweltpolitik bisher noch nicht im größeren Rahmen Anwendung gefunden haben, ist das Konzept der Übertragung von Anteilen in der Europäischen Gemeinschaft nichts gänzlich Neues. Die nach dem Montrealer Protokoll gestatteten Emissionsquoten für Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen [9], die Fischfangquoten im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik [10], und die Milchquoten nach der Gemeinsamen Agrarpolitik [11] sind allesamt praktische Beispiele für Anteile, die zu einem gewissen Grad übertragbar sind. [9] Maßgebliches Gemeinschaftsrecht: Verordnungen Nr. 594/91, Nr. 3952/92 und Nr. 3093/94 des Rates. Diese Durchführungsbestimmungen sehen vor, daß einzelnen Unternehmen auf der Grundlage früherer Erzeugungsmengen sowohl Produktions- als auch Verbrauchsquoten zugeteilt werden. Internationale Übertragungen wurden eingangs auf 10 % und danach auf 15 % der zu Beginn zugeteilten Emissionsquote beschränkt. Später wurde diese Beschränkung ganz aufgehoben und eine unbegrenzte Flexibilität unter der Voraussetzung gestattet, daß die Grenzen für die internationale Gesamtproduktion nicht überschritten werden. [10] Die Hauptelemente des rechtlichen Rahmens sind durch die Verordnung Nr. 3760/92 des Rates gegeben. Jährlich erscheinen zudem Durchführungsbestimmungen, so z. B. die Verordnung Nr. 48/99 des Rates. Das Kontrollverfahren wird durch die Verordnung Nr. 2847/93 des Rates geregelt. Die Quote bzw. die "zulässige Gesamtfangmenge" der Gemeinschaft wird unter den Mitgliedstaaten aufgeteilt, wobei in einigen Fällen ein Anteil bei der Gemeinschaft verbleibt. Die Quotenzuweisung an in den Mitgliedstaaten registrierte Fischfangschiffe wird vom Gemeinschaftsrecht nicht abgedeckt und unterliegt daher den in den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen. Die Übertragung von Quoten zwischen Mitgliedstaaten ist zulässig, obgleich der Flexibilität hierbei Grenzen gesetzt sind. [11] Die wichtigsten Elemente des rechtlichen Rahmens finden sich in den Verordnungen Nr. 856/84 und 3950/92 des Rates und in der Verordnung Nr. 536/93 der Kommission. Im Kontext der Agenda 2000 wird die Verordnung Nr. 3950/92 demnächst durch eine neue Verordnung des Rates ersetzt. Die Quotenzuweisung an Mitgliedstaaten basiert auf historischen Produktionszahlen. Anschließend verteilt jeder Mitgliedstaat seine einzelstaatliche Quote auf die einzelnen Erzeuger. Die Quoten dürfen nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinweg übertragen werden. Die Monitoring- und Meldepflichten für vermarktete Milch und Milcherzeugnisse sind auf Gemeinschaftsebene geregelt. Mitgliedstaaten, die ihre Quote überziehen, erhalten Geldstrafen. Die Vorzüge des Emissionshandels können jedoch nur dann in der Praxis zum Tragen kommen, wenn ein konsequentes Überwachungs- und Erfuellungs kontrollsystem mit vertretbaren Kosten eingerichtet wird. Eine konsequente Überwachung wird außerdem dazu beitragen, die Qualität der Daten über die Umweltverschmutzung zu erhöhen. Darüber hinaus sollten die zulässigen Emissionsanteile in der Europäischen Gemeinschaft quantitativ in Tonnen Kohlendioxidäquivalent ausgedrückt werden, um die Kompatibilität mit dem Emissionshandel nach dem Kyoto-Protokoll zu gewährleisten. 4. Die Europäische Gemeinschaft, der Emissionshandel und das Kyoto-Protokoll 4.1. Die "Lastenteilungsvereinbarung" der EU Gemäß Artikel 4 des Protokolls von Kyoto kann die EU ihre Reduktionsziele unter den Mitgliedstaaten unter der Voraussetzung aufteilen, daß die Gesamt reduktionsmenge für die Europäische Gemeinschaft mindestens 8 % erreicht. Eine politische Einigung über diese weitere Aufteilung wurde im Juni 1998 erzielt und wird als "Lastenteilungsvereinbarung" [12] bezeichnet. Bei Ratifizierung des Protokolls durch die Europäische Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten müssen diese die weiter aufgeteilten Zielmengen dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen offiziell mitteilen. Die "Lastenteilungs vereinbarung" engt allerdings die Anwendung der "flexiblen Mechanismen" des Protokolls von Kyoto durch die Mitgliedstaaten oder durch die Europäische Gemeinschaft nicht ein. [12] Die maßgeblichen Anteile je Mitgliedstaat sind im Anhang 1 zu KOM(1999)230 endg. vom 19.05.1999 aufgeführt. 4.2. Ein gemeinschaftliches System für den Emissionshandel zwischen Unternehmen Das Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen und das Protokoll von Kyoto sind Vereinbarungen zwischen Parteien, bei denen es sich mit Ausnahme der Europäischen Gemeinschaft um Regierungen souveräner Staaten handelt. Unternehmen wiederum unterstehen dem einzelstaatlichen Recht sowie im Fall von in der EU tätigen Unternehmen auch dem Gemeinschaftsrecht. Das Handeln eines Unternehmens fällt in die Verantwortung der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich die Emissionsquelle befindet. [13] [13] Jedes auf Gemeinschaftsebene eingeführte System des Emissionshandels wäre eine interne Maßnahme der Europäischen Gemeinschaft (die eigenständige Vertragspartei des Kyoto-Protokolls ist und in Anlage B aufgeführt ist). Diese Systeme würden damit nicht unter den internationalen Emissionshandel im Sinne von Artikel 17 des Kyoto-Protokolls fallen. Das Protokoll von Kyoto sieht den internationalen Handel mit Emissionen zwischen den Vertragsparteien vor, ohne jedoch den Vertragsparteien eine Pflicht der Beteiligung an einem solchen Handel aufzuerlegen. Im Artikel 17, der sich auf den Handel mit Emissionen [14] bezieht, findet sich kein ausdrücklicher Hinweis auf die Beteiligung von Einbeziehung von "Einheiten" (entities). Es steht noch nicht fest, ob die Frage der Beteiligung von "Einheiten" am Emissionshandel auf der 6. Konferenz der UNFCCC-Vertragsparteien speziell behandelt wird. [14] Im Gegensatz dazu findet in den Artikeln 6 und 12, die sich auf gemeinsam umzusetzende Projekte bzw. den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung beziehen, die Beteiligung von "Einrichtungen" speziell Erwähnung. Nach Ansicht der Kommission bietet die Einbeziehung von Unternehmen [15] in den Handel mit Emissionen die einzigartige Chance einer kostenwirksamen Umsetzung der Verpflichtungen von Kyoto. In dieser Hinsicht sollte nicht unerwähnt bleiben, daß es das Protokoll von Kyoto den Vertragsparteien bereits implizit gestattet, im Rahmen des im jeweiligen Land angewandten Systems zwischen Unternehmen übertragene Emissionsmengen gegenseitig anzuerkennen - bei entsprechender Anpassung der den Vertragsparteien zugeteilten Mengen. In einem solchen Fall könnte eine Regelung der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten mit Regelungen von Vertragsparteien außerhalb der EU verknüpft werden [16]. Auch dies könnte eine weitere Senkung der mit der Erfuellung des Protokolls von Kyoto verbundenen Kosten ermöglichen. [15] Es erfolgt ein Verweis auf "Unternehmen", doch kann der Handel mit Emissionen auf einzelne Standorte (bzw. "Quellen") von Emissionen ausgedehnt werden, von denen ein einzelnes Unternehmen über mehrere verfügen kann. Die Emissionen von einzelnen Standorten bzw. "Quellen" werden in das Treibhausgasverzeichnis desjenigen Mitgliedstaats eingetragen, auf dessen Territorium der Standort gelegen ist, sowie in das Verzeichnis der Europäischen Gemeinschaft. Das Protokoll von Kyoto benutzt im Zusammenhang mit der gemeinsamen Umsetzung den Begriff "Rechtsträger", und im Zusammenhang mit dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung ist die Rede von "privaten und/oder öffentlichen Einrichtungen". Bei solchen "Einrichtungen" kann es sich um Unternehmen, sonstige rechtmäßig gegründete nichtstaatliche Organisationen und staatliche Stellen wie Gemeindeverwaltungen handeln. [16] Angesichts der Preisunterschiede, wie sie für die Emissionsanteile zwischen den unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Vertragsparteien zu erwarten sind, wäre die Verbindung von zwei Regelungen mit dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße vergleichbar: der Wasserstand (bzw. der Preis der Emissionsanteile) in den Gefäßen wäre gleich. 4.3. Ein praxisorientierter Ansatz Im Juni 1998 erklärte die Kommission: "Die Gemeinschaft könnte jedoch ihr eigenes innergemeinschaftliches Trading-System bereits zum Jahre 2005 einrichten" [17]. Dies hätte den Vorzug, daß die Gemeinschaft "intern" bereits praktische Erfahrungen erwerben könnte und damit besser auf den für 2008 geplanten Start des internationalen Handels mit Emissionen nach dem Protokoll von Kyoto vorbereitet wäre. Eine solche Erfahrung würde die Akteure der Gemeinschaft mit der praktischen Anwendung des Instruments vertraut machen und ihnen sogar einen Vorsprung verschaffen. [17] KOM(1998)353 endg. vom 03.06.1998 "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Klimaänderungen - Zu einer EU-Strategie nach Kyoto". Nach 2008 könnten solche "inländischen" Systeme weitergeführt werden, doch sollten sie mit dem internationalen Emissionshandel nach dem Protokoll von Kyoto, in dem sechs Treibhausgase und Senken erfaßt sind, kompatibel sein. Es ist daher von großer Bedeutung, den "Inlandshandel" mit Emissionen von Anfang an so zu konzipieren, daß er eine allmähliche Ausweitung im Hinblick auf die erfaßten geographischen Gebiete, WirtschaftsBereiche und Gasemissionen ermöglicht. Der Emissionshandel als solcher führt nicht zu Emissionsminderungen, er schafft lediglich Anreize für die Suche nach den geringsten Kosten zur Erfuellung einer bestimmten Vorgabe für Emissionsreduktionen. Mit zunehmendem Umfang des Systems vergrößern sich auch die Unterschiede bei den Kosten, die den einzelnen Unternehmen für ihre Einhaltungsbemühungen entstehen. Zugleich nimmt auch das Potential für eine Kostensenkung insgesamt zu. Dieses Argument spricht für ein umfassendes Handelssystem, das verschiedene Mitgliedstaaten einbezieht und alle sechs Treibhausgase und Senken erfaßt und auf sämtliche Emissionsquellen gerichtet ist. Allerdings gibt es gute wissenschaftliche und praktische Gründe dafür, daß die Gemeinschaft zum jetzigen Zeitpunkt noch kein umfassendes Programm einrichten sollte. Hinsichtlich der Emissionen von fluorierten Gasen und der Absorption von Kohlendioxid durch Senken bestehen noch beträchtliche Unklarheiten. Die Zuteilung von Emissionsanteilen, die Überwachung der Emissionen und die Durchsetzung der Einhaltung durch kleine mobile Verursacher wie private Kraftfahrzeuge wirft komplexe technische und verwaltungstechnische Fragen auf. Will die Gemeinschaft also einen wohldurchdachten, schrittweisen Ansatz der Entwicklung des Handels mit Emissionen verfolgen, sollte sie sich anfangs auf große, standortfeste Kohlendioxidquellen konzentrieren, deren Überwachung und Kontrolle im System schon eher praktikabel ist. Kohlendioxidemissionen (CO2) machen annähernd 80 % [18] der Emissionen von Treibhausgasen in der Gemeinschaft aus. [18] Technischer Bericht Nr. 19 der Europäischen Umweltagentur - Mai 1999: "Annual European Community Greenhouse Gas Inventory 1990-1996". Ähnliche Orientierungen lassen sich in einigen Mitgliedstaaten wie auch im privaten Sektor beobachten. In Dänemark hat zum Beispiel das Parlament ein Gesetz beschlossen, das von einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt im kommenden Jahr an ein begrenztes System für den Handel mit CO2-Quoten unter den größten Stromerzeugern einrichtet [19]. Verschiedene andere Mitgliedstaaten befassen sich eingehend mit der Frage der Schaffung von Regelungen für den Emissionshandel in ihren Ländern noch vor 2008. So sind einzelne Unternehmen, Branchen- bzw. sogar branchenübergreifende Verbände derzeit dabei, entsprechende Systeme zu erarbeiten. Die Kommission begrüßt diese Initiativen und die Erkenntnisse, die dadurch gewonnen werden. [19] Das dänische Programm für den Emissionshandel wird per Gesetz Nr. 376 vom 2. Juni 1999 über Quoten für die Erzeugung von elektrischem Strom durchgeführt. Es soll bis zum 31. Dezember 2003 laufen, der Beginn steht noch nicht fest. Damit werden die Kohlendioxidemissionen von etwa 15 der größten Stromerzeuger erfaßt. Die Zuteilung der Emissionsanteile erfolgte frei nach historischen (tatsächliche Emissionen über einen Referenzzeitraum) als auch technischen Kriterien (die eine energieeffizientere Produktion begünstigen). Für den Fall, daß die Emissionen eines Produzenten dessen jährliche Emissionsanteile übersteigen, wird auf jede zusätzlich ausgestoßene Tonne CO2 eine Geldstrafe von 40 DKK (etwa 5,38 EUR) erhoben. Von der Kommission wird diese Regelung noch unter dem Aspekt der Vorschriften für staatliche Beihilfen geprüft. 5. Die Rolle der Europäischen Gemeinschaft 5.1. Das wirtschaftliche Argument für den Handel mit Emissionen in der EU Wie bereits angemerkt, erhöhen sich die potentiellen Einsparungen aus dem Handel mit Emissionen, je größer der Anwendungsbereich eines solchen Handelssystems ist. Schätzungen zufolge könnten der gemeinschaftsweite Emissionshandel im Bereich der Energieproduzenten und energieintensiven Branchen die Kosten für die Umsetzung der Kyoto-Verpflichtungen der Gemeinschaft im Vergleich zu einzelstaatlichen Programmen, die keinen grenzüberschreitenden Handel zulassen, um nahezu ein Fünftel senken. Dies entspricht einer potentiellen Kosteneinsparung von jährlich 1,7 Mrd. EUR. Minderkosten in diesem Umfang erhöhen die Wahrscheinlichkeit, daß wir unsere internationalen Verpflichtungen einlösen können. Ein gemeinschaftliches System für den Emissionshandel würde zu einem einheitlichen Preis für Emissionsanteile führen, die zwischen Unternehmen innerhalb des Systems gehandelt werden. Dadurch wären für alle Beteiligten in allen Mitgliedstaaten gleiche Voraussetzungen geschaffen, während bei eigenständigen nationalen Systemen Preisunterschiede zwischen den Systemen entstehen würden. Zum heutigen Zeitpunkt liegen keine Preisinformationen vor, die tatsächlichen praktischen Erfahrungen im Handel mit Treibhausgasemissionen entspringen. Unsere Überlegungen können demzufolge nur von empirischen Schätzungen geleitet sein. Diese weisen eine große Streuung auf, die von 5 EUR bis etwa 58 EUR je Tonne zwischen Industriestaaten gehandelten Kohlendioxidäquivalents reicht [20]. [20] Sogenannte "Anlage B-Länder", womit Anlage B des Protokolls von Kyoto gemeint ist. Weitere Einzelheiten der Wirtschaftlichkeitsanalyse sind in Anlage 1 zu finden. 5.2. Schutz des Binnenmarktes Auch wenn die Entwicklung des Handels mit Emissionen in der Gemeinschaft ein bedeutender Beitrag zum Schutz der Umwelt durch Begrenzung von Emissionen ist, gilt es unbedingt zu vermeiden, daß Handelsschranken, Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit für Unternehmen und Wettbewerbs verzerrungen entstehen, die dem Binnenmarkt Schaden zufügen würden. Der Handel mit Emissionen sollte deshalb Teil eines kohärenten Rahmens gemeinsamer und koordinierter Politiken und Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Umsetzung der Verpflichtungen von Kyoto sein. Mit der Entwicklung eines innergemeinschaftlichen Systems für den Emissionshandel, das die Regeln des lauteren Wettbewerbs im Binnenmarkt respektiert, wird die Gemeinschaft überdies dazu beitragen, etwaige Unvereinbarkeiten mit mehrseitigen Handelsabkommen zu vermeiden. Die Industrie muß die Sicherheit haben, daß in allen Mitgliedstaaten eine faire Behandlung von vergleichbaren Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten gewährleistet ist. Faire Behandlung ist auch in bezug auf vergleichbare Unternehmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten von Bedeutung. Ein ebenso wünschenswertes Ziel ist die größtmögliche Einfachheit der Regeln, an die sich Unternehmen in der ganzen Gemeinschaft zu halten haben. Ein einfaches Regelwerk würde die wirksame und effiziente Verwaltung und Durchsetzung eines jeglichen Programms für den Handel mit Emissionen erleichtern. In gewisser Weise allerdings müssen die Durchsetzung von Gleichbehandlung und besserer Überschaubarkeit auf der einen Seite und die Wahrung einer stärkeren Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten auf der anderen gegeneinander abgewogen werden. Die Autonomie der Mitgliedstaaten würde es erforderlich machen, das Programm jedes Mitgliedstaates von Fall zu Fall beurteilen. Das jedoch wäre weniger überschaubar und komplizierter für die Unternehmen. Einige miteinander vergleichbare Unternehmen könnten in einzelstaatliche Programme für den Handel mit Emissionen einbezogen sein und andere nicht. Die beteiligten Bereiche könnten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein. Auch steht zu erwarten, daß die speziellen Vorschriften und Verfahren quer durch die Gemeinschaft voneinander abweichen. Ein derart aufgespaltener Markt könnte den Zielen des Binnenmarkts zuwiderlaufen, auch wenn unterschiedliche politische Konzepte aufgrund unterschiedlicher nationaler Prioritäten gerechtfertigt sein könnten. 5.3. Festlegung der Rolle von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten Vom Konzept her ließe sich der Handel mit Emissionen in der Europäischen Union auf mehreren Ebenen organisieren, die sich durch den Grad der Intervention durch die Gemeinschaft unterscheiden. Das Spektrum könnte dabei von einem durch die einzelnen Mitgliedstaaten verwalteten System, bei dem die Rolle der Gemeinschaft auf eine Aufsichtsfunktion beschränkt wäre, um die Konformität des einzelstaatlichen Systems mit dem Gemeinschaftsrecht zu sichern und über die Fortschritte hinsichtlich der Verpflichtungen der Gemeinschaft zu wachen, bis hin zu einem gemeinschaftsweit harmonisierten System reichen, bei dem die Gestaltung und Regelung aller wesentlichen Elemente auf Gemeinschaftsebene erfolgte und die Mitgliedstaaten dieses System dann einheitlich mit nur begrenzter regulatorischer Eingriffsmöglichkeit umsetzen würden. Eine eher in der Mitte angesiedelte Alternative wäre es, ein Gemeinschaftsprogramm zu entwickeln, den einzelnen Mitgliedstaaten in gewisser Weise jedoch die Wahl zu lassen, ob und in welchem Maße sie sich an dem Programm beteiligen möchten, und ihnen möglicherweise auch ein Mitspracherecht bei der Auswahl der wichtigsten Durchführungsbestimmungen zu geben. Folgende Elemente sollten in diesem Kontext in Betracht gezogen werden: - Wie läßt sich sicherstellen, daß vergleichbaren Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten äquivalente Anstrengungen abverlangt werden, unabhängig davon, ob sie in den Handel mit Emissionen einbezogen oder sonstigen Politiken und Maßnahmen unterworfen sind, um somit Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt auf ein Minimum zu beschränken- - Wie sollen die Emissionsanteile verteilt werden, um eine indirekte Diskriminierung zu vermeiden und Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen- - Wie lassen sich größtmögliche Synergieeffekte mit den bestehenden Umweltschutzvorschriften erzielen- - Wie gewährleistet man eine wirksame Kontrolle, Berichterstattung, Prüfung und Durchsetzung- - Wie läßt sich Kompatibilität mit dem internationalen Emissionshandel nach dem Protokoll von Kyoto sichern- Nicht in Frage steht, daß der Gemeinschaft beim Schutz des Binnenmarktes und der Wahrung der von ihr eingegangenen internationalen Verpflichtungen eine Rolle zukommt. Die Debatte über die Rolle der Gemeinschaft sollte sich vielmehr darauf konzentrieren, welche konkrete Gestalt diese Rolle annehmen soll. 6. Politikoptionen in bezug auf den Umfang eines EG-Systems für den Emissionshandel Die schwerste Aufgabe ist es, einen Anfang zu machen und die zentrale Entscheidung zu treffen, welche Emissionsquellen von Anfang an in einem System des Emissionshandels erfaßt werden sollen. 6.1. Erfaßte Bereiche Bei der Entscheidung, auf welche Bereiche sich der Handel mit Emissionen erstrecken soll, ist eine Reihe von Punkten zu beachten. Wichtige Kriterien sind dabei Umweltwirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb, verwaltungstechnische Machbarkeit und etwaige alternative Politiken und Maßnahmen. Ein Anfang mit einer relativ kleinen Zahl von Branchen und Emissionsquellen, die bedeutenden Anteil an den Gesamtemissionen haben und sich durch starke Unterschiede bei den Kosten für Emissionsminderungen auszeichnen, würde diese Kriterien weitgehend erfuellen. Die Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen [21] und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung [22] bieten einen brauchbaren Ausgangspunkt für die Festlegung der für das Handelssystem in Fragen kommenden Bereiche. Diese Richtlinien erfassen nicht sämtliche Bereiche, und auch kleinere Quellen innerhalb der erfaßten Bereiche sind nicht einbezogen. Eventuelle Wettbewerbsverzerrungen infolge der Auslassung einiger Bereiche bzw. kleineren Quellen unter den erfaßten Bereichen ließen sich in Grenzen halten, indem die am Emissionshandel nicht beteiligten Bereiche und Quellen gleichwertigen Politiken und Maßnahmen unterstellt werden. [21] Richtlinie 88/609/EWG vom 24.11.1988, geändert durch Richtlinie 94/66/EWG vom 15.12.1994. [22] Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.09.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, hier insbesondere deren Anhang I. Tabelle 1 verdeutlicht, daß annähernd 45 % der Kohlendioxidemissionen in der EU auf eine begrenzte Zahl von Bereichen zurückzuführen sind [23]. In den Bereichen Eisen- und Stahlherstellung, Raffinerien, anorganische Chemie (Schwefel- und Salpetersäure) sowie Papier und Zellstoff sind praktisch alle Anlagen große Punktquellen und werden dies voraussichtlich auch in nächster Zukunft bleiben. Im Falle der Zementindustrie ist die Zahl der Fabriken in der EU klein, so daß alle Anlagen einbezogen werden könnten. Auf dem Sektor der Wärme- und Stromerzeugung scheint es praktikabel, alle Anlagen mit einer Kapazität von über 50 MWth einzubeziehen [24]. [23] Schätzung nach "Design of a practical approach to greenhouse gas emissions trading combined with policies and measures in the EC", Center for Clean Air Policy, Washington DC, (demnächst: http://www.ccap.org). Dieser Beitrag entstand als Teil der Vertragsstudie "Designing Options for Implementing an Emissions Trading Regime for Greenhouse Gases in the EC" unter Leitung der Stiftung für Internationales Umweltrecht und Umweltentwicklung (Foundation for International Environmental Law and Development, FIELD): http://www.field.org.uk/papers/papers.htm. [24] Radunsky und Ritter (1996) CORINAIR 1990 Summary Report 3: Large Point Sources, Topic Report 20/96, Europäische Umweltagentur, 1996. Tabelle 1: Branchen, die in ein System des Emissionshandels einbezogen werden könnten Sektor // Anteil an den CO2-Emissionen der EU15 [25] [25] Energiebezogen 1997. Strom- und Wärmeerzeugung // 29,9 % Eisen und Stahl // 5,4 % Raffinerien // 3,6 % Chemische Industrie // 2,5 % Glas, Keramik und Baustoffe (einschl. Zement ) // 2,7 % Papier und Druck (einschl. Papierfaserstoffe) // 1,0 % Insgesamt // 45,1 % Quelle: EUROSTAT-Zahlen 1997. Die Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung erstrecken sich auch auf Quellen in bestimmten Bereichen, die in der vorstehenden Tabelle nicht aufgeführt sind. Da der wirtschaftliche Nutzen des Handels aus Unterschieden resultiert, die zwischen den zum System gehörenden Unternehmen in bezug auf die Kosten der Emissionsminderung bestehen, wäre dies ein Argument zugunsten einer möglichst breiten und vielfältigen Einbeziehung von Bereichen. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Emissionshandel vor allem für die Bereiche von Interesse ist, in denen die durchschnittlichen Kosten der Emissionsminderung am höchsten sind. Für die Begrenzung der Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung zwischen großen und kleinen Punktquellen sowie zwischen in den Handel einbezogenen und nicht einbezogenen Quellen ist es entscheidend, daß auf die nicht am Handel beteiligten Quellen strenge Politiken und Maßnahmen angewendet werden und diese Firmen die Möglichkeit erhalten, sich dem Handelssystem freiwillig anzuschließen. 6.2. Welches Maß an Vielfalt ist innerhalb der Gemeinschaft möglich- Entscheidend bei der Gestaltung des Emissionshandels innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist die Frage, ob in der gesamten EU jeweils dieselben Bereiche am Handel teilnehmen sollten. 6.2.1. Ein gemeinsames Gemeinschaftssystem Ein System des Emissionshandels, dessen Erfassungsbereich Gegenstand von Vereinbarungen auf Gemeinschaftsebene ist, würde optimale Bedingungen für die Wettbewerbsgleichheit der Beteiligten in den verschiedenen Mitgliedstaaten und allen Unternehmen größtmögliche Transparenz und Rechtssicherheit bieten. Darüber wäre mit einer solchen Lösung infolge der größeren Unterschiede bei den Emissionsminderungskosten zwischen den beteiligten Unternehmen ein beträchtlicher wirtschaftlicher Nutzen verbunden. Dies würde bedeuten, daß auf Gemeinschaftsebene ausdrücklich festgelegt werden muß, welche Bereiche in das Handelssystem einbezogen werden und welche Bereiche nicht dazu zählen. 6.2.2. Ein koordiniertes Gemeinschaftssystem Bisher allerdings haben die einzelnen Mitgliedstaaten ein unterschiedlich starkes Interesse am Instrument des Emissionshandels an den Tag gelegt. Während einige die Diskussion gerade erst begonnen haben, sind andere bei der Vorbereitung konkreter Schritte bereits weit fortgeschritten. Es sieht nicht unbedingt danach aus, als wären alle Mitgliedstaaten bereit, sich an einem gemeinschaftlichen Programm vom selben Zeitpunkt an zu beteiligen. Ein zentrales Element der Debatte könnte daher die Frage betreffen, wie sich im Laufe der Zeit eine optimale Synchronisation der vor 2008 an einem Gemeinschaftssystem beteiligten Mitgliedstaaten sichern läßt. Hierfür kommen zwei Alternativen in Betracht, und zwar ein System mit "Einstiegsoption" bzw. ein System mit "Ausstiegsoption". Die "Einstiegsoption" Die erste Option würde ein gemeinsames System voraussetzen, das von allen Mitgliedstaaten vorab vereinbart wird und in das sie auf Wunsch "einsteigen" könnten. Diese Option könnte als Übergangsetappe auf dem Weg zu einem gemeinsamen Gemeinschaftssystem fungieren, dem sich die Wirtschaftsbereiche der einzelnen Mitgliedstaaten allmählich anschließen. Für jedes koordinierte System wäre es indes von entscheidender Bedeutung, den Unternehmen, die im Wettbewerb mit Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten stehen, gleiche Voraussetzungen zu bieten. Aus diesem Grund wäre bei einer solchen differenzierten Umsetzungsstrategie ein beträchtlicher Aufwand bei der Koordinierung der wesentlichen Elemente erforderlich, was mit einer höchst komplexen Verwaltung verbunden wäre. In diesem Fall müßte die Gemeinschaft eine aktive Rolle bei der Beobachtung der Handlungen der Mitgliedstaaten und der Bewertung der wettbewerblichen Auswirkungen auf vergleichbare Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten übernehmen. Wenn die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Bereiche und Gase einbeziehen wollen, könnten sich daraus so vielfältige Kombinationen ergeben, daß Kohärenz und Transparenz nicht mehr gewährleistet sind. Die "Ausstiegsoption" Eine mögliche Alternative dazu wäre ein System mit "Ausstiegsoption", bei dem die Gemeinschaft als Ganzes entscheidet, welche Bereiche vom Handelssystem grundsätzlich erfaßt werden. Daraufhin könnten einige Mitgliedstaaten entscheiden, für einen begrenzten Zeitraum bestimmte Bereiche aus der Vereinbarung auszunehmen oder sich überhaupt nicht zu beteiligen. In diesem Szenario wären nicht so viele Variationen möglich. Gegenüber der "Einstiegsoption" hätte es den Vorteil größerer Einfachheit und Transparenz. Die Grundvoraussetzung für die Gewährung dieser "Einstiegs- bzw. Ausstiegsoptionen" sollte sein, daß vom gemeinschaftsweiten System nicht erfaßte Bereiche durch andere Politiken und Maßnahmen reguliert werden, die eine zumindest vergleichbare wirtschaftliche Anstrengung hinsichtlich der Emissionsminderung erfordern. 6.2.3. EU-Erweiterung Ein ebenso wichtiger Punkt ist die allmähliche Ausweitung des Systems bezüglich seines geographischen Geltungsbereichs, da wahrscheinlich in nicht zu ferner Zukunft neue Mitgliedstaaten der Europäischen Union beitreten werden. Jedes System sollte daher so angelegt werden, daß es sich im nachhinein anpassen und erweitern läßt. Nach Artikel 4 des Protokolls von Kyoto würde die "Lastenteilungsvereinbarung" der EU im ersten Verpflichtungszeitraum (2008 bis 2012) durch eine EU-Erweiterung nicht angetastet werden. Über ein System der gegenseitigen Anerkennung inländischer Systeme ließe sich allerdings ein gewisser Spielraum für die Einbeziehung neuer EU-Mitgliedstaaten in ein Gemeinschaftssystem schaffen. In einem möglichen zweiten Verpflichtungszeitraum nach 2012 könnten neue Mitgliedstaaten in die gemeinsame Zielerfuellung durch die Mitgliedstaaten ("EG-Bubble-Regelung") integriert werden. Letztendlich müßte die Entwicklung eines gemeinschaftsweiten Systems dem besonderen Status von Nicht-EU-Ländern im Europäischen Wirtschaftsraum Rechnung tragen, die möglicherweise eigene Programme für den Emissionshandel haben oder eine Einbeziehung in das gemeinschaftsweite System wünschen. In diesem Zusammenhang würde die "Lastenteilungsvereinbarung" für die 15 EU-Mitgliedstaaten bestehen bleiben, und es könnten weitere Möglichkeiten der Teilnahme am gemeinschaftsweiten System bzw. dessen Ausweitung durch gegenseitige Anerkennung ergründet werden. 6.3. Fragen: Frage 1: Welche Bereiche sollten in den Emissionshandel in der Gemeinschaft einbezogen werden- Bieten die Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung einen brauchbaren Ansatz für die Festlegung der Bereiche, die von einem Gemeinschaftssystems für den Handel mit Emissionen erfaßt werden sollen- Frage 2: Soll im Interesse eines gerechten Wettbewerbs, größtmöglicher Transparenz und Rechtssicherheit für Unternehmen ein für bestimmte Bereiche gemeinsames System für den Emissionshandel in der Europäischen Gemeinschaft geschaffen werden- Frage 3: Wäre die in einem koordinierten System durch die "Einstiegs option"/"Ausstiegsoption" gegebene Flexibilität mit den Erfordernissen des Binnenmarkts vereinbar oder würden die Vorteile dieser Flexibilität durch die größere Komplexität wieder aufgehoben- Frage 4: Welcher Spielraum bleibt den einzelnen Mitgliedstaaten, um in ihre Handelssysteme mehr Bereiche einzubeziehen, als eventuell vom gemeinschaftsweiten System erfaßt werden- 7. Politikoptionen im Zusammenhang mit der Erstzuteilung von Emissionsmengen Bevor der Handel als solcher stattfinden kann, müssen die Emissionsanteile zuwiesen werden. Die Politkoptionen im Zusammenhang mit der Erstzuweisung betreffen drei Ebenen: die Verteilung auf einbezogene und nicht einbezogene Teile der Volkswirtschaft, die Verteilung auf beteiligte Bereiche und die Verteilung auf Unternehmen. Auf allen drei Ebenen existiert eine gemeinschaftliche Dimension, die jedoch auf verschiedenen Wegen gesichert werden kann. 7.1. Festlegung der Gesamtzuteilung für die auf Ebene der Gemeinschaft und auf Ebene der Mitgliedstaaten einbezogenen Bereiche Eine kritische Aufgabe besteht in einer gerechten Lastenteilung zwischen den in den Emissionshandel einbezogenen Bereichen bzw. Akteuren und den nicht Beteiligten [26]. [26] Eine derartige gerechte Lastenteilung muß auch im Hinblick auf alle anderen Politiken und Maßnahmen festgelegt werden. Die Erstzuweisung muß nicht bedeuten, daß jedes Unternehmen im Zeitraum 2008-2012 seine Emissionen um 8 % senken muß, um der für die gesamte EU im Protokoll von Kyoto festgelegten Verpflichtung zur 8 %igen Reduzierung zu entsprechen, oder daß die einzelnen Mitgliedstaaten die in der "Lastenteilungsvereinbarung" festgelegten Werte erreichen müssen. Ganz eindeutig wäre in bestimmten Bereichen (z. B. Verkehrswesen) eine Reduzierung um 8 % ein mit extrem hohen Kosten verbundenes Ziel. Für andere Bereiche wiederum könnte eine solche Zielsetzung mit relativ geringem Kostenaufwand zu erfuellen sein. Der Volkswirtschaft insgesamt entstehen geringere Kosten, wenn die Bereiche mit den niedrigsten Kosten den größten Beitrag liefern. Die Dienststellen der Kommission führen zur Zeit eine empirische Untersuchung über die relativen Kosten der Emissionsminderung in unterschiedlichen Bereichen verschiedener Mitgliedstaaten durch. Die Ergebnisse können den politischen Entscheidungsträgern Hinweise auf die kostengünstigsten Optionen liefern und für die Festlegung und Zuteilung angemessener Emissionsmengen für die beteiligten Bereiche nützlich sein. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden Gegenstand einer genauen Auswertung und Erörterung im zuständigen EG-Überwachungs ausschuß sein [27]. [27] Gemäß Festlegung der Entscheidung 93/389/EWG des Rates vom 24.06.1993 über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft, geändert durch die Entscheidung 1999/296/EG des Rates vom 26.04.1999. Im Zeitraum 2008-2012 müssen Mitgliedstaaten, die ein eigenes Handelssystem entwickeln, endgültig festlegen, wieviele Tonnen in das System für den Handel mit Emissionen eingehen und wieviele Tonnen Emissionsreduktion durch sonstige Politiken und Maßnahmen erreicht werden sollen. Analog dazu müßte vor 2008 selbst bei einem gemeinschaftlichen System für den Emissionshandel, das gemeinsam festgelegte Bereiche erfaßt, eine im voraus bestimmte Zahl von Emissionsanteilen in das Handelssystem jedes Mitgliedstaats einbezogen werden. Nach 2008 müßten sich die Mitgliedstaaten im Rahmen der "Lastenteilungsvereinbarung" darauf einigen, welche Mengen den in den Handel einbezogenen Bereichen in jedem Mitgliedstaat zugeteilt werden und welcher Anteil der Emissionsreduktion durch sonstige Politiken und Maßnahmen erreicht werden soll. Damit wäre ein überschaubarer Rahmen gegeben, in dem die Mitgliedstaaten Emissionsmengen auf Unternehmen in ihrem Hoheitsgebiet verteilen könnten. 7.2. Die Zuweisung von Emissionsanteilen durch Mitgliedstaaten an die Unternehmen 7.2.1. Allgemeiner Ansatz Die Art und Weise der Zuweisung hat keinen Einfluß auf die Umweltwirksamkeit. Trotzdem steht zu erwarten, daß sich die Verhandlungen über die Zuweisung von Emissionsanteilen nicht einfach gestalten werden. Unter dem Druck divergierender Interessen könnten einige Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen (und/oder bei bestimmten Unternehmen) ein aktiveres Vorgehen als anderswo wünschen. So könnten sie zum Beispiel darauf hinwirken, bestimmte Bereiche vom Erbringen eines Beitrags zum gemeinsamen Ziel auszunehmen oder aber diesen Bereichen wenig anspruchsvolle Ziele zu setzen. Dies könnte dann für Konkurrenzunternehmen in anderen Mitgliedstaaten Anlaß zur Beschwerde sein. Nach dem Gemeinschaftsrecht könnten solche Fragen unter die bestehenden Bestimmungen über staatliche Beihilfen und unter die Binnenmarktvorschriften fallen, da sie im wesentlichen eine potentiell wettbewerbsverzerrende Unterstützung bestimmter Bereiche oder Unternehmen betreffen. Die Kommission muß die ihr laut EG-Vertrag übertragenen Aufgaben der Gewährleistung eines lauteren Wettbewerbs und der Niederlassungsfreiheit im Binnenmarkt erfuellen. Die Kommission könnte sich mit solchen Fällen ad hoc befassen - wie das im Fall des in Dänemark zur Anwendung kommenden Systems für den Emissionshandel derzeit geschieht - bzw. ihre Kriterien in einem Grundsatzdokument zum Ausdruck bringen. Der Handlungsbedarf und das Wesen eines solchen Eingriffs werden jedoch in hohem Maße von der letztlich gewählten Alternative abhängen. Sollte sich die Gemeinschaft auf die Höhe der Emissionsmengen für die am Handel beteiligten Bereiche in jedem Mitgliedstaat einigen können, würden möglicherweise zu Verzerrungen führende Zuteilungen für einzelne Bereiche oder Unternehmen weitestgehend begrenzt. Die geltenden Leitlinien für staatliche Beihilfen für die Umwelt dürften ausreichen, um zu prüfen, ob die Emissionsanteile den Unternehmen im Einklang mit dem EG-Wettbewerbsrecht zugeteilt wurden. Im Gegensatz dazu würde das Nichtzustandekommen einer Einigung über die Höhe der Emissionsmengen, die den am Handel beteiligten Bereiche in jedem Mitgliedstaat zugeteilt werden sollen, detaillierte und strenge Leitlinien für die Methode der Zuteilung an einzelne Bereiche und Unternehmen erfordern, ebenso wie eine sehr genaue Untersuchung im Einzelfall. Es wäre im Interesse der Unternehmen und Bereiche in den einzelnen Mitgliedstaaten, daß von staatlicher Seite eine ausgewogene Verteilung der Emissionsanteile auf die in den Handel einbezogenen Bereiche des jeweiligen Mitgliedstaates gesichert wird. 7.2.2. Zentrale Probleme Ein wichtiger Punkt, den die Kommission entweder im Rahmen ihrer Ad-hoc-Analyse von Einzelfällen oder bei der Ausarbeitung neuer Leitlinien untersuchen muß, betrifft das Thema einer möglichen Diskriminierung von "ausländischen" Akteuren. Grundsätzlich sollten die Mitgliedstaaten ein identisches Zuteilungssystem für alle in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Unternehmen anwenden. Eine weitere grundlegende Frage zur Einschätzung durch die Kommission wird die Methode der Zuteilung betreffen. Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten: die Versteigerung oder die unentgeltliche Zuteilung. Im Kontext des Handels mit Emissionen wird letztere häufig als "Besitzstandsregelung" [28] bezeichnet. Möglich ist auch eine Kombination dieser beiden Zuteilungsmethoden, wie auch sehr unterschiedliche Wege für die Umsetzung jeder dieser Methoden existieren. Ist jedoch der Gesamtanteil der in den Emissionshandel einzubeziehenden Bereiche festgelegt, so wirkt sich das Verfahren der Zuweisung nicht auf die Umweltwirksamkeit aus, die vom Gesamtanteil sowie der Wirksamkeit der Überwachungs- und Durchsetzungsverfahren abhängt. [28] Streng genommen bezieht sich ein "Besitzstandsrecht" nicht auf den Begriff der unentgeltlichen Zuteilung realisierbarer Aktiva, sondern vielmehr auf ein historisches Recht auf Ausübung einer bestimmten Handlung, zum Beispiel eines Stimmrechts, das auf Nachfolger übertragen werden kann bzw. für die Dauer der Existenz einer Rechtskörperschaft bei dieser verbleibt, über diese vorbestimmten Grenzen hinaus jedoch nicht übertragbar ist. Technisch gesehen sind regelmäßige Versteigerungen vorzuziehen, da sie allen Unternehmen eine gleiche und faire Chance auf den transparenten Erwerb der gewünschten Emissionsanteile bieten würden. Bei der Versteigerung findet das Verursacherprinzip Anwendung. Die von den Regierungen erwirtschafteten Erträge könnten auf vielerlei Weise zurückgeführt werden, wobei sich der Gesamtertragseffekt auch als neutral erweisen kann oder die Erträge zur Förderung von auf Energieeffizienz gerichteten Investitionen, von Forschung und Entwicklung bzw. staatlichen Investitionen in andere Programme zur Minderung von Treibhausgasemissionen verwendet werden. Die Versteigerung erspart die schwierige und politisch heikle Entscheidung darüber, welche Menge jedem in das Handelssystem einbezogenen Unternehmen zustehen soll. Die oben angesprochenen komplizierten Fragen hinsichtlich staatlicher Beihilfen und Wettbewerb wären damit größtenteils vom Tisch. Die Versteigerung würde auch neuen Marktteilnehmern faire Bedingungen sichern, da ihnen die gleiche Möglichkeit wie den bereits bestehenden Firmen gegeben wäre, die benötigten Emissionsanteile zu erwerben. Allerdings könnten Unternehmen einwenden, daß eine Versteigerung erfordern würde, Vorauszahlungen auf etwas zu leisten, für das in der Vergangenheit nicht bezahlt wurde. Bei der Besitzstandsmethode hingegen wird etwas, das einen Wert repräsentiert, unentgeltlich abgegeben. Die Grundlage für die unentgeltliche Zuteilung kann unterschiedlich sein. Ein rein historischer Ansatz, z. B. gestützt auf die Emissionsmengen von 1990 wie beim Protokoll von Kyoto, würde diejenigen belohnen, die zum damaligen Zeitpunkt die größten Emissionen verursachten, und diejenigen bestrafen, die bereits vor 1990 frühzeitig Maßnahmen ergriffen hatten. Eine verfeinerte Form der Besitzstandsmethode wäre die unentgeltliche Zuteilung auf der Grundlage von Leistungsstandards bzw. Eckwerten (z. B. Tonnen CO2-Äquivalent je Tonne in einem bestimmten Jahr produzierten Stahls). Welche Methode hier auch gewählt wird - die unentgeltliche Zuteilung sollte nicht unbedingt als eine unkomplizierte Alternative angesehen werden. Eine entscheidende Frage, die es jetzt zu erörtern gilt, lautet, ob die Gemeinschaft eine der beiden Optionen durchsetzen oder es den Mitgliedstaaten überlassen soll, Emissionsanteile entweder zu versteigern oder unentgeltlich zu vergeben. Ein Unternehmen, das in einem bestimmten Mitgliedstaat seine Emissionsanteile per Versteigerung erwerben muß, könnte sich gegenüber einem Mitbewerber in einem anderen Mitgliedstaat, dem die Emissionsanteile nach dem Besitzstandsansatz unentgeltlich zugeteilt wurden, benachteiligt fühlen. Auch durch eine in verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabte Besitzstandsregelung könnten sich Unternehmen gegenüber Mitbewerbern im Nachteil sehen und könnten Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Ungeachtet einer von den Unternehmen eventuell empfundenen Diskriminierung schließt es das Gemeinschaftsrecht nicht aus, daß Mitgliedstaaten ihre "eigenen" Unternehmen oder in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelte Unternehmen benachteiligen, solange keine grundsätzliche Diskriminierung von in "ausländischem" Besitz befind lichen Quellen oder neuen Marktteilnehmern aus dem Ausland nachweisbar ist. Im letztgenannten Fall könnte eine solche Diskriminierung Probleme im Hinblick auf staatliche Beihilfen aufwerfen. 7.3. "Neue Marktteilnehmer" Neu hinzukommende Unternehmen verdienen besondere Erwähnung, da für den Fall, daß Emissionsanteile auf Grundlage der Besitzstandsmethode zugewiesen werden, denjenigen Unternehmen, denen nicht gleich zu Beginn Emissionsanteile unentgeltlich zugeteilt wurden, dennoch die Möglichkeit gegeben sein muß, beim Eintritt in den Markt auf einfache Weise Emissionsanteile zu erwerben. Aus diesem Grund sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, daß Emissionsanteile für neue Marktteilnehmer zu gleichen Bedingungen bereitstehen, wobei es sich um "ausländische" Unternehmen handeln kann, die in den Markt eintreten möchten [29]. Am einfachsten wäre dies zu bewerkstelligen, wenn die Mitgliedstaaten Emissionsanteile für neue Marktteilnehmer zu ähnlichen Bedingungen zuweisen würden wie für bereits ansässige Unternehmen. [29] Gemäß EG-Vertrag sind nicht nur diskriminierende Maßnahmen verboten, sondern alle Maßnahmen, mit denen die Tätigkeiten von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten verboten oder anderweitig behindert werden, selbst wenn diese Maßnahmen gleichermaßen für heimische Unternehmen und Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten gelten. Die verbreitete Auffassung, daß neue Marktteilnehmer durch eine Zuteilung von Emissionsanteilen auf Besitzstandsgrundlage stets benachteiligt werden, läßt sich jedoch in Frage stellen. Unter Umweltschutzaspekten macht es keinen wirklichen Unterschied, ob ein bestehendes Unternehmen seine Emissionen infolge gesteigerter Produktion erhöht oder ob ein neu hinzukommendes Unternehmen diesen zusätzlichen Ausstoß verursacht. In beiden Fällen sind höhere Emissionen die Folge. Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen haben neue Firmen vor Einführung des Emissionshandelssystems noch keine Investitionen getätigt, so daß ihnen keine Kosten durch "stranded assets" (d.h. bereits getätigte Investitionen in Unkenntnis späterer Maßnahmen seitens der Politik) entstehen. Ein weiterer Aspekt bei der Frage neuer Marktteilnehmer sind die "Opportunitätskosten". Auch wenn bereits ansässige Unternehmen auf Besitzstandsgrundlage Emissionsanteile erhalten, ist die Inanspruchnahme dieser Anteile nicht unentgeltlich. Nutzt ein Unternehmen seine Anteile selbst, so entgehen ihm die Einnahmen aus einem potentiellen Verkauf dieser Anteile. Das Unternehmen sollte diese entgangenen Einnahmen daher in seine Produktionskosten einbeziehen. Aus diesem Blickwinkel haben also die ansässigen Unternehmen gegenüber neuen Marktteilnehmern keinen Wettbewerbsvorteil. Auch wenn die ansässigen Unternehmen also über etwas verfügen, was neue Marktteilnehmer erst erwerben müssen, so sind sie doch deswegen keine besseren oder effizienteren Produzenten als vorher. Andererseits steht neuen Marktteilnehmern vielleicht ein beschränkterer Kapitalzugang offen als ansässigen Unternehmen, die realisierbare Aktiva erhalten haben, und in dieser Hinsicht können neue Marktteilnehmer benachteiligt sein. Außerdem birgt ein System, das nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen aus einem einzigen Bereich einbezieht, die Gefahr einer Marktbeeinflussung. Die ansässigen Unternehmen könnten Emissionsanteile "horten", um so den Zugang zum Markt zu erschweren. Dieses Risiko verringert sich jedoch, je mehr Beteiligte in das System des Emissionshandels einbezogen werden. 7.4. Fragen: Frage 5: Sollte die Gesamtmenge der Emissionsanteile, die den am Emissionshandel beteiligten Bereichen in den einzelnen Mitgliedstaaten zugeteilt werden, einer Vereinbarung auf Gemeinschaftsebene unterliegen- Frage 6: Sollte die Methode der Verteilung von Emissionsanteilen auf die einzelnen Unternehmen auf Gemeinschaftsebene vereinbart werden- Oder sind Sie der Ansicht, daß ausführliche Leitlinien auf der Grundlage der Bestimmungen über staatliche Beihilfen und anderer Vorschriften des EG-Vertrags ausreichen, um einen lauteren Wettbewerb zu sichern- 8. Politikoptionen im Hinblick auf Synergieeffekte mit sonstigen Politiken und Massnahmen Noch immer bedarf der Klärung, in welcher Hinsicht jeweils technische Regulierung, Besteuerung oder Umweltvereinbarungen als Ersatz bzw. als Ergänzung für ein neues Instrument des Emissionshandels in Frage kämen. 8.1. Der Bezug zu technischen Vorschriften Technische Vorschriften sind das am weitesten verbreitete umweltpolitische Instrument in der Europäischen Union. Sie haben sich bei der Reduzierung der Umweltverschmutzung als wirksam erwiesen, auch wenn zur Zeit heftig darüber debattiert wird, wie sich das aktuelle Regelwerk der Umweltschutzgesetzgebung kostenwirksamer gestalten ließe, insbesondere in Kombination mit wirtschaftspolitischen Instrumenten. In der Praxis erfassen die derzeitigen technischen Vorschriften hauptsächlich andere Schadstoffe als Kohlendioxid, und der Handel mit Kohlendioxidemissionen würde die technischen Vorschriften in bezug auf solche anderen Schadstoffe nicht beeinträchtigen. Alternativ dazu ließen sich die technischen Vorschriften bei Nichtzustandekommen des Handels mit Emissionen spezifischer an Treibhausgase und Klimaänderung anpassen. Vorschriften über umweltschädigende Emissionen von Industrieanlagen ("Punktquellen") Zu den wichtigsten Instrumenten der technischen Vorschriften für Industrieanlagen zählen die Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungs anlagen [30] und die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU) [31]. Die technischen Normen basieren auf den sogenannten "besten verfügbaren Techniken". Zwar stehen im Mittelpunkt der IVU-Richtlinie speziell Stoffe, die der menschlichen Gesundheit oder der Umweltqualität schaden, doch erfaßt sie auch Treibhausgase, "die von der betreffenden Anlage in relevanter Menge emittiert werden können". Die zuständigen Behörden erteilen Genehmigungen auf der Grundlage unter anderem von "Verbrauch an Rohstoffen und Art der bei den einzelnen Verfahren verwendeten Rohstoffe (einschließlich Wasser) sowie Energieeffizienz...". Die Einführung eines Systems für den Emissionshandel wird es erfordern, dessen Bezug zu den in die IVU-Richtlinie aufgenommenen Normen und Verfahren zu klären. Zum jetzigen Zeitpunkt gestattet die IVU-Richtlinie keine Übertragung von Genehmigungen, doch müßte zwecks Einführung eines Systems für den Emissionshandel im Zusammenhang mit der IVU-Richtlinie den Genehmigungen, die die maßgeblichen Treibhausgase betreffen, der Status der "Handelbarkeit" verliehen werden. [30] Richtlinie 88/609/EWG vom 24.11.1988, geändert durch Richtlinie 94/66/EWG vom 15.12.1994. [31] Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.09.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. Eine weitere Alternative wäre es, den Emissionshandel gänzlich von den genannten technischen Vorschriften, wie sie zur Zeit bestehen, zu trennen. Die für andere Schadstoffe als Treibhausgase bereits geltenden technischen Normen würden dann unangetastet bleiben. Dessen ungeachtet könnten technische Normen für Treibhausgase immer noch als Mindestanforderungen gelten. Darüber hinaus ließe sich das Konzept der "besten verfügbaren Techniken" als brauchbares Element im Prozeß der Erstzuteilung nutzen, insbesondere was die Zuteilung von Emissionsanteilen nach der Besitzstandsmethode betrifft. Die Informationen über die "besten verfügbaren Techniken" in bestimmten Bereichen könnten dann ebenso wie Eckdaten und historische Emissionsdaten als technisches Kriterium herangezogen werden. Produktnormen ("diffuse Quellen") Technische Vorschriften für Produkte werden in der Klimapolitik auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen, und zwar ungeachtet dessen, ob eine Regelung für den Handel mit Emissionen eingeführt wird. Insbesondere trifft dies auf Emissionen der Bereiche Privathaushalte und Verkehr zu, die von einem System für den Handel mit Emissionen zumindest anfänglich nicht erfaßt werden. Besonderes Augenmerk wird darauf zu richten sein, wie sich energieeffiziente Produkte bedeutend schneller einführen lassen, insbesondere durch technische Normen, wirtschaftliche und steuerliche Anreize, freiwillige Initiativen der Industrie und Umweltvereinbarungen und durch bessere Information der Verbraucher wie Öko-Kennzeichnungen. 8.2. Der Bezug zu Umweltvereinbarungen Umweltvereinbarungen mit der Industrie bestehen auf einzelstaatlicher Ebene und sogar auf Ebene der Gemeinschaft [32]. Diesen Vereinbarungen wurde starke Aufmerksamkeit gewidmet, da sie für die Industrie eine flexiblere Lösung als die Einhaltung technischer Vorschriften bedeuten und gleichzeitig Wettbewerbs probleme infolge höchst einseitiger Energiesteuern ausschließen. Auf dem Gebiet der Energieeffizienz haben sie sich als besonders attraktiv erwiesen. Wenn Umweltvereinbarungen in Betracht gezogen werden, kommt es wesentlich darauf an, ihren Beitrag zur Gesamtzielsetzung der Gemeinschaft nach dem Protokoll von Kyoto im Auge zu behalten, die mit einer Reduzierung um 8 % bereits festgelegt ist. [32] Der Begriff "Umweltvereinbarungen" wird im Interesse der Einfachheit verwendet. Auf Gemeinschaftsebene handelt es sich in diesem Fall nicht um rechtliche Vereinbarungen im strengen Sinne, sondern um Selbstverpflichtungen der Industrie, die von der Kommission zur Kenntnis genommen werden und die sie durch entsprechende Empfehlungen an die Industrie "abdeckt". Die Kommission beurteilt solche Umweltvereinbarungen auf Industrieebene positiv [33]. Die Europäische Kommission hat die Verpflichtungen des Verbandes Europäischer Automobilhersteller [34] (ACEA) begrüßt. Ähnliche Vereinbarungen wurden unlängst mit den Automobilherstellern Japans (JAMA) und Koreas (KAMA) [35] getroffen. Vereinbarungen dieser Art dürften zu wesentlichen Fortschritten bei der Energieeffizienz von Neufahrzeugen und damit auch in bedeutendem Maße zur Erfuellung der Kyoto-Verpflichtungen der EU beitragen. Allerdings muß auf Gemeinschaftsebene ein geeigneter transparenter Rahmen für Umweltvereinbarungen geschaffen werden. [33] KOM(96)561 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen. [34] KOM(1998) 495 endg. [35] KOM (1999) 446 endg. Hinsichtlich der Beziehung zwischen Umweltvereinbarungen und dem Emissionshandel gilt es verschiedene Elemente zu berücksichtigen. Eine besondere Frage geht dahin, ob der Emissionshandel im Zusammenhang mit einer Umweltvereinbarung gestattet werden soll, und falls ja, zu welchen Bedingungen. Relevanz könnte diese Frage in dem Fall erlangen, daß eine Vereinbarung eingegangen wird, die dann jedoch nicht eingehalten werden kann, in welchem Falle der Zukauf von Emissionsanteilen eine Lösung bieten würde, um sich wieder im zulässigen Rahmen zu bewegen. Umgekehrt stellt sich im Fall der "Übererfuellung" der Vorgaben einer Umweltvereinbarung die Frage, ob die überzähligen Emissionsreduktionen nicht auf dem Markt verkauft werden könnten. Darüber hinaus wären innovative Lösungen denkbar, dank derer einzelne Unternehmen eines Bereichs den gegenseitigen Handel mit Emissionen im Hinblick darauf nutzen, die Einhaltung einer Umweltvereinbarung durch den Bereich insgesamt zu sichern. In diesem Kontext müssen zwei wichtige Elemente angesprochen werden: die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für den Bereich, der die Vereinbarung getroffen hat, und die Art des Umweltziels. Verantwortung auf Bereichs- bzw. Unternehmensebene Ein entscheidendes Element jeglicher Regelung zur Erfuellung der Verpflichtungen ist unabhängig davon, ob sie auf Vereinbarungen oder Handel beruht, die eindeutige und transparente Zuweisung der jeweiligen Verantwortung an die verschiedenen Akteure. Für eine Kombination von Emissionshandel und Umweltvereinbarungen scheint es zwei Möglichkeiten zu geben. Entweder wird in der Umweltvereinbarung für den Bereich die exakte Verpflichtung jedes einzelnen Unternehmens festgeschrieben, so daß jedem Unternehmen die Basis, auf der es in den Handelsmarkt eintreten kann, genau bekannt ist, oder das den Bereich insgesamt repräsentierende Gremium erhält einen Rechtsstatus und kann stellvertretend für den Bereich am Handel teilnehmen. Ein damit verbundenes entscheidendes Kriterium für die Schaffung brauchbarer Brücken zwischen beiden Instrumenten betrifft die Frage der unabhängigen Kontrolle und Überwachung. Während eine solide und glaubwürdige Umweltvereinbarung einer solchen unabhängigen Prüfung auf Bereichsebene bedarf, wird jede den Handel zulassende Umweltvereinbarung solcherart unabhängige Prüfungen auch auf Unternehmensebene erfordern, und es müssen die Emissionen aus einzelnen Quellen überprüft werden. Vorgaben im Zusammenhang mit Energieeffizienz bzw. Kohlenstoffemissionen Die Mehrzahl der bis dato geschlossenen Umweltvereinbarungen richtet sich nach Effizienzvorgaben, die auf der Umweltwirksamkeit je Produktionseinheit basieren. Derartige Vereinbarungen garantieren die Erfuellung eines festgelegten Umweltziels nur solange, wie die Produktionsziffern nicht stärker als vorhergesehen steigen. Der Handel mit Emissionen erfordert für jeden Akteur die Festlegung eines Emissionsanteils in Form einer "Kohlenstoffvorgabe", der ähnlich wie die Zielvorgaben für die Vertragsparteien des Protokolls von Kyoto in Tonnen Kohlendioxidäquivalent ausgedrückt wird. Umweltvereinbarungen dieser Art könnten ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Beteiligung an einer Emissionshandelsregelung sein. Die mit einem Bereich ausgehandelte "Kohlenstoffvorgabe" könnte in der Tat als nützliches Kriterium in der nach Abschnitt 7.2 geführten Debatte um die Erstzuteilung angesehen werden. Einige Mitgliedstaaten untersuchen indes Möglichkeiten der Kombination von auf Energieeffizienzvorgaben basierenden Umweltvereinbarungen und dem Emissions handel. Da die Effizienzvorgaben nicht in Tonnen Kohlendioxidäquivalent ausgedrückt werden, läßt sich nur schwer erkennen, auf welcher Grundlage sich ein einbezogener Bereich bzw. ein einbezogenes Unternehmen an einer Markttransaktion beteiligen könnte. Dieses Frage bedarf der weitergehenden Untersuchung und Klärung. Allerdings dürfte sich der Emissionshandel durch eine derartige Kombination komplexer gestalten, und erfordert deshalb weitere Studien. 8.3. Der Bezug zur Energiebesteuerung Bei der Energiebesteuerung waren in den vergangenen Jahren auf Gemeinschafts ebene kaum Fortschritte zu verzeichnen. Dennoch haben immer mehr Mitgliedstaaten den Geltungsbereich der Energiesteuern auf nationaler Ebene vom Mineralöl auf konkurrierende Energieträger wie z.B. die Elektrizität ausgedehnt und haben die Mindeststeuersätze für Mineralöl angehoben. Die Energiebesteuerung und der Emissionshandel sollten so gestaltet werden, daß sie als einander ergänzende Instrumente die Gesamtheit der Emissionen abdecken. Zusätzliche Energiesteuern [36] könnten gezielt kleinere oder diffuse Quellen erfassen, deren Emissionen nur schwierig oder mit hohen Kosten zu überwachen sind. Ebenso könnten Energiesteuern auf Emissionen im Zusammenhang mit prozeßunabhängig entstehenden Kosten, wie beispielsweise für die Heizung von Industrie- und Geschäftsgebäuden, konzentriert werden, da diese nicht dem gleichen internationalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. [36] Im Gemeinschaftsrahmen "zusätzlich" zu den bestehenden Vorschriften der Gemeinschaft zur Mineralölbesteuerung, wie im Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen, KOM(97)30 endg. vom 12. März 1997, vorgesehen. Der Emissionshandel wiederum ließe sich stärker auf aus der Produktion von Waren herrührenden Emissionen in Bereichen (verarbeitende Industrie) anwenden, die einem scharfen internationalen Wettbewerb unterliegen. In diesem Zusammenhang sei besonders vermerkt, daß sich der Handel mit Treibhausgasemissionen dadurch von der Besteuerung unterscheidet, daß das Verhalten der privaten Unternehmen in allen Teilen der industrialisierten Welt mehr oder weniger gleich wäre, was eventuelle negative Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit stark einschränkt. Die Kombinierbarkeit dieser beiden Instrumente sollte weiter untersucht werden. Die Betrachtungen sollten auch auf die Methode der Zuweisung von Emissionsanteilen an Unternehmen und hier insbesondere auf die Versteigerung, wie in Abschnitt 0 erörtert, ausgedehnt werden. 8.4. Die Sicherung von Ausgewogenheit zwischen dem Emissionshandel und sonstigen Politiken und Maßnahmen Die Industrieunternehmen müssen darauf vertrauen können, ihren Mitbewerbern gegenüber gleich behandelt zu werden, und zwar insbesondere bei einem koordinierten Gemeinschaftssystem des Emissionshandels. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, das Beobachtungssystem [37] entsprechend auszudehnen, um die Kostenbewertung von Politiken und Maßnahmen einzubeziehen, so daß Preisentwicklungen auf den Märkten des Emissionshandels sinnvoller verglichen werden können. Die Ergebnisse der in Abschnitt 0 angesprochenen empirischen Arbeiten werden dazu beitragen, eine solche Ausgewogenheit zu sichern. [37] Entscheidung 93/389/EWG des Rates vom 24. Juni 1993 über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft, geändert durch die Entscheidung 1999/296/EG des Rates vom 26.04.1999. 8.5. Fragen Frage 7: Kann vorausgesetzt werden, daß zwischen den Maßnahmen, die für die in den Emissionshandel in der Gemeinschaft einbezogenen Bereichen festgelegt werden, und den nicht auf den Handel gerichteten Politiken und Maßnahmen für die übrigen Bereiche Ausgewogenheit gewährleistet sein muß- Frage 8: Wie lassen sich Umweltwirksamkeit (im Hinblick auf die Erfuellung der Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls) und Transparenz bei einer Kombination von Emissionshandel, Energiebesteuerung und Umweltvereinbarungen gewährleisten, wenn die Ziele auf Energieeffizienz pro Produktionseinheit basieren- 9. Politikoptionen für Einhaltung und Durchsetzung 9.1. Die Bedeutung strenger Vorschriften für Einhaltung und Durchsetzung Die Stärke und Umweltwirksamkeit eines Systems für den Emissionshandel wird weitestgehend von den Durchführungsbestimmungen und einer konsequenten Durchsetzung abhängen. Die strenge Einhaltung und Durchsetzung der Vorgaben verfolgt den Zweck, das Vertrauen in das Handelssystem zu stärken, sein effizientes Funktionieren im Einklang mit den Regeln des Binnenmarkts zu sichern und gleichzeitig die Chancen für ein Erreichen der gewünschten Umweltergebnisse zu erhöhen. Eine geeignete Beobachtung, Verfolgung und Berichterstattung sind Voraus setzungen dafür, daß ein gemeinschaftliches System für den Emissionshandel ordnungsgemäß funktionieren kann. Die Prüfung und Kontrolle der gelieferten Daten sollte alle Fälle von Nichteinhaltung aufdecken, woraufhin dann Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Zusätzlich zu dieser Ex-post-Prüfung und -Durchsetzung würde die Einführung harter Strafen eine abschreckende Wirkung zeitigen, die den Unternehmen Anreiz sein sollte, Verstöße zu vermeiden. Derartige Strafen sollten voraussehbar sein und die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften beträchtlich übersteigen. Des weiteren könnte der Handel mit Emissionen noch raschere Maßnahmen und Ad-hoc-Reaktionen bei Verletzungen der Vorschriften erfordern, die der Funktionsgeschwindigkeit eines Marktmechanismus besser entsprechen. Als besondere Strafe könnte auch der Ausschluß aus dem Handelssystem vorgesehen sein, beispielsweise bei wiederholter Nichteinhaltung. Der Erfolg bei der Einhaltung der Vorgaben des US-amerikanischen Handelsprogramms für Schwefel ist zum großen Teil auf das strenge Durchsetzungs system zurückzuführen, das bei Nichteinhaltung drastische Strafen vorsieht. 9.2. Einhaltung und Durchsetzung gegenüber den Unternehmen In der Europäischen Union erfolgen Kontrolle und Durchsetzung der Einhaltung der gemeinschaftlichen Umweltgesetzgebung durch Unternehmen im allgemeinen durch die Mitgliedstaaten. Auch im Falle des Emissionshandels sollten in erster Instanz die Mitgliedstaaten für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch die Unternehmen in ihren Ländern verantwortlich sein. Die Unternehmen müßten die tatsächlichen Emissionen beobachten, diese den zuständigen nationalen Behörden melden und die gehandelten Emissionsanteile genau erfassen. Die Gesamtergebnisse sollten dann der Kommission mitgeteilt werden. Zur Lösung dieser Aufgaben und zur Optimierung der Ergebnisse können verschiedene Wege gegangen werden. Um den Verwaltungsaufwand für das System des Emissionshandels zu reduzieren, könnten in den Mitgliedstaaten Betriebsprüfer aus der Privatwirtschaft in den Prüfungsprozeß einbezogen werden. Möglich wäre hier zum Beispiel die Übernahme eines Systems von Umweltprüfern, wie sie von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der gemeinsamen Kriterien nach dem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) [38] zugelassen wurden. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit des Systems wäre eine zusätzliche, auf Gemeinschaftsebene vorgenommene Prüfung der Emissionen der in den einzelnen Mitgliedstaaten am Handel beteiligten Bereiche. [38] Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. Eine dringende Voraussetzung für das Funktionieren eines Systems für den Emissionshandel ist die geeignete Durchsetzung der Vorschriften gegenüber den beteiligten Unternehmen. Eindeutig befinden sich hier die Mitgliedstaaten in der besten Position, um Durchsetzungsmaßnahmen gegenüber den Unternehmen, die am Handel teilnehmen, zu ergreifen. Ein Gemeinschaftssystem für den Emissionshandel sollte Mindeststrafen vorsehen, die Mitgliedstaaten gegen nicht regelkonform handelnde Unternehmen verhängen müssen. Von Bedeutung wäre es hier, "Schiebereien" zu verhindern, damit ein Unternehmen, daß in mehreren Mitgliedstaaten tätig ist, seine Emissionsanteile nicht zwischen Quellen in verschiedenen Mitgliedstaaten übertragen kann, um die Einhaltung in einem Mitgliedstaat mit schärferen Strafen auf Kosten der Einhaltung in einem anderen Mitgliedstaat mit einem weniger strengen Durchsetzungssystem zu gewährleisten. Derartige Übertragungen könnten die Aussichten eines Mitgliedstaats, seine Gesamtemissionsmengen im Rahmen des Handelssystems einzuhalten, gefährden. Letztendlich könnten sie selbst die Gesamteinhaltung der internationalen Verpflichtungen einer Vertragspartei nach dem Protokoll von Kyoto in Frage stellen. 9.3. Einhaltung und Durchsetzung gegenüber den Mitgliedstaaten Gegenwärtig gründet sich die Rolle der Gemeinschaft bei der Einschätzung, inwieweit die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nach dem Rahmenüber einkommen über Klimaänderungen und dem Protokoll von Kyoto nachkommen, auf die Entscheidung über ein Beobachtungssystem [39], die eine Beobachtung der Treib hausgasemissionen der Mitgliedstaaten auf Gemeinschaftsebene vorsieht, basierend auf den aggregierten Daten je Mitgliedstaat. Bei einem gemeinschaftsweiten System des Emissionshandels würde die Möglichkeit, gegen Mitgliedstaaten Durch setzungsmaßnahmen zu ergreifen, zusätzliche Garantien bieten. [39] Entscheidung 93/389/EWG des Rates vom 24.06.1993 über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft, geändert durch die Entscheidung 1999/296/EG des Rates vom 26.04.1999. Der EG-Vertrag [40] gibt der Gemeinschaft das Recht bzw. verpflichtet sie sogar, gegen einen Mitgliedstaat bei erwiesener Nichteinhaltung Maßnahmen zu ergreifen, sofern dafür eine entsprechende Rechtsgrundlage besteht (z. B. eine EG-Verordnung, Richtlinie oder Entscheidung). In einem solchen Fall kann die Kommission auf eigene Initiative oder auf Grundlage der Beschwerde einer Person oder eines Rechtsträgers ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat einleiten. Ebenso kann ein Mitgliedstaat gegen einen anderen Mitgliedstaat Klage einreichen. Kann im Laufe des Verfahrens keine befriedigende Lösung erzielt werden, wird der Fall zur Entscheidung an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. [40] Artikel 226 und 227 EG-Vertrag (ex-Artikel 169 und 170). Seit 1993 hat der Europäische Gerichtshof die zusätzliche Möglichkeit, Mitgliedstaaten, die einer Entscheidung des Gerichtshofs zuwiderhandelten, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen [41]. Dies ist mit weiteren Verfahren verbunden, die zeitaufwendig sind. Die Existenz solcher Geldstrafen hat jedoch einen wirksamen Abschreckungseffekt und hat sich in der Praxis als Anreiz zur Erfuellung von Umweltauflagen ausgesprochen gut bewährt. [41] Artikel 228 EG-Vertrag, geändert durch den Vertrag von Maastricht (ex-Artikel 171). 9.4. Fragen: Frage 9: Sind die zur Zeit verfügbaren Instrumente (Beobachtungssystem, Vertragsverletzungsverfahren) ausreichend oder sollten zusätzliche Instrumente entwickelt werden, mit deren Hilfe die Gemeinschaft die Einhaltung von Vorschriften im Zusammenhang mit dem Emissionshandel in der Gemeinschaft angemessen beurteilen kann- Frage 10: Gewährleisten die oben genannten Elemente der Einhaltung und Durchsetzung eine Koordination und Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene, und welche sollten eher durch die Mitgliedstaaten Anwendung finden- Anlage 3: Wirtschaftlichkeitsanalyse Empirische Schätzungen der Kosteneinsparungen bei der Einhaltung des Kyoto-Protokolls Die Dienststellen der Kommission haben analysiert [42], welchen wirtschaftlichen Umfang ein EU-weiter Emissionshandel hätte, wenn er zusätzlich zu dem Emissionshandel auf Ebene der Mitgliedstaaten stattfände [43]. Wenn jeder Mitgliedstaat sein spezifisches Ziel im Rahmen der "Lastenteilungsvereinbarung" individuell erfuellen würde, könnten die jährlichen Gesamtkosten für die EU bei der Erfuellung des Kyoto-Ziels etwa 9,0 Mrd. EUR erreichen [44] (Graph: siehe linke Spalte). [42] Die Analyse erfolgte anhand eines EU-weiten Modells für Energiesysteme, dem sog. Primes-Modell. Quelle: E3M Lab, National Technical University of Athens (erscheint demnächst): "The Economic Effect of EU-wide Industry-Level Emission Trading to Reduce Greenhouse Gases" [43] Die Grundlinie entspricht dem Shared-Analysis-Projekt der GD Energie (Einzelheiten siehe: http://www.shared-analysis.fhg.de/). Bei dieser Analyse werden die Vereinbarungen mit den europäischen, japanischen und koreanischen Automobilherstellern voll einbezogen. Von diesen Vereinbarungen werden Minderungen der CO2-Emissionen um 80 Mio. t CO2 erwartet. Das entspricht 2,6% der EU-Emissionen im Jahre 1990. [44] Alle Preise in diesem Anhang entsprechen dem Stand von 1999. 1. Senkung der Einhaltungskosten durch Emissionshandel zwischen energieintensiven Bereichen in der EU TGRAPH Bei Beteiligung der Energieversorger und der energieintensiven Industrien [45] an einem EU-weiten System (Graph: siehe 3. Spalte von links) würden sich die jährlichen Kosten für die Umsetzung des Kyoto-Protokolls im Jahre 2010 auf 6,9 Mrd. EUR belaufen. Würden sich nur die Energieversorger am Emissionshandel beteiligen (Graph: siehe 2. Spalte von links), würden die jährlichen Kosten für die Erfuellung etwas höher liegen, d.h. bei 7,2 Mrd. EUR. [45] Die Energieversorgung umfaßt Elektrizitätserzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung, Raffinerien und Großfeue rungsanlagen in der Industrie. Zu den energieintensiven Bereichen gehören Eisen und Stahl, NE-Metalle, Baumaterialien, Chemikalien sowie Papier und Zellstoffe. Der Preis der Emissionsanteile würde in beiden Fällen bei ca. 33 EUR pro Tonne Kohlendioxid liegen [46] und damit voll in die Spanne von 5 - 58 EUR fallen, die nach anderen Modellen für den Emissionshandel geschätzt wurde [47]. [46] In den übrigen Bereichen (Landwirtschaft, Verkehr, Haushalte, Dienstleistungen usw.) wären die Kosten für die Reduzierung von Kohlendioxid höher. [47] Der Preis der Emissionsanteile in Anlage B-Ländern wurde auf 5-58 EUR pro Tonne CO2 geschätzt, wobei folgende Modelle zugrunde lagen: 1) AIM, EPPA, G-Cubed, GTEM, MS-MRT, Oxford und SGM: Energy Journal (1999). The costs of the Kyoto Protocol: A Multi-Model Evaluation. Sonderausgabe. 2) Green and WorldScan: OECD (1998) Economic Modelling of Climate Change. Bericht eines OECD-Workshops. OECD Hauptsitz, 17.-18. September, 1998 (http://www.oecd.org/dev/news/environment/modelling.htm). 3) Poles: Coherence (1999) "Kyoto protocol and emissions trading: potential cost savings and emission reductions" in Economic Evaluation of Quantitative Objectives for Climate Change Allerdings wird bei der Analyse vorausgesetzt, daß Energieversorger und energieintensive Bereiche sich bereits an nationalen Systemen des Emissionshandels beteiligen, die alle Bereiche einbeziehen. Daher wären die meisten Vorteile des Emissionshandels für die Industrie bereits schon auf Ebene des Mitgliedstaates ausgeschöpft. Diese optimistische Annahme wird in Abschnitt 3 unten genauer untersucht. Insgesamt würde ein EU-weiter Emissionshandel mit CO2 zwischen Energieversorgern und energieintensiven Bereichen in der EU im Jahr 2010 zu Einsparungen von fast 2 Mrd. EUR jährlich führen. Diese Einsparungen entsprächen einer jährlichen Kostensenkung um ein Fünftel im Vergleich zum Verzicht auf einen Emissionshandel auf EU-Ebene. 2. Weitere Reduzierung der Einhaltungskosten durch Emissionshandel zwischen allen Bereichen in der EU Bei Beteiligung aller Bereiche (einschließlich Landwirtschaft, Verkehr, Haushalte, Dienstleistungen usw.) am Emissionshandel in der EU würden die jährlichen Einhaltungskosten im Jahr 2010 auf 6,0 Mrd. EUR sinken (Graph: siehe rechte Spalte). Wenn die Mitgliedstaaten Emissionen zwischen allen Bereichen handeln könnten, würden die jährlichen Einhaltungskosten um 3,0 Mrd. EUR sinken. Das entspricht 34% der Einhaltungskosten der EU. Der Preis der Emissionsanteile würde dann bei 32,5 EUR pro Tonne CO2 liegen. Diese Ergebnisse werden durch zusätzliche Analysen bestätigt, die für die Kommission durchgeführt wurden. [48] [48] Die Analysen wurden durchgeführt durch das Institute for Prospective Technological Studies (IPTS), wobei das Poles-Weltenergiemodell zugrunde gelegt wurde, und durch Oxford Economic Forecasting mit Hilfe eines makroökonomischen Modells. Nach dem Poles-Energiemodell würde ein Emissionshandel zwischen allen Bereichen in der EU die Einhaltungskosten im Vergleich zu einer Situation ohne Emissionshandel zwischen den Mitgliedstaaten um 25% senken. Der Preis der Emissionsanteile würde bei 49 EUR pro Tonne CO2 liegen. Diese Ergebnisse bestätigen die geschätzte Verringerung der Einhaltungskosten und die Emissionspreise angesichts der Unterschiede zwischen Poles- und Primes-Modell. Zum Beispiel bezieht das Poles-Modell nur vier Mitgliedstaaten ein (die übrigen werden in zwei Gruppen eingeteilt), ferner werden die einzelnen Bereiche nicht so detailliert aufgeschlüsselt wie im Primes-Modell. Quelle: IPTS, GD Gemeinsame Forschungsstelle, "Preliminary Analysis of the Implementation of an EU-Wide Permit System on CO2 Emissions Abatement Costs Results from Poles model" (erscheint demnächst). 3. Wahrscheinlichkeit noch größerer Vorteile eines EU-weiten Emissionshandels in der Praxis Die Zahlen in dieser Analyse lassen den Effekt eines EU-weiten Emissionshandels wahrscheinlich geringer erscheinen, als er in Wirklichkeit sein wird, da die Modelle davon ausgehen, daß die Mitgliedstaaten in ihren Bereichen eine Reduzierungsanstrengung zu geringstmöglichen Kosten der Zuteilung von Emissionsanteilen erzielen können, wenn sie einzeln handeln. Die Modelle gehen also davon aus, daß alle Mitgliedstaaten in der Lage sein werden, ihre Emissionen selbst auf dem kostenwirksamsten Weg zu verringern, z.B. durch optimale Kohlenstoffbesteuerung oder vollen Emissionshandel in ihrem Hoheitsgebiet. Derartige Annahmen werden in der Praxis wahrscheinlich nicht zutreffen. Die Dienststellen der Kommission haben untersucht, wie hoch die Einhaltungskosten zu veranschlagen wären, wenn die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Ziele nach der "Lastenteilungsvereinbarung" gleichmäßig auf alle Bereiche anwenden würden, jedoch ohne Emissionshandel zwischen den Bereichen [49]. Dabei ergibt sich, daß die jährlichen Einhaltungs kosten in den EU-Mitgliedstaaten bei 20 Mrd. EUR pro Jahr liegen würden. [49] In diesem Szenario wird das Ziel eines Mitgliedstaates gemäß der "Lastenteilung" auf alle Bereiche angewandt (wenn das Ziel z.B. -4% ist, würde dieser Wert für alle Bereiche gelten). Es handelt sich hier um eine Schätzung der Kostenobergrenze für Mitgliedstaaten ohne optimale Klimapolitik. Sie vermittelt eine Vorstellung von der Größenordnung der Kosten ungünstiger politischer Strategien