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Document 52000AC0807

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben»

    ABl. C 268 vom 19.9.2000, p. 42–47 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52000AC0807

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben»

    Amtsblatt Nr. C 268 vom 19/09/2000 S. 0042 - 0047


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben"

    (2000/C 268/11)

    Der Rat beschloss am 18. Februar 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 37 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Entwurf zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 21. Juni 2000 an. Berichterstatter war Herr Sabin.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 374. Plenartagung am 12. und 13. Juli 2000 (Sitzung vom 13. Juli) mit 65 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüsst den Änderungsentwurf vorbehaltlich folgender Bemerkungen. Er verfolgt die Entwicklung der Vorschriften für die Anwendungsmöglichkeiten der Biotechnologie, insbesondere im Weinbau, mit Interesse. Die Erzeugung von vegetativem Reben-Vermehrungsgut gehört zur ersten Stufe der Weinerzeugung. Der Ausschuss weist auf den hohen kulturellen Stellenwert des Weins in den Mitgliedstaaten hin. In diesem Zusammenhang möchte der Ausschuss ausdrücklich betonen, dass bei der Anwendung neuer Grundsätze der Politik der Lebensmittelsicherheit die Besonderheiten dieses Vermarktungssektors berücksichtigt werden müssen.

    2. Hintergrund und wichtigste Neuerungen des Vorschlags

    2.1. Die Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben ist seit 1968 Bestandteil des Gemeinschaftsrechts und wurde seitdem mehrfach geändert, insbesondere im Zuge des Beitritts neuer Mitgliedstaaten. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen nur den Wortlaut der Richtlinie, während die Anpassung der Anhänge dem Ständigen Ausschuss für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen übertragen wird.

    2.2. Gegenwärtig können die Mitgliedstaaten im Weinbau von einigen Bestimmungen für die Vermarktung von vegetativem Vermehrungsgut von Reben abweichen, was eine bessere Umsetzung der Politik zur Förderung der Rebqualität ermöglichen soll. Die zulässigen Abweichungen betreffen das Inverkehrbringen von

    - Ausgangsmaterial, das zur Erzeugung von Basisvermehrungsgut bestimmt ist;

    - Vermehrungsgut, das für Versuchszwecke und für Unterlagsreben bestimmt ist.

    2.2.1. Die Zulassung der Sorten und die Zertifizierung des Vermehrungsguts ist Sache der Mitgliedstaaten. Der Ständige Ausschuss für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen ist zuständig für:

    - die Festlegung der Mindestvoraussetzungen für die Zulassung von Sorten (Festlegung der Bewertungskriterien);

    - die Festlegung der Art und Weise der Kennzeichnung und Verschließung der Partien;

    - die Prüfung der Methoden zur Verbesserung der Zertifizierung von Vermehrungsgut.

    2.3. Die Europäische Kommission arbeitet seit mehreren Jahren an der Angleichung der verschiedenen Rechtsvorschriften, die das Inverkehrbringen von landwirtschaftlichem, gartenbaulichem und forstlichem Saat- und Pflanzgut regeln.

    2.4. Die Vorschläge der Kommission beziehen sich im wesentlichen auf die Einführung neuer Techniken der vegetativen Vermehrung (Mikrovermehrung, Verwendung grüner Triebe), die Streichung einzelstaatlicher Ausnahmeregelungen für das Inverkehrbringen von sog. Ursprungsvermehrungsgut sowie auf die Berücksichtigung der Richtlinie 90/220/EWG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt.

    2.5. In ihrem Vorschlag zur Änderung von Artikel 3 Ziffer 2 der Richtlinie 68/193/EWG lässt die Kommission Raum für Maßnahmen zur Erhaltung der genetischen Vielfalt. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüsst diesen Vorschlag, der zur Erhaltung der Artenvielfalt beiträgt. Er fordert die Kommission auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung geeigneter Vorschriften in diesem Bereich sicherzustellen.

    3. Allgemeine Bemerkungen

    3.1. Mit der Aktualisierung dieser Richtlinie werden zwei Ziele verfolgt: die weitergehende Anwendung der Binnenmarktregeln auf vegetatives Vermehrungsgut von Reben und die Berücksichtigung der Richtlinie über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen (GVO). Der Ausschuss stellt fest, dass es trotz mehrfacher Änderungen keine offizielle konsolidierte Fassung der Richtlinie 68/193/EWG gibt. Er ist der Auffassung, dass die Aktualisierung von Richtlinien auf der Grundlage konsolidierter Rechtsvorschriften erfolgen muss.

    Ein Wirtschaftssektor von beachtenswerter Bedeutung

    3.2. Zunächst begrüsst der Ausschuss diese für einen wichtigen Wirtschaftssektor notwendige Aktualisierung. 1998 erwirtschaftete der Weinbau 6,6 % des Gesamtproduktionswerts der gemeinschaftlichen Landwirtschaft(1). Außerdem weist der Weinbau eine bei weitem aktive Handelsbilanz auf. Knapp die Hälfte des Aktivsaldos der Handelsbilanz von Agrarerzeugnissen der Europäischen Union war 1998 auf den Weinbau zurückzuführen.

    3.2.1. Die hier vorgelegten Vorschläge für das Inverkehrbringen von vegetativem Vermehrungsgut von Reben können bedeutsame wirtschaftliche Auswirkungen auf den gesamten Weinbausektor haben.

    3.2.2. In Europa betrug 1999 die geschätzte Anbaufläche von Mutterreben für Unterlagsreben 5700 ha und von Mutterreben für Pfropfreben 4200 ha(2). Die jährliche Erzeugung von Veredelungreisern beträgt über 400 Mio. Pflanzen. Zum Umsatz dieses Sektors und dem Anteil der Ausfuhren in Drittländer liegen keine Angaben vor. Der Umsatz des Rebpflanzgutsektors kann jedoch (bei einem durchschnittlichen Preis von 1,21 Euro pro Pflanze) auf rund 500 Mio. Euro schätzt werden.

    3.2.3. Ausgehend von dieser ersten Bilanz und auch wenn der Entwurf keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt hat, regt der Ausschuss die Erstellung eines Berichts über die Lage auf dem Gemeinschaftsmarkt für vegetatives Reben-Vermehrungsgut an. Dieser Bericht würde einer klareren Erfassung des angestrebten Zieles dienen und deutlich machen, welche Phasen der Vermarktung von Rebenvermehrungsgut besonders sensibel sind.

    3.2.4. Der Ausschuss weist darauf hin, dass Artikel 2 der Verordnung Nr. 357/79 über statistische Erhebungen der Rebflächen(3) in der konsolidierten Fassung festlegt, dass jeder Mitgliedstaat der Kommission alle zehn Jahre Grunderhebungen sowie jährliche Zwischenerhebungen übermitteln muss. Angesichts der Verzögerungen bei der Übermittlung dieser Daten durch die Mitgliedstaaten empfiehlt der Ausschuss der Kommission, sorgfältig über die vollständige Anwendung dieser Verordnung zu wachen, um die Informationen von den Mitgliedstaaten zu erhalten und ggf. die zu diesem Zweck notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

    Verwendung genetisch veränderter Organismen im Weinbau

    3.3. Die Kommission schlägt vor, die Bestimmungen der Richtlinie 90/220/EWG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt in die Richtlinie 68/193/EWG über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben einzubeziehen. Die Initiative der Kommission ist in diesem Bereich zu unterstützen. Allerdings weist der Ausschuss darauf hin, dass die Richtlinie 90/220/EWG gegenwärtig Gegenstand von Änderungen ist, durch die den mit der Verwendung von GVO verbundenen Gefahren besser Rechnung getragen werden soll. Darüber hinaus hat der Ausschuss bereits in seiner Stellungnahme 1117/98 vom 10. September 1998 seine Bedenken hinsichtlich der Bedingungen für die vertikale Integration der Richtlinie 90/220/EWG zum Ausdruck gebracht.

    3.3.1. Daher ist der Ausschuss der Auffassung, dass sich der Änderungsentwurf nicht nur auf den Wortlaut der Richtlinie 68/193/EWG beziehen darf. Die Kommission sollte auch für GVO fachliche Leitlinien vorlegen. Zu diesem Zweck sollten die verschiedenen Dienststellen der Kommission weitreichendere Konsultationen durchführen müssen, um allen Aspekten dieser Thematik Rechnung tragen zu können.

    3.3.2. Der Ausschuss stellt fest, dass kein Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses über die Erforschung von GVO im Weinbau vorliegt, obwohl diese Forschung voranschreitet, was auch bedeutet, dass solche Arten von Vermehrungsgut innerhalb der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden können. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, baldmöglichst eine diesbezügliche Untersuchung in den Mitgliedstaaten durchzuführen und auch zu ermitteln, wo die Forschungsschwerpunkte in den Drittländern liegen.

    3.3.3. Eine (keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebende) Beschreibung(4) des Stands der wissenschaftlichen Forschung im Bereich der GVO für den Weinbau in Europa und weltweit zeigt, dass sich die Entwicklung gegenwärtig auf die Resistenz gegen Virus- und Pilzkrankheiten, kryptogamische Parasiten, Bakterien und Phytoplasmen konzentriert. Zwischen 1986 und 1997 wurden weltweit offenbar weniger als 25 Versuche(5) zu Reben durchgeführt.

    3.3.3.1. Diese Forschungsschwerpunkte richten sich auf die Bekämpfung bestimmter Krankheiten, die sich auf den Ertrag der Anbaufläche bzw. die Qualität der erzeugten Trauben auswirken. Gegenwärtig erfolgt die Bekämpfung dieser Krankheiten mit chemischen Behandlungsmethoden (Pilze, Kryptogame und Schädlinge) oder durch Rebstockrodung.

    3.3.3.2. Bei dieser Art von Forschung stellt sich die Frage, welche Vorteile GVO in bezug auf die Kosten/Nutzen-Relation für die Umwelt (Erhaltung der Artenvielfalt) und die Verbrauchersicherheit (Verbleib von Rückständen) bringen, wobei unterstellt wird, dass sie schon durch den geringeren Behandlungsaufwand für die Erzeuger wirtschaftlich interessant sind.

    3.3.3.3. Allerdings entstehen neue Forschungsschwerpunkte, die auf physiologische Veränderungen abzielen, um z. B. die Mostoxidation zu begrenzen oder einen höheren Ertrag der Zuckerproduktion zu erzielen. Dadurch sind Weine ganz anderen Charakters oder aus anderen Anbaulagen denkbar. So wird z. B. in Australien(6) mit dem Inverkehrbringen genetisch veränderter Reben in sieben bis fünfzehn Jahren gerechnet. Dies zeigt, dass die Frage der GVO im Weinbau nicht nur im europäischen Kontext gesehen werden kann.

    3.3.3.4. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass sich die Frage der Anwendung von GVO im Weinbau mittelfristig sowohl in der Europäischen Union als auch in ihren Handelsbeziehungen zu Drittländern konkret stellen wird. Die vertikale Integration der Richtlinie 90/220/EWG muss daher folgende Aspekte umfassen:

    - Klarstellung der Vereinbarkeit des Einsatzes von GVO mit der Politik zur Förderung der Weinqualität sowie mit der Gemeinsamen Marktorganisation für Wein;

    - Abwägung der Vor- und Nachteile der durch Genübertragung ausgelösten Veränderungen;

    - Festlegung des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen genetisch veränderter Rebsorten;

    - Ausarbeitung von Konzepten für die Rückverfolgbarkeit solcher Sorten.

    Genetisch veränderte Rebsorten und Bewertung

    3.4. Angesichts der vielfältigen Entwicklung im Bereich der Biotechnologien begrüsst der Ausschuss die Initiative der Kommission, erste Schritte für die Regelung der kommerziellen Nutzung der Gentechnik im Weinbau zu unternehmen. Der Ausschuss fordert die Kommission allerdings nachdrücklich auf, die Lehren aus der Behandlung der ersten gentechnischen Entwicklungen betreffend Mais zu ziehen und der Sensibilität der Verbraucher und Bürger für dieses Thema Rechnung zu tragen.

    3.4.1. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Verwendung genetisch veränderter Organismen in der Landwirtschaft dem Vorsorgeprinzip unterworfen sein muss. In die Bewertung müssen die Vorteile und Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher sowie die Umwelt ebenso einfließen wie technische Aspekte. Der Ausschuss stellt fest, dass es nach wie vor kein Protokoll für den Vergleich genetisch veränderter Rebsorten mit den ursprünglichen Sorten gibt. Dieses Protokoll muss die Aspekte Verbraucherschutz, Umwelt, Agronomie und Weinbautechniken umfassen.

    3.4.2. Der Ausschuss hebt die besondere Bedeutung des Vorsorgeprinzips hervor, das verstärkte Bemühungen zur Vergrößerung der Wissensbasis voraussetzt. Die Entwicklung einer wissenschaftlichen Überwachung wird die Erarbeitung neuer Erkenntnisse erleichtern und das Verständnis für die Wirkung neuer Biotechnologien auf die Umwelt und die Lebensmittelsicherheit verbessern.

    3.4.3. Der Ständige Ausschuss für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen sollte die Mindestvoraussetzungen für die Rebsortenklassifizierung festlegen. Dieser Ausschuss untersteht der Generaldirektion "Gesundheit und Verbraucherschutz". Der Wissenschaftliche Ausschuss soll für die Genehmigung des Inverkehrbringens von GVO zuständig sein. Der WSA hält es für angebracht, die Arbeitsbereiche, die Beteiligung, die Transparenz und das Zusammenwirken zwischen dem Ausschuss der Vertreter der Mitgliedstaaten und dem Wissenschaftlichen Ausschuss klarzustellen.

    Genetisch veränderte Rebsorten und Qualität der Weinbauerzeugnisse

    3.5. Der Ausschuss hebt die kulturelle Bedeutung des Weinbaus hervor. Die Politik zur Qualitätsförderung und Aufwertung der Weinbauregionen, die seit der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation für Wein auf Gemeinschaftsebene betrieben wird, muss vorrangig bleiben. Die Möglichkeit der Verwendung genetisch veränderter Rebsorten darf nicht den ureigenen Wert des Weins in Frage stellen. Die Regeln für die Aufnahme in den Rebsortenkatalog sind erneut zu prüfen.

    3.5.1. Der Ausschuss schlägt vor, in den siebten Erwägungsgrund eine ausdrückliche Erwähnung des weinbaulichen Werts der Erzeugnisse in dem Sinne einzufügen, dass das Genehmigungsprotokoll für das Inverkehrbringen von GVO im Weinbausektor der von der Gemeinschaft in der GMO Wein verfolgten Qualitätsförderungspolitik Rechnung trägt:

    "(7) Angesichts des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts ist es heute möglich, Rebsorten genetisch zu verändern. Die Mitgliedstaaten müssen daher bei der Entscheidung über eine möglichen Zulassung oder Nichtzulassung genetisch veränderter Sorten nicht nur sicherstellen, dass deren absichtliche Freisetzung in die Umwelt keine Gefahr für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt darstellt, sondern auch in einer Begründung darlegen, daß das Enderzeugnis nicht in seinem weinbaulichen Wert beeinträchtigt wird oder den Verbraucher irreführt. Darüber hinaus ist es angezeigt, die Bedingungen festzulegen, unter denen das Vermehrungsgut solcher Sorten vermarktet werden darf."

    Genetisch veränderte Rebsorten und Rückverfolgbarkeit

    3.6. Die Erzeugung von Rebpflanzgut ist untrennbar mit der Weinerzeugung verbunden. Es muss daher ein System aufgebaut werden, das die Rückverfolgbarkeit genetisch veränderten Rebpflanzgutes und der Enderzeugnisse gewährleistet.

    3.6.1. Die von der Kommission vorgeschlagene Etikettierung von Vermehrungsgutpartien kann die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit nicht erfuellen. Nach Auffassung des Ausschusses muss das Begleitdokument das wesentliche Element für die Umsetzung der Rückverfolgbarkeit sein.

    Rebsortenzertifizierung und -kontrolle

    3.7. "Europhyt" ist das Schnellwarnsystem der Gemeinschaft für Probleme des Schädlings-, Pilz- und Virenbefalls im landwirtschaftlichen, forstlichen und gartenbaulichen Bereich. Dieses System wird von den Mitgliedstaaten unterhalten. Der Ausschuss ist jedoch erstaunt über die geringe Anzahl gemeldeter Fälle. Er empfiehlt der Kommission, die ausschließliche Verantwortung für die Verwaltung dieses Systems zu übernehmen und dessen effizientes Funktionieren sicherzustellen.

    3.8. Der Ausschuss kann den Vorschlag, einzelstaatliche Beschränkungen für das Inverkehrbringen von vegetativem Ursprungsvermehrungsgut aufzuheben, nur unterstützen. Er ist der Auffassung, dass die volle Verwirklichung des Binnenmarkts für diesen Sektor durch den Gleichlauf der Zertifizierungspraktiken und der Kontrolle des Vermehrungsguts erreicht werden wird. Der Ausschuss schlägt der Kommission vor, in drei Richtungen tätig zu werden:

    3.8.1. Der Ausschuss macht darauf aufmerksam, dass die Kommission keinen Bewertungsbericht über die Anwendung der derzeit geltenden Richtlinie über Zertifizierungen und Kontrollen durch die Mitgliedstaaten erstellt hat. Da die hierfür vorgesehenen Verfahren im Anhang der Richtlinie festgelegt waren, schlägt der Ausschuss vor, die Arbeitsbereiche und Kompetenzen der für die Zertifizierung zuständigen einzelstaatlichen Stellen in einer Bestandsaufnahme zusammenzustellen.

    3.8.2. Der Ausschuss stellt fest, dass das Lebensmittel- und Veterinäramt kaum Untersuchungen im Rahmen der Gemeinschaftsregelung über die Kontrolle von Krankheiten bei zertifiziertem Rebenmaterial vorgenommen hat. Es wurden lediglich vergleichende Versuche durchgeführt, um die Sorten-Zertifizierungsmethoden bei den einzelnen Zertifizierungsstellen der Mitgliedstaaten zu verbessern. Angesichts der geringen Wirkung der von diesem Amt wahrgenommenen Aufgaben schlägt der Ausschuss vor, dass die Kommission angemessene personelle und finanzielle Ressourcen zur Wiederherstellung einer normalen Situation vorsieht.

    3.8.3. Der Ausschuss empfiehlt, erste Schritte zur Harmonisierung der Kriterien für Zertifizierung und Kontrolle auf Gemeinschaftsebene zu unternehmen. Zu diesem Zwecke könnte zunächst ein Bericht über die Anwendung der Richtlinie betreffend die Vermarktung von Rebgut in den Mitgliedstaaten erstellt werden.

    3.9. Um eine optimale Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, empfiehlt der Ausschuss der Kommission, ein regelmäßiges Verfahren zur Evaluierung der Zertifizierungs- und Kontrollpraktiken vorzusehen. Er schlägt dazu folgende Ergänzung des Wortlauts von Artikel 17 vor:

    "1. Die Kommission wird durch ...

    3. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

    4. Der Ausschuss erstellt für die Kommission alle fünf Jahre einen Bewertungsbericht über die Umsetzung der vorliegenden Richtlinie."

    Inverkehrbringen von Standardvermehrungsgut

    3.10. Die Kommission schlägt in Artikel 2 der Geschäftsordnung des Ständigen Ausschusses vor, das Inverkehrbringen von vegetativem Vermehrungsgut der Kategorie "Standard" für einen begrenzten Zeitraum zu genehmigen. Der Ausschuss begrüsst diesen Schritt, durch den die innergemeinschaftliche Vermarktung zertifizierten vegetativen Vermehrungsgutes gefördert wird. Nach Ansicht des Ausschusses passt dieser Schritt im übrigen zu der Qualitätsförderungspolitik im Rahmen der GMO Wein.

    3.10.1. Der Ausschuss hält die im Ermessen der Mitgliedstaaten liegende Freistellung (bis zum 1. Januar 2009) angesichts der Zeit, die notwendig ist, bis eine Rebanbaufläche produktionsreif ist (im Schnitt drei Jahre), für nicht gerechtfertigt. Er schlägt daher eine Verkürzung dieser Frist vor, die diesem Kriterium gerecht wird, d. h. der Stichtag für die Genehmigung des Inverkehrbringens von vegetativem Standardvermehrungsgut sollte auf den 1. Januar 2005 festgelegt werden.

    3.10.2. Einige EU-Mitgliedstaaten haben erst spät mit Züchtungsarbeiten begonnen. Daher wird vorgeschlagen, bei dieser Rechtsaktänderung eine Ausnahme innerhalb akzeptabler Fristen nach den Komitologieverfahren gemäß der Richtlinie 68/193/EWG vorzusehen. Während des Freistellungszeitraums muss die Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher Bestimmungen von den zuständigen Dienststellen der Kommission überwacht werden.

    4. Besondere Bemerkungen

    4.1. Die Kommission schlägt vor, das Verfahren der Mikrovermehrung in diese Richtlinie aufzunehmen. Gemäß Artikel 3 Ziffer 3 soll der Ständige Ausschuss für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen über Abweichungen für Vermehrungsgut, das durch Mikrovermehrung erzeugt worden ist, entscheiden. Der Ausschuss macht die Kommission auf die mehrfach aufgetretenen morphogenetischen Veränderungen bei In-vitro-Rebkulturen aufmerksam. Die In-vitro-Mikrovermehrung führt tatsächlich oft zu einer Juvenilisierung der Vitrokulturen, und gewisse Spuren davon bleiben mehr oder weniger stark ausgeprägt auch auf Ebene der Rebe bestehen(7).

    4.1.1. Der Ausschuss hat Bedenken hinsichtlich der Anwendung der Technik der In-vitro-Mikrovermehrung, die auf einer Apex- oder Meristemkultur basiert, der zur Optimierung der Produktion Hormone beigegeben werden. Zudem sind Aspekte der Lebensmittelsicherheit nicht gewährleistet. Gegen die Technik der Vermehrung mit Trieben unter Glas bestehen dagegen aus technischer Sicht keine Vorbehalte.

    4.2. Neben der Möglichkeit, die Mikrovermehrung anzuwenden, schlägt die Kommission darüber hinaus vor, in Artikel 2 Absatz 1 den Begriff des "Klons" aufzunehmen. Der Ausschuss hält diesen Begriff in diesem Zusammenhang für unpassend. Bei dieser Technik wird meistens von der Methode der Klonselektion Gebrauch gemacht. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, einen anderen Ausdruck zu verwenden, um Verwechslungen mit den bei Tieren getesteten Klonierungsmethoden zu vermeiden.

    4.3. Die Kommission schlägt für die Artikel 9, 10 und 10a vor, die Kennzeichnung und die Verpackung zertifizierten Rebpflanzgutes zu vereinheitlichen. Außerdem macht sie den Vorschlag, dass der Pflanzenpass die Stelle des amtlichen Etiketts einnehmen darf.

    4.3.1. Der Ausschuss weist darauf hin, dass es keine Auswertung über die praktische Anwendung des Pflanzenpasses in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt. Außerdem gibt es kein Vademekum der in den Mitgliedstaaten verwendeten Pflanzenpässe.

    4.3.1.1. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, ein solches Vademekum zusammenzustellen, um allen Beteiligten dieses Sektors einen einfachen Zugriff auf diese Informationen zu ermöglichen. Darüber hinaus hält der Ausschuss die Beibehaltung des Begleitdokuments für sinnvoll, weil es insbesondere den Unternehmen die Rückverfolgbarkeit des Rebpflanzgutes ermöglicht.

    Abweichende Regelungen im Zusammenhang mit der Erweiterung

    4.4. Der Ausschuss weist darauf hin, dass zwei beitrittswillige Staaten darum ersucht haben, von der derzeit geltenden Richtlinie abweichen zu dürfen. Polen hat den Wunsch geäußert, seine nationalen Systeme der Sortenregistrierung, -genehmigung und -zertifizierung beizubehalten, und die Tschechische Republik hat um einen Übergangszeitraum bis 2015 für die Zertifizierung vegetativen Reben-Vermehrungsgutes ersucht.

    4.4.1. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die beitrittswilligen Staaten die innerhalb der EU geltenden Methoden und Praktiken übernehmen sollten. Er empfiehlt, eine angemessenere Übergangsfrist dafür vorzusehen.

    5. Schlussfolgerungen

    5.1. Der Entwurf der Kommission erlaubt eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den beiden wichtigsten Fragen des Weinbausektors im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen vegetativen Reben-Vermehrungsgutes: die Möglichkeit des Inverkehrbringens genetisch veränderter Rebsorten und die Einführung des freien Verkehrs mit Rebpflanzgut. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüsst daher den vorliegenden Vorschlag zur Aktualisierung der geltenden Richtlinie vorbehaltlich einiger Bemerkungen und Vorschläge für andere Formulierungen.

    5.2. Die Einbeziehung der Richtlinie 90/220/EWG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen kann angesichts des bisherigen Medieninteresses an dieser Frage nicht mit einem Federstrich vorgenommen werden. Die Kommission muss einen umfassenden Ansatz wählen, durch den alle Folgewirkungen und die Besonderheiten des jeweiligen Sektors berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Ausschusses müssen zur vertikalen Integration dieser Richtlinie vier Bedingungen erfuellt sein:

    - Erstellung einer Übersicht über die Forschungsschwerpunkte in diesem Sektor;

    - Aufstellung eines GVO-Bewertungsprotokolls;

    - Klare Koordinierung der verschiedenen Ausschüsse, damit strikte Regeln für die Aufnahme in den GVO-Rebsortenkatalog festgelegt werden können;

    - Festlegung der Regeln für die Kennzeichnung genetisch veränderten Materials.

    5.3. Der Ausschuss betont, dass konvergierende Verfahren zur Zertifizierung vegetativen Reben-Vermehrungsgutes in der gesamten Gemeinschaft eine "conditio sine qua non" für die volle Verwirklichung des Binnenmarktes für vegetatives Reben-Vermehrungsgut sind. Daher muss die Information über die Arbeitsbereiche und Befugnisse der für Zertifizierung und Kontrolle zuständigen Stellen verbessert werden. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Behebung der Mängel bereitzustellen, die in bezug auf die Effizienz des Europhyt-Systems und der Anwendung der einschlägigen Gemeinschaftsregelung festgestellt wurden.

    5.4. In der Frage der Einführung neuer Techniken der vegetativen Vermehrung äußert der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Anwendung der In-vitro-Mikrovermehrung. Die Kommission selbst hatte den Mitgliedstaaten im übrigen Ausnahmen vom Inverkehrbringen solcherart erzeugten Pflanzgutes zugestanden. Der Ausschuss schlägt vor, diesen Bereich aus der neuen Richtlinie auszuklammern.

    5.5. Die Frist bis 2009 für das freie Inverkehrbringen von Standardvermehrungsgut ist nicht gerechtfertigt, sofern keine produktionserschwerenden Faktoren geltend gemacht werden können. Im Sinne einer raschen Verwirklichung des Binnenmarktes schlägt der Ausschuss vor, diese Frist auf den 1. Januar 2005 zu verkürzen, abgesehen von begründeten Ausnahmefällen (siehe Ziffer 3.10.2).

    5.6. Der Änderungsentwurf gehört in den Zusammenhang des Weißbuchs zur Lebensmittelsicherheit (Verordnung Nr. 258/97(8) über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten). Als Ziel(9) wird dargelegt, die Bewertungsverfahren und Kennzeichnungsvorschriften für genetisch verändertes Reben-Vermehrungsgut festzulegen. Der Ausschuss betont, dass die Kommission in ihrer Begründung zur Änderung der Richtlinie hauptsächlich auf die Vollendung des Binnenmarktes abhebt. Generell bemerkt der Ausschuss, dass Bedenken hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit und der möglichen Verwendung genetisch veränderter Organismen in den einzelnen Sektoren der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelerzeugung auf gleiche Weise behandelt werden müssen. Die qualitativen Aspekte der vorgeschlagenen Änderungen dürfen nicht außer acht gelassen werden. Dieses Erfordernis trägt zu einer besseren Verständlichkeit des Regelwerks für die Beteiligten bei.

    Brüssel, den 13. Juli 2000.

    Die Präsidentin

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Beatrice Rangoni Machiavelli

    (1) Statistische Daten - Europäische Kommission 1998.

    (2) Typologie der Erzeuger, Statistik der Produktion und Mutterreben-Anbauflächen 1999, ONIVINS - Erster Rebschulenkongress, Januar 2000.

    (3) Konsolidierte Fassung Nr. 379R0357.

    (4) Informationstag über die genetische Erforschung von Pflanzenmaterial, November 1999 - Internationales Weinamt.

    (5) Informationstag über die genetische Erforschung von Pflanzenmaterial, November 1999 - Internationales Weinamt.

    (6) Transgenic winegrapes, 1999 - Annual technical issue P75-76.

    (7) Micropropagation in vitro - comportement en serre, 1998 - Bulletin des Internationalen Amtes für Wein und Weinbau Nr. 803/804, S. 6-19.

    (8) ABl. L 43 vom 14.02.1997, S. 1.

    (9) Maßnahme Nr. 78 des Weißbuchs zur Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission.

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