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Document 51998AC1166
Opinion of the Economic and Social Committee on the 'Proposal for a Council Decision concerning the conclusion on behalf of the European Community, as regards matters within its competence, of the results of the World Trade Organization negotiations on financial services'
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Annahme der Ergebnisse der Verhandlungen der Welthandelsorganisation über Finanzdienstleistungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche"
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Annahme der Ergebnisse der Verhandlungen der Welthandelsorganisation über Finanzdienstleistungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche"
ABl. C 407 vom 28.12.1998, p. 279
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Annahme der Ergebnisse der Verhandlungen der Welthandelsorganisation über Finanzdienstleistungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche"
Amtsblatt Nr. C 407 vom 28/12/1998 S. 0279
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Annahme der Ergebnisse der Verhandlungen der Welthandelsorganisation über Finanzdienstleistungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche" (98/C 407/47) Der Rat beschloß am 28. Juli 1998, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen. Der Ausschuß beschloß, Herrn Pelletier als Hauptberichterstatter mit der Vorbereitung der diesbezüglichen Arbeiten zu beauftragen. Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 357. Plenartagung am 9. und 10. September 1998 (Sitzung vom 10. September) mit 69 gegen 3 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß nimmt zur Kenntnis, daß die Europäische Kommission dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluß über die Endergebnisse der Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) über Finanzdienstleistungen vorlegen wird. 1. Vorgeschichte 1.1. Das Interimsübereinkommen vom 28. Juli 1995 Der Ausschuß ruft in Erinnerung, daß bei der Errichtung der WTO im Dezember 1993 - nach Abschluß der als "Uruguay-Runde" bekannten multilateralen Verhandlungsrunde, deren Schlußakte auf der Ministerkonferenz des GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) am 15. April 1994 in Marrakesch offiziell unterzeichnet wurde - das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen ("GATS") angenommen wurde. Gleichzeitig wurden für einige Dienstleistungssektoren, darunter die Finanzdienstleistungen, Rahmenbedingungen und Endtermin der Verhandlungen festgelegt. Die Verhandlungen über die Finanzdienstleistungen sollten am 1. Januar 1995 beginnen und innerhalb von 6 Monaten abgeschlossen sein. Tatsächlich endeten sie erst am 28. Juli 1995 mit einer Kompromißlösung: Die Vereinigten Staaten verweigerten die Unterzeichnung, da sie die Angebote der wichtigsten Entwicklungsländer (insbesondere Südost-Asien und Lateinamerika) als unzureichend erachteten. Einer Initiative der Europäischen Union ist es zu verdanken, daß in letzter Minute ein Interimsübereinkommen bei Stimmenthaltung der Vereinigten Staaten angenommen werden konnte, dessen wichtigstes Element das Zweite Protokoll zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen ist. Die Angebote und Listen mit Ausnahmen von der Meistbegünstigungskausel waren dem Protokoll als Anlagen beigefügt. Stichtag für ihre Anwendung war der 1. November 1997. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Mitgliedstaaten ihr Angebot innerhalb von 60 Tagen ändern, ganz oder zum Teil zurücknehmen und/oder eventuelle Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel beantragen. Im übrigen sollte in einer neuen Verhandlungsperiode im zweiten Halbjahr 1997 eine endgültige Einigung erzielt werden. 1.2. Die Verhandlungen im zweiten Halbjahr 1997 Der Ausschuß erkennt die Bedeutung der Verhandlungen an, die im zweiten Halbjahr 1997 eröffnet wurden und zur Annahme einer neuen Übereinkunft am 12. Dezember 1997 führten. Dieses Fünfte Protokoll zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen wurde von 102 Staaten unterzeichnet, von denen 70 () (die Europäischen Union zählt hier als ein Mitglied) ein neues Angebot vorlegten und 32 ihr Angebot von 1995 aufrechterhielten. 2. Die Übereinkunft vom 12. Dezember 1997 2.1. Inkrafttreten Der Ausschuß nimmt zur Kenntnis, daß die Übereinkunft am 1. März 1999 in Kraft treten soll, nachdem die Unterzeichnerstaaten das "Fünfte Protokoll" zum GATS (General Agreement on Trade in Services) durch Unterzeichnung oder Ratifikation bis zum 29. Januar 1999 angenommen haben. Haben bis zum 30. Januar 1999 nicht alle betroffenen Mitglieder das Fünfte Protokoll angenommen, so können die Mitglieder, die es fristgerecht angenommen haben, beschließen, es dennoch in Kraft treten zu lassen, die Annahmefrist zu verlängern oder es nicht in Kraft treten zu lassen. Können einige Unterzeichnerstaaten des Abkommens das Verfahren nicht einhalten, können die Staaten, die das "Fünfte Protokoll" bereits ratifiziert haben, innerhalb einer Frist von 60 Tagen nach dem 29. Februar 1999 beschließen, es neu abzufassen. Der Ausschuß nimmt zur Kenntnis, daß nach einer technischen Überprüfung die einzelnen Verpflichtungslisten, die dem Fünften Protokoll als Anlagen beigefügt werden sollten, am 26. Februar 1998 vom WTO-Rat für den Handel mit Dienstleistungen genehmigt wurden. 2.2. Allgemeine Beurteilung der Übereinkunft Der Ausschuß würdigt die durch diese Einigung erzielten Fortschritte. Die Übereinkunft deckt 95 % des internationalen Finanzdienstleistungsmarktes ab und ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil sie der seit Juli 1995 andauernden unbefriedigenden Übergangssituation ein Ende setzt: Zu diesem Zeitpunkt hatten die Vereinigten Staaten beschlossen, sich dem Interimsübereinkommen nicht anzuschließen, was konkret bedeutete, daß der wichtigste Akteur auf dem internationalen Finanzmarkt sich der Logik eines multilateralen Übereinkommens widersetzte, das auf dem Grundsatz der "Meistbegünstigungsklausel" beruht, d.h. der automatischen Ausdehnung einer vorteilhaften Maßnahme, die einem Unterzeichnerstaat gewährt wird, auf alle Unterzeichnerstaaten. Auch wenn die Angebote einiger WTO-Mitgliedstaaten tatsächlich ungenügend waren, wesentlich ist, daß die im Dezember 1997 erzielte Übereinkunft auf der Achtung der Prinzipien der Nicht-Diskriminierung, der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigungsklausel beruht. Der gesamte Finanzdienstleistungssektor (Banken, Versicherungen Wertpapierdienstleistungen) wird dadurch den multinationalen Bestimmungen und Regeln des GATS unterworfen. Das Übereinkommen ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam: - Es ist unbefristet gültig, was zeigt, daß nach dem Vorbild der anderen, bereits in die WTO einbezogenen Wirtschaftssektoren nun auch die Finanzdienstleistungen einer ständigen Prüfung durch die Welthandelsorganisation unterliegen. Im übrigen hat keiner der großen Staaten sein Angebot mit einer allgemeinen Ausnahmeregelung vom Prinzip der Meistbegünstigung versehen. Jeder Unterzeichnerstaat kann sich an das Streitbeilegungsgremium der WTO wenden, wenn er der Ansicht ist, ein anderes WTO-Mitglied würde gegen die mit diesem Übereinkommen verbundenen Verpflichtungen verstoßen. - Bei den meisten Angeboten der wichtigsten aufstrebenden Staaten läßt sich im Vergleich zur Situation im Jahr 1995 eine deutliche Verbesserung ihrer Liberalisierungsverpflichtungen feststellen. 3. Allgemeine Bemerkungen In Erwägung der nachstehenden drei Ziffern begrüßt der Ausschuß den Vorschlag für einen Beschluß des Rates. 3.1. Position des Bankensektors Die Vereinigung der Banken in der Europäischen Union hat ihre Interventionen für den endgültigen Abschluß eines Übereinkommens mit substantiellen Verpflichtungen der größtmöglichen Anzahl von Teilnehmern verstärkt und bevorrechtigte Beziehungen mit den Vertretern der Europäischen Gemeinschaft und ihrer einzelstaatlichen Regierungen unterhalten. 3.2. Auswirkungen auf die Strategie der Banken Für die Banken, wie für sämtliche Finanzberater, ist die Marktöffnung auf internationaler Ebene ein Schlüsselelement ihrer Strategie, sowohl für die Vervollkommnung der Qualität der Dienstleistungen, die sie ihren Kunden schuldig sind - die ihrerseits ihre Tätigkeiten internationalisieren - wie auch für die Entfaltung ihrer eigenen Tätigkeit auf neuen Gebieten, die durch die Transparenz der Vorschriften und das Wissen abgesichert wird, daß alle Banken und Finanzberater denselben Rechts- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften unterliegen. 3.2.1. Die Globalisierung der Märkte Die Internationalisierung der Wirtschaft ist eine Tatsache, ob man sie nun positiv oder negativ beurteilt, wünscht oder nur erträgt. Die Großkonzerne wie die Klein- und Mittelbetriebe haben ihre heimischen Märkte oft bereits ausgeschöpft und müssen den Schritt zur Internationalisierung tun. Dieses Phänomen wird in Zukunft durch die Schaffung des Marktes der einheitlichen Währung zweifellos noch verstärkt. Es obliegt den Banken, den Bedürfnissen ihrer Kunden Rechnung zu tragen. Da die Internationalisierung der Großkonzerne tatsächlich schon stattgefunden hat, ist eine zweite Welle, die die mittleren Unternehmen ergreift, die unvermeidbare Folge. Die Inlandsmärkte der Industrieländer schrumpfen aufgrund des Doppeleffekts von Überproduktion und Sättigung der Nachfrage. Die Erschließung neuer Horizonte ist für den gesamten Produktionssektor unumgänglich. Die Banken sind es sich schuldig, das Netz ihrer Aktivitäten zu internationalisieren, um die geographische Reichweite ihres Dienstleistungsangebots erheblich weiter auszudehnen. 3.2.2. Die Transparenz Die Einführung einheitlicher, verständlicher und dauerhafter Rechtsvorschriften wird die Tätigkeit der Kreditgeber anregen und den Banken ermöglichen, in einem Klima des Vertrauens und verbesserten Risikomanagements einen größeren Beitrag zur Finanzierung der Entwicklungsländer zu leisten. Dabei werden die Banken der Industrieländer durch die verstärkte Internationalisierung ihrer Tätigkeiten und ihrer Finanzierung zusätzliche Erträge erwirtschaften, die auf ihren heimischen Märkten oft nicht mehr möglich waren. Ein neues internationales Gleichgewicht zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern, gestützt von allgemein anerkannten Rechtsvorschriften im Banksektor, wird die Fluidität des Finanz- und Geldmarktes wiederherstellen, die für stabile Beziehungen zwischen den Staaten unabdingbar ist. 3.2.3. Die Nicht-Diskriminierung Die Akzeptanz und Anwendung des Grundprinzips des GATT (die Meistbegünstigungsklausel), durch das alle Partner unter Ausschluß jeder Diskriminierung zwischen den Vertragspartnern, ungeachtet ihrer Heimatzugehörigkeit oder Nationalität, gleichgestellt werden, zwingt die Staaten zur Abschaffung der Privilegien, die sie ihren Bürgern tendenziell zubilligen. In diesem Zusammenhang bedeutet die letzten Dezember in Genf unterzeichnete Übereinkunft einen großen Fortschritt. 3.3. Dauerhafte Zunahme der Kapitalströme in die aufstrebenden bzw. gering entwickelten Staaten Die dauerhafte Zunahme der Kapitalströme in die aufstrebenden bzw. gering entwickelten Volkswirtschaften dürfte dem Wachstum derselben Auftrieb geben. Im übrigen dürfte sie die Sanierung dieser Volkswirtschaften erleichtern und das Vertrauen der Investoren in die krisengeschüttelten asiatischen Staaten (z. B. Südkorea, Thailand, Indonesien) wiederherstellen. 4. Öffnung des Versicherungsmarktes 4.1. Der europäische Versicherungssektor ist gleich dem europäischen Bankensektor der Auffassung, daß die aus den WTO-Verhandlungen hervorgegangene Übereinkunft einen bedeutenden Erfolg für die Europäische Union sowie für die europäischen Versicherer darstellt. 4.2. Der europäische Versicherungsmarkt wird durch das von den WTO-Mitgliedern ausgehandelte Fünfte Protokoll und die Verpflichtungen, die mit dem Angebot der Kommission eingegangen wurden, nicht gefährdet. 4.3. Der Versicherungssektor betont, daß die Übereinkunft vom 12. Dezember 1997 im Gegensatz zu dem im Juli 1995 auf EU-Initiative abgeschlossenen Interimsübereinkommen endgültig ist und keine Abweichung vom Prinzip der Meistbegünstigung beinhaltet. 4.4. Mit der Übereinkunft wird eine für das gute Funktionieren des multilateralen Handelssystems und die Interessen des europäischen Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektors äußerst nachteilige Situation beendet. Diese war auf den Beschluß der Vereinigten Staaten im Juni 1995 zurückzuführen, eine Ausnahmeregelung von der Meistbegünstigungsklausel beizubehalten und bilaterale Abkommen über die Marktöffnung auszuhandeln. 4.5. Für den Versicherungssektor beinhaltet die neue Übereinkunft eine bedeutende, sowohl quantitative als auch qualitative Verbesserung der Angebote der aufstrebenden Staaten Asiens, Lateinamerikas, Mittel- und Osteuropas, Afrikas und des Mittleren Ostens. 4.6. Gemäß den Bestimmungen der meisten der 60 unterbreiteten Angebote wird es in Zukunft möglich sein, Mehrheitsbeteiligungen an ausländischen Unternehmen zu halten, Zweigniederlassungen zu eröffnen, von der Gleichbehandlung mit inländischen Versicherern zu profitieren und, in der Transportversicherung wie in der Rückversicherung, unbeschränkt grenzüberschreitende Transaktionen zu tätigen. 4.7. Der Ausschuß weist besonders darauf hin, daß Japan zugestimmt hat, das gesamte bilaterale Abkommen, das es im Dezember 1996 im Versicherungsbereich mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen hat, in Form von zusätzlichen Verpflichtungen in sein Angebot aufzunehmen. 5. Schlußfolgerung Der Ausschuß ist der Ansicht, daß die im Rahmen der Welthandelsorganisation im Dezember 1997 unterzeichnete Übereinkunft einen großen Schritt in Richtung Liberalisierung der Finanzmärkte bedeutet. Er schließt sich der von der Kommission an den Rat gerichteten Empfehlung an, den Wortlaut des Fünften Protokolls im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche anzunehmen. Trotz der erzielten Fortschritte bleibt noch viel Arbeit: die beiden weltweit größten Märkte, China und Rußland, sind noch nicht in die Übereinkommen eingeschlossen. Im übrigen sind die von den einzelnen Staaten eingegangenen Verpflichtungen von sehr unterschiedlicher Qualität. Die Verhandlungen müssen fortgesetzt werden, um eine Verbesserung dieser Verpflichtungen zu erreichen, wenn möglich gegen die wettbewerbsverzerrenden Rechtsvorschriften anzukämpfen und eine wirkliche Abschaffung der Handelshemmnisse zu bewirken. Ebenso muß darauf geachtet werden, bei neuen Verhandlungen auch Überwachung und Kontrolle zu behandeln. Brüssel, den 10. September 1998. Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses Tom JENKINS () Ägypten, Australien, Bahrein, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Costa-Rica, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten, Ghana, Honduras, Hongkong (China), Indien, Indonesien, Island, Israel, Jamaika, Japan, Kanada, Kenia, Kolumbien, Korea, Kuwait, Macau, Malaysia, Malta, Mauritius, Mexiko, Neuseeland, Nicaragua, Nigeria, Norwegen, Pakistan, Peru, Philippinen, Polen, Rumänien, Schweiz, Senegal, Singapur, Slowakische Republik, Slowenien, Sri Lanka, Südafrika, Thailand, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei, Ungarn, Vereinigte Staaten, Uruguay, Venezuela, Zypern.