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Document 51998AC0293

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über 'Öffentlich-private Partnerschaften bei transeuropäischen Verkehrsprojekten'"

    ABl. C 129 vom 27.4.1998, p. 58 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    51998AC0293

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über 'Öffentlich-private Partnerschaften bei transeuropäischen Verkehrsprojekten'"

    Amtsblatt Nr. C 129 vom 27/04/1998 S. 0058


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über 'Öffentlich-private Partnerschaften bei transeuropäischen Verkehrsprojekten'" (98/C 129/14)

    Die Europäische Kommission beschloß am 16. September 1997, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr und Kommunikationsmittel nahm ihre Stellungnahme am 11. Februar 1998 an. Berichterstatter war Herr Kritz.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 352. Plenartagung (Sitzung vom 25. Februar 1998) mit 76 gegen 1 Stimme folgende Stellungnahme.

    1. Hintergrund

    1.1. Eine der Hauptschlußfolgerungen des im Dezember 1993 von der Kommission vorgelegten Weißbuchs "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" lautete, daß die Einbindung des Privatsektors in die Finanzierung und Verwirklichung transeuropäischer Netze (TEN) gefördert werden müsse, denn dies biete die Möglichkeit, die Investitionstätigkeit in diesem Bereich zu beschleunigen und die Effizienz zu erhöhen.

    1.2. Auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 1994 in Essen wurde beschlossen, 14 Großprojekten im Rahmen der transeuropäischen Verkehrsnetze oberste Priorität zu geben. Der Rat folgte damit den Vorschlägen einer hochrangigen Gruppe aus persönlichen Vertretern der Staats- und Regierungschefs unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten der Kommission, Herrn Christophersen.

    1.3. Die Investitionskosten für die 14 vorrangigen TEN-Verkehrsprojekte, die von der Christophersen-Gruppe 1994 ausgewählt wurden, beliefen sich nach damaligen Schätzungen auf einen Gesamtbetrag von 94 Milliarden ECU, von dem 40 bis 45 Milliarden ECU im Zeitraum 1995-1999 investiert werden sollten. In neuen, Ende 1995 angestellten Berechnungen werden die Gesamtinvestitionskosten auf rund 99 Milliarden ECU veranschlagt.

    1.4. Im Jahresbericht der Kommission über die transeuropäischen Netze für 1996 heißt es, daß bei mehreren der größten vorrangigen Projekte (insbesondere im Eisenbahnsektor) die Fortschritte langsamer waren als vorgesehen und es zweifelhaft sei, ob das erwartete Investitionsniveau von 40 bis 45 Milliarden ECU für die 14 Projekte bis zum Jahr 1999 aus heutiger Sicht - auch nur annähernd - erreicht werden könnte.

    1.5. Für die verzögerte Verwirklichung einer Reihe vorrangiger Projekte gibt es in erster Linie zwei Gründe: Erstens war in den letzten Jahren im Rahmen der Bemühungen zur Verringerung der Staatsdefizite ein allgemeiner Rückgang der öffentlichen Ausgaben für Infrastrukturinvestitionen zu verzeichnen. Zweitens erwies sich die Realisierung öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) als Instrument zur Beschleunigung vorrangiger Projekte als schwieriger als erwartet. Dazu kamen in einigen Fällen Hindernisse administrativer, rechtlicher oder politischer Art, doch sind die Hauptursachen für die Verzögerungen finanzieller Natur.

    2. Der Bericht der hochrangigen Gruppe (Mai 1997)

    2.1. Die hochrangige Arbeitsgruppe über die Finanzierung von TEN-Verkehrsprojekten im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften wurde auf Initiative von Kommissionsmitglied Kinnock eingesetzt, nachdem der Rat "Verkehr" diesem Vorhaben im September 1996 zugestimmt hatte. Unter dem Vorsitz von Neil Kinnock gehörten der Gruppe neben persönlichen Vertretern der fünfzehn EU-Verkehrsminister auch Vertreter des Baugewerbes, des Bankwesens, der Verkehrstechnikbranche sowie Verkehrsbetreiber im eigenen Namen an. Der Bericht der Gruppe wurde im Mai 1997 vorgelegt und enthält u.a. Zusammenfassungen der Berichte der fünf Untergruppen, die von der Kinnock-Gruppe eingesetzt wurden.

    2.2. Die hochrangige Gruppe sollte feststellen, in welcher Weise öffentlich-private Partnerschaften zur Erreichung des Ziels beitragen können, die Verwirklichung des für die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum in Europa unentbehrlichen transeuropäischen Verkehrsnetzes zu beschleunigen.

    2.3. In dem Bericht wird betont, daß ÖPP nicht einfach nur dazu dienen sollten, in Zeiten knapper öffentlicher Haushalte zusätzliche Geldquellen zu erschließen. Ebenso wichtig sei es, die finanzielle Durchführbarkeit eines Projektes durch das Zusammenführen von Vorteilen des privaten und des öffentlichen Sektors zu verbessern, nämlich den Erfahrungen des öffentlichen Sektors im Infrastruktur-Management sowie dem Unternehmergeist und dem Geschäfts- und Finanzierungs-Know-how der Privatwirtschaft.

    2.4. Eine ÖPP ist eine Partnerschaft zwischen verschiedenen öffentlichen Behörden und Körperschaften auf der einen und privatrechtlich organisierten juristischen Personen auf der anderen Seite zu dem Zweck, ein Infrastrukturprojekt zu konzipieren, zu planen, zu bauen, zu finanzieren und/oder zu betreiben. Es wäre jedoch unangemessen, in einer starren Definition zu umreißen, was eine ÖPP ist oder sein sollte, denn jedes Projekt erfordert eine spezifische Art der Partnerschaft je nachdem, welche Anforderungen das Projekt stellt und welche Besonderheiten es aufweist, und je nach dem von den staatlichen Instanzen beschlossenen Grad der Einbeziehung der Privatwirtschaft in die verschiedenen Projektphasen.

    2.5. Wirtschaftlich sinnvoll ist ein Projekt, wenn es der Gesellschaft einen sozioökonomischen Nutzen bringt. Rentabel ist es, wenn es ausreichend hohe Einnahmen zur Deckung aller Kosten und zur Erwirtschaftung einer angemessenen Rendite für die Investoren einbringt. Das Kernproblem, auf das ÖPP zielen, ist dem Bericht zufolge die Knappheit öffentlicher Mittel für Zuschüsse zu wirtschaftlich sinnvollen Projekten, deren Rentabilität nicht gegeben ist; es geht nicht darum, eine unzureichende öffentliche oder private Darlehensfinanzierung für rentable Projekte auszugleichen. Durch ÖPP können Projekte also ihrer Rentabilität nähergebracht werden.

    2.6. Die Schlußfolgerungen und Empfehlungen der hochrangigen Gruppe lassen sich unter den folgenden drei Überschriften zusammenfassen:

    - Allgemeine Schlußfolgerungen;

    - Ein ÖPP-freundliches Umfeld;

    - Entwicklung von Finanzinstrumenten.

    2.7. Die Gruppe kommt zu folgenden allgemeinen Schlußfolgerungen:

    a) Die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sollte bei jedem Projekt möglichst frühzeitig einsetzen, so daß die kommerziell ausgerichtete Einbindung der Privatwirtschaft bereits in der Phase der Projektplanung und -entwicklung erfolgt.

    b) Der öffentliche Sektor muß bereits in einem frühen Stadium die Projektziele klar und deutlich festlegen und bei der Projektplanung einen ausreichend flexiblen Spielraum für die angemessene Mitwirkung der Privatwirtschaft lassen.

    c) Die Gründung von Ad-hoc-Projektgesellschaften ist oftmals die beste Methode, insbesondere bei großen und grenzüberschreitenden Projekten, um einen stabilen Rahmen zu schaffen, in dem die verschiedenen Partner eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung entwickeln können. Das Statut der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) ist ein gutes Instrument in der Anfangsphase der Projektentwicklung, wird allerdings den Anforderungen in der Bau- und der Betriebsphase nicht voll gerecht.

    2.8. In bezug auf ein ÖPP-freundliches Umfeld befassen sich die Empfehlungen der hochrangigen Gruppe mit den Vorschriften und Verfahren im öffentlichen Auftragswesen sowie mit der Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf Infrastrukturprojekte im Eisenbahnsektor. Die Klarstellung insbesondere des Anwendungsbereichs der Richtlinien über öffentliche Bauaufträge und Aufträge von Versorgungseinrichtungen könnte die ÖPP-Infrastrukturpläne wesentlich vereinfachen. Die Kommission sollte vor allem für die Vergabe von Verkehrsinfrastrukturkonzessionen spezielle Leitlinien zur Klärung der Auftragsvergabeverfahren erarbeiten.

    2.9. Die hochrangige Gruppe weist darauf hin, daß die Schuldenbelastung und die Schuldendienstverpflichtungen zu Beginn der Betriebsphase eines Projekts am höchsten sind, die Einnahmen hingegen am geringsten. Die Gruppe empfiehlt daher, strukturell nachrangige Darlehen und Darlehen für das Anlaufen des Projektbetriebs zu entwickeln, um Risiken zu mindern, die aus Unwägbarkeiten hinsichtlich des Cash-flows zu Beginn der Betriebsphase resultieren.

    2.10. Im Hinblick auf die Entwicklung von Finanzinstrumenten empfiehlt die Gruppe darüber hinaus als eine neue Tätigkeit auf Gemeinschaftsebene die Förderung des Eigenkapitals und insbesondere des Quasi-Eigenkapitals, bei denen ein gezielter Einsatz von Gemeinschaftsmitteln zur Entstehung eines europäischen "Mezzanine"-Fonds beitragen könnte. Dies könnte eine wichtige Rolle für die Förderung der Beteiligung institutioneller Investoren an der TEN-Finanzierung spielen.

    3. Die Mitteilung der Kommission

    3.1. Mehrere Empfehlungen im Bericht der hochrangigen Arbeitsgruppe richten sich an die Kommission mit der Aufforderung, sie zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen. In ihrer im September 1997 vorgelegten Mitteilung legt die Kommission ihre Antwort auf die Empfehlungen der hochrangigen Gruppe, die sie unmittelbar betreffen, dar. Daneben nennt sie eine Reihe von Projekten, die ihrer Ansicht nach im Rahmen eines ÖPP-Konzepts durchführbar wären.

    3.2. Öffentliches Auftragswesen

    3.2.1. Sowohl die Bedenken der Privatwirtschaft als auch bestimmte Aspekte der EU-Auftragsvergabevorschriften wurden von der Kommission geprüft, um einen Rechtsrahmen zu schaffen, dessen zentrale Merkmale Flexibilität, Transparenz, Verhandlungen und Ausschreibungen sind. Die Kommission beabsichtigt, in Kürze eine Mitteilung zum öffentlichen Auftragswesen vorzulegen, die die Rahmenbedingungen für Leitlinien bezüglich der Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Infrastrukturprojekten enthalten.

    3.2.2. In diesem Zusammenhang sind die Beziehung und die Unterschiede zwischen der Richtlinie 93/37/EWG über öffentliche Bauaufträge () und der Richtlinie 93/38/EWG über Aufträge von Versorgungseinrichtungen () von besonderer Bedeutung, da beide Richtlinien möglicherweise für größere Verkehrsinfrastrukturprojekte relevant sein können. Die geplanten Leitlinien sollten verdeutlichen, welche Richtlinie wann anzuwenden ist.

    3.2.3. Die anderen Hauptbedenken des Privatsektors betrafen die Frage, wie beim technischen Dialog der Schutz des geistigen Eigentums der Bieter in der Projektkonzeptions- und -planungsphase gewährleistet werden kann. Nach Auffassung der Kommission können innovative technische Lösungen in der Konzeptionsphase durch das geltende europäische Patent- und Musterrecht sowie entsprechende Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen geschützt werden. Bei einem technischen Dialog, der seiner Natur nach informell ist, gilt dies dagegen nicht.

    3.3. Wettbewerbspolitik

    3.3.1. Parallel zu der vorliegenden Mitteilung wird die Kommission ein Dokument () zur Verdeutlichung der bestehenden Leitlinien für neue Eisenbahninfrastrukturprojekte vorlegen. Die Kommission betont jedoch, daß jeder Fall aufgrund des komplexen und häufig ganz eigenen Charakters von großen Verkehrsinfrastrukturprojekten einzeln zu untersuchen ist. Frühzeitige Beratungen mit den Kommissionsdienststellen, insbesondere im Hinblick auf die Wettbewerbsregeln, seien daher ratsam.

    3.4. Entwicklung von Finanzinstrumenten

    3.4.1. Strukturell nachrangige Darlehen sind im Vergleich mit gewöhnlichen Bankschulden gleichrangige Darlehen, haben jedoch längere Laufzeiten (20 bis 30 Jahre) und Nachfristen. Dieses Darlehensinstrument verringert die Schuldentilgungsbelastung, indem es sie über einen längeren Zeitraum verteilt. Darlehen für die Anlaufphase des Projekts sind tilgungsfreie Darlehen oder Revolving-Kredite, die die erste Phase des Projekts abdecken. Die Kommission ersucht die Europäische Investitionsbank (EIB) und den Europäischen Investitionsfonds (EIB), in direkter Zusammenarbeit mit Kapitalgebern aus dem Kreis der Geschäftsbanken den Umfang strukturell nachrangiger Darlehen zu erhöhen und Darlehen für die Anlaufphase von Projekten zu entwickeln.

    3.4.2. "Mezzanine"-Finanzierungen (d.h. nachrangige Verbindlichkeiten) ergänzen das Eigenkapital und fuellen die Lücke zwischen Eigenkapital und Bankschulden. Sie versehen das Eigenkapital mit einem "Risikopolster", wodurch sich höhere Bankkredite für Projekte erzielen lassen. Die Kommission beabsichtigt, die Einrichtung eines auf TEN ausgerichteten "Mezzanine"-Fonds in Zusammenarbeit mit der EIB und dem EIF zu prüfen. Der Fonds soll institutionelle Investoren anregen, sich an der TEN-Finanzierung zu beteiligen und den Hauptteil des Kapitals beizutragen.

    3.5. Wege zur Projektförderung auf EU-Ebene

    3.5.1. Die Kommission weist darauf hin, daß für die Infrastrukturentwicklung in erster Linie die Mitgliedstaaten verantwortlich sind. Die Kommission sieht jedoch zwei positive Effekte einer stärkeren Initiative ihrerseits: Sie kann eine Katalysatorwirkung im Hinblick auf die frühzeitige Einbeziehung des privaten Sektors in den Projektentwurf ausüben, indem sie insbesondere bei grenzüberschreitenden Projekten die wichtigsten Beteiligten zusammenführt, und sie kann gewährleisten, daß eine Förderung durch gemeinschaftliche Finanzinstrumente koordiniert erfolgt.

    3.5.2. Die Kommission wird prüfen, welche Methoden zur Bewertung der mit TEN-Projekten verbundenen Netzeffekte geeignet sind. Die Abwägung der Netzeffekte auf europäischer Ebene soll bei der Bewertung der Höhe der TEN-Finanzierung helfen. Die Kommission will darüber hinaus die Möglichkeit prüfen, eine europaweite Datenbank aller ÖPP-Projekte im Bereich der Verkehrsinfrastruktur aufzubauen, um eine Analyse bereits realisierter ÖPP anbieten zu können.

    3.6. Mögliche ÖPP-Projekte

    3.6.1. Die Kommission hat den Versuch gemacht, einige schon bekannte TEN-Projekte auszuwählen, bei denen das ÖPP-Konzept erfolgversprechend scheint. Ausdrückliches Ziel ist nicht die Erstellung einer neuen Liste von vorrangigen Projekten, sondern die Bestimmung möglicher Projekte entsprechend den bereits festgelegten Prioritäten.

    3.6.2. Folgende Projekte könnten sich für öffentlich-private Partnerschaften eignen:

    - Hochgeschwindigkeitszug Süd: der Abschnitt Madrid-Barcelona sowie der Abschnitt Figueras-Perpignan;

    - Hochgeschwindigkeitszug PBKAL (Paris-Brüssel-Köln-Amsterdam-London), niederländischer Abschnitt;

    - der Brenner-Tunnel;

    - der neue Berliner Flughafen;

    - der Semmering-Tunnel und

    - die Bahnverbindung Piräus-Athen.

    Die Kommission beabsichtigt, bei diesen Projekten in Zusammenarbeit mit der EIB und dem EIF besondere Anstrengungen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten zu unternehmen, um somit bereits frühzeitig eine Einigung über ÖPP-Struktur und -Finanzierung zu erreichen.

    4. Allgemeine Bemerkungen

    4.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat bereits mehrfach in früheren Stellungnahmen betont, welche Bedeutung die Verwirklichung der transeuropäischen Netze für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hat.

    4.2. Die Entwicklung der transeuropäischen Netze ist bisher langsamer vorangekommen als erwartet; die Ursache sind anhaltende Finanzierungsprobleme, insbesondere infolge der leeren öffentlichen Kassen, aber auch die geringer als erwartet ausgefallene Beteiligung öffentlich-privater Partnerschaften an TEN-Projekten. Der Ausschuß bedauert diese Entwicklung, zumal die ÖPP seit Anfang der 90er Jahre als wichtiges Instrument für eine zügigere Verwirklichung der transeuropäischen Netze gelten.

    4.3. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Ausschuß sowohl den Bericht der hochrangigen Arbeitsgruppe als auch die Mitteilung der Kommission. Beide Dokumente sind nicht getrennt voneinander zu sehen, sondern bilden ein Ganzes. Der Ausschuß würdigt insbesondere, daß die Kommission so schnell auf die Empfehlungen der hochrangigen Gruppe für Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane reagiert hat.

    4.4. Am 9. Oktober 1997 debattierte der Rat "Verkehr" eingehend über die Mitteilung der Kommission und verabschiedete mehrere Schlußfolgerungen zu öffentlich-privaten Partnerschaften im Zusammenhang mit TEN-Projekten. Der Ausschuß nimmt mit Befriedigung die konstruktiven, realistischen Schlußfolgerungen des Rates, in denen dieser das ÖPP-Konzept unterstützt, zur Kenntnis.

    4.5. Traditionell hat der Staat Infrastrukturprojekte ausgeführt, wenn er einen sozioökonomischen Nutzen darin gesehen hat und wenn er über die Haushaltsmittel (d.h. das Geld) für die Planung, den Bau und den Unterhalt solcher Projekte verfügte. Die Privatwirtschaft kam bisher vorwiegend als Auftragnehmer, insbesondere in der Bauphase, zum Zuge.

    4.6. Eine verstärkte Mitwirkung der Privatwirtschaft bei großen Verkehrsinfrastrukturprojekten würde bedeuten, daß diese neben dem öffentlichen Sektor nicht nur als Auftragnehmer, sondern auch als Promoter auftritt, der Finanzierungs- und Managementressourcen einbringt und auch Betreiberfunktionen übernimmt.

    4.7. Der Ausschuß betont, daß dem öffentlichen Sektor nach wie vor eine zentrale Rolle zukommt, auch bei Projekten, bei denen die Umsetzung einer ÖPP weitgehend dem privaten Sektor überlassen wurde. Große Verkehrsinfrastrukturprojekte sind normalerweise nicht rentabel, es sei denn, der öffentliche Sektor übernimmt einen Teil der auftretenden Risiken und leistet Unterstützung in Form von Zuschüssen und Bürgschaften.

    4.8. Von maßgeblicher Bedeutung für eine erfolgreiche ÖPP ist die Verteilung des Projektrisikos zwischen Staat und Wirtschaft. Die Risikoverteilung ist deswegen ein Kernelement, weil sich das Risiko in realen Kosten niederschlägt. Grundsätzlich sollte jede Seite die Risiken tragen, für deren Kontrolle sie in den jeweiligen Projektphasen am besten geeignet ist. Das betriebswirtschaftliche Risiko sollte im Normalfall beim Privatsektor liegen, während das öffentliche ("politische") Risiko vom öffentlichen Sektor, d.h. dem Steuerzahler, zu tragen ist.

    4.9. Die Knappheit von Haushaltsmitteln in den einzelnen Mitgliedstaaten hat natürlich zu einem gestiegenen Interesse an ÖPP geführt. Der Ausschuß betont jedoch, daß die ÖPP nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt einer zusätzlichen Mittelzufuhr gesehen werden sollten. Von gleicher Bedeutung ist die Nutzung der kaufmännischen Fähigkeiten, des finanziellen Potentials, der technischen Möglichkeiten und des Management-Know-hows der Privatwirtschaft, um die Kosten/Nutzen-Relation bei der Durchführung von TEN-Projekten zu verbessern.

    4.10. In diesem Zusammenhang kann sich der Ausschuß nicht der Bemerkung enthalten, daß sowohl im Bericht der hochrangigen Gruppe als auch in der Mitteilung der Kommission ein übertriebener Optimismus in bezug auf das Potential für eine stärkere Mitwirkung des Privatsektors an TEN-Projekten zutage tritt. Der Privatsektor investiert nur dann in ein Projekt, wenn dieses eine angemessene Rendite erwarten läßt.

    4.11. Nach Auffassung des Ausschusses sind für eine erfolgreiche Verwirklichung von ÖPP folgende Voraussetzungen unabdingbar:

    - eine politische Zusage von seiten der Mitgliedstaaten, die Vorhaben zum Abschluß zu bringen und die erforderlichen Finanzmittel für das Zustandekommen von ÖPP bereitzustellen;

    - möglichst frühzeitige Einbindung des Privatsektors in die Projekte, d.h. in der Konzeptions-, Entwicklungs- und Planungsphase;

    - die Gründung spezifischer Projektgesellschaften, insbesondere bei grenzüberschreitenden Projekten, die die Verantwortung für die gesamte Durchführung des Projekts tragen.

    4.12. ÖPP werden üblicherweise bei vorrangigen TEN-Großprojekten gebildet. Sie könnten nach Einschätzung des Ausschusses aber genauso gut auch bei kleineren, weniger spektakulären Vorhaben zum Einsatz kommen. Es gibt nämlich eine ganze Reihe geplanter oder bereits abgeschlossener Vorhaben, die von der Größenordnung her eher bescheiden sind, aber für ihr örtliches oder regionales Umfeld von vitaler Bedeutung sind (Autobahnprojekte, Brücken, Tunnels, Flughäfen).

    4.13. Die Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur war eines der Themen, mit dem sich die Dritte Gesamteuropäische Verkehrskonferenz (im Juni 1997) in Helsinki beschäftigte. Laut (Punkt IV Ziffer 5) der Erklärung, die auf dieser Konferenz verabschiedet wurde, "sollten größere Anstrengungen unternommen werden, um die öffentliche Finanzierung durch die Staaten und die Europäische Union sowie die private Finanzierung, z. B. durch öffentlich-private Partnerschaften, auszuweiten." Diese Sichtweise wurde von der Delegation des Wirtschafts- und Sozialausschusses bei dieser Konferenz voll und ganz geteilt.

    5. Besondere Bemerkungen

    5.1. Öffentliches Auftragswesen

    5.1.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß befürwortet nachdrücklich die Empfehlung der hochrangigen Gruppe, daß die Kommission vor allem für die Vergabe von Verkehrsinfrastrukturkonzessionen spezielle Leitlinien zur Klärung der Auftragsvergabeverfahren erarbeiten sollte. Der Ausschuß blickt erwartungsvoll den Leitlinien entgegen, deren Veröffentlichung die Kommission für die nahe Zukunft angekündigt hat.

    5.1.2. Als Alternative zu solchen Leitlinien wurde gelegentlich eine spezielle Richtlinie für das öffentliche Auftragswesen im Bereich der Verkehrsinfrastrukturkonzessionen in die Diskussion gebracht, die einen eigens auf ÖPP zugeschnittenen rechtlichen Rahmen vorgeben sollte. Nach Auffassung des Ausschusses ist eine solcher gesetzgeberischer Eingriff nicht empfehlenswert. Eine spezifische ÖPP-Richtlinie wäre schwer zu konzipieren und noch schwerer anzuwenden. Außerdem würde sie eine Änderung der bestehenden Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen und deren Geltungsbereich erforderlich machen.

    5.1.3. Nach Ansicht des Ausschusses müssen sich die künftigen Leitlinien der Kommission mit folgenden Punkten befassen:

    - der Beziehung zwischen der Richtlinie über öffentliche Bauaufträge und der Richtlinie über Aufträge von Versorgungseinrichtungen im Hinblick auf ÖPP;

    - den Möglichkeiten für eine Verbesserung und Vereinfachung der Auftragsvergabeverfahren, insbesondere im Vorfeld der Ausschreibung, und die Anwendung des Verhandlungsverfahrens.

    5.1.4. In seiner Stellungnahme zu dem Grünbuch "Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union: Überlegungen für die Zukunft" () betonte der Ausschuß, daß die Unterschiede zwischen einer Konzession und einem Vertrag über die Vergabe eines Auftrags klargestellt werden müßten. Die beiden Begriffe unterscheiden sich in bezug auf das Ziel, die Vertrags- bzw. Konzessionsdauer, die Finanzierungsbedingungen und den Umfang der Haftung. Der Ausschuß weist an dieser Stelle erneut auf den Klarstellungsbedarf hin.

    5.1.5. Eine öffentlich-private Partnerschaft basiert auf einem langfristigen Vertrag zwischen verschiedenen öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen auf der einen und juristischen Personen des Privatrechts auf der anderen Seite zum Zwecke der Konzeption, Planung, Finanzierung, des Baus und/oder des Betriebs eines Infrastrukturprojekts. Der Unterschied zur öffentlichen Auftragsvergabe liegt darin, daß eine ÖPP Investitionen vom privaten Partner verlangt.

    5.1.6. Gemäß der Richtlinie über Bauaufträge ist es zulässig, daß der Konzessionär seine öffentlichen Bauaufträge an Unternehmen der gleichen Unternehmensgruppe (Konsortium) vergibt (93/97/EG, Artikel 3 Absatz 4). In der Richtlinie für Versorgungseinrichtungen fehlt eine entsprechende Bestimmung (siehe 93/38/EG, Artikel 13). Nach Auffassung des Ausschusses sollte es einem Konsortium, das eine Konzession erhalten hat, erlaubt sein, Aufträge an verbundene Unternehmen nach den Regeln für öffentliche Bauaufträge zu vergeben, auch wenn es sich um öffentliche Versorgungseinrichtungen handelt.

    5.1.7. Die Richtlinie über Bauaufträge erstreckt sich auf den Bau von Straßen, Brücken, Eisenbahnen usw. (93/37/EG, Anhang II). Bei Autobahnprojekten könnte eine ÖPP auch eine Zuständigkeit des Privatsektors für die Betriebsphase (mit gebührenpflichtigen Straßen bzw. einer "Schattenmaut") umfassen. Der Ausschuß stellt jedoch fest, daß Straßennetzdienste nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie über die Versorgungseinrichtungen fallen (93/38/EG, Artikel 2 Absatz 2 c). In den künftigen Leitlinien ist dieser Mangel an Übereinstimmung daher zu beseitigen.

    5.1.8. Ein Ausschreibungsverfahren kann in jeder Phase eines Projekts durchgeführt werden, sofern die Behörden bereit sind, den Privatsektor einzubeziehen. Es kann genauso gut für kleine Dienstleistungsaufträge (z. B. Durchführbarkeitsstudien) wie für große Konzessionsverträge zum Bau und/oder Betrieb eines Infrastrukturprojekts verwendet werden. In bezug auf das sogenannte Verhandlungsverfahren wird das Ausschreibungsverfahren in der Richtlinie über die Versorgungseinrichtungen flexibler gehandhabt als in der über Bauaufträge. Versorgungseinrichtungen können uneingeschränkt auf dieses Verfahren zurückgreifen (93/38/EG, Artikel 20), während behördliche Auftraggeber das Verhandlungsverfahren nur in bestimmten Ausnahmefällen anwenden dürfen (93/37/EG, Artikel 7). Der Ausschuß empfiehlt, in den Fällen, in denen offizielle Ausschreibungsverfahren in Betracht kommen, die Anwendbarkeit des Verhandlungsverfahrens zu erweitern und die Richtlinie 93/37/EG entsprechend zu ändern.

    5.1.9. Die Einreichung von Angeboten in der Konzeptions- und Planungsphase eines Projekts könnte für Unternehmen des privaten Sektors in gewisser Hinsicht unvorteilhaft sein. Der Schutz des geistigen Eigentums eines Bieters könnte in Gefahr geraten, wenn in den Unterlagen für diese Phase beschriebene neuartige technische Lösungen von der Projektvergabebehörde in der anschließenden Ausschreibungsphase als Kriterien verwendet werden. Die von einer privaten Firma entwickelten neuen Ideen wäre dann von allgemeinem Nutzen für alle Bieter, während der Urheber selbst aus seiner Erfindung überhaupt keinen Vorteil zöge.

    5.1.10. In bezug auf den gesamten Prozeß der Auftragsvergabe möchte der Ausschuß als Beispiel einen sämtliche Verfahrensabschnitte beschreibenden Leitfaden anführen, der vom britischen Finanzministerium im Rahmen der Initiative zur Heranziehung privaten Kapitals ("Private Finance Initiative") veröffentlicht wurde und kurzgefaßt folgende Aspekte umfaßt:

    - Vorauswahl anhand klarer Kriterien;

    - Aufnahme von drei oder vier Bewerbern in die engere Wahl;

    - Aufforderung zur Angebotsabgabe auf der Grundlage einer detaillierten Auflistung von Leistungsspezifikationen und einer Aufstellung der vorgeschlagenen Risikozuordnung;

    - Nach der Angebotsabgabe parallele Verhandlungen über Einzelfragen mit den in die engere Wahl aufgenommenen Bewerbern;

    - Auswahl des bevorzugten Angebots.

    5.2. Wettbewerbspolitik

    5.2.1. Der Ausschuß begrüßt die vor kurzem (im September 1997) vorgelegte Klarstellung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf neue Verkehrsinfrastrukturprojekte. Darin werden in erster Linie Eisenbahnprojekte und insbesondere der Zugang zur neuen Eisenbahninfrastruktur sowie die Möglichkeiten behandelt, für einige Betreiber Infrastrukturkapazität zu reservieren.

    5.2.2. Einerseits ließe sich argumentieren, daß ein Infrastruktur-Verwalter die Möglichkeit haben muß, zumindest einen Teil der Kapazität für Betreiber zu reservieren, die zur Finanzierung des Projekts beitragen. Andererseits steht eine längerdauernde Kapazitätsreservierung im Widerspruch zu den Grundsätzen des freien Zugangs zur Infrastruktur und des Wettbewerbs.

    5.2.3. Um in dieser Frage eine Klärung herbeizuführen, weist die Kommission darauf hin, daß Vereinbarungen über die Kapazitätsreservierung wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind, solange die Infrastruktur nicht überlastet ist, denn es wird keine Zugangsbarriere errichtet. Bei einer überlasteten Infrastruktur kann eine Kapazitätsreservierungsvereinbarung, die für den effizienten Betrieb eines Transportdienstes grundlegend ist, jedoch eine Ausnahmegenehmigung gemäß Artikel 85 Absatz 3 rechtfertigen, sofern alle darin festgelegten Anforderungen erfuellt sind. Der Ausschuß hält dies für eine konstruktive Klarstellung in dieser wichtigen Frage.

    5.2.4. Dem Ausschuß ist bewußt, daß jedes Verkehrsinfrastrukturprojekt besondere Merkmale aufweist, die es mehr oder weniger einzigartig machen. Daher erfordert die Anwendung der Wettbewerbsregeln jeweils eine Einzelfallprüfung, und die Projekt-Promoter sollten die Dienststellen der Kommission bereits in der Frühphase eines Projekts kontaktieren. Nach Auffassung des Ausschusses sind Leitlinien, in denen die Anwendung der Wettbewerbsregeln geklärt werden, ein notwendiges, aber nicht ausreichendes Mittel, um der Unsicherheit bei möglichen ÖPP-Partnern zu begegnen.

    5.3. Entwicklung von Finanzinstrumenten

    5.3.1. Der Ausschuß ist mit der hochrangigen Gruppe und der Kommission einer Meinung, daß viele Großprojekte im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ausgewogene Finanzierungspakete erfordern, die Eigenkapital, strukturell nachrangige Darlehen, Darlehen für die Anlaufphase und Bankverbindlichkeiten umfassen.

    5.3.2. Unter diesen Finanzierungsinstrumenten kommt den strukturell nachrangigen Darlehen eine Schlüsselrolle zu, weil sie die Belastung durch die Schuldentilgung über einen längeren Zeitraum verteilen (20 bis 30 Jahre) als Bankverbindlichkeiten (bis zu 15 Jahre). Diese Art von Darlehen wurde bereits in begrenztem Umfang von der EIB in Zusammenarbeit mit dem EIF angeboten. Der Ausschuß nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, daß die EIB auf diesem Gebiet aktiver tätig werden und auch die Entwicklung von Darlehen für die Anlaufphase vorantreiben möchte.

    5.3.3. Die Kommission beabsichtigt die Einrichtung eines auf TEN ausgerichteten Mezzanine-Fonds, für den die EIB und institutionelle Investoren den Großteil des Kapitals aufbringen. Der Ausschuß vertritt die Auffassung, daß in Europa der Markt für diese Art von Finanzierungsinstrument noch aufgebaut werden muß und die Kommission daher ihre Bemühungen zur Schaffung eines Mezzanine-Fonds verstärken sollte.

    6. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

    6.1. Die von Kommissionsmitglied Neil Kinnock geleitete hochrangige Arbeitsgruppe über die Finanzierung von TEN-Verkehrsprojekten legte ihren Bericht im Mai 1997 vor. Die hochrangige Gruppe sollte feststellen, in welcher Weise öffentlich-private Partnerschaften zur Erreichung des Ziels beitragen können, die Verwirklichung des für die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum in Europa unentbehrlichen transeuropäischen Verkehrsnetzes zu beschleunigen.

    6.2. Mehrere Empfehlungen der hochrangigen Arbeitsgruppe richteten sich an die Kommission mit der Aufforderung, sie zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen. In einer daraufhin im September 1997 vorgelegten Mitteilung legte sie ihre Antwort auf die Empfehlungen der hochrangigen Gruppe, die sie unmittelbar betreffen, dar.

    6.3. Der Ausschuß begrüßt sowohl den Bericht der hochrangigen Arbeitsgruppe als auch die Mitteilung der Kommission. Beide Dokumente sind nicht getrennt voneinander zu sehen, sondern bilden ein Ganzes.

    6.4. Die Entwicklung der transeuropäischen Netze ist bisher langsamer vorangekommen als erwartet; die Ursache sind anhaltende Finanzierungsprobleme, insbesondere infolge der leeren öffentlichen Kassen, aber auch die geringer als erwartet ausgefallene Beteiligung öffentlich-privater Partnerschaften an TEN-Projekten.

    6.5. Wenn der Staat große Infrastrukturvorhaben durchführt, kam die Privatwirtschaft bisher vorwiegend als Auftragnehmer, insbesondere in der Bauphase, zum Zuge. Eine verstärkte Mitwirkung der Privatwirtschaft würde bedeuten, daß diese neben dem öffentlichen Sektor nicht nur als Auftragnehmer, sondern auch als Promoter auftritt, der Finanzierungs- und Managementressourcen einbringt und auch Betreiberfunktion übernimmt.

    6.6. Von ausschlaggebender Bedeutung für eine erfolgreiche ÖPP ist die Verteilung des Projektrisikos zwischen Staat und Wirtschaft. Grundsätzlich sollte jede Seite die Risiken tragen, für deren Kontrolle sie in den jeweiligen Projektphasen am besten geeignet ist. Das betriebswirtschaftliche Risiko sollte im Normalfall beim Privatsektor liegen, während das öffentliche ("politische") Risiko vom öffentlichen Sektor getragen werden sollte.

    6.7. Die Knappheit von Haushaltsmitteln in den einzelnen Mitgliedstaaten hat natürlich zu einem gestiegenen Interesse an ÖPP geführt. Der Ausschuß betont jedoch, daß die ÖPP nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt einer zusätzlichen Mittelzufuhr gesehen werden sollten. Von gleicher Bedeutung ist die Nutzung der kaufmännischen Fähigkeiten, des finanziellen Potentials, der technischen Möglichkeiten und des Management-Know-hows der Privatwirtschaft, um die Kosten/Nutzen-Relation bei der Durchführung von TEN-Projekten zu verbessern.

    6.8. Hinsichtlich der Möglichkeit einer stärkeren Beteiligung des privaten Sektors an TEN-Vorhaben tritt sowohl im Bericht der hochrangigen Gruppe als auch in der Kommissionsmitteilung wohl ein etwas überzogener Optimismus zutage. Der Privatsektor investiert in ein Projekt nämlich nur dann, wenn dies eine angemessene Rendite erwarten läßt.

    6.9. Nach Auffassung des Ausschusses sind für eine erfolgreiche Verwirklichung von ÖPP folgende Voraussetzungen unabdingbar:

    - eine feste politische Verpflichtung von seiten der Mitgliedstaaten zum Einsatz einer ÖPP;

    - möglichst frühzeitige Einbindung des Privatsektors in die Projekte, d.h. in der Konzeptions-, Entwicklungs- und Planungsphase;

    - die Gründung spezifischer Projektgesellschaften - insbesondere bei grenzüberschreitenden Projekten -, die die Verantwortung für die gesamte Durchführung des Projekts tragen.

    6.10. Die Kommission möchte demnächst für die Vergabe von Verkehrsinfrastrukturkonzessionen spezielle Leitlinien zur Klärung der Auftragsvergabeverfahren veröffentlichen. Nach Ansicht des Ausschusses sollten diese Leitlinien sich mit folgenden Punkten befassen:

    - der Beziehung zwischen der Richtlinie über öffentliche Bauaufträge und der Richtlinie über Aufträge von Versorgungseinrichtungen im Hinblick auf ÖPP;

    - den Möglichkeiten für eine Verbesserung und Vereinfachung der Auftragsvergabeverfahren, besonders im Vorfeld der Ausschreibung, und die Anwendung des Verhandlungsverfahrens.

    6.11. Der Ausschuß begrüßt die vor kurzem (im September 1997) vorgelegte Klarstellung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf neue Verkehrsinfrastrukturprojekte, in der im wesentlichen der Zugang zu Eisenbahninfrastruktur sowie die Möglichkeit, für einige Betreiber Infrastrukturkapazität zu reservieren, behandelt werden. Da jedes Vorhaben mehr oder weniger einzigartig ist, bedarf es oftmals einer Einzelfallprüfung.

    6.12. Bei Verkehrsinfrastrukturgroßprojekten sind ausgewogene Finanzierungspakete erforderlich, die Eigenkapital, strukturell nachrangige Darlehen, Darlehen für die Anlaufphase und Bankverbindlichkeiten umfassen. Der Ausschuß stellt mit Befriedigung fest, daß die EIB sich dem Bereich strukturell nachrangiger Darlehen und Darlehen für die Anlaufphase noch stärker zuwenden wird. Er hält es ferner für sehr wichtig, daß die Kommission ihre Bemühungen zur Schaffung eines Mezzanine-Fonds intensiviert.

    Brüssel, den 25. Februar 1998.

    Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Tom JENKINS

    () Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199 vom 9.8.1993, S. 54). Stellungnahme des WSA zu diesem Kommissionsvorschlag: ABl. C 106 vom 27.4.1992, S. 11.

    () Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199 vom 9.8.1993, S. 84). Stellungnahme des WSA zu diesem Kommissionsvorschlag: ABl. C 106 vom 27.4.1992, S. 6.

    () Erläuterung der Empfehlungen der Kommission zur Anwendung der Wettbewerbsregeln auf neue Verkehrsinfrastrukturprojekte (ABl. C 298 vom 30.9.1997, S. 5).

    () ABl. C 287 vom 22.9.1997, S. 92.

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