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Document 51997IP0467

Entschließung zur Entwicklung des Friedensprozesses im ehemaligen Jugoslawien hinsichtlich der Umsetzung des Dayton-Abkommens

ABl. C 200 vom 30.6.1997, p. 175 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51997IP0467

Entschließung zur Entwicklung des Friedensprozesses im ehemaligen Jugoslawien hinsichtlich der Umsetzung des Dayton-Abkommens

Amtsblatt Nr. C 200 vom 30/06/1997 S. 0175


B4-0467, 0510, 0517, 0531, 0548, 0553 und 0559/97

Entschließung zur Entwicklung des Friedensprozesses im ehemaligen Jugoslawien hinsichtlich der Umsetzung des Dayton-Abkommens

Das Europäische Parlament,

- unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage im ehemaligen Jugoslawien,

- in Kenntnis des Dayton-Abkommens,

- unter Hinweis auf die Schlußfolgerungen der Tagung des für die Umsetzung des Friedensabkommens in Bosnien zuständigen Rates (Bosnia Peace Implementation Council) in Portugal,

A. unter Hinweis darauf, daß eine umfassende und buchstabengetreue Umsetzung aller Vorschriften des Abkommens von Dayton für die Fortsetzung des Friedensprozesses und die Verwirklichung einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft ohne ethnische Spaltung in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien von grosser Bedeutung ist,

B. unter Hinweis darauf, daß bisher bei der Umsetzung des Friedensabkommens von Dayton nur unzureichende Fortschritte erzielt worden sind, was die Freizuegigkeit der Menschen und das Recht aller Flüchtlinge und Vertriebenen auf Rückkehr in ihre Heimat betrifft, ferner unter Hinweis darauf, daß die kroatische Regierung ihre Rückkehr blockiert, indem sie unter anderem auf der Grundlage eines "vorläufigen" Wohnungsgesetzes die Beschlagnahmung von serbischem Eigentum genehmigt und ein Programm zur Unterbringung von Kroaten aus Bosnien in beschlagnahmten Häusern und Wohnungen durchführt,

C. in der Erwägung, daß das Recht auf Rückkehr durch die ethnisch orientierte Politik der Behörden in Teilen Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas blockiert wird,

D. unter Hinweis darauf, daß die anhaltende Verfolgung zurückkehrender Flüchtlinge, Auseinandersetzungen über Eigentumsfragen und mangelnde Sicherheitsvorkehrungen für Minderheiten in allen Teilen Bosnien- Herzegowinas, in der Krajina und in Ostslawonien die Schaffung eines dauerhaften Friedens in diesen Teilen des ehemaligen Jugoslawien ernsthaft gefährden,

E. voller Besorgnis darüber, daß bislang kaum einer der angeklagten Kriegsverbrecher verhaftet worden ist und daß immer noch ein genereller Mangel an Zusammenarbeit der Regierungen Serbiens, Kroatiens und insbesondere der Regierungsstellen der Republik Srpska mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu beklagen ist,

F. in der Erwägung, daß eine Rückkehr von Flüchtlingen unter menschenwürdigen und sicheren Bedingungen nicht in die Gebietseinheiten, Regionen und Gemeinschaften möglich ist, wo Kriegsverbrecher hohe öffentliche Ämter innehaben oder sich in einflußreichen Positionen in der Gesellschaft befinden,

G. in dem Bewusstsein, daß weiterhin eine Präsenz von SFOR und UNTÄS (UN- Übergangsverwaltung für Ostslawonien) erforderlich ist, um die Sicherheit der Bevölkerung und die Fortführung des Friedensprozesses in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien zu gewährleisten,

H. unter Hinweis darauf, daß die Europäische Union ihre Unterstützung für den Wiederaufbau in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien von der umfassenden und buchstabengetreuen Umsetzung des Dayton-Abkommens abhängig macht,

I. in der Erwägung, daß der wirtschaftliche Wiederaufbau auch durch ethnische Spaltungen und ethnisch orientierte Maßnahmen vereitelt wird,

1. fordert die Regierungen Serbiens, Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas auf, ihr Engagement für die Fortführung des Friedensprozesses im ehemaligen Jugoslawien zu verstärken und für die umfassende und buchstabengetreue Umsetzung der Vorschriften des Dayton-Abkommens einzutreten;

2. fordert insbesondere die Regierung und Behörden Bosnien-Herzegowinas auf, die Freizuegigkeit der Menschen und das Recht aller Flüchtlinge und Vertriebenen auf Rückkehr in ihre Heimat zu gewährleisten und alle physischen und rechtlichen Hindernisse zu beseitigen, die diesen Zielen im Wege stehen, so daß die Rechtsstaatlichkeit im Lande wiederhergestellt wird;

3. fordert die Kommission und den Rat auf, für die Einrichtung eines speziellen Bosnien-Büros einzutreten, dem ein Clearinginstitut angeschlossen ist und das Hilfestellung bei der Überwindung der Schwierigkeiten leistet, die der Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat entgegenstehen, und mit der Befugnis ausgestattet ist, Vorkehrungen für die Rückkehr von Personen in beide Gebietseinheiten - erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit der Republik Kroatien - zu treffen;

4. fordert die kroatischen Regierungsstellen auf, den Verfolgungen ethnischer Serben Einhalt zu gebieten, angemessene Vorkehrungen für ihre Sicherheit - insbesondere in Westkroatien und in Ostslawonien - zu treffen und alle nur erdenklichen Bemühungen zu unternehmen, um die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre Häuser und Wohnungen zu ermutigen, und aktiv an der Umsetzung der zivilen Bestandteile des Dayton-Abkommens mitzuwirken;

5. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, im UN-Sicherheitsrat einen Beschluß über die Verlängerung der SFOR- und UNTÄS-Präsenz in Bosnien- Herzegowina bzw. Ostslawonien zu unterstützen, und fordert darüber hinaus eine angemessene internationale Kontrolle der künftigen Umsetzung der kroatischen Rechtsprechung in der Region sowie der Menschenrechtssituation in Bosnien-Herzegowina;

6. fordert die Regierungen Serbiens, Kroatiens und insbesondere die Regierungsstellen der Republik Srpska ferner auf, eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag sicherzustellen und die Verhaftung sowie die Verurteilung aller angeklagten Kriegsverbrecher zu gewährleisten;

7. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, ihren Druck auf die Regierungen und Behörden der Bundesrepublik Jugoslawien, Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas zu verstärken, damit sie es allen Flüchtlingen und Vertriebenen erlauben, in ihre Heimat zurückzukehren, und damit sie alle Bestimmungen des Dayton-Abkommens uneingeschränkt einhalten, und die Unterstützung für den Wiederaufbauprozeß anhand des Kriteriums zu überprüfen, wie die einzelnen Länder den Bestimmungen nachkommen;

8. fordert die Kommission diesbezueglich auf, die verfügbaren wirtschaftlichen Druckmittel energischer einzusetzen und allen Unterzeichnerstaaten des Dayton-Abkommens gegenüber noch einmal klarzustellen, daß eine engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und diesen Ländern eng mit der vollen Umsetzung des Dayton-Abkommens verknüpft ist; fordert die Kommission auf, eine Dezentralisierung und Differenzierung ihrer Hilfe ins Auge zu fassen, um auf diese Weise deutlich zwischen denjenigen Stellen, die sich an das Friedensabkommen von Dayton halten, und solchen zu unterscheiden, die sich über die Friedensvereinbarungen hinwegsetzen;

9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen Kroatiens, der Bundesrepublik Jugoslawien und Bosnien- Herzegowinas, dem UN-Sicherheitsrat, der OSZE und dem Hohen Vertreter zu übermitteln.

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