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Document 51997IE1197

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Die Erweiterung der Europäischen Union"

    ABl. C 19 vom 21.1.1998, p. 102 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    51997IE1197

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Die Erweiterung der Europäischen Union"

    Amtsblatt Nr. C 019 vom 21/01/1998 S. 0102


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Die Erweiterung der Europäischen Union" (98/C 19/27)

    Der Wirtschafts- und Sozialausschuß beschloß am 20. März 1997 gemäß Artikel 23 Buchstabe C der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema zu erarbeiten.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Außenbeziehungen, Außenhandels- und Entwicklungspolitik nahm ihre Stellungnahme am 9. Oktober 1997 an. Berichterstatter war Herr Masucci.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 349. Plenartagung am 29. Oktober 1997 mit 72 gegen 21 Stimmen bei 16 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Die Erweiterung der EU zählt, neben der Vertragsreform und der Währungsunion, zu den drei großen Herausforderungen des ausgehenden Jahrhunderts. Es geht darum, die historische Aufgabe der Einigung des Kontinents in politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht zu vollenden - ein Aufgabe, die das Leben der Union in den nächsten Jahrzehnten entscheidend prägen wird.

    2. Die Vorteile aus der Erweiterung werden sich nicht automatisch einstellen, sondern sind eine Herausforderung für die Europäische Union. Einige, wie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit infolge eines erweiterten Binnenmarkts sowie das größere politische Gewicht innerhalb der neuen Weltordnung, sind ursprünglich mit der Erweiterung verbunden. Andere wiederum, wie Vorteile kultureller oder sozialer Natur oder auch Vorteile im Hinblick auf die politische Nutzung des größeren wirtschaftlichen Gewichts und die gerechte Verteilung der Nutzeffekte sind nur potentiell vorhanden und hängen ab von:

    - dem Streben nach einer politischen und kulturellen Identität Europas;

    - dem Einsatz und den Kapazitäten der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisationen, die die Bürger vertreten;

    - dem Vorhandensein von fähigen politischen Entscheidungsträgern, die eine Strategie für Europa haben und in der Lage sind, die Zustimmung und aktive Beteiligung der betroffenen Bevölkerung zu erwirken.

    3. Es sind auch große Probleme zu lösen:

    - die Lage in den verschiedenen Staaten, insbesondere der Stand der Demokratisierung, die Achtung der Grundrechte, der Schutz der ethnischen Minderheiten, die Stellung der Frau und der Schutz der Minderheiten, das Funktionieren der politischen Institutionen und der öffentlichen Verwaltungen, das Niveau der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes und des wirtschaftlichen und sozialen Modells;

    - die Auswahlkriterien für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen;

    - die Verfahren für die Verhandlungen und die ersten Beitritte;

    - die Auswirkungen auf die EU-Politiken;

    - die künftig zur Finanzierung der Politiken erforderlichen Finanzmittel;

    - sowie allgemein das Problem, wie eine Union verwaltet und weiterentwickelt werden soll, die auf 27 Mitgliedstaaten erweitert ist.

    Die Einleitung der Verhandlungen

    4. Mit dieser Initiativstellungnahme soll ein Beitrag geleistet werden zu den Entscheidungen, die der Rat auf dem Gipfel von Luxemburg am 10. Dezember 1997 auf der Grundlage der von der Kommission vorbereiteten Stellungnahmen zu treffen hat.

    In der Zwischenzeit sollte sich eine breit angelegte Debatte entwickeln, an der sich nicht nur Experten (und auch nicht nur aus den Mitgliedstaaten) beteiligen, sondern insbesondere auch die Bürger der beitrittswilligen Länder, damit der Fehler vermieden wird, die Gestaltung der erweiterten Union den Experten aus Politik, Wirtschaft und Justiz zu überlassen, ohne die Bürger mit einzubeziehen. Zu diesem Zweck hat der Ausschuß eine Anhörung durchgeführt, damit die wirtschaftlichen und sozialen Organisationen der Beitrittskandidaten ihre eigenen Meinungen geltend machen können.

    5. Der Ausschuß erinnert daran, daß der Europäische Rat im Juni 1993 in Kopenhagen die Kriterien, die der Analyse und Bewertung der Lage der beitrittswilligen Kandidaten zugrunde gelegt werden sollen, festgelegt hat und dem hinzugefügt hat, daß die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzunehmen und dabei gleichzeitig die Geschwindigkeit der europäischen Integration unverändert beizubehalten, von großer Bedeutung für das allgemeine Interesse sowohl der Union als auch der Beitrittskandidaten sei.

    6. Der Ausschuß, der den allgemeinen Wert dieser Kriterien anerkannt hat, ist darüber hinaus der Ansicht, daß bei der Bewertung dem Grad der Anpassung an das europäische Sozialmodell große Bedeutung beizumessen ist, das nicht nur in der formalen Ausübung der Demokratie und einer leistungsfähigen Marktwirtschaft besteht, sondern auch eine hohe soziale Akzeptanz anstrebt, einen institutionalisierten (oder faktischen) ständigen sozialen Dialog zwischen den Sozialpartnern und mit den Regierungsbehörden sowie soziale Solidarität durch den Schutz der Schwächeren.

    7. Auf der Grundlage der in "Agenda 2000" enthaltenen Bewertungen ist die Kommission der Auffassung, daß Ungarn, Polen, Estland, die Tschechische Republik und Slowenien die erste Gruppe von Ländern bilden können, mit denen Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

    8. Im Sinne eines anderen Ansatzes, der sich innerhalb des Rates immer mehr durchsetzt, sollten die Verhandlungen mit allen Beitrittskandidaten gleichzeitig eingeleitet werden, um in der öffentlichen Meinung der Länder nicht ein Gefühl des Ausgeschlossenseins oder der Ablehnung hervorzurufen.

    Der Ausschuß zieht diese Position mit Interesse in Erwägung, denn sie gibt nicht nur ein starkes Signal und ermutigt dazu, selbst die größten Rückstände aufzuholen, sondern trägt auch dazu bei, politisch heikle Situationen zu überwinden, wobei sich diese Wirkungen ausschließlich auf die Einleitung der Verhandlungen beziehen. Die Tatsache, daß die Verhandlungen für alle Beitrittskandidaten gleichzeitig beginnen, bedeutet nämlich nicht, daß sie auch zwangsläufig zum selben Zeitpunkt abgeschlossen werden. Auch der Zeitplan kann mehr oder weniger gestreckt sein.

    9. Was Zypern anbelangt, so werden laut Kommission für den Fall, daß vor dem Termin für den Beginn der Verhandlungen - vom Rat bereits auf 6 Monate nach Ende der Regierungskonferenz festgesetzt - keine interne politische Einigung erfolgt, nur mit der Regierung der Republik Zypern, der einzig völkerrechtlich anerkannten Autorität, Verhandlungen aufgenommen.

    Der Ausschuß hält es für notwendig, im Rahmen der Entscheidungen, die im Hinblick auf die Einleitung der Erweiterungsverhandlungen getroffen werden, günstigere Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Einigung zu schaffen, wobei das Ziel die friedliche Integration der gesamten Insel in die Europäische Union ist.

    10. Komplexer ist die Lage der Türkei. Die am 31. Dezember 1995 in Kraft getretene Zollunion funktioniert zufriedenstellend, doch hat die politische Lage bislang weitere Fortschritte vereitelt und stellt das größte Problem im Hinblick auf den Beitritt dar. Die Achtung der Grundrechte ist nicht ausreichend gewährleistet. Darüber hinaus gibt die makroökonomische Instabilität nach wie vor Anlaß zur Besorgnis.

    Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die EU die Anstrengungen der Türkei zur Bewältigung ihrer Probleme weiterhin unterstützen sollte, vor allem, indem sie die nach dem Finanzprotokoll zugesagten Mittel endlich freigibt; in diesem Sinne sollte sie die Verbindungen zu diesem Land noch enger gestalten und die Entwicklung der innenpolitischen Lage des Landes aufmerksam verfolgen.

    Die Arbeit des Gemischten Beratenden Ausschusses EU/Türkei, der Ende 1995 eingesetzt wurde und sich aus 18 WSA-Mitgliedern und 18 türkischen Vertretern zusammensetzt, erweist sich in dieser Hinsicht bereits als nützlich.

    Die weitere Entwicklung der Verhandlungen muß jedoch von den greifbaren Fortschritten in puncto Achtung der Demokratie, der Grundrechte und der Minderheiten abhängig gemacht werden.

    Die Auswirkungen der Erweiterung auf die Union

    11. Die Analyse der Erweiterungsauswirkungen auf die EU-Politiken wirft also eine Reihe komplexer Fragen auf, deren Lösung erhebliche wirtschaftliche Beiträge seitens der Gemeinschaft erfordert und auch der Bevölkerung und den Erwerbstätigen der Beitrittskandidaten einen großen Einsatz mit beachtlichen Opfern abverlangt.

    12. Der in "Agenda 2000" enthaltene Vorschlag eines neuen Finanzrahmens der Union ist stark vom gegenwärtigen Klima der Sparpolitik wie auch vom Widerstand der Mitgliedstaaten gegen eine Erhöhung der Gemeinschaftsmittel geprägt. Der Ausschuß teilt die Meinung der Kommission, daß "umfangreiche in- und ausländische Finanzmittel, insbesondere aus privaten Quellen aufgebracht werden müssen."

    13. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß die Mitgliedstaaten und die Bürger überzeugt sein müssen, daß sich eine finanzielle Anstrengung lohnt und im Interesse aller liegt. Wenn sich die Überzeugung breitmacht, daß der zu erwartende Nutzen allen Mitgliedstaaten zugute kommt und daß die Auswirkungen auf die Steigerung des Handelsvolumens und auf die Arbeitsteilung mit den MOEL gleichmäßiger als bisher verteilt werden, wird dies das Unternehmen erleichtern.

    14. Nach Meinung des Ausschusses kann dieses Unternehmen erleichtert werden, indem die Übernahme des gesamten wirtschaftlichen und sozialen Modells der Union als eines der Ziele aufgenommen wird, was in der in Essen festgelegten Heranführungsstrategie leider nicht geschehen ist.

    15. Die Erweiterung wird tiefgreifende Veränderungen auch in der Organisation der Gemeinschaftsinstitutionen, in ihren Entscheidungsprozessen und ihren internen Gleichgewichten verursachen.

    Diese Veränderungen werden sich in den komplexen Mechanismen des gemeinschaftlichen Tagesgeschehens bemerkbar machen und vielfältige Probleme aufwerfen, von der Sprachenregelung bis hin zum grundlegenden Problem der Form des Entscheidungsverfahrens.

    16. Die Schlußfolgerungen der Regierungskonferenz, bei der zahlreiche interessante Fortschritte erzielt werden konnten, waren gerade im Hinblick auf die Vorbereitung der Erweiterung enttäuschend, das heißt in bezug auf die institutionelle Reform, die für die Vollendung der in Maastricht eingeleiteten politischen Union und für das Funktionieren einer Gemeinschaft, die von 15 auf 27 Mitgliedstaaten anwächst, notwendig ist.

    Der Ausschuß ist der Ansicht, daß sich das Problem eines wirksamen politischen und institutionellen Funktionierens der Union nicht erst dann stellt, wenn die Gemeinschaft auf über 20 Mitgliedstaaten anwächst, sondern bereits weit früher, und daß gemeinsam mit der Entscheidung über eine Einleitung der Verhandlungen eine neue Regierungskonferenz einberufen werden muß, um alle Aspekte, für die der Gipfel von Amsterdam keine Entscheidung treffen konnte, einer Lösung zuzuführen.

    Der Ausschuß ist der Meinung, daß der notwendige Anstoß zur Überwindung der Hindernisse und Widerstände von einer demokratischeren Vorgehensweise ausgehen kann, die die politische Zustimmung des Europäischen Parlaments und die Einbeziehung der wirtschaftlichen und sozialen Organisationen beinhaltet.

    17. Der Ausschuß muß ferner darüber nachdenken, wie sich die Erweiterung auf seine Zusammensetzung und seine Tätigkeit auswirken wird, und sich darauf vorbereiten, die damit verbundenen Probleme zu prüfen und zu lösen.

    Diese Überlegungen werden ihren Niederschlag in einer eigenen "Heranführungsstrategie" finden, die vom Ausschuß festgelegt und angewendet wird. Die Fachgruppe Außenbeziehungen wird darüber jedes Jahr einen Bericht erstellen, wobei sie zu diesem Zweck auch ein Hearing der wirtschaftlichen und sozialen Organisationen durchführen wird.

    18. Was die Auswirkungen auf die GAP anbelangt, so bekräftigt der Ausschuß, was er bereits in seiner Initiativstellungnahme zu dieser wichtigen Frage festgestellt hat, insbesondere die Aussage, daß es schwierig sei, die tatsächlichen Kosten der GAP nach der Erweiterung vorauszusehen, daß die anfallenden Haushaltskosten aber einer Erweiterung nicht im Wege stehen sollten.

    Auch wenn man berücksichtigt, daß die ersten Beitritte nicht vor dem Jahre 2002 und somit nach Ablauf des nächsten Finanzrahmens erfolgen werden, erscheint es zweckmäßig, die bereits geplante Reform der GAP zu beschleunigen.

    Zur Zukunft der GAP wird sich der Ausschuß in einer Initiativstellungnahme äußern, die den landwirtschaftlichen Aspekten der Agenda 2000 gewidmet sein wird.

    19. Was die Strukturpolitik anbelangt, so könnte eine Mittelübertragung, die die Aufnahmefähigkeit der Wirtschafts- und Finanzsysteme der Beitrittskandidaten überschreitet, kontraproduktive Auswirkungen haben, mit der Bildung hoher passiver Rücklagen und einem unkontrollierten Anstieg der Nachfrage, die das Produktionssystem nicht erfuellen kann, mit Schwierigkeiten für die administrativen Kontrollsysteme und einer Zunahme von Betrugsfällen einhergehen.

    Daher muß bei den unbedingt notwendigen und dringlichen Strukturfinanzierungen in den Beitrittsländern die Zweckmäßigkeit einer stufenweisen Gewährung beachtet werden.

    Es ist also sinnvoll, wenn die Kommission vorschlägt, daß diese Finanzierungen 4 % des BIP nicht übersteigen sollen.

    Wirtschaftliches und soziales Modell und sozialer Dialog

    20. Der Ausschuß hat wiederholt betont, wie wichtig das europäische Sozialmodell als Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes und auch die Fähigkeit der neu beitretenden Länder ist, dieses zu übernehmen, ohne es zu schwächen.

    Trotz nachdrücklicher Hinweise des Ausschusses hat die Kommission den Beitrittskandidaten in diesem Bereich keine Leitlinien wie jene zum Binnenmarkt vorgeschlagen. Dies steht im Widerspruch zu den Fortschritten, die in den verschiedenen Fassungen der EG-Verträge und zuletzt auch im Vertrag von Amsterdam verzeichnet wurden, sowie zur gegenwärtigen Diskussion über die Reform und Entwicklung des Sozialstaates.

    Die von der Kommission in "Agenda 2000" vorgelegten Stellungnahmen haben sich nur wenig mit diesen Aspekten auseinandergesetzt. Die wenigen Aussagen zu diesem Bereich sind jedoch sehr besorgniserregend, insbesondere was einige allgemeine Bewertungen anbelangt.

    21. Die Erweiterung bringt somit für die Mitgliedstaaten der Union einige Risiken allgemeiner Art mit sich:

    - ein niedrigeres Lohn- und Sozialniveau;

    - größere Flexibilität ohne Vertragsgrundlage auf dem Arbeitsmarkt;

    - Schwierigkeiten bei der Entwicklung der Gemeinschaftspolitiken (insbesondere in den Bereichen Gleichbehandlung, Arbeitsrecht, Koordinierung der sozialen Sicherheitssysteme), vor allem dort, wo Einstimmigkeit erforderlich ist.

    22. Was den sozialen Dialog und die trilateralen Beziehungen in den beitrittswilligen Ländern anbelangt, so haben die wirtschaftlichen und sozialen Organisationen bei zahlreichen, vom Ausschuß geschaffenen Gelegenheiten mehrmals ihre mangelnde Einbeziehung in den Heranführungsprozeß und insbesondere in die vom Weißbuch über den Binnenmarkt vorgesehene Abfassung des Nationalen Vorbereitungsprogrammes beklagt.

    Der Ausschuß nutzt die Gelegenheit und ruft in Erinnerung, daß die Anerkennung der wirtschaftlichen und sozialen Organisationen und ihre Einbeziehung in den politischen Entscheidungsprozeß eines der grundlegenden Elemente des von der Europäischen Union gewählten Sozialmodells ist.

    23. Nach Ansicht des Ausschusses müssen die Probleme, die bei der Analyse der Integrationsschwierigkeiten der Beitrittskandidaten in das europäische Sozialmodell sichtbar werden, zum Beitrittszeitpunkt auf zwei Ebenen gelöst werden:

    - einerseits auf Verhandlungsebene, indem zentrale Punkte ermittelt werden, die Gegenstand spezifischer Anstrengungen im Rahmen der intensivierten Heranführungsstrategie sein müssen, für die ein Weißbuch mit Terminvorgaben und Prioritäten zu erstellen ist;

    - andererseits auf Unionsebene, indem die Diskussion über die Modernisierung des Sozialstaats zu einem Abschluß gebracht wird und der Ausdehnung der Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit eine zentrale Rolle bei der nächsten Regierungskonferenz zugeteilt wird.

    Der strukturierte Dialog, sowohl auf Minister- als auch auf Ebene der Arbeitsgruppen, sollte intensiviert werden.

    24. Insbesondere sollte die Einrichtung von gemischten Wirtschafts- und Sozialausschüssen zwischen der Union und den Beitrittskandidaten - wie sie mit Ungarn oder der Türkei bestehen - gefördert werden, um die wirtschaftlichen und sozialen Organisationen immer stärker und rascher in den Geist, die Arbeit und die Konsultativverfahren der Gemeinschaft einzubinden.

    Die intensivierte Heranführungsstrategie und PHARE

    25. Die Kommission schlägt in "Agenda 2000" eine Intensivierung der Heranführungsstrategie vor, um den außerordentlichen Einsatz der Union und der Beitrittskandidaten zu unterstützen, wobei die Anpassungsbemühungen auf jene Sektoren konzentriert werden, die entscheidend sind, um den Kandidaten einen Beitritt zur Union ohne Verlust wirtschaftlicher und sozialer Stabilität bzw. ohne Gefährdung des Binnenmarktes zu ermöglichen.

    Der Ausschuß hält diese intensivierte Heranführungsstrategie für wichtig und wünscht deren zielstrebige Umsetzung, wobei die länderspezifischen Fortschritte jährlich ermittelt werden sollten.

    26. Um die Verwaltungen der Beitrittskandidaten voll einzubeziehen und verantwortungsbewußt zu machen, wird die Verwaltung von PHARE weiter dezentralisiert. Die Behörden der Beitrittskandidaten werden im Rahmen der Partnerschaft für den Beitritt die im Rahmenprogramm festgelegten Programme verwirklichen. Insbesondere im Hinblick auf die Verstärkung der institutionellen und administrativen Kapazitäten der beitrittswilligen Länder ist es unerläßlich, neben den regionalen und lokalen Behörden auch die Sozialpartner einzubeziehen.

    Ferner ist es wichtig, daß bei der Verwaltung von PHARE die Rolle der Sozialpartner gestärkt wird. Bis dato wurden die Programme des sozialen Dialogs jedoch aufgrund der schwachen und unklaren Organisationsstruktur der Sozialpartner, insbesondere der Arbeitgeber, nicht zufriedenstellend vorangetrieben. Für die Zukunft ist es daher wichtig, daß das PHARE-Programm tatsächlich eine starke soziale Partnerschaft fördert.

    27. Der Ausschuß begrüßt schließlich die Vorlage der Kommission über die Einrichtung einer Konferenz aller beitrittswilligen europäischen Staaten, die mit der Union Assoziierungsabkommen geschlossen haben, denn dies könnte der ideale Ort sein, um gemeinsame Positionen zu sehr sensiblen und dringlichen Fragen im Bereich der GASP, der Justiz und der inneren Sicherheit abzustimmen.

    Brüssel, den 29. Oktober 1997.

    Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Tom JENKINS

    ANHANG zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Die folgenden Änderungsanträge, auf die mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen entfiel, wurden im Verlauf der Beratungen abgelehnt.

    Seite 2 - Ziffer 3

    Ergänzung der Aussage im zweiten Spiegelstrich:

    "die Erfuellung der Auswahlkriterien für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen sowie deren Unvollständigkeit im Hinblick auf die soziale Dimension."

    Begründung

    Die Textpassage erhält so mehr Aussagekraft, denn die Auswahlkriterien an sich sind kein großes Problem. Den Wert der Kriterien erkennt der Ausschuß in Ziffer 6 auch ausdrücklich an.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 38, Nein-Stimmen: 56, Stimmenthaltungen: 7.

    Ziffer 8, Satz 1

    Einfügung "der sich innerhalb des Rates immer mehr durchsetzt" streichen.

    Begründung

    Dieser Hinweis ist durch den Stand der Verhandlungen im Rat überholt.

    Wenn der übrige Inhalt von Ziffer 8 bestehen bleibt, sollte folgende Ergänzung angefügt werden :

    "Sollten die Verhandlungen zunächst nur mit einer Gruppe von Ländern beginnen, muß zumindest sichergestellt sein, daß alle Beitrittskandidaten in den Erweiterungsprozeß voll einbezogen werden (durch Beitrittspartnerschaften, jährliche Fortschrittsberichte der Kommission, Zusage zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, sobald bestimmte Fortschritte erreicht sind)."

    Begründung

    Der Ausschuß sollte seine Stellungnahme an die realistischere Erwartung für Luxemburg anpassen.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 43, Nein-Stimmen: 49, Stimmenthaltungen: 9.

    Seite 2, Ziffer 8

    Durch folgenden Wortlaut ersetzen :

    "Im Sinne eines anderen Ansatzes, der von einigen Mitgliedstaaten nachdrücklich gefordert wird, sollten Verhandlungen mit einer größeren Zahl oder gar allen Beitrittskandidaten eingeleitet werden, um dem in der öffentlichen Meinung der betroffenen Länder aufkommenden Gefühl des Ausgeschlossenseins oder der Ablehnung weitestgehend den Boden zu entziehen. Der Ausschuß wird diese Option sehr aufmerksam verfolgen."

    Begründung

    1. Dieser Wortlaut gibt die im Rat vertretenen Standpunkte besser wieder.

    2. Bei dieser Formulierung ist nicht impliziert, daß Verhandlungen mit allen Beitrittskandidaten gleichzeitig einzuleiten sind, weil ein derartiges Vorgehen neue Probleme aufwerfen würde und den Beitritt jedes dieser Länder hinauszögern könnte.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 30, Nein-Stimmen: 55, Stimmenthaltungen: 14.

    Ziffer 14

    Diese Ziffer in der Formulierung abschwächen:

    Anstelle "indem die Übernahme des gesamten wirtschaftlichen und sozialen Modells der Union als eines der Ziele aufgenommen wird" sollte es heißen: "indem die schrittweise Übernahme des wirtschaftlichen und sozialen Modells der Union als eines der Ziele aufgenommen wird".

    Begründung

    Angesichts des noch sehr niedrigen Entwicklungsstandes der meisten Beitrittskandidaten (worauf die Stellungnahme zur Agenda 2000 mit Recht hinweist) ist die Übernahme des gesamten wirtschaftlichen und sozialen Modells zum Zeitpunkt des Beitritts unrealistisch. Flexible Übergangsregelungen werden unausweichlich werden.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 24, Nein-Stimmen: 52, Stimmenthaltungen: 10.

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