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Document 51997IE0468

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "KMU in Grenzregionen - Probleme bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen unter spezieller Berücksichtigung der durch die Einhaltung technischer Normen bedingten Probleme"

    ABl. C 206 vom 7.7.1997, p. 70–77 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    51997IE0468

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "KMU in Grenzregionen - Probleme bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen unter spezieller Berücksichtigung der durch die Einhaltung technischer Normen bedingten Probleme"

    Amtsblatt Nr. C 206 vom 07/07/1997 S. 0070


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "KMU in Grenzregionen - Probleme bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen unter spezieller Berücksichtigung der durch die Einhaltung technischer Normen bedingten Probleme" (97/C 206/15)

    Der Wirtschafts- und Sozialausschuß beschloß am 26. März 1996 gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema zu erarbeiten.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen nahm ihre Stellungnahme am 3. März 1997 an. Berichterstatter war Herr Muller, Mitberichterstatter Herr Folias.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 345. Plenartagung am am 23. und 24. April 1997 (Sitzung vom 23. April) mit 79 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Soll das Ziel "Europa ohne Grenzen" erreicht werden, so setzt dies voraus, daß insbesondere das Geschehen entlang den zum Wegfall bestimmten Binnengrenzen beobachtet wird. Die innergemeinschaftlichen Grenzregionen machen räumlich gesehen einen großen Teil der EU aus. Die Gemeinschaftspolitiken haben per se eine grenzüberschreitende Wirkung, doch gibt es bei ihrer Umsetzung durch benachbarte Mitgliedstaaten bisweilen beträchtliche Unterschiede. Diese Unterschiede wie auch die Integrations- und Kohäsionsbemühungen werden von den Bürgern dieser Regionen, die unter politischen, demographischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, geographischen und historischen Gesichtspunkten offenkundig besondere Merkmale aufweisen, anders, sprich unmittelbarer wahrgenommen. Der in diesen Regionen festzustellende Grad der Durchlässigkeit der Binnengrenzen wird wertvolle Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage liefern, inwieweit und auf welche Art und Weise etwaige Mängel behoben werden sollten.

    1.2. Als Ganzes betrachtet sind die KMU in der Europäischen Union () ein Garant für soziale Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb liegt es nahe, daß diese Unternehmen entscheidend dazu beitragen können, daß die Grenzregionen noch mehr als bisher als Bindeglied und Brückenkopf bei der Verwirklichung des Binnenmarktes fungieren. Diese Unternehmen decken nämlich die verschiedensten Wirtschaftsbereiche ab und haben ihre Kundschaft in der Regel in der näheren Umgebung, wodurch die zuweilen mit Vorteilen verbundene entfernungsbedingte Anonymität der Geschäftsbeziehungen entfällt, und sie sind gezwungen, ihre Unternehmensplanung und -strategie auf einen grenzüberschreitenden regionalen Absatzmarkt mit seiner spezifischen Größenordnung und all seinen Besonderheiten abzustellen.

    1.3. Ihr Beitrag ist aber nicht nur wirtschaftlicher und sozialer Natur, er kann auch andere Bereiche wie etwa das kulturelle Leben, den Erfahrungsaustausch, die Suche nach sogenannte erfolgreichen Praktiken, die zwischenmenschlichen Beziehungen, das gegenseitige Verständnis und die Achtung gegenüber den Besonderheiten der betreffenden Regionen positiv beeinflussen. Damit dieser Beitrag jedoch zustande kommen und Früchte tragen kann, müssen die KMU äußere Rahmenbedingungen vorfinden, bei denen die Einhaltung der wichtigsten Regeln für das Funktionieren des Binnenmarktes gewährleistet ist.

    1.4. Mit Hilfe der vorliegenden Stellungnahme soll anhand der Informationen, die vor Ort im Verlauf der Gespräche mit den direkt betroffenen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen gesammelt wurden, konkret untersucht werden, inwieweit diese wesentlichen Voraussetzungen gegeben sind und auf welche Probleme die Klein- und Mittelbetriebe bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen stoßen können.

    1.5. Aus den so erlangten Informationen, ergänzt durch Studien über einige Grenzregionen, lassen sich Schlußfolgerungen ziehen, die für die in diesen Regionen tätigen KMU allgemein gültig sind.

    1.6. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß und insbesondere seine "Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt" ist der Ansicht, daß solche spezifischen Analysen bzw. die Untersuchung der Probleme direkt "vor Ort" - in den Reihen der Bürger und hier speziell in den Reihen der KMU -, konkrete Hinweise auf den Grad des Funktionierens des Binnenmarktes liefern können.

    1.7. Der Ausschuß als Vertretungsorgan der wirtschaftlichen und sozialen Gruppen der Europäischen Union beabsichtigt nicht nur, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen; er betrachtet es vielmehr als seine Aufgabe, eine Botschaft zu vermitteln, Signale auszusenden und der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat Vorschläge für Maßnahmen zur Lösung eventueller Probleme und zur Beseitigung bestimmter Hemmnisse, durch die ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bürger um die Segnungen des Binnenmarktes gebracht werden könnten, zu unterbreiten. Es geht darum, die Erwartungen dieser Bürger nicht zu enttäuschen. Im übrigen verweist der Ausschuß auf einige seiner Stellungnahmen zur Arbeitsweise des Binnenmarktes ().

    1.8. Die Probleme, auf die die KMU in den innergemeinschaftlichen Grenzregionen stoßen, stellen sich derzeit mit unterschiedlicher Intensität und Dringlichkeit, weisen aber auch etliche Gemeinsamkeiten auf. Sie stellen sich in gewissem Maße auch in den EU-Mitgliedstaaten, die kaum oder keine Landgrenzen zu anderen Mitgliedstaaten haben. Die spezifischen Probleme, die sich aus dieser geographischen und politischen Lage ergeben, sind nicht zu verkennen. Sie müssen vor allem im Zusammenhang mit der Politik der Erweiterung der EU besonders analysiert werden.

    1.9. Im übrigen stellen sich die Probleme im Zusammenhang mit dem innergemeinschaftlichen Handel und den Grundsätzen der Freizügigkeit unter verschiedenen Aspekten schon heute in den Unterzeichnerstaaten des am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen EWR-Abkommens, d.h. Norwegen, Island und Liechtenstein, die in diesem Zusammenhang zum Aktionsfeld der EU zu rechnen sind.

    2. Derzeitiger Stand der Dinge

    2.1. Allgemeine Feststellungen

    2.1.1. Die bei den Anhörungen in Luxemburg und Innsbruck gesammelten Informationen beinhalten eine Reihe von Problemen, die es aufzuzeigen gilt. Da eine detaillierte Behandlung dieser Probleme den Rahmen dieser Stellungnahme sprengen würde, hält es der Ausschuß für notwendig, eine Bestandsaufnahme in Form eines Berichts, der als Anhang oder Zusammenfassung erscheint, vorzunehmen. Die Bedeutung der darin enthaltenen Informationen wird dadurch nicht geschmälert. An dieser Stelle soll nun erwähnt werden, daß die in den beiden Sitzungen angesprochenen Probleme in folgenden Bereichen liegen: eine Fülle von bürokratischen Hemmnissen und Rechtsvorschriften ohne jeden Bezug zum Umfang und zur Häufigkeit des grenzüberschreitenden Handels; Verfahren zur Registrierung von Unternehmen; überzogene Ökosteuern für Verpackungen; steuerliche und gesellschaftliche Vertretung; Doppelbesteuerung von Unternehmen und Arbeitnehmern; unangemessene Rechtsmittel, eingeschränkte Zulassung zu öffentlichen Ausschreibungen; usw.

    2.1.2. Von den in dieser Untersuchung ermittelten Problemen läßt sich in vielen Fällen sagen, daß sie für die Klein- und Mittelbetriebe allgemein gelten. Sie sind jedoch insofern in einem anderen Licht zu sehen, als sie von den KMU in Grenzregionen anders wahrgenommen werden, weil sie in einem Umfeld auftreten, das sich im Spannungsfeld zwischen nationaler Konfrontation und Integration benachbarter Regionen beiderseits einer Grenze bewegt.

    2.1.3. Der Ausschuß hebt die Bedeutung einer integrierten Politik zugunsten der betroffenen Unternehmen hervor, weil dies für das Funktionieren des Binnenmarktes wichtig ist und den Zusammenhalt in Europa stärkt. Aufgrund ihrer Randlage sind viele Grenzregionen der EU gegenüber den zentraler gelegenen Regionen der Mitgliedstaaten weiterhin benachteiligt. Ihnen gebührt daher besondere Aufmerksamkeit mit dem Ziel, ihr Wirtschaftswachstum zu fördern und ihr Beschäftigungspotential zu verbessern. Dadurch können auch die KMU ihre Aktivitäten ausbauen, die bislang oft an der Grenze zum Nachbarland Halt machen mußten.

    2.1.4. Auf Betreiben der Vereinigungen der mittelständischen Betriebe wurden mit Unterstützung der Europäischen Kommission (insbesondere der GD XXIII) vor und seit der Vollendung des Binnenmarktes im Jahre 1993 verschiedene Studien und Untersuchungen über die Situation in den betreffenden Regionen, die gleichzeitig auch Lösungsvorschläge beinhalteten, durchgeführt. Die Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt hat sich diese Arbeiten zunutze gemacht und möchte an dieser Stelle darauf verzichten, nochmals sämtliche Fälle aufzulisten, die sich den damaligen Untersuchungen zufolge als Hindernis für das Funktionieren des Binnenmarktes in bestimmten Sektoren und Regionen erwiesen haben ().

    2.1.5. Diese seinerzeit durchgeführten Arbeiten, Berichte, Maßnahmen und Untersuchungen sowie die Gespräche mit Vertretern der betroffenen Fachkreise haben mehr oder weniger deutlich gezeigt, daß ungeachtet der in Ziffer 2.2 beschriebenen Hindernisse die Öffnung der Grenzen und die Anwendung der Regeln der Freizügigkeit zumindest in einigen Sektoren bei den Unternehmen und den Unternehmensverbänden - teilweise mit Unterstützung der zuständigen Behörden und der Europäischen Union - eine neue Dynamik ausgelöst haben ().

    2.1.6. Zu den Auswirkungen und Perspektiven, die im Hinblick auf das Funktionieren des Binnenmarktes als positiv zu bezeichnen sind, gehören:

    - neue Möglichkeiten für dynamische und leistungsfähige Unternehmen, durch Ausweitung ihres Aktionsradius zu expandieren und ihre Produkte zu diversifizieren, ohne die mit einer Unternehmensverlagerung verbundenen Risiken eingehen zu müssen,

    - Anpassungsbemühungen der KMU, um mit der schärferen Konkurrenz auf relativ engem Raum fertig zu werden und sich auf die Bedürfnisse und Gewohnheiten "neuer" Verbraucher einzustellen,

    - erhöhte Bereitschaft zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und damit verbunden das Erkennen unternehmenspolitischer Notwendigkeiten: Anpassung der Managementmethoden, Verbesserung der beruflichen Qualifikationen, Effizienz der Investitionspolitik, Ausfindigmachen geeigneter Formen der Zusammenarbeit, der Bündelung der wirtschaftlichen Kräfte und des Informationsaustauschs über die Grenzen hinweg, Identifizierung gemeinsamer Probleme und Erarbeitung gemeinsamer Lösungen. Diese positive Entwicklung wird durch konkrete Maßnahmen veranschaulicht, die oft auf partnerschaftlich konzipierten bilateralen Vereinbarungen beruhen,

    - Entfaltung neuer ergänzender Tätigkeitsbereiche in den KMU als Folge der verstärkten Zusammenarbeit und Diversifizierung der Nachfrage in den Grenzregionen mit der Aussicht auf Schaffung neuer Arbeitsplätze,

    - Hinterfragung nicht nur der Fähigkeit der KMU zu flexiblem Handeln, sondern auch der Organisationsstruktur, der Arbeitsmethoden und der Effizienz ihrer Vertretungsorgane sowie der übrigen Unterstützungseinrichtungen, denen eine wichtige Katalysator- und Multiplikatorfunktion zukommt,

    - Nutzung der mit Hilfe der Kommission eingerichteten EG-Beratungsstellen für Unternehmen (EIC) und Förderung von lokalen und regionalen Initiativen zur Unterstützung der KMU im allgemeinen oder in speziellen Sektoren, etwa durch die Einrichtung von Informationsbüros und Koordinationsstellen für spezifische Themen wie öffentliche Auftragsvergabe, technische Normen, Abfallbewirtschaftung und Umweltschutz, sowie von Stellen, die die grenzüberschreitenden Absatzmärkte beobachten, in Sachen Exportgeschäfte informieren und sensibilisieren, Gemeinschafts- oder Einzelstände der Unternehmen bei Regionalschauen organisieren und Veranstaltungen zur Förderung von überbetrieblichen Kooperationsvorhaben durchführen, manchmal in Zusammenarbeit mit regionalen Forschungsinstituten.

    2.2. Hemmnisse

    Hauptanliegen des Ausschusses ist es, zu einer besseren Kenntnis der Probleme der KMU zu gelangen, und deshalb möchte die Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt sich an dieser Stelle schwerpunktmäßig mit den konkreten Sorgen dieser Gruppe von Unternehmen befassen.

    2.2.1. Wenn der Ausschuß solche Aspekte wie die in Ziffer 2.1.6 beschriebenen erwähnt, so nicht deshalb, weil er die Probleme der KMU in den Grenzregionen auf diese Weise herunterspielen will, sondern aus Gründen der Objektivität und um einige positive Ansätze aufzuzeigen, die zur Verbesserung der bisherigen Situation führen können. Die Gespräche mit den Betroffenen vor Ort, auch wenn sie nur ziemlich bruchstückhaft waren, veranlassen den Ausschuß zu folgenden Bemerkungen:

    2.2.2. Auf die allgemeinen Probleme der KMU im Zusammenhang mit dem Funktionieren des Binnenmarktes wurde in verschiedenen Stellungnahmen des Ausschusses und speziell in einigen von der Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt erarbeiteten Stellungnahmen bereits eingegangen. Zu der im Rahmen dieser Stellungnahme behandelten besonderen Fragestellung, nämlich den Problemen von in Grenzregionen operierenden KMU, verfügt die Kommission über sehr ausführliches Material. Auch den politischen Instanzen in den Mitgliedstaaten kann das Problem nicht unbekannt sein, und die Mitglieder des Europäischen Parlaments sind ebenfalls hierüber unterrichtet. Für die Zwecke dieser Stellungnahme brauchte der Ausschuß deshalb keine neuen Untersuchungen durchzuführen.

    2.2.3. Unter den nach Meinung des Ausschusses global erwähnenswerten Hindernissen bzw. Beeinträchtigungen sind unweigerlich auch einige, die nicht nur charakteristisch für die Klein- und Mittelbetriebe in Grenzregionen sind, sondern für sämtliche KMU gelten. Dieselben Probleme können jedoch in Grenzregionen in verschärfter Form auftreten und einen dringlicheren Charakter haben, und unter diesem Blickwinkel sind sie im folgenden zu sehen.

    2.2.4. Zwar behaupten im Zusammenhang mit dem Voranschreiten der Europäischen Union und der damit unweigerlich verbundenen Notwendigkeit des Sich-Öffnens einige, die Grenzen bestuenden in den Köpfen, doch könnte man auch sagen, "Fakten sind beharrlich", was einen jedoch selbstverständlich nicht von der Notwendigkeit enthebt, die tatsächlichen und wahrscheinlichen Ursachen für diese psychologischen Barrieren zu finden, auf die im übrigen auch die befragten Vertreter der KMU hingewiesen haben.

    2.2.4.1. Die Ursachen können bei allen möglichen Entscheidungsträgern und Akteuren liegen. Gründe hierfür können beispielsweise eine unzureichende Information und ein Fachjargon sein, der für Außenstehende schwer verständlich ist und es dem Normalbürger erschwert, die Erfolge und Unwägbarkeiten der europäischen Politik richtig einzuschätzen. Sie können ihren Ursprung auch in einer ungenauen oder sogar falschen Einschätzung der Sachlage haben, d.h. in diesem Fall in ungenauen oder falschen Vorstellungen über das Funktionieren des Binnenmarktes im Alltag der Bürger und der KMU in den Grenzregionen. Ein weiterer Grund kann der sein, daß kaum hingehört wird, was die Spitze oder die Basis zu sagen haben.

    2.2.4.2. Barrieren können auch entstehen durch vorschnelle oder zu sehr auf Mutmaßungen beruhende Stellungnahmen oder Erklärungen der Politiker und Medien, durch die unnötige Hoffnungen geweckt werden oder die zu einer nicht ungefährlichen Ernüchterung führen. Häufig liegt die Ursache auch in einem Zurückschrecken vor möglichen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Veränderungen und den Unwägbarkeiten, die mit der Aufgabe althergebrachter Gewohnheiten und angestammter Positionen verbunden ist.

    2.2.4.3. Bis zur teilweisen oder vollständigen Beseitigung dieser Ursachen ist es ein langer und schwieriger Weg. Den Ursachen und ihren Folgen kann nur durch wiederholtes positives und konkretes Handeln abgeholfen werden. Im Falle der KMU hieße dies Schaffung von Rahmenbedingungen, die dazu führen, daß die KMU sich in ihrer jeweiligen Grenzregion stärker engagieren und die Barrieren aus eigenem Entschluß und eigener Kraft zu überwinden suchen.

    2.2.5. Neben diesen psychologischen Barrieren gibt es auch KMU-typische Hindernisse im Zusammenhang mit regionalen grenzübergreifenden Geschäftsbeziehungen, die die Großunternehmen in dieser Form nicht haben. Für die Leiter von KMU, die Willens oder gezwungen sind, ihre Geschäftstätigkeit über die Grenzen hinaus auszudehnen, können sich folgende Hindernisse auftun: die geringe Größe und die unzulängliche Organisationsstruktur des Unternehmens, fehlende Informationen über die Absatzmärkte der Nachbarregion, fehlende Erfahrung mit der jenseits der Grenze üblichen kaufmännischen Praxis, unzureichende strategische Unterstützung und Ausbildung, Kapitalmangel, unzureichende Kenntnis der von verschiedenen Seiten angebotenen Unterstützungsmaßnahmen, Zurückschrecken vor den zahlreichen Verwaltungsgängen und -formalitäten und den einzuhaltenden Vorschriften. Von seiten der Mitgliedstaaten und der Fachverbände müssen mehr Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme ergriffen werden, ggf. mit Unterstützung der Kommission.

    2.2.6. In den Grenzregionen gibt es Hindernisse, die mit den dortigen geographischen, historischen und politischen Gegebenheiten zusammenhängen. Diese können darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang es eine sogenannte "Grenzkultur" gibt, die, wenn man von den sprachlichen Schwierigkeiten einmal absieht, in starkem Maße zur Integration der Grenzgebiete beiträgt und das Eindringen in die betreffenden Märkte erleichtert. Bei den verschiedenen Entwicklungsprogrammen für die Grenzregionen oder -gebiete, die diese Grenzkultur nicht haben, muß daher besonderer Wert auf die konsequente Förderung eines wirtschaftlichen Gefüges gelegt werden, in dem Klein- und Mittelbetriebe verschiedener Wirtschaftszweige ihren Platz haben. Bei der Konzipierung und Durchführung dieser Programme müssen die Vertreter der KMU ein Mitspracherecht haben. In diesem Zusammenhang mag der Hinweis von Interesse sein, daß im Rahmen der Bemühungen um die Konzipierung einer besser koordinierten und kohärenteren grenzübergreifenden Regionalpolitik für den Großraum "Saar-Lor-Lux" (Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg) offenbar die Schaffung eines überregionalen Wirtschafts- und Sozialausschusses geplant ist, wodurch die sozialen und wirtschaftlichen Gruppen die Möglichkeit einer direkteren Einflußnahme auf die Gestaltung und Umsetzung einer solchen Politik erhielten.

    2.2.7. Die bisherigen Untersuchungen zum Stand der Integration in den Grenzregionen zeigen, daß gesetzliche Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften und insbesondere deren Umsetzung und Anwendung die Entwicklung in besonderem Maße erschweren. Dies gilt im übrigen für sämtliche Regionen der EU. In den Grenzregionen werden sie jedoch permanent als störend empfunden. Bisweilen nehmen sie sogar groteske Züge an und führen dazu, daß die KMU ihr Unternehmensprojekt entweder aufgeben oder aber diese Hürden mit Mitteln umgehen, die, so einfallsreich sie auch sein mögen, auf Dauer nicht hingenommen werden können, weil sie zu Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen führen. Viele der zahllosen Schwierigkeiten, die angeführt werden, betreffen die Kompliziertheit des Gemeinschaftsrechts und die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen. Hieraus ergibt sich die ausdrückliche Forderung nach einem Abbau und einer Vereinfachung der bürokratischen Formalitäten, speziell im Zusammenhang mit dem System "Intrastat".

    2.2.7.1. Die unterschiedlichen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen in den betreffenden Mitgliedstaaten, vor allem im Bereich des Steuerwesens, der sozialen Sicherheit, des Arbeitsrechts und der Genehmigungsverfahren können erhebliche Probleme, ja sogar unüberwindbare Hindernisse verursachen, da sie diskriminierende und wettbewerbsverzerrende Wirkung haben und als Vorwand für den Aufbau übertriebener administrativer Hürden benutzt werden.

    2.2.8. Der Hauptgrund dafür, daß die KMU in Grenzregionen die Entwicklung der Europäischen Union mit Besorgnis und Enttäuschung betrachten, sind die administrativen Hindernisse, d.h. die Schwerfälligkeit der Verwaltungsverfahren und die inadäquaten Rechtsbehelfe. Der Ausschuß bekräftigt energisch, daß die nationalen, regionalen und lokalen Behörden die Vorschriften flexibel anwenden müssen.

    2.2.8.1. Zahlreiche Schwierigkeiten bestehen beispielsweise beim Zugang zu den Absatzmärkten der benachbarten Grenzregionen und im Zusammenhang mit der Ausübung der verschiedenen Formen von Geschäftstätigkeiten (feste Niederlassung, Erbringung zeitlich begrenzter oder punktueller Dienstleistungen). Die aufgebauten Hürden werden oft als schikanös und diskriminierend empfunden, weil sie besonders die nicht heimischen Unternehmen belasten.

    2.2.9. Das schier unerschöpfliche Thema technische Normen ist vom Ausschuß in seiner Stellungnahme CES 690/96 zum Thema "Technische Normen und gegenseitige Anerkennung" () (Berichterstatter: Herr Jaschick) auf der Grundlage von Anhörungen in Stockholm und Mailand im Januar 1996 in aller Ausführlichkeit behandelt worden. Im einzelnen hat der Ausschuß in der o.g. Stellungnahme die "Versuche" zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse behandelt, die derzeitige Lage registriert und eine Reihe von Empfehlungen abgegeben, die weiterhin gültig sind.

    2.2.9.1. Schätzungen zufolge gab es im Jahre 1985 in der damaligen EWG mehr als 100 000 verschiedene nationale technische Spezifikationen. Zusätzlich werden der Kommission jedes Jahr durchschnittlich 450 neue technische Vorschriften für Produkte gemeldet. Sollte sich dies fortsetzen, wird die Vollendung des Binnenmarktes ein utopisches Unterfangen, bei dem tatsächlich nur noch die Wahl zwischen zwei Übeln besteht: höhere Produktions- bzw. Anpassungskosten oder null Exportchancen. Es sei daran erinnert, daß 76 % des innergemeinschaftlichen Handelsvolumens von technischen Auflagen betroffen sind.

    2.2.9.2. Technische Anforderungen können sich auf Design, Herstellung, Verkauf, Vermarktung, Kosten und Kundendienstleistungen auswirken und damit die Abwicklung der Geschäfte, die eigentlich erleichtert werden sollte, unterminieren. Was diese aus den verschiedenen Harmonisierungskonzeptionen resultierenden Anforderungen konkret für die KMU bedeuten, wird überdeutlich, wenn man sich den bereits erreichten Harmonisierungsgrad vor Augen führt ().

    2.2.9.3. Folgende Branchen sind vom grenzüberschreitenden Handel besonders betroffen:

    - Bauerzeugnisse und -dienstleistungen: Fehlen einheitlicher Normen; Bauvorschriften und -verordnungen; technische Spezifikationen und Bedingungen; Sicherheitsmaßnahmen für Installationen (Strom, Gas, Wasser usw.).

    - Nahrungsmittel (Bäckerei, Fleisch, Milchprodukte): tierärztliche Vorschriften; je nach Land unterschiedliche erlaubte Bestandteile; Lagerbedingungen während des Vertriebs; Rechnungslegung; Etikettierung; Registrierungsvoraussetzungen.

    2.2.9.4. Folgende weitere Branchen sind im allgemeinen, also auch bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, von verschiedenen technischen Hemmnissen betroffen:

    - Pharmaprodukte: nationale Erstattungssysteme; Preiskontrollen; verbotene Bestandteile; Registrierungsverfahren.

    - Kraftfahrzeuge: unterschiedliche steuerliche Behandlung; Alter von Gebrauchtwagen.

    - Maschinenbau: hohe Kosten für Tests und Zulassungsverfahren; unterschiedliche Voltspannung; unterschiedliche Kraftstoffversorgung; unterschiedliche Steckverbindungen.

    - Spielwaren: Beschränkungen bei Werbemethoden; Sicherheitsanforderungen.

    - Medizinische Geräte.

    2.2.10. Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Bereiche, in denen die KMU mehr oder weniger große Schwierigkeiten haben, können unter den technischen Anforderungen, die der Ausschuß schon wiederholt in seinen Stellungnahmen behandelt hat, folgende als für KMU in Grenzregionen besonders relevant herausgehoben werden:

    2.2.10.1. Da pro Jahr etwa 500 Produktnormen festgelegt werden, die Anwendungs- oder Durchführungsnormen jedoch nicht mit der gleichen Geschwindigkeit folgen, entstehen ungewisse Situationen, die eine erhebliche Behinderung für die Aktivitäten derjenigen KMU darstellen können, die täglich grenzüberschreitend tätig sind und relativ knappe Termine einzuhalten haben, welche keine Verzögerungen aufgrund ungenauer technischer Vorschriften dulden.

    2.2.10.2. Die technischen Anforderungen in Verbindung mit Sicherheitsvorschriften wie bei Gas-, Strominstallationen und verschiedenen anderen Baubereichen können insofern Schwierigkeiten verursachen, als die bestehenden spezifischen Vorschriften in verschiedenen Mitgliedstaaten von den in dem jeweiligen Nachbarstaat geltenden abweichen. In solchen Fällen gilt es zu prüfen, ob Diskriminierung oder Wettbewerbsverzerrung vorliegt.

    2.2.10.3. Im allgemeinen erwarten die KMU in den Grenzregionen ständige Verbesserungen der Transparenz der technischen Anforderungen, die in den Nachbarstaaten gelten. Vom Sprachproblem abgesehen bestehen noch weitere Hemmnisse auf der Ebene der Festlegung und Interpretation technischer Vorschriften auf gemeinschaftlicher wie auch auf nationaler Ebene, die die grenzüberschreitenden Beziehungen beeinträchtigen können.

    2.2.10.4. Es kann nützlich sein, in den Grenzregionen stärker die Möglichkeiten und besten Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich des Transfers neuer Technologien zu untersuchen, ggf. in Zusammenarbeit mit Technologie- und Forschungseinrichtungen.

    3. Vorschläge

    3.1. Unbeschadet der Vorschläge des WSA in seinen etwa 60 Stellungnahmen zum Thema Binnenmarkt und unbeschadet der zahlreichen Empfehlungen der Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt, die diese seit ihrer Gründung 1994 abgegeben hat (), möchte der WSA zusätzlich zu den Schlußfolgerungen, die sich aus den verschiedenen, teils mit Hilfe der Kommission durchgeführten Untersuchungen, Studien und Analysen ergeben, an dieser Stelle noch einmal speziell auf verschiedene Aktionen und Maßnahmen hinweisen, die zur Verbesserung der oben beschriebenen Situation beitragen können und für die es verteilte Zuständigkeiten gibt.

    3.2. In die Zuständigkeit der EU fallende Aufgaben

    3.2.1. In den Berichten der Kommission zum Binnenmarkt finden sich in der Regel Feststellungen und Schlußfolgerungen zu makroökonomischen Problemen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat nichts gegen eine solche Evaluierung der Ergebnisse im Zusammenhang mit der Vollendung des Binnenmarktes einzuwenden. Er vertritt jedoch die Auffassung, daß die Situation berücksichtigt werden sollte, wie sie vor Ort, an der Basis, empfunden wird, in der "europäischen Provinz". Gerade die "kleinen Dinge" können für die Entwicklung der "großen Dinge" von wesentlicher Bedeutung sein. Die geplanten Stellungnahmen des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu spezifischen und punktuellen Problemen verdienen daher die Aufmerksamkeit der Kommission und des Rates.

    3.2.2. Nach Auffassung des Wirtschafts- und Sozialausschusses müssen zunächst zweifelsohne einige "Barrieren" beseitigt werden, die auf der Ebene der Kommission bestehen und eine systematische Koordinierung, Integration und Zusammenarbeit verhindern können. Als Beispiel sei hier die Forderung der betroffenen Kreise nach Veröffentlichung eines Vademecums für KMU in Grenzregionen genannt. Es versteht sich von selbst, daß ein solches Vorhaben eine wirksame Zusammenarbeit der verschiedenen Generaldirektionen erfordert, da die Gemeinschaftspolitiken und -aktionen in diesem Bereich verschiedene Politikfelder umfassen (im vorliegenden Fall sind dies: Regionalpolitik, Strukturfonds, Kohäsionsfonds, integriertes Programm zugunsten der KMU, Umweltschutz einschließlich Abfallbewirtschaftung, Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, gegenseitige Anerkennung von Diplomen und beruflichen Befähigungsnachweisen, Liberalisierung bestimmter Wirtschaftsbereiche, öffentliches Auftragswesen, Steuerwesen, Wettbewerbspolitik usw.). Dabei könnte auch auf die Mitarbeit der EU-Beratungsstellen für Unternehmen (Euro-Info-Center-EIC) zurückgegriffen werden.

    3.2.3. Der Ausschuß begrüßt die Einrichtung von Unterstützungsbüros für den grenzüberschreitenden Handel nach dem Vorbild des BDTE, das mit Unterstützung der Kommission in Frankreich und Belgien eingerichtet wurde. Initiativen dieser Art müßten stärker gefördert werden, v.a. in Regionen, die noch nicht über geeignete Organisationsstrukturen verfügen. Diese Büros müßten völlig unabhängig von den staatlichen Verwaltungen arbeiten und die Unterstützung der nationalen und regionalen Büros der Kommission und der EG-Beratungsstellen für Unternehmen (EIC) erhalten. Sie sollten in der Lage sein, die Gemeinschaftsbehörden über Hindernisse zu unterrichten, die dem Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sind, und ggf. den zuständigen Instanzen Beschwerden übermitteln.

    3.2.4. Die derzeitigen Anstrengungen der Kommission zur besseren Koordinierung der Aktivitäten werden vom Ausschuß gebührend gewürdigt. Der Ausschuß stellt darüber hinaus mit Genugtuung fest, daß die Kommission und der Rat einer stärkeren Integration der KMU in ihre verschiedenen Politiken Bedeutung beimessen. Seines Erachtens sollte diese allgemein positive Haltung nicht durch ein unentschuldbares Verkennen der in den Grenzregionen zu lösenden Probleme entwertet werden.

    3.2.5. In diesem Sinne fordert der Ausschuß die Kommission auf, die Erwägungen in dieser Stellungnahme zu berücksichtigen, wenn sie verschiedene Dokumente erstellt, die auf dem Arbeitsprogramm 1997 stehen. Zu erwähnen sind hier die von der GD XVI geplanten Arbeiten im Hinblick auf eine Empfehlung zur Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zu den Errungenschaften und Perspektiven der interregionalen Zusammenarbeit sowie schließlich eine weitere Mitteilung, die die Regional- und Wettbewerbspolitik behandeln soll.

    3.2.6. In den verschiedenen operationellen Programmen der Kommission zugunsten der KMU ist eine stärkere Öffnung und eine größere Anpassung der Vorschriften an die spezifischen Gegebenheiten in den Grenzregionen anzustreben (Programme LEONARDO, SOCRATES, CRAFT, BRITE-EURAM, INTERREG, LEADER, ADAPT, URBAN, INTERPRISE, EURES, LINGUA, Strukturfonds usw.).

    3.2.7. Die Zusammenarbeit innerhalb der Kommission in dem hier angesprochenen Bereich ließe sich höchstwahrscheinlich dadurch verbessern, daß der für die KMU zuständigen GD XXIII die Aufgabe übertragen wird, die Informationen zu sammeln und zu koordinieren, wozu auch ein systematischer Informations- und Gedankenaustausch mit der Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt des Wirtschafts- und Sozialausschusses gehören würde.

    3.2.8. Der Ausschuß fordert die Kommission auf, auch Vertreter der KMU, die sich der praktischen Probleme in den Grenzregionen bewußt sind, an den künftigen Arbeiten im Rahmen der SLIM-Initiative zu beteiligen. Dies gilt auch für die immer dringlicheren Arbeiten zur Kodifizierung der EU-Vorschriften.

    3.2.9. In der Mitteilung der Kommission über die "Wirkung und Wirksamkeit der Binnenmarktmaßnahmen" (KOM(96) 520 endg. vom 30. Oktober 1996) ist die Rede von einem Aktionsprogramm, das u.a. die Beseitigung der nach wie vor bestehenden Hemmnisse zum Ziel hat. Voraussetzung dafür, daß dieses Aktionsprogramm Wirkung zeigt, ist jedoch, daß dabei spezielle Formen der Anhörung vorgesehen werden, die eine Berücksichtigung der besonderen Situation in den Grenzregionen ermöglicht.

    3.2.10. Die mangelhaften Beschwerde- und Einspruchsmöglichkeiten für die Unternehmen und das Fehlen von raschen, nachvollziehbaren und wirksamen Antworten hierauf sowie die relative Machtlosigkeit der zwischengeschalteten Instanzen in bezug auf die Hemmnisse führen dazu, daß die KMU und ihre Vertreter ihren Glauben an die EU verlieren. Spätestens mit dem von der Kommission angekündigten Aktionsprogramm zum Funktionieren des Binnenmarktes muß daher ein adäquates Beschwerdeverfahren geschaffen werden. Im Vorfeld sollte eine Analyse über die derzeitige Situation der Beschwerdemöglichkeiten und Rechtswege durchgeführt werden.

    3.2.11. Ferner muß die Rolle der EU-Beratungsstellen für Unternehmen (EIC) bei der Übermittlung von Informationen über das Funktionieren des Binnenmarktes an die übergeordneten Stellen und die Basis klar definiert werden. Dabei muß sichergestellt werden, daß die von Seiten der zuständigen Verwaltungen auf Anfrage der EIC gelieferten Auskünfte in sich stimmig und zuverlässig sind. In diesem Sinne könnte sich eine Zusammenarbeit zwischen EIC für KMU und EIC für Verbraucher als nützlich erweisen.

    3.2.12. Zur Festlegung der Positionen, gemeinsamen Praktiken und geeigneten Maßnahmen sollte die Kommission kurzfristig in Zusammenarbeit mit der Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt ein System regelmäßiger Konsultationen mit den EIC, den BDTE und den betroffenen Berufsverbänden einführen. Besondere Beachtung verdient die Zweckmäßigkeit der einheitlichen Informations- und Beratungszentren (First-Stop-Shops).

    3.2.13. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß stellt fest, daß es in dem betreffenden Bereich Vermittlungsinstanzen und Hilfseinrichtungen gibt, von denen bereits interessante und innovative Initiativen ausgegangen sind, die jedoch häufig nicht wahrgenommen oder in ihrer Bedeutung unterschätzt werden. Es gilt, diese Einrichtungen in ihrer Arbeit zu bestärken.

    3.2.14. Der Ausschuß fordert die betroffenen Gremien auf, Aktionen und Programme zur Förderung der Integration der KMU in den Grenzregionen einzuführen und umzusetzen und zu diesem Zwecke ein Aktionsprogramm mit Anreizen in Form von Wettbewerben, Prämien oder Finanzvorteilen für die "besten Praktiken" zu planen, die ggf. anderen Grenzregionen als Vorbild dienen können.

    3.2.15. Im Prozeß der Erstellung und Anwendung technischer Normen befürwortet der Ausschuß die Unterstützung von Einrichtungen wie NORMAPME, das mit UEAPME verbunden ist und spezifische Probleme aufzeigen kann, die sich KMU im allgemeinen und jenen in Grenzregionen im besonderen stellen.

    3.3. In die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und regionalen Instanzen fallende Maßnahmen

    3.3.1. Ein Großteil der obigen Vorschläge, die der Ausschuß an die Kommission als unmittelbaren Ansprechpartner richtet, sollten auch in Aktionen einfließen, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten und regionalen Instanzen vorzuschlagen und umzusetzen sind.

    3.3.2. Eine korrekte Umsetzung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist zweifellos unerläßlich. Dabei müssen die nationalen Instanzen darauf achten, daß die Probleme der "Akteure" - insbesondere der KMU - in den Grenzregionen auch tatsächlich Beachtung finden.

    3.3.3. Durch konzertierte und wohlüberlegte Aktionen können die Mitgliedstaaten dazu beitragen, sprachliche Probleme zu verringern.

    3.3.4. Geeignete Informationen über Instanzen und Stellen, die als direkte und verbindliche Ansprechpartner dienen können, sowie eine zentrale Anlaufstelle für an die Mitgliedstaaten gerichtete Beschwerden der Unternehmen und ihrer Verbände könnten dazu beitragen, die für alle Parteien unerquickliche Situation gegenseitiger Unkenntnis zu beenden.

    3.3.5. Die Mitgliedstaaten und regionalen Instanzen täten gut daran, festgefügte und der Allgemeinheit bekannte Strukturen zu schaffen, die die Kontakte zu den zuständigen Behörden des oder der benachbarten Mitgliedstaaten ausbauen, und Maßnahmen zu treffen, die das Zustandekommen von pragmatischen Lösungen und bilateralen Vereinbarungen erleichtern. Dies ist deshalb so wichtig, weil auf diese Weise Hemmnisse beseitigt werden können, die nicht unbedingt auf Unterschiede in den gesetzlichen Bestimmungen zurückzuführen sind und daher auf pragmatische Weise angegangen werden können. Desgleichen würde auch die Einrichtung entsprechender Anlaufstellen bei der Kommission, die sich speziell mit den hier genannten Problemen befassen, dazu beitragen, das schwindende Vertrauen in den Binnenmarkt wieder herzustellen. In diesen Aufbauprozeß sollten die sozialen und wirtschaftlichen Gruppen soweit wie möglich einbezogen werden.

    3.3.6. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß ist sich darüber im klaren, daß Regierungen und Behörden auf eine solche Entwicklung aus unterschiedlichen, mehr oder weniger objektiven Gründen (Unterschiede in der Gesetzgebung und der Verwaltungspraxis) bzw. aus mehr oder weniger subjektiven Motiven heraus (Angst vor Ungewohntem, Gefühl der Unsicherheit, Hang zum Protektionismus) immer noch mit Ablehnung und Mißfallen reagieren. Deshalb sind Maßnahmen vonnöten, die zum Verständnis der Verhaltensweisen der jeweils anderen Seite beitragen, um einen für alle Beteiligten annehmbaren Modus vivendi zu finden. Hierbei ist der Rolle der lokalen und regionalen Instanzen ebenso Beachtung zu schenken wie den positiven Maßnahmen von seiten der Unternehmen und ihrer Fachverbände, die keinesfalls als zweitrangig zu betrachten sind, sondern im Gegenteil eine konkrete Förderung verdienen.

    3.3.7. Wenn die Kommission der Auffassung ist, daß die geltenden Gemeinschaftsvorschriften eine befriedigende Lösung für das Problem der technischen Anforderungen ermöglichen, ist darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit besteht, bilaterale Abkommen zu schließen, wodurch die Belastung für die KMU in Grenzregionen geringer wäre, wenn bestimmte Konsultationsbedingungen erfuellt wären.

    3.4. In die Zuständigkeit der Fachverbände, der Unterstützungseinrichtungen und der zwischengeschalteten Stellen fallende Maßnahmen

    3.4.1. Die Rolle der Fachverbände der KMU bei der Entwicklung der grenzüberschreitenden Aktivitäten und die positiven Auswirkungen ihrer Initiativen zur Sensibilisierung und Kooperation sind oben schon mehrfach erwähnt worden.

    3.4.2. Die Möglichkeiten dieser Einrichtungen, bei den KMU-Branchen zu intervenieren und diese zu überzeugen, sind jedoch begrenzt. Diese Möglichkeiten werden stark beeinträchtigt, wenn der Aufbau einer "Grenzkultur" ständig durch Handlungen und Reaktionen gestört wird, die zielstrebige Initiativen behindern und Zukunftsperspektiven verbauen. Es gibt ein breites Spektrum von Initiativen, die sich gegen protektionistische Bestrebungen, gegen Unzufriedenheit und Defaitismus richten und konkret folgende Formen annehmen können: glaubwürdige und direkte Informationskampagnen, Einführung geeigneter Aktions- und Reaktionsstrategien in den Unternehmen, die sich der Herausforderung grenzüberschreitender Tätigkeit stellen wollen, Unterstützung verschiedener Kooperationsformen, bei denen die Nützlichkeit und Notwendigkeit eines positiven Engagements aller Betroffenen in den Mittelpunkt gestellt wird, Verbesserung der Vergabe von Investitionskrediten - ggf. unter Beteiligung der in den Grenzregionen tätigen Geld- und Kreditinstitute -, Vorbringen von Argumenten auf der Grundlage einer richtigen Einschätzung der Realitäten und einer globaleren Sicht der Dinge und der Entwicklungsmöglichkeiten. Diese Arbeit ist nicht einfach und kann von verschiedener Seite kritisiert werden. Der Wert dieser Arbeit hängt somit von dem Willen und der Kraft ab, die Verantwortung für die Unterstützung der Unternehmen zu übernehmen und Turbulenzen aller Art zu bewältigen. Hier stellt sich wie in anderen Bereichen die entscheidende Frage des Glaubens an ein "Europa für die Bürger". Den politisch Verantwortlichen in der EU obliegt es, diesen Glauben nicht zu zerstören.

    3.4.3. Die unmittelbar betroffenen Einrichtungen sollten sich die Mühe machen, nicht nur die neuen Chancen zu erkennen, die sich den Unternehmen eröffnen, sondern auch die Gelegenheit zu ergreifen, neue Aktionen zu konzipieren und zu lancieren, die auf einen breiten Konsens in den Branchen und auch in den übrigen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen sowie unter den Verbrauchern im allgemeinen ausgerichtet sind; sie sollten darüber hinaus bestrebt sein, diese vielleicht neue Mittlerrolle zu erfuellen und ihre Strukturen, ihre Glaubwürdigkeit und Effizienz zu stärken.

    3.4.4. Da sich diese Einrichtungen auf die Anliegen und Erfolge der Unternehmen stützen, sollten sie alle Gesprächspartner anhören, verstehen und unterstützen, die dazu beitragen können, ein Klima zu schaffen, das es den Unternehmen ermöglicht, ihre Kräfte in einen erweiterten grenzüberschreitenden Markt einzubringen.

    3.4.5. Der Ausschuß ruft die europäischen Fachverbände der KMU auf, der in der vorliegenden Stellungnahme aufgezeigten Problematik besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Er bietet ihnen dabei seine effiziente und beständige Zusammenarbeit an.

    4. Schlußbemerkungen

    4.1. Angesichts der obigen Feststellungen und Vorschläge sind der Ausschuß und seine "Beobachtungsstelle für den Binnenmarkt" aufgerufen, gewisse Schlußfolgerungen zu ziehen hinsichtlich der Rolle, die sie in Zukunft als die wirtschaftlichen und sozialen Gruppen - einschließlich der KMU - vertretendes, beratendes Gremium der EU und als Einrichtung, die mit der Beobachtung des Funktionierens des Binnenmarktes befaßt ist, spielen können.

    4.2. Aufgrund seiner Beziehungen zu den wirtschaftlichen und sozialen Gruppen muß sich der Ausschuß Gedanken machen über die Verbesserung des Informationsflusses zwischen ihm und seinen Partnern im Hinblick auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten einer Einbindung der in Grenzregionen tätigen KMU in den Entwicklungsprozeß. Gleichzeitig geht es darum festzulegen, auf welche Weise eine systematischere Beobachtung der Folgemaßnahmen zu den Gemeinschaftspolitiken und -programmen und der von den in Grenzregionen operierenden Unternehmen erzielten Ergebnisse erreicht werden kann.

    4.3. Ausgehend von dieser Stellungnahme, der derzeitigen Feststellungen und vorzusehenden Maßnahmen beabsichtigt der Ausschuß, seine Rolle als direkter und bevorzugter Ansprechpartner der Kommission und des Europäischen Parlaments voll auszuschöpfen.

    4.4. Der Ausschuß wird im Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema untersuchen, wie am besten zur Sammlung und Verbreitung der gewonnenen Erfahrungen und insbesondere der in den verschiedenen Grenzregionen der Europäischen Union durchgeführten Modellaktionen beigetragen werden kann.

    Brüssel, den 23. April 1997.

    Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Tom JENKINS

    () In den Bereichen Handel, Handwerk, Tourismus, Dienstleistungen usw.

    () Strategisches Programm - Binnenmarkt, ABl. Nr. C 304 vom 10. 11. 1993, S. 10.

    Informationen über nationale Maßnahmen, die vom Grundsatz des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft abweichen, ABl. Nr. C 195 vom 18. 7. 1994, S. 6.

    Integriertes Programm für die KMU, Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für KMU und Zweiter Jahresbericht über die Europäische Beobachtungsstelle für KMU, ABl. Nr. C 102 vom 24. 4. 1995.

    Der Binnenmarkt 1994, ABl. Nr. C 39 vom 12. 2. 1996, S. 70.

    Jahresbericht Beobachtungsstelle für KMU, ABl. Nr. C 82 vom 19. 3. 1996.

    Der Binnenmarkt 1995, ABl. Nr. C 212 vom 22. 7. 1996, S. 40.

    Integriertes Programm für die KMU, ABl. Nr. C 56 vom 24. 2. 1997.

    () a) Es handelt sich hierbei um zwölf im Zeitraum 1995/1996 durchgeführte Studien über Klein- und Handwerksbetriebe in Grenzregionen, ferner um

    b) die Tätigkeitsberichte der sieben "Büros für grenzüberschreitende Unternehmensentwicklung" (BDTE), die in den Grenzregionen zwischen Österreich und Italien, dem Vereinigten Königreich und Irland, Spanien und Frankreich, Deutschland und Frankreich, Deutschland und Belgien, Frankreich und Belgien sowie Italien und Frankreich eingerichtet wurden.

    c) "Handwerk und Kleinunternehmen in Grenzregionen", eines der prioritären Themen der 2. Europäischen Konferenz für Handwerk und Kleinunternehmen, die am 26. und 27. September 1993 in Berlin stattfand.

    () Konsultationssitzung am 11. November 1996 in Luxemburg mit Teilnehmern aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Lothringen, der belgischen Provinz Luxemburg und dem Großherzogtum Luxemburg; sowie am 21. November 1996 in Innsbruck mit Teilnehmern aus Österreich, Italien und Bayern.

    () ABl. Nr. C 212 vom 22. 7. 1996.

    () - 34 % der gehandelten Waren sind bereits nach der alten Konzeption harmonisiert (Detailharmonisierung).

    - 17 % der gehandelten Waren sind nach der neuen Konzeption harmonisiert oder werden dies bald sein.

    - 25 % der gehandelten Produkte sind einzelstaatlichen technischen Vorschriften ohne jegliche Harmonisierung unterworfen und hängen damit vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung ab.

    - In 19 % der Fälle gibt es Vereinbarungen über eine gegenseitige Anerkennung, aber die Hälfte (10 %) davon betrifft Erzeugnisse, bei denen schon eine Harmonisierung nach der neuen Konzeption erfolgt ist.

    - In nur 15 % der Fälle gibt es weder eine Harmonisierung noch Vereinbarungen über eine gegenseitige Anerkennung.

    () Der Binnenmarkt 1993, ABl. Nr. C 393 vom 31. 12. 1994.

    Der Binnenmarkt 1994, ABl. Nr. C 39 vom 12. 2. 1996.

    Der Binnenmarkt 1995, ABl. Nr. C 212 vom 22. 7. 1996.

    Kommerzielle Kommunikationen, ABl. Nr. C 66 vom 3. 3. 1997.

    Technische Normen, ABl. Nr. C 212 vom 22. 7. 1996.

    Öffentliches Beschaffungswesen, ABl. Nr. C 212 vom 22. 7. 1996.

    Verschlüsselte Dienste, ABl. Nr. C 30 vom 30. 1. 1997.

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