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Document 32024Q02173

    Praktische Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof

    ABl. L, 2024/2173, 30.8.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2173/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2173/oj

    European flag

    Amtsblatt
    der Europäischen Union

    DE

    Reihe L


    2024/2173

    30.8.2024

    Praktische Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof

    INHALTSVERZEICHNIS

    (Die angegebenen Zahlen verweisen auf die Absatznummern)

    I.

    ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN 1 – 12
    Abschnitte des Verfahrens vor dem Gerichtshof und ihre wesentlichen Merkmale 1
    Vertretung der Parteien vor dem Gerichtshof 2 – 4
    Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof und Prozesskostenhilfe 5 – 8
    Schutz personenbezogener Daten 9 – 11
    Identifizierung anonymisierter Vorabentscheidungssachen 12

    II.

    SCHRIFTLICHES VERFAHREN 13 – 61
    Zweck des schriftlichen Verfahrens 13
    Das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung 14 – 17
    Das schriftliche Verfahren in Klageverfahren 18 – 24
    Klageschrift 18 – 19
    Klagebeantwortung 20 – 21
    Erwiderung und Gegenerwiderung 22
    Antrag auf Durchführung eines beschleunigten Verfahrens 23
    Anträge auf Aussetzung der Vollziehung oder auf einstweilige Anordnungen (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) 24
    Das schriftliche Verfahren in Rechtsmittelverfahren 25 – 38
    Rechtsmittelschrift 26 – 31
    Rechtsmittelbeantwortung 32 – 33
    Anschlussrechtsmittel 34
    Anschlussrechtsmittelbeantwortung 35
    Erwiderung und Gegenerwiderung 36 – 37
    Rechtsmittel gemäß Art. 57 der Satzung 38
    Vertraulichkeit in Rechtsmittelverfahren 39 – 40
    Streithilfe in Klage- und Rechtsmittelverfahren 41 – 47
    Antrag auf Zulassung zur Streithilfe 41
    Stellungnahme Antrag auf Zulassung zur Streithilfe 42
    Streithilfeschriftsatz 43
    Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz 44
    Verspätete Anträge auf Zulassung zur Streithilfe 45
    Streithilfe im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder eines beschleunigten Verfahrens 46
    Ausschluss der Streithilfe in Vorabentscheidungssachen 47
    Form und Struktur der Verfahrensschriftstücke 48 – 54
    Einreichung und Übermittlung der Verfahrensschriftstücke 55 – 61

    III.

    MÜNDLICHES VERFAHREN 62 - 90
    Zweck der mündlichen Verhandlung 63
    Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung 64
    Ladung zur mündlichen Verhandlung und Notwendigkeit einer raschen und vollständigen Beantwortung dieser Ladung 65 - 66
    Vorkehrungen im Hinblick auf die mündliche Verhandlung 67 - 69
    Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz 70 - 73
    Üblicher Ablauf einer mündlichen Verhandlung 74
    Erster Abschnitt der mündlichen Verhandlung: mündliche Ausführungen 75 - 77
    Zweck der mündlichen Ausführungen 75
    Redezeit und deren etwaige Verlängerung 76
    Zahl der Vortragenden 77
    Zweiter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs 78 - 79
    Dritter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: abschließende Erwiderungen 80
    Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten 81
    In der mündlichen Verhandlung verwendete Sprachen 82 - 84
    Bedeutung und Erfordernisse des Simultandolmetschens 85 - 86
    Nach Schluss der mündlichen Verhandlung 87 - 88
    Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts und Verkündung des Endurteils 89 - 90

    IV.

    SCHLUSSBESTIMMUNGEN 91 - 92

    DER GERICHTSHOF —

    gestützt auf die Verfahrensordnung, insbesondere Art. 208,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 10. Dezember 2019 erließ der Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 208 seiner Verfahrensordnung neue Praktische Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof (1). Diese Anweisungen sollten sowohl die bei der Anwendung der Verfahrensordnung sieben Jahre nach ihrem Inkrafttreten am 1. November 2012 gesammelten Erfahrungen berücksichtigen als auch bestimmten wichtigen Entwicklungen bei der Rechtsetzung, u. a. im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten und im Verfahrensbereich nach der Einführung eines Mechanismus der vorherigen Zulassung für bestimmte Kategorien von Rechtsmitteln, Rechnung tragen.

    (2)

    Seit dem Inkrafttreten dieser Anweisungen am 1. März 2020 hat es jedoch einige wichtige weitere Entwicklungen gegeben, und zwar sowohl in technischer Hinsicht als auch im Bereich der Rechtsetzung.

    (3)

    Zum einen hat der Gerichtshof sich im Kontext der mit der Covid-19-Pandemie verbundenen Gesundheitskrise mit den notwendigen Instrumenten und technischen Mitteln ausgestattet, um die Übertragung seiner mündlichen Verhandlungen im Internet zu ermöglichen und den Parteien bzw. den in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, die daran gehindert sind, physisch an der Verhandlung teilzunehmen, die Möglichkeit zu bieten, vorbehaltlich der Einhaltung mehrerer rechtlicher und technischer Voraussetzungen per Videokonferenz daran teilzunehmen.

    (4)

    Zum anderen sind das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung des Gerichtshofs geändert worden, um insbesondere vorzusehen, dass der Gerichtshof die in Vorabentscheidungssachen eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss der Rechtssache veröffentlicht, sofern der Verfasser dem nicht widerspricht (2).

    (5)

    Im Interesse einer geordneten Rechtspflege und der besseren Lesbarkeit halber sind daher neue Praktische Anweisungen zu erlassen, die den genannten Entwicklungen Rechnung tragen und den Parteien darüber hinaus weitere Klarstellungen zu mehreren praktischen Fragen im Zusammenhang mit dem schriftlichen und dem mündlichen Verfahren bieten.

    (6)

    Wie die Anweisungen, die sie ersetzen, sollen auch diese neuen Anweisungen, die für alle beim Gerichtshof anhängigen Kategorien von Rechtssachen gelten, nicht an die Stelle der einschlägigen Bestimmungen der Satzung und der Verfahrensordnung treten. Sie sollen es den Parteien und ihren Vertretern ermöglichen, die Tragweite dieser Bestimmungen besser zu verstehen und den Ablauf des Verfahrens vor dem Gerichtshof genauer zu erfassen, insbesondere die Zwänge, denen der Gerichtshof vor allem hinsichtlich der Behandlung und Übersetzung der Verfahrensschriftstücke oder der Simultanverdolmetschung der in den mündlichen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen unterliegt. Die Beachtung und Berücksichtigung dieser Anweisungen stellen sowohl für die Parteien als auch für den Gerichtshof die beste Garantie für eine optimale Behandlung der Rechtssachen durch das Rechtsprechungsorgan dar —

    ERLÄSST FOLGENDE PRAKTISCHE ANWEISUNGEN:

    I.   ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

    Abschnitte des Verfahrens vor dem Gerichtshof und ihre wesentlichen Merkmale

    1.

    Vorbehaltlich besonderer Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Satzung) oder der Verfahrensordnung umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof in der Regel ein schriftliches und ein mündliches Verfahren. Das schriftliche Verfahren dient dem Zweck, dem Gerichtshof die Rügen, die Klage- und Verteidigungsgründe oder Argumente der Parteien des Verfahrens oder, in Vorlagesachen, die Erklärungen darzulegen, die die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zu den von den Gerichten der Mitgliedstaaten der Union gestellten Fragen abgeben möchten. Wenn es sich als notwendig erweist, wird das schriftliche Verfahren durch ein mündliches Verfahren ergänzt. Dieses Verfahren soll es dem Gerichtshof ermöglichen, seine Kenntnis der Rechtssache durch Anhörung der Parteien bzw. der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung und/oder durch Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts zu vervollständigen.

    Vertretung der Parteien vor dem Gerichtshof

    2.

    Gemäß Art. 19 der Satzung müssen die Parteien im Verfahren vor dem Gerichtshof zwingend durch eine insoweit ordnungsgemäß ermächtigte Person vertreten sein. Anders als die Mitgliedstaaten, die anderen Vertragsstaaten des Abkommens des Europäischen Wirtschaftsraums (im Folgenden: EWR-Abkommen), die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (im Folgenden: EFTA) sowie die Unionsorgane, die in der Regel durch einen Bevollmächtigten vertreten werden, der für jede Sache bestellt wird, werden die anderen Parteien des Verfahrens durch einen Anwalt vertreten, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten. Der entsprechende Nachweis muss auf Verlangen in jedem Verfahrensstadium erbracht werden können. Den Anwälten gleichgestellt sind nach Art. 19 Abs. 7 der Satzung Hochschullehrer, die Angehörige von Mitgliedstaaten sind, deren Rechtsordnung ihnen gestattet, vor Gericht als Vertreter einer Partei aufzutreten.

    3.

    In Vorabentscheidungssachen trägt der Gerichtshof hinsichtlich der Vertretung der Parteien des Ausgangsrechtsstreits jedoch den vor dem vorlegenden Gericht geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung. Jede Person, die befugt ist, vor diesem Gericht eine Partei zu vertreten, kann sie daher auch vor dem Gerichtshof vertreten. Lassen die nationalen Verfahrensvorschriften dies zu, können die Parteien des Ausgangsrechtsstreits selbst schriftliche und mündliche Ausführungen machen. Bestehen insoweit Zweifel, kann der Gerichtshof jederzeit Auskünfte von diesen Parteien, ihren Vertretern oder dem vorlegenden Gericht einholen.

    4.

    In Klage- und Rechtsmittelverfahren sind die Bevollmächtigten und Anwälte, die eine Partei vertreten, gemäß Art. 119 Abs. 2 und Art. 168 Abs. 2 der Verfahrensordnung außerdem verpflichtet, bei der Kanzlei eine amtliche Urkunde oder eine Vollmacht jüngeren Datums zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass sie berechtigt sind, diese Partei im Rahmen des Verfahrens vor dem Gerichtshof zu vertreten.

    Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof und Prozesskostenhilfe

    5.

    Vorbehaltlich Art. 143 der Verfahrensordnung ist das Verfahren vor dem Gerichtshof kostenfrei; für die Erhebung einer Klage oder die Einreichung eines Verfahrensschriftstücks fallen dem Gerichtshof gegenüber keinerlei Gebühren oder sonstige Abgaben an. Die in den Art. 137 ff. der Verfahrensordnung genannten Kosten umfassen ausschließlich die sogenannten „erstattungsfähigen“ Kosten, d. h. etwaige Leistungen an Zeugen und Sachverständige sowie die für das Verfahren vor dem Gerichtshof notwendigen Aufwendungen der Parteien im Zusammenhang mit der Vergütung ihres Vertreters und dessen Aufwendungen für die Reise und den Aufenthalt in Luxemburg, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Der Gerichtshof entscheidet im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten und setzt diese fest, während es in Vorlagesachen dem vorlegenden Gericht obliegt, über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

    6.

    Ist eine Partei oder, in Vorlagesachen, eine Partei des Ausgangsrechtsstreits außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann sie jederzeit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen. Ein solcher Antrag kann jedoch nur berücksichtigt werden, wenn er die in den Art. 115 bis 118 (Vorabentscheidungsverfahren) bzw. 185 bis 189 (Rechtsmittelverfahren) der Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt und ihm alle notwendigen Auskünfte und Belege beigefügt sind, die dem Gerichtshof eine Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist es daher wichtig, dass eine Partei, die Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen möchte, dem Gerichtshof sowohl Dokumente vorlegt, die ihre Einkünfte und Bezüge verschiedener Art belegen (z. B. eine Gehaltsabrechnung, einen Bankkontoauszug oder eine von einer Behörde oder einem Sozialversicherungsträger ausgestellte Bescheinigung), als auch Dokumente betreffend die Ausgaben, die sie zu bestreiten hat (z. B. einen Miet- oder Kreditvertrag, eine Bescheinigung über die Schulgebühren eines unterhaltsberechtigten Kindes, eine Honorarrechnung oder sonstige Rechnungen).

    7.

    Da der Gerichtshof in Vorlagesachen auf Ersuchen eines Gerichts eines Mitgliedstaats entscheidet, müssen die Parteien des Ausgangsrechtsstreits Prozesskostenhilfe vorrangig bei diesem Gericht oder den zuständigen Stellen des betreffenden Mitgliedstaats beantragen; die vom Gerichtshof gewährte Hilfe ist gegenüber der auf nationaler Ebene gewährten Hilfe nachrangig.

    8.

    Gibt der Gerichtshof einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe statt, trägt er ausschließlich — gegebenenfalls in den von ihm festgesetzten Grenzen — die Kosten der Unterstützung und der Vertretung des Antragstellers vor dem Gerichtshof. Nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung können diese Kosten später mit der Entscheidung, mit der das Verfahren beendet und über die Kosten entschieden wird, vom Gerichtshof wieder zurückgefordert werden. Der Spruchkörper, der über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden hat, kann diese außerdem jederzeit entziehen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Lauf des Verfahrens ändern.

    Schutz personenbezogener Daten

    9.

    In dem Bestreben, einen bestmöglichen Schutz personenbezogener Daten, insbesondere im Rahmen der Veröffentlichungen, die er hinsichtlich der bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen vornimmt, zu erreichen, behandelt der Gerichtshof die Vorabentscheidungssachen in der Regel in anonymisierter Weise. Dieser Ansatz bedeutet in der Praxis, dass wenn das vorlegende Gericht das Vorabentscheidungsersuchen anonymisiert hat oder entschieden hat, Daten betreffend natürliche Personen oder Einrichtungen, die von dem Ausgangsrechtsstreit betroffen sind, wegzulassen, der Gerichtshof in dem bei ihm anhängigen Verfahren an dieser Anonymisierung oder diesem Weglassen festhält. Andernfalls — und sofern nicht besondere Umstände vorliegen — macht der Gerichtshof Namen und Vornamen der im Vorabentscheidungsersuchen genannten natürlichen Personen sowie gegebenenfalls weitere Angaben, die eine Wiedererkennung ermöglichen könnten, selbst unkenntlich. Um die Wirksamkeit der insoweit getroffenen Maßnahmen zu gewährleisten, haben alle in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten davon abzusehen, in ihren Schriftsätzen oder schriftlichen oder mündlichen Erklärungen Angaben zu machen, die im Vorabentscheidungsersuchen unkenntlich gemacht worden sind.

    10.

    Dasselbe gilt für Rechtsmittelsachen. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, wahrt der Gerichtshof die vom Gericht gewährte Anonymität, und die Parteien des Verfahrens sind aufgefordert, diese Anonymität im Rahmen des Verfahrens vor dem Gerichtshof ebenfalls zu wahren.

    11.

    Wünscht eine Partei, dass ihre Identität oder bestimmte sie betreffende Angaben im Rahmen einer beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache vertraulich behandelt werden — oder umgekehrt, dass ihre Identität oder diese Angaben im Rahmen dieser Rechtssache nicht vertraulich behandelt werden —, kann sie sich an den Gerichtshof wenden, damit dieser entscheidet, ob eine vollständige oder teilweise Anonymisierung der fraglichen Rechtssache vorzunehmen bzw. die bereits gewährte Anonymität beizubehalten ist. Ein solches Ersuchen muss allerdings, um wirksam zu sein, so rasch wie möglich gestellt werden. Wegen der weit verbreiteten Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien wird einer Anonymisierung nämlich jede praktische Wirksamkeit genommen, wenn die Mitteilung zur betreffenden Rechtssache bereits im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht oder, in Vorlagesachen, das Vorabentscheidungsersuchen — ungefähr einen Monat nach seiner Einreichung beim Gerichtshof — bereits an die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt worden ist.

    Identifizierung anonymisierter Vorabentscheidungssachen

    12.

    In der Regel wird den anonymisierten Vorabentscheidungssachen vom Gerichtshof ein fiktiver Name zugewiesen. Dieser fiktive Name entspricht nicht den echten Namen der Parteien des Verfahrens und grundsätzlich auch nicht existierenden Namen. Er dient allein dazu, die Benennung und Identifizierung anonymisierter Rechtssachen zu erleichtern.

    II.   SCHRIFTLICHES VERFAHREN

    Zweck des schriftlichen Verfahrens

    13.

    Das schriftliche Verfahren spielt eine wesentliche Rolle bei der Befassung des Gerichtshofs mit der Rechtssache. Dieser Verfahrensabschnitt muss es ihm ermöglichen, sich durch die eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen eine genaue Vorstellung vom Gegenstand der bei ihm anhängigen Rechtssache und deren Bedeutung zu machen. Auch wenn dies für alle beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen gilt, sind Ablauf und Konturen des schriftlichen Verfahrens bei den verschiedenen Verfahrensarten jedoch unterschiedlich. Während die Parteien in Klage- und Rechtsmittelverfahren aufgefordert sind, zu den von den anderen Parteien des Verfahrens eingereichten Schriftsätzen Stellung zu nehmen, ist das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung nicht kontradiktorisch, da die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten lediglich aufgefordert sind, ihre etwaigen Erklärungen zu den Vorlagefragen eines nationalen Gerichts einzureichen, ohne grundsätzlich Kenntnis davon zu haben, wie sich die anderen Beteiligten zu diesen Fragen verhalten. Daraus ergeben sich andere Anforderungen sowohl hinsichtlich der Form und des Inhalts dieser Erklärungen als auch bezüglich des weiteren Ablaufs des Verfahrens. Zu beachten ist jedoch, dass die Mehrzahl der im schriftlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen übersetzt werden müssen. Daher sind kurze und einfache Sätze vorzuziehen, und die Argumentation der Parteien muss in dem Schriftsatz oder den Erklärungen enthalten sein und darf nicht in den eventuell beigefügten Anlagen enthalten sein.

    Das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung

    14.

    Da das Vorabentscheidungsverfahren kein streitiges Verfahren ist, unterliegt die Einreichung der Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen durch die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten keinen besonderen Formerfordernissen. Wird ihnen durch den Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen zugestellt, können sie daher, wenn sie es wünschen, einen Schriftsatz einreichen, in dem sie zum Ersuchen des vorlegenden Gerichts Stellung nehmen. Der Zweck dieses Schriftsatzes — der innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten (zuzüglich einer pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) ab Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens einzureichen ist — liegt darin, dem Gerichtshof Aufschluss über die Tragweite dieses Ersuchens und insbesondere darüber zu verschaffen, wie die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu beantworten sind.

    15.

    Diese Stellungnahme sollte zwar vollständig sein und vor allem die Argumentation enthalten, die die Antwort des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen stützen kann, es ist jedoch nicht erforderlich, den in der Vorlageentscheidung dargelegten rechtlichen oder tatsächlichen Rahmen des Rechtsstreits noch einmal aufzugreifen, es sei denn, er gibt Anlass zu ergänzenden Bemerkungen. Vorbehaltlich besonderer Umstände oder spezieller Bestimmungen der Verfahrensordnung, in denen wegen der Dringlichkeit der Rechtssache eine Beschränkung der Länge der Schriftsätze vorgesehen ist, sollten die in einer Vorabentscheidungssache eingereichten schriftlichen Erklärungen 20 Seiten nicht überschreiten.

    16.

    Wie sich aus Art. 96 Abs. 3 der Verfahrensordnung ergibt, werden die in Vorabentscheidungssachen eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen nach Verkündung des Urteils bzw. Zustellung des Beschlusses, mit dem über die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen entschieden wird, auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union veröffentlicht, es sei denn, einer der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten widerspricht der Veröffentlichung seines Schriftsatzes oder seiner Erklärungen. In Anbetracht dessen ist es somit von wesentlicher Bedeutung, dass die eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen keine personenbezogenen Daten enthalten.

    17.

    Ist ein in Art. 23 der Satzung bezeichneter Beteiligter der Ansicht, dass sein Schriftsatz bzw. seine Erklärungen nicht auf der vorstehend genannten Internetseite veröffentlicht werden sollten, so hat er dies ausdrücklich zu erklären, und zwar entweder in dem Begleitschreiben zur Übermittlung dieses Schriftsatzes bzw. dieser Erklärungen oder in einem gesonderten Schreiben, das der Kanzlei in einem späteren Stadium des Verfahrens übermittelt wird, jedenfalls aber innerhalb von drei Monaten nach Verkündung des Urteils bzw. Zustellung des das Verfahren beendenden Beschlusses.

    Das schriftliche Verfahren in Klageverfahren

    Klageschrift

    18.

    Da das Klageverfahren ein streitiges Verfahren ist, unterliegt sein schriftliches Verfahren strengeren Regeln. Diese sind in den Art. 119 ff. (Vierter Titel) der Verfahrensordnung niedergelegt und betreffen sowohl die Vorgabe, dass die Parteien durch einen Bevollmächtigten oder Anwalt vertreten sein müssen, als auch die formellen Anforderungen an den Inhalt und die Vorlage von Schriftsätzen. Insbesondere ergibt sich aus Art. 120 der Verfahrensordnung, dass in der Klageschrift neben Namen und Wohnsitz des Klägers und der Bezeichnung des Beklagten der Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente, gegebenenfalls durch Beweise oder Beweisangebote untermauert, sowie die Anträge des Klägers genau anzugeben sind. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben führt zur Unzulässigkeit der Klageschrift, die, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 30 Seiten nicht überschreiten sollte.

    19.

    Nach Art. 120 Buchst. c der Verfahrensordnung ist der Klageschrift außerdem zwingend eine kurze Darstellung der Klagegründe beizufügen. Diese Darstellung — die nicht länger sein sollte als zwei Seiten — soll die Abfassung der Mitteilung zu jeder beim Gerichtshof anhängig gemachten Rechtssache erleichtern, die nach Art. 21 Abs. 4 der Verfahrensordnung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen ist.

    Klagebeantwortung

    20.

    Für die in Art. 124 der Verfahrensordnung geregelte Klagebeantwortung gelten grundsätzlich dieselben Formerfordernisse wie für die Klageschrift. Sie ist binnen zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift einzureichen. Diese Frist — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — kann nur ausnahmsweise verlängert werden; hierfür muss rechtzeitig ein gebührend begründeter Antrag gestellt werden, in dem die Umstände dargelegt sind, die eine solche Verlängerung rechtfertigen können.

    21.

    Da der rechtliche Rahmen des Verfahrens durch die Klageschrift festgelegt wird, ist das Vorbringen in der Klagebeantwortung so weit wie möglich anhand der in der Klageschrift geltend gemachten Klagegründe oder Rügen zu gliedern. Das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Lauf des Verfahrens ist unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Darüber hinaus ist der rechtliche und tatsächliche Rahmen des Rechtsstreits in der Klagebeantwortung nur insoweit vorzutragen, als seine Darstellung in der Klageschrift bestritten wird oder weiterer Angaben bedarf. Wie die Klageschrift sollte auch die Klagebeantwortung, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 30 Seiten nicht überschreiten.

    Erwiderung und Gegenerwiderung

    22.

    Wenn sie es für erforderlich halten, können Kläger und Beklagter ihr Vorbringen ergänzen, und zwar der Kläger durch eine Erwiderung und der Beklagte durch eine Gegenerwiderung. Für diese Schriftsätze gelten dieselben Formerfordernisse wie für die Klageschrift und die Klagebeantwortung, sie müssen aufgrund ihres fakultativen und ergänzenden Charakters jedoch zwangsläufig kürzer sein als diese. Da der Rahmen des Rechtsstreits und die in Rede stehenden Klage- und Verteidigungsgründe oder Rügen in der Klageschrift und der Klagebeantwortung eingehend dargelegt (bzw. bestritten) wurden, liegt der Zweck der Erwiderung und der Gegenerwiderung allein darin, es dem Kläger und dem Beklagten zu ermöglichen, ihre Auffassung zu erläutern oder ihr Vorbringen zu einer wichtigen Frage zu präzisieren, wobei der Präsident im Übrigen gemäß Art. 126 der Verfahrensordnung selbst auch festlegen kann, auf welche Punkte sich die Erwiderung und die Gegenerwiderung beziehen sollten. Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, sollten Erwiderung und Gegenerwiderung daher nicht länger sein als etwa zehn Seiten. Sie sind innerhalb der vom Gerichtshof bestimmten Fristen bei der Kanzlei einzureichen; eine Verlängerung dieser Fristen wird vom Präsidenten nur ausnahmsweise und auf gebührend begründeten Antrag gewährt.

    Antrag auf Durchführung eines beschleunigten Verfahrens

    23.

    Erfordert die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung, kann der Kläger oder der Beklagte beantragen, die Rechtssache einem von den Bestimmungen der Verfahrensordnung abweichenden beschleunigten Verfahren zu unterwerfen. Diese in Art. 133 der Verfahrensordnung vorgesehene Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn mit gesondertem Schriftsatz ein entsprechender Antrag eingereicht wird, in dem ausführlich die Gründe dargelegt werden, die die Durchführung eines solchen Verfahrens rechtfertigen können. Wird dem Antrag stattgegeben, kommt es zu einer Anpassung des schriftlichen Verfahrens. Die üblichen Fristen für die Einreichung von Schriftsätzen und deren zulässige Länge können nämlich kürzer sein, und eine Erwiderung, eine Gegenerwiderung oder ein Streithilfeschriftsatz kann gemäß Art. 134 der Verfahrensordnung nur dann eingereicht werden, wenn der Präsident dies für erforderlich hält.

    Anträge auf Aussetzung der Vollziehung oder auf einstweilige Anordnungen (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes)

    24.

    Mit einer Klage kann auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Handlung oder ein Antrag auf einstweilige Anordnungen nach den Art. 278 bzw. 279 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AEUV) verbunden werden. Gemäß Art. 160 der Verfahrensordnung ist ein solcher Antrag jedoch nur dann zulässig, wenn er von dem Antragsteller, der die betreffende Handlung beim Gerichtshof angefochten hat, oder von einer Partei des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gestellt wird. Der Antrag ist mit gesondertem Schriftsatz einzureichen und muss sowohl den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit einer Entscheidung ergibt, als auch die den Erlass der beantragten Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe („fumus boni iuris“) anführen. In der Regel wird die Antragsschrift dann der anderen Partei des Verfahrens zugestellt, der vom Präsidenten eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme gesetzt wird. Bei besonderer Dringlichkeit kann der Präsident dem Antrag auch schon vor einer solchen Stellungnahme vorläufig stattgeben.

    Das schriftliche Verfahren in Rechtsmittelverfahren

    25.

    Das schriftliche Verfahren im Rechtsmittelverfahren weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem schriftlichen Verfahren in Klageverfahren auf. Die einschlägigen Vorschriften finden sich in den Art. 167 ff. (Fünfter Titel) der Verfahrensordnung, die auch den notwendigen Inhalt einer Rechtsmittelschrift und einer Rechtsmittelbeantwortung sowie die Tragweite der darin enthaltenen Anträge regeln.

    Rechtsmittelschrift

    26.

    Wie sich aus den Art. 168 und 169 der Verfahrensordnung — die insoweit die Art. 56 bis 58 der Satzung ergänzen — ergibt, kann sich ein Rechtsmittel nicht gegen eine Handlung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union richten, sondern muss gegen die Entscheidung des Gerichts gerichtet sein, mit dem dieses in erster Instanz über die Klage gegen diese Handlung entschieden hat. Daraus folgt, dass die Rechtsmittelanträge zwingend auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts in der Gestalt der Entscheidungsformel gerichtet sein müssen und sich nicht auf die Nichtigerklärung der vor dem Gericht angefochtenen Handlung richten dürfen. Nur wenn das Rechtsmittel für begründet erklärt wird, kann der Gerichtshof den erstinstanzlichen Anträgen vollständig oder teilweise stattgeben; neue Anträge sind nicht zulässig. Daher müssen die in der Rechtsmittelschrift — die, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 25 Seiten nicht überschreiten sollte — geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen und substantiiert die Gründe darlegen, aus denen diese rechtsfehlerhaft sein soll; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.

    27.

    Um die Abfassung der Mitteilung zu erleichtern, die nach Art. 21 Abs. 4 der Verfahrensordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird, muss der Rechtsmittelführer der Rechtsmittelschrift außerdem eine kurze Darstellung der Rechtsmittelgründe von höchstens zwei Seiten Länge beifügen.

    28.

    Der Rechtsmittelschrift sind außerdem Unterlagen beizufügen, die die Einhaltung der in Art. 19 der Satzung festgelegten und in Art. 119 der Verfahrensordnung übernommenen Anforderungen bescheinigen. Dabei handelt es sich zum einen um den Ausweis, mit dem bescheinigt wird, dass der Anwalt, der den Rechtsmittelführer vertritt, berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten, und zum anderen um eine amtliche Urkunde oder eine vom Rechtsmittelführer erteilte Vollmacht jüngeren Datums, aus der hervorgeht, dass der Anwalt berechtigt ist, den Rechtsmittelführer im Rahmen des Verfahrens vor dem Gerichtshof zu vertreten. Eine Urkunde oder eine Vollmacht, die im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht vorgelegt worden ist, wird nur berücksichtigt, wenn darin ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sie auch ein etwaiges späteres Verfahren vor dem Gerichtshof umfasst.

    29.

    In den Fällen von Art. 58a der Satzung hat der Rechtsmittelführer seiner Rechtsmittelschrift außerdem einen von dieser gesonderten Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen. Dieser Antrag von höchstens sieben Seiten Länge muss sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und, sollte dieses teilweise zugelassen werden, die Rechtsmittelgründe zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss.

    30.

    Der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels muss in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die mit jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, und darlegen, warum diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist.

    31.

    Nach Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung führt das Fehlen eines solchen Antrags dazu, dass das Rechtsmittel insgesamt unzulässig ist.

    Rechtsmittelbeantwortung

    32.

    Innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten ab Zustellung der Rechtsmittelschrift — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — kann jede Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Rechtsmittels hat, eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Wurde die Rechtssache, die Gegenstand des Rechtsmittels vor dem Gerichtshof ist, im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht mit einer oder mehreren anderen Rechtssachen verbunden, so werden die Parteien dieser anderen Rechtssachen nicht automatisch zu Parteien vor dem Gerichtshof. Sie können nur dann eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen, wenn sie auch Parteien der Rechtssache sind, die Gegenstand des Rechtsmittels ist.

    33.

    Der Inhalt der Rechtsmittelbeantwortung unterliegt den Anforderungen von Art. 173 der Verfahrensordnung, und die Anträge müssen nach Art. 174 der Verfahrensordnung auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels gerichtet sein. Die Rechtsausführungen in der Rechtsmittelbeantwortung sollten so weit wie möglich anhand der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgründe gegliedert sein. Es ist jedoch nicht erforderlich, darin den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits wiederzugeben, es sei denn, seine Darstellung in der Rechtsmittelschrift wird bestritten oder gibt Anlass zu weiteren Erläuterungen. Dagegen muss eine vollständige oder teilweise Unzulässigkeit des Rechtsmittels in der Rechtsmittelbeantwortung selbst gerügt werden, da die — in Art. 151 der Verfahrensordnung vorgesehene — Möglichkeit, mit gesondertem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit der Klage zu erheben, bei Rechtsmitteln nicht besteht. Wie die Rechtsmittelschrift sollte auch die Rechtsmittelbeantwortung, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 25 Seiten nicht überschreiten.

    Anschlussrechtsmittel

    34.

    Will eine Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, der die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist, die Entscheidung des Gerichts in einem Aspekt beanstanden, der in der Rechtsmittelschrift nicht aufgegriffen worden ist, muss sie ein Anschlussrechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen. Dieses Rechtsmittel ist mit gesondertem Schriftsatz innerhalb derselben, nicht verlängerbaren Frist, wie sie für die Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung gilt, einzulegen und muss den Anforderungen der Art. 177 und 178 der Verfahrensordnung entsprechen. Die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente müssen sich von den in der Rechtsmittelbeantwortung geltend gemachten unterscheiden.

    Anschlussrechtsmittelbeantwortung

    35.

    Wird ein solches Anschlussrechtsmittel eingelegt, kann der Rechtsmittelführer ebenso wie jede andere Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Anschlussrechtsmittels hat, eine Beantwortung einreichen, deren Gegenstand auf die mit dem Anschlussrechtsmittel geltend gemachten Gründe zu begrenzen ist. Nach Art. 179 der Verfahrensordnung ist diese Anschlussrechtsmittelbeantwortung innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Anschlussrechtsmittelschrift (zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) einzureichen.

    Erwiderung und Gegenerwiderung

    36.

    Die Rechtsmittelschrift und ihre Beantwortung sowie die Anschlussrechtsmittelschrift und ihre Beantwortung können durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, insbesondere damit die Parteien zu einer Unzulässigkeitseinrede oder zu in der/den Beantwortung(en) geltend gemachten neuen Gesichtspunkten Stellung nehmen können. Im Unterschied zur Regelung bei den Klageverfahren setzt dies jedoch eine ausdrückliche Genehmigung durch den Präsidenten des Gerichtshofs voraus. Zu diesem Zweck muss der (Anschluss-)Rechtsmittelführer innerhalb von sieben Tagen (zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) nach Zustellung der (Anschluss-)Rechtsmittelbeantwortung(en) einen gebührend begründeten Antrag stellen, in dem er die Gründe darlegt, aus denen er eine Erwiderung für erforderlich hält. Dieser Antrag — der drei Seiten nicht überschreiten sollte — muss aus sich heraus verständlich sein, ohne dass es einer Heranziehung der (Anschluss-)Rechtsmittelschrift oder ihrer Beantwortung bedarf.

    37.

    Aufgrund der Besonderheit der Rechtsmittel, die auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt sind, kann der Präsident außerdem, wenn er dem Antrag auf Erwiderung stattgibt, den Gegenstand und die Seitenzahl dieses Schriftsatzes sowie der darauf folgenden Gegenerwiderung begrenzen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist wesentliche Voraussetzung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens. Das Überschreiten der zulässigen Seitenzahl oder das Aufwerfen anderer Fragen in der Erwiderung oder Gegenerwiderung führt dazu, dass der Schriftsatz seinem Verfasser zurückgesandt wird.

    Rechtsmittel gemäß Art. 57 der Satzung

    38.

    Die in den Nrn. 25 bis 37 dieser Anweisungen angeführten Regeln gelten allerdings nicht uneingeschränkt für die Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts, mit denen ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe abgelehnt wird, oder solche, die auf einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach den Art. 278 oder 279 AEUV ergehen. Gemäß Art. 57 Abs. 3 der Satzung unterliegen solche Rechtsmittel nämlich demselben Verfahren wie ein unmittelbar beim Gerichtshof gestellter Antrag auf Erlass einstweiliger Anordnungen. Den Parteien wird daher eine kurze Frist für die Einreichung etwaiger Stellungnahmen zum Rechtsmittel gesetzt, und der Gerichtshof entscheidet über dieses ohne zusätzliches schriftliches Verfahren und ohne mündliches Verfahren.

    Vertraulichkeit in Rechtsmittelverfahren

    39.

    Wie sich aus den vorstehenden Bestimmungen ergibt, werden die Rechtsmittelschrift und die in der Folge eingereichten Schriftsätze sämtlichen Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht zugestellt, und zwar unabhängig von der verfahrensrechtlichen Stellung, die sie vor dem Gericht hatten (Kläger, Beklagter oder Streithelfer). Da Rechtsmittel nach Art. 58 der Satzung auf Rechtsfragen beschränkt sind, haben die Parteien davon abzusehen, in ihren Schriftsätzen geheime oder vertrauliche Angaben zu machen. Sollte ausnahmsweise gleichwohl die vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben in einem Schriftsatz gewünscht sein, so ist der Verfasser des Schriftsatzes aufgefordert, mit gesondertem Schriftsatz einen gebührend begründeten Antrag auf vertrauliche Behandlung (in dem präzisiert wird, welche Angaben der Vertraulichkeit unterliegen sollen und welche Parteien der Rechtssache von diesem Antrag betroffen sind) und eine nicht vertrauliche Fassung ihres Schriftsatzes vorzulegen, die diesen anderen Parteien zugestellt werden kann. Was in der Akte des Gerichts enthaltene Angaben betrifft, kann ein solcher Antrag jedenfalls nicht über die vertrauliche Behandlung hinausgehen, die das Gericht bereits gegenüber Streithelfern gewährt hat.

    40.

    Gibt der Gerichtshof dem Antrag auf vertrauliche Behandlung statt, so wird die nicht vertrauliche Fassung des betreffenden Schriftsatzes den anderen Parteien der betreffenden Rechtssache zugestellt. Wird dem Antrag teilweise stattgegeben, so ist die Partei, der die vertrauliche Behandlung gewährt worden ist, aufgefordert, unverzüglich eine neue, nicht vertrauliche Fassung ihres Schriftsatzes vorzulegen, die den anderen Parteien zugestellt wird, sobald sie beim Gerichtshof eingegangen ist.

    Streithilfe in Klage- und Rechtsmittelverfahren

    Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

    41.

    Gemäß Art. 40 der Satzung können zum einen die Mitgliedstaaten und die Unionsorgane und zum anderen, unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 dieses Artikels, dritte Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die EFTA-Überwachungsbehörde, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union sowie alle anderen natürlichen oder juristischen Personen einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, um die Anträge einer Partei in vollem Umfang oder teilweise zu unterstützen. Ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe kann nur berücksichtigt werden, wenn er die in Art. 130 Abs. 2 bis 4 der Verfahrensordnung genannten Voraussetzungen erfüllt und innerhalb von sechs Wochen (bei einem Antrag im Rahmen eines Klageverfahrens) bzw. innerhalb eines Monats (bei einem Antrag im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens) gestellt wird. Diese Frist — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — beginnt mit der Veröffentlichung der in Art. 21 Abs. 4 der Verfahrensordnung genannten Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union zu laufen.

    Stellungnahme zum Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

    42.

    Nach der Zustellung des Antrags auf Zulassung zur Streithilfe sind die Hauptparteien gemäß Art. 131 Abs. 1 der Verfahrensordnung aufgefordert, innerhalb von zehn Tagen nach dieser Zustellung eine etwaige Stellungnahme zu dem Antrag abzugeben. Bezeichnen diese Parteien innerhalb dieser Frist — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — geheime oder vertrauliche Belegstücke oder Dokumente, deren Übermittlung an den Antragsteller ihnen schaden könnte, so sind sie aufgefordert, eine nicht vertrauliche Fassung der betreffenden Belegstücke oder Dokumente vorzulegen, die dem Antragsteller zugestellt werden kann, wenn seinem Antrag stattgegeben wird.

    Streithilfeschriftsatz

    43.

    Wird dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe stattgegeben und werden dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Verfahrensschriftstücke, mit Ausnahme gegebenenfalls der geheimen oder vertraulichen Belegstücke oder Dokumente, übermittelt, so verfügt der Streithelfer über einen Monat und zehn Tage nach Erhalt dieser Schriftstücke, um einen Streithilfeschriftsatz einzureichen. Dieser Schriftsatz muss den Anforderungen von Art. 132 Abs. 2 der Verfahrensordnung genügen, dabei aber inhaltlich knapper gefasst sein als der Schriftsatz der unterstützten Partei; er sollte nicht länger als zehn Seiten sein. Da die Streithilfe akzessorisch zum Rechtsstreit zwischen den Hauptparteien ist, hat sich der Streithelfer einer Wiederholung der in den Schriftsätzen der von ihm unterstützten Partei enthaltenen Gründe oder Argumente in seinem Schriftsatz zu enthalten und darf nur zusätzliche Gründe oder Argumente darlegen, die die Auffassung dieser Partei bestätigen. Eine Wiedergabe des rechtlichen und tatsächlichen Rahmens des Rechtsstreits ist überflüssig, es sei denn, seine Darstellung in den Schriftsätzen der Hauptparteien wird bestritten oder bedarf zusätzlicher Angaben.

    Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz

    44.

    Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes kann der Präsident, wenn er es für erforderlich erachtet, eine Frist für die Einreichung einer kurzen Stellungnahme zu diesem Schriftsatz setzen. Die Einreichung dieser Stellungnahme, deren Länge fünf Seiten nicht überschreiten sollte, ist jedoch fakultativ. Eine solche Stellungnahme dient allein dazu, es den Hauptparteien zu ermöglichen, auf bestimmte Behauptungen des Streithelfers einzugehen oder sich zu neuen Gründen oder Argumenten zu äußern, die der Streithelfer vorgebracht hat. Sind solche Gesichtspunkte nicht gegeben, sollte von einer Einreichung einer Stellungnahme abgesehen und der Gerichtshof darüber informiert werden, um das schriftliche Verfahren nicht unnötig zu verlängern.

    Verspätete Anträge auf Zulassung zur Streithilfe

    45.

    Soweit er den Anforderungen von Art. 130 Abs. 2 bis 4 der Verfahrensordnung entspricht, kann auch ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe berücksichtigt werden, der nach Ablauf der in Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung bezeichneten Frist von sechs Wochen bzw. der in Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung bezeichneten Frist von einem Monat gestellt wird, vorausgesetzt er geht vor der in Art. 60 Abs. 4 der Verfahrensordnung vorgesehenen Entscheidung über die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beim Gerichtshof ein. In diesem Fall kann der Streithelfer gemäß Art. 129 Abs. 4 der Verfahrensordnung in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn in der betreffenden Rechtssache eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.

    Streithilfe im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder eines beschleunigten Verfahrens

    46.

    Das Gleiche gilt grundsätzlich im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder bei Durchführung eines beschleunigten Verfahrens. Außer bei besonderen Umständen, die die Einreichung schriftlicher Stellungnahmen rechtfertigen, kann sich die in einem solchen Verfahren zur Streithilfe zugelassene Person oder Stelle nur mündlich äußern, falls eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.

    Ausschluss der Streithilfe in Vorabentscheidungssachen

    47.

    Die vorstehenden Regeln zur Streithilfe gelten dagegen nicht für Vorlagen zur Vorabentscheidung. Da es sich bei dieser Kategorie von Rechtssachen nicht um streitige Verfahren handelt und der Gerichtshof, wenn er sich im Wege der Vorabentscheidung zur Auslegung oder zur Gültigkeit des Unionsrechts äußert, eine besondere Funktion ausübt, können nur die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten — und gegebenenfalls die nach Art. 24 Abs. 2 der Satzung ersuchten Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union — schriftliche oder mündliche Erklärungen zu den dem Gerichtshof von den Gerichten der Mitgliedstaaten vorgelegten Fragen abgeben.

    Form und Struktur der Verfahrensschriftstücke

    48.

    Abgesehen vom Vorstehenden und den Vorgaben zum Inhalt von Verfahrensschriftstücken, die sich aus der Satzung und der Verfahrensordnung ergeben, müssen die beim Gerichtshof eingereichten Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen bestimmten zusätzlichen Anforderungen genügen, um dem Gerichtshof ihre Lektüre und Behandlung sowie insbesondere ihre Übersetzung in eine oder mehrere Sprachen zu erleichtern. Diese Anforderungen betreffen sowohl die Form und Einreichung der Verfahrensschriftstücke als auch ihre Struktur und Länge.

    49.

    Zunächst ist es im Hinblick auf die Form unerlässlich, dass die Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen von den Parteien bzw. den in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten so eingereicht werden, dass sie vom Gerichtshof elektronisch verwaltet werden können. Unter diesem Aspekt sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen:

    Der Schriftsatz oder die Erklärungen sind auf weißem unliniertem Papier in A4-Format abgefasst, das nur einseitig (also nicht auf Vorder- und Rückseite) beschrieben wird;

    es ist eine gängige Schrifttype (z. B. Times New Roman, Courier oder Arial) mit einer Schriftgröße von mindestens 12 pt im Haupttext und 10 pt in den Fußnoten zu verwenden, bei einem Zeilenabstand von 1,5 sowie einem Abstand von mindestens 2,5 cm (zum linken und rechten sowie zum oberen und unteren Rand);

    sämtliche Absätze des Schriftsatzes oder der Erklärungen sind fortlaufend zu nummerieren;

    dies gilt auch für die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen, einschließlich ihrer etwaigen Anlagen und des Anlagenverzeichnisses, die in der rechten oberen Ecke fortlaufend zu nummerieren sind;

    die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen umfassen jeweils höchstens 1 500 Zeichen, Leerzeichen nicht mitgezählt;

    die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen sind, wenn sie dem Gerichtshof nicht auf elektronischem Weg zugesandt werden, so miteinander zu verbinden, dass die Verbindung leicht entfernt werden kann, d. h., sie sollen nicht z. B. mit Klebstoff oder Heftklammern fest zusammengefügt werden.

    50.

    Über diese formalen Anforderungen hinaus sind die beim Gerichtshof eingereichten Verfahrensschriftstücke so abzufassen, dass ihre Struktur und Tragweite von den ersten Seiten an verstanden werden können. Nachdem auf der ersten Seite die Bezeichnung des Schriftstücks, die Nummer der Rechtssache (sofern von der Kanzlei bereits mitgeteilt) und die von ihr betroffenen Parteien oder ihre Initialen (wenn die Rechtssache anonymisiert ist) angegeben worden sind, beginnen der Schriftsatz oder die schriftlichen Erklärungen mit einer kurzen Darstellung der vom Verfasser gewählten Gliederung oder mit einem Inhaltsverzeichnis. Der Schriftsatz oder die Erklärungen enden zwingend mit den Anträgen des Verfassers oder, in Vorlagesachen, mit den Antworten, die er auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu geben vorschlägt.

    51.

    Die dem Gerichtshof übermittelten Schriftstücke unterliegen zwar — mit Ausnahme der sich aus der Satzung oder der Verfahrensordnung ergebenden — keinen weiteren inhaltlichen Vorgaben, jedoch ist zu beachten, dass sie die Grundlage für das Aktenstudium durch den Gerichtshof bilden und dass sie in der Regel vom Gerichtshof oder vom Organ, von dem sie stammen, übersetzt werden müssen. Im Interesse eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs und im eigenen Interesse der Parteien sind die Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen daher in einfacher und klarer Sprache ohne Verwendung von Fachbegriffen eines nationalen Rechtssystems abzufassen. Wiederholungen sind zu vermeiden, und kurze Sätze sind langen und komplexen Sätzen mit Einschüben und Nebensätzen möglichst vorzuziehen.

    52.

    Berufen sich die Parteien in ihren Schriftsätzen oder Erklärungen auf eine bestimmte Vorschrift oder Regelung des nationalen oder des Unionsrechts, ist die Fundstelle dieser Vorschrift oder Regelung genau anzugeben, sowohl bezüglich des Zeitpunkts ihres Erlasses und, wenn möglich, ihrer Veröffentlichung als auch hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendbarkeit. Wird aus einer Gerichtsentscheidung oder Schlussanträgen eines Generalanwalts zitiert, sind sowohl die Bezeichnung und die Nummer der betreffenden Rechtssache als auch die ECLI(„European Case Law Identifier“)-Nummer der Entscheidung oder Schlussanträge und die genaue Fundstelle des fraglichen Auszugs oder der fraglichen Passage anzugeben.

    53.

    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die rechtliche Argumentation der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten in den Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen enthalten sein muss und nicht in den eventuell beigefügten Anlagen, die in der Regel nicht übersetzt werden, enthalten sein darf. Nur die Unterlagen, die im Text des Schriftsatzes oder der Erklärungen erwähnt werden und erforderlich sind, um den Inhalt zu verdeutlichen oder zu stützen, sind dem Schriftsatz oder den Erklärungen als Anlagen beizufügen. Gemäß Art. 57 Abs. 3 der Verfahrensordnung werden Anlagen nur entgegengenommen, wenn sie mit einem Anlagenverzeichnis eingereicht werden. Dieses Verzeichnis muss für jedes beigefügte Schriftstück folgende Angaben enthalten: die Nummer der Anlage, eine kurze Angabe ihrer Art sowie die Angabe, auf welcher Seite oder in welchem Absatz des Schriftsatzes oder der Erklärungen das Schriftstück angeführt wird, wodurch seine Einreichung gerechtfertigt ist.

    54.

    Weicht ein Verfahrensschriftstück offensichtlich von den vorstehenden Vorgaben, insbesondere denjenigen, die seine Gestaltung und seine Länge betreffen, ab, so sendet die Kanzlei das Schriftstück an den Verfasser zurück und fordert ihn auf, die Mängel des eingereichten Schriftstücks innerhalb einer kurzen Frist zu beheben.

    Einreichung und Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

    55.

    Nur die in den Verfahrensvorschriften ausdrücklich vorgesehenen Schriftstücke werden zu den Akten der Rechtssache genommen. Schriftstücke, die in diesen Vorschriften nicht vorgesehen sind, werden vom Gerichtshof nicht berücksichtigt und von der Kanzlei an den Verfasser zurückgesandt.

    56.

    Die Verfahrensschriftstücke sind innerhalb der gesetzten Fristen unter Einhaltung der Anforderungen von Art. 57 der Verfahrensordnung einzureichen. Nach Art. 57 Abs. 5 der Verfahrensordnung sind für die Berechnung der Verfahrensfristen allein Tag und Uhrzeit des Eingangs des Originals bei der Kanzlei maßgebend. Die in Art. 49 Abs. 2 der Verfahrensordnung niedergelegte Regel ist nur anwendbar, wenn das Ende der für die Einreichung eines Verfahrensschriftstücks vorgesehene Frist zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Die Liste der gesetzlichen Feiertage wird jährlich im Amtsblatt der Europäischen Union und auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union (https://curia.europa.eu/jcms/jcms/Jo2_7031/de) veröffentlicht.

    57.

    In den in der Verfahrensordnung vorgesehenen Fällen können die in der Verfahrensordnung vorgesehenen Fristen verlängert werden. Anträge auf Fristverlängerung sind stets zu begründen und rechtzeitig vor Ablauf der für die Einreichung des betreffenden Schriftstücks geltenden Frist zu stellen.

    58.

    Die sicherste und schnellste Art der Einreichung ist die Einreichung im Wege der Anwendung e-Curia. Diese Anwendung ist einfach und bequem zu bedienen und ermöglicht es, Schriftstücke auf ausschließlich elektronischem Weg einzureichen und zuzustellen, ohne dass es der zusätzlichen Übersendung des Schriftstücks auf dem Postweg bedürfte. Die Modalitäten des Zugangs zur Anwendung e-Curia und die Voraussetzungen für ihre Nutzung sind im Beschluss des Gerichtshofs über die Einreichung und die Zustellung von Verfahrensschriftstücken im Wege der Anwendung e-Curia sowie in den Voraussetzungen für die Nutzung, auf die der Beschluss verweist, angeführt. Diese Dokumente sind auf der Internetseite des Organs (https://curia.europa.eu/jcms/jcms/P_78957/de/) verfügbar.

    59.

    Wird ein Verfahrensschriftstück dem Gerichtshof nicht über diese Anwendung übermittelt, kann es auch auf dem Postweg an den Gerichtshof gerichtet werden. Die das Schriftstück enthaltende Sendung ist an die Kanzlei des Gerichtshofs, Rue du Fort Niedergrünewald, L-2925 Luxemburg, zu richten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 57 Abs. 5 der Verfahrensordnung für die Berechnung der Verfahrensfristen allein Tag und Uhrzeit des Eingangs des Originals bei der Kanzlei maßgebend sind. Um eine Verfristung zu vermeiden, wird daher nachdrücklich empfohlen, die fragliche Sendung einige Tage vor Ablauf der für die Einreichung des Schriftstücks gesetzten Frist per Einschreiben oder per Eilbrief zu versenden oder aber das fragliche Schriftstück in der Kanzlei des Gerichtshofs oder, außerhalb ihrer Öffnungszeiten, an der Rezeption der Gebäude des Gerichtshofs abzugeben, wo der diensthabende Pförtner den Empfang des Schriftstücks bestätigt und darauf Tag und Uhrzeit der Einreichung vermerkt.

    60.

    Derzeit ist es auch möglich, der Kanzlei die Kopie des unterzeichneten Originals eines Verfahrensschriftstücks als Anlage zu einer E-Mail (ecj.registry@curia.europa.eu) oder per Telefax (+352 433766) zu übermitteln, doch sollten diese beiden Übermittlungsarten nur ausnahmsweise verwendet werden, da sie mehrere technische Beschränkungen aufweisen und nicht die gleichen Vorteile und Garantien wie die Anwendung e-Curia bieten. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Einreichung eines Verfahrensschriftstücks per E-Mail oder Telefax für die Wahrung der Verfahrensfristen nur dann maßgebend ist, wenn das unterzeichnete Original des Schriftstücks mit den etwaigen zugehörigen Anlagen spätestens zehn Tage nach Übermittlung der Kopie des unterzeichneten Originals per Fax oder E-Mail bei der Kanzlei eingeht. Das Original ist daher unverzüglich, unmittelbar nach der Übermittlung der Kopie abzuschicken oder abzugeben, ohne dass an ihm irgendwelche Korrekturen oder Änderungen, seien sie auch noch so unbedeutend, vorgenommen werden. Bei Abweichungen zwischen dem unterzeichneten Original und der zuvor übermittelten Kopie wird nur der Tag des Eingangs des unterzeichneten Originals bei der Kanzlei berücksichtigt.

    61.

    Zusätzlich zur Übermittlung der Originalfassung der Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen an die Kanzlei gemäß den in den vorstehenden Nummern vorgesehenen Arten der Übermittlung ist eine editierbare Fassung (3) dieser Schriftsätze oder Erklärungen an die folgende E-Mail-Adresse zu senden, um die Bearbeitung dieser Schriftstücke durch den Gerichtshof und insbesondere ihre Übersetzung in eine oder mehrere Amtssprachen der Union zu erleichtern: editable-versions@curia.europa.eu.

    III.   MÜNDLICHES VERFAHREN

    62.

    Wie sich aus Art. 20 Abs. 4 der Satzung ergibt, umfasst die mündliche Verhandlung im Wesentlichen zwei getrennte Abschnitte: die Anhörung der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten und die Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts. Nach Art. 20 Abs. 5 der Satzung kann der Gerichtshof, wenn er der Auffassung ist, dass die Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, jedoch beschließen, ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache zu entscheiden. Eine mündliche Verhandlung wird nicht systematisch durchgeführt.

    Zweck der mündlichen Verhandlung

    63.

    In Anbetracht der Bedeutung, die dem schriftlichen Verfahren im Rahmen der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zukommt, ist vorbehaltlich der Anwendung von Art. 76 Abs. 3 der Verfahrensordnung — wonach in Vorlagesachen eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, wenn ein entsprechender mit Gründen versehener Antrag von einem Beteiligten, der nicht am schriftlichen Verfahren teilgenommen hat, gestellt worden ist — für die Frage, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, nicht entscheidend darauf abzustellen, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist, sondern darauf, wie der Gerichtshof den Mehrwert dieser Verhandlung und ihren möglichen Beitrag zur Entscheidung des Rechtsstreits oder zur Ermittlung der Antworten beurteilt, die er auf die von einem mitgliedstaatlichen Gericht gestellten Fragen geben könnte. Eine mündliche Verhandlung wird vom Gerichtshof daher stets dann durchgeführt, wenn sie zu einem besseren Verständnis der Rechtssache und deren Bedeutung beitragen kann, unabhängig davon, ob die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten einen entsprechenden Antrag gestellt haben.

    Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

    64.

    Halten die Parteien oder Beteiligten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in einer Rechtssache für erforderlich, müssen sie, nachdem sie über den Abschluss des schriftlichen Verfahrens unterrichtet worden sind, dem Gerichtshof jedenfalls die genauen Gründe mitteilen, aus denen sie von ihm gehört werden möchten. Diese Begründung — die nicht mit einem Schriftsatz oder schriftlichen Erklärungen zu verwechseln ist und drei Seiten nicht überschreiten darf — muss sich aus einer konkreten Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer mündlichen Verhandlung für die betreffende Partei ergeben, und es ist anzugeben, in Bezug auf welche Aktenbestandteile oder Ausführungen diese Partei eine eingehendere Darlegung oder Widerlegung in einer mündlichen Verhandlung für erforderlich hält. Eine allgemeine Begründung unter Bezugnahme auf die Bedeutung der Rechtssache oder der vom Gerichtshof zu behandelnden Fragen genügt als solche nicht.

    Ladung zur mündlichen Verhandlung und Notwendigkeit einer raschen und vollständigen Beantwortung dieser Ladung

    65.

    Beschließt der Gerichtshof, in einer bestimmten Rechtssache eine mündliche Verhandlung durchzuführen, setzt er hierfür den genauen Tag und die genaue Uhrzeit fest. Die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten werden umgehend von der Kanzlei geladen, die sie auch über die Besetzung des Spruchkörpers, an den die Rechtssache verwiesen worden ist, über vom Gerichtshof beschlossene prozessleitende Maßnahmen und gegebenenfalls über das Unterbleiben von Schlussanträgen des Generalanwalts unterrichtet. Damit der Gerichtshof die mündliche Verhandlung unter den bestmöglichen Bedingungen durchführen kann, sind die Parteien bzw. die Beteiligten aufgefordert, das Schreiben der Kanzlei rasch zu beantworten und dabei mitzuteilen, ob sie beabsichtigen, an der Sitzung tatsächlich teilzunehmen. Ist dies der Fall, sind diese Parteien bzw. Beteiligten aufgefordert, der Kanzlei folgende Informationen zu übermitteln:

    Name, Vorname, Titel und genaue Eigenschaft der Personen, die sie in der Verhandlung vertreten werden;

    Name, Vorname, Titel und genaue Eigenschaft der Person, die für diese Partei bzw. diesen Beteiligten in der Verhandlung das Wort ergreifen soll;

    die Redezeit, die diese Person in Anspruch zu nehmen wünscht, wobei insoweit die Hinweise in Nr. 76 dieser Anweisungen zu berücksichtigen sind;

    jede sonstige Maßnahme, die den Zugang zu den Räumlichkeiten des Gerichtshofs und die ordnungsgemäße Durchführung der Verhandlung sowohl unter logistischen und technischen als auch gegebenenfalls unter sprachlichen Gesichtspunkten erleichtern kann.

    Eine verspätete oder unvollständige Antwort auf die Ladungen der Kanzlei kann den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung und damit deren Nutzen für die Entscheidung des vor dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gefährden.

    66.

    Kommt die Verhandlung, zu der die Parteien bzw. die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten geladen wurden, für eine Übertragung auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union in Betracht, und ist eine dieser Parteien bzw. einer dieser Beteiligten der Ansicht, dass diese Verhandlung nicht übertragen werden sollte, so teilt sie bzw. er dies dem Gerichtshof so bald wie möglich unter eingehender Darlegung der Umstände mit, die das Absehen von einer Übertragung rechtfertigen können. Gemäß Art. 80a Abs. 4 der Verfahrensordnung entscheidet der Präsident sodann nach Anhörung des Berichterstatters und gegebenenfalls des für die Rechtssache bestimmten Generalanwalts so bald wie möglich über den Antrag.

    Vorkehrungen im Hinblick auf die mündliche Verhandlung

    67.

    Unabhängig von ihrem Titel und ihrer Eigenschaft müssen die vor dem Gerichtshof auftretenden Personen eine Robe tragen. Bevollmächtigte, Rechtsanwälte und in Vorlagesachen jede andere Person, die nach den nationalen Verfahrensvorschriften befugt ist, eine Partei des Ausgangsverfahrens zu vertreten, sind daher aufgefordert, eine Robe mitzubringen, wenn sie an einer vom Gerichtshof anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen. Für den Fall, dass diese Personen nicht über eine Robe verfügen, hält der Gerichtshof einige Roben vor. In Anbetracht dessen, dass diese Roben nur in beschränkter Anzahl und unterschiedlichen Größen vorhanden sind, sind die betroffenen Vertreter aufgefordert, den Gerichtshof in ihrer Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Vorhinein entsprechend zu informieren.

    68.

    In dieser Antwort sollten die Parteien und ihre Vertreter, damit eine bestmögliche Durchführung der mündlichen Verhandlung gewährleistet ist, dem Gerichtshof auch mitteilen, ob besondere Maßnahmen zu ergreifen sind, um ihre tatsächliche Teilnahme an der Verhandlung, insbesondere im Fall einer Behinderung oder eingeschränkter Mobilität, zu ermöglichen.

    69.

    Sowohl aufgrund der bisweilen schwierigen Verkehrsverhältnisse in Luxemburg als auch wegen der für den Zugang zu den Gebäuden des Gerichtshofs geltenden Sicherheitsmaßnahmen wird empfohlen, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um sich mindestens 20 Minuten vor der für den Beginn der Sitzung festgelegten Uhrzeit im Sitzungssaal einzufinden. Vor der Sitzung bitten die Mitglieder des Spruchkörpers und gegebenenfalls der Generalanwalt nämlich üblicherweise die Parteien bzw. die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zu einer kurzen Unterredung über die Gestaltung der Sitzung. Der Berichterstatter und der Generalanwalt können die Parteien bzw. Beteiligten bei dieser Gelegenheit auffordern, in der Sitzung zusätzliche Erläuterungen zu bestimmten Fragen abzugeben oder den einen oder anderen besonderen Aspekt der fraglichen Rechtssache zu vertiefen.

    Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz

    70.

    Wie aus Art. 78 der Verfahrensordnung hervorgeht, kann dem Vertreter einer Partei oder, in Vorlagesachen, einer Partei des Ausgangsrechtsstreits, wenn sie berechtigt ist, ohne Beistand eines Rechtsanwalts vor Gericht aufzutreten, gestattet werden, an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz teilzunehmen, wenn Gesundheitsgründe, Sicherheitsgründe oder andere triftige Gründe — die beispielsweise mit seinem bzw. ihrem persönlichen Gesundheitszustand, einem Streik im Beförderungssektor oder der plötzlichen Annullierung des geplanten Flugs wenige Stunden vor der Verhandlung zusammenhängen — ihn bzw. sie daran hindern, physisch an der Verhandlung teilzunehmen.

    71.

    Der Antrag kann nur berücksichtigt werden, wenn er mit gesondertem Schriftsatz gestellt wird, sobald der Grund für die Verhinderung bekannt ist, und sowohl die Art der geltend gemachten Verhinderung als auch die genauen Kontaktdaten der Person enthält, die in dem Fall, dass der Gerichtshof dem Antrag stattgibt, zu kontaktieren ist. Diese Angaben sollen es dem Gerichtshof ermöglichen, vorab die erforderlichen Technik- und Dolmetschtests durchzuführen, die eine optimale Ton- und Bildqualität sowie eine perfekte Stabilität der Internetverbindung gewährleisten sollen.

    72.

    Der Gerichtshof behält sich insoweit das Recht vor, die technische Lösung zu bestimmen, die ein angemessenes Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit bietet, um eine gute Verbindung und damit eine effektive Teilnahme der Parteien an der Verhandlung unter ähnlichen Bedingungen wie bei einer Präsenzverhandlung zu ermöglichen. Die Verwendung einer speziellen Videokonferenzausrüstung oder eines anderen Systems für virtuelle Sitzungen kann nur nach Validierung durch den Gerichtshof und unter der Voraussetzung genehmigt werden, dass alle erforderlichen Garantien für die Qualität und Stabilität der Verbindung vorliegen. Die Parteien werden insoweit gebeten, die Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union zu konsultieren, sowohl was die technischen Voraussetzungen betrifft, die die Parteien einzuhalten aufgefordert sind, als auch was die praktischen Empfehlungen betrifft, die im Rahmen der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz zu berücksichtigen sind (https://curia.europa.eu/jcms/jcms/Jo2_7031/de).

    73.

    Sind die vorgenannten Tests erfolgreich verlaufen, kann die betreffende Partei bzw. der betreffende Vertreter unter denselben Bedingungen wie denjenigen, die zum Zeitpunkt der Durchführung der Tests galten, per Videokonferenz an der Verhandlung teilnehmen. Andernfalls — oder wenn der Antrag auf Teilnahme per Videokonferenz zurückgewiesen wird — ist die betreffende Partei bzw. der betreffende Vertreter aufgefordert, sich durch eine persönlich anwesende Person vertreten zu lassen, vorbehaltlich einer etwaigen vom Gerichtshof beschlossenen Verschiebung der Verhandlung.

    Üblicher Ablauf einer mündlichen Verhandlung

    74.

    Auch wenn ihr Ablauf je nach den besonderen Umständen des Einzelfalls verschieden sein kann, umfasst eine mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof in der Regel drei getrennte Teile: die eigentlichen mündlichen Ausführungen, Fragen von Mitgliedern des Gerichtshofs und abschließende Erwiderungen. Während die mündlichen Ausführungen vom Rednerpult aus erfolgen, werden die Antworten auf die Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs und die abschließenden Erwiderungen von den Vertretern der Parteien in der Regel von dem ihnen im Sitzungssaal zugewiesenen Platz aus vorgetragen.

    Erster Abschnitt der mündlichen Verhandlung: mündliche Ausführungen

    Zweck der mündlichen Ausführungen

    75.

    Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, beginnt die Sitzung üblicherweise mit den mündlichen Ausführungen der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten. In Anbetracht der Kenntnis, die der Gerichtshof am Ende des schriftlichen Verfahrens bereits von der Rechtssache hat, dienen diese Ausführungen nicht dazu, den Inhalt der eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen zu wiederholen. Sie sollen den Parteien oder Beteiligten in erster Linie ermöglichen, etwaigen Aufforderungen zur Konzentration der mündlichen Ausführungen nachzukommen oder Fragen zu beantworten, die der Gerichtshof vor der Sitzung an sie gerichtet hat. Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung, die die gleiche Auffassung vertreten oder den gleichen Standpunkt einnehmen, sollten sich so weit wie möglich vor der Sitzung absprechen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden.

    Redezeit und deren etwaige Verlängerung

    76.

    Die Redezeit wird vom Präsidenten des Spruchkörpers nach Anhörung des Berichterstatters und gegebenenfalls des für die Rechtssache bestimmten Generalanwalts festgelegt. In der Regel beträgt die Redezeit unabhängig davon, an welchen Spruchkörper die Rechtssache verwiesen worden ist, 15 Minuten; sie kann jedoch je nach Art oder besonderer Komplexität der Rechtssache, der Zahl und der Verfahrensstellung der Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung sowie etwaiger prozessleitender Maßnahmen des Gerichtshofs verlängert oder verkürzt werden. Der Präsident des Spruchkörpers kann auf gebührend begründeten Antrag einer Partei oder eines in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten ausnahmsweise eine längere Redezeit gewähren. Ein solcher Antrag kann jedoch nur berücksichtigt werden, wenn er von der Partei bzw. dem Beteiligten in der Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung gestellt wird.

    Zahl der Vortragenden

    77.

    Aus Gründen des ordnungsgemäßen Ablaufs der Sitzung darf für die in der Sitzung auftretenden Parteien oder Beteiligten jeweils nur eine Person mündlich vortragen. Ausnahmsweise kann gleichwohl eine zweite Person zum Vortrag zugelassen werden, wenn die Art oder die besondere Komplexität der Rechtssache dies rechtfertigt und ein entsprechender, gebührend begründeter Antrag in der Antwort der Partei oder des Beteiligten auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung gestellt wird. Die Zulassung einer zweiten Person bedeutet jedoch keine Verlängerung der Redezeit; die beiden Vortragenden müssen sich vielmehr die der betreffenden Partei eingeräumte Redezeit teilen.

    Zweiter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs

    78.

    Unabhängig von den Fragen, die die Mitglieder des Gerichtshofs vor oder in der mündlichen Verhandlung stellen können, können die Vortragenden nach ihren mündlichen Ausführungen aufgefordert werden, zusätzliche Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs zu beantworten. Diese Fragen dienen dazu, die Aktenkenntnis der Mitglieder des Gerichtshofs zu vervollständigen, und ermöglichen es den Vortragenden, bestimmte Punkte, die gegebenenfalls noch zusätzlicher Erläuterungen bedürfen, zu erläutern oder zu vertiefen.

    79.

    Abgesehen von besonderen Umständen sind die von den Mitgliedern des Gerichtshofs gestellten Fragen von den Vortragenden zu beantworten. Ist eine Partei oder ein Beteiligter der Auffassung, dass eine andere Person etwaige Fragen des Gerichtshofs beantworten sollte, z. B. aufgrund des Fachwissens, über das diese Person in einem bestimmten Bereich verfügt, so hat sie dies in ihrer Antwort auf die Ladung zur Verhandlung konkret zu beantragen.

    Dritter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: abschließende Erwiderungen

    80.

    Nach diesem Austausch mit den Mitgliedern des Gerichtshofs haben die Vortragenden schließlich die Möglichkeit, eine kurze Erwiderung abzugeben, wenn sie es für erforderlich halten. Diese abschließenden Erwiderungen von jeweils höchstens fünf Minuten Dauer stellen keine zweite Runde mündlicher Ausführungen dar. Sie dienen allein dazu, es den Vortragenden zu ermöglichen, kurz auf die von den anderen Teilnehmern an der mündlichen Verhandlung oder den Mitgliedern des Gerichtshofs in der Sitzung abgegebenen Stellungnahmen oder gegebenen Antworten einzugehen. Wurde in der Verhandlung mehreren Personen das Wort für eine Partei bzw. einen in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten erteilt, so darf nur eine dieser Personen erwidern.

    Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten

    81.

    Die Vortragenden und die weiteren Personen, denen im Lauf der mündlichen Verhandlung das Wort erteilt wird, sind verpflichtet, die vom vorlegenden Gericht oder vom Gerichtshof im Vorfeld gegebenenfalls vorgenommene Anonymisierung in jedem Abschnitt der Verhandlung zu wahren. Sie haben es daher zwingend zu unterlassen, in ihren mündlichen Ausführungen, Antworten oder abschließenden Erwiderungen die Identität der von einer solchen Anonymisierung betroffenen Personen offenzulegen oder personenbezogene Daten anzugeben, die deren (erneute) Identifizierung ermöglichen könnten.

    In der mündlichen Verhandlung verwendete Sprachen

    82.

    Unbeschadet der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, sich ihrer eigenen Amtssprache zu bedienen, wenn sie an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen, und der Möglichkeit für Drittstaaten, sich einer der in Art. 36 der Verfahrensordnung genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie sich an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen oder einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, müssen sich die anderen Parteien des Verfahrens bei ihren mündlichen Ausführungen der Verfahrenssprache bedienen, die nach den in Art. 37 der Verfahrensordnung genannten Regeln bestimmt wurde.

    83.

    In Vorabentscheidungsverfahren können die Parteien des Ausgangsrechtsstreits ausnahmsweise beim Gerichtshof beantragen, sich im mündlichen Verfahren einer anderen als der Sprache des vorlegenden Gerichts bedienen zu dürfen. Dieser Antrag — der in der Antwort der betreffenden Partei auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung zu stellen ist — muss gebührend begründet sein und erläutern, warum die Verwendung einer anderen Sprache beantragt wird und was für diese andere Sprache unter den in Art. 36 der Verfahrensordnung genannten Sprachen spricht. Über diesen Antrag entscheidet nach Art. 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung je nach Fall der Präsident des Spruchkörpers, an den die Rechtssache verwiesen worden ist, oder der Gerichtshof nach Anhörung der anderen Partei des Ausgangsrechtsstreits und des Generalanwalts. Wird dem Antrag stattgegeben, kann die beantragte Sprache in der mündlichen Verhandlung von allen in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten verwendet werden (4).

    84.

    Die in der vorstehenden Nummer genannte Ausnahme gilt allerdings nur für Vorabentscheidungsverfahren. Liegt keiner der in Nr. 82 dieser Anweisungen genannten Fälle vor, müssen sich die Parteien des Verfahrens in einem Klage- oder Rechtsmittelverfahren, wenn sie ihre mündlichen Ausführungen machen, erwidern oder etwaige Fragen des Gerichtshofs beantworten, der Verfahrenssprache bedienen (5).

    Bedeutung und Erfordernisse des Simultandolmetschens

    85.

    Unabhängig davon, ob es sich um die mündlichen Ausführungen, die Erwiderungen oder die Beantwortung von Fragen des Gerichtshofs handelt, müssen sich die Vortragenden bewusst sein, dass die Mitglieder des Spruchkörpers, der Generalanwalt und die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten ihren Ausführungen häufig in einer simultan in eine andere Sprache verdolmetschten Fassung folgen. Im Interesse eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Sitzung und zur Gewährleistung der Qualität der Arbeit der Dolmetscher — die sich im manchen Fällen selbst auf die Verdolmetschung in eine andere Sprache stützen müssen, um die Äußerungen des Redners in die Sprache des Zuhörers zu übertragen — sollten die Vertreter der Parteien bzw. der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten daher, wenn sie über einen — auch kurzen — Text, Notizen oder eine Gliederung für ihre Ausführungen verfügen, diese(n) möglichst frühzeitig vor der Sitzung per E-Mail (Interpretation@curia.europa.eu) der Direktion Dolmetschen übermitteln. Dieser Text bzw. diese Notizen sind ausschließlich für die Dolmetscher bestimmt und werden nach der Sitzung vernichtet. Sie werden weder an die Mitglieder des Spruchkörpers oder den für die Rechtssache bestimmten Generalanwalt weitergeleitet noch zu den Akten der Rechtssache genommen.

    86.

    Um das Dolmetschen und damit das Verständnis der mündlichen Ausführungen seitens der Mitglieder des Spruchkörpers, des für die Rechtssache bestimmten Generalanwalts und der anderen an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Parteien zu erleichtern, ist es unerlässlich, dass in der Sitzung in einem natürlichen Rhythmus, ruhig und nicht zu schnell in das Mikrofon gesprochen wird. Das Dolmetschen wird erleichtert, wenn der Vortragende vorab die Gliederung seiner Ausführungen angibt und kurze und einfache Sätze verwendet. Wenn er in seinen Ausführungen auf eine Entscheidung des Gerichtshofs oder des Gerichts Bezug nimmt, sollte er das Datum der Entscheidung sowie die Nummer und die Bezeichnung der betreffenden Rechtssache angeben.

    Nach Schluss der mündlichen Verhandlung

    87.

    Die aktive Teilnahme der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten endet nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Vorbehaltlich des außergewöhnlichen Falls einer Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung können die Parteien bzw. Beteiligten keine schriftlichen oder mündlichen Erklärungen insbesondere in Reaktion auf die Schlussanträge des Generalanwalts mehr abgeben, wenn der Präsident des Spruchkörpers die mündliche Verhandlung für geschlossen erklärt hat.

    88.

    War die mündliche Verhandlungen Gegenstand einer Übertragung, so bleibt sie auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union während eines Zeitraums von längstens einem Monat nach Schließung der mündlichen Verhandlung verfügbar. Ist eine Partei oder ein Beteiligter, die bzw. der an dieser mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, der Ansicht, dass die Videoaufzeichnung der mündlichen Verhandlung von der vorstehend genannten Internetseite entfernt werden sollte, so kann sie bzw. er beim Gerichtshof einen Antrag stellen, in dem die Umstände darzulegen sind, die das Entfernen der Videoaufzeichnung rechtfertigen können. Wird dem Antrag stattgegeben, so wird die betreffende Aufzeichnung sogleich von der Internetseite entfernt.

    Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts und Verkündung des Endurteils

    89.

    Die Parteien und die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten werden von der Kanzlei über den Termin der Verkündung des Endurteils und gegebenenfalls über den Termin, an dem der Generalanwalt seine Schlussanträge in ihrer Rechtssache stellt, unterrichtet; sie sind jedoch nicht verpflichtet, sich nach Luxemburg zu begeben. Die Verlesung der Schlussanträge der Generalanwälte und die Verkündung der Urteile des Gerichtshofs sind nämlich Gegenstand einer Live-Übertragung auf der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union.

    90.

    Der vollständige Text der Schlussanträge und des Urteils wird den betroffenen Parteien bzw. Beteiligten von der Kanzlei zugestellt und erscheint sodann in den verfügbaren Sprachen auf der vorstehend genannten Internetseite.

    IV.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

    91.

    Die Praktischen Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof vom 10. Dezember 2019 werden durch diese Praktischen Anweisungen aufgehoben und ersetzt.

    92.

    Diese Praktischen Anweisungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie treten am ersten Tag des Monats, der auf den Monat ihrer Veröffentlichung folgt, in Kraft.

    Geschehen zu Luxemburg, den 2. Juli 2024.


    (1)   ABl. L 42 I vom 14.2.2020, S. 1.

    (2)  Vgl. Verordnung (EU, Euratom) 2024/2019 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. April 2024 zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ABl. L, 2024/2019, 12.8.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/2019/oj) und die am 2. Juli erlassenen Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichthofs (ABl. L, 2024/2094, 12.8.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_internal/2024/2094/oj).

    (3)  Die editierbare Fassung entspricht dem in einer Textverarbeitungssoftware wie Microsoft Word, Open Office, Google Docs oder Pages (Mac-Umgebung) erstellten Dokument. Im Unterschied zu bildbasierter Software wie PDF ermöglicht dieses editierbare Format nämlich die unmittelbare Nutzung des Texts zur Verwendung im Bearbeitungsprozess der Rechtssache, insbesondere in der Übersetzungsphase.

    (4)  Hat der Gerichtshof die Verwendung einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache für die Beantwortung etwaiger in der Verhandlung gestellter Fragen gestattet, so gilt diese Gestattung nur für diese Antworten. Die anfänglichen mündlichen Ausführungen der betreffenden Partei und die abschließende Erwiderung müssen in der Verfahrenssprache gehalten werden.

    (5)  Bei Vertragsverletzungsverfahren darf sich der beklagte Mitgliedstaat im mündlichen Verfahren einer anderen Sprache als der im schriftlichen Verfahren verwendeten bedienen, sofern diese andere Sprache eine der Amtssprachen dieses Staates ist und rechtzeitig — möglichst in der Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung — ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Wird dem Antrag stattgegeben, kann die beantragte Sprache von allen Parteien des Verfahrens verwendet werden.


    ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2173/oj

    ISSN 1977-0642 (electronic edition)


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