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Document 32023R2675

Verordnung (EU) 2023/2675 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2023 über den Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer

PE/34/2023/REV/1

ABl. L, 2023/2675, 7.12.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2023/2675/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 07/12/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2023/2675/oj

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Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Serie L


2023/2675

7.12.2023

VERORDNUNG (EU) 2023/2675 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 22. November 2023

über den Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Einklang mit Artikel 3 Absatz 5 des Vertrages über die Europäische Union (im Folgenden „EUV“) muss die Union in ihren Beziehungen zur übrigen Welt ihre Werte und Interessen schützen und fördern und zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger sowie unter anderem zu Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu strikter Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen (im Folgenden „VN-Charta“), beitragen.

(2)

Nach Artikel 21 Absatz 1 Unterabsatz 1 EUV lässt sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von Grundsätzen wie Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit und Solidarität sowie von der Achtung der Grundsätze der VN-Charta und des Völkerrechts leiten. Nach Artikel 21 Absatz 1 Unterabsatz 2 EUV soll sich die Union auch für multilaterale Lösungen bei gemeinsamen Problemen einsetzen.

(3)

Nach den Artikeln 1 und 2 der VN-Charta besteht eines der Ziele der Vereinten Nationen darin, unter anderem gemäß dem Grundsatz der souveränen Gleichheit freundschaftliche Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln.

(4)

Nach Artikel 21 Absatz 2 EUV legt die Union die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest, führt diese durch und setzt sich für ein hohes Maß an Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen ein, unter anderem um ihre Werte, ihre grundlegenden Interessen, ihre Unabhängigkeit und ihre Unversehrtheit zu wahren sowie die Rechtsstaatlichkeit und die Grundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern.

(5)

In der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1970 verabschiedeten Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen heißt es, dass die internationalen Beziehungen im Einklang mit den Grundsätzen der souveränen Gleichheit und der Nichtintervention zu gestalten sind. In dieser Erklärung ist ebenfalls festgelegt, dass ein Staat im Zusammenhang mit dem Grundsatz, wonach nicht in Angelegenheiten eingegriffen werden darf, die zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, keine wirtschaftlichen, politischen oder sonstigen Maßnahmen gegen einen anderen Staat anwenden oder ihre Anwendung begünstigen darf, um von ihm die Unterordnung bei der Ausübung seiner souveränen Rechte zu erlangen oder von ihm Vorteile irgendwelcher Art zu erwirken, was dem Völkergewohnheitsrecht Rechnung trägt und somit in den Beziehungen zwischen Drittländern einerseits und der Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits verbindlich ist. Darüber hinaus kommen die Regeln des Völkergewohnheitsrechts über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen in den Artikeln der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen (ARSIWA) zum Tragen, die im Jahr 2001 von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen auf ihrer 53. Tagung angenommen und von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Resolution 56/83 zur Kenntnis genommen wurden. Diese Regeln sind in den Beziehungen zwischen Drittländern einerseits und der Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits verbindlich.

(6)

In der modernen, vernetzten Weltwirtschaft wächst das Risiko für wirtschaftlichen Zwang, da sie den Ländern wirkungsvollere, einschließlich hybrider, Mittel an die Hand gibt, um diesen Zwang auszuüben. Es ist wünschenswert, dass die Union zur Schaffung, Entwicklung und Präzisierung internationaler Rahmen zur Vermeidung und Beseitigung von Situationen wirtschaftlichen Zwangs beiträgt.

(7)

Obwohl sie immer im Rahmen des Völkerrechts handelt, ist es entscheidend für die Union, ein geeignetes Instrument zu haben, um Drittländer abzuschrecken, wirtschaftlichen Zwang anzuwenden, oder diesem entgegenzuwirken, um ihre Rechte und Interessen und die ihrer Mitgliedstaaten zu schützen. Dies gilt insbesondere, wenn Drittländer in die legitimen souveränen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats eingreifen, indem sie Maßnahmen anwenden oder damit drohen, Maßnahmen anzuwenden, die den Handel oder Investitionen beeinträchtigen, um die Aufhebung, Änderung oder Annahme eines bestimmten Rechtsakts der Union oder eines Mitgliedstaats oder auch eine Stellungnahme eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union oder eines Mitgliedstaats zu verhindern oder zu erreichen. Solche Maßnahmen, die den Handel oder Investitionen beeinträchtigen, umfassen sowohl Maßnahmen, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Drittlandes getroffen wurden und sich darauf auswirken, als auch Maßnahmen, die von dem Drittland ergriffen wurden, einschließlich durch Organisationen, die von dem Drittland kontrolliert oder geführt werden und sich in der Union befinden, die die wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Union schädigen. Der Begriff „Drittland“ sollte so verstanden werden, dass er nicht nur einen Drittstaat, sondern auch ein gesondertes Zollgebiet oder ein anderes Völkerrechtssubjekt umfasst, da diese Einheiten auch wirtschaftlichen Zwang auszuüben vermögen. Die Verwendung dieses Begriffs und die Anwendung dieser Verordnung haben keinerlei Auswirkungen auf die Souveränität. Diese Verordnung sollte zudem im Einklang mit dem Standpunkt der Union in Bezug auf das betreffende Drittland angewandt werden.

(8)

Durch diese Verordnung soll eine wirksame, effiziente und schnelle Reaktion der Union auf wirtschaftlichen Zwang gewährleistet werden. Sie zielt insbesondere darauf ab, von der Ausübung wirtschaftlichen Zwangs auf die Union oder einen Mitgliedstaat abzuschrecken, und es der Union zu ermöglichen, einem wirtschaftlichen Zwang als letztes Mittel durch Reaktionsmaßnahmen der Union entgegenzuwirken. Diese Verordnung gilt unbeschadet anderer bestehender Instrumente und von der Union geschlossener internationaler Abkommen sowie der in diesem Rahmen getroffenen Maßnahmen, die mit dem Völkerrecht im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und mit anderen Politikbereichen der Union vereinbar sind.

(9)

Wirtschaftlicher Zwang von Drittländern kann außenpolitische Maßnahmen der Union oder eines Mitgliedstaats beeinflussen und die Feststellung, dass wirtschaftlicher Zwang vorliegt, und die entsprechenden Reaktionen, können erhebliche Auswirkungen auf die Beziehungen zu Drittländern haben. Es ist notwendig, für kohärente Reaktionen in verschiedenen, aber miteinander zusammenhängenden Politikbereichen zu sorgen. Diese Verordnung lässt mögliche Maßnahmen der Union gemäß den spezifischen Bestimmungen von Titel V Kapitel 2 EUV unberührt, die bei der Überlegung, wie auf von einem Drittland ausgeübten wirtschaftlichen Zwang zu reagieren ist, gebührend geprüft werden sollten.

(10)

Wirtschaftlichen Zwang vonseiten eines Drittlandes gegen einen Mitgliedstaat beeinträchtigt den Binnenmarkt der Union und die Union als Ganzes. Die Mitgliedstaaten können wirtschaftlichem Zwang von Drittländern im Alleingang nicht durch Maßnahmen entgegenwirken, die in den Bereich der gemeinsamen Handelspolitik fallen. Angesichts der der Union nach Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) übertragenen ausschließlichen Zuständigkeit darf nur die Union tätig werden. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Mitgliedstaaten als völkerrechtlich eigenständige Akteure möglicherweise nicht berechtigt sind, wirtschaftlichem Zwang gegen die Union entgegenzuwirken. Daher ist es notwendig, dass die Mittel zur wirksamen Verwirklichung dieser Ziele auf Unionsebene geschaffen werden. Diese Verordnung gilt unbeschadet der in den Verträgen festgelegten Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten.

(11)

Um einen wirksamen und umfassenden Rahmen für Maßnahmen der Union gegen wirtschaftlichen Zwang zu schaffen, ist es nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit notwendig und angemessen, Regeln für die Untersuchung, Feststellung und Bekämpfung von wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer festzulegen. Den Reaktionsmaßnahmen der Union sollte eine Untersuchung des Sachverhalts, eine Feststellung wirtschaftlichen Zwangs und — wo immer dies möglich ist und sofern das Drittland ebenfalls in gutem Glauben handelt — Bemühungen um eine kooperative Lösung mit dem Drittland vorausgehen. Von der Union ergriffene Maßnahmen sollten verhältnismäßig sein und den von der Union erlittenen Schaden. Die Kriterien zur Auswahl und Festlegung der Reaktionsmaßnahmen der Union sollten insbesondere der Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union im Hinblick auf die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und erforderlichenfalls die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens sowie der Notwendigkeit Rechnung tragen, Kollateralschäden, unverhältnismäßige Komplexität und unverhältnismäßigen Aufwand in der Verwaltung und Kosten insbesondere für die Wirtschaftsbeteiligten der Union zu vermeiden oder zu minimieren, sowie dem Interesse der Union gerecht werden. Daher geht die vorliegende Verordnung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 4 EUV nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

(12)

Eine von der Union auf der Grundlage dieser Verordnung ergriffene Maßnahme muss mit dem Völkerrecht, darunter mit dem Völkergewohnheitsrecht, im Einklang stehen. Unter den von der Union und den Mitgliedstaaten abgeschlossenen internationalen Übereinkommen ist das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) der Eckpfeiler des regelbasierten multilateralen Handelssystems. Daher ist es wichtig, dass die Union dieses System, in dessen Mittelpunkt die WTO steht, weiterhin unterstützt und gegebenenfalls deren Streitbeilegungssystem nutzt.

(13)

Das Völkergewohnheitsrecht im Sinne der Artikel 22 und der Artikel 49 bis 53 über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen (ARSIWA) erlaubt unter bestimmten Bedingungen — wie Verhältnismäßigkeit und Vorankündigung — die Verhängung von Gegenmaßnahmen, d.h. Maßnahmen, die normalerweise den internationalen Verpflichtungen einer verletzten Partei gegenüber dem Land, das für einen Verstoß gegen das Völkerrecht verantwortlich ist, zuwiderlaufen würden und die auf die Beendigung des Verstoßes oder auf dessen Wiedergutmachung abzielen. Dementsprechend könnten die Reaktionsmaßnahmen der Union erforderlichenfalls nicht nur in Maßnahmen bestehen, die mit den internationalen Verpflichtungen der Union im Einklang stehen, sondern auch in der Nichterfüllung internationaler Verpflichtungen gegenüber dem betreffenden Drittland, sofern der wirtschaftliche Zwang durch das Drittland eine völkerrechtswidrige Handlung darstellt. Nach Maßgabe des Völkerrechts müssen Gegenmaßnahmen im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem erlittenen Schaden angemessen sein, wobei die Schwere der völkerrechtswidrigen Handlungen und die betroffenen Rechte zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang schließt der von der Union oder einem Mitgliedstaat erlittene Schaden völkerrechtlich den Schaden der Wirtschaftsbeteiligten der Union innerhalb der Union ein.

(14)

Stellt der wirtschaftliche Zwang eine völkerrechtswidrige Handlung dar, so sollte die Union gegebenenfalls zusätzlich zur Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs das betreffende Drittland auffordern, für jeden von der Union erlittenen Schaden gemäß den Artikeln 31 sowie den Artikeln 34 bis 39 ARSIWA Schadensersatz zu leisten. Erhält die Union eine Ausgleichszahlung für den von Wirtschaftsbeteiligten aus der Union erlittenen Schaden, so kann die Union gegebenenfalls und soweit möglich in Erwägung ziehen, diese Ausgleichszahlung auf die Wirtschaftsbeteiligten der Union zu übertragen, die infolge des wirtschaftlichen Zwangs Verluste erlitten haben.

(15)

Zwang ist nach dem Völkerrecht verboten und stellt daher eine völkerrechtswidrige Handlung dar, wenn ein Land Maßnahmen wie Handels- oder Investitionsbeschränkungen ergreift, um ein anderes Land zu einer Maßnahme oder einem Unterlassen zu bewegen, die dieses Land nach Völkerrecht nicht ausführen muss und die unter seine Hoheitsgewalt fällt, wenn der Zwang eine bestimmte qualitative oder quantitative Schwelle erreicht, je nach den verfolgten Zielen und den eingesetzten Mitteln. Um festzustellen, ob das Drittland die legitimen souveränen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats beeinflusst und ob diese Maßnahme wirtschaftlichen Zwang darstellt, der eine Reaktion der Union erfordert, sollten die Kommission und der Rat sollten qualitative oder quantitative Kriterien berücksichtigen, mit denen festgestellt werden kann, ob das Drittland die legitimen souveränen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats beeinflusst und ob diese Maßnahme wirtschaftlichen Zwang darstellt, der eine Reaktion der Union erfordert. Zu diesen Kriterien sollten Elemente gehören, die sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht insbesondere die Art, die Auswirkungen und das Ziel der Maßnahmen, die das Drittland ergreift, darlegen. Durch die Anwendung dieser Kriterien würde sichergestellt, dass nur wirtschaftlicher Zwang mit hinreichend schwerwiegenden Auswirkungen oder, wenn der wirtschaftliche Zwang in einer Bedrohung besteht, nur eine glaubwürdige Bedrohung unter diese Verordnung fällt. Darüber hinaus sollten die Kommission und der Rat genau prüfen, ob das Drittland einen legitimen Grund verfolgt, da sein Ziel darin besteht, für ein international anerkanntes Anliegen einzutreten, wie unter anderem für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, den Schutz der Menschenrechte, den Schutz der Umwelt oder die Bekämpfung des Klimawandels.

(16)

Handlungen von Drittländern schließen nach dem Völkergewohnheitsrecht jede Form eines Tuns oder Unterlassens ein, einschließlich Drohungen, die nach dem Völkergewohnheitsrecht einem Staat zuzurechnen sind. In Artikel 2 Buchstabe a und den Artikeln 4 bis 11 ARSIWA wird bestätigt, dass das Völkergewohnheitsrecht als Handlung eines Staates insbesondere einstuft: das Verhalten eines Staatsorgans, einer Person oder Einrichtung, bei der es sich nicht um ein Staatsorgan handelt, die jedoch nach dem Recht dieses Staates ermächtigt ist, Elemente hoheitlicher Befugnisse auszuüben, das Verhalten eines Organs, über das einem Staat von einem anderen Staat Verfügungsgewalt eingeräumt wurde, das Verhalten einer Person oder Gruppe von Personen, die auf Anweisung oder unter der Leitung oder Kontrolle dieses Staates bei der Ausführung des Verhaltens handelt, das Verhalten einer Person oder Gruppe von Personen, die im Falle der Abwesenheit oder des Verzugs der staatlichen Stellen und unter Bedingungen, die die Ausübung solcher Elemente hoheitlicher Befugnisse erfordern, Elemente hoheitlicher Befugnisse ausübt und das Verhalten, das ein Staat als sein eigenes anerkennt und annimmt.

(17)

Die Kommission sollte untersuchen, ob die Maßnahme eines Drittlands einen wirtschaftlichen Zwang darstellen. Die Kommission sollte eine solche Untersuchung aufgrund von Informationen aus einer zuverlässigen Quelle durchführen, einschließlich natürlicher und juristischer Personen, des Europäischen Parlaments, eines Mitgliedstaats oder von Gewerkschaften. Um festzustellen, ob ein Drittland Maßnahmen anwendet oder anzuwenden droht, die sich auf Handel oder Investitionen auswirken und die einen wirtschaftlichen Zwang darstellen, sollte sich die Bewertung durch die Kommission und den Rat auf Fakten stützen.

(18)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung zu gewährleisten und angesichts der Besonderheit des wirtschaftlichen Zwangs, der sich auf Handel und Investitionen auswirkt, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um zu bestimmen, ob wirtschaftlicher Zwang vorliegt und ob es angemessen ist, Ersatz für den von der Union erlittenen Schaden zu verlangen. Die Übertragung von Durchführungsbefugnissen auf den Rat beschränkt sich auf die Umstände, die sich aus dem wirtschaftlichen Zwang ergeben, befasst sich nur mit diesen, und ist nicht als Präzedenzfall zu betrachten.

(19)

Im Anschluss an die Untersuchung durch die Kommission und wenn die Kommission zu dem Schluss kommt, dass die Maßnahme des Drittlandes einen wirtschaftlichen Zwang darstellt, sollte die Kommission dem Rat einen Vorschlag für einen Durchführungsrechtsakt vorlegen, mit dem festgestellt wird, dass die Maßnahme des Drittlandes die Bedingungen für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zwangs erfüllt. In diesem Vorschlag sollte die Kommission einen vorläufigen Zeitraum vorsehen, in dem sie bewertet, ob die Bedingungen für die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union erfüllt sind. Sofern angemessen, sollte die Kommission einen Vorschlag eines Durchführungsrechtsakts des Rates unterbreiten, in dem festgelegt wird, dass die Union das Drittland auffordert, den von der Union erlittenen Schaden auszugleichen. Darüber hinaus kann wirtschaftlicher Zwang Auswirkungen auf die Union oder einen Mitgliedstaat haben und daher die Notwendigkeit entstehen lassen, im Rahmen dieser Verordnung und im Einklang mit den von der Union verfolgten Grundsätzen der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und der loyalen Zusammenarbeit rasch zu handeln. Folglich sollte der Rat rasch handeln und alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um innerhalb von acht Wochen nach Übermittlung des Vorschlags durch die Kommission einen Beschluss zu fassen. Bei der Ausübung seiner Durchführungsbefugnisse sollte der Rat die Bedingungen für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zwangs und Kriterien für die Entscheidung anwenden, ob es angemessen ist, das Drittland aufzufordern, den von der Union erlittenen Schaden zu beheben.

(20)

Um die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und erforderlichenfalls die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens sicherzustellen, sollte die Union eine frühzeitige und gerechte Beilegung der Angelegenheit anstreben. Dementsprechend sollte die Kommission angemessene Möglichkeiten für Konsultationen mit dem betreffenden Drittland anbieten und, wenn dieses Drittland bereit ist, in gutem Glauben Konsultationen aufzunehmen, rasch in einen Dialog mit ihm eintreten. Im Laufe dieser Konsultationen sollte sich die Kommission unbeschadet der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten bemühen, Mittel wie direkte Verhandlungen, die Vorlage der Angelegenheit zur internationalen Streitbeilegung oder die Mediation, Schlichtung oder gute Dienste durch einen Dritten zu prüfen. Wenn das Drittland den wirtschaftlichen Zwang aussetzt und zustimmt, die Angelegenheit einer internationalen Streitbeilegung zu unterziehen, sollte erforderlichenfalls insbesondere ein internationales Übereinkommen mit dem Drittland geschlossen werden. Ein solches internationales Übereinkommen könnte entweder von der Union nach Artikel 218 AEUV oder von dem betroffenen Mitgliedstaat geschlossen werden.

(21)

Die Union sollte Drittländer, die von demselben oder einem ähnlichen wirtschaftlichen Zwang betroffen sind, oder andere interessierte Drittländer unterstützen und mit diesen zusammenarbeiten. Die Union sollte sich an internationaler Koordinierung in allen bilateralen, plurilateralen oder multilateralen Foren beteiligen, die zur Vermeidung oder Beseitigung von wirtschaftlichem Zwang geeignet sind. Die Kommission sollte den Standpunkt der Union nach Konsultation des Rates im Einklang mit den Verträgen und gegebenenfalls unter Beteiligung der Mitgliedstaaten vorlegen.

(22)

Es ist wünschenswert, dass die Union alle verfügbaren Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit dem betroffenen Drittland, wie Verhandlungen, Beilegung oder Mediation, proaktiv nutzt, und dass sie nur in solchen Fällen Reaktionsmaßnahmen ergreift, in denen diese Möglichkeiten nicht zu der schnellen und wirksamen Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und, sofern zutreffend und seitens des betroffenen Drittlandes von der Union verlangt, zu einem Ersatz des von der Union erlittenen Schadens führen und wenn gehandelt werden muss, um die im Völkerrecht verankerten Interessen und Rechte der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu schützen und ein solches Handeln im Interesse der Union ist. Es ist angemessen, dass in dieser Verordnung die für die Einführung und die Anwendung von Reaktionsmaßnahmen der Union geltenden Vorschriften und Verfahren festgelegt sind und schnelles Handeln zugelassen wird, wenn dies für die Wirksamkeit dieser Reaktionsmaßnahmen der Union notwendig ist.

(23)

Reaktionsmaßnahmen der Union, die im Einklang mit dieser Verordnung ergriffen werden, sollten auf der Grundlage objektiver Kriterien ausgewählt und ausgestaltet werden, einschließlich: der Wirksamkeit der Maßnahmen im Hinblick auf die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und gegebenenfalls den Ersatz des von der Union durch den wirtschaftlichen Zwang erlittenen Schadens; des Potenzials zur Schaffung von Abhilfe für Wirtschaftsbeteiligte der Union, die vom wirtschaftlichen Zwang betroffen sind; des Ziels, negative wirtschaftliche und andere Auswirkungen auf die Union zu verhindern oder zu minimieren; der Vermeidung einer unverhältnismäßigen Verwaltungslast und unverhältnismäßiger Kosten bei der Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union. Das Investitionsumfeld und die wissensbasierte Wirtschaft der Union sollten geschützt werden. Es ist wichtig, dass bei der Auswahl und Ausgestaltung der Reaktionsmaßnahmen der Union das Interesse der Union berücksichtigt wird, zu dem unter anderem die Interessen sowohl der vorgelagerten als auch der nachgelagerten Wirtschaftszweige der Union sowie der Endverbraucher der Union gehören. Wenn die Kommission Reaktionsmaßnahmen der Union in Betracht zieht, sollte sie Maßnahmen den Vorzug geben, die keine unverhältnismäßigen Auswirkungen auf die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der Maßnahmen für die Wirtschaftsbeteiligten sowie auf die Verwaltung der einschlägigen nationalen Vorschriften hätten. Wenn die Kommission die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union in Betracht zieht, die sich auf Genehmigungen, Registrierungen, Lizenzen oder andere Rechte im Zusammenhang mit Geschäftstätigkeiten auswirken, sollte sie Maßnahmen, die Verfahren betreffen, die unionsweiten angewendet werden, und auf sekundären Rechtsvorschriften beruhen, oder — wenn solche Maßnahmen nicht angemessen sind —, Maßnahmen in Bereichen den Vorzug geben, in denen umfassendes Unionsrecht vorliegen. Reaktionsmaßnahmen der Union sollten nicht in Verwaltungsentscheidungen eingreifen, die auf der Auswertung wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Reaktionsmaßnahmen der Union sollten aus einem breiten Spektrum von Optionen ausgewählt werden, um die Ergreifung der geeignetsten Maßnahme für den jeweiligen Fall zu ermöglichen.

(24)

Die Union sollte in der Lage sein, allgemein anwendbare Reaktionsmaßnahmen der Union zu ergreifen, die so gestaltet sind, dass sie bestimmte Wirtschaftszweige, Regionen oder Wirtschaftsbeteiligte des betreffenden Drittlandes treffen. Die Union sollte auch in der Lage sein, Reaktionsmaßnahmen der Union zu ergreifen, die für bestimmte natürliche oder juristische Personen gelten, die der Regierung des Drittlandes angehören oder mit dieser verbunden sind und die Tätigkeiten ausüben oder möglicherweise ausüben, die unter Artikel 207 AEUV fallen. Solche gezielten Reaktionsmaßnahmen der Union können zur sofortigen Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs führen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen eines solchen Zwangs auf die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten, auf die Wirtschaftsbeteiligten und auf die Endverbraucher der Union wirksam vermeiden oder minimieren.

(25)

Im Rahmen der Reaktion der Union kann die Kommission, um Drittländer zur Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs zu bewegen, auch Maßnahmen im Rahmen anderer Rechtsinstrumente als der vorliegenden Verordnung ergreifen, mit denen der Kommission besondere Befugnisse übertragen werden — z. B. in Bezug auf die Gewährung von Unionsmitteln oder Möglichkeiten zur Beschränkung der Teilnahme an Rahmenprogrammen der Union für Forschung und Innovation —, wobei die darin festgelegten Verfahren einzuhalten sind. Diese Verordnung lässt die Vorschriften und Verfahren dieser anderen Rechtsinstrumente unberührt. Die Kommission sollte die Koordination der Ergreifung der in Anhang I genannten Maßnahmen mit den Maßnahmen, die sie gemäß anderen Rechtsakten der Union als dieser Verordnung ergreift, sicherstellen. Insbesondere sollte die Reaktion der Union als Ganzes verhältnismäßig sein und das Maß des von der Union erlittenen Schadens nicht übersteigen. Unbeschadet etwaiger Berichterstattungspflichten gegenüber dem Europäischen Parlament oder dem Rat, die in solchen anderen Rechtsinstrumenten vorgesehen sind, sollte die Kommission das Europäische Parlament und den Rat über Maßnahmen im Rahmen dieser Instrumente, die auf Reaktionsmaßnahmen der Union abgestimmt sind, auf dem Laufenden halten.

(26)

Zum Zwecke der Festlegung der Reaktionsmaßnahmen der Union sollten Ursprungsregeln für Waren oder Dienstleistungen und Staatsangehörigkeitsregeln für Dienstleister, Investitionen und Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums festgelegt werden. Die Ursprungs- und Staatsangehörigkeitsregeln sollten unter Berücksichtigung der nach Unionsrecht geltenden nichtpräferenziellen Handels- und Investitionsvorschriften und der von der Union geschlossenen internationalen Abkommen festgelegt werden.

(27)

Zur Erlangung der Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs in einem bestimmten Fall und gegebenenfalls des Ersatzes des verursachten Schadens sollten Reaktionsmaßnahmen der Union in Form von Beschränkungen für ausländische Direktinvestitionen oder für den Handel mit Dienstleistungen nur für Dienstleistungen oder Direktinvestitionen gelten, die innerhalb der Union von einer oder mehreren in der Union niedergelassenen und im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen aus dem betroffenen Drittland stehenden juristischen Personen erbracht bzw. getätigt wurden, um die Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union zu gewährleisten und insbesondere um ihre Umgehung und Unterlaufung zu verhindern. Die Entscheidung, diese Beschränkungen einzuführen, sollte in Durchführungsrechtsakten, die nach dieser Verordnung unter Berücksichtigung der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien erlassen werden, hinreichend begründet sein.

(28)

Nach Ergreifung der Reaktionsmaßnahmen der Union sollte die Kommission die Situation hinsichtlich des wirtschaftlichen Zwangs, der Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union und ihrer Auswirkungen auf das Interesse der Union kontinuierlich bewerten, um die Reaktionsmaßnahmen der Union entsprechend ändern, aussetzen oder beenden zu können. Deshalb müssen die Vorschriften und Verfahren für die Änderung, Aussetzung und Beendigung der Reaktionsmaßnahmen der Union und die Umstände, in denen die Änderung, Aussetzung und Beendigung der Reaktionsmaßnahmen der Union angemessen sind, festgelegt werden.

(29)

Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, die Interessenträger, darunter auch Unternehmen, in die Ergreifung und die Änderung von Reaktionsmaßnahmen der Union und gegebenenfalls in das Verfahren um ihre Aussetzung und Beendigung einzubeziehen, womit den möglichen Auswirkungen der Maßnahmen auf solche Interessenträger Rechnung getragen wird.

(30)

Angesichts des wirtschaftlichen Zwangs durch Drittländer, und insbesondere seiner Häufigkeit und Schwere sollte die Kommission im Interesse der Kohärenz mit anderen Rechtsakten der Union eine zentrale Anlaufstelle für das Funktionieren dieser Verordnung bereitstellen, und sie sollte folglich tätig werden, um sicherzustellen, dass die Union in der Lage ist, wirtschaftlichen Zwang besser vorherzusehen und wirksam darauf zu reagieren.

(31)

Es ist wichtig, sicherzustellen, dass das Europäische Parlament und der Rat regelmäßig und rechtzeitig über relevante Entwicklungen bei der Anwendung dieser Verordnung unterrichtet werden und gegebenenfalls Gelegenheit zu einer Aussprache mit der Kommission erhalten.

(32)

Um die Anpassung der Ursprungsregeln oder der Staatsangehörigkeitsregeln an relevante Entwicklungen bei internationalen Instrumenten und Erfahrungen bei der Anwendung von Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung oder anderer Rechtsakte der Union zu ermöglichen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zur Änderung von Anhang II zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden (2). Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(33)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der Reaktionsmaßnahmen der Union im Rahmen dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) ausgeübt werden.

(34)

Das Prüfverfahren sollte für die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union und deren Änderung, Aussetzung oder Beendigung angewandt werden, da diese Maßnahmen die Reaktion der Union auf wirtschaftlichen Zwang, der in den Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung fällt, bestimmen. Angesichts des spezifischen Charakters dieser Verordnung und der besonderen Sensibilität der Reaktionsmaßnahmen der Union sollte die Kommission keinen Entwurf eines Durchführungsrechtsakts über Reaktionsmaßnahmen der Union erlassen, wenn der Ausschuss zu diesem Rechtsakt keine Stellungnahme abgibt. Bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse sollte die Kommission besonderes Augenmerk auf Lösungen legen, die bei den Mitgliedstaaten die größtmögliche Unterstützung finden, und in allen Phasen des Verfahrens, auch im Berufungsausschuss, ausgewogene Lösungen anstreben und vermeiden, dass entgegen einem bei den Mitgliedstaaten vorherrschenden Standpunkt gehandelt wird, insbesondere was die Angemessenheit eines Entwurfs eines Durchführungsrechtsakts betrifft.

(35)

Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte mit befristeter Geltung erlassen, wenn in hinreichend begründeten Fällen zur Änderung oder Aussetzung der Reaktionsmaßnahmen der Union aus Gründen äußerster Dringlichkeit eine beschleunigte Maßnahme erforderlich ist, um irreparable Schäden für die Union oder einen Mitgliedstaat abzuwenden oder die Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen. Durch eine solche beschleunigte Maßnahme könnte verhindert werden, dass der wirtschaftliche Zwang einen wirtschaftlichen Schaden verursacht oder verschlimmert, insbesondere im Hinblick auf den Schutz dringlicher und grundlegender Interessen der Union oder eines Mitgliedstaats.

(36)

Alle im Rahmen dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen, einschließlich der Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union, die für bestimmte natürliche oder juristische Personen gelten, hat mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang zu stehen. Darüber hinaus hat die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung gemäß den geltenden Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten zu erfolgen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Bedienstete der Mitgliedstaaten, die im Rahmen dieser Verordnung Informationen erhalten, hat im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) zu erfolgen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Institutionen der Union hat im Einklang mit der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) zu erfolgen.

(37)

Die Kommission sollte die Wirksamkeit und das Funktionieren der im Rahmen dieser Verordnung ergriffenen Reaktionsmaßnahmen der Union bewerten und gegebenenfalls etwaige Schlussfolgerungen für künftige Reaktionsmaßnahmen der Union ziehen. Die Kommission sollte die vorliegende Verordnung überprüfen, nachdem sie bezüglich ihrer Anwendung und Umsetzung sowie ihrer Verbindung zu anderen Politikbereichen der Union und bestehenden Rechtsinstrumenten der Union, einschließlich der Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates (6), hinreichend Erfahrungen gesammelt hat. Die Überprüfung der vorliegenden Verordnung sollte ihren Anwendungsbereich, ihr Funktionieren, ihre Effizienz und ihre umfassen. Die Kommission sollte ihre Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat übermitteln —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung findet bei wirtschaftlichem Zwang durch ein Drittland Anwendung. In ihr werden Regel und Verfahren festgelegt, die den wirksamen Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer sicherstellen.

(2)   Mit dieser Verordnung wird ein Rahmen für die Union geschaffen, um auf wirtschaftlichen Zwang zu reagieren, um von wirtschaftlichem Zwang abzuschrecken oder die Einstellung des wirtschaftlichen Zwangs zu erwirken, während die Union als letztes Mittel dem wirtschaftlichen Zwang durch Reaktionsmaßnahmen der Union entgegenwirken kann.

Mit dieser Verordnung wird auch ein Rahmen geschaffen, innerhalb dessen die Union erforderlichenfalls Ersatz für den von der Union erlittenen Schaden verlangen kann.

(3)   Die aufgrund dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen müssen mit dem Völkerrecht im Einklang stehen und im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union durchgeführt werden.

(4)   Diese Verordnung gilt unbeschadet bestehender Instrumente der Union und von der Union geschlossener internationaler Übereinkünfte sowie der aufgrund dieser Übereinkünfte im Einklang mit dem Völkerrecht getroffenen Maßnahmen im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und in anderen Politikbereichen der Union.

(5)   Diese Verordnung berührt nicht die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten im Sinne der Verträge.

Artikel 2

Wirtschaftlicher Zwang

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung liegt wirtschaftlicher Zwang vor, wenn ein Drittland eine Maßnahme eines Drittlandes anwendet oder anzuwenden droht, die den Handel oder Investitionen beeinträchtigt, um die Einstellung, Änderung oder Annahme eines bestimmten Rechtsakts durch die Union oder einen Mitgliedstaat zu verhindern oder zu erwirken, und dadurch in die legitimen souveränen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats eingreift.

(2)   Bei der Feststellung, ob die in Absatz 1 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind, berücksichtigen die Kommission und der Rat Folgendes:

a)

Intensität, Schwere, Häufigkeit, Dauer, Umfang und Ausmaß der Maßnahme des Drittlandes, einschließlich ihrer Auswirkungen auf die Handels- oder Investitionsbeziehungen mit der Union, und den daraus resultierenden Druck auf die Union oder einen Mitgliedstaat,

b)

ob die Einflussnahme durch das Drittland darauf ausgerichtet ist, bestimmte Handlungen der Union oder eines Mitgliedstaats oder eines anderen Drittlandes zu verhindern oder zu erwirken,

c)

das Ausmaß, in dem die Maßnahme des Drittlandes in einen Bereich der hoheitlichen Gewalt der Union oder eines Mitgliedstaats eingreift,

d)

ob das Drittland auf der Grundlage eines international anerkannten berechtigten Anliegens handelt,

e)

ob und wie das Drittland vor Ergreifung oder Anwendung der Maßnahme des Drittlandes ernsthafte Anstrengungen in gutem Glauben unternommen hat, die Angelegenheit durch internationale Koordinierung oder Beilegung entweder bilateral oder in einem internationalen Forum zu klären.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

(1)

„Maßnahme eines Drittlandes“ jedes Tun oder Unterlassen, die einem Drittland nach dem Völkerrecht zuzurechnen ist;

(2)

„besonderer Rechtsakt“ jede Rechts- oder sonstige Handlung, einschließlich der Äußerung eines Standpunkts durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union, einen Mitgliedstaat oder ein Drittland;

(3)

„von der Union erlittener Schaden“ eine negative Auswirkung, einschließlich wirtschaftlicher Schäden, auf die Union oder einen Mitgliedstaat, auch auf die Wirtschaftsbeteiligten der Union, die durch wirtschaftlichen Zwang verursacht wird;

(4)

„Drittland“ jeden Staat, jedes gesonderte Zollgebiet oder Völkerrechtssubjekt, mit Ausnahme der Union oder eines Mitgliedstaats;

Artikel 4

Untersuchung der Maßnahmen von Drittländern

(1)   Die Kommission kann von sich aus oder auf ordnungsgemäß begründeten Antrag eine Maßnahme eines Drittlandes untersuchen, um festzustellen, ob die in Artikel 2 Absatz 1 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2)   Untersucht die Kommission eine Maßnahme eines Drittlandes, so handelt sie zügig. Die Untersuchung darf in der Regel vier Monate nicht überschreiten.

Die Kommission führt die Untersuchung auf der Grundlage fundierter Informationen durch, die sie auf eigene Initiative erhoben oder von einer zuverlässigen Quelle, einschließlich eines Mitgliedstaats, des Europäischen Parlaments, der Wirtschaftsakteure oder der Gewerkschaften, erhalten hat.

Die Kommission stellt den Schutz vertraulicher Informationen gemäß Artikel 15 sicher, gegebenenfalls einschließlich des Schutzes der Identität des Auskunftgebers.

Die Kommission macht ein sicheres Instrument öffentlich verfügbar, um die Einreichung von Informationen bei der Kommission zu erleichtern.

(3)   Die Kommission unterrichtet die Mitgliedstaaten rechtzeitig über den Beginn der Untersuchungen und über relevante Entwicklungen in Bezug auflaufende Untersuchungen.

(4)   Die Kommission holt erforderlichenfalls Informationen über die Auswirkungen der Maßnahmen des Drittlandes ein.

Die Kommission kann die Mitgliedstaaten auffordern, diese Informationen zu übermitteln, und die Mitgliedstaaten reagieren zügig auf dieses Ersuchen.

Die Kommission kann die Interessenträger auffordern, durch eine im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Bekanntmachung und gegebenenfalls durch andere geeignete öffentliche Kommunikationsmittel Informationen zu übermitteln. Die Kommission legt unter Berücksichtigung des in Absatz 2 Unterabsatz 1 genannten Zeitraums einen Termin fest, bis zu dem diese Informationen zu übermitteln sind.

Veröffentlicht die Kommission eine solche Bekanntmachung, so teilt sie dem betreffenden Drittland mit, dass mit der Untersuchung begonnen wurde.

Artikel 5

Feststellung hinsichtlich der Maßnahme des Drittlandes

(1)   Gelangt die Kommission aufgrund einer gemäß Artikel 4 durchgeführten Untersuchung zu dem Schluss, dass die Maßnahme des Drittlandes die Bedingungen des Artikels 2 Absatz 1 erfüllt, so unterbreitet sie dem Rat einen Vorschlag für einen Durchführungsrechtsakt, mit dem festgestellt wird, dass die Maßnahme des Drittlandes die Bedingungen des Artikels 2 Absatz 1 erfüllt.

In diesem Vorschlag erläutert die Kommission, inwiefern diese Bedingungen erfüllt sind.

In dem Vorschlag wird eine vorläufige Frist festgelegt, innerhalb dessen die Kommission beurteilen kann, ob die Bedingungen des Artikels 8 Absatz 1 erfüllt sind. Diese Frist überschreitet nicht sechs Monate, es sei denn, angesichts der besonderen Umstände des Falles ist ein hinreichend begründeter längerer Zeitraum erforderlich.

(2)   In dem in Absatz 1 genannten Vorschlag oder in einem späteren Vorschlag für einen Durchführungsrechtsakt des Rates schlägt die Kommission dem Rat gegebenenfalls vor, dass das Drittland ersucht wird, den von der Union erlittenen Schaden wiedergutzumachen.

Die Beurteilung, ob es angemessen ist, das Drittland aufzufordern, den von der Union erlittenen Schaden wiedergutzumachen, wird auf alle Umstände des Einzelfalls gestützt. Diese Beurteilung stützt sich insbesondere auf die Art und den Umfang des verursachten Schadens und die allgemeine völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung, den durch eine völkerrechtswidrige Handlung verursachten Schaden volle Wiedergutmachung zu leisten.

(3)   Vor der Unterbreitung des in Absatz 1 dieses Artikels genannten Vorschlags fordert die Kommission das Drittland unbeschadet einer etwaigen Zusammenarbeit mit dem betreffenden Drittland gemäß Artikel 6 auf, innerhalb einer bestimmten Frist Stellung zu nehmen, wenn dies für die Zwecke der in jenem Absatz genannten Feststellung von Nutzen ist. Diese Frist muss angemessen sein und darf die Vorlage des in Absatz 1 dieses Artikels genannten Vorschlags durch die Kommission nicht unangemessen verzögern.

(4)   Bevor die Kommission den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Vorschlag unterbreitet, unterrichtet sie das Europäische Parlament über die Schlussfolgerungen der gemäß Artikel 4 durchgeführten Untersuchung.

(5)   Der Rat erlässt die in den Absätzen 1 und 2 genannten Durchführungsrechtsakte mit qualifizierter Mehrheit.

Der Rat kann die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschläge mit qualifizierter Mehrheit abändern.

(6)   Für die Zwecke dieses Artikels handelt der Rat zügig.

Der Rat beschließt innerhalb von acht Wochen nach Vorlage des in Absatz 1 und 2 genannten Vorschlags.

Abweichend von Unterabsatz 2 kann der Rat nach Ablauf dieser Achtwochenfrist tätig werden, sofern er die Kommission über eine Verzögerung und die Gründe für diese Verzögerung unterrichtet.

Der Zeitraum, in dem der Rat tätig werden muss, darf in der Regel zehn Wochen ab Vorlage der in Absatz 1 und 2 genannten Vorschläge nicht überschreiten.

Bei der Ausübung seiner Durchführungsbefugnisse wendet der Rat Artikel 2 Absatz 1, in dem die Bedingungen für das Vorliegen von wirtschaftlichem Zwang festgelegt sind, und die in Absatz 2 Unterabsatz 2 dieses Artikels genannten Kriterien an und erläutert, inwiefern diese Bedingungen erfüllt und wie die Kriterien angewandt werden.

(7)   Gemäß diesem Artikel erlassene Durchführungsrechtsakte werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(8)   Das Europäische Parlament wird von der Kommission bzw. vom Rat über alle gemäß diesem Artikel vorgeschlagenen oder erlassenen Durchführungsrechtsakte unterrichtet.

(9)   Erlässt der Rat einen Durchführungsrechtsakt gemäß Absatz 1, so setzt die Kommission das Drittland entsprechend in Kenntnis und fordert dieses Drittland auf, den wirtschaftlichen Zwang unverzüglich einzustellen.

(10)   Erlässt der Rat einen Durchführungsrechtsakt gemäß Absatz 2, so fordert die Kommission das Drittland auf, innerhalb einer angemessenen Frist Wiedergutmachung für den von der Union erlittenen Schaden zu leisten.

Artikel 6

Zusammenarbeit mit dem Drittland

(1)   Nach dem Erlass eines Durchführungsrechtsakts gemäß Artikel 5 bietet die Kommission angemessene Gelegenheit für Konsultationen mit dem Drittland, um die Einstellung des wirtschaftlichen Zwangs und, wenn dies gemäß Artikel 5 Absatz 10 gefordert wird, die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens zu erwirken.

Nimmt das Drittland nach Treu und Glauben Konsultationen mit der Union auf, so nimmt die Kommission diese Konsultationen zügig auf.

Im Laufe dieser Konsultationen kann die Kommission Optionen mit dem Drittland prüfen, darunter:

a)

direkte Verhandlungen,

b)

Vorlage der Angelegenheit zur internationalen Streitbeilegung,

c)

Mediation, Schlichtung oder Vermittlung durch einen Dritten, um die Union und das Drittland bei ihren Bemühungen im Rahmen dieses Artikels zu unterstützen.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 bemüht sich die Kommission, die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs auch dadurch zu erreichen, dass sie die Angelegenheit in allen einschlägigen internationalen Foren, gegebenenfalls nach Anhörung des Rates im Einklang mit den Verträgen, zur Sprache bringt.

(3)   Nach der Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union gemäß Artikel 8 bleibt die Kommission offen für die Aufnahme von Konsultationen mit dem Drittland in Verbindung mit der möglichen Aussetzung von Reaktionsmaßnahmen der Union gemäß Artikel 12 Absatz 2.

Artikel 7

Internationale Zusammenarbeit

Die Kommission nimmt, gegebenenfalls nach Anhörung des Rates gemäß den Verträgen, Konsultationen auf oder arbeitet mit anderen Drittländern, die von demselben oder einem ähnlichen wirtschaftlichen Zwang betroffen sind, oder mit anderen interessierten Drittländern zusammen, um die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs zu erreichen.

Diese Konsultationen und die Zusammenarbeit können gegebenenfalls Folgendes umfassen:

a)

Austausch relevanter Informationen und Erfahrungen, um eine kohärente Reaktion auf diesen wirtschaftlichen Zwang zu erleichtern;

b)

Koordinierung in einschlägigen internationalen Foren;

c)

Koordinierung bei der Reaktion auf den wirtschaftlichen Zwang.

Die Kommission lädt die Mitgliedstaaten gegebenenfalls ein, sich an diesen Konsultationen und der Zusammenarbeit zu beteiligen.

Solche Konsultationen und Zusammenarbeit dürfen das Verfahren nach dieser Verordnung nicht übermäßig verzögern.

Artikel 8

Reaktionsmaßnahmen der Union

(1)   Die Kommission ergreift Reaktionsmaßnahmen der Union im Wege eines Durchführungsrechtsakts, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Maßnahmen nach den Artikeln 5 und 6 haben nicht innerhalb einer angemessenen Frist zur Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und, sofern gemäß Artikel 5 Absatz 10 gefordert, zur Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens geführt;

b)

die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union ist erforderlich, um die Interessen und Rechte der Union und ihrer Mitgliedstaaten in dem jeweiligen Fall in Anbetracht der verfügbaren Optionen zu schützen;

c)

die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union liegt im Interesse der Union gemäß Artikel 9.

Wurde der wirtschaftliche Zwang beendet und das Drittland hat für den von der Union erlittenen Schaden trotz Aufforderung keine volle Wiedergutmachung geleistet, so stützt die Kommission die Beurteilung, ob die in Unterabsatz 1 Buchstabe b dieses Absatzes genannte Bedingung erfüllt ist, auf alle Umstände des Einzelfalls. Diese Beurteilung stützt sich insbesondere auf die Art und den Umfang des verursachten Schadens sowie die allgemeine völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung, volle Wiedergutmachung des durch eine völkerrechtswidrige Handlung verursachten Schadens zu leisten.

Die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannte Durchführungsrechtsakt wird nach dem in Artikel 18 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(2)   Die Kommission wählt geeignete Reaktionsmaßnahmen der Union aus den in Anhang I genannten Maßnahmen aus. Sie bestimmt, welche dieser Maßnahmen auf der Grundlage der in Artikel 11 festgelegten Auswahl- und Gestaltungskriterien geeignet sind.

In dem in Absatz 1 dieses Artikels genannten Durchführungsrechtsakt begründet die Kommission, warum sie der Auffassung ist, dass die in jenem Absatz genannten Bedingungen erfüllt sind und warum sie der Auffassung ist, dass die Reaktionsmaßnahmen der Union im Hinblick auf die in Artikel 11 genannten Kriterien angemessen sind.

(3)   Reaktionsmaßnahmen der Union werden in folgender Formergriffen:

a)

als Maßnahmen von allgemeiner Geltung oder

b)

als Maßnahmen, die für bestimmte natürliche oder juristische Personen gelten, die Tätigkeiten im Sinne von Artikel 207 AEUV ausüben oder ausüben können und der Regierung des Drittlandes angehören oder mit ihr verbunden sind.

Die in Unterabsatz 1 Buchstabe a genannten Reaktionsmaßnahmen der Union können so gestaltet werden, dass sie bestimmte Sektoren, Regionen oder Wirtschaftsbeteiligte des Drittlandes im Einklang mit den in Anhang II festgelegten Ursprungsregeln betreffen.

(4)   Soweit die Maßnahme des Drittlandes eine völkerrechtswidrige Handlung darstellt, können die Reaktionsmaßnahmen der Union aus Maßnahmen bestehen, die auf die Nichterfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen gegenüber dem Drittland hinauslaufen.

(5)   Die Kommission sorgt für die Koordinierung der Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union mit den Maßnahmen, die sie aufgrund anderer Rechtsakte der Union als dieser Verordnung als Reaktion auf den wirtschaftlichen Zwang ergreift.

(6)   Der in Absatz 1 genannte Durchführungsrechtsakt hat einen aufgeschobenen Geltungsbeginn vorzusehen, der nicht später als drei Monate nach Erlass des Durchführungsrechtsakts liegen darf, es sei denn, ein späterer Geltungsbeginn ist unter Berücksichtigung besonderer Umstände vorgesehen.

Die Kommission legt dieses Datum unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls so fest, dass das Drittland gemäß Absatz 7 benachrichtigt werden kann und den wirtschaftlichen Zwang beenden und, falls gefordert, den von der Union erlittenen Schaden beheben kann.

(7)   Nach Erlass des in Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts setzt die Kommission das Drittland darüber in Kenntnis und

a)

fordert das Drittland auf, den wirtschaftlichen Zwang unverzüglich einzustellen und gegebenenfalls und auf Verlangen den von der Union erlittenen Schaden zu beheben,

b)

bietet an, eine Lösung mit dem Drittland auszuhandeln, und

c)

teilt dem Drittland mit, dass die Reaktionsmaßnahmen der Union Anwendung finden, es sei denn, der wirtschaftliche Zwang wird beendet und das Drittland behebt gegebenenfalls und auf Verlangen den von der Union erlittenen Schaden.

(8)   Liegen der Kommission glaubhafte Informationen darüber vor, dass der wirtschaftliche Zwang beendet wurde oder das Drittland konkrete Schritte unternommen hat, um den wirtschaftlichen Zwang einzustellen, und gegebenenfalls den von der Union erlittenen Schaden vor dem gemäß Absatz 6 festgelegten späteren Geltungsbeginn behoben hat, so sieht der in Absatz 1 genannte Durchführungsrechtsakt einen weiteren Aufschub des Geltungsbeginns vor. Dieser Aufschub gilt für einen in diesem Durchführungsrechtsakt festgelegten Zeitraum und ist so zu bemessen, dass die Kommission die tatsächliche Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs überprüfen kann.

In dem Fall, dass die Kommission über solche glaubwürdigen Informationen verfügt, veröffentlicht sie im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung, aus der hervorgeht, dass ihr solche Informationen vorliegen, sowie den gemäß dem vorliegenden Unterabsatz verschobenen Geltungsbeginn des in Unterabsatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts.

(9)   Stellt das Drittland den wirtschaftlichen Zwang ein und behebt gegebenenfalls den von der Union erlittenen Schaden vor dem Geltungsbeginn des in Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts, so erlässt die Kommission einen Durchführungsrechtsakt zur Aufhebung des in Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts.

Dieser Aufhebungsdurchführungsrechtsakt wird nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 18 Absatz 2 erlassen.

(10)   Ungeachtet der Absätze 7, 8 und 9 kann in dem in Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakt vorgesehen werden, dass Reaktionsmaßnahmen der Union gelten, ohne dass die Kommission das betreffende Drittland zuvor gemäß Absatz 7 Buchstabe a auffordert, den wirtschaftlichen Zwang einzustellen oder gegebenenfalls den von der Union erlittenen Schaden zu beheben, oder dem betreffenden Drittland gemäß Artikel 7 Buchstabe c mitteilt, dass diese Reaktionsmaßnahmen der Union Anwendung finden, sofern dies in hinreichend begründeten Fällen für die Wahrung der Rechte und Interessen der Union oder eines Mitgliedstaats, insbesondere für die Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union, erforderlich ist.

(11)   Ungeachtet der Absätze 6 und 8 gilt der Durchführungsrechtsakt gemäß Absatz 1 dieses Artikels in den Fällen, in denen der wirtschaftliche Zwang in der Drohung besteht, eine Maßnahme des Drittlands anzuwenden, die sich auf Handel oder Investitionen gemäß Artikel 2 Absatz 1 auswirkt, ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahme des Drittlandes angewandt wird.

Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung über den Zeitpunkt der Anwendung des Durchführungsrechtsakts gemäß Absatz 1 dieses Artikels.

Artikel 9

Feststellung des Interesses der Union

Die Feststellung des Interesses der Union an der Ergreifung, Aussetzung, Änderung oder Beendigung von Reaktionsmaßnahmen der Union erfolgt auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen und besteht in einer Bewertung aller unterschiedlichen Interessen als Ganzes. Zu diesen Interessen gehören in erster Linie die Wahrung der Fähigkeit der Union und ihrer Mitgliedstaaten, legitimen souveräne Entscheidungen zu treffen, die frei von wirtschaftlichem Zwang sind, und alle anderen Interessen der Union oder der Mitgliedstaaten, die den konkreten Fall betreffen, die Interessen der Wirtschaftsbeteiligten der Union, einschließlich der vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige, und die Interessen der Endverbraucher in der Union, die von dem wirtschaftlichen Zwang oder den Reaktionsmaßnahmen der Union betroffen oder potenziell betroffen sind.

Artikel 10

Bedingungen für die Anwendung von Reaktionsmaßnahmen der Union auf bestimmte natürliche und juristische Personen

(1)   Für die Zwecke von Artikel 8 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b kann eine natürliche oder juristische Person als der Regierung des Drittlandes angehörend oder mit dieser verbunden angesehen werden, wenn

a)

diese Regierung wirtschaftlicher Eigentümer von mehr als 50 % des Eigenkapitals einer solchen juristischen Person ist, direkt oder indirekt mehr als 50 % der Stimmrechte der juristischen Person ausübt oder befugt ist, die Mehrheit ihrer Direktoren zu benennen oder ihre Tätigkeit auf andere Weise rechtlich zu bestimmen;

b)

diese Person ausschließliche oder besondere Rechte oder Vorrechte genießt, die von der Regierung des betreffenden Drittlandes de jure oder de facto gewährt werden, falls die Person in einem Wirtschaftszweig tätig ist, in dem diese Regierung die Zahl der Lieferanten oder Käufer auf einen oder mehrere beschränkt, oder falls diese Regierung direkt oder indirekt Praktiken gestattet, mit denen der Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird; oder

c)

diese Person tatsächlich im Namen oder unter der Leitung oder auf Betreiben der Regierung des betreffenden Drittlandes handelt.

(2)   Hat die Kommission Grund zur Annahme, dass eine natürliche oder juristische Person die in Artikel 8 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b festgelegten Kriterien erfüllt, und erwägt sie die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union in Bezug auf diese Person, so teilt sie dieser Person Folgendes mit:

a)

die Gründe, aus denen die Kommission der Auffassung ist, dass diese Person diese Kriterien erfüllt;

b)

die Reaktionsmaßnahmen der Union, die die Kommission in Bezug auf diese Person zu ergreifen beabsichtigt;

c)

die Möglichkeit, dass diese Person innerhalb einer angemessenen Frist dazu Stellung nimmt, ob sie diese Kriterien erfüllt.

(3)   Für die Zwecke von Absatz 2 veröffentlicht die Kommission eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union und setzt die betreffende Person, soweit möglich, direkt davon in Kenntnis.

In dieser Bekanntmachung gibt die Kommission anderen interessierten Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme.

(4)   Für die Zwecke dieses Artikels kann die Kommission alle Informationen einholen, die sie für relevant hält, auch indem sie solche Informationen bei den Mitgliedstaaten anfordert.

(5)   Unbeschadet des Artikels 12 überprüft die Kommission, wenn ihr nach Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union gemäß Artikel 8 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b neue stichhaltige Beweise vorgelegt werden, ob die betreffenden Personen weiterhin die in Artikel 8 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten Kriterien erfüllen, und unterrichtet die betreffenden Personen entsprechend.

Artikel 11

Kriterien für die Auswahl und Gestaltung von Reaktionsmaßnahmen der Union

(1)   Reaktionsmaßnahmen der Union müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das Maß des von der Union erlittenen Schadens hinausgehen, wobei die Schwere des wirtschaftlichen Zwangs, seine wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Union oder einen Mitgliedstaat und die Rechte der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind.

(2)   Die Kommission wählt und gestaltet geeignete Reaktionsmaßnahmen der Union auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der nach Artikel 13 eingeholten Informationen, und unter Berücksichtigung der nach Artikel 5 getroffenen Feststellung, der in Artikel 2 Absatz 2 festgelegten Kriterien, der Feststellung des Interesses der Union gemäß Artikel 9, jedweder einschlägiger Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union sowie der folgenden Kriterien:

a)

die Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union im Hinblick auf die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und — sofern verlangt — die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens,

b)

die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen auf

i)

die angesichts unter anderem der Verfügbarkeit von Alternativen für die betroffenen Akteure, wie alternative Bezugsquellen für Waren oder Dienstleistungen, von den Reaktionsmaßnahmen der Union betroffenen Akteure der Union,

ii)

das Investitionsumfeld in der Union oder in einem Mitgliedstaat, einschließlich der Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und die Regionalentwicklungspolitik,

c)

die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen auf die Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums als Mittel zur Förderung von Innovation und einer wissensbasierten Wirtschaft in der Union oder in einem Mitgliedstaat,

d)

das Potenzial, Abhilfe für Wirtschaftsbeteiligte der Union zu schaffen, die vom wirtschaftlichen Zwang betroffen sind,

e)

die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen der Reaktionsmaßnahmen der Union auf die Politik oder die Ziele der Union,

f)

die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands und unverhältnismäßiger Kosten durch Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union,

g)

das Vorhandensein und die Art von Reaktionsmaßnahmen von Drittländern, die von demselben oder einem ähnlichen wirtschaftlichen Zwang betroffen sind, gegebenenfalls einschließlich Koordinierung nach Artikel 7,

h)

andere im Völkerrecht verankerte relevante Kriterien.

Bei der Auswahl der Reaktionsmaßnahmen der Union gibt die Kommission jenen Maßnahmen den Vorzug, mit denen die Einhaltung der in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b festgelegten Kriterien am wirksamsten sichergestellt wird.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 2 erwägt die Kommission bei der Auswahl und Gestaltung einer geeigneten Reaktionsmaßnahme, die sich auf ein Verfahren auswirkt, bei dem eine Behörde in der Union einer natürlichen oder juristischen Person für die Zwecke ihrer Geschäftstätigkeit Genehmigungen, Registrierungen, Lizenzen oder andere Rechte erteilt, die Annahme von Reaktionsmaßnahmen der Union in der folgenden Rangfolge:

a)

Maßnahmen betreffend Verfahren, die nach Inkrafttreten des in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts eingeleitet wurden,

b)

wenn keine Maßnahmen gemäß Buchstabe a dieses Absatzes zur Verfügung stehen, Maßnahmen betreffend Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts noch nicht abgeschlossen sind.

Sind keine der in Unterabsatz 1 genannten Maßnahmen möglich, so kann die Kommission unter außergewöhnlichen Umständen andere Reaktionsmaßnahmen in Betracht ziehen, wenn durch das Einholen von Informationen und Ansichten gemäß Artikel 13 nachgewiesen wurde, dass diese anderen Maßnahmen Wirksamkeit sicherstellen würden, ohne sich in unverhältnismäßiger Weise auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige oder die Endverbraucher in der Union auszuwirken oder im Hinblick auf die Verwaltung der betreffenden nationalen Vorschriften zu einem unverhältnismäßigen Aufwand zu führen.

Bei der Auswahl und Gestaltung einer in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahme der Union berücksichtigt die Kommission den Grad der Harmonisierung und gibt Maßnahmen den Vorzug, die Verfahren betreffen, die unionsweit oder in einem Bereich angewandt werden, in dem umfassende Rechtsvorschriften der Union vorliegen.

Die in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahmen der Union, auf die in Unterabsatz 1 Bezug genommen wird, dürfen nicht in Verwaltungsentscheidungen der Behörden der Union und der Mitgliedstaaten, die auf der Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse beruhen, eingreifen.

(4)   Soweit dies erforderlich ist, um das Ziel der vorliegenden Verordnung zu erreichen, kann die Kommission Reaktionsmaßnahmen der Union ergreifen, die sich auf den Zugang von ausländischen Direktinvestitionen in die Union oder den Handel mit Dienstleistungen auswirken, und die auf Dienstleistungen oder Direktinvestitionen Anwendung finden, die innerhalb der Union von einer oder mehreren in der Union niedergelassenen und im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen aus dem Drittland stehenden juristischen Personen erbracht bzw. getätigt wurden.

Die Kommission ergreift solche Reaktionsmaßnahmen der Union, wenn das Ziel der vorliegenden Verordnung ohne ihre Anwendung auf solche Dienstleistungen oder Direktinvestitionen nicht erreicht werden könnte, insbesondere wenn die Wirkung von Reaktionsmaßnahmen der Union von dem betroffenen Drittland oder der betroffenen Person vermieden oder umgangen werden könnte.

Bei der Beurteilung, ob Reaktionsmaßnahmen der Union ergriffen werden sollen, berücksichtigt die Kommission neben den in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Kriterien unter anderem Folgendes:

a)

die Handelsströme bei den Dienstleistungen und die Investitionsmuster in dem Sektor, auf den die vorgesehenen Reaktionsmaßnahmen der Union abzielen, und das Risiko der Umgehung oder Unterlaufung von Reaktionsmaßnahmen der Union, die für in der Union erbrachte Dienstleistungen oder getätigte Direktinvestitionen nicht gelten, seitens des betroffenen Drittlandes oder der betroffenen Person,

b)

den möglichen tatsächlichen Beitrag solcher in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahmen der Union zu der Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und der Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens,

c)

das Vorliegen alternativer Maßnahmen, mit denen die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens bewirkt werden können und die üblicherweise zur Verfügung stehen und den Dienstleistungshandel oder die Investitionen in der Union weniger beschränken.

Die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union muss in dem in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakt unter Berücksichtigung der in diesem Absatz festgelegten Kriterien hinreichend begründet werden.

Artikel 12

Änderung, Aussetzung und Beendigung von Reaktionsmaßnahmen der Union

(1)   Die Kommission überprüft den wirtschaftlichen Zwang und die Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union und ihre Auswirkungen auf das Interesse der Union.

(2)   Setzt das Drittland den wirtschaftlichen Zwang aus, so setzt die Kommission die Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union für die Dauer der Aussetzung durch das Drittland aus.

Wenn das Drittland und die Union oder der betroffene Mitgliedstaat — auch auf der Grundlage eines Angebots dieses Drittlandes — ein Übereinkommen geschlossen haben, die Angelegenheit einem Dritten zur verbindlichen internationalen Streitbeilegung vorzulegen, und das Drittland die wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen aussetzt, so setzt die Kommission die Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union für die Dauer des Streitbeilegungsverfahrens aus.

Erfordert eine Entscheidung im Rahmen der Streitbeilegung oder die Beilegung mit dem Drittland eine Umsetzung durch das Drittland, so setzt die Kommission die Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union aus, sofern das Drittland diese Entscheidung im Rahmen der Streitbeilegung oder diese Beilegung umsetzt.

Die Kommission setzt die Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union aus oder nimmt sie wieder auf, wenn dies angesichts des gemäß Artikel 9 festgestellten Interesses der Union erforderlich ist oder wenn dies nach der Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union erforderlich ist, um die Fortführung der Zusammenarbeit nach dem Ergreifen von Reaktionsmaßnahmen der Union gemäß Artikel 6 Absatz 3 zu erleichtern.

Die Kommission setzt die Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union im Wege von Durchführungsrechtsakten aus oder nimmt sie entsprechend wieder auf. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(3)   Müssen Reaktionsmaßnahmen der Union unter Berücksichtigung der in den Artikeln 2 und 11 festgelegten Bedingungen und Kriterien oder weiterer Entwicklungen, einschließlich der Reaktion des Drittlandes, angepasst werden, ändert die Kommission Reaktionsmaßnahmen der Union gegebenenfalls durch Durchführungsrechtsakte.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(4)   Unter den folgenden Umständen beendet die Kommission die Reaktionsmaßnahmen der Union:

a)

der wirtschaftliche Zwang wurde beendet und, sofern der Rat gemäß Artikel 5 Absatz 10 beschlossen hat, Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens zu verlangen, der von der Union erlittene Schaden wurde wiedergutgemacht,

b)

der wirtschaftliche Zwang wurde beendet, das Drittland hat den von der Union erlittenen Schaden jedoch nicht wiedergutgemacht, obwohl der Rat gemäß Artikel 5 Absatz 10 beschlossen hat, Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens zu verlangen, es sei denn, zur Erreichung des Ziels dieser Verordnung ist es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, die Reaktionsmaßnahmen der Union aufrechtzuerhalten;

c)

eine einvernehmliche Lösung wurde herbeigeführt,

d)

eine bindende Entscheidung im Rahmen einer internationalen Streitbeilegung, die wirtschaftlichen Zwang betrifft, erfordert die Beendigung der Reaktionsmaßnahme der Union,

e)

die Beendigung der Reaktionsmaßnahmen der Union ist im gemäß Artikel 9 festgestellten Interesse der Union angebracht.

Die Kommission beendet die Reaktionsmaßnahmen der Union im Wege von Durchführungsrechtsakten. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(5)   In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit, etwa um irreparable Schäden für die Union oder einen Mitgliedstaat abzuwenden oder die Konformität mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Union aufgrund der Aussetzung oder Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs aufrechtzuerhalten, erlässt die Kommission sofort geltende Durchführungsrechtsakte zur Aussetzung oder Änderung der Reaktionsmaßnahmen der Union.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18 Absatz 3 genannten Verfahren erlassen und bleiben für einen Zeitraum von höchstens zwei Monaten in Kraft.

Artikel 13

Einholung von Informationen in Bezug auf Reaktionsmaßnahmen der Union

(1)   Die Kommission muss vor der Ergreifung oder der Änderung von Reaktionsmaßnahmen der Union und kann vor deren Aussetzung bzw. Beendigung durch eine im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Bekanntmachung und gegebenenfalls durch andere geeignete öffentliche Kommunikationsmittel Informationen und Ansichten über die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeteiligten der Union anfordern.

Die Bekanntmachung muss die Frist enthalten, innerhalb derer der Kommission die Informationen und Ansichten zu übermitteln sind.

Die Kommission kann mit der in Unterabsatz 1 genannten Einholung der Informationen und Ansichten zu jedem ihr angemessen erscheinenden Zeitpunkt beginnen.

(2)   Für die Zwecke des Absatzes 1 unterrichtet die Kommission die Interessenträger darüber und konsultiert sie dazu, insbesondere im Namen von Wirtschaftsbeteiligten und Gewerkschaften der Union handelnde Verbände, die von den möglichen Reaktionsmaßnahmen der Union betroffen sein könnten, sowie die Behörden der Mitgliedstaaten, die an der Ausarbeitung oder Umsetzung der Rechtsvorschriften, die für die möglicherweise von diesen Maßnahmen betroffenen Bereiche gelten, beteiligt sind.

(3)   Die Kommission ermittelt mögliche Optionen für mögliche Reaktionsmaßnahmen der Union und holt insbesondere Informationen und Ansichten über Folgendes ein, ohne die Ergreifung der Reaktionsmaßnahmen der Union in ungerechtfertigter Weise zu verzögern:

a)

die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf Akteure in Drittländern und ihre Wettbewerber, Geschäftspartner oder Kunden innerhalb der Union sowie Verwender, Endverbraucher oder Arbeitnehmer in der Union,

b)

die Wechselwirkung solcher Maßnahmen mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten,

c)

den durch solche Maßnahmen möglicherweise verursachten Verwaltungsaufwand.

(4)   Die Kommission trägt den gemäß diesem Artikel eingeholten Informationen und Ansichten in höchstem Maße Rechnung.

Wenn die Kommission dem Ausschuss im Zusammenhang mit dem in Artikel 18 Absatz 2 dargelegten Prüfverfahren einen Entwurf eines Durchführungsrechtsakts vorlegt, fügt sie eine Analyse der geplanten Maßnahmen und ihrer potenziellen Auswirkungen bei.

Diese Analyse umfasst eine gründliche Bewertung der Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige sowie auf die Endverbraucher in der Union. Gegebenenfalls wird darin auf mögliche unverhältnismäßige Auswirkungen hingewiesen.

(5)   Zum Zwecke des Erlasses sofort geltender Durchführungsrechtsakte nach Artikel 12 Absatz 5 holt die Kommission gezielt Informationen und Ansichten von relevanten Interessenträgern ein, sofern die Einholung von Informationen und Ansichten aus Gründen äußerster Dringlichkeit in Ausnahmesituationen nicht unmöglich oder aus objektiven Gründen nicht erforderlich ist, zum Beispiel zur Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Union.

Artikel 14

Zentrale Kontaktstelle

(1)   Die Kommission stellt eine zentrale Kontaktstelle für die Anwendung dieser Verordnung und ihre Koordinierung mit allen einschlägigen Unionsrechtsakten und für die Einholung von Informationen und die Vorlage von Kosten- und Datenanalysen bereit, um die Art des wirtschaftlichen Zwangs zu bestimmen.

(2)   Für die Zwecke dieser Verordnung muss die zentrale Kontaktstelleunter uneingeschränkter Wahrung des Grundsatzes der Vertraulichkeit als die wichtigste Kontaktstelle für Unternehmen und private Interessenträger in der Union fungieren, die von dem wirtschaftlichen Zwang betroffen sind, auch im Hinblick auf die Unterstützung, die im Kontext eines diese Unternehmen und Interessenträger betreffenden anhaltenden wirtschaftlichen Zwangs zu leisten ist.

Artikel 15

Vertraulichkeit

(1)   Die gemäß dieser Verordnung erhaltenen Informationen können nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie bereitgestellt, angefordert oder eingeholt wurden.

(2)   Der Auskunftgeber kann die vertrauliche Behandlung von Informationen gemäß Absatz 1 beantragen. Diesem Antrag ist eine nicht vertrauliche und aussagekräftige Zusammenfassung der betreffenden Informationen oder eine Begründung, weshalb die betreffenden Informationen nicht zusammengefasst werden können, beizufügen.

(3)   Das Europäische Parlament, der Rat, die Kommission, die Mitgliedstaaten oder deren jeweilige Bedienstete geben vertrauliche Informationen, die sie in Anwendung dieser Verordnung erhalten, nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis des Auskunftgebers bekannt.

(4)   Absätze 2 und 3 stehen der Bekanntgabe allgemeiner Informationen in einer aussagekräftigen Zusammenfassung durch die Kommission nicht entgegen, sofern der Auskunftgeber durch diese Bekanntgabe nicht identifiziert werden kann.

Bei der Bekanntgabe dieser allgemeinen Informationen ist dem berechtigten Interesse der betroffenen Parteien an der Wahrung ihrer vertraulichen Informationen Rechnung zu tragen.

(5)   Bedienstete von Mitgliedstaaten sind verpflichtet, über alle vertraulichen Informationen, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Amtspflichten im Zusammenhang mit dieser Verordnung bekannt geworden sind, Verschwiegenheit zu bewahren.

(6)   Die Kommission stellt ein sicheres und verschlüsseltes System bereit, um die direkte Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit Bediensteten der Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Artikel 16

Ursprungs- und Staatsangehörigkeitsregeln

(1)   Zum Zwecke dieser Verordnung wird der Ursprung einer Ware oder Dienstleistung oder die Staatsangehörigkeit eines Dienstleisters, einer Investition oder eines Inhabers von Rechten des geistigen Eigentums gemäß Anhang II festgestellt.

(2)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 17 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Ziffern 2 und 3 des Anhangs II zu erlassen, um relevante Entwicklungen internationaler Instrumente und Erfahrungen bei der Anwendung der vorliegenden Verordnung oder anderer Rechtsakte der Union zu berücksichtigen.

Artikel 17

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 16 Absatz 2 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 27. Dezember 2023 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 16 Absatz 2 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtssetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 16 Absatz 2 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 18

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Bei dem Ausschuss handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht, und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.

Artikel 19

Berichterstattung und Überprüfung

(1)   Unbeschadet der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 unterrichtet die Kommission das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig und rechtzeitig über relevante Entwicklungen bei der Anwendung dieser Verordnung während der Untersuchung von Maßnahmen von Drittländern, einschließlich über deren Beginn, der Zusammenarbeit mit dem betreffenden Drittland und der internationalen Zusammenarbeit, und während des Zeitraums, in dem Reaktionsmaßnahmen der Union in Kraft sind.

Auf der Grundlage der erhaltenen Informationen kann das Europäische Parlament oder der Rat die Kommission gegebenenfalls zu einer Aussprache einladen.

Das Europäische Parlament kann auf geeignete Weise Stellung nehmen.

(2)   Die Kommission bewertet nach Artikel 8 ergriffene Reaktionsmaßnahmen der Union innerhalb von sechs Monaten nach deren Beendigung unter Berücksichtigung der Beiträge der Interessenträger und der vom Europäischen Parlament und dem Rat zur Verfügung gestellten Informationen und jeglicher anderen einschlägigen Informationen und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bewertungsbericht vor.

Dieser Bewertungsbericht untersucht die Wirksamkeit und das Funktionieren der Reaktionsmaßnahme der Union und zieht gegebenenfalls mögliche Schlussfolgerungen für künftige Reaktionsmaßnahmen der Union und für die Überprüfung dieser Verordnung gemäß Absatz 3.

(3)   Spätestens drei Jahre nach Erlass des ersten Durchführungsrechtsakts gemäß Artikel 5 oder bis zum 27. Dezember 2028, wobei der früheste dieser Zeitpunkte maßgebend ist, und danach alle fünf Jahre überprüft die Kommission die vorliegende Verordnung und ihre Durchführung und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. Für die Zwecke dieser Überprüfung berücksichtigt die Kommission insbesondere alle Fragen, die sich im Hinblick auf das Verhältnis dieser Verordnung zu anderen bestehenden Instrumenten der Union ergeben könnten.

Artikel 20

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 22. November 2023.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. NAVARRO RÍOS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 3. Oktober 2023 (noch nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 23. Oktober 2023.

(2)   ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(4)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom 22. November 1996 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen (ABl. L 309 vom 29.11.1996, S. 1).


ANHANG I

Reaktionsmaßnahmen der Union nach Artikel 8

1.   

Einführung neuer oder höherer Zölle, einschließlich der Wiedereinführung von Zöllen in Höhe des Meistbegünstigungszollsatzes oder der Einführung von über dem Meistbegünstigungszollsatz liegenden Zöllen, oder Einführung zusätzlicher Abgaben auf Einfuhren oder Ausfuhren von Waren, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen im Hinblick auf Zollzugeständnisse gleichkommen können.

2.   

Einführung oder Erhöhung der Beschränkungen der Einfuhr oder Ausfuhr von Waren einschließlich — gegebenenfalls — der Waren, die Ausfuhrkontrollen unterliegen, sei es in Form von Kontingenten, Einfuhr- oder Ausfuhrgenehmigungen oder sonstigen Maßnahmen, oder Einführung oder Erhöhung von Beschränkungen der Bezahlung von Waren, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen gleichkommen können.

3.   

Einführung von Beschränkungen des Handels mit Waren, sei es in Form von Maßnahmen, die für Durchfuhrwaren gelten, oder von internen Maßnahmen, die für Waren gelten, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen gleichkommen können.

4.   

Folgende Maßnahmen, die — soweit erforderlich — einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen hinsichtlich des Rechts, an Vergabeverfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge teilzunehmen, gleichkommen können:

a)

der Ausschluss von Waren, Dienstleistungen, Lieferanten von Waren oder Erbringern von Dienstleistungen des betroffenen Drittlandes von der öffentlichen Auftragsvergabe oder der Ausschluss von Angeboten von der öffentlichen Auftragsvergabe, deren Gesamtwert zu mehr als 50 % auf Waren oder Dienstleistungen entfällt, die aus dem betreffenden Drittland stammen, es sei denn, aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Falls ist ein geringerer Prozentsatz erforderlich und der verbleibende Prozentsatz der Waren oder Dienstleistungen fällt nicht unter die Verpflichtungen der Union aus dem im Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossenen WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen oder aus einem anderen zwischen der Union und einem anderen als dem betroffenen Drittland geschlossenen Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, oder

b)

die Auferlegung einer Bewertungsanpassung (1) bei Angeboten von Waren oder Dienstleistungen des betroffenen Drittlandes oder bei Angeboten von Lieferanten von Waren oder Erbringers von Dienstleistungen des betroffenen Drittlandes.

5.   

Einführung von den Handel mit Dienstleistungen beeinträchtigenden Maßnahmen, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen hinsichtlich des Handels mit Dienstleistungen gleichkommen.

6.   

Einführung von den Marktzugang für ausländische Direktinvestitionen in der Union beeinträchtigenden Maßnahmen, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen gleichkommen können.

7.   

Einführung von Einschränkungen beim Schutz von Rechten des geistigen Eigentums oder ihrer kommerziellen Nutzung in Bezug auf Rechteinhaber, die Staatsangehörige des betroffenen Drittlandes sind, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen hinsichtlich handelsbezogener Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums gleichkommen können.

8.   

Einführung von Einschränkungen für das Bank- und Versicherungswesen, den Zugang zu Kapitalmärkten der Union und sonstigen Finanzdienstleistungen, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen hinsichtlich Finanzdienstleistungen gleichkommen können.

9.   

Einführung oder Verschärfung von Einschränkungen der Möglichkeit, Waren in Verkehr zu bringen, die unter das Chemikalienrecht der Union fallen, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen gleichkommen können.

10.   

Einführung oder Verschärfung von Einschränkungen der Möglichkeit, Waren in Verkehr zu bringen, die unter die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften der Union fallen, die gegebenenfalls einer Nichterfüllung geltender internationaler Verpflichtungen gleichkommen können.


(1)  Eine Bewertungsanpassung bedeutet eine Verpflichtung von öffentlichen Auftraggebern und Vergabestellen, die Aufträge nach dem öffentlichen Vergaberecht vergeben, die Punktzahl eines Angebots, die sich aus seiner Bewertung auf der Grundlage der in den Vergabeunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien ergibt, vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen um einen bestimmten Prozentsatz verhältnismäßig zu verringern. In Fällen, in denen der Preis oder die Kosten das einzige Zuschlagskriterium sind, bedeutet die Bewertungsanpassung die für die Bewertung der Angebote vorgenommene relative Erhöhung des Angebotspreises eines Bieters um einen bestimmten Prozentsatz.


ANHANG II

Ursprungs- und Staatsangehörigkeitsregeln

1.   

Der Ursprung einer Ware wird nach Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) bestimmt.

2.   

Der Ursprung einer Dienstleistung, einschließlich einer Dienstleistung im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe, wird anhand der Staatsangehörigkeit der natürlichen oder juristischen Person, die diese Dienstleistung erbringt, bestimmt.

Als Staatsangehörigkeit des Dienstleisters gilt

a)

bei natürlichen Personen das Land, dessen Staatsangehörigkeit die Person besitzt oder in dem die Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht hat;

b)

bei juristischen Personen,

i)

wenn die Dienstleistung nicht über eine gewerbliche Niederlassung innerhalb der Union erbracht wird, das Land, in dem die juristische Person gegründet oder nach dessen Recht sie anderweitig errichtet wurde und in dessen Hoheitsgebiet sie in erheblichem Umfang Geschäftstätigkeiten ausübt,

ii)

wenn die Dienstleistung über eine gewerbliche Niederlassung innerhalb der Union erbracht wird,

a)

wenn die juristische Person in so erheblichem Umfang im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die juristische Person niedergelassen ist, Geschäftstätigkeiten ausübt, dass sie tatsächlich und unmittelbar mit der Wirtschaft des Mitgliedstaats verbunden ist, der Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen ist, oder, wenn für diese Person Reaktionsmaßnahmen der Union gelten, die Staatsangehörigkeit oder der ständige Wohnsitz der natürlichen oder juristischen Person oder der Personen, die Eigentümer der juristischen Person sind oder diese in der Union kontrollieren;

b)

wenn die juristische Person, die eine Dienstleistung erbringt, nicht in so erheblichem Umfang Geschäftstätigkeiten ausübt, dass sie tatsächlich und unmittelbar mit der Wirtschaft des Mitgliedstaats verbunden ist, in dem sie niedergelassen ist, die Herkunft der natürlichen oder juristischen Personen, in deren Eigentum die juristische Person steht oder von denen sie beherrscht wird.

Die juristische Person wird als „im Eigentum“ von Personen eines Landes „stehend“, wenn sich mehr als 50 % ihres Eigenkapitals im wirtschaftlichen Eigentum von Personen des betreffenden Landes befinden, und sie wird als von Personen eines Landes „beherrscht“ angesehen, wenn diese Personen befugt sind, die Mehrheit ihrer Direktoren zu benennen oder ihre Tätigkeit auf andere Weise rechtlich zu bestimmen.

3.   

Als nationaler Ursprung einer Investition gilt,

a)

wenn die Investition in so erheblichem Umfang an Geschäftstätigkeiten im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Investition getätigt wurde, beteiligt ist, dass sie tatsächlich und unmittelbar mit der Wirtschaft des Mitgliedstaats verbunden ist, die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, oder, wenn Reaktionsmaßnahmen der Union für die natürliche oder juristische Person gelten, die die Investition in der Union kontrolliert, die Staatsangehörigkeit oder der Hauptwohnsitz bzw. die Hauptniederlassung dieser natürlichen oder juristischen Person;

b)

wenn die Investition nicht in so erheblichem Umfang an Geschäftstätigkeiten beteiligt ist, dass sie tatsächlich und unmittelbar mit der Wirtschaft des Mitgliedstaats verbunden ist, in dem sie getätigt wurde, die Staatsangehörigkeit der natürlichen oder juristischen Person, in deren Eigentum sie steht oder von der sie kontrolliert wird.

Die Investition „steht im Eigentum“ von Personen eines Landes, wenn sich mehr als 50 % ihres Eigenkapitals im wirtschaftlichen Eigentum von Personen des betreffenden Landes befinden, und sie wird von Personen eines Landes „beherrscht“, wenn diese Personen befugt sind, die Mehrheit ihrer Direktoren zu benennen oder ihre Tätigkeit auf andere Weise rechtlich zu bestimmen.

4.   

In Bezug auf handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums ist der Begriff „Staatsangehörige“ in dem Sinne zu verstehen, wie er in Artikel 1 Absatz 3 des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) und künftigen Änderungen dieses Übereinkommens gebraucht wird.

Zu dieser Verordnung wurden zwei Erklärungen abgegeben, die in ABl. C, C/2023/1340 vom 7.12.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2023/1340/oj, und in ABl. C, C/2023/1341 vom 7.12.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2023/1341/oj, zu finden sind.


(1)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).


ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2023/2675/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)


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