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Document 32017H0809(26)

Empfehlung des Rates vom 11. Juli 2017 zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2017 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2017

ABl. C 261 vom 9.8.2017, p. 119–121 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

9.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 261/119


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 11. Juli 2017

zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2017 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2017

(2017/C 261/26)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 16. November 2016 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2017 eingeleitet wurde. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 9./10. März 2017 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 16. November 2016 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Schweden als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2017 für Schweden wurde am 22. Februar 2017 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Schwedens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2016, bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet. Der Länderbericht enthielt außerdem die eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, deren Ergebnisse ebenfalls am 22. Februar 2017 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Schweden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere ergibt sich aus den stetig steigenden Wohnimmobilienpreisen, deren Niveau schon jetzt überbewertet ist, verbunden mit der weiter zunehmenden Verschuldung der Privathaushalte die Gefahr einer ungeordneten Korrektur. Die Banken scheinen zwar über eine angemessene Kapitalausstattung zu verfügen, doch eine ungeordnete Korrektur könnte sich auch auf den Finanzsektor auswirken, da bei den Banken wachsende Forderungen im Zusammenhang mit privaten Hypothekendarlehen bestehen. Aufgrund der Systemrelevanz schwedischer Bankengruppen in der nordisch-baltischen Region könnten sich in einer solchen Situation Spillover-Effekte auf Nachbarländer ergeben. Die schwedischen Behörden sind sich der zunehmenden Risiken durchaus bewusst, und in den vergangenen Jahren wurden Maßnahmen ergriffen, um den Anstieg der Hypothekenschulden einzudämmen und den Wohnbau anzukurbeln. Allerdings waren die bisher umgesetzten politischen Maßnahmen nicht ausreichend, um der Überhitzung auf dem Wohnimmobilienmarkt zu begegnen. Bei der Immobilienbesteuerung, dem makroprudenziellen Rahmen, der Beseitigung von Engpässen bei der Schaffung von neuem Wohnraum und dem Abbau von Hürden bei der effizienten Nutzung von vorhandenem Wohnraum bestehen insgesamt nach wie vor politische Defizite.

(3)

Am 28. April 2017 übermittelte Schweden sein nationales Reformprogramm 2017 und sein Konvergenzprogramm 2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Schweden befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut dem Konvergenzprogramm 2017 plant die Regierung für 2017, einen Überschuss von 0,3 % des BIP zu erreichen und während des Programmzeitraums das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — weiterhin zu erfüllen. Dem Konvergenzprogramm 2017 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2017 auf 39,5 % sinken und bis 2020 weiter auf 31,4 % zurückgehen. Dieser Rückgang soll vor allem vom robusten Wirtschaftswachstum und den gesunden öffentlichen Finanzen getragen werden. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo voraussichtlich bei einem Überschuss von 0,4 % des BIP im Jahr 2017 und einem Überschuss von 0,8 % des BIP im Jahr 2018 liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen wird. Aufgrund seiner Bewertung des Konvergenzprogramms 2017 und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass Schweden die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts 2017 und 2018 voraussichtlich einhält.

(6)

Die Verschuldung der Privathaushalte ist ausgehend von einem hohen Niveau noch weiter gestiegen. 2016 nahm sie um 7,1 % zu und erreichte damit 86 % des BIP und rund 180 % des verfügbaren Einkommens; befördert wurde diese Entwicklung in erster Linie von höheren Hypothekendarlehen aufgrund der stetig steigenden Wohnimmobilienpreise. Die Schuldenlast ist zunehmend ungleich verteilt, wobei ein erhöhter Anteil an Haushalten mit neuen Hypotheken zu verzeichnen ist (16,4 % im Jahr 2016), die Darlehen von bis zu 600 % ihres verfügbaren Einkommens aufnehmen. Zwar hat die Regierung in diesem Zusammenhang einige einschlägige makroprudenzielle Maßnahmen ergriffen — unter anderem mit der Einführung neuer Anforderungen an die Tilgung von Hypothekendarlehen im Jahr 2016 — doch es bleibt abzuwarten, ob diese Maßnahmen mittelfristig ausreichend Wirkung zeigen. Im Februar 2017 leitete die Regierung ein Gesetzgebungsverfahren ein, um das rechtliche Mandat der Aufsichtsbehörde zu stärken und zu gewährleisten, dass die Behörde in Zukunft rechtzeitig makroprudenzielle Maßnahmen ergreifen und eine breite Palette an Instrumenten einsetzen kann. Die Gesetzesänderungen dürften bis Februar 2018 in Kraft treten. Um die zunehmende Verschuldung der Privathaushalte zu bremsen, könnten Steueranreize angepasst werden, etwa indem die steuerliche Absetzbarkeit von Hypothekenzinszahlungen schrittweise eingeschränkt oder periodische Steuern auf Immobilien erhöht werden; allerdings hat die Regierung in dieser Hinsicht keine Fortschritte erzielt.

(7)

Seit Mitte der 1990er-Jahre verzeichnet Schweden einen raschen und anhaltenden Anstieg der Wohnimmobilienpreise. Insbesondere in den wichtigsten Ballungsgebieten sind die Preise weiter stark und kontinuierlich gestiegen. Zu den treibenden Faktoren hierfür zählen die großzügige steuerliche Behandlung von Wohneigentum und Hypothekenschulden, die günstigen Kreditbedingungen in Verbindung mit relativ niedrigen Tilgungsquoten bei Hypothekendarlehen und die anhaltende Wohnungsknappheit. Das knappe Angebot geht auf strukturelle Ineffizienzen am Wohnimmobilienmarkt zurück. Wenngleich der Wohnungsbau weiter an Fahrt aufnimmt, bleibt er doch deutlich hinter dem Bedarf an Neubauten zurück. Mit dem 22-Punkte-Plan der Regierung für den Wohnimmobilienmarkt werden einige Faktoren angegangen, die der Wohnungsknappheit zugrunde liegen, etwa durch Maßnahmen zur Erhöhung der Zahl verfügbarer Baugrundstücke, zur Senkung der Baukosten und zur Straffung der Vorlaufzeiten bei Planungsverfahren. Allerdings kommt anderen strukturellen Ineffizienzen, etwa dem schwachen Wettbewerb im Baugewerbe, nicht genügend Aufmerksamkeit zu. Noch weiter verschärft wird die Wohnungsknappheit durch Hürden für die effiziente Nutzung von vorhandenem Wohnraum. Schwedens streng regulierter Mietwohnungsmarkt erzeugt Lock-in- und Insider-Outsider-Effekte, und es wurden keine wesentlichen politischen Maßnahmen ergriffen, um eine flexiblere Mietpreisgestaltung zu ermöglichen. Auf dem Eigentumsmarkt hemmen die relativ hohen Kapitalertragsteuern die Mobilität von Wohnungseigentümern. Zwar wurde eine befristete Reform der Regeln über den Aufschub von Kapitalertragsteuern bei Immobilientransaktionen eingeführt, diese dürfte sich jedoch nur begrenzt auswirken. Der Mangel an verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum kann auch die Mobilität von Arbeitskräften und die wirksame Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt einschränken und zur Ungleichheit zwischen den Generationen beitragen.

(8)

2016 verzeichnete Schweden eine der höchsten Beschäftigungsquoten in der Union (81,2 %) und eine der niedrigsten Langzeitarbeitslosenquoten. Allerdings bestehen nach wie vor Herausforderungen, etwa bei der Integration von Geringqualifizierten und von Migranten aus Drittländern in den Arbeitsmarkt sowie bei der Schließung der deutlichen Beschäftigungslücke von außerhalb der EU geborenen Frauen. Schweden hat bei der Aufnahme von Asylsuchenden und der Integration von Flüchtlingen und anderen Zuwanderern erhebliche Anstrengungen unternommen. Womöglich besteht jedoch noch Raum für Verbesserungen, da 2016 nur ein Drittel der Teilnehmenden am Einführungsprogramm 90 Tage nach Abschluss des Programms einer Beschäftigung oder Ausbildung nachgingen; zudem fehlt nach wie vor ein umfassender Steuerungsansatz im Hinblick auf die entsprechende Anerkennung von Qualifikationen.

(9)

Die Grundkompetenzen der 15-Jährigen haben sich laut der PISA-(Programme for International Student Assessment-)Studie 2015 der OECD nach Jahren der Verschlechterung inzwischen verbessert. Allerdings liegt der Anteil der leistungsschwachen Schüler immer noch um den Unionsdurchschnitt, und das Leistungsgefälle im Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Hintergrund der Schüler hat sich vertieft. Die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsergebnisse und der Chancengleichheit sollten ebenso genau verfolgt werden wie die Initiativen, die auf die Integration neu ankommender Schüler mit Migrationshintergrund in das Schulsystem abzielen.

(10)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2017 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Schwedens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2017 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2017 und das nationale Reformprogramm 2017 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Schweden gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Schweden berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(11)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2017 geprüft und ist zu der Auffassung (4) gelangt, dass Schweden den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(12)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2017 und das Konvergenzprogramm 2017 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Schweden 2017 und 2018

1.

die Risiken im Zusammenhang mit der Verschuldung der privaten Haushalte in Angriff nimmt, insbesondere durch eine allmähliche Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinszahlungen oder eine Erhöhung der periodischen Steuern auf Immobilien, und gleichzeitig Darlehen mit übermäßiger Verschuldung im Verhältnis zum Einkommen eindämmt; Investitionen in den Wohnungsbau fördert und die Effizienz des Wohnimmobilienmarkts verbessert, unter anderem durch die Einführung von mehr Flexibilität bei der Festsetzung der Mietpreise und durch eine Änderung der Ausgestaltung der Kapitalertragsteuer.

Geschehen zu Brüssel am 11. Juli 2017.

Im Namen des Rates

Der Präsident

T. TÕNISTE


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(4)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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