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Document 32017D2111

Beschluss (EU) 2017/2111 der Kommission vom 5. Juli 2016 über die von Italien durchgeführte Gründung und Kapitalausstattung der Airport Handling S.p.A. SA.21420 (2014/C) (ex 2014/NN) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4103) (Nur der italienische Text ist verbindlich)Text von Bedeutung für den EWR.

C/2016/4103

ABl. L 317 vom 1.12.2017, p. 1–44 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2017/2111/oj

1.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 317/1


BESCHLUSS (EU) 2017/2111 DER KOMMISSION

vom 5. Juli 2016

über die von Italien durchgeführte Gründung und Kapitalausstattung der Airport Handling S.p.A. SA.21420 (2014/C) (ex 2014/NN)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4103)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 23. Juni 2010 unterrichtete die Kommission Italien über ihren Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die zwischen 2002 und 2010 von der SEA S.p.A. (Società Esercizi Aeroportuali, im Folgenden „SEA“), dem in staatlichem Eigentum stehenden Betreiber der Mailänder Flughäfen Malpensa und Linate, vorgenommenen Kapitalzuführungen zugunsten ihrer Tochtergesellschaft SEA Handling S.p.A. (im Folgenden „SEAH“), der an diesen Flughäfen tätigen Bodenabfertigungsgesellschaft.

(2)

In diesem Zeitraum hatte die SEA nahezu vollständig im Eigentum öffentlicher Stellen gestanden (nämlich der Stadt Mailand (84,56 %) und der Provinz Mailand (14,56 %) sowie verschiedener Kleinaktionäre (0,88 %)). Im Dezember 2011 wurden 29,75 % des Gesellschaftskapitals der SEA an den privaten Fonds F2i (Fondi italiani per le infrastrutture) veräußert. Ende 2012 erhöhte F2i seine Beteiligung an der SEA auf 44,31 %. Als das förmliche Prüfverfahren mit diesem Beschluss abgeschlossen wurde, bestanden bei der SEA die folgenden Beteiligungsverhältnisse: 54,81 % Stadt Mailand, 44,31 % F2i und 0,88 % in Streubesitz.

(3)

Am 19. Dezember 2012 erließ die Kommission den Beschluss C(2012) 9448, berichtigt durch den Beschluss C(2013) 1668 vom 22. März 2013 (im Folgenden „Rückforderungsbeschluss“), in Bezug auf die Beihilfe, die die SEA ihrer Tochtergesellschaft SEAH in den Jahren 2002-2010 gewährt hatte. Die Kommission gelangte darin zu dem Schluss, dass alle Kapitalzuführungen der SEA zugunsten ihrer Tochter als rechtswidrige staatliche Beihilfen zu betrachten sind. Außerdem stellte die Kommission fest, dass die SEAH als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden kann; diese Kapitalzuführungen könnten aber nicht nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2) als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden.

(4)

Daher wurde Italien angewiesen, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe in Höhe von rund 359,644 Mio. EUR zuzüglich Zinsen nach geltendem nationalem Recht von der SEAH zurückzufordern.

(5)

Am 4. März 2013, am 15. März 2013 bzw. am 18. März 2013 erhoben Italien, die SEAH und die Stadt Mailand vor dem Gericht Nichtigkeitsklagen gegen den Rückforderungsbeschluss (Rechtssachen T-125/13, T-152/13 und T-167/13). Die Rechtssachen T-125/13, T-152/13 und T-167/13 sind noch anhängig.

(6)

Am 18. März 2013 bzw. am 21. März 2013 beantragten die SEAH und die Stadt Mailand die Aussetzung des Rückforderungsbeschlusses (Rechtssachen T-152/13 R und T-167/13 R). Am 21. Mai 2013 ordnete das Verwaltungsgericht der Region Lombardei (Tribunale amministrativo regionale della Lombardia, im Folgenden „TAR Lombardia“) die Aussetzung des Rückforderungsbeschlusses an. Am 25. September 2013 hob das oberste Verwaltungsgericht Italiens (Consiglio di Stato („Staatsrat“), im Folgenden „CdS“) den Beschluss des TAR Lombardia auf. Der Antrag auf Aussetzung vor dem Gericht wurde im Juni 2013 zurückgezogen (3).

(7)

Am 27. November 2013 konsultierte Italien die Kommission im Wege eines informellen Voranmeldungsverfahrens zu folgenden Vorhaben: erstens dem Plan der SEA zur Liquidation der SEAH und zweitens der Absicht der SEA, eine neue Tochter zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Mailänder Flughäfen mit dem Namen „Airport Handling S.p.A.“ (im Folgenden „Airport Handling“) zu gründen und dieser Gesellschaft Kapital zuzuführen. In diesem Voranmeldungsverfahren ersuchte Italien die Kommission darum, zu bestätigen,

a)

dass im Zusammenhang mit der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH und der Liquidation der Gesellschaft keine Elemente wirtschaftlicher Kontinuität mit Airport Handling vorliegen und somit keine Verbindlichkeiten der SEAH auf Airport Handling übergehen würden, insbesondere hinsichtlich der Verpflichtung zur Rückzahlung von Beihilfen, die der SEAH gewährt und die als rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar eingestuft wurden, und

b)

dass die Airport Handling gewährte Kapitalzuführung nicht als staatliche Beihilfe einzustufen sei.

(8)

Mit Schreiben vom 9. Juli 2014 unterrichtete die Kommission Italien über ihren Beschluss, wegen der Gründung von Airport Handling durch die SEA das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss von 2014“). Mit diesem Verfahren forderte die Kommission Italien auf, innerhalb eines Monats nach Eingang dieses Schreibens sämtliche Informationen zu übermitteln, die für die Beurteilung der Frage des Übergangs der Rückforderungsverpflichtung der SEAH auf Airport Handling und für die Bewertung der potenziellen, mit der Kapitalzuführung der SEA zugunsten von Airport Handling inhärent verbundenen Beihilfe von Bedeutung sein könnten.

(9)

Am 19. September 2014 erhoben Italien, die SEA und Airport Handling vor dem Gericht Nichtigkeitsklagen gegen den Einleitungsbeschluss von 2014 (Rechtssachen T-673/14, T-674/14 und T-688/14). Das Gericht (Vierte Kammer) wies die Klage mit dem Beschluss vom 8. Dezember 2015 ab (Rechtssache T-673/14); die Klagen in den Rechtssachen T-674/14 und T-688/14 wurden am 14. bzw. am 15. Juli 2015 zurückgezogen.

(10)

Am 23. und am 25. September 2014 beantragten die SEA und Airport Handling vorläufige Maßnahmen zur Aussetzung der Durchführung des Einleitungsbeschlusses der Kommission von 2014 (Rechtssachen T-674/14 R und T-688/14 R). Am 29. September 2014 ordnete der Präsident des Gerichts die Aussetzung der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses von 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union an. Am 28. November 2014 wies der Präsident des Gerichts die Anträge der SEA und von Airport Handling auf vorläufige Maßnahmen ab und widerrief die vorläufige Maßnahme, mit der er die Kommission angewiesen hatte, den Einleitungsbeschluss von 2014 nicht zu veröffentlichen (4).

(11)

Am 6. Februar 2015 wurde der Einleitungsbeschluss von 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union  (5) veröffentlicht; mit diesem Beschluss forderte die Kommission Beteiligte zur Stellungnahme zu den zu prüfenden Maßnahmen auf.

(12)

Italien nahm mit Schreiben vom 9. September 2014 zum Einleitungsbeschluss von 2014 Stellung.

(13)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von vier Beteiligten ein. Sie leitete diese Stellungnahmen an Italien weiter und gab Italien Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Italien äußerte sich mit Schreiben vom 26. Mai 2015 zu den genannten Stellungnahmen.

(14)

Mit Schreiben vom 20. Mai 2015 ersuchte die Kommission Italien um weitere Auskünfte. Italien antwortete mit Schreiben vom 19. und 22. Juni 2015 und vom 2. Juli 2015.

(15)

Zusammenkünfte der Kommissionsdienststellen mit den Vertretern Italiens und des Milan Airport Handling Trust erfolgten am 30. Januar 2015, 7. Mai 2015 und 15. September 2015. Nach diesen Zusammenkünften übermittelte der Trust der Kommission Vorbringen am 6. Februar 2015, 8. Juni 2015, 13. August 2015 und 23. September 2015, im Wesentlichen mit dem Ziel, die Kommission über den Stand des Verfahrens zur Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung an Airport Handling zu unterrichten. Art und Aufgabe des Trusts werden in Abschnitt 2.3 erläutert.

(16)

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 ersuchte die Kommission Italien um weitere Auskünfte. Italien antwortete mit Schreiben vom 10. November 2015.

(17)

Am 25. November 2015 fand eine Zusammenkunft der Kommissionsdienststellen mit Italien, dem Milan Airport Handling Trust und dem Unternehmen D’Nata statt, das die Übernahme einer Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling vorbereitete.

(18)

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 unterrichtete Italien die Kommission über Pläne, das Portfolio der wirtschaftlichen Tätigkeiten von Airport Handling teilweise zu ändern.

(19)

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 legte Italien eine Zusammenfassung der wichtigsten Elemente vor, die es im Laufe des Verfahrens übermittelt hatte. Die Kommission antwortete mit Schreiben vom 19. Januar 2016.

(20)

Mit Schreiben vom 29. Januar und vom 15. Februar 2016 ließ Italien der Kommission weitere Informationen zum Fortgang der Privatisierung von Airport Handling zukommen.

2.   BESCHREIBUNG DER MAßNAHME

(21)

Zwei Maßnahmen wurden geprüft: Erstens wurde die Gründung von Airport Handling in Verbindung mit der Liquidation der SEAH untersucht. Die Kommission prüfte, ob durch diese Maßnahme eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen bedingt wurde, durch die die Rückzahlungsverpflichtung der SEAH auf Airport Handling überging. Und zweitens prüfte sie die Bereitstellung von Gesellschaftskapital für Airport Handling durch deren in öffentlichem Eigentum stehende Muttergesellschaft. Die Kommission untersuchte, ob die Maßnahme zu Marktbedingungen durchgeführt wurde. Die Umstände dieser Transaktionen werden im Folgenden erläutert.

2.1.   Vereinbarungen mit Gewerkschaften und neue Arbeitsverträge

(22)

Im Zeitraum der Durchführung der geprüften Maßnahmen trafen die SEA-Gruppe (SEA und SEAH) bzw. die SEAH und Airport Handling im Zusammenhang mit der von der SEA initiierten freiwilligen Liquidation der SEAH jeweils Vereinbarungen mit den die Mitarbeiter der SEAH vertretenden Gewerkschaften. Das Gesamtziel dieser Vereinbarungen bestand darin, die Arbeitsplätze sämtlicher Beschäftigten der SEAH zu schützen und die Aufrechterhaltung eines nachhaltigen Abfertigungsbetriebs durch die SEA-Gruppe sicherzustellen. Im Einzelnen wurden folgende Vereinbarungen geschlossen:

(23)

Nachdem die SEA nach dem Rückforderungsbeschluss die Liquidation der SEAH beschlossen hatte, traf die SEA-Gruppe am 4. November 2013 eine Vereinbarung mit Gewerkschaften, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Teil der Belegschaft der SEAH nicht mehr benötigt wurde. Die Vereinbarung enthielt einen Anreizplan für ein freiwilliges Ausscheiden der gesamten Belegschaft der SEAH; nach dem Plan sollten Massenentlassungen vorgenommen und ein Teil der Belegschaft der SEAH von einer neu zu gründenden 100 %igen Tochter der SEA wieder eingestellt werden.

(24)

Die Vereinbarung beinhaltete ferner einen Schlichtungsentwurf sowie die Feststellung, dass eine Durchführungsvereinbarung erforderlich sei, um neue Vertragsbedingungen und eine neue Beschäftigungsstruktur für die Mitarbeiter von Airport Handling festzulegen, weil die von der Kommission geforderte Diskontinuität die Begründung neuer Beschäftigungsverhältnisse voraussetze. Nach der Vereinbarung sollte der Abschluss einer solchen Durchführungsvereinbarung erst nach Beendigung der Verhandlungen zwischen Airport Handling und den an den Flughäfen Linate und Malpensa tätigen Fluggesellschaften im Rahmen eines freien Wettbewerbs  (6) möglich sein. Die Durchführungsvereinbarung sollte auf den folgenden Grundsätzen beruhen:

Weiterverfolgung des Ziels, die Arbeitsplätze der gesamten Belegschaft der SEAH zu erhalten;

Bestimmung eindeutiger Kriterien für die mögliche Versetzung von Mitarbeitern innerhalb der SEA-Gruppe;

Wirtschaftlichkeit der Abfertigungssparte;

Beschreibung eines angemessenen, inklusiven Systems von Geschäftsbeziehungen;

Aufrechterhaltung des Sozialschutzes der SEA-Gruppe.

(25)

Am 22. April 2014 leitete die SEAH das Mobilitätsprogramm für entlassene Arbeitnehmer (Collocamento in mobilità) ein; dieses Sozialschutzprogramm hatte der italienische Staat in erster Linie zur Unterstützung der entlassenen Mitarbeiter von Unternehmen in Schwierigkeiten während ihrer Arbeitslosigkeit eingeführt (7). Damals hatte die SEAH 2214 Mitarbeiter; der Umfang der Beschäftigung dieser Mitarbeiter entsprach 1980 Vollzeitäquivalenten.

(26)

Am 31. Mai 2015 hatte Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter (entsprechend […] (*1) Vollzeitäquivalenten — im Folgenden „VZÄ“), davon waren […] (*1) Mitarbeiter (entsprechend […] (*1) VZÄ) früher bei der SEAH beschäftigt.

(27)

Am 4. Juni 2014 unterzeichneten die SEAH und die Gewerkschaften die Durchführungsvereinbarung zur Umsetzung der Vorschriften des in Erwägungsgrund 24 beschriebenen Schlichtungsentwurfs.

(28)

Mit der Vereinbarung hatte die SEA ihre Zustimmung dazu erklärt, dass erstens Airport Handling Mitarbeiter der SEAH in dem Umfang einstellen werde, in dem diese Mitarbeiter benötigt und die Beschäftigungsprofile von Airport Handling erfüllen würden, und dass zweitens Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die Kriterien zur Personalauswahl aufgenommen würden. Außerdem wird in der Vereinbarung betont, dass alle neuen Arbeitsverträge mit Airport Handling sich in jedem Fall formell und materiell von den Arbeitsverträgen mit der SEAH unterscheiden sollten.

(29)

In dieser Vereinbarung erklärte die SEAH sich bereit, einen finanziellen Anreizplan für Arbeitnehmer einzurichten, die sich bis zum 30. Juni 2014 verpflichten würden, nicht gegen die Entlassungen vorzugehen.

(30)

Ebenfalls am 4. Juni 2014 traf Airport Handling eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften. In dieser Vereinbarung wurde die Anzahl der Arbeitskräfte mit unbefristeten Arbeitsverträgen festgelegt, die Airport Handling zum 1. Juli 2014 benötigen würde. Außerdem verpflichtete sich Airport Handling, frühere Arbeitnehmer der SEAH vorrangig einzustellen.

(31)

In dieser Vereinbarung wurde der voraussichtliche Arbeitskräftebedarf von Airport Handling in VZÄ angegeben. In der Vereinbarung wurde betont, dass die in der Vereinbarung genannte Gesamtzahl und/oder dort angegebene Variablen sich noch ändern könnten. Der Arbeitskräftebedarf wurde wie folgt angesetzt: […] (*1) VZÄ ständiges Personal für operative Tätigkeiten, […] (*1) VZÄ Verwaltungspersonal und […] (*1) VZÄ Personal mit befristeten Verträgen für saisonbezogene Tätigkeiten. Um diesen Bedarf zu decken, sollte Airport Handling nach der Vereinbarung vorrangig auf damalige Mitarbeiter der SEAH zugehen. Außerdem waren in der Vereinbarung das Einstellungsverfahren, die rechtlichen und finanziellen Bedingungen der Arbeitsverträge, der Sozialschutz und die Arbeitsorganisation geregelt. Nach der Vereinbarung sollten frühere Mitarbeiter der SEAH mit neuen Arbeitsverträgen zu deutlich anderen wirtschaftlichen Bedingungen eingestellt werden.

(32)

Die Arbeitsregelungen nach dieser Vereinbarung unterscheiden sich von den Arbeitsregelungen, die die SEAH für ihre Mitarbeiter zugrunde legte. Dies gilt insbesondere für die folgenden Punkte:

Airport Handling sollte aus dem nationalen Tarifvertrag für Luftfahrtpersonal den Abschnitt für Abfertigungsgesellschaften anwenden; der Abschnitt zu Flughafenbetreibern sollte für Arbeitsverträge von Arbeitnehmern gelten, die zuvor bei der SEAH beschäftigt waren. Nach Auskunft Italiens sieht der Abschnitt für das Abfertigungspersonal andere Bedingungen vor; dies gilt für folgende Punkte: Urlaub (20 statt 22 Tage pro Jahr), Arbeitszeit (7 Stunden und 30 Minuten statt 7 Stunden und 15 Minuten pro Tag) und Gehälter und Zulagen (Streichung des Gehalts für 6 Tage);

Lohnstruktur (z. B. Ausschluss der Anwendung bestimmter Abschnitte der Unternehmensvereinbarung zum nationalen Tarifvertrag, den die SEAH für ihre Mitarbeiter zugrunde legte);

Arbeitnehmerorganisation (z. B. […] (*1)).

(33)

Dies hatte nach Auskunft Italiens die nachstehenden Folgen:

Die Arbeitskosten von Airport Handling gingen gegenüber der SEAH insgesamt um 30 % zurück;

die Kostenbelastung durch die zusätzliche Unternehmensvereinbarung von Airport Handling verringerte sich im Vergleich zur SEAH um […] (*1) %, wobei sich die durchschnittlichen Gehaltskürzungen jährlich auf das […] (*1)-Fache eines Monatsgehalts beliefen.

(34)

Am 9. Juni 2014 genehmigte die außerordentliche Aktionärsversammlung der SEAH die Abwicklung des Unternehmens und die Eröffnung der freiwilligen Liquidation; die Liquidation sollte am 1. Juli 2014 wirksam werden (8).

(35)

Ein Insolvenzverwalter wurde benannt und mit der Veräußerung der Vermögenswerte des Unternehmens sowie mit der Befriedigung von Gläubigern und mit der Erstellung der endgültigen Liquidationsbilanz und dem entsprechenden Bericht beauftragt.

(36)

Die Gewerkschaften hatten das Inkrafttreten der Vereinbarungen vom 4. Juni 2014 an ein positives Ergebnis einer Abstimmung der Beschäftigten der SEAH geknüpft. Diese Abstimmung wurde zwischen dem 11. und dem 13. Juni 2014 durchgeführt. In der Abstimmung wurde die Vereinbarung vom 4. Juni 2014 abgelehnt.

(37)

Daher beschloss die Aktionärsvereinbarung der SEAH am 1. Juli 2014 die Verlängerung der Frist für die Einstellung der Geschäftstätigkeit der SEAH bis zum 31. August 2014 sowie die Beauftragung des Insolvenzverwalters (der diese Funktion am 1. Juli 2014 übernommen hatte) mit der kommissarischen Leitung des Unternehmens bis zu diesem Zeitpunkt und nach Ablauf dieser Frist mit der Fortsetzung der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH und der Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit.

(38)

Angesichts des negativen Ausgangs der Abstimmung vom 14. Juni 2014 schlugen die Gewerkschaften am 4. Juli 2014 bestimmte Klarstellungen zu einzelnen Punkten der Vereinbarung vom 4. Juni 2014 vor, beispielsweise, dass zusätzliche Arbeitstage gleichmäßig über das Jahr verteilt werden müssten, dass der Hinweis auf den tatsächlichen Umfang der Arbeitszeit bedeuten sollte, dass mindestens 7,5 Stunden täglich an 5 Tagen pro Woche gearbeitet werde, und dass die Arbeitnehmer bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit an bestimmten Feiertagen, die nach der neuen Vereinbarung nicht mehr abgegolten werden sollten, zwei Optionen angeboten werden sollten. Am 7. Juli 2014 nahm Airport Handling diese Vorschläge an. Am 15. Juli 2014 unterzeichnete Airport Handling eine Zusatzvereinbarung, in der die Gültigkeit der Vereinbarung vom 4. Juni 2014 bestätigt wurde und in die die von den Gewerkschaften geforderten Klarstellungen aufgenommen wurden. Diese neue Vereinbarung beinhaltete jedoch keine wesentlichen Änderungen gegenüber der zuvor abgelehnten Vereinbarung vom 4. Juni 2014.

(39)

Im August 2014 entließ die SEAH ihre gesamte Belegschaft. Gleichzeitig begann Airport Handling mit der Einstellung früherer Mitarbeiter der SEAH, die das Unternehmen als erheblich für seine Geschäftstätigkeit betrachtete. Außerdem beauftragte Airport Handling den Dienstleister Adecco mit der Vermittlung von Zeitarbeitskräften.

(40)

Die SEAH stellte ihre Geschäftstätigkeit zum 1. September 2014 ein. An diesem Tag nahm Airport Handling seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen auf. Am 1. September 2014 hatte Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter ([…] (*1) VZÄ); damit waren […] (*1) % der Arbeitnehmer eingestellt worden, die am 22. April 2014, dem Tag der Einleitung der förmlichen Massenentlassung, bei der SEAH beschäftigt waren. Außerdem waren bei Airport Handling […] (*1) Zeitarbeitskräfte ([…] (*1) VZÄ) […] tätig.

2.2.   Vertrag mit den Fluggesellschaften

(41)

Mit Schreiben vom 22. April 2014 unterrichtete die SEAH Fluggesellschaften, Lieferanten und andere Betroffene darüber, dass sie ihren Geschäftsbetrieb zum 1. Juli 2014 einstellen werde und daher ab diesem Zeitpunkt keine Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen mehr erbringen werde.

(42)

Nach der genannten Mitteilung beschlossen zehn Fluggesellschaften, andere Anbieter als die SEAH und Airport Handling mit der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Mailänder Flughäfen zu beauftragen.

(43)

Von 19 an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften wurde Airport Handling im Wege offener Ausschreibungen als Bodenabfertigungsgesellschaft ausgewählt. Andere Fluggesellschaften entschieden sich nach einem wettbewerblichen Dialog für Airport Handling. Nach Auskunft von Italien wird der Dienstleister gewöhnlich aufgrund bestimmter Faktoren wie Preis, finanzielle Solidität, Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Ausrüstung, Bestehen eines Netzwerks, Referenzen, Erfahrung und Kompetenzen ausgewählt.

2.3.   Gründung von Airport Handling und Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Milan Airport Handling Trust; Kapitalausstattung von Airport Handling

(44)

Airport Handling wurde am 9. September 2013 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung [S.r.l.] mit einem Gesellschaftskapital von 10 000 EUR gegründet.

(45)

Am 10. März 2014 beschloss der Verwaltungsrat (consiglio di amministrazione) der SEA eine Aufstockung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling um bis zu 2,5 Mio. EUR, damit Airport Handling die Voraussetzungen der staatlichen italienische Behörde für Zivilluftfahrt (ENAC = Ente Nazionale Aviazione Civile) für die Zulassung als Bodenabfertigungsgesellschaft erfüllte. Nach den geltenden nationalen Vorschriften erteilt die ENAC Lizenzen für Bodenabfertigungsgesellschaften, die folgende Anforderungen erfüllen (9):

Gesellschaftskapital im Umfang von mindestens einem Viertel des wahrscheinlichen Umsatzes;

operative Ressourcen und unternehmerische Kapazität zur Erbringung der Dienstleistungen;

Nachweis der Einhaltung sämtlicher arbeits- und sicherheitsrechtlicher Verpflichtungen.

(46)

Am 30. Juni 2014 beschloss der Verwaltungsrat der SEA die Einrichtung des Milan Airport Handling Trust (im Folgenden „Trust“) sowie eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling auf bis zu 25 Mio. EUR.

(47)

Der Trust wurde am 30. Juni 2014 gegründet; am selben Tag wurde die Treuhandurkunde unterzeichnet. Nach der Gründungsurkunde des Trusts gelten für den Trust die folgenden Bestimmungen: i) Der Trust fungiert bis zur Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling, und ii) der Trust stellt sicher, dass beim Betrieb von Airport Handling die wirtschaftliche Diskontinuität mit der SEA Handling gewährleistet ist.

(48)

Nach der Treuhandurkunde wurde der Trust gezielt für folgende Zwecke eingerichtet:

Bestätigung und Prüfung des Fehlens einer wirtschaftlichen Kontinuität von Airport Handling mit der SEA und der SEAH, gewährleistet insbesondere dadurch, dass Airport Handling unabhängig von der SEA geleitet wird;

Ermöglichen der Beteiligung unabhängiger dritter Kapitalgeber am Gesellschaftskapital von Airport Handling mit einem Anteil von mindestens 30 %.

(49)

Um diese Ziele zu erreichen, nimmt der Trust nach Maßgabe der Treuhandurkunde die folgenden Befugnisse wahr:

Benennung von Direktoren, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensgremien, Auswahl geeigneter Kandidaten, die keine Zuständigkeit für das operative Geschäft besitzen und nicht in einer Beschäftigungsbeziehung mit der SEA oder der SEAH stehen;

Aufforderung zur Vorlage eines Berichts der Direktoren über bereits vor der Einrichtung des Trusts bestehende Indizien für eine wirtschaftliche Diskontinuität, und

Gewährleistung geeigneter Verfahren, um sicherzustellen, dass Airport Handling beim Abschluss oder bei der Fortführung von Verträgen mit Fluggesellschaften durch die geschäftlichen Informationen der SEA keinen unrechtmäßigen Vorteil gegenüber Wettbewerbern erlangt und dass die Beschränkungen nach Anhang A der Treuhandurkunde eingehalten werden.

(50)

Nach der Treuhandurkunde vergewissert sich der Treuhänder insbesondere, dass nach der Gründung von Airport Handling keine rechtlichen Vereinbarungen getroffen wurden, die eine in der Treuhandurkunde nicht vorgesehene Übertragung von Vermögenswerten, beweglichem und unbeweglichem Vermögen, Verträgen mit Fluggesellschaften und/oder Abfertigungsdiensten, Rechten des geistigen Eigentums oder einseitigen Verpflichtungen mit wirtschaftlicher Wirkung (d. h. dinglich oder persönlich gesicherte Garantien) durch die SEAH auf Airport Handling zur Folge hatten.

(51)

Nach der Treuhandurkunde unterlag insoweit Folgendes nicht den Befugnissen des Treuhänders:

die Gründung und die Kapitalausstattung von Airport Handling durch die SEA;

die Übernahme von Mitarbeitern der SEAH durch Airport Handling;

die Tatsache, dass Airport Handling seine Vermögenswerte und seine Abfertigungsausrüstung nach Maßgabe eines bis 28. Februar 2015 befristeten Leasingvertrags von der SEAH nutzt.

(52)

Außerdem muss der Treuhänder nach der Treuhandurkunde Folgendes sicherstellen:

Mit Ausnahme der Befugnisse, die der SEA nach der Treuhandurkunde eingeräumt wurden, ist die operative Leitung von Airport Handling von der Leitung der SEA getrennt; sie untersteht der Kontrolle und der Aufsicht durch den Verwaltungsrat, dessen Mitglieder vom Treuhänder unabhängig benannt werden;

vor bzw. nach der Einrichtung des Trusts treffen die SEA und Airport Handling keine rechtlichen Vereinbarungen, die eine in der Treuhandurkunde nicht vorgesehene und von der SEA in ihrer Eigenschaft als Inhaberin einer Konzession für die Mailänder Flughäfen nicht verlangte Übertragung von Vermögenswerten, beweglichem oder unbeweglichem Vermögen, Verträgen, einseitigen Verpflichtungen mit wirtschaftlichen Auswirkungen (z. B. dinglich oder persönlich besicherte Garantien) oder Rechten des geistigen Eigentums durch die SEA zur Folge hatten oder haben; und

Airport Handling richtet Verfahren und Kontrollen ein, um sicherzustellen, dass das Unternehmen sich keine internen geschäftlichen Informationen der SEA zunutze machen kann, durch die Airport Handling beim Abschluss oder bei der Aufrechterhaltung von Verträgen mit Fluggesellschaften unrechtmäßige Vorteile erlangen würde (beispielsweise Informationen über Verträge, die die SEAH geschlossen hatte, oder Informationen über die Anforderungen der Fluggesellschaften, die der SEA in ihrer Eigenschaft als Flughafenbetreiberin mitgeteilt wurden).

(53)

Nach der Treuhandurkunde ist es allerdings nicht Aufgabe des Treuhänders, zu prüfen oder zu beurteilen, ob

Vertreter der SEA an den Verhandlungen mit den von Airport Handling zu übernehmenden Arbeitnehmern beteiligt waren;

Airport Handling einen Vorteil durch von der SEA übertragene Mitarbeiter erlangte (einschließlich des Generaldirektors, der für die Dauer des Trusts übernommen werden sollte);

bestimmte Dienstleistungen weiterhin zentral von der SEA erbracht werden;

die SEA in der Lage ist, verschiedene Leistungsstufen zu prüfen, um ihren Verpflichtungen als Betreiberin der Infrastruktur der Mailänder Flughäfen nachzukommen;

Beschlüsse über die künftige Finanzierung von Airport Handling unbeschadet der Befugnisse des Verwaltungsrats von Airport Handling im Hinblick auf Beschlüsse zur Durchführung des Geschäftsplans vollständig der SEA überlassen sind.

(54)

Hinsichtlich einer Beteiligung dritter Kapitalgeber an Airport Handling sieht die Treuhandurkunde vor, dass die Anfangsphase des Verfahrens zur Öffnung der Kapitalstruktur von Airport Handling für geeignete Anteilseigner (d. h. natürliche oder juristische Personen oder Unternehmen bzw. Stellen, die — soweit in Italien ansässig und mit Ausnahme ausdrücklich genannter Unternehmen — nicht als italienischem Recht unterliegende öffentliche Unternehmen oder Stellen zu betrachten sind) von der SEA verwaltet werden und bis zum 28. Februar 2015 abgeschlossen sein sollte.

(55)

Wenn die SEA am 1. März 2015 immer noch zu mehr als […] (*1) % an Airport Handling beteiligt sein sollte, sollte der Treuhänder nach Maßgabe der Treuhandurkunde mit der Suche nach Kapitalgebern beginnen; diese Kapitalgeber sollten Bedingungen erfüllen, die ihnen zuvor von der SEA in einer rechtzeitig dem als Treuhänder beauftragten Rechtsanwalt zu notifizierenden und von der SEA zu prüfenden Urkunde mitgeteilt wurden. In allen sonstigen Fällen sollte der Treuhänder Beteiligungen an Airport Handling nur mit Zustimmung der SEA übertragen können.

(56)

Darüber hinaus verpflichtet die Treuhandurkunde die SEA, sich nach der Veräußerung eines Anteils von […] (*1) % ihrer Beteiligung an Airport Handling um private Kapitalgeber zu bemühen, die bereit sind, ihre Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling zu erhöhen; dabei sind soziale Aspekte sowie die der SEA obliegende Verpflichtung zu berücksichtigen, die Aufrechterhaltung der Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen zu gewährleisten.

(57)

Am 26. August 2014 genehmigte der Verwaltungsrat von Airport Handling eine Zusatzvereinbarung zur Treuhandurkunde. Die Zusatzvereinbarung sah nach Artikel 2346 Absatz 6 des italienischen Zivilgesetzbuchs (10) die Emission von 20 000 der SEA anzubietenden Eigenkapitalinstrumenten (strumenti finanziari partecipativi (SFP) = Vorzugsaktien) mit einem Nennwert von jeweils 1 000 EUR durch Airport Handling vor. Sie wurde am folgenden Tag unterzeichnet.

(58)

Am 27. August 2014 beschloss die Aktionärsversammlung von Airport Handling (11) eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling von 1,3 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR; dieses Kapital sollte von der SEA gezeichnet und eingezahlt werden.

(59)

Am selben Tag übertrug die SEA die gesamte Beteiligung an Airport Handling auf den Trust und benannte eine Treuhandgesellschaft (Crowe Horwath Trustee Services — im Folgenden „Treuhänder“) mit der Leitung von Airport Handling.

(60)

Am 27. August 2014 benannte der Treuhänder einen neuen Verwaltungsrat für Airport Handling. SEA […] (*1) leitende Führungskräfte […] (*1), von fünf, […] (*1). Nach Auskunft von Italien üben beide ihre Tätigkeiten im ausschließlichen Interesse von Airport Handling auf der Grundlage eines Abordnungsvertrags der Muttergesellschaft SEA aus.

(61)

Ebenfalls am 27. August 2014 beschloss die Aktionärsversammlung von Airport Handling nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust (12) die Umwandlung von Airport Handling von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (S.r.l) in eine Aktiengesellschaft (S.p.A) und die Emission von 20 000 SFP, die der SEA zum Preis von jeweils 1 000 EUR zur Zeichnung angeboten wurden. Die SFP wurden am folgenden Tag von der SEA gezeichnet und eingezahlt; dadurch erhöhte sich das Gesellschaftskapital von Airport Handling auf insgesamt 25 Mio. EUR (5 Mio. EUR Grundkapital zuzüglich 20 Mio. EUR in Form von SFP).

2.4.   Die versuchte Veräußerung von Vermögenswerten der SEAH; der Leasingvertrag mit Airport Handling

(62)

Am 12. November 2014 veröffentlichte der Insolvenzverwalter einen Aufruf zur Interessenbekundung am Erwerb von Vermögenswerten der SEAH; die Veröffentlichung erfolgte im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union:

„Italien — Mailand: Verkauf des Ausrüstungsbestands, der unter anderem die folgenden Gegenstände umfasst: Cargoloader, Transporter, Hebezeuge, Gabelstapler, selbstfahrende/geschleppte Förderbänder, selbstfahrende Treppen/geschleppte Treppen/BAE-Treppen, Elektro-/Diesel-/Hybridschlepper, Fässer, Generatoren, Klimageräte, Kompressoren, Gepäck-/Warenkarren –2014/S 218-385934 — Aufruf zur Interessenbekundung“ (13). Für die Zwecke des Aufrufs zur Interessenbekundung wurden die Vermögenswerte in neun Losen zusammengefasst.

(63)

Die SEAH beauftragte die Istituto del Marchio di Qualità S.p.A. (im Folgenden „IMQ“) mit einer umfassenden Bewertung der Vermögenswerte der SEAH und einer auf dieser Wertermittlung beruhenden Festlegung der Leasinggebühr für die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH sowie des Preises für die Veräußerung der Vermögenswerte. Die IMQ erstellte zwei Berichte: am 25. Juni 2014 zur Leasinggebühr und am 16. Oktober 2014 zur Aufteilung der Vermögenswerte in zu veräußernde Lose. Der IMQ zufolge ist der geschätzte Umfang der Vermögenswerte als wahrscheinlicher Marktwert zu verstehen, den Vermögenswerte mit ähnlichen Merkmalen im Hinblick auf technische Beschaffenheit, Leistungsfähigkeit, Wartungs- und Erhaltungszustand, Nutzungsdauer und Alter erzielen würden.

(64)

Als Frist für die Vorlage von Geboten für die neun zu veräußernden Lose wurde der 26. Januar 2015 festgesetzt.

(65)

Als Leasinggebühr für die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH schlug die IMQ einen Betrag von […] (*1) EUR pro Halbjahr ([…] (*1) EUR pro Jahr) vor.

(66)

Am 1. September 2014 schlossen die SEAH und Airport Handling einen Leasingvertrag, nach dem Airport Handling die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH gegen Zahlung einer Gebühr von […] (*1) EUR (d. h. zum von der IMQ vorgeschlagenen Betrag) leasen sollte. Der Leasingvertrag sollte am 31. August 2015 auslaufen.

(67)

Um die Richtigkeit der von der IMQ durchgeführten Bewertung bestätigen zu lassen, beauftragten Airport Handling und die SEAH am 1. September 2014 die Ernst & Young financial-business Advisors SpA (im Folgenden „E&Y“) mit einer erneuten Ermittlung der Leasinggebühr. In diesem Zusammenhang hatten die SEAH und Airport Handling vertraglich vereinbart, dass die Leasinggebühr rückwirkend angepasst werden sollte, wenn sich in der zweiten Wertermittlung eine Abweichung um mindestens […] (*1) % von dem von der IMQ ermittelten Wert ergeben sollte.

(68)

Am 15. Oktober 2014 legte E&Y seinen Bericht vor und setzte die marktübliche Leasinggebühr für die Vermögenswerte der SEAH mit […] (*1) EUR pro Jahr an. Am 25. Oktober 2014 kamen Airport Handling und die SEAH überein, die Analyse von E&Y auszuweiten und beauftragten E&Y mit der Analyse der tatsächlichen Betriebsbedingungen und der physischen Beschaffenheit der Vermögenswerte. (E&Y hatte für die ursprüngliche Bewertung nur eine Stichprobe der Vermögenswerte einer Prüfung auf die physische Beschaffenheit unterzogen.) Die Analyse ergab, dass einige Maschinen und Bestandteile der Ausrüstung angesichts der kurzen Leasingdauer und der hohen Kosten der erforderlichen Reparaturen der in vielen Bestandteilen veralteten Ausrüstung für eine weitere Nutzung nicht geeignet waren. Als der Trust seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss von 2014 übermittelte, bemühten sich die SEA und Airport Handlung dem Trust zufolge um eine Lösung, um eine Rechtsstreitigkeit zu vermeiden. Daher wurde die Leasinggebühr rückwirkend auf […] (*1) EUR pro Jahr angepasst.

(69)

Am 26. November 2014 beschloss der Verwaltungsrat von Airport Handling die Einleitung der öffentlichen Ausschreibung für die Beschaffung einer neuen Ausrüstung auf dem freien Markt. Infolge dieser Ausschreibung ersetzte Airport Handling am 11. Februar 2015 etwa […] (*1) % seiner Ausrüstung durch auf dem freien Markt beschaffte Vermögenswerte im Umfang von etwa […] (*1) EUR. Italien zufolge finanzierte Airport Handling diese Beschaffung ausschließlich aus eigenen Mitteln.

(70)

Am 9. Februar 2015 wurde die Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH als erfolglos erklärt, da kein Bieter Interesse am Erwerb eines der Lose geäußert hatte.

(71)

Am 26. Februar 2015 ging bei der SEAH eine erste Mitteilung von Airport Handling ein, mit der das Unternehmen Interesse am Erwerb von sechs der neun im Ausschreibungsverfahren angebotenen Lose bekundete. Am 3. Juni 2015 erneuerte Airport Handling seine Interessenbekundung. Am 18. September 2015 wurden […] (*1) zu dem im ursprünglichen Ausschreibungsverfahren genannten Preis von […] (*1) EUR an Airport Handling veräußert.

2.5.   Die Veräußerung der Minderheitsbeteiligung an Airport Handling

(72)

Nach Maßgabe der Treuhandurkunde leitete der Treuhänder das Verfahren für die Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling ein.

(73)

Dazu benannte der Treuhänder am 27. Januar 2015 die italienische Niederlassung von BNP Paribas als Finanzberater für die Veräußerung von mindestens 30 % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling an dritte Kapitalgeber. Italien wies darauf hin, dass BNP Paribas in seiner Eigenschaft als Finanzberater den Veräußerungsprozess vollständig unabhängig organisiert habe. BNP Paribas setzte für die Veräußerung die folgenden Phasen an: 1. Vorläufige Einschätzung, 2. Organisation der Transaktion und 3. Abschluss der Transaktion.

(74)

Fünf interessierte Kapitalgeber legten unverbindliche Angebote für den Erwerb von Beteiligungen im Umfang von […] (*1)-[…] (*1) % an Airport Handling vor: […] (*1), […] (*1), […] (*1), […] (*1) und […] (*1).

(75)

Um dem Kapitalgeber die operative Kontrolle über Airport Handling zu ermöglichen, verpflichtet sich der Treuhänder nach dem von Italien vorgelegten Entwurf des Veräußerungsvertrags für den gesamten Zeitraum bis zum Ablauf der Stillhaltefrist (14), dem Treuhänder das Recht zur Benennung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats (d. h. drei von fünf), darunter der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Unternehmens, zu gewähren; der Vorsitzende des Verwaltungsrats hingegen sollte von der Aktionärsversammlung benannt werden.

(76)

Am 21. September 2015 unterzeichnete der Treuhänder eine bindende Rahmeninvestitionsvereinbarung mit D’Nata über die Veräußerung eines Anteils von […] (*1) % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling. Die Vereinbarung enthielt die folgenden Regelungen:

(77)

Erstinvestition: Nach der Genehmigung des Erwerbs durch die Fusionskontrollbehörden erwirbt D’Nata […] (*1) % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling sowie das Recht zur Benennung der Mehrheit des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats. Diese Regelung sollte wirksame Kontrollmöglichkeiten für D’Nata auch als Minderheitsaktionär gewährleisten.

(78)

Folgeinvestitionen: Im Rahmen einer Call-Option kann D’Nata eine weitere Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling erwerben. Eine ausdrückliche Beihilfe-Verkaufsoption sieht vor, dass D’Nata seine Beteiligung von […] (*1) % zum angepassten Ersterwerbspreis wieder veräußern kann, wenn die Kommission zu einem Negativbeschluss gelangt oder wenn das Beihilfeverfahren auch 18 Monate nach Abschluss der Erstinvestition noch immer nicht abgeschlossen ist.

(79)

Am 8. Februar 2016 genehmigte die italienische Wettbewerbsbehörde (Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato) die Übernahme der alleinigen Kontrolle über Airport Handling durch D’Nata nach italienischem Fusionskontrollrecht. Der Treuhänder teilte der Kommission mit, dass er nach dieser Genehmigung den Beteiligungserwerb durch D’Nata zum 8. März 2016 abschließen werde.

2.6.   Der Geschäftsplan 2014-2017

2.6.1.   Der Geschäftsplan vom 14. November 2013

(80)

In der Phase der vorläufigen Prüfung hatte Italien den Geschäftsplan von Airport Handling vom 14. November 2013 für den Zeitraum 2014-2017 (im Folgenden „Geschäftsplan von November 2013“) vorgelegt, um nachzuweisen, dass die Beteiligung der SEA am Gesellschaftskapital von Airport Handling im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers stand. Im Folgenden werden die wesentlichen Elemente dieses Geschäftsplans zusammengefasst:

(81)

Der Geschäftsplan konzentriert sich auf Vorfeld- (15) und Fluggastdienstleistungen (16) als Hauptgeschäft von Airport Handling. Der Marktanteil des Unternehmens an den Flughäfen Malpensa und Linate wurde für das zweite Halbjahr 2014 auf insgesamt [50-70] (*1) % bzw. [50-70] (*1) % veranschlagt, und bis 2017 wurde eine Zunahme auf [60-80] (*1) % bzw. [60-80] (*1) % erwartet.

(82)

Die Prognosen des Geschäftsplans sehen steigende Betriebseinnahmen infolge der erwarteten Zunahme des Marktanteils vor. Für die Gesamteinnahmen wurde ein Anstieg von […] (*1) EUR für das zweite Halbjahr 2014 auf […] (*1) EUR im Jahr 2017 erwartet; dabei wurde von einer jährlichen Zunahme des Fluggastaufkommens um […]-[…] (*1) % im Zeitraum 2014-2017 ausgegangen.

(83)

Für die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten wurde aufgrund der wachsenden Anzahl an befristeten Arbeitsverträgen eine Zunahme von […] (*1) VZÄ im Jahr 2014 auf […] (*1) VZÄ im Jahr 2017 erwartet. Die Arbeitskosten wurden auf einen Anteil von etwa […] (*1) % an den gesamten Betriebskosten veranschlagt. Die SEA sollte ihre Produktivität im Bezugszeitraum um 12 % steigern, hauptsächlich aus drei Gründen:

Effizienzgewinne bei der Gründung von Airport Handling (Anpassung des Anteils an befristeten Arbeitsverträgen und an Teilzeitverträgen; bessere Beschreibung des Arbeitsprogramms; Anpassung der Organisationsstruktur zur effizienteren Auslastung von Ressourcen unter Beschränkung der Beschäftigung von Saisonarbeitnehmern; Maximierung der Kapazität der bestehenden Belegschaft);

Größenvorteile infolge der Zunahme des Verkehrsaufkommens;

strukturelle Anpassungen der Geschäftsprozesse (bessere Arbeitsplanung und -organisation; Investitionen in technische Lösungen zur Ermöglichung einer teilweisen oder vollständigen Automatisierung bestimmter Tätigkeiten; Knüpfung der Personalausgaben an die Geschäftsentwicklung).

(84)

Die anfänglichen Kosten in Verbindung mit der Neuverhandlung von Kunden- und Lieferantenverträgen und von Belegschafts- und Beschäftigungsvereinbarungen sowie die Kosten der Beschreibung organisatorischer, verwaltungstechnischer und operativer Verfahren, die Rechtskosten, Bankgebühren und Beratungskosten und die mit der Beschaffung kleinerer Ausstattungsposten verbundenen Kosten und sonstigen Aufwendungen wurden auf […] (*1) EUR veranschlagt.

(85)

Die anfänglichen Betriebskosten, d. h. die Kapitalausgaben für die Aufnahme des Geschäftsbetriebs von Airport Handling, wurden mit […] (*1) EUR für die Beschaffung einer neuen Ausrüstung angesetzt. Im Geschäftsplan von November 2013 wurde jedoch davon ausgegangen, dass Airport Handling eine gebrauchte Ausrüstung zur Bodenabfertigung im Wert von […] (*1) EUR beschaffen würde.

(86)

Zur Deckung der gesamten voraussichtlichen Gründungskosten sieht der Geschäftsplan eine Kapitalaufstockung um […] (*1) EUR in […] (*1) vor.

2.6.2.   Der Geschäftsplan vom 6. August 2014

(87)

Im Laufe des Prüfverfahrens übermittelte Italien einen geänderten Geschäftsplan vom 6. August 2014 für den Zeitraum 2014-2017 (im Folgenden „Geschäftsplan von August 2014“), der am 26. August 2014 vom Verwaltungsrat von Airport Handling genehmigt wurde. Den von Italien vorgelegten Informationen zufolge wurde diese Änderung bereits im Juli 2014 fertiggestellt. Die wesentlichen Annahmen dieses Plans lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(88)

Marktanteil: Für […] (*1) geht der Geschäftsplan von August 2014 von einem etwas geringeren Wachstum als der vorherige Plan aus; der Marktanteil wird nach aktualisierten Prognosen des Verkehrsaufkommens um […] (*1) und […] (*1) mit [70-80] (*1) % etwas geringer angesetzt.

(89)

Preise: Die Einheitspreise (pro Flugbewegung) sind höher als die im Geschäftsplan von November 2013 angenommenen Preise und über den gesamten Zeitraum 2014-2017 nominell konstant.

(90)

Personalkosten: Die geschätzten Personalkosten im Geschäftsplan von August 2014 sind etwas höher als die Personalkosten im Geschäftsplan von November 2013 und belaufen sich auf […] (*1) bis […] (*1) % der Betriebskosten. Diese Erhöhung ist auf […] (*1) zurückzuführen.

(91)

Darüber hinaus wurden externe Kosten, Abschreibungen und Rückstellungen im Umfang von etwa […] (*1) % der gesamten Betriebskosten sowie geregelte Kosten (etwa […] (*1) %) von Dienstleistungen berücksichtigt, die die SEA gegenüber Airport Handling für die Nutzung gemeinsamer Infrastrukturen des Flughafens (insbesondere […] (*1) %) erbringt. Im Geschäftsplan von August 2014 wurde geschätzt, dass […] (*1) % für die Beschaffung der neuen Ausrüstung investiert werden müssten, davon […] (*1) % für die Beschaffung vollständig neuer Ausrüstung und […] (*1) % für die Beschaffung gebrauchter Fahrzeuge auf dem freien Markt. Diese Zahlen beruhten auf Geboten potenzieller Lieferanten, die im März 2014 bei Airport Handling eingingen.

(92)

Ähnlich wie der Geschäftsplan von November 2013 sieht auch der Geschäftsplan von August 2014 eine Reduzierung der Betriebskosten gegenüber der Kostenstruktur der SEAH vor; diese Reduzierung soll im Wesentlichen durch Effizienzgewinne und Personalabbau erreicht werden.

2.6.3.   Wirtschaftliche Bewertungen des Geschäftsplans

2.6.3.1.   Der Bericht der BCG

(93)

Airport Handling beauftragte die Boston Consulting Group mit einer vorläufigen unabhängigen Bewertung des Geschäftsplans 2014-2017 (im Folgenden „BCG-Bericht“). Die BCG legte ihren Bericht am 14. Oktober 2014 vor.

(94)

Der BCG-Bericht beruht auf dem am 26. August 2014 genehmigten Geschäftsplan, auf dem im November 2013 erstellten Geschäftsplan, auf der Branchenerfahrung und dem Wissen der BCG und auf öffentlichen Daten zu Marktentwicklungen und zu den größten Abfertigungsunternehmen.

(95)

Insgesamt bewertete die BCG die folgenden dem Geschäftsplan zugrunde liegenden Annahmen: Einnahmeentwicklungen (ausgehend von der erwarteten Zunahme des Verkehrsaufkommens und der von Airport Handling zu leistenden Abfertigungen); Personalkosten (ausgehend von den Kosten pro VZÄ und von angenommenen Produktivitätsgewinnen); geplante Investitionen (insgesamt […] (*1) EUR).

(96)

Die BCG fasste ihre Ergebnisse wie folgt zusammen:

(97)

Insgesamt scheinen die Annahmen hinsichtlich der Entwicklung des Verkehrsaufkommens auf Ebene der SEA angemessen zu sein und mit den Erwartungen größerer Organisationen (insbesondere IATA und Eurocontrol) in Einklang zu stehen. Die BCG stellte jedoch fest, dass die Vorstellung der Beibehaltung eines konstanten Mix aus Billigfluggesellschaften und sogenannten traditionellen Fluggesellschaften nicht mit der historischen Entwicklung des Mix am Flughafen Malpensa in Einklang stehe, wo der Anteil der Billigfluggesellschaften sich in den vergangen vier Jahren um […] (*1) Prozentpunkte erhöht habe. Zudem könne eine neue nationale Rechtsvorschrift (Decreto Linate) zu einer Verlagerung einiger Fluggesellschaften von Malpensa nach Linate führen.

(98)

Die Annahme zur Entwicklung des Umfangs der Abfertigungen durch Airport Handling wird im Großen und Ganzen als realistisch bewertet, da erstens die bei Erstellung des Berichts durch die BCG unterzeichneten Vereinbarungen mit neuen Fluggesellschaften einen Marktanteil von [60-70] (*1) % gewährleisteten, und da zweitens der vorgesehene Marktanteil von [70-80] (*1) % für das Jahr 2017 angesichts der gegenwärtigen Wettbewerbsdynamik der Branche sowie in Anbetracht des historischen Marktanteils der SEAH ([70-80] (*1) %) angemessen sei.

(99)

Nach Einschätzung der BCG wurden die Annahmen zur Entwicklung der Einnahmen aus den Dienstleistungen, die gegenüber dem Flughafenbetreiber erbracht werden, offenbar auch in den laufenden Verhandlungen mit der SEA zugrunde gelegt. Wegen der angenommenen zweijährigen Laufzeit der bestehenden Vereinbarung konnte die BCG die prognostizierten Einnahmen des letzten Jahres des Geschäftsplans (2017) jedoch noch nicht prüfen.

(100)

Annahmen über Steigerungen der durchschnittlichen Einheitskosten im Personalbereich um […] (*1) % pro Jahr im Zeitraum 2014-2017 sollten weitgehend im Einklang mit der im Oktober 2014 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der italienischen Vereinigung der Flughafenbetreiber (Assaeroporti = Associazione Italiana Gestori Aeroporti) und den Gewerkschaften stehen.

(101)

Die Verbesserung der Ressourcenproduktivität um […] (*1) % wurde im Allgemeinen als angemessen bewertet, erstens weil bei Erstellung des Berichts bereits eine Produktivitätssteigerung um […] (*1) % erreicht worden war, und zweitens weil die verbleibende Steigerung um […] (*1) % angesichts der gegenwärtig verfügbaren Ansätze und des Standes der technischen Umsetzung als realistisch betrachtet wurde.

(102)

Angesichts der detaillierten Gebote, die im März 2014 bei Airport Handling eingingen, stellte die BCG darüber hinaus fest, dass der Investitionsrahmen von […] (*1) EUR weitgehend im Einklang mit dem Bedarf für die Beschaffung der neuen im Wesentlichen (95 %) aus neuen Fahrzeugen bestehenden Ausrüstung stand.

(103)

Ferner gelangte die BCG in dieser Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass die im Geschäftsplan bis 2017 vorgesehene Gewinnspanne ([…] (*1) %, […] (*1) EUR) sich weitgehend mit der durchschnittlichen Rentabilität einer erheblichen Stichprobe anderer europäischer Unternehmen im privaten und im öffentlichen Sektor (Portway, Acciona, Aviapartner, Fraport und ATA-Handling) decke bzw. diese nur leicht übertreffe. Die BCG wies jedoch darauf hin, dass die tatsächliche Entwicklung der Zusammensetzung des Verkehrs sowie mögliche Auswirkungen einer neuen Rechtsvorschrift zum Flughafen Linate (Decreto Linate) zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens in Malpensa führen könnten.

2.6.3.2.   Der Brattle-Bericht

(104)

Die SEA beauftragte die Brattle Group, die von der SEA durchgeführte Kapitalzuführung für Airport Handling zu untersuchen und insbesondere zu überprüfen, ob diese Investition mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar war. Die Brattle Group legte ihren Bericht am 30. März 2015 vor.

(105)

Dem Brattle-Bericht zufolge beruht die Untersuchung auf den Informationen, die der SEA zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Investition in Airport Handling bekannt waren, sowie auf öffentlichen Daten über die Wettbewerbsposition der SEA. Im Brattle-Bericht wird festgestellt, dass die Annahmen des Geschäftsplans von November 2013 für die Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers deshalb am relevantesten seien, weil die SEA die Investitionen aufgrund dieser Annahmen vorgenommen habe (17).

(106)

Nach dem Brattle-Bericht können die von der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 geäußerten Zweifel dahin gehend, dass der Geschäftsplan von Airport Handling zu optimistisch sei, dadurch widerlegt werden, dass sich Schlüsselannahmen des Geschäftsplans in der Praxis tatsächlich erfüllt haben. Insbesondere habe der Marktanteil von Airport Handling im Jahr 2014 die Prognosen des Geschäftsplans von November 2013 noch übertroffen.

(107)

Dem Brattle-Bericht zufolge beruhen die im Geschäftsplan von August 2014 genannten Einheitspreise (die Airport Handling pro Flugbewegung berechnet) auf bereits mit den Fluggesellschaften geschlossenen Verträgen, in denen ein Preis von durchschnittlich […] (*1) EUR) vereinbart wurde, der somit noch über dem Preis lag, der im Geschäftsplan von November 2013 angenommen wurde (Preise von […] (*1) EUR im Jahr 2014 bis zu […] (*1) EUR im Jahr 2017). Dies veranlasste die Sachverständigen zu den nachstehenden Schlussfolgerungen: Erstens kommen die Marktpreise des Geschäftsplans von 2014 der tatsächlichen Entwicklung näher, weil sie auf unterzeichneten Verträgen beruhen. Zweitens wurde der Marktpreis, den Airport Handling berechnen könnte, im Geschäftsplan von November 2013, von dem die SEA bei ihrer Investitionsentscheidung ausging, zu niedrig angesetzt. Drittens bestätigt dies, dass die Marktpreise im Geschäftsplan von November 2013 nicht nur angemessen, sondern sogar zu niedrig waren.

(108)

Und schließlich stellten die Sachverständigen fest, dass die Marktpreise, die Airport Handling mit den Fluggesellschaften ausgehandelt hatten, noch unter den Preisen lagen, die die SEAH tatsächlich berechnete.

(109)

Die Sachverständigen räumen ein, dass der ursprüngliche Marktanteil laut dem Geschäftsplan von November 2013 als zu hoch für einen neuen Marktteilnehmer erscheinen könne. Sie gehen jedoch davon aus, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gewusst hätte, dass die Auflösung der SEAH zu der besonderen Situation führen würde, dass sehr viele Abfertigungsvereinbarungen an den von der SEA betriebenen Flughäfen erreichbar waren. Die Sachverständigen gelangten zu dem Schluss, dass Airport Handling sich diese Situation zunutze gemacht habe und dass die anderen Marktteilnehmer an den Mailänder Flughäfen dies ebenso gekonnt hätten. Dem Bericht zufolge war der zu erwartende Marktanteil von Airport Handling außerdem typisch für große italienische Flughäfen, auf denen die größte Abfertigungsgesellschaft in der Regel einen Marktanteil von etwa 70 % hat. Außerdem stellten die Sachverständigen fest, dass Airport Handling die einzige Abfertigungsgesellschaft mit hinreichenden Vermögenswerten und einer geeigneten Ausrüstung für einen vollständigen Service rund um die Uhr sei und dass dies einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstelle.

(110)

Darüber hinaus betrachten die Sachverständigen die niedrigeren Personalkosten als einen der Hauptgründe für die ungeachtet der Verluste der SEAH für Airport Handling prognostizierte Rentabilität. Die Sachverständigen bewerteten diese Annahme als angemessen, da Airport Handling neue Arbeitsverträge aushandelte, in denen sich die Arbeitnehmer verpflichteten, pro Jahr 20 Tage mehr zu arbeiten als nach den Verträgen der SEAH.

(111)

Nach dem Brattle-Bericht wurden die Arbeitskosten im Geschäftsplan von November 2013 leicht unterschätzt; im Geschäftsplan von August 2014 wurden die Kosten pro VZÄ jedoch mit […] (*1) EUR/Stunde ([…] (*1)) angesetzt.

(112)

Nach Auffassung der Sachverständigen hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bei der Investition in Airport Handling eine Rendite (d. h. einen internen Zinsfuß (IRR)) mindestens in Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes (WACC) nach der Standard-Finanztheorie erwartet. In diesem Fall bestätigten die Berechnungen, dass der erwartete IRR des Vorhabens bei allen Szenarien über dem WACC liegt und dass ein privater Kapitalgeber daher davon ausgegangen wäre, mit seiner Investition in Airport Handling Gewinne zu erzielen.

(113)

Die Beratungsgesellschaft stellte auch fest, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Entscheidung der SEA über die Gründung von Airport Handling im Jahr 2013 zu 44,31 % im Eigentum des privaten Eigenkapitalfonds F2i stand. F2i benannte zwei Mitglieder für den Verwaltungsrat der SEA, und dem Brattle-Bericht zufolge hatte keines der Mitglieder des Verwaltungsrats gegen den Vorschlag der SEA gestimmt, in Airport Handling zu investieren; auch dies deute darauf hin, dass die Investition als rentabel betrachtet wurde und daher mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar sei.

(114)

Außerdem heißt es im Brattle-Bericht, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommission eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling hätte feststellen können und dass Airport Handling daher verpflichtet gewesen wäre, die in einem Rückforderungsbeschluss als mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar eingestufte Beihilfe zurückzuzahlen, als verhältnismäßig gering angesehen hätte. Die SEA habe nämlich Maßnahmen getroffen, um Airport Handling zu schützen und einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzubeugen (etwa durch die Einrichtung des Trusts). Nach den Kostenschätzungen von Brattle bezüglich des Geschäftsplans von November 2013 war die Investition der SEA in Airport Handling mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar, solange die Wahrscheinlichkeit der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität unter […] (*1) % (für die Kapitalkostenschätzung der SEA) bzw. unter […] (*1) % (für die Kapitalkostenschätzung von Brattle) lag. Brattle hielt die Annahme für angemessen, dass in der gegebenen Situation und insbesondere angesichts der Anmeldung bei der Kommission ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber diese Wahrscheinlichkeit mit unter […] (*1) % angesetzt und daher aus rein wirtschaftlichen Gründen in Airport Handling investiert hätte.

2.7.   Angekündigte Reduzierung des Umfangs der wirtschaftlichen Tätigkeiten von Airport Handling

(115)

Italien schlug vor, den Umfang der damals von Airport Handling durchgeführten Tätigkeiten im Vergleich zum Umfang der früheren Tätigkeiten der SEAH weiter zu reduzieren. Dies sollte insbesondere für […] (*1) gelten.

(116)

Gegenwärtig erbringt die SEA nach einer neuen bis zum 31. Dezember 2018 befristeten Vereinbarung […] (*1).

(117)

Die SEA erklärte ihre Bereitschaft, bis spätestens 31. Dezember 2016 die Vereinbarung über […] (*1) zu kündigen und diese somit der Zuständigkeit von Airport Handling zu entziehen; außerdem sollten etwa […] (*1) Mitarbeiter von Airport Handling eingestellt werden, die zurzeit […] (*1). Infolge dieser Änderung sollte der Umsatz von Airport Handling, der bei etwa […] (*1) EUR lag, im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit um […] (*1) EUR zurückgehen.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

3.1.   Wirtschaftliche Kontinuität und Übergang der Rückzahlungspflicht

(118)

Im Einleitungsbeschluss von 2014 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, die vom Gerichtshof genannten Voraussetzungen für die Feststellung, dass ein anderes Unternehmen als der ursprüngliche Begünstigte für die Rückzahlung der Beihilfe verantwortlich gemacht werden kann, seien in dieser Sache weitgehend erfüllt. Dies gelte insbesondere für die folgenden Punkte:

Selbst wenn die früheren Mitarbeiter der SEAH von Airport Handling wieder eingestellt würden, sollten ihnen nach der Vereinbarung der Gewerkschaften mit der SEA und der SEAH vom 4. November 2013 doch offenbar die Rechte eingeräumt werden, die ihnen auch nach den früheren Verträgen mit der SEAH zustanden.

Nach Informationen, die der Kommission damals vorlagen, führten die SEA und Airport Handling bereits vor Auslaufen der wesentlichen Vereinbarungen mit den Fluggesellschaften gemeinsame Vermarktungsmaßnahmen durch, um den am Flughafen tätigen Fluggesellschaften die Gewissheit zu vermitteln, dass die SEA nach der vollständigen Liquidation der SEAH die Bodenabfertigung durch ihre neue Tochtergesellschaft Airport Handling aufrechterhalten würde.

Die zur Durchführung der Bodenabfertigungsdienste erforderliche Ausrüstung sollte Airport Handling bis zur (möglichen) Veräußerung dieser Vermögenswerte an Dritte im Wege einer offenen Ausschreibung von der SEAH leasen. Das Argument Italiens, Airport Handling nutze diese Vermögenswerte im Rahmen eines Leasingvertrags zum Marktpreis, wies die Kommission insoweit zurück, als zum einen der Wert der fraglichen Vermögenswerte von einem Sachverständigen ermittelt wurde, den die Muttergesellschaft SEA bestellt hatte, und zum anderen nicht sicher war, dass diese Vermögenswerte letztlich auch tatsächlich veräußert würden.

Die neue Bodenabfertigungssparte hätte dieselbe Eigentümerin wie die SEAH (nämlich die SEA). Den Vorschlag Italiens, 20 % des Kapitals der neuen Bodenabfertigungsgesellschaft in einem Beteiligungsverfahren anzubieten, bewertete die Kommission als nicht ausreichend, um eine wirtschaftliche Kontinuität mit der SEAH auszuschließen, da der Vorschlag zum einen auf eine Minderheitsbeteiligung beschränkt war und zum anderen diesbezüglich keine Garantien gegeben wurden. Zudem würde die Öffnung der Kapitalbeteiligungsstruktur erst nach dem Markteintritt von Airport Handling erfolgen.

Der Zeitpunkt — nach Erlass des Rückforderungsbeschlusses — und die ökonomische Folgerichtigkeit der Gründung der neuen Bodenabfertigungsgesellschaft deuteten darauf hin, dass das von Italien vorangemeldete Vorhaben dazu dient, die Rückforderung zu umgehen.

(119)

Daher stellte die Kommission vorläufig fest, dass mit der Gründung des neuen Unternehmens offenbar eine Umgehung der Rückzahlungspflicht bezweckt und bewirkt werde und es sich bei Airport Handling um den Nachfolger der SEAH handele. Insoweit vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass Airport Handling für die Rückzahlung der Beihilfe, die der SEAH gewährt und die im Rückforderungsbeschluss von 2012 als unvereinbar mit dem Binnenmarkt eingestuft worden war, haftbar gemacht werden könne.

3.2.   Kapitalzuführung

(120)

Die Kommission vertrat die vorläufige Auffassung, dass die Entscheidung der SEA über die Gründung von Airport Handling und über die Kapitalzuführung zur Airport Handling dem Staat zuzurechnen sei. Erstens stellte die Kommission fest, dass die Stadt Mailand mit einer Beteiligung von 54,81 % Mehrheitsaktionärin der SEA war und dass daher davon auszugehen sei, dass der Staat Einfluss auf Entscheidungsprozesse bei der SEA nehme und insoweit an den Beschlüssen des Unternehmens beteiligt sei. Zweitens verwies die Kommission auf bestimmte Erklärungen von Vertretern Italiens in dieser Sache, nach denen die Gründung von Airport Handling von den italienischen Behörden offenbar insbesondere durchgeführt wurde, um Arbeitsplätze an den Mailänder Flughäfen zu erhalten.

(121)

Da die SEA offenbar von Italien kontrolliert wurde, gelangte die Kommission zudem zu dem vorläufigen Schluss, dass die von der SEA finanzierte Kapitalzuführung staatliche Mittel beinhaltete.

(122)

Darüber hinaus war die Kommission der vorläufigen Auffassung, dass die SEA sich nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten habe, als sie die Kapitalzuführung für Airport Handling vornahm.

(123)

Erstens zweifelte die Kommission daran, dass ein privater Kapitalgeber von Airport Handling eine Kapitalzuführung zu dem Zeitpunkt gewährt hätte, zu der die SEA die Kapitalzuführung vornahm, da die Kommissionsdienststellen Italien bereits davon in Kenntnis gesetzt hatten, dass die beabsichtigte Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft wahrscheinlich eine wirtschaftliche Kontinuität und damit eine Haftung des neuen Unternehmens für die Rückzahlung der im Rückforderungsbeschluss von 2012 als mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar eingestuften Beihilfe begründen würde. Im Geschäftsplan von November 2013 wurde das Risiko eines Übergangs der Haftung für die Rückzahlung von der SEAH auf Airport Handling jedoch nicht berücksichtigt.

(124)

Zweitens äußerte die Kommission Zweifel daran, dass der Geschäftsplan, auf den sich die Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling gründete, sich auf hinreichend solide Annahmen stütze.

(125)

Daher stellte die Kommission fest, dass die die Investition der SEA in Höhe von 25 Mio. EUR in Airport Handling offenbar nicht auf wirtschaftlichen Bewertungen beruhte, die ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter vergleichbaren Umständen vor derartigen Investitionen vorgenommen hätte, um sich ein Bild von der künftigen Rentabilität der Investition zu verschaffen. Aus diesem Grund gelangte die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass die Kapitalzuführung von 25 Mio. EUR eine staatliche Beihilfe zugunsten von Airport Handling darstellte.

4.   STELLUNGNAHMEN ITALIENS

4.1.   Wirtschaftliche Kontinuität

(126)

Italien erinnerte daran, dass nach der Rechtsprechung durch die Rückzahlung illegaler und mit dem Binnenmarkt unvereinbarer staatlicher Beihilfen Verfälschungen des Wettbewerbs infolge des durch die rechtswidrige Beihilfe gewährten Wettbewerbsvorteils beseitigt werden sollen. Daher müsse die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von dem Unternehmen zurückgefordert werden, das den tatsächlichen Nutzen davon hatte. Die Rückforderungsverpflichtung könne nur dann auf andere Unternehmen als den ursprünglichen Begünstigten ausgedehnt werden, wenn die folgenden kumulativen Bedingungen erfüllt seien:

Es wurde festgestellt, dass das Unternehmen die Tätigkeit des begünstigten Unternehmens fortsetzt und

dass der tatsächliche Nutzen infolge des Wettbewerbsvorteils in Verbindung mit der Beihilfe bei dem Unternehmen verblieben ist.

(127)

Italien ist der Auffassung, in dieser Sache könne die Gewährung des Wettbewerbsvorteils in Verbindung mit der Beihilfe für die SEAH von vornherein ausgeschlossen werden.

(128)

Insbesondere stellt Italien fest, dass der mutmaßliche Vorteil für die SEAH von der Kommission in den Erwägungsgründen 219 ff. ihres Rückforderungsbeschlusses als Ausgleich für die Verluste betrachtet worden sei, die der SEAH in den Jahren 2002-2010 entstanden seien. Wie von der Kommission erläutert, seien diese Verluste auf hohe Personalkosten zurückzuführen, auf die ein erheblicher Anteil der Gesamtkosten der Bodenabfertigungsgesellschaft entfalle. Da die von der Kommission als staatliche Beihilfe eingestuften Kapitalzuführungen in erster Linie zur Deckung der Verluste infolge der übermäßigen Personalkosten der SEAH dienten, wird der Wettbewerbsvorteil, den die SEAH erlangte, nach Auffassung Italiens mit der Liquidation und mit dem Ausscheiden der Gesellschaft aus dem Markt faktisch hinfällig.

(129)

Ferner wies Italien darauf hin, dass selbst wenn der Wettbewerbsvorteil in Verbindung mit der Beihilfe, die der SEAH gewährt wurde, zu einem — geringen — Teil den Vermögenswerten des Unternehmens zugerechnet werden könne, d. h. den Vermögenswerten, die die SEAH zur Erbringung ihrer Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen nutzte, wären diese Vermögenswerte doch nicht von der SEAH auf Airport Handling übergegangen. Vielmehr seien sie bis zur Veräußerung auf dem freien Markt vorübergehend zu Marktbedingungen von Airport Handling geleast worden.

(130)

Außerdem stellte Italien fest, dass selbst dann, wenn Airport Handling über die SEAH tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil erlangt haben sollte, in diesem Fall doch nicht festgestellt werden könne, dass Airport Handling de facto die wirtschaftliche Tätigkeit der SEAH fortsetze.

(131)

Erstens sei weder rechtlich noch faktisch eine Übertragung von Arbeitsverträgen zwischen der SEAH und Airport Handling erfolgt. Airport Handling habe nur das für die Erbringung der Bodenabfertigungsdienste unabdingbare Personal eingestellt, und die Einstellungen seien zu grundlegend neuen Bedingungen erfolgt. Außerdem hätten die neuen Arbeitsverträge einer anderen Regelung (den Vorschriften für Abfertigungsgesellschaften und nicht den Vorschriften für Flughafenbetreiber des nationalen Tarifvertrags (Contratto Collettivo Nazionale di Lavoro (CCNL)) unterlegen, und für die Arbeitnehmer sei eine andere Arbeitnehmerorganisation zuständig gewesen (nicht mehr Assoaeroporti, sondern Assohandlers). Daher sei es Airport Handling gelungen, die Personalkosten zu reduzieren und die Produktivität erheblich zu steigern.

(132)

Zudem sei die Darstellung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014, dass früheren Mitarbeitern der SEAH die in den früheren Verträgen mit der SEAH gewährten Rechte auch weiterhin zugestanden worden seien, nicht belegt worden. Die Vereinbarung vom 4. November 2013 habe keine Garantien zugunsten früherer Mitarbeiter der SEAH in Bezug auf erworbene Rechte enthalten, und in der Vereinbarung sei deutlich auf die Notwendigkeit neuer Arbeitsverträge mit neuen Bedingungen verwiesen worden.

(133)

Außerdem sei keine Übertragung der Verträge zwischen der SEAH und den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften auf Airport Handling erfolgt. Nach Auskunft Italiens handelte Airport Handling nach der Kündigung der Verträge zwischen der SEAH und den Fluggesellschaften neue Verträge mit den an den Mailänder Flughafen tätigen Flughafengesellschaften aus. Ferner hätten die SEA und Airport Handling entgegen der Darstellung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 (die zudem nicht belegt sei) keine gemeinsame diesbezügliche Vermarktung betrieben. In jedem Fall wäre dies für die Bewertung hinsichtlich des Bestehens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling auch unerheblich. In diesem Zusammenhang wies Italien darauf hin, dass sich der gegenwärtige Kundenstamm von Airport Handling vom Kundenstamm der SEAH unterscheide. Airport Handling habe bestimmte Verträge mit Fluggesellschaften geschlossen, die nicht auch bereits Kunden der SEAH waren; andererseits seien Verträge mit einigen der früheren Kunden der SEAH nicht aufrechterhalten worden.

(134)

Dass der Geschäftsplan von Airport Handling einen Marktanteil von […] (*1) vorsehe, könne an sich nicht als Beweis für eine wirtschaftliche Kontinuität angesehen werden. Dieser Marktanteil sei vor dem Hintergrund des von Airport Handling verfolgten Ziels der mittelfristigen Wirtschaftlichkeit zu bewerten.

(135)

Darüber hinaus erklärte Italien, Airport Handling sei am Verfahren der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH nicht beteiligt gewesen, und insoweit erfolge keine Übertragung von Vermögenswerten zwischen den beiden Unternehmen. Nach Auffassung Italiens kann die bloße Tatsache, dass die Vermögenswerte des Beihilfeempfängers einem dritten Unternehmen nach Maßgabe eines Leasing-Vertrags überlassen werden, kein hinreichender Beleg dafür sein, dass dieses Unternehmen durch die Beihilfe einen Wettbewerbsvorteil erlangt hätte. Ein Anzeichen für eine Kontinuität hätte nur dann gesehen werden können, wenn der Preis für das Leasing der Vermögenswerte unter dem Marktpreis gelegen hätte. In diesem Fall sei der Leasingpreis jedoch von einem unabhängigen Unternehmen (IMQ) festgesetzt worden.

(136)

Außerdem verwies Italien darauf, dass sich die Beteiligungsstruktur der SEA erheblich von der Beteiligungsstruktur zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe für die SEAH unterscheide. Im Zeitraum 2002-2010 habe die SEA vollständig in staatlichem Eigentum gestanden; inzwischen sei ein privater Kapitalgeber (F2i) mit 44,31 % am Gesellschaftskapital beteiligt.

(137)

Außerdem biete die Einrichtung des Trusts eine weitere Garantie dafür, dass keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling bestehe. Nach der Treuhandurkunde sollten durch die Tätigkeit des Treuhänders die folgenden Ziele erreicht werden:

Gewährleistung der unabhängigen Verwaltung der Beteiligung der SEA an Airport Handling unter Übernahme der alleinigen Kontrolle über das Unternehmen; dadurch sollte sichergestellt werden, dass keinerlei Interessen bestehen und/oder keinerlei Informationen zwischen beiden Unternehmen ausgetauscht werden; dies sollte insbesondere für die SEAH und die von der SEAH an den Mailänder Flughäfen erbrachten Abfertigungsdienste gelten;

Ermöglichen der Zuführung weiteren Kapitals von zunächst mindestens […] (*1) % durch private, nicht mit der SEA-Gruppe in Verbindung stehende Kapitalgeber für Airport Handling.

(138)

Infolge der Übertragung der 100 %igen Beteiligung der SEA an Airport Holding auf den Trust wurde der Treuhänder im Handelsregister als alleiniger Anteilseigner des Unternehmens eingetragen. In dieser Eigenschaft hat der Treuhänder die vollständige und erhebliche Kontrolle über die Beteiligung der SEA an Airport Handling.

(139)

Als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling muss der Treuhänder u. a.

bei der Benennung von Mitgliedern der Leitungsorgane von Airport Handling unter Wahrnehmung seiner Stimmrechte unabhängig und ohne Einwirkung der SEA sicherstellen, dass die Mitglieder dieser Organe keine operativen Funktionen bei der SEA und der SEAH ausüben bzw. ausgeübt haben und dass diesbezüglich keine Abhängigkeiten bestehen bzw. bestanden. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung der SEA am Trust reichten alle von der SEA benannten Mitglieder der Leitungsorgane von Airport Handling ihre Kündigung ein und wurden durch vom Treuhänder benannte Mitglieder ersetzt;

darauf achten, dass keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling entsteht; dazu muss er regelmäßige Berichte des Managements verlangen; außerdem muss er die ordnungsgemäße Anwendung des Geschäftsplans sowie den Marktanteil und die Entwicklungsprognosen prüfen;

gewährleisten, dass durch geeignete Verfahren verhindert wird, dass sich Airport Handling beim Abschluss oder bei der Aufrechterhaltung von Verträgen mit Fluggesellschaften oder anderen Anbietern von Waren oder Dienstleistungen Informationen der SEA in unangemessener Weise zunutze macht;

sicherstellen, dass keine Veräußerungen zwischen der SEAH und Airport Handling abgewickelt wurden.

4.2.   Kapitalzuführung

4.2.1.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

(140)

Italien zufolge ist der Status der SEA als öffentliches Unternehmen nicht hinreichend für die Feststellung, dass die Ressourcen des Unternehmens als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten sind. In diesem Zusammenhang erinnerte Italien daran, dass die finanziellen Ressourcen von Airport Handling nicht im Eigentum der SEA stehen und nicht von der SEA kontrolliert werden, da die Beteiligung der SEA an Airport Handling durch eine unabhängige Stelle (den Treuhänder) vollständig unabhängig von der SEA verwaltet werde.

(141)

Daher habe die SEA nicht die Möglichkeit, die typischen Befugnisse eines Mehrheitsaktionärs wahrzunehmen und u. a. die Mitglieder der Leitungsorgane der Tochtergesellschaft zu benennen und auf diese Weise entscheidend in die Leitung des Unternehmens einzugreifen.

(142)

Die Kommission könne die Zurechenbarkeit der streitigen Maßnahmen zum Staat nicht aus der bloßen Tatsache ableiten, dass die Durchführung dieser Maßnahmen ohne ein Eingreifen des Staates sehr unwahrscheinlich gewesen wäre. Vielmehr müsse die Kommission hohe Beweisstandards erfüllen. Die in Rede stehenden Maßnahmen könnten nur insoweit als dem Staat zuzurechnend angesehen werden, als der öffentliche Anteilseigner der SEA eine Schlüsselrolle bei der Durchführung der Kapitalzuführung für Airport Handling gespielt habe. Daher betrachtet Italien den Hinweis als wesentlich, dass nach Artikel 15 der Satzung der SEA Beschlüsse u. a. über eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Tochtergesellschaften von mindestens sechs der sieben Mitglieder unterstützt werden müssten und dass daher die Zustimmung der vom privaten Anteilseigner F2i benannten Verwalter erforderlich sei. Unabhängig davon, wer Mehrheitsaktionär der SEA sei, könne der öffentliche Anteilseigner daher ohne die Zustimmung (bzw. sogar ohne die ausschlaggebende Stimme) von Direktoren, die vom privaten Anteilseigner benannt wurden, nicht wirksam über eine Kapitalaufstockung entscheiden.

(143)

Zudem stünden die im Einleitungsbeschluss von der Kommission zitierten Aussagen wie etwa die des Ministers für Infrastruktur und Verkehr zur Beruhigung der Arbeitnehmer vollständig im Einklang mit der Praxis in Europa und in Italien und könnten daher nicht als Beleg für eine Zurechenbarkeit der Maßnahme zum Staat angesehen werden. Diese Aussagen seien lediglich politischer Art gewesen und hätten angesichts der drohenden Entlassungen zur Beschwichtigung gedient.

(144)

Daher ist Italien der Auffassung, dass die Investition der SEA in Airport Handling nicht dem Staat zuzurechnen ist und keine staatlichen Mittel beinhaltet und insoweit auch keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

4.2.2.   Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils

(145)

Italien erinnerte daran, dass der private Anteilseigner entsprechend seiner Beteiligung am Gesellschaftskapital der SEA (d. h. zu 44,31 %) zu den Kaitalzuführungen beiträgt. Die Beteiligung des privaten Kapitalgebers F2i habe tatsächliche wirtschaftliche Auswirkungen und sei erheblich. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass private Investitionen im Umfang von etwa einem Drittel der Gesamtinvestition nach der Beschlusspraxis der Kommission als erheblich betrachtet würden. Dies sei an sich bereits hinreichend, um die Einstufung der Kapitalzuführung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV auszuschließen.

(146)

Außerdem sei der Geschäftsplan von Airport Handling von einem unabhängigen Sachverständigen geprüft worden, und dieser sei zu dem Schluss gelangt, dass die Investition der SEA aus rein wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt gewesen sei und daher mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang stehe.

(147)

Daher ist Italien der Auffassung, dass die Investition der SEA in Airport Handling unter Gegebenheiten erfolgte, die für einen unter normalen Marktbedingungen tätigen privaten Kapitalgeber annehmbar gewesen wären, und daher sei die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV anzusehen.

5.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(148)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von der (in Liquidation befindlichen) SEAH, vom Milan Airport Handling Trust, von Airport Handling, von der SEA und von einem Beteiligten ein, der anonym bleiben wollte.

5.1.   Stellungnahmen des Milan Airport Handling Trust (im Folgenden „Trust“) und von Airport Handling

5.1.1.   Zur Übertragung von Mitarbeitern

(149)

Dem Treuhänder zufolge hat Airport Handling sein Geschäftsmodell von Anfang an nach einer ökonomischen Folgerichtigkeit strukturiert, die sich von der der SEAH unterschied, für die eine Markttätigkeit als unabhängiges und auch ohne Kapitalzuführungen seiner Anteilseigner rentables Unternehmen angestrebt worden sei.

(150)

Insbesondere sei Airport Handling immer überzeugt gewesen, dass sein Geschäftsmodell eine Umstrukturierung des Personals unter Effizienz- und Relevanzaspekten erfordere. Dem Trust zufolge ist die Abfertigungstätigkeit durch ein besonders hohes Arbeitsaufkommen zu bestimmten Zeiten des Jahres (etwa im Sommer) gekennzeichnet. Angesichts der volatilen Bedarfssituation müsse der Dienstleister flexibel reagieren können, indem er Zeitarbeiter für die Zeiträume einstelle, in denen dies durch das höhere Arbeitsaufkommen gerechtfertigt sei.

(151)

Die SEAH habe meist […] (*1) ([…] (*1)) eingesetzt; Airport Handling hingegen sei von […] (*1) (z. B. […] (*1)) ausgegangen. Dies habe zwar einerseits komplexere Ansätze in Bezug auf Schulung, Management und Koordinierung erfordert, andererseits aber eine höhere Flexibilität und dadurch auch eine Senkung der Betriebskosten ermöglicht. Nach Angaben des Trusts galt dies für […] (*1). (Am 31. Dezember 2014 hatte Airport Handling […] (*1).)

(152)

Der Trust erklärte, dass keine Arbeitsverträge von der SEA auf Airport Handling übertragen worden seien; dies sei an folgenden Sachverhalten zu erkennen:

Airport Handling habe Einstellungen nach einem vollständig unabhängig entwickelten Plan unter Berücksichtigung des prognostizierten Verkaufsaufkommens und der spezifischen Arbeitsstruktur vorgenommen; dadurch sei die Belegschaft im Vergleich zur SEAH erheblich reduziert worden;

frühere Beschäftigte der SEAH seien von Airport Handling zu formell und inhaltlich anderen Bedingungen nach einem anderen Geschäftsmodell als dem der SEAH eingestellt worden.

(153)

Außerdem verwies der Trust auf den erheblichen Widerstand und die sehr schwierigen Beziehungen mit den Gewerkschaften im Juni 2014. Nach Auffassung des Trusts steht außer Frage, dass die wieder eingestellten früheren Mitarbeiter der SEAH keinen Anlass für Beschwerden gehabt hätten, wenn die Einstellungen zu unveränderten Bedingungen erfolgt wären. Vielmehr zeige der ausgeprägte Widerstand der Gewerkschaften gegen die Vereinbarung im Juni 2014, dass den Arbeitnehmern die Verschlechterung ihrer Beschäftigungsbedingungen vollständig bewusst gewesen sei.

5.1.2.   Verträge mit den Fluggesellschaften

(154)

Erstens erklärte der Trust, dass die Verträge mit den Fluggesellschaften naturgemäß nicht auf Dritte übertragbar seien. In Artikel 3.2 der Standardvereinbarung für Bodenabfertigungsdienste heiße es ausdrücklich, dass die Fluggesellschaften außer in mit den Bodenabfertigungsgesellschaften zu vereinbarenden Sonderfällen Dritten keine vertraglich vereinbarten Aufgaben übertragen können:

„Die Fluggesellschaft beauftragt keine dritte Person, kein drittes Unternehmen und keine dritte Organisation mit der Erbringung der Dienstleistungen, die die Abfertigungsgesellschaft sich nach Maßgabe dieser Vereinbarung zu erbringen bereit erklärt hat, außer in besonderen Fällen, in denen die Parteien dies in gegenseitigen Einvernehmen vereinbaren.“

(155)

Der Trust übermittelte mehrere Erklärungen von Fluggesellschaften, die keine Ausschreibungen im Sinne eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durchgeführt hatten, um Airport Handling als Bodenabfertigungsgesellschaft auszuwählen. Diesen Fluggesellschaften zufolge war Airport Handling jedoch in einem wettbewerblichen Verfahren aufgrund von Richtwertvergleichen mit anderen Abfertigungsgesellschaften ausgewählt worden.

(156)

Außerdem erinnerte der Trust daran, dass die Fluggesellschaften die Laufzeiten der Abfertigungsvereinbarungen festlegten und häufig die Möglichkeit einer Kündigung vorsähen. Nach dem IATA-Standardvertrag beispielsweise könne jede Partei einen bestehenden Vertrag mit 60-tägiger Frist kündigen. Insoweit sei der Vertrag mit einer Fluggesellschaft nicht zwangsläufig ein langfristiger Vertrag, der die Abfertigungsgesellschaft vor Wettbewerb schütze. Tatsächlich könnten Fluggesellschaften Verträge kündigen, wenn ihnen bei anderen Dienstleistern bessere Konditionen gewährt werden.

(157)

Als die SEAH aus dem Markt ausschied und Airport Handling neue Verträge mit den Fluggesellschaften aushandelte, verlangten Letztere dem Trust zufolge von Airport Handling sowie von den übrigen kontaktierten Dienstleistern andere (günstigere) Bedingungen als die, die zuvor der SEAH gewährt worden waren. Nach Auskunft des Trusts kommt es recht häufig vor, dass Fluggesellschaften Verträge kündigen, wenn ihnen von konkurrierenden Abfertigungsgesellschaften günstigere Bedingungen eingeräumt werden, oder Fluggesellschaften drohen damit, einen Vertrag nicht zu verlängern, wenn die unter Vertrag genommene Abfertigungsgesellschaft nicht bereit ist, ihr Angebot im Vergleich zu anderen Anbietern für die Fluggesellschaften attraktiver zu gestalten.

(158)

Airport Handling nahm seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen am 1. September 2014 nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust auf. Wenngleich Airport Handling der ENAC und den Fluggesellschaften als Zeitpunkt für die Aufnahme seiner Tätigkeit den 1. Juli 2014 mitteilte, führten die Verzögerungen infolge der Übertragung der Beteiligungen auf den Trust und die Schwierigkeiten mit den Gewerkschaften dazu, dass die Geschäftstätigkeit doch erst am 1. September 2014 aufgenommen werden konnte.

(159)

Am 28. Februar 2015 hatte Airport Handling Bodenabfertigungsverträge mit […] (*1) Fluggesellschaften geschlossen; davon waren […] (*1) am Flughafen Linate und […] (*1) am Flughafen Malpensa tätig. Ferner erklärte der Trust, dass Airport Handling mit keiner der Fluggesellschaften Verträge geschlossen habe, bei denen zuvor ein Vertragsverhältnis mit der SEAH bestand. Insbesondere […] (*1).

(160)

Nach Auskunft des Trusts hat Airport Handling andere Verträge mit den Fluggesellschaften geschlossen als die SEAH:

aus rechtlichen Gründen: Airport Handling sei neue Vertragsbeziehungen eingegangen und nicht als Rechtsnachfolger in frühere Verträge eingetreten. Daher sei Airport Handling für Verbindlichkeiten, Forderungen oder Schulden von Fluggesellschaften gegenüber der SEAH nicht zuständig;

aus inhaltlichen Gründen:

Bei Airport Handling seien fast regelmäßig (direkt oder über Ausschreibungsbekanntmachungen) Anfragen von Fluggesellschaften nach […] (*1) eingegangen;

einige Fluggesellschaften hätten […] (*1);

andere Fluggesellschaften hätten […] (*1) gewünscht.

(161)

Dem Trust zufolge nahmen […] (*1) Fluggesellschaften im Rahmen der Verhandlungen über die neuen Bodenabfertigungsverträge […] (*1) von Airport Handling in Anspruch. […] (*1) Fluggesellschaften hätten mit der SEAH Verträge über […] (*1) geschlossen.

(162)

Außerdem seien einige der wichtigsten Verträge mit Fluggesellschaften ([…] (*1)) wie folgt befristet:

der Vertrag mit […] (*1) zum […] (*1);

der Vertrag mit […] (*1) zum […] (*1);

der Vertrag mit […] (*1) zum […] (*1).

5.1.3.   Gemeinsame Vermarktung

(163)

Ebenso wie Italien ist auch der Trust der Auffassung, dass selbst wenn gemeinsame Vermarktungsmaßnahmen der SEA/SEAH und von Airport Handling nachgewiesen werden könnten, diese für die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität doch unerheblich wären.

(164)

Dass die SEA Fluggesellschaften öffentlich erklärt und/oder mitgeteilt haben könnte, dass die Gruppe beabsichtige, die Bodenabfertigung aufrechtzuerhalten, sei zudem insoweit für die Untersuchung unerheblich, als die Kommission seit 2013 über die Gründung und die Kapitalausstattung von Airport Handling unterrichtet gewesen sei.

5.1.4.   Erwarteter Marktanteil von Airport Handling

(165)

Dass Airport Handling eine erhebliche Präsenz auf dem Markt für Bodenabfertigungsdienste auf den Mailänder Flughäfen erreicht hat, ist dem Trust zufolge nicht auf die Übertragung von Vermögenswerten von der SEAH auf Airport Handling, sondern auf die besonderen Gegebenheiten an den Mailänder Flughäfen und auf die Geschäftsmodelle der einzelnen Abfertigungsgesellschaften zurückzuführen.

(166)

Die Tatsache, dass ein Unternehmen aus dem Markt ausscheide und ein anderer (neuer oder schon auf dem Markt tätiger) Marktteilnehmer ähnliche Marktanteile gewinne, sei auf Märkten regelmäßig zu beobachten und Ergebnis einer Kreuzelastizität konkurrierender Unternehmen. Auf einem hypothetischen Markt mit nur zwei Unternehmen (A und B) sei bei einem Ausscheiden von Unternehmen A aus dem Markt wahrscheinlich, dass die Kunden und Marktanteile dieses Unternehmens Unternehmen B zufallen, ohne dass eine rechtliche oder tatsächliche Verbindung zwischen beiden Unternehmen bestehe. Im Falle der Mailänder Flughäfen sei zutreffend, dass mehr als zwei Abfertigungsgesellschaften dort tätig seien; bislang hätten jedoch nur zwei dieser Anbieter ihr Geschäftsmodell auf die Mailänder Flughäfen konzentriert. Die ähnlichen Marktanteile könnten nach Auffassung des Trusts auch dadurch begründet sein, dass Airport Handling der einzige Dienstleister sei, der seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen als Betreiber eines Drehkreuzflughafens (Hub) organisiert habe, um die Nachfrage der Fluggesellschaften möglichst weitgehend zu bedienen und hochwertige Dienstleistungen anzubieten.

(167)

Die Erwägungen der Kommission seien als logischer Zirkel zu betrachten: Entweder werde angenommen, dass die im Geschäftsplan beschriebenen Erwartungen von Airport Handling hinsichtlich des Marktanteils auf den Mailänder Flughäfen unrealistisch seien und die Kapitalzuführung zur Airport Handling daher eine staatliche Beihilfe darstelle, oder der Marktanteil werde als realistisch angesehen, um dann jedoch festzustellen, dass dies ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität sei.

5.1.5.   Nutzung der Vermögenswerte der SEAH durch Airport Handling

(168)

Der Trust betont, dass die Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH als erfolglos erklärt worden sei, da kein Bieter am Erwerb eines der Lose interessiert gewesen sei.

(169)

Nach Auskunft von Airport Handling sei dies in erster Linie darauf zurückzuführen gewesen, dass die Vermögenswerte der SEAH veraltet und daher für den Markt nicht mehr attraktiv waren. Von den […] (*1) wertvollsten Bestandteilen (d. h. […] (*1)) wurden von der SEAH nur etwa […] (*1) Vermögenswerte nach dem 31. Dezember 2006 erworben. Die meisten Vermögenswerte seien mehr als 15 Jahre alt; daher seien die Beschaffung von Ersatzteilen und die Gewährleistung der erforderlichen Leistungsfähigkeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

(170)

Der Trust erinnerte auch daran, dass Airport Handling sich an der Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH nicht beteiligt habe. Allerdings wäre nach Auffassung des Trusts auch ein Erwerb der Vermögenswerte kein Beleg für eine wirtschaftliche Kontinuität mit der SEAH.

(171)

Zudem nutze Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH im Rahmen eines am 1. September 2014 unterzeichneten bilateralen Vertrags. Der Vertrag sei von der SEAH und dem Treuhänder im Zeitraum zwischen der Einrichtung des Trusts (am 30. Juni 2014) und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung der Beteiligung der SEA an Airport Handling auf den Trust (am 27. August 2014) zu Marktbedingungen ausgehandelt worden.

(172)

Der Treuhänder habe erhebliche Änderungen an dem Vertrag vorgenommen und u. a. folgende Maßnahmen veranlasst bzw. getroffen:

die Überprüfung des Marktwerts der Leasinggebühr durch einen unabhängigen, von Airport Handling und der SEAH gemeinsam benannten Sachverständigen, um sicherzustellen, dass Airport Handling eine marktübliche Gebühr für die Nutzung der Vermögenswerte der SEAH zahlte;

die Anpassung dieser Leasinggebühr im Falle einer Abweichung um mehr als 10 % von der von dem unabhängigen Sachverständigen ermittelten Leasinggebühr;

die Verlängerung des Vertrags bis zum 31. August 2015, um den Vertrag an die Marktpraxis anzupassen;

die Möglichkeit der Untervermietung der Ausrüstung an Dritte;

die Aufnahme einer Klausel, nach der Reparaturen und regelmäßige Wartungsarbeiten von Airport Handling zu finanzieren seien, während außerordentliche Wartungs- und Reparaturaufwendungen von der SEAH zu tragen seien.

(173)

Der Trust erinnerte daran, dass die Leasinggebühr nach unabhängigen Bewertungen mehrerer Sachverständiger festgesetzt worden und insoweit als Marktpreis zu betrachten sei.

(174)

Außerdem habe Airport Handling Verfahren zum Erwerb eines erheblichen Anteils der Vermögenswerte ([…] (*1) %) eingerichtet, die für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens benötigt wurden, um die von der SEAH geleasten Vermögenswerte nach Ablauf des Leasingvertrags ersetzen zu können. Dazu seien folgende Maßnahmen getroffen worden:

Der Verwaltungsrat von Airport Handling habe am 26. November 2014 entschieden, eine Ausschreibung zum Austausch der von der SEAH geleasten Vermögenswerte im Umfang von etwa […] (*1) EUR einzuleiten;

diese Ausschreibungen (mit Ausnahme einer, die sich zum Zeitpunkt der Übermittlung der Stellungnahmen des Trusts zum Einleitungsbeschluss von 2014 noch in der Anfangsphase befand) seien Anfang Januar 2015 abgeschlossen wurden, und Airport Handling habe bereits am 11. Februar 2015 eine erste Bestellung für eine Beschaffung im Umfang von etwa […] (*1) % der Vermögenswerte (einschließlich […] (*1)) in Auftrag gegeben. Eine zweite Bestellung könne in Kürze erfolgen, wenn alternative Finanzierungs- oder Beschaffungsformen gefunden würden, da dem Auswahlverfahren zufolge mit einem erheblichen Anstieg der Kosten neuer Ausrüstungen zu rechnen sei.

5.1.6.   Zeitpunkt und Folgerichtigkeit der Geschäftstätigkeit

(175)

Die Schlussfolgerung, die Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft als Tochter der SEA habe dazu gedient, einen Rückforderungsbeschluss zu umgehen, kommt nach Auffassung des Trusts der Feststellung gleich, ein negativer Beihilfebeschluss verhindere, dass der Empfänger der mutmaßlichen Beihilfe seine Geschäftstätigkeit unter geänderten Bedingungen wieder aufnehme.

5.1.7.   Maßnahmen des Treuhänders zum Ausschluss einer wirtschaftlichen Kontinuität

(176)

Der Trust verweist darauf, dass der Treuhänder und die SEA am 1. August 2014 ein Protokoll unterzeichnet hätten, um dem Treuhänder die Ausübung bestimmter Funktionen im Zusammenhang mit der Leitung und der Überwachung der Geschäftstätigkeit von Airport Handling in den Monaten Juli und August 2014 zu ermöglichen.

(177)

Zusätzlich zu den in Absprache mit der SEAH getroffenen Maßnahmen bezüglich des Leasings der Vermögenswerte der SEAH und des Berichts des Sachverständigen beantragte und erhielt der Treuhänder von der SEA die erforderlichen finanziellen Mittel, um seine Tätigkeit uneingeschränkt unabhängig von der SEA ausüben zu können. Außerdem drängte der Treuhänder die SEA, ihre Dienstleistungsverträge mit Airport Handling neu zu formulieren; er bestimmte einen neuen Hauptberater für Airport Handling und verlangte Änderungen an der Satzung von Airport Handling, um die uneingeschränkte Unabhängigkeit des Unternehmens sicherzustellen.

(178)

Nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust benannte der Treuhänder am 27. August 2014 einen neuen Verwaltungsrat.

(179)

Er sorgte dafür, dass der neue Verwaltungsrat

die Mitglieder des Verwaltungsrats von Airport Handling aufforderte, eine umfassende Bewertung der Geschäftstätigkeit auszuarbeiten und vorzulegen, um sicherzustellen, dass nichts unternommen wurde, das mit der angestrebten wirtschaftlichen Diskontinuität nicht vereinbar wäre;

die Einrichtung von Verfahren verlangte, um

u. a. zu gewährleisten, dass keine rechtlichen Vereinbarungen zwischen der SEAH und Airport Handling über die Lieferung von Waren und beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerten sowie keine Verträge mit Fluggesellschaften und/oder Anbietern von Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Abfertigungsdiensten bestanden;

sicherzustellen, dass Airport Handling die erforderlichen Verfahren und Kontrollen einrichten würde, um auszuschließen, dass dem Unternehmen der SEA vorliegende geschäftliche Informationen unrechtmäßig zugutekämen, mit denen Airport Handling bei Beschaffungs- oder Wartungsverträgen mit Fluggesellschaften einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern erlangen könnte oder die für die Positionierung von Airport Handling auf dem Markt für Bodenabfertigungsdienste relevant wären;

die Bedeutung bestehender Funktionen durch die Integration von Leitungsfunktionen berücksichtigte, deren Wahrnehmung als unzureichend angesehen wurde (in erster Linie die Leitung der Bereiche Recht und Ressourcen);

die Leitung von Airport Handling änderte, indem dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats (der Mitglied des Trusts bzw. der eigentliche Treuhänder ist) umfassende Entscheidungsbefugnisse übertragen wurden;

den Generaldirektor (direttore generale) beurteilte und vorläufig bestätigte;

entschied, dass Airport Handling eine eigene Website erhalten sollte;

durch intensive Verhandlungen mit der SEA über eine gründliche Überprüfung von Dienstleistungsverträgen zwischen Airport Handling und der SEA sicherstellte, dass alle Dienstleistungen zu bestmöglichen Bedingungen angeboten wurden und dass Dienstleistungen ohne Strafzahlungen gekündigt werden könnten, wenn Airport Handling beschließen sollte, interne Strukturen oder einen anderen Ansatz und geeignetere Lieferanten zu nutzen;

Kunden, Lieferanten und die zuständige Behörde (ENAC) über Änderungen in der Kontrolle des Unternehmens informierte.

(180)

Außerdem traf der Treuhänder Maßnahmen, um eine wirtschaftliche Kontinuität auszuschließen. Insgesamt beinhalten diese Maßnahmen

die Auflistung von Geschäftstätigkeiten, die als relevant für die Gewährleistung der wirtschaftlichen Diskontinuität angesehen wurden;

die Bewertung und die Genehmigung dieser Geschäftstätigkeiten;

die Weitergabe von Informationen an den Verwaltungsrat;

die Verfahren zur Verwaltung, zur Aufschlüsselung und zur Speicherung von Informationen, die für den Ausschluss der wirtschaftlichen Kontinuität von Bedeutung sein könnten.

(181)

Nach Auskunft des Trusts wurden diese internen Verfahren in zwei Schulungen für das höhere und mittlere Management von Airport Handling erläutert.

5.1.8.   Zurechenbarkeit der Maßnahmen zum Staat

(182)

Nach Auskunft des Trusts haben die italienischen Behörden im Zeitraum Juni bis August 2014 keinen unmittelbaren Einfluss auf die SEA und ihre Entscheidung über die Investition in Airport Handling ausgeübt. Es habe nie direkte oder indirekte Anzeichen gegeben, die auch nur im Entferntesten Anlass zu Bedenken dahin gehend gegeben hätten, dass die Entscheidung über die Gründung und/oder Kapitalausstattung von Airport Handling von Italien beeinflusst worden wäre.

5.1.9.   Geschäftsplan von Airport Handling und Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers

(183)

Dem Trust zufolge besteht keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling; ein privater Kapitalgeber hätte daher erkannt, dass die Bewertung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 schwerlich aufrechtzuerhalten sein würde, und sich in seiner Entscheidung über die Investition in Airport Handling davon nicht beeinflussen lassen.

(184)

Der Trust erläuterte, dass der ursprünglich der Kommission vorgelegte Geschäftsplan von November 2013 anschließend weiter ausgearbeitet worden sei. Daher habe der Entscheidung über die Kapitalzuführung zur Airport Handling der Geschäftsplan vom August 2014 zugrunde gelegen, den der Verwaltungsrat von Airport Handling am 26. August 2014 genehmigt habe.

(185)

Nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust prüfte der Treuhänder die Glaubhaftigkeit des Geschäftsplans von Airport Handling. Dem Trust zufolge ließ der neu benannte Verwaltungsrat von Airport Handling zunächst untersuchen, ob der Geschäftsplan vom 6. August 2014 realistisch war; mit dieser Untersuchung wurde die Boston Consulting Group (im Folgenden „BCG“) beauftragt.

(186)

Die BCG berichtete Airport Handling am 14. Oktober 2014 über die Ergebnisse der Untersuchung. Sie war zu dem Schluss gelangt, dass das Ziel des Geschäftsplans (d. h. ein EBIT von EUR […] (*1) bei einer Gewinnspanne von […] (*1) % für das Jahr 2017) angemessen sei und dass die Abweichung weitgehend mit der durchschnittlichen Rentabilität anderer öffentlicher und privater europäischer Unternehmen in der Bodenabfertigungssparte übereinstimme bzw. nur leicht darunter liege. Außerdem bestätigte die BCG die Plausibilität des Geschäftsplans vom November 2013.

5.1.9.1.   Beabsichtigter Personalabbau und vorgesehene Effizienzgewinne

(187)

Dem Trust zufolge sollte Airport Handling durch […] (*1) größtmögliche Effizienz und Flexibilität erreichen. Nach dem Geschäftsplan vom 6. August 2014 sollten bei der Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter beschäftigt werden. Die Straffung von Koordinierungsstrukturen sowie neue leistungsfähige Ausrüstungen und Computersysteme zur Personalverwaltung sollten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ausscheidende Mitarbeiter von Airport Handling nicht ersetzt werden müssten.

5.1.9.2.   Effizienzgewinne in Verbindung mit von der Arbeitsorganisation abhängigen Faktoren

(188)

Nach Auffassung des Trusts wird eine weitere Effizienzsteigerung durch die folgenden Maßnahmen erzielt:

Optimierung des Anteils an befristeten Arbeitsverträgen und an Teilzeitverträgen: erwartete Effizienzsteigerung um etwa […] (*1) % bereits 2015; gemeinsam mit […] (*1) wurde für das Jahr 2017 eine nochmalige Steigerung um […] (*1) % erwartet;

bessere Beschreibung des Arbeitsprogramms: Die Arbeitsverträge von Airport Handling sehen […] (*1) vor als die Arbeitsverträge der SEAH. Dadurch kann die Anzahl der Mitarbeiter um […] (*1) % reduziert werden. Außerdem belief sich die tägliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten auf […] (*1); dadurch veränderte sich der Personalbedarf um […] (*1) %. Infolge des im Laufe des Jahres 2015 zu schließenden neuen Tarifvertrags wurde nochmals […] (*1) erwartet. Außerdem strebt Airport Handling eine bessere Nutzung seiner Ressourcen durch die Einführung von Instrumenten wie etwa Schichtarbeit und Verträge mit flexiblen Tages- und Wochenarbeitszeiten je nach dem tatsächlichen Bedarf an; dabei soll von den neuen Möglichkeiten der Tarifverträge auf nationaler Ebene Gebrauch gemacht werden. Diese Mechanismen werden Airport Handling Effizienzgewinne nochmals um mindestens […] (*1) % ermöglichen;

Anpassung der Organisationsstruktur zur Verbesserung der Ressourcenauslastung um […]  (*1): Bereits ab dem Jahr 2015 werden Effizienzgewinne infolge der saisonbezogenen Verbesserung der Matrizen entsprechend der Zunahme des Verkehrsaufkommens und aufgrund der neuen Verteilung der Urlaubszeiten auf neun Zeiträume erwartet, die […] (*1) zur Folge hat. Die betreffenden Einsparungen werden auf […] (*1) % geschätzt;

Optimierung der Kapazitätsauslastung der Belegschaft: Die schrittweise Nutzung von […] (*1) wird eine Steigerung der Produktivität um 0,5 % ermöglichen. Der Personalabbau für […] (*1), der teilweise bereits vorgenommen wurde ([…] (*1)) und im Jahr 2015 teilweise noch nicht abgeschlossen war ([…] (*1)), wird ebenfalls Effizienzgewinne mit sich bringen;

Größenvorteile infolge der Zunahme des Verkehrsaufkommens: Das höhere Verkehrsaufkommen bei Bestandskunden und die Gewinnung weiterer Fluggesellschaften (selbst von Gesellschaften, die nicht zu Spitzenzeiten fliegen) werden zu einer besseren Personalauslastung führen, die wiederum im Jahr 2017 Produktivitätssteigerungen um […] (*1) % zur Folge haben wird;

strukturelle Anpassungen der Branchenprozesse: Nach Auskunft des Trusts sollte die Effizienz durch folgende Maßnahmen verbessert werden: bessere Arbeitsplanung, Investitionen in technische Lösungen zur Ermöglichung einer teilweisen oder vollständigen Automatisierung bestimmter Tätigkeiten und Koppelung der Personalausgaben an die Geschäftsentwicklung. Hinsichtlich der Arbeitsplanung erklärte der Trust, dass Airport Handling Investitionen in neue IT-Systeme zur Personalverwaltung und zur Schichtplanung vorgesehen hatte, die eine rationellere Nutzung von Ressourcen und eine Effizienzsteigerung um […] (*1) % ermöglichen sollten. Außerdem habe Airport Handling mit der Beschaffung neuer Ausrüstungen mit modernen Geo-Lokalisierungssystemen begonnen. Effizienzgewinne durch eine bessere Personalauslastung werden auf […] (*1) % veranschlagt.

(189)

Der Trust ist der Auffassung, die Kommission könne anhand der von Airport Handling in den ersten Monaten seiner Geschäftstätigkeit erzielten Ergebnisse ex post feststellen, dass die Annahmen des Geschäftsplans realistisch waren. Der Trust verwies auf die Ergebnisse der ersten vier Monate der Geschäftstätigkeit mit einem EBIT von […] (*1) bzw. von […] (*1) EUR […] (*1) gegenüber […] (*1) bzw. […] (*1) EUR […] (*1) in den Prognosen des Geschäftsplans vom 6. August 2014. Diese positive Entwicklung ergab sich aufgrund des folgenden Einnahmen-Kosten-Verhältnisses: Einnahmen […] (*1) ([…] (*1) EUR) gegenüber Kosten […] (*1) ([…] (*1) EUR).

5.2.   Stellungnahmen der (in Liquidation befindlichen) SEAH

5.2.1.   Vermögenswerte der SEAH

(190)

Nach Auskunft der SEAH belief sich der Buchwert der Bodenabfertigungsausrüstung vor der Einleitung der Liquidation der SEAH auf […] (*1) EUR. Das durchschnittliche Alter der Vermögenswerte betrug […] (*1). Von den etwa […] (*1) Bestandteilen mit höherem Wert […] (*1) (außer […] (*1)) waren nur […] (*1) nach dem 31. Dezember 2006 erworben worden.

(191)

Als das Verfahren zur Liquidation der SEAH eingeleitet wurde, bestanden die einzigen sonstigen Vermögenswerte des Unternehmens im Betriebskapital für die am 1. September 2014 eingestellte Geschäftstätigkeit. Darüber hinaus gab es einige […] (*1). Diese Positionen waren inzwischen aufgelöst worden. Der SEAH zufolge kann der Insolvenzverwalter im Hinblick auf eine Finanzierung der Liquidationskosten und sonstiger verbleibender Verbindlichkeiten daher nur mit den Erlösen rechnen, die durch eine Veräußerung der Bodenabfertigungsausrüstung zu erzielen sind.

5.2.2.   Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH

(192)

Eine der Hauptaufgaben des Insolvenzverwalters bestand in der Durchführung der offenen, öffentlichen und nichtdiskriminierenden Ausschreibung für die Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH, die bereits vor Einleitung des Verfahrens zur Liquidation des Unternehmens initiiert worden war.

(193)

Der SEAH zufolge wurden die Vermögenswerte in neun Paketen zusammengefasst, die einander ergänzende und funktionell unabhängig nutzbare Vermögenswerte von unterschiedlichem Wert beinhalteten. Ziel war die Gewährleistung einer möglichst umfassenden Beteiligung an der Ausschreibung. Die Veräußerung der Vermögenswerte in Paketen sollte den Anforderungen des Markts entgegenkommen, die aufgrund der Tätigkeit größer Abfertigungsgesellschaften an italienischen Flughäfen ermittelt worden waren. Verfügbaren Informationen zufolge wurde das Veräußerungsverfahren auf Abfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller von Ausrüstungen in der Art der zu veräußernden Ausrüstungen, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften beschränkt. Allerdings wurden bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit gestellt; insbesondere wurden i) ein Umsatz von mindestens 1 Mio. EUR pro Paket der Vermögenswerte, für die ein Gebot abgegeben werden sollte, ii) ein Nettovermögen von mindestens 1 Mio. EUR bzw. von 2 Mio. EUR bei Interessenten, die ein Gebot für mehr als ein Paket abgeben wollten, und iii) ein Verhältnis der Verbindlichkeiten zum Gesamtvermögen von höchstens 3:1 gefordert. In der Ausschreibung waren mit Ausnahme der oben erläuterten verpflichtenden Anforderungen keine Auswahlkriterien vorgesehen.

(194)

Die SEAH weist darauf hin, dass kein potenzieller Bieter Interesse am Erwerb dieser Vermögenswerte zum Ausdruck gebracht habe. Anfragen nach weiteren Informationen seien nur unabhängig von dem Verfahren von Parteien gekommen, die sich nur für den Erwerb bestimmter Vermögenswerte interessiert, jedoch erheblich niedrigere Preise geboten hätten als von den unabhängigen Sachverständigen ermittelt. Außerdem erklärte die SEAH, Airport Handling habe Interesse am Erwerb der in Rede stehenden Vermögenswerte geäußert, aber kein Gebot übermittelt. Die Kommission stellt fest, dass die italienischen Behörden bereits am 27. November 2013, als sie die Kommission zum Plan der SEA zur Liquidation der SEAH und zur Gründung und zur Kapitalausstattung von Airport Handling konsultierten, erklärten, dass sie sich an dem Veräußerungsverfahren nicht beteiligen und in diesem Verfahren daher auch kein Angebot vorlegen würden.

(195)

Nach dem erfolglosen Versuch der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH wandte der Insolvenzverwalter sich an die wichtigsten Marktteilnehmer der Branche, um die Möglichkeit einer Veräußerung dieser Vermögenswerte und die möglichen Verkaufsbedingungen zu erörtern.

5.2.3.   Bewertung der Vermögenswerte

(196)

Die SEAH erinnerte daran, dass der Verwaltungsrat der SEAH vor der Einleitung der Liquidation des Unternehmens die IMQ als unabhängigen Sachverständigen mit der Bewertung der Vermögenswerte beauftragt hatte. In der am 25. Juni 2014 vorgelegten Bewertung wurde eine Leasinggebühr von […] (*1) EUR pro Jahr als marktüblicher Wert empfohlen. Am 1. September 2014 beauftragte die SEAH E&Y mit einer zweiten Bewertung der Vermögenswerte. Die Beauftragung von E&Y erfolgte auf Ersuchen des Treuhänders gemeinsam durch die SEAH und den Treuhänder. E&Y schlug eine Leasinggebühr von 1,4 Mio. EUR pro Jahr vor.

(197)

Die SEAH ergänzte, dass Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH zurzeit nach Maßgabe eines Leasingvertrags nutzt und für die Instandhaltung der Vermögenswerte (geschätzte Kosten der Instandhaltung: […] (*1) EUR pro Jahr) verantwortlich ist.

5.2.4.   Leasingvertrag

(198)

Der SEAH zufolge führten die Parteien ohne Beteiligung der SEA vor Abschluss des Leasingvertrags intensive Verhandlungen über den Vertrag. Der Abschluss des Leasingvertrags sei eine verpflichtende Bedingung für die Erhaltung des Wertes der Vermögenswerte im Hinblick auf die vorgesehene Veräußerung gewesen. Ohne den Leasingvertrag mit Airport Handling hätte die SEAH die Ausrüstung vom Flughafengelände abtransportieren müssen; dadurch wären der SEAH erhebliche Transport- und Instandhaltungskosten entstanden.

(199)

Da der Leasingvertrag am 31. August 2015 auslaufen sollte, habe der Insolvenzverwalter Möglichkeiten einer Veräußerung der Vermögenswerte geprüft. Durch eine Veräußerung der Vermögenswerte an Airport Handling nach Ausräumung der Bedenken der Kommission hinsichtlich der wirtschaftlichen Kontinuität hätte die SEAH die Vermögenswerte im Liquidationsverfahren bestmöglich verwerten können.

5.3.   Stellungnahmen der SEA

5.3.1.   Wirtschaftliche Kontinuität

(200)

Nach Auffassung der SEA unterscheiden sich die Gegebenheiten in der im Einleitungsbeschluss von 2014 zitierten Rechtsprechung recht erheblich von den Gegebenheiten in dieser Sache.

(201)

Erstens beziehe sich die Rechtsprechung ausschließlich auf Fälle, bei denen Vermögenswerte vom Begünstigten der Beihilfe auf ein neu gegründetes Unternehmen übertragen wurden. Die Rechtsprechung betreffe im Wesentlichen Fälle, in denen das Unternehmen, das eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe erhalten hatte und zur Rückzahlung der erhaltenen Vergünstigung nicht in der Lage war, ein neues Unternehmen gegründet hatte, auf das die Geschäftstätigkeit des erstgenannten Unternehmens teilweise übertragen wurde. Zweitens habe die Übertragung zwischen dem Begünstigten und dem neuen Unternehmen in allen von der Kommission zitierten Fällen Vermögenswerte von erheblichem Wert (Tätigkeiten, Anlagen, Waren, Immobilien, Marken, Rechte des geistigen Eigentums) betroffen.

(202)

Der SEA zufolge führen die Gegebenheiten in dieser Sache zu dem Schluss, dass der Wettbewerbsvorteil, den die SEAH durch die mutmaßliche Beihilfe erlangt hatte, nicht auf Airport Handling überging, da Airport Handling keine Vermögenswerte von der SEAH übernommen habe. Vielmehr sei der mutmaßliche Wettbewerbsvorteil, der der SEAH gewährt worden wäre, mit der Liquidation des Unternehmens hinfällig geworden und hätte daher nicht übertragen werden können.

(203)

Im Rückforderungsbeschluss von 2012 sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass der der SEAH gewährte mutmaßliche Wettbewerbsvorteil den Verlusten des Unternehmens entsprach, die in erster Linie auf die hohen Personalkosten zurückzuführen waren. Die Personalkosten hätten wesentliche Auswirkungen auf die Kostenstruktur von Bodenabfertigungsgesellschaften und beliefen sich auf 65-80 % der Gesamtkosten; anders als die von der Kommission zitierten Fälle betreffe dieser Fall aber weder die Übertragung von Beteiligungen oder Vermögenswerten, die zur Ausübung (bzw. eher zur Aufrechterhaltung) der Tätigkeit der SEAH benötigt worden wären, noch eine Tätigkeit, deren Ziel im Schutz der Vermögenswerte des Begünstigten und damit der Umgehung des Rückforderungsbeschlusses bestehe.

(204)

Da der durch die mutmaßliche staatliche Beihilfe erlangte Vorteil für die SEAH zur Deckung der Verluste infolge überhöhter Arbeitskosten genutzt worden sei, ist die SEA der Auffassung, dass dieser Vorteil mit der Liquidation des Unternehmens und der Entlassung der Arbeitnehmer ohnehin hinfällig geworden sei. Dass frühere Mitarbeiter der SEAH später von Airport Handling zu formell und inhaltlich anderen Bedingungen wieder eingestellt worden seien, ändere nichts an dieser Schlussfolgerung.

(205)

Selbst wenn akzeptiert werde, dass das Fehlen einer Übertragung von Vermögenswerten von der SEAH auf Airport Handling nicht hinreichend sei, um eine wirtschaftliche Kontinuität auszuschließen, könne angesichts der gesamten Umstände der Transaktion, die der Gründung von Airport Handling zugrunde gelegen habe, allerdings auch nicht festgestellt werden, dass mit dieser Transaktion der Rückforderungsbeschluss umgangen werden sollte.

(206)

Der SEA zufolge beruhte die Entscheidung zur Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft zu Marktbedingungen und im Wettbewerb mit anderen Dienstleistern auf wirtschaftlichen Erwägungen und war durch ein Managementmodell zur Herstellung der mittel- bis langfristigen Rentabilität gerechtfertigt, das sich erheblich von dem der früheren Abfertigungsgesellschaft (SEAH) ([…] (*1)) unterschieden habe.

(207)

Die Ankündigung der SEAH, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit an den Mailänder Flughäfen einstellen werde, und die Einleitung der Liquidation des Unternehmens hätten auf dem Markt eine Wettbewerbssituation bewirkt, in der die an den Mailänder Flughafen tätigen Fluggesellschaften die Bodenabfertigungsgesellschaften anhand der von den einzelnen Anbietern übermittelten Angebote hätten auswählen können.

(208)

Infolge dieses Wettbewerbsprozesses habe Airport Handling Verträge mit Fluggesellschaften vollständig unabhängig von der SEA geschlossen. Einige Fluggesellschaften — frühere Kunden der SEAH — hätten entschieden, die Dienste von Airport Handling nicht mehr in Anspruch zu nehmen; allerdings habe Airport Handling Verträge auch mit Fluggesellschaften geschlossen, für die die SEAH zuvor nicht tätig war.

(209)

Da die SEA seit der Übertragung der Beteiligung an den Treuhandfonds keine Leitungs- und Verwaltungsbefugnis mehr über Airport Handling besitze, gehöre Airport Handling nach den Richtlinien 78/660/EWG des Rates (18) und 83/349/EWG des Rates (19) über Jahresabschlüsse und über konsolidierte Abschlüsse, umgesetzt in italienisches Recht mit dem Gesetzesdekret (Decreto Legislativo) Nr. 127 vom 9. April 1991, buchhaltungstechnisch nicht mehr zur SEA-Gruppe.

(210)

Um eine schnellere Beteiligung Dritter am Gesellschaftskapital von Airport Handling zu bewirken, unterzeichneten die SEA und der Treuhänder am 26. Januar 2015 eine Durchführungsvereinbarung nach Artikel 20 der Treuhandurkunde; mit dieser Vereinbarung sollte der Treuhänder beauftragt werden, sich um dritte Kapitalgeber zu bemühen. Der Treuhänder und die SEA beschlossen, BNP Paribas als unabhängigen Berater mit dieser Aufgabe zu betrauen.

(211)

BNP Paribas unterstützte Airport Handling bei der Vorbereitung des Angebots zur Veräußerung der Beteiligungen, stellte Kontakte mit mehreren potenziell an einer Beteiligung interessierten Kapitalgebern her und führte Zusammenkünfte mit potenziellen Kapitalgebern durch.

(212)

Nach Auskunft der SEA hat ein privater Kapitalgeber eine Beteiligung im Umfang von mindestens 30 % an Airport Handling erworben, und die SEA zieht in Erwägung, sich um weitere Kapitalgeber zu bemühen, die an einer Übernahme der Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen interessiert sein könnten.

5.3.2.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

(213)

Der SEA zufolge ist die Tatsache, dass die SEA ein öffentliches Unternehmen ist, nicht hinreichend für die Feststellung, dass die Ressourcen des Unternehmens als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten sind. Seit der Gründung des Trusts unterliegen die finanziellen Mittel von Airport Handling zudem nicht mehr der Kontrolle durch die SEA; daher könne nicht behauptet werden, dass dies staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV seien.

(214)

In diesem Zusammenhang trägt die SEA auch Folgendes vor:

Eine erste Kapitalerhöhung im Umfang von 3,7 Mio. EUR sei am 27. August 2014 von der Aktionärsversammlung von Airport Handling genehmigt worden. Am selben Tag sei die gesamte Beteiligung der SEA an der SEAH auf den Trust übertragen worden. An diesem Tag sei der Treuhänder für alle rechtlichen Belange der einzige Anteilseigner von Airport Handling geworden;

ebenfalls an diesem Tag habe der Treuhänder als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling 20 000 SFP im Wert von insgesamt 20 Mio. EUR emittiert. Die SFP seien am 28. August 2014 von der SEA gezeichnet und in vollem Umfang eingezahlt worden.

(215)

Die SEA betont, dass die finanziellen Ressourcen von Airport Handling nach Übertragung der Ressourcen jederzeit der Kontrolle durch den Treuhänder als dem einzigen Anteilseigner von Airport Handling unterstanden hätten.

(216)

Dies zeige, dass der öffentliche Anteilseigner der SEA (die Stadt Mailand) weder direkt noch indirekt Einfluss auf die Verwendung von Finanzinstrumenten im Zusammenhang mit Airport Handling ausüben könne und dass diese Ressourcen der alleinigen Kontrolle durch den Treuhänder unterliegen würden, solange der Trust bestehe. In jedem Fall habe die SEA infolge der Gründung des Trusts ihre Befugnis zur Benennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Airport Handling verloren.

5.4.   Stellungnahmen von Beteiligten

(217)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen eines Beteiligten ein, der bat, weder seine Identität noch seine Stellungnahmen gegenüber Dritten offenzulegen.

6.   BEMERKUNGEN ITALIENS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(218)

Italien äußerte sich zu den im Rahmen der Prüfung übermittelten Stellungnahmen des Trusts und der SEA.

(219)

Es schloss sich uneingeschränkt den Stellungnahmen der oben genannten Beteiligten an und betonte, die Stellungnahmen zeigten zum einen, dass die italienischen Behörden keinerlei Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und die Entscheidung der SEA zur Investition in Airport Handling genommen hätten, und machten zum anderen deutlich, dass Airport Handling die wirtschaftliche Tätigkeit der SEAH nicht fortsetze.

7.   WÜRDIGUNG

(220)

In dieser Sache musste die Kommission zwei getrennte Sachverhalte bewerten: Erstens den möglichen Übergang der aus dem Rückzahlungsbeschluss erwachsenden Rückzahlungsverpflichtung von der SEA Handling auf Airport Handling, und zweitens die etwaige inhärent mit der durch die SEA gewährten Kapitalzuführung von 25 Mio. EUR für Airport Handling verbundene Beihilfe.

7.1.   Wirtschaftliche Kontinuität und Übertragung der Rückzahlungspflicht

(221)

Nach der Rechtsprechung muss eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von dem Unternehmen zurückgefordert werden, das den tatsächlichen Nutzen davon hatte (20).

(222)

Bei insolventen Begünstigten einer staatlichen Beihilfe kann die Rückzahlungsverpflichtung durch die Eintragung der Forderung nach Rückerstattung der fraglichen Beihilfen in die Forderungstabelle nur dann erfüllt werden, wenn der Begünstigte aus dem Markt ausscheidet (21). Diesbezüglich stellte der Gerichtshof fest: „Befindet sich das Unternehmen, dem die rechtswidrigen Beihilfen zugutegekommen sind, in Konkurs und ist eine Gesellschaft gegründet worden, um einen Teil der Tätigkeiten dieses in Konkurs gefallenen Unternehmens fortzusetzen, kann die Fortsetzung dieser Tätigkeit, ohne dass die betreffenden Beihilfen vollständig zurückerlangt wurden, die Wettbewerbsverzerrung fortdauern lassen, die durch den Wettbewerbsvorteil verursacht worden ist, den diese Gesellschaft auf dem Markt gegenüber ihren Mitbewerbern besaß. Somit kann eine derartige neu gegründete Gesellschaft, wenn dieser Vorteil zu ihren Gunsten fortbesteht, zur Rückerstattung der fraglichen Beihilfen verpflichtet sein. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn erwiesen ist, dass dieser Gesellschaft der tatsächliche Nutzen des mit dem Erhalt dieser Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt, vor allem wenn sie die Vermögensgegenstände der Gesellschaft in Liquidation erwirbt, ohne dafür einen den Marktbedingungen entsprechenden Preis zu zahlen, oder wenn erwiesen ist, dass mit der Gründung einer derartigen Gesellschaft die Pflicht zur Rückerstattung der Beihilfen umgangen wurde.“ (22)

(223)

Im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögenswerten von einem Begünstigten auf ein anderes Unternehmen, das dessen frühere Tätigkeiten fortsetzt, hat der Gerichtshof bestätigt, dass die folgenden Faktoren bei der Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität der beiden Unternehmen berücksichtigt werden können  (23): der Umfang der Übertragung (Aktiva und Passiva, Übernahme der Belegschaft, gebündelte Vermögenswerte usw.), der Übertragungspreis, die Identität der Anteilseigner oder Eigentümer des erwerbenden Unternehmens und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt, zu dem die Übertragung stattfindet (nach Beginn der Untersuchung, nach der Verfahrenseinleitung oder nach dem abschließenden Beschluss) und schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion.

(224)

Nach der Rechtsprechung können die genannten Faktoren je nach den besonderen Gegebenheiten in dieser Sache in unterschiedlichem Umfang berücksichtigt werden (24). Dass die Kommission nicht verpflichtet ist, alle genannten Faktoren einzubeziehen, ergibt sich aus der Formulierung „berücksichtigt werden können (25).

(225)

Um festzustellen, ob eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling besteht und ob das letztgenannte Unternehmen für die Rückzahlung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe haftbar gemacht werden kann, die dem erstgenannten Unternehmen gewährt wurde, berücksichtigte die Kommission die genannten Indikatoren angesichts der besonderen Gegebenheiten in dieser Sache.

7.1.1.   Umfang der Übertragung

7.1.1.1.   Übertragung von Mitarbeitern und Arbeitsverträgen

(226)

Nach der Einleitung des Verfahrens zur Liquidation der SEAH wurden viele der früheren Arbeitnehmer der SEAH von Airport Handling wieder eingestellt; diese Arbeitnehmer bildeten anfänglich die Mehrheit der Belegschaft von Airport Handling. Daher muss analysiert werden, ob dies nicht als Anzeichen für eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses zu betrachten ist. Dazu sollte geprüft werden, ob der Prozess, der zu diesem Ergebnis geführt hatte, nicht als Übertragung von Mitarbeitern der SEAH auf Airport Handling unter Beibehaltung der wesentlichen Beschäftigungsbedingungen anzusehen ist. Dies ist umso bedeutsamer, als die Mitarbeiter die wichtigste Ressource für die Tätigkeit von Bodenabfertigungsgesellschaften darstellen (26).

(227)

Italien ist der Auffassung, dass hinsichtlich der Übernahme der Belegschaft keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling bestehe, da die Arbeitsverträge von der SEAH gekündigt und die Arbeitnehmer von Airport Handling mit neuen Verträgen zu deutlich anderen Bedingungen eingestellt worden seien. Airport Handling und die SEA schlossen sich dieser Aufforderung an.

(228)

Italien zufolge ist die von der SEA, der SEAH und den Gewerkschaften am 4. November 2013 unterzeichnete Vereinbarung nicht dahin auszulegen, dass sie früheren Beschäftigten der SEAH die Aufrechterhaltung der Rechte garantiert hätte, die ihnen nach den früheren Verträgen mit den SEAH zustanden. Diese Vereinbarung sei ein im Wesentlichen programmatisches Dokument, das später durch die Vereinbarungen vom 4. Juni 2014 ersetzt worden sei. Aus dem Wortlaut dieser Vereinbarungen sei ersichtlich, dass den ehemaligen Beschäftigten der SEAH die früheren Rechte nicht mehr garantiert wurden, und dass sie von Airport Handling zu neuen Bedingungen wieder eingestellt wurden.

(229)

Aufgrund der im förmlichen Prüfverfahren ermittelten Informationen bewertete die Kommission i) den Prozess der Wiedereinstellung eines beträchtlichen Anteils der Belegschaft der SEAH durch Airport Handling und ii) die Vereinbarungen mit den Gewerkschaften über die Wiedereinstellung von Mitarbeitern der SEAH.

(230)

Hinsichtlich der Vorgehensweise ist erstens festzustellen, dass de jure keine Übertragung der Arbeitsverträge der SEAH auf Airport Handling erfolgte. Die Verträge mit der SEAH wurden rechtswirksam gekündigt, und mit Airport Handling wurden neue Verträge geschlossen. Zudem wurden die Arbeitsverträge weder automatisch noch allgemein von der SEAH auf Airport Handling übertragen. Tatsächlich erfolgte keinerlei Übertragung von Arbeitsverträgen. Vielmehr kündigte das erstgenannte Unternehmen die Arbeitsverträge, bevor Airport Handling einen Teil der Belegschaft zu geänderten Bedingungen wieder einstellte.

(231)

Zweitens ist bezüglich des Umfangs der Übertragung Folgendes festzuhalten: Am 22. April 2014, als die SEAH das Mobilitätsprogramm für entlassene Arbeitnehmer initiierte, belief sich der Personalbestand auf […] (*1) Mitarbeiter ([…] (*1) VZÄ). Den vorliegenden Daten zufolge hatte Airport Handling am 31. Mai 2015, d. h. neun Monate nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit, […] (*1) Mitarbeiter; davon waren […] (*1) früher bei der SEAH beschäftigt. Somit hatte Airport Handling bis zu diesem Zeitpunkt etwa […] (*1) % der früheren Belegschaft der SEAH übernommen. Insoweit war die Übertragung nicht auch nur annähernd abgeschlossen. Allerdings ist auch festzustellen, dass die Belegschaft von Airport Handling, zumindest in der anfänglichen Phase nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Airport Handling, nahezu ausschließlich aus früheren Beschäftigten der SEAH bestand.

(232)

Hinsichtlich der wesentlichen Bedingungen der Wiedereinstellungen ist die Kommission drittens zu dem Schluss gelangt, dass die von Airport Handling unterzeichneten Verträge mit früheren Mitarbeitern der SEAH sich sowohl formell als auch inhaltlich von den früheren Verträgen mit der SEAH unterschieden und dass insbesondere in den folgenden Punkten unterschiedliche Bedingungen bestanden:

Für Mitarbeiter von Airport Handling galt ein […] (*1).

Airport Handling wendet die zur Ergänzung des nationalen Tarifvertrags vorgesehene […] (*1) nicht an.

Zu den inhaltlichen Änderungen der Beschäftigungsbedingungen zählen:

[…] (*1);

[…] (*1), die die SEAH ihren Mitarbeitern gewährte;

die Arbeitsorganisation, z. B. […] (*1).

Eine messbare Auswirkung der genannten Veränderungen ist die Verringerung der Arbeitskosten um etwa […] (*1) % gegenüber den Arbeitskosten der SEAH; diese Verringerung ist auf Änderungen zum einen des geltenden nationalen Tarifvertrags und zum anderen der ergänzenden betrieblichen Tarifvereinbarung zurückzuführen; die Bedeutung der Bedingungen der betrieblichen Tarifvereinbarung für die Arbeitskosten hat um 50 % abgenommen.

(233)

Und schließlich deuten auch die Umstände, unter denen die Parteien im Zusammenhang mit dieser Sache die Beschäftigungsbedingungen aushandelten und schließlich vereinbarten, darauf hin, dass die Beschäftigungsbedingungen erheblich geändert wurden. Die SEA, die SEAH und Airport Handling verhandelten getrennt mit den Gewerkschaften und erzielten unterschiedliche Vereinbarungen mit den Gewerkschaften. Airport Handling und die Gewerkschaften brauchten mehr als acht Monate, um sich über die Bedingungen des Einstellungsverfahrens, die rechtlichen und finanziellen Bedingungen der Arbeitsverträge, den Sozialschutz und die Arbeitsorganisation zu verständigen. Nach Auskunft des Trusts haben die Beschäftigten der SEAH anfänglich die Änderungen abgelehnt, denen ihre Gewerkschaften mit der Vereinbarung vom Juni 2014 zugestimmt hatten. Die Änderungen wurden von den Arbeitnehmern in einer Abstimmung zurückgewiesen. Nach den vom Trust vorgelegten Unterlagen stimmten die Gewerkschaften erst dann den neuen Beschäftigungsbedingungen zu, als Airport Handling sich zu bestimmten Klarstellungen in der genannten Vereinbarung bereit erklärt hatte. Die Kommission stellt fest, dass Airport Handling getrennte Verhandlungen mit den Gewerkschaften geführt hat und dass es dem Unternehmen ungeachtet der anfänglichen Ablehnung gelungen ist, die oben erläuterten Änderungen durchzusetzen. Wie in Erwägungsgrund 38 erläutert, wurde die Vereinbarung vom 4. Juni 2014 zwischen Airport Handling und den Gewerkschaften auch dann nicht mehr erheblich geändert, als die Vereinbarung von den Gewerkschaften in einer Abstimmung abgelehnt worden war, in der die Gewerkschaften auf einigen Klarstellungen in der Vereinbarung bestanden hatten.

(234)

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass die Belegschaft tatsächlich weder vollständig übertragen wurde noch dass die Beschäftigungsbedingungen der Verträge mit der SEAH in wesentlichen Teilen beibehalten worden wären.

(235)

Diese Feststellung wird durch die belegschaftsbezogenen Vereinbarungen zwischen der SEA, der SEAH und Airport Handling mit den Gewerkschaften nicht berührt. Die Zielsetzung der Vereinbarungen lässt weder darauf schließen, dass die Belegschaft der SEAH vollständig von Airport Handling übernommen werden sollte, noch dass eine Beibehaltung der Bedingungen der Arbeitsverträge der SEAH beabsichtigt war. Insbesondere stellt die Kommission fest, dass dem ursprünglichen Schlichtungsentwurf vom 4. November 2013 zwischen der SEA und den Gewerkschaften zufolge eine künftige Durchführungsvereinbarung vom Ziel des Erhalts der Arbeitsplätze der gesamten Belegschaft der SEAH geleitet sein sollte (27). In dieser Vereinbarung werden einige Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels genannt; diese Maßnahmen bestanden im Wesentlichen in Mechanismen im Rahmen der geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Vorschriften etwa im Hinblick auf den Sozialschutz und auf Regelungen zum freiwilligen Ausscheiden von Arbeitnehmern, die auch in der SEA-Gruppe angewendet werden sollten, sowie aus Versetzungen innerhalb der Gruppe. Die Vereinbarung sah somit tatsächlich vor, dass innerhalb der SEA-Gruppe insgesamt (28) und nicht nur bei Airport Handling neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollten und dass dies nur eine von mehreren Maßnahmen sein sollte. Diese Vereinbarungen wurden zudem nicht mit Airport Handling geschlossen, das seinerseits getrennte Vereinbarungen mit den Mitarbeitern traf. Insoweit war die Anzahl der Arbeitsplätze, die auf Airport Handling verlagert werden sollten, von den Parteien nicht im Vorfeld festgelegt worden, sondern wurde erst nach dem Abschluss der Verträge mit den Fluggesellschaften aufgrund des Personalbedarfs des Unternehmens ermittelt.

(236)

Die Kommission stellt ferner fest, dass es keine Belege dafür gibt, dass Airport Handling durch öffentliche Stellen oder durch die SEA als Muttergesellschaft des Unternehmens verpflichtet gewesen wäre, frühere Mitarbeiter der SEAH zu beschäftigen.

(237)

Hinsichtlich des Umfangs der Übertragung der Belegschaft ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Umstände dem ersten Anschein nach für eine ausgeprägte wirtschaftliche Kontinuität infolge der Wiedereinstellung eines erheblichen Teils der Belegschaft der SEAH durch Airport Handling sprechen. Allerdings sind die konkreten Gegebenheiten der Wiedereinstellungen zu berücksichtigen, insbesondere die Kündigung aller Verträge und der Abschluss neuer Verträge mit neuen Vertragsbedingungen. Daher stellt die Kommission fest, dass die Übertragung von Mitarbeitern nicht als starkes Indiz für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEA und Airport Handling zu betrachten ist.

7.1.1.2.   Verträge mit Fluggesellschaften

(238)

In ihrem Einleitungsbeschluss von 2014 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die prognostizierten Marktanteile von Airport Handling in den ersten sechs Monaten seiner Geschäftstätigkeit nur deshalb als realistisch angesehen werden konnten, weil Geschäftstätigkeiten übertragen wurden, die zuvor von der SEAH ausgeführt worden waren.

(239)

Im Laufe des Prüfverfahrens erklärten Italien, die SEA und Airport Handling, dass diese Prognosen auf dem Geschäftsplan von Airport Handling von August 2014 beruhten. Die prognostizierte Entwicklung sollte durch eine erhebliche Senkung der Betriebskosten, durch Steigerungen der Arbeitseffizienz und durch Personalabbau erreicht werden.

(240)

Außerdem wurden die Verträge mit den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften neu verhandelt. Italien zufolge konnten diese Verträge nicht rechtswirksam von der SEAH auf Airport Handling übertragen werden. Sie mussten im Wettbewerb mit den anderen an den Mailänder Flughäfen tätigen Dienstleistern neu verhandelt werden.

(241)

Wie in den Erwägungsgründen 133 und 208 erläutert, hat Airport Handling einen anderen Kundenstamm als die SEAH. Als die SEAH aus dem Markt ausschied, entschieden sich einige ihrer Kunden, andere Anbieter als Airport Handling mit den benötigten Bodenabfertigungsdiensten zu beauftragen. Allerdings gelang es Airport Handling auch, Kunden zu gewinnen, für die die SEAH zuvor nicht tätig war.

(242)

Als weiteren Beleg dafür, dass die von Airport Handling mit den Fluggesellschaften geschlossenen Verträge nicht nur neu ausgehandelt worden waren, sondern auch in wesentlichen Punkten andere Vertragsbedingungen beinhalteten, legte Italien Informationen vor, nach denen bestimmten Fluggesellschaften, für die zuvor die SEAH tätig war (beispielsweise […] (*1)), bei Airport Handling erheblich günstigere Konditionen durchsetzen konnten als bei der SEAH. Im Laufe der Verhandlungen mit Airport Handling verlangte […] (*1) beispielsweise, dass […] (*1). Daher wurde […] (*1) ein […] (*1) gewährt (29).

(243)

Im Laufe des Prüfverfahrens erläuterte Italien, dass an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften von der SEA Rabatte auf Flughafengebühren unabhängig davon gewährt worden seien, ob sie mit Airport Handling Verträge über Bodenabfertigungsdienste schlossen. Während der Prüfung eingegangenen Stellungnahmen zufolge gibt es keine Beweisunterlagen dafür, dass die SEA Verhaltensweisen gezeigt hätte, mit denen an den Mailänder Flughäfen tätige Fluggesellschaften zum Abschluss neuer Verträge über Bodenabfertigungsdienste mit Airport Handling hätten bewegt werden sollen.

(244)

Im Einleitungsbeschluss von 2014 brachte die Kommission Zweifel daran zum Ausdruck, dass Verträge mit den Fluggesellschaften tatsächlich neu ausgehandelt würden. In diesem Zusammenhang verwies die Kommission auf ihr vorliegende Informationen, die darauf hindeuten, dass SEA und Airport Handling schon vor Ablauf dieser Verträge gemeinsam Vermarktungsmaßnahmen ergriffen hatten, um den an dem Flughafen tätigen Fluggesellschaften zu versichern, dass SEA das Bodenabfertigungsgeschäft weiterführen werde. Im förmlichen Prüfverfahren wurden jedoch keine Beweismittel dafür gefunden, dass die SEA und Airport Handling durch gemeinsame Vermarktungsmaßnahmen einen bloßen Austausch eines Auftragnehmers organisiert hätten, ohne den Fluggesellschaften als Auftraggebern Raum für eine Neuverhandlung der Vertragsbedingungen zu gewähren. Insbesondere hat die Kommission keine Belege dafür gefunden, dass die SEA oder Airport Handling in der Lage gewesen wären, Bemühungen früherer Kunden der SEAH um günstigere Bedingungen bei anderen Bodenabfertigungsgesellschaften wirksam zu vereiteln.

(245)

Die Kommission hat geprüft, ob sich Airport Handling bei der Vorbereitung seines Markteintritts de facto in der Lage eines neuen Marktteilnehmers befand oder eher unter Nutzung der Marktposition und von Kundenkontakten der SEAH die Kontinuität der Geschäftstätigkeit sicherstellte. Wenn die Kunden der SEAH infolge des Ausscheidens der Gesellschaft aus dem Markt keine Möglichkeit gehabt haben sollten, neue Verträge mit anderen Bodenabfertigungsgesellschaften als Airport Handling auszuhandeln, hätte dies unter den besonderen Umständen in dieser Sache auf eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses dadurch hindeuten können, dass Kunden von der SEAH auf Airport Handling übertragen wurden.

(246)

In dieser Hinsicht sind die folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung: Im Geschäftsplan von Airport Handling wurden alternative Szenarien mit niedrigeren Marktanteilen nicht berücksichtigt. Dies hätte ein Anzeichen dafür sein können, dass Airport Handling mit verhältnismäßig hoher Wahrscheinlichkeit davon ausging, den Kundenstamm der SEAH übernehmen und sich somit die frühere Marktposition und die Kundenkontakte der SEAH zunutze machen zu können, um Kunden zu gewinnen und entsprechende Verträge abzuschließen, ohne sich dabei im Wettbewerb mit anderen Bodenabfertigungsgesellschaften behaupten zu müssen.

(247)

Bestimmte formelle und inhaltliche Faktoren zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall war.

(248)

Hinsichtlich der Form der Übertragung ist zunächst festzustellen, dass keine Dienstleistungsverträge rechtswirksam von der SEAH auf Airport Handling übertragen wurden. Daher konnten die Fluggesellschaften nach eigenem Ermessen auch andere Anbieter als Airport Handling auswählen, sobald ihre Verträge mit der SEAH gekündigt wurden (siehe in diesem Beschluss Erwägungsgrund 43).

(249)

Zweitens deuten verfügbare Informationen darauf hin, dass die Kunden sich an andere Dienstleister wenden konnten, als die SEAH ihnen mitteilte, dass sie ihre Geschäftstätigkeit einstellen werde. Dass einige Kunden zu anderen Anbietern wechselten, zeigt, dass diese Möglichkeit bestand. Vor allem aber hatte die SEAH abgesehen von Ausnahmesituationen keine rechtlichen Gründe für eine einseitige Übertragung der Verträge auf einen Dritten. Nach von Italien übermittelten Informationen erfolgte allerdings in keinem Fall eine Berufung auf die Bestimmung über Ausnahmesituationen. Italien legte eine Übersicht über den Kundenstamm von Airport Handling zum 14. Februar 2014 vor; dieser Übersicht zufolge hatten von 68 früheren Kunden der SEAH […] (*1) zu anderen Bodenabfertigungsgesellschaften gewechselt, d. h. von den damals […] (*1) Kunden von Airport Handling hatte einer zu einem Wettbewerber gewechselt, drei waren neu an den Flughafen gekommen, und […] (*1) waren frühere Kunden der SEAH. […] (*1) dieser […] (*1) früheren Kunden der SEAH handelten für die Kunden günstigere neue Vertragsbedingungen aus und vereinbarten entweder niedrigere Preise (13 Kunden) oder ein geändertes Diensteportfolio ([…] (*1) Kunden) bzw. sowohl niedrigere Preise als auch ein geändertes Diensteportfolio ([…] (*1) Kunden). Insoweit schlossen nur 20 Kunden Dienstleistungsverträge im Wesentlichen zu den Bedingungen, die zuvor auch in den Verträgen mit der SEAH bestanden. Die Preise wurden gegenüber den zuvor mit der SEAH vereinbarten Preisen um […] (*1) bis […] (*1) % reduziert.

(250)

Insgesamt sieht die Kommission daher in dem Prozess, der zum Abschluss von Vereinbarungen von Airport Handling mit einigen früheren Kunden der SEAH führte, keine Anhaltspunkte für eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses (und somit auch keine Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität). Airport Handling stand bei den Verhandlungen mit den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften offenbar in echtem Wettbewerb, und verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass sich der Wettbewerb zwischen Dienstleistern an den Mailänder Flughäfen erst kurz vor dem Ausscheiden der SEAH aus dem Markt zu entwickeln begann.

7.1.1.3.   Vermögenswerte der SEAH

(251)

Als dritten Punkt bei der Untersuchung des Umfangs der Übertragung prüfte die Kommission den Umfang der Übertragung der Vermögenswerte.

(252)

Als Airport Handling seine Geschäftstätigkeit aufnahm, bezog es seine Bodenabfertigungsausrüstung nach Maßgabe eines Leasingvertrags vollständig von der SEAH. Fünf Monate später begann das Unternehmen schrittweise, diese Ausrüstung durch Vermögenswerte zu ersetzen, die es auf dem Markt beschafft hatte, und im September 2015 erwarb es schließlich […] (*1) der […] (*1) Lose, in die die Vermögenswerte der SEAH aufgeteilt worden waren.

(253)

Airport Handling begann mit der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten unter Nutzung der Vermögenswerte der SEAH nach Maßgabe eines Leasingvertrags. Dieser Vertrag sollte am 31. August 2015 auslaufen. Vor Ablauf des Leasingvertrags brachte Airport Handling sein Interesse am Erwerb von […] (*1) der […] (*1) ausgeschrieben Lose (d. h. der Lose Nr. […] (*1)) zum Ausdruck. Airport Handling erklärte, dass realistisch betrachtet zwar etwa ein Drittel der im Eigentum der SEAH stehenden und Airport Handling nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassenen Bodenabfertigungsausrüstungen veraltet waren; Airport Handling sei jedoch bereit gewesen, etwa […] (*1) % der Ausrüstung (einen hinreichenden Anteil für die Geschäftstätigkeit von Airport Handling) zu erwerben, da Airport Handling inzwischen erhebliche Bestände an Ersatzteilen für einige der ältesten Ausrüstungen der SEAH auf dem Markt erworben hatte.

(254)

Verfügbaren Unterlagen zufolge wurden die Verkaufsverhandlungen zwischen Airport Handling und der SEAH aufgenommen, als Airport Handling mit Schreiben vom 3. Juni 2015 die folgenden Vorschläge unterbreitete:

Angesichts erstens des Alters und des Zustands der Ausrüstung und zweitens des Ergebnisses des von der SEA eingeleiteten Veräußerungsverfahrens sollte ein Rabatt von […] (*1) % auf […] (*1) gewährt werden;

vom 31. Juli bis zum 31. Dezember 2015 sollte eine Zahlung von […] (*1) geleistet werden;

der ursprüngliche Leasingvertrag sollte am 30. Juni 2015 einvernehmlich gekündigt werden, und die SEAH sollte bis höchstens zum 31. Dezember 2015 vorläufig und ohne eine Leasinggebühr (comodato) etwa […] (*1) ausgewählte Bestandteile […] (*1) überlassen; die Versicherungs- und Instandhaltungskosten sollten vollständig zulasten von Airport Handling gehen.

(255)

Am selben Tag kamen die Parteien zu einem Treffen zusammen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 antwortete der Insolvenzverwalter der SEAH Airport Handling sinngemäß wie folgt:

Die SEAH sei bereit, das Angebot anzunehmen; sie sei aber nicht in der Lage, Rabatte zu gewähren, da alle Preise von Sachverständigen ermittelt worden seien. Der Insolvenzverwalter wies darauf hin, dass Airport Handling nicht einmal Transportkosten entstünden;

Ratenzahlungen würden von der SEAH nur dann akzeptiert, wenn Airport Handling angemessene Garantien gebe;

ohne Rabatte sei die SEAH bereit, die Ausrüstung zum 30. Juni 2015 zu übertragen und dem Leasing der genannten Bestandteile höchstens bis zum 30. November 2015 zuzustimmen.

(256)

Nach Auskunft Italiens dauerten die Verhandlungen bis September 2015 an, als die SEAH der Zahlung eines Preises von […] (*1) für den Erwerb der […] (*1) Lose zustimmte, […] (*1). Der Verkaufspreis belief sich auf […] (*1) EUR; dieser Preis wurde auch ursprünglich in dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren genannt. Die ursprüngliche Leasingdauer wurde für […] (*1) Bestandteile der Ausrüstung gegen Zahlung einer Leasinggebühr von insgesamt […] (*1) EUR bis […] (*1) verlängert; diese Leasinggebühr ergab sich aus dem Wert, der diesen Bestandteilen der Ausrüstung in den genannten unabhängigen Wertermittlungen zugeschrieben wurde. Airport Handling gab diese […] (*1) Bestandteile am […] (*1) an die SEAH zurück.

(257)

Airport Handling zufolge war der Erwerb jedoch aus den folgenden Gründen wirtschaftlich gerechtfertigt:

Das Geschäftsmodell von Airport Handling besteht im Wesentlichen im schwerpunktmäßigen Betrieb an einem einzigen Standort (d. h. an den Mailänder Flughäfen) und stützt sich dabei auf eine Organisationsstruktur zur bedarfsgerechten Bereitstellung von Personal und technischen Mitteln für die Erbringung von Dienstleistungen an einem einzigen Standort (Geschäftsmodell des zentralen Anbieters (Hub-Provider)). Nach Auffassung von Airport Handling gewährleistet dieses Modell eine höhere Effizienz und zuverlässigere Gewinnspannen. Insoweit seien das Alter und die Effizienz der Ausrüstung für Airport Handling weniger relevant gewesen als für andere Anbieter, die an mehreren Flughäfen tätig seien und daher bei der Nutzung ihrer Ausrüstung auf ein „schlankes Management“ setzen müssten.

Die Ausrüstung sei teilweise veraltet gewesen; einige Bestandteile seien jedoch auch verhältnismäßig neu gewesen und hätten effizient eingesetzt werden können.

Da die Bestandteile sich bereits auf dem Gelände befunden hätten, seien keine Transportkosten angefallen.

Airport Handling habe gehofft, die Kosten für Wartung und Instandhaltung reduzieren zu können, da die meisten Bestandteile vom selben Hersteller stammten und sich meist auf ein einziges Modell beschränkten.

Bei den Bemühungen um den Erwerb gebrauchter Ausrüstungen auf dem Markt in ganz Europa habe Airport Handling festgestellt, dass nicht genügend gebrauchte Ausrüstungen für die Anforderungen von Airport Handling zu einem annehmbaren Preis auf dem Markt angeboten wurden.

In der Anlaufphase sollten gebrauchte und neue Vermögenswerte in einer ausgewogenen Mischung eingesetzt werden, hauptsächlich, weil die Anbieter der Ausrüstungen offenbar nicht in der Lage waren, neue Ausrüstungen im benötigten Umfang auf einmal zu liefern und weil Airport Handling Gründe für die Annahme hatte, dass eine sprunghafte Zunahme der Nachfrage zu Preissteigerungen führen könnte. Daher habe Airport Handling beabsichtigt, gebrauchte Ausrüstung schrittweise außer Betrieb zu nehmen und durch neue Ausrüstung zu ersetzen.

Und schließlich wären der versuchsweise Einsatz einer neuen Ausrüstung und eine angemessene Schulung der Mitarbeiter für die Nutzung der neuen Ausrüstung im regulären Betrieb insbesondere in der Anlaufphase schwierig gewesen.

(258)

Zwischenzeitlich hatte Airport Handling im Zeitraum von November 2014 bis Januar 2015 eine Ausschreibung für die Beschaffung neuer Ausrüstungen auf dem Markt durchgeführt. Nach Auskunft Italiens belief sich der Wert der in diesem ersten Ausschreibungsverfahren beschafften Ausrüstung auf etwa […] (*1) EUR.

(259)

Die Kommission prüfte, ob der Vergleich der Vermögenswerte, die Airport Handling auf dem Markt beschafft hatte, hinsichtlich ihres Wertes und der Anzahl der Bestandteile mit der von der SEAH zunächst geleasten und später käuflich erworbenen Ausrüstung ein zuverlässiger Indikator für eine wirtschaftliche Kontinuität sein könne. In Bezug auf die Vergleichbarkeit der beiden Typen von Vermögenswerten gelangte die Kommission zu folgendem Schluss:

Der Insolvenzverwalter der SEAH hatte die Lose so gebildet, dass jedes Los sowohl Bestandteile in gutem Zustand als auch Vermögenswerte und Posten umfasste, die weniger gut einsetzbar waren.

Allgemein war die Ausrüstung der SEAH veraltet.

Nach Auskunft Italiens waren etwa […] (*1) der […] (*1) von der SEAH erworbenen Bestandteile in gutem oder angemessenem Betriebszustand. Höchstens etwa ein Drittel der Bestandteile konnte zur Beschaffung von Ersatzteilen dienen. Bei 700 der gekauften Bestandteile stellte sich später heraus, dass sie nur geringen oder keinerlei Wert hatten bzw. allenfalls minimal von Nutzen waren. 270 Bestandteile wurden als Schrott betrachtet und ausgemustert.

Die Ausrüstung von Airport Handling besteht aus vielfältigen Bestandteilen (Treppen, Lastwagen, Gabelstapler, Cargoloader, Untersetzwagen usw.).

Es ist nicht auszuschließen, dass selbst ein einziges modernes Fahrzeug in ständigem Einsatz weitaus effizienter genutzt werden kann, als die Fahrzeuge unterschiedlichen Alters, bei denen es in der Regel zu längeren wartungsbedingten Stillstandzeiten kommt.

(260)

Daher stellt die Kommission fest, dass ein Vergleich des Wertes und der Anzahl der Bestandteile der neuen Ausrüstung mit dem Wert der zunächst geleasten und später gekauften Ausrüstung in dieser Sache nicht als Indikator für eine wirtschaftliche Kontinuität dienen kann.

(261)

Vor diesem Hintergrund bewertete die Kommission die Bedeutung der Vermögenswerte (funktionsfähige Werkzeuge) als Produktionsfaktor von Airport Handling im Verhältnis zum Produktionsfaktor Arbeit sowie im Verhältnis zum Umsatz der SEAH und von Airport Handling.

(262)

Hinsichtlich der Bedeutung der Vermögenswerte im Verhältnis zum Produktionsfaktor Arbeit ist festzustellen, dass der Wert der funktionsfähigen Werkzeuge in der letzten Bilanz der SEAH vor ihrer Auflösung mit ca. […] (*1) ausgewiesen wurde. Das Gesellschaftskapital von Airport Handling belief sich im Jahr 2015 auf […] (*1) EUR (30). Diesem Kapital von Airport Handling standen der Ergebnisrechnung von Airport Handling für diesen Zeitraum zufolge Arbeitskosten von […] (*1) im Jahr von September 2014 bis August 2015 gegenüber (31).

(263)

Auch gemessen am Umsatz sind die Vermögenswerte von untergeordneter Bedeutung: Laut der Ergebnisrechnung von Airport Handling für den Zeitraum von September 2014 bis August 2015 belief sich der Umsatz auf […] (*1) EUR. Insoweit dürften die fraglichen Vermögenswerte im Vergleich zu den Arbeitskosten als Produktionsfaktor von untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Auch gemessen am Umsatz, der mit der Belegschaft und mit den Vermögenswerten generiert wurde, ist der Wert der Vermögenswerte als sehr bescheiden anzusehen. Vielmehr deuten die im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens erlangten Informationen darauf hin, dass sowohl die SEAH als auch Airport Handling weniger ein vermögensintensives als vielmehr ein ausgesprochen personalintensives Geschäftsmodell verfolgten bzw. verfolgen.

(264)

Ungeachtet der Tatsache, dass Airport Handling seine Vermögenswerte zunächst von der SEAH beschafft hatte, gelangte die Kommission daher zu dem Schluss, dass dies an sich nicht als Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität betrachtet werden kann, da Vermögenswerten in der Bodenabfertigungsbranche als Produktionsfaktor nur geringe Bedeutung zukommt.

7.1.1.4.   Zusammenfassung der Würdigung hinsichtlich des Umfangs der Übertragung

(265)

Die Beurteilung der Frage, inwieweit der Umfang der Übertragung ein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling sein könnte, führte zu folgendem Ergebnis:

(266)

Erstens wurde der Kundenstamm der SEAH nicht auf Airport Handling übertragen. Mit der Auflösung der SEAH wurden vielmehr alle Verträge gekündigt, und Airport Handling musste neue Verträge schließen; dabei konnte das Unternehmen einige der früheren Kunden der SEAH und einige neue Kunden gewinnen, während andere Kunden zu Wettbewerbern abwanderten. Die Vertragsbedingungen wurden unabhängig von den Bedingungen der früheren Verträge mit der SEAH ausgehandelt. Diesbezüglich befand sich Airport Handling in der gleichen Ausgangssituation wie alle anderen Wettbewerber oder auch neue Marktteilnehmer. Dass der Kundenstamm nicht übertragen wurde, betrachtet die Kommission als starkes Indiz dafür, dass eine wirtschaftliche Kontinuität nicht gegeben war.

(267)

Zweitens übernahm Airport Handling das anfängliche Personal vollständig von der SEAH; die Einstellungen erfolgten jedoch mit neuen Verträgen und zu neuen Vertragsbedingungen. Die Arbeitsverträge wurden nicht vollständig übernommen, und die Verträge wurden weder automatisch übertragen noch wurden die Vertragsbedingungen beibehalten.

(268)

Drittens ist zutreffend, dass Airport Handling zunächst die gesamte Bodenabfertigungsausrüstung von der SEAH leaste; nach Ablauf der Leasingdauer wurde jedoch nur ein Teil der Vermögenswerte der SEAH übernommen, da Airport Handling inzwischen begonnen hatte, sich Ausrüstungen von Dritten zu beschaffen. Verfügbaren Informationen zufolge stellen die Vermögenswerte zudem offenbar nur einen geringen Anteil des Produktionsvermögens von Bodenabfertigungsgesellschaften dar und sind für die Kostenstruktur und -effizienz von Airport Handling wohl nicht entscheidend.

(269)

Insgesamt stellt die Kommission aufgrund des Umfangs der Übertragung fest, dass sämtliche Umstände der Gründung von Airport Handling im Zuge der Liquidation der SEAH zusammen genommen keinen hinreichend starken Anhaltspunkt für die das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen beiden Unternehmen bieten, bei der eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses zu konstatieren wäre.

7.1.2.   Zahlung des Marktpreises

(270)

Nach der Rechtsprechung wäre auch eine Übertragung der Vermögenswerte zu einem Preis unterhalb des Marktpreises ein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der aufgelösten Gesellschaft, die dem Staat die Rückzahlung einer Beihilfe schuldet, und der neu gegründeten Gesellschaft.

7.1.2.1.   Vermögenswerte der SEAH — allgemeine Bemerkungen

(271)

Im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren kann eine Umgehung eines negativen Beihilfebeschlusses durch eine Übertragung von Vermögenswerten insbesondere unter folgenden Umständen gegeben sein:

Vermögenswerte werden unter dem Marktpreis veräußert — oder geleast (beispielsweise in einem Veräußerungsverfahren, das nicht hinreichend offen, transparent und nichtdiskriminierend ist), oder

der Insolvenzverwalter hat Maßnahmen durchgeführt, mit denen die Gläubiger betrogen wurden und das Vermögen des insolventen Unternehmens geschädigt wurde, oder er hat gegen den Grundsatz der Gleichstellung von Gläubigern verstoßen und damit Verluste für die öffentlichen Gläubiger bewirkt (32).

(272)

Die Kommission stellt allerdings fest, dass eine Übertragung — oder ein Leasing — von Vermögenswerten eines insolventen Unternehmens, das eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe erlangt hat, auf ein andres Unternehmen dann kein Anzeichen für eine Umgehung eines Rückforderungsbeschlusses ist, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

Es wurde nicht versucht, die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens zum Vorteil des anderen Unternehmens und zum Nachteil der Gläubiger zu schmälern (da mit einer Liquidation die Erlöse aus der Veräußerung der Vermögenswerte maximiert werden sollen, um die Gläubiger in größtmöglichem Umfang befriedigen zu können);

die öffentlichen Gläubiger (deren Anspruch auf die mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe zurückzuführen ist) wurden im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren gegenüber anderen Gläubigern (einschließlich möglicherweise des anderen Unternehmens oder seiner Gründer) nicht unangemessen benachteiligt.

(273)

In dieser Sache ist festzustellen:

Die Leasinggebühr wurde aufgrund zweier externer Wertermittlungen festgesetzt. Infolge der zweiten Wertermittlung, die auf einer umfassenden Prüfung der geleasten Ausrüstung beruhte, wurde diese Leasinggebühr angehoben. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Preis, zu dem die Vermögenswerte der SEAH von Airport Handling geleast wurden, kein normaler Marktpreis gewesen wäre.

Außerdem deutet nichts darauf hin, dass die Gläubiger durch die auf Initiative des Insolvenzverwalters durchgeführten Transaktionen betrogen worden wären und dass die Transaktionen den Wert der Vermögenswerte der SEAH beeinträchtigt hätten. Wie im Folgenden eingehender erläutert, geht vielmehr aus allen verfügbaren Informationen hervor, dass ordnungsgemäße Ausschreibungen zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH durchgeführt wurden, an denen sich alle potenziellen Kaufinteressenten beteiligen konnten. Dass der Leasingpreis von externen Sachverständigen ermittelt und nach einer zweiten Wertermittlung angehoben wurde sowie dass der Insolvenzverwalter der SEAH nicht bereit war, Airport Handling einen Rabatt auf den Kaufpreis der Ausrüstung einzuräumen, zeigt, dass das vom Insolvenzverwalter durchgeführte Veräußerungsverfahren auf eine Maximierung der Einnahmen durch die in Rede stehenden Vermögenswerte zum Vorteil der Gläubiger der SEAH abzielte und insoweit nicht als Übertragung eines besonderen wirtschaftlichen Vorteils auf Airport Handling anzusehen war.

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass keiner der Beteiligten erklärt hat, das Insolvenzverfahren habe gegen die Rechte der Gläubiger verstoßen oder den Wert der im Eigentum der SEAH stehenden Vermögenswerte beeinträchtigt, oder dass die Vermögenswerte von Airport Handling zu einem Leasingpreis unterhalb des Marktpreises überlassen worden wären. Die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH umfasste etwa 4 000 Vermögenswerte. Nach dem ursprünglich von Italien angemeldeten Plan sollten diese Vermögenswerte seitens der SEAH nach Maßgabe eines Leasingvertrags zum Marktpreis überlassen werden, wenn sie im Insolvenzverfahren nicht auf dem freien Markt veräußert werden könnten.

7.1.2.2.   Leasing der Vermögenswerte der SEAH durch Airport Handling — Festsetzung der Leasinggebühr

(274)

Nach dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren wurde die Bodenabfertigungsausrüstung von Airport Handling nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassen, der ursprünglich am 31. August 2015 auslaufen sollte.

(275)

Nach der Rechtsprechung ist die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen Vermögenswerte eines insolventen Unternehmens teilweise oder vollständig geleast hat, nicht zwangsläufig dahin gehend auszulegen, dass das neue Unternehmen den Wettbewerbsvorteil erlangt hätte, der mit einer dem Leasinggeber zuvor gewährten Beihilfe verbunden war (33). Dass der Beihilfeempfänger die Vermögenswerte einem Unternehmen mit ähnlicher Geschäftstätigkeit nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassen hat, ist dann kein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität, wenn der Leasingpreis dem Marktpreis entspricht. Liegt der dem Beihilfeempfänger von dem neuen Unternehmen gezahlte Leasingpreis jedoch unter dem Marktpreis, könnte dies insoweit auf eine wirtschaftliche Kontinuität hindeuten, als der Vorteil, den der Begünstigte durch die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe erlangt hat, vollständig oder teilweise auf das neue Unternehmen übertragen wurde, indem ein Preis unterhalb des Marktpreises angesetzt wurde.

(276)

Verfügbaren Informationen zufolge haben die SEAH und der Treuhänder den Leasingvertrag zu Marktbedingungen ausgehandelt. Zudem wurde die Leasinggebühr nach zwei aufeinanderfolgenden externen Wertermittlungen festgesetzt. Um die Richtigkeit der ersten Wertermittlung zu überprüfen, bei der die jährliche Leasinggebühr mit […] (*1) EUR angesetzt worden war, beauftragten die SEAH und die Airport Handling E&Y gemeinsam nochmals mit der Ermittlung der Leasinggebühr. In dieser zweiten Wertermittlung wurde zunächst eine Leasinggebühr von […] (*1) bzw. […] (*1) EUR empfohlen. Nachdem die SEAH und Airport Handling übereingekommen waren, diese zweite Wertermittlung unter Berücksichtigung neuer Informationen auszuweiten, die sie in Berichten im Zusammenhang mit der Lieferung der Ausrüstung erhalten hatten, stellten die Sachverständigen fest, dass die Maschinen und Ausrüstungen teilweise nicht verwendbar waren und passten ihre ursprüngliche Schätzung an (von […] (*1) auf […] (*1) EUR). Ausgehend von diesem zweiten Bewertungsbericht vereinbarten die SEAH und Airport Handling eine Reduzierung der Leasinggebühr auf […] (*1) pro Jahr.

(277)

Nach den verfügbaren Informationen ist somit festzustellen, dass die SEAH und Airport Handling Verhandlungen zu Marktbedingungen führten und sich dabei auf die Berichte von Sachverständigen über den Wert der in Rede stehenden Vermögenswerte stützten. Die Ausweitung der zweiten Wertermittlung im einvernehmlichen Auftrag beider Parteien zeigt, dass beide Parteien bestrebt waren, den Leasingpreis möglichst am Marktpreis auszurichten und somit möglichen Bedenken hinsichtlich einer Kollusion schon im Vorfeld zu begegnen. Daher stellt die Kommission fest, dass die vereinbarte Leasinggebühr zumindest dem Marktpreis entspricht.

7.1.2.3.   Teilweiser Kauf der Vermögenswerte der SEAH durch Airport Handling — der Kaufpreis

(278)

Airport Handling kaufte die Vermögenswerte nach dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren und nach Ablauf des Leasingvertrags. In diesem Zusammenhang prüfte die Kommission, ob Airport Handling durch diese Transaktion einen Vorteil aufgrund der Beihilfe erlangte, die der SEAH zuvor rechtswidrig gewährt worden war. Am Anfang der Prüfung stand die Prämisse, dass ein Vorteil ausgeschlossen werden könne, wenn der Kaufpreis von […] (*1) EUR zumindest dem Marktpreis entspräche.

(279)

Die Aufforderung zur Interessenbekundung im Hinblick auf den Erwerb von Vermögenswerten der SEAH wurde am 12. November 2014 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In Anbetracht der zahlreichen Bestandteile der Ausrüstung beschloss der Insolvenzverwalter, mit Unterstützung der unabhängigen Beratungsgesellschaft IMQ die Bestandteile in neun Lose aufzuteilen. Nach Auskunft der SEAH sollte so durch Vermeidung einer übermäßigen Aufsplitterung die Effizienz verbessert werden. Um möglichst viele Bieter zu gewinnen, wurden die Lose jeweils als eigenständige Kombinationen von Vermögenswerten mit einander ergänzenden Bestandteilen unterschiedlichen Wertes zusammengestellt. Ein externer Sachverständiger hatte jeweils einen Mindestpreis für die Lose festgesetzt.

(280)

Das Veräußerungsverfahren wurde auf Abfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller von Ausrüstungen in der Art der zu veräußernden Ausrüstungen, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften beschränkt, die bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit erfüllten.

(281)

Italien zufolge ging während des Ausschreibungsverfahrens keine formelle Interessenbekundung ein. Die SEAH erhielt nur informelle Anfragen Dritter, die sich nach der Möglichkeit eines Erwerbs nur bestimmter Vermögenswerte zu niedrigeren Preisen als in der Ausschreibung angegeben erkundigten. Diese Anfragen wurden der Kommission im Prüfverfahren übermittelt.

(282)

Nach Auskunft Italiens bemühte sich der Insolvenzverwalter der SEAH nach dem negativen Ergebnis der Ausschreibung, Interesse bei möglichen Erwerbern der Vermögenswerte der SEAH zu wecken, indem er sich an bestimmte Marktteilnehmer in der Abfertigungsbranche sowie an die Marktteilnehmer wandte, die im Ausschreibungsverfahren informell Interesse zum Ausdruck gebracht hatten, und gewährte Zugang zum Datenmaterial sowie zu Vermögenswerten, um allen interessierten Marktteilnehmern die Möglichkeit einzuräumen, sich vor Ort ein Bild von den Vermögenswerten zu machen.

(283)

Danach gingen einige Interessenbekundungen für die Ausrüstung der SEAH ein; das Preisniveau lag jedoch immer noch unter den in der Ausschreibung genannten Preisen. Letztlich war das einzige glaubhaft an einem Erwerb der Ausrüstung der SEAH interessierte Unternehmen Airport Handling.

(284)

Die Kommission prüfte, ob das in Rede stehende Ausschreibungsverfahren wirksam auf den Markt ausgerichtet war und ob somit die Erfolglosigkeit des Verfahrens als Anzeichen dafür betrachtet werden könne, dass der Markt an einem Erwerb der Vermögenswerte der SEAH nicht interessiert war. Die Kommission geht davon aus, dass ein Ausschreibungsverfahren dann wirksam für den Markt geöffnet und auf eine Maximierung des Erlöses gerichtet ist, wenn das Verfahren offen, transparent, nichtdiskriminierend und unbedingt ist.

(285)

Hinsichtlich der Offenheit des fraglichen Verfahrens stellt die Kommission fest, dass die Veräußerung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und somit eine angemessene Öffentlichkeit hergestellt wurde.

(286)

Das Verfahren beschränkte sich jedoch auf bestimmte Erwerbergruppen — Bodenabfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften, die bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit erfüllen mussten (siehe Erwägungsgrund 193).

(287)

Außerdem hat Italien keine gültigen Begründungen dafür vorgetragen, warum das Spektrum potenzieller Erwerber von vornherein hätte beschränkt werden müssen. Insoweit war die Ausschreibung nicht uneingeschränkt offen, da das Verfahren durch die Auswahlkriterien so beschränkt worden sein könnte, dass der öffentliche Eigentümer sich nicht darauf verlassen konnte, tatsächlich das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erhalten.

(288)

Insgesamt stellt die Kommission jedoch fest, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausschreibung zum Erfolg geführt hätte, wenn sie nicht auf Bodenabfertigungsgesellschaften und mit der Bodenabfertigungsbranche verbundene Unternehmen beschränkt gewesen wäre. Diese Einschätzung wird dadurch bestätigt, dass Bemühungen, Bieter informell und außerhalb des Rahmens der Ausschreibung zu gewinnen, ebenfalls nicht zu Geboten führen, bei denen die geforderten Preise erreicht worden wären.

(289)

Beim Insolvenzverwalter der SEAH gingen einige Interessenbekundungen im Hinblick auf einen Erwerb der Ausrüstung der SEAH zu Preisen unterhalb der in der Ausschreibung genannten Preise ein. Dies ist ein hinreichender Beleg dafür, dass Marktteilnehmer außerhalb des beschränkten Spektrums an potenziellen Bietern nicht bereit waren, die von der SEAH verlangten Preise zu zahlen.

(290)

Das oben erläuterte Ergebnis sowohl des Verfahrens zur Veräußerung der Vermögenswerte als auch der Verhandlungen zwischen der SEAH als Verkäuferin und Airport Handling als Erwerberin deutet darauf hin, dass der ursprünglich geforderte Preis über dem Preis lag, den Marktteilnehmer zu zahlen bereit waren. Der Insolvenzverwalter der SEAH verhandelte als Verkäufer zu Marktbedingungen, um den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen aus der Veräußerung der Vermögenswerte zu ziehen. Von Italien vorgelegte Unterlagen zeigen, dass das Angebot von Airport Handling unter den bei der SEAH eingegangenen Angeboten tatsächlich wirtschaftlich am günstigsten war. Airport Handling wiederum hatte wirtschaftliche Gründe für den Erwerb der Vermögenswerte, obwohl die SEAH nicht bereit war, einen Rabatt oder günstigere Zahlungsbedingungen einzuräumen. Der Kaufpreis kann als dem Marktpreis mindestens entsprechend betrachtet werden. Insoweit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Airport Handling durch den Kauf eines Teils der Vermögenswerte der SEAH einen Vorteil erlangt hätte, der auf die zuvor der SEAH gewährte rechtswidrige Beihilfe zurückzuführen wäre.

7.1.2.4.   Schlussfolgerung zum Marktpreis als potenzielles Indiz für eine wirtschaftliche Kontinuität

(291)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass die Umstände der Überlassung der Vermögenswerte nach Maßgabe eines Leasingvertrags und die anschließende Veräußerung die Übertragung eines wirtschaftlichen Vorteils von der SEAH auf Airport Handling wirksam ausschließen. Insoweit können auch der Leasingpreis und der Kaufpreis in dieser Sache nicht als Indiz für eine wirtschaftliche Kontinuität angesehen werden.

7.1.3.   Identität der Anteilseigner

(292)

Im Einleitungsbeschluss von 2014 stellte die Kommission fest, dass Italien sich verpflichtet hatte, die Verwaltung von Airport Handling für einen Zeitraum von drei Jahren einem unabhängigen Treuhänder zu übertragen (34). Außerdem bot Italien Kapitalgebern einen Erwerb einer Beteiligung im Umfang von 20 % am Gesellschaftskapital von Airport Handling an. Die Kommission gelangte daher zu dem Schluss, dass erstens die Bodenabfertigungssparte im Eigentum desselben Marktteilnehmers stehen würde und dass zweitens der Vorschlag Italiens, 20 % des Gesellschaftskapitals der neuen Bodenabfertigungsgesellschaft zu veräußern, nicht hinreichend war, um eine wirtschaftlichen Diskontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling zu gewährleisten, da sich der Vorschlag erstens auf eine Minderheitsbeteiligung beschränkte und zweitens keine diesbezüglichen Garantien gegeben wurden. Die Öffnung der Kapitalbeteiligungsstruktur sollte zudem erst nach dem Markteintritt von Airport Handling erfolgen.

(293)

Im Laufe der Untersuchung erklärte Italien, die Einrichtung des Trusts garantiere, dass zwischen der SEAH und Airport Handling keine Kontinuität bestehe. Der Treuhänder gewährleiste die unabhängige Verwaltung der Beteiligung der SEA an Airport Handling unter Übernahme der alleinigen Kontrolle über das Unternehmen; dadurch solle sichergestellt werden, dass keinerlei Interessen bestehen und/oder keinerlei Informationen zwischen beiden Unternehmen ausgetauscht werden.

(294)

Die Kommission prüfte die zeitliche Entwicklung und die inhaltlichen Merkmale der Identität der Eigentümer in dieser Sache.

(295)

Hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung stellt die Kommission fest, dass die SEA Airport Handling am 9. September 2013 gründete. Der Trust wurde am 30. Juni 2014 eingerichtet; am selben Tag wurde die Treuhandurkunde unterzeichnet. Der Trust übernahm die tatsächliche Leitung von Airport Handling (am 27. August 2014), als die SEA die gesamte Beteiligung an Airport Handling auf den Trust übertrug und einen Treuhänder benannte. Der Treuhänder benannte einen neuen Verwaltungsrat für Airport Handling. Einige Tage später (am 1. September 2014) nahm Airport Handling seine Geschäftstätigkeit auf. Da offenbar bereits ab April 2014 einige Dienstleistungsverträge […] (*1) geschlossen worden waren, stellt die Kommission jedoch fest, dass das Unternehmen Geschäftstätigkeiten nachweislich bereits zuvor ausgeübt hatte, indem es noch vor diesem Zeitpunkt seine Dienste auf dem Markt anbot (35). Damals stand Airport Handling noch vollständig im Eigentum der SEA und wurde uneingeschränkt von dieser kontrolliert.

(296)

Hinsichtlich der inhaltlichen Merkmale des Übergangs des Eigentums und der Kontrolle auf den Trust prüfte die Kommission, ob die Tatsache, dass Airport Handling kurz vor Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit vorübergehend von einem Treuhänder geleitet wurde, hinreichend war, um auszuschließen, dass die SEA Rechte in Bezug auf die Leitung von Airport Handling insoweit ausüben konnte, als sie geschäftliche Entscheidungen einseitig hätte treffen können. Dazu stellt die Kommission Folgendes fest:

(297)

Der Treuhandurkunde zufolge unterliegt die Tätigkeit des Treuhänders bestimmten inhaltlichen Einschränkungen; insbesondere muss der Treuhänder nicht prüfen,

ob Vertreter der SEA an den Verhandlungen mit den Beschäftigten beteiligt waren, die von Airport Handling wieder eingestellt werden sollten;

ob die SEA Mitarbeiter (einschließlich des Generaldirektors) auf Airport Handling übertrug,

ob bestimmte zentrale Dienstleistungen (einschließlich der Betreuung von Kapitalgebern und von Kunden) weiterhin von der SEA erbracht werden,

ob Finanzierungsbeschlüsse vollständig im Ermessen der SEA liegen.

(298)

Zudem sollte Airport Handling der Treuhandurkunde zufolge eigentlich getrennt von der SEAH geleitet werden; tatsächlich wird Airport Handling jedoch vom früheren Leiter der Sparte Aviation Business Development der SEA geleitet.

(299)

Die Kommission stellt fest, dass die SEA zwei leitende Führungskräfte zur Airport Handling abgeordnet hat. Beide Führungskräfte haben zurzeit leitende Führungspositionen auch bei Airport Handling inne. Italien erklärt, dass keine hierarchische Beziehung zwischen der SEA und diesen Führungskräften besteht und dass Letztere keinerlei Tätigkeiten zugunsten der SEA ausführten. Außerdem entscheide Airport Handling unabhängig über die Vergütung dieser Führungskräfte.

(300)

Italien zufolge wurde die Entscheidung über die Abordnung dieser Führungskräfte zur Airport Handling angesichts der Vorschläge Italiens im Hinblick auf eine Öffnung der Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling für Dritte getroffen. Aus diesem Grund habe sichergestellt werden müssen, dass zum einen das Management von Airport Handling in vollem Umfang qualifiziert war und dass zum anderen die Beschäftigungsbedingungen der Führungskräfte flexibel gestaltet wurden. Nach Auskunft Italiens unterzeichnete Airport Handling mit der SEA Verträge über die Abordnung von […] Mitarbeitern.

(301)

Daher stellt die Kommission fest, dass sowohl die zeitliche Entwicklung als auch die wesentlichen Bestimmungen der Beauftragung bestätigen, dass die SEA Airport Handling zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit in einem Umfang kontrollieren konnte, der kontinuierlich (wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß) einen erheblichen Einfluss auf das Tagesgeschäft von Airport Handling gewährleistete.

(302)

Die Kommission prüfte die am 21. September 2015 vom Treuhänder und dem privaten Marktteilnehmer D’Nata getroffene Rahmeninvestitionsvereinbarung über die Veräußerung einer Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling in Verbindung mit dem Recht zur Benennung der Mehrheit des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Airport Handling sowie der Option zum Erwerb einer weiteren Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling.

(303)

Nach der Benennung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Airport Handling wird D’Nata Airport Handling wirksam kontrollieren können. Verfügbare Informationen zu dem von der SEA und dem Treuhänder unabhängig organisierten Bieterverfahren über eine private Bank bestätigen, dass D’Nata eine Beteiligung an Airport Handling zum Marktpreis erworben hat. Und schließlich zeigen vorliegende Informationen auch, dass D’Nata nicht mit der SEA identisch oder in sonstiger Weise mit der SEA verbunden ist.

(304)

Die Übertragung der Kontrolle über Airport Handling von der SEA und vom Treuhänder auf D’Nata erfolgte allerdings mehr als zwei Jahre nach der Gründung von Airport Handling durch die SEA und mehr als ein Jahr nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Airport Handling.

(305)

Daher kann die Kommission nicht ausschließlich aufgrund der Identität der Anteilseigner feststellen, dass keine wirtschaftliche Kontinuität bestand. Die Kommission bewertete diesen Aspekt allerdings zusammen mit den übrigen relevanten Merkmalen, um zu einem Schluss über das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zu gelangen.

7.1.4.   Zeitliche Gestaltung der Transaktion

(306)

Die Liquidation der SEAH am 1. Juli 2014 und die Gründung von Airport Handling am 9. September 2013 erfolgten, nachdem die Kommission am 12. Dezember 2012 den Rückforderungsbeschluss angenommen hatte. Das in Liquidation befindliche Unternehmen hatte die Erbringung der Bodenabfertigungsdienste sichergestellt, bis Airport Handling am 1. September 2014 seine Geschäftstätigkeit aufnahm.

(307)

Der zeitliche Ablauf könnte somit nach dem ersten Anschein ein Anzeichen dafür sein, dass der Prozess, der schließlich zur Gründung von Airport Handling führte, eine Umgehung des noch vor Durchführung dieses Prozesses angenommenen Rückforderungsbeschlusses bewirkte. Die Kommission erinnert jedoch daran, dass sie nach der Rechtsprechung insbesondere nicht verpflichtet ist, zusätzlich zu den übrigen Kriterien den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem die Übertragung der Vermögenswerte erfolgte und der zu den Gesichtspunkten zählt, die berücksichtigt werden „können“, um eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen diesen beiden Einheiten auszuschließen (36).

7.1.5.   Wirtschaftliche Folgerichtigkeit der Transaktion

(308)

Vorliegende Informationen bestätigen, dass Airport Handling im Wesentlichen die gleichen Geschäftstätigkeiten ausübt wie die SEAH (d. h. die Erbringung von Abfertigungsdiensten an den Flughäfen Linate und Malpensa).

(309)

In diesem Zusammenhang verweist die Kommission auf die Rechtsprechung, nach der der bloße Umstand, dass ein Erwerber tatsächlich die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens fortsetzt, das zur Rückzahlung einer Beihilfe verpflichtet ist, nicht zwangsläufig bedeutet, dass der Erwerber auch den Wettbewerbsvorteil in Verbindung mit der dem Unternehmen gewährten Beihilfe erlangte. In dem genannten besonderen Fall hatte ein Unternehmen Einrichtungen zu einem marktüblichen Preis von einem Unternehmen gepachtet, das fast drei Jahre vor der Gründung des erstgenannten Unternehmens eine Beihilfe erhalten hatte (37). Die Kommission weist darauf hin, dass in dieser Sache Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH zunächst geleast und schließlich zu einem Preis gekauft hat, der als mindestens dem Marktpreis entsprechend betrachtet werden kann, und dass die rechtswidrige und von der SEAH zurückzufordernde Beihilfe in den Jahren 2002-2010 gewährt wurde, d. h. drei Jahre vor Gründung von Airport Handling und vier Jahre, bevor Airport Handling seine Geschäftstätigkeit aufnahm.

(310)

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgerichtigkeit der Transaktion stellt die Kommission Folgendes fest:

(311)

Wie in den Abschnitten 2.6.1 und 2.6.2 erläutert, unterscheidet sich der Geschäftsplan von Airport Handling in verschiedener Hinsicht vom Geschäftsplan der SEAH; dies gilt insbesondere für die folgenden Punkte:

[…] (*1);

[…] (*1);

[…] (*1);

[…] (*1);

[…] (*1);

[…] (*1).

(312)

Airport Handling übte seine Geschäftstätigkeit somit nach seinem eigenen Geschäftsplan unter anderen Bedingungen aus als die SEAH. Außerdem hatte Italien Airport Handling nicht verpflichtet, einem bestimmten Geschäftsmodell zu folgen, ein bestimmtes Portfolio an Tätigkeiten beizubehalten oder bestimmte Vermögenswerte oder Beschäftigte zu übernehmen.

7.1.6.   Allgemeine Schlussfolgerung zur wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der SEA und Airport Handling

(313)

Die Kommission stellt fest, dass in dieser Sache sowohl Elemente gegeben sind, die für eine wirtschaftliche Kontinuität sprechen, als auch Elemente, die die gegenteilige Feststellung unterstützen würden.

(314)

Zu den Elementen, die für die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität sprechen würden, zählt die Kommission, dass der frühere Eigentümer der SEAH Airport Handling als Unternehmen gegründet hat, das in derselben Branche tätig ist, in der auch die SEAH tätig war, sowie dass die anfängliche Belegschaft von Airport Handling fast ausschließlich aus früheren Mitarbeitern der SEAH bestand und dass ein erheblicher Anteil der Vermögenswerte übernommen wurde, wobei diese Sachverhalte alle erst eingetreten sind, nachdem die Kommission ihren Rückforderungsbeschluss angenommen hatte.

(315)

Einige andere Faktoren deuten hingegen eher darauf hin, dass Airport Handling nicht gegründet wurde, um den Rückforderungsbeschluss zu umgehen, sondern tatsächlich ein neues Unternehmen darstellte. Das stärkste in Indiz in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass der Kundenstamm neu aufgebaut werden musste, indem den Fluggesellschaften von den früheren Verträgen der SEAH abweichende Verträge angeboten und neue Verträge zu neuen Bedingungen geschlossen wurden. Daher musste Airport Handling seine Kunden neu gewinnen und sich Marktanteile so wie alle anderen Wettbewerber oder neuen Marktteilnehmer neu erarbeiten. Da der Kundenstamm Grundlage der Tätigkeit einer Bodenabfertigungsgesellschaft ist, misst die Kommission diesem Aspekt hohe Bedeutung bei.

(316)

Hinsichtlich der von der SEAH übernommenen Vermögenswerte ist festzustellen, dass Airport Handling zumindest den Marktpreis für das Leasing der Vermögenswerte entrichtete und dass das Unternehmen später, als es die Vermögenswerte teilweise kaufte, zumindest den Preis zahlte, den auch andere Marktteilnehmer zu zahlen bereit waren.

(317)

Außerdem wurde die Belegschaft nicht insgesamt übernommen. Airport Handling schloss neue Verträge zu neuen Bedingungen. Alle Wettbewerber und neuen Marktteilnehmer hätten ebenso frühere Mitarbeiter der SEAH einstellen können; die früheren Mitarbeiter der SEAH waren offenbar einfach am besten für die zu besetzenden neuen Stellen geeignet. Die Vermögenswerte wurden nur teilweise übertragen; außerdem kommt diesen Vermögenswerten als Produktionsfaktor in der Bodenabfertigungsbranche insgesamt nur untergeordnete Bedeutung zu.

(318)

Hinsichtlich der ökonomischen Folgerichtigkeit ist festzustellen, dass Airport Handling seine Geschäftstätigkeit nach seinem eigenen Geschäftsplan unter anderen Bedingungen ausübte als die SEAH. Außerdem hatte Italien Airport Handling nicht verpflichtet, einem bestimmten Geschäftsmodell zu folgen, ein bestimmtes Portfolio an Tätigkeiten beizubehalten oder bestimmte Vermögenswerte oder Beschäftigte zu übernehmen.

(319)

Vor diesem Hintergrund ist die Kommission insgesamt zu dem Schluss gelangt, dass eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling nicht gegeben ist, und dass die Gründung von Airport Handling nicht als Maßnahme zur Umgehung des Rückforderungsbeschlusses betrachtet werden kann. Daher kann Airport Handling nicht für die Rückzahlung der im Rückforderungsbeschluss als unvereinbar eingestuften Beihilfe haftbar gemacht werden.

7.2.   Investition der SEA in Airport Handling — Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(320)

In Artikel 107 Absatz 1 AEUV heißt es: „[…] staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, [sind] mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

(321)

Die Anforderungen in Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind kumulativ zu verstehen. Um festzustellen, ob es sich bei den Maßnahmen um eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt, müssen also alle oben genannten Bedingungen erfüllt sein. Die Finanzhilfe muss also

a)

von einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährt worden sein;

b)

bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen;

c)

den Wettbewerb verfälschen oder drohen, ihn zu verfälschen, und

d)

den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

7.2.1.   Selektiver wirtschaftlicher Vorteil — Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers

(322)

Italien betrachtet die Kapitalzuführung der SEA für Airport Handling als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar und ist insoweit der Auffassung, dass Airport Handling kein Vorteil gewährt wurde und dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt. Wenngleich die SEAH seit 2000 kontinuierlich Verluste zu verzeichnen hatte, könne insbesondere angesichts der im Geschäftsplan von Airport Handling für 2014-2017 vorgesehenen Maßnahmen berechtigterweise angenommen werden, dass die Erträge aus der Geschäftstätigkeit von Airport Handling eine hinreichende Rentabilität der Kapitalzuführung ermöglichen. Bei der Entscheidung über die Kapitalzuführung zur Airport Handling habe die SEA sich daher wie ein umsichtiger Marktteilnehmer verhalten.

(323)

Für die Beurteilung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers muss festgestellt werden, ob sich ein nicht von Zielen der öffentlichen Politik, sondern von Rentabilitätsaussichten geleiteter hypothetischer marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen wie bei der Entscheidung über die zu bewertende Maßnahme in ähnlicher Weise verhalten hätte. Für die Prüfung der Frage, ob sich der Staat wie ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, muss sich die Kommission in den Kontext der Zeit zurückversetzen, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, um beurteilen zu können, ob das Verhalten des Staates wirtschaftlich vernünftig ist, und sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten (38).

(324)

Daher sind die marktwirtschaftlichen Beweggründe einer öffentlichen Investition vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Investition verfügbaren Informationen und der damals vorhersehbaren Entwicklungen zu beurteilen (39).

(325)

Im Laufe des Prüfverfahrens erläuterte Italien, die Entscheidung über die Investition in Airport Handling habe auf dem Geschäftsplan vom 6. August 2014 beruht. Die Kommission stellt jedoch fest, dass dieser Geschäftsplan erst nach der endgültigen Entscheidung vom 30. Juni 2014 über die Aufstockung des Gesellschaftskapitals auf 25 Mio. EUR fertiggestellt wurde. Die ursprüngliche Entscheidung über die Gründung von Airport Handling und die Investition im Umfang von 25 Mio. EUR muss spätestens vor der Gründung des Unternehmens am 9. September 2013 getroffen worden sein. Unter den der Kommission vorliegenden Geschäftsplänen kommt der Geschäftsplan vom 14. November 2013 diesem Zeitpunkt am nächsten. Außerdem stellt die Kommission fest, dass auch in diesem Geschäftsplan die Investition von 25 Mio. EUR bereits vorgesehen war. Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Geschäftsplan von November 2013 für die Prüfung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers maßgeblich ist.

(326)

Im Einleitungsbeschluss von 2014 äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die SEA sich wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten habe. Die SEA habe nämlich erstens nicht das Risiko berücksichtigt, dass Airport Handling nach Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität für die Rückzahlung der zuvor der SEAH gewährten und als unvereinbar eingestuften Beihilfe haftbar sein könnte. Zweitens zweifelte die Kommission daran, dass der Geschäftsplan, der der Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling zugrunde liegt, sich auf hinreichend plausible Annahmen stützte. Und schließlich muss die Kommission beurteilen, ob die Entscheidung über die Investition in Airport Handling zu Marktbedingungen getroffen wurde. Die Kommission muss also prüfen, ob der Kapitalgeber angesichts der absehbaren Risiken dieser Investition mit einem angemessenen Ertrag rechnen konnte.

7.2.2.   Von der SEA getroffene Maßnahmen zur Risikobegrenzung

(327)

Hinsichtlich des ersten als bedenklich bewerteten Aspekts ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der SEA das Risiko der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität bewusst war und dass sie Maßnahmen getroffen hat, um dieses Risiko zu begrenzen:

(328)

Dass der SEA dieses Risiko bewusst war, geht aus den Unterlagen hervor, die der Kommission im Zusammenhang mit der Voranmeldung vom November 2013 übermittelt wurden. Das Risiko, dass die Haftung infolge einer wirtschaftlichen Kontinuität von der SEAH auf Airport Handling übergehen könnte, war ein rechtliches Risiko. Die Wahrnehmung und die Gewichtung des Risikos sowie geeignete Maßnahmen zur Begrenzung dieses Risikos hängen von rechtlichen Annahmen zum Zeitpunkt der Investition ab.

(329)

Den verfügbaren Informationen zufolge hatte die SEA die folgenden personalbezogenen Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen: In der Vereinbarung zwischen der SEA und den Gewerkschaften vom 4. November 2013 erklärte die SEA: „[D]er erforderlichen ‚Diskontinuität‘, die Bestandteil jeglicher alternativen Lösung für eine Geldzahlung sein muss, wurde grundlegende Bedeutung beigemessen, da sie gewährleistet, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe nicht auf Dritte ausgedehnt werden kann.“ Im Laufe der Verhandlungen über die teilweise Übertragung der Belegschaft von der SEAH auf Airport Handling wurden die Beschäftigungsstruktur sowie bestimmte Beschäftigungsbedingungen wesentlich geändert (siehe Erwägungsgründe 232-234). Die maßgeblichen Grundsätze wurden in den oben erläuterten Durchführungsvereinbarungen mit den Gewerkschaften vom 4. Juni 2014 geregelt und waren bereits in der Vereinbarung mit den Gewerkschaften vom 13. November 2013 und somit vor den beiden umfangreicheren Kapitalzuführungen vom 10. März und vom 30. Juni 2014 angekündigt worden (siehe Erwägungsgründe 45 und 46).

(330)

Die SEA traf die folgenden risikobegrenzenden Maßnahmen, um bei der Übertragung der Vermögenswerte der SEAH eine Kontinuität auszuschließen: Erstens schloss der Treuhänder Airport Handling aus der öffentlichen Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte aus. Zweitens wurden Airport Handling Vermögenswerte der SEAH nach Maßgabe eines Leasingvertrags zu einer marktüblichen Leasinggebühr überlassen, die in Berichten von zwei unabhängigen Sachverständigen genannt worden war.

(331)

Die SEA traf Maßnahmen, um eine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling auch im Hinblick auf den Kundenstamm zu vermeiden. Die Kunden der SEAH wurden vorab über die Liquidation der SEAH informiert. Mit den Fluggesellschaften, die Airport Handling als ihren Dienstleister auswählten, wurden neue Dienstleistungsverträge mit geänderten finanziellen Bedingungen geschlossen.

(332)

Als weitere Maßnahme zur Risikobegrenzung richtete die SEA einen Trust ein. Wie in Abschnitt 2.3 erläutert, sollte der Trust in erster Linie als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling fungieren und gewährleisten, dass bei der Geschäftstätigkeit von Airport Handling keine Kontinuität mit der SEAH gegeben ist.

(333)

Die Kommission stellt fest, dass im Geschäftsplan von Airport Handling von November 2013 auf das Risiko einer künftigen Haftung für die Rückzahlung der Beihilfe nicht eingegangen wird. In diesem Zusammenhang ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die SEA diesen Geschäftsplan für ihre eigenen Zwecke erstellt hat. Als Muttergesellschaft eines etablierten Marktteilnehmers der Bodenabfertigungssparte und nachweislich im Bewusstsein der Risiken infolge verschiedener Faktoren, die für eine Kontinuität sprechen könnten, war die SEA in der Lage, informierte Investitionsentscheidungen zu treffen, ohne im Geschäftsplan ausdrücklich auf dieses Risiko eingehen zu müssen. Außerdem wurde die endgültige Entscheidung über die Kapitalaufstockung auf 25 Mio. EUR erst im Anschluss an die Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen. Zudem bestätigt die oben beschriebene externe Bewertung des Geschäftsplans von November 2013 (siehe Erwägungsgrund 114), dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Wahrscheinlichkeit der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität und damit einer Haftung für die Rückzahlung der Beihilfe auf weniger als […] (*1) % eingeschätzt und die Investition in Airport Handling daher als wirtschaftlich vernünftig betrachtet hätte.

7.2.3.   Geschäftsplan von Airport Handling

(334)

Bezüglich des zweiten als bedenklich bewerteten Aspekts (d. h. der Frage, ob der der Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling zugrunde liegende Geschäftsplan auf hinreichend plausiblen Annahmen beruht) stellt die Kommission Folgendes fest:

7.2.3.1.   Annahmen zur Verkehrsentwicklung

(335)

Die Prognosen des Verkehrsaufkommens an den Mailänder Flughäfen in Verbindung mit den Marktanteilen von Airport Handling sind ein entscheidender Faktor im Geschäftsplan dieses Unternehmens. Externe Sachverständige (BCG), die die Geschäftspläne von Airport Handling bewertet haben, sind zu dem Schluss gelangt, dass die Prognosen des Unternehmens zur Entwicklung des Verkehrsaufkommens sich mit Prognosen der IATA und von Eurocontrol decken. Die Kommission betrachtet sowohl die IATA als auch Eurocontrol als zuverlässige Quellen für Verkehrsprognosen im Luftverkehrssektor. Hinsichtlich der Anwendung dieser Prognosen auf den Flughafen Malpensa stellt die Kommission fest, dass die Absicht von Airport Handling, einen konstanten Mix der Fluggesellschaften auf diesem Flughafen aufrechtzuerhalten, dem BCG-Bericht zufolge historischen Entwicklungen zuwiderlaufen würde, und dass neue Rechtsvorschriften zur Abwanderung einiger Fluggesellschaften nach Linate führen könnten.

7.2.3.2.   Annahmen zu den Personalkosten

(336)

Dem Geschäftsplan von November 2013 zufolge beläuft sich der Anteil der Personalkosten an den Betriebskosten im Zeitraum 2014-2017 auf durchschnittlich […] (*1) %.

(337)

Die Kommission hat die Plausibilität der dieser erheblichen Kostenposition zugrunde liegenden Annahmen geprüft.

(338)

Erstens stellt die Kommission fest, dass dem Brattle-Bericht zufolge der Prozentanteil der Personalkosten an den gesamten von Airport Handling prognostizierten Betriebskosten weitgehend im Einklang mit der Kostenstruktur der europäischen Bodenabfertigungsbranche steht (Anteil der Personalkosten an den gesamten Betriebskosten: 65-80 %). Diesbezüglich wird im Bericht auf die in der Folgenabschätzung der Kommission zu ihrem Vorschlag für eine neue Bodenabfertigungsverordnung genannten Zahlen Bezug genommen (40).

(339)

Zweitens stellt die Kommission aufgrund der von Italien übermittelten Informationen fest, dass die durchschnittlichen stündlichen Personalkosten von Airport Handling pro VZÄ offenbar bei […] (*1) liegen. Die durchschnittlichen stündlichen Personalkosten werden im Geschäftsplan von November 2013 mit […] (*1) EUR und im Geschäftsplan von August 2014 mit […] (*1) EUR angegeben; diese Kosten sind […] (*1) als die durchschnittlichen stündlichen Kosten der SEAH im Jahr 2013 (ca. […] (*1) EUR) (41). Im Brattle-Bericht wird bestätigt, dass Airport Handling diese Arbeitskosten tatsächlich erreichte, und aus diesem Grund wurde der Geschäftsplan nicht als zu optimistisch bewertet.

(340)

Die Kommission stellt fest, dass der prognostizierte Rückgang der Arbeitskosten angesichts der typischen Kostenstruktur in der Branche offenbar nicht unrealistisch ist.

7.2.3.3.   Annahmen zum Marktanteil

(341)

Die Kommission äußerte Bedenken hinsichtlich der Annahme eines verhältnismäßig hohen Marktanteils im Geschäftsplan von Airport Handling von November 2013. Bei Vorfelddienstleistungen wird ein Marktanteil von [60-70] (*1) % im Jahr 2014 erwartet und für 2017 ein Anstieg auf [70-80] (*1) % prognostiziert. Bei Passagierdienstleistungen wird ein Marktanteil von [60-70] (*1) % im Jahr 2014 angenommen, und für 2017 wird ein Anstieg auf [60-70] (*1) % erwartet.

(342)

Im Jahr 2013 lag der gesamte Marktanteil der SEAH bei [70-80] (*1) % (42). Die Kommission stellt fest, dass der erwartete Marktanteil von Airport Handling unter dem Marktanteil der SEAH liegt. Insoweit wurde nicht davon ausgegangen, dass Airport Handling sämtliche Verträge der SEAH übernehmen würde. Tatsächlich wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass das neue Unternehmen gewisse Marktanteile verlieren könnte.

(343)

Die Strategie von Airport Handling besteht darin, eine im Vergleich zu anderen an den Flughäfen Linate und Malpensa tätigen Abfertigungsgesellschaften höhere Verfügbarkeit anzubieten. Airport Handling garantiert eine Versorgung rund um die Uhr, damit Bodenabfertigungsdienste sogar bei verspäteter Ankunft eines Flugzeugs erbracht werden können. Dies ist ein Wettbewerbsvorteil, der insbesondere bei Fluggesellschaften mit erheblichem Flugaufkommen und mit hohen Frequenzen an Mailänder Flughäfen zum Tragen kommt (beispielsweise bei Alitalia und bei EasyJet). Diese Fluggesellschaften könnten geneigt sein, bei dem Unternehmen zu bleiben, das die betreffenden Dienstleistungen anbieten kann. Dies könnte nachvollziehbar erklären, warum Airport Handling nach der Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit mit einem verhältnismäßig hohen Marktanteil rechnen konnte.

(344)

Außerdem stellt die Kommission aufgrund von Daten für das Jahr 2013 fest, dass der erwartete Marktanteil von Airport Handling (wie im Brattle-Bericht erläutert) geringer war als bei größeren Bodenabfertigungsgesellschaften an anderen italienischen Flughäfen erwartet: i) Bergamo (78,23 %), ii) Cagliari (75,61 %), iii) Catania (77,18 %), iv) Palermo (75,85 %) und v) Turin (68,8 %).

(345)

Ferner stellt die Kommission fest, dass der Marktanteil, den Airport Handling im Jahr 2014 erzielte, tatsächlich höher ist als laut dem Geschäftsplan von November 2013 erwartet. Dieser hohe Marktanteil ist hauptsächlich dadurch zu erklären, dass Airport Handling Verträge mit […] (*1) unterzeichnen konnte. Auf […] (*1) entfällt gemeinsam ein erheblicher Anteil des Verkehrsaufkommens an den beiden Flughäfen ([…] (*1) % in Linate und […] (*1) % in Malpensa).

(346)

Insgesamt hat die Kommission aus den folgenden Gründen keine Zweifel an der Plausibilität der Annahmen von Airport Handling hinsichtlich des Marktanteils: Erstens beruhen die Annahmen auf Wettbewerbsvorteilen von Airport Handling. Zweitens sind diese Annahmen gemessen an den Marktanteilen einer Gruppe von Bodenabfertigungsgesellschaften zum Zeitpunkt der Erstellung des Geschäftsplans offenbar immer noch konservativ. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass sich diese Annahmen im Nachhinein als zutreffend erwiesen haben.

7.2.3.4.   Annahmen zur Rentabilität

(347)

Im Geschäftsplan von November 2013 werden ab dem zweiten Jahr der Geschäftstätigkeit ein EBIT von […] (*1) und ein Gewinn vor Steuern von […] (*1) erwartet. Der EBIT und der Gewinn nach Steuern […] (*1). Im Geschäftsplan von November 2013 werden die üblichen Parameter zur Beurteilung der Rentabilität (beispielsweise der interne Zinsfuß (IRR) oder der Kapitalwert (NPV)) nicht genannt. Der Brattle-Bericht enthält allerdings diesbezügliche Berechnungen aufgrund der Zahlen des Geschäftsplans.

(348)

Als Voraussetzung für eine Investition in Airport Handling muss ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber eine Rendite mindestens in Höhe der Opportunitätskosten seines Kapitals erwarten, die anhand der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) abgeschätzt werden können.

(349)

Im Brattle-Bericht wird der IRR der Investition in Airport Handling berechnet und geprüft, ob der Wert mindestens den WACC entspricht. Dabei werden zwei alternative WACC-Werte angenommen. Der erste liegt bei […] (*1) %; dem Bericht zufolge sind dies die verschuldungsbereinigten WACC nach Steuern laut Geschäftsplan (43). Der zweite beträgt […] (*1) % und wird im Bereich als unterer Wert der Spanne für die Opportunitätskosten des Kapitals berechnet. Je nach Endwert der Investition wird die Kapitalrendite der Investition in Airport Handling auf […] (*1) bis […] (*1) % veranschlagt. Die Berechnungen zeigen, dass der prognostizierte IRR in allen Szenarien über den Opportunitätskosten des Kapitals liegt und dass die Investition daher als rentabel zu betrachten ist.

(350)

Die Kommission stellt fest, dass der Zeithorizont des Geschäftsplans (2014-2017) verhältnismäßig kurz ist. Ob die Prognosen des Geschäftsplans zutreffend sind, kann daher von Schwankungen der zugrunde liegenden Annahmen abhängen. Dieser Zeithorizont ist jedoch vor dem Hintergrund der folgenden Sachverhalte zu bewerten. Erstens wurde der Geschäftsplan für die Flughafenbetreiberin SEA erstellt, die über viele Jahre eine eigene Bodenabfertigungssparte hatte. Zweitens war mit der Umstrukturierung bereits begonnen worden, und die SEAH hatte bereits erhebliche Produktivitätssteigerungen erzielt. Daher erscheint es nicht unangemessen, den Umfang des Geschäftsplans auf das für einen erfahrenen Kapitalgeber wie die SEA erforderliche Minimum zu beschränken.

(351)

Die Kommission stellt fest, dass sich einige wesentliche Annahmen des Geschäftsplans von November 2013 weitgehend bestätigt haben, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Rentabilität und der Marktanteile. Airport Handling war bereits im ersten Jahr seiner Geschäftstätigkeit rentabel. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum von September 2014 bis August 2015 lag der EBIT des Unternehmens bei […] (*1) EUR.

(352)

Daher ist die Kommission in Anbetracht der offenbar nicht unangemessenen Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitskosten und der Marktanteile zu dem Schluss gelangt, dass im Geschäftsplan eine hinreichend hohe Kapitalrendite prognostiziert wurde, um die SEA zur Durchführung der Kapitalzuführung in Höhe von 25 Mio. EUR zu bewegen.

7.2.4.   Schlussfolgerung zum Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils

(353)

Die Kommission stellt fest, dass die SEA hinreichende Maßnahmen getroffen hat, um dem Risiko der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zu begegnen. Der Geschäftsplan beruhte auf Annahmen, die ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber, der über beträchtliche Erfahrung in der Abfertigungsbranche im Luftfahrtsektor verfügt und eine Umstrukturierung des Unternehmens anstrebt, als plausibel und zur Ermittlung der künftigen Rentabilität von Airport Handling hinreichend betrachtet hätte. Die Investition der SEA in Airport Handling ist daher nicht als Vorteil anzusehen, den Airport Handling unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte.

7.2.5.   Schlussfolgerung zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe bei der Investition der SEA in Airport Handling

(354)

Die Investition beinhaltet keinen Vorteil, den Airport Handling unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte. Da somit mindestens eines der kumulativen Kriterien nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht erfüllt ist, gelangt Kommission zu dem Schluss, dass die Investition keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Mit dem Prozess, der zur Liquidation der SEA Handling S.p.A. und zur Gründung der Airport Handling S.p.A. führte, wurde keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen dem erstgenannten und dem letztgenannten Unternehmen begründet.

(2)   Airport Handling ist nicht zur Rückzahlung der Beihilfe heranzuziehen, die im Beschluss C(2012) 9448 der Kommission vom 19. Dezember 2012, berichtigt durch den Beschluss C(2013) 1668 vom 22. März 2013 über die Beihilfe, die die SEA ihrer Tochter SEA Handling S.p.A. in den Jahren 2002-2010 gewährte, als mit dem Binnenmarkt unvereinbar eingestuft wurde.

Artikel 2

Die Gründung und die Kapitalausstattung der Airport Handling S.p.A. im Umfang von 25 Mio. EUR durch Italien stellen keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 5. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 44 vom 6.2.2015, S. 30.

(2)  ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1.

(3)  Siehe Beschluss des Gerichts vom 20. Juni 2013 in der Rechtssache T-152/13 R, ECLI:EU:T:2013:337, und Beschluss des Gerichts vom 1. Juli 2013 in der Rechtssache T-167/13 R, ECLI:EU:T:2013:331.

(4)  Siehe Beschluss vom 28. November 2014 in der Rechtssache T-688/14 R, ECLI:EU:T:2014:1010. Der Präsident des Gerichts wies den Antrag in der Rechtssache T-674/14 R mit Beschluss vom 27. November 2014, ECLI:EU:T:2014:1009, zurück.

(5)  ABl. C 44 vom 6.2.2015, S. 30.

(6)  Punkt 5 der Vereinbarung vom 4. November 2013.

(7)  Gesetz Nr. 223 vom 23. Juli 1991 mit den Vorschriften zum Fonds zur Förderung der Integration und der Mobilität entlassener Arbeitnehmer (Regelungen „Cassa Integrazione“ und „Mobilità“), zur Arbeitslosenunterstützung, zur Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften und zur Arbeitsvermittlung und anderen Vorschriften zum Arbeitsmarkt (GURI Nr. 175 vom 27. Juli 1991).

(*1)  Geschäftsgeheimnis.

(8)  Die freiwillige Liquidation ähnelt weitgehend dem gerichtlichen Liquidationsverfahren; bei der freiwilligen Liquidation obliegt es allerdings nicht dem Gericht, sondern der Aktionärsversammlung, die Insolvenzverwalter zu benennen und ihre Befugnisse festzulegen. Nur wenn in der Versammlung keine Mehrheit der Anteilseigner zusammenkommt, muss das Unternehmen bei Gericht die Erklärung des Liquidationsverfahrens beantragen. Das Gericht benennt dann die Insolvenzverwalter nach der Satzung des Unternehmens oder nach dem Beschluss der Aktionärsversammlung, sofern nicht eindeutig festzustellen ist, dass in einer Aktionärsversammlung infolge einer bestehenden Uneinigkeit zwischen den Anteilseignern kein Beschluss zustande kommen wird; in diesem Fall benennt das Gericht einen Insolvenzverwalter.

(9)  Airport Handling beantragte die Lizenz für die Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Flughäfen Linate und Malpensa am 21. Januar 2014. Die ENAC erteilte Airport Handling die Lizenz am 17. April 2014.

(10)  Die SFP sind eigenkapitalbasierte Instrumente und unterliegen daher keiner Verpflichtung zur Rückzahlung des von der SEA eingebrachten Betrags. Sie sind nicht mit Verwaltungsrechten verbunden, hinsichtlich der Vermögensrechte aber Aktien vergleichbar. Insbesondere beinhalten diese Instrumente Gewinnbeteiligungen und Vorzugsrechte sowie Rechte an anderen Eigenkapitalposten einschließlich der Rechte im Falle einer Abwicklung des Unternehmens.

(11)  An diesem Tag war die SEA noch immer die alleinige Anteilseignerin von Airport Handling.

(12)  An diesem Tag war der Trust alleiniger Anteilseigner von Airport Handling.

(13)  Auftragsbekanntmachung Nr. 2014/S218-385934 vom 12. November 2014 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union („Tenders Electronic Daily“ = TED): http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:385934-2014:TEXT:DE:HTML&src=0.

(14)  „Enddatum“ 18 Kalendermonate nach der Ausfertigung und dem Austausch aller Dokumente und nach der Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen nach Maßgabe des Veräußerungsvertrags.

(15)  Luftseitige Abfertigungsdienste, darunter die Betreuung des Boarding und Deboarding der Fluggäste, die Abfertigung von Gepäck und Fracht, die Schwerpunktermittlung und die Gepäckverteilung.

(16)  Landseitige Abfertigungsdienste.

(17)  Brattle-Bericht, S. 1, Absatz 1, und S. 7, Absatz 34.

(18)  Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11).

(19)  Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1).

(20)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-303/88, ECLI:EU:C:1991:367, Rn. 57; Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 75. Durch die Rückzahlung der Beihilfe muss der Beihilfeempfänger den Vorteil verlieren, den er zuvor auf dem Markt hatte; dadurch wird die Marktsituation von vor Gewährung der Beihilfe wiederhergestellt.

(21)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. Oktober 2011, Kommission/Italien („Beihilfe für die New Interline SpA“), C-454/09, ECLI:EU:C:2011:650, Rn. 36.

(22)  Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C-610/10, ECLI:EU:C:2012:781, Rn. 106.

(23)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission („Seleco-Multimedia“), verbundene Rechtssachen C-328/99 und C-399/00, ECLI:EU:C:2003:252, Rn. 69 und 77-78. Diese Indikatoren wurden im Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 155 bestätigt.

(24)  Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Hellenische Republik u. a./Kommission, verbundene Rechtssachen T-415/05, T-416/05 und T-423/05, ECLI:EU:T:2010:386, Rn. 135.

(25)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 156.

(26)  Siehe Fußnote 40.

(27)  Weiterverfolgung des Ziels, die Arbeitsplätze sämtlicher Beschäftigter der SEAH zu erhalten; siehe Punkt 6 Absatz 1 der Vereinbarung vom 4. November 2013.

(28)  „Inanspruchnahme sämtlicher nach Maßgabe der geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Vorschriften verfügbaren Mechanismen (in erster Linie in Bezug auf den Sozialschutz und das freiwillige Ausscheiden von Arbeitnehmern, auch innerhalb der SEA-Gruppe, sowie hinsichtlich der zum 31. Dezember 2013 auslaufenden Frist übergangslos anzuwendenden Bestimmungen) und Lösungen u. a. unter Versetzung innerhalb der Gruppe (sowohl unter Nutzung neuer Geschäftsmöglichkeiten als auch entsprechend der Übernahme von Geschäftstätigkeiten infolge der Aufgabe von Hub-Flughäfen (De-Hubbing) und durch interne Mobilität entsprechend den organisatorischen Anforderungen der SEA S.p.A.)“; ebd.

(29)  […] (*).

(30)  Die Kommission stellt fest, dass die Vermögenswerte der SEAH den von Airport vorgelegten Erklärungen und umfassenden Bestandverzeichnissen zufolge zum größten Teil veraltet, reparaturanfällig und vollständig abgeschrieben waren.

(31)  Nach dem oben genannten Brattle-Bericht zum Geschäftsplan von Airport Handling beliefen sich die Arbeitskosten des Unternehmens auf […] (*).

(32)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 93.

(33)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 88.

(34)  Erwägungsgrund 16 des Einleitungsbeschlusses.

(35)  Zeitpunkte der Unterzeichnung der Verträge nach einer von Italien vorgelegten Liste: z. B. […] (*).

(36)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 156.

(37)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 86-89.

(38)  Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C-482/99, a. a. O., Rn. 71.

(39)  Urteil des vom Gerichts vom 30. April 1998, Cityflyer Express/Kommission, T-16/96, ECLI:EU:T:1998:78, Rn. 76.

(40)  Anhang zur Folgenabschätzung zum Dokument „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 96/67/EG“ vom 16.1.2012, SEC(2011) 1439 final. Auf S. 95 dieses Dokuments stellt die Kommission fest, dass die Liberalisierung von Bodenabfertigungsdiensten und das Ende von Monopolen oder (Flughafen-/Luftkreuzbetreiber-)Duopolen auf Flughafen dazu geführt hat, dass Bodenabfertigungsdienstleister wettbewerbsfähiger werden mussten und sich einem härteren Wettbewerb ausgesetzt sehen. Am deutlichsten ist dies für die Beschäftigten von Bodenabfertigungsgesellschaften daran spürbar, dass eine höhere Produktivität und größere Flexibilität benötigt werden. Häufig erläutern Bodenabfertigungsdienstleister, dass diese Steigerung der Arbeitsproduktivität deshalb erforderlich sei, weil sich die Personalkosten auf 65-80 % ihrer Gesamtkosten beliefen; Arbeitnehmerorganisationen hingegen erklären gewöhnlich, Bodenabfertigungsgesellschaften konzentrierten sich zu stark auf die Möglichkeit der Kostensenkung über den Faktor Arbeit.

(41)  Brattle-Bericht, S. 11, Rn. 48.

(42)  Brattle-Bericht, S. 9, Rn. 40.

(43)  Dieser WACC-Wert ist dem Brattle-Bericht zufolge höher, weil spezifische Risiken durch eine Anhebung des Beta-Werts berücksichtigt werden.


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