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Document 32013H0730(23)

    Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012/13 bis 2017/18

    ABl. C 217 vom 30.7.2013, p. 93–96 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    30.7.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 217/93


    EMPFEHLUNG DES RATES

    vom 9. Juli 2013

    zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012/13 bis 2017/18

    2013/C 217/23

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

    gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

    (2)

    Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

    (3)

    Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

    (4)

    Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012 bis 2017 ab.

    (5)

    Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem das Vereinigte Königreich als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

    (6)

    Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

    (7)

    Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

    (8)

    Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für das Vereinigte Königreich durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt bei ihrer Analyse zu dem Schluss, dass im Vereinigten Königreich makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die makroökonomischen Entwicklungen im Bereich der Verschuldung der privaten Haushalte im Zusammenhang mit den allgemein hohen Hypothekenschulden und den Besonderheiten des Wohnimmobilienmarkts sowie die ungünstigen Entwicklungen bei der externen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in Bezug auf die Warenexporte und das schwache Produktivitätswachstum, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

    (9)

    Am 30. April 2013 legte das Vereinigte Königreich sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012/13 bis 2017/18 und sein nationales Reformprogramm 2013 vor. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

    (10)

    Gemäß Ziffer 4 des Protokolls (Nr. 15) über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gilt die nach Artikel 126 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestehende Verpflichtung zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite nicht für das Vereinigte Königreich. Gemäß Ziffer 5 des Protokolls bemüht sich das Vereinigte Königreich, ein übermäßiges öffentliches Defizit zu vermeiden. Am 8. Juli 2008 stellte der Rat in einem Beschluss gemäß Artikel 104 Absatz 6 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fest, dass im Vereinigten Königreich ein übermäßiges Defizit bestand.

    (11)

    Auf der Grundlage der Bewertung des Konvergenzprogramms 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das als Grundlage für die Haushaltsprognose dienende makroökonomische Szenario in dem Programm plausibel ist. Das im Konvergenzprogramm skizzierte Ziel der Haushaltsstrategie besteht darin, innerhalb eines gleitenden Zeitraums von fünf Jahren konjunkturbereinigt einen nahezu ausgeglichenen laufenden Haushalt zu erreichen. Das gesamtstaatliche Defizit erreichte im Haushaltsjahr 2009/10 (5) mit 11,5 % des BIP seinen Höchststand und wurde 2012/13 dank einmaliger Maßnahmen, die das Defizit in dem Haushaltsjahr um 2 Prozentpunkte drückten, auf 5,6 % des BIP verringert. Allerdings zeigt das Konvergenzprogramm, dass die Regierung die vom Rat festgesetzte Frist zur Korrektur des übermäßigen Defizits im Haushaltsjahr 2014/15 voraussichtlich nicht einhalten kann, da das Defizit in dem betreffenden Jahr Schätzungen zufolge bei 6,0 % des BIP liegen wird. Laut den Programmprognosen wird das übermäßige Defizit voraussichtlich erst im Haushaltsjahr 2017/18, d. h. drei Jahre nach der vom Rat im Dezember 2009 gesetzten Frist, korrigiert werden und dann bei 2,3 % des BIP liegen. Das Konvergenzprogramm sieht vor, dass sich das strukturelle gesamtstaatliche Defizit nach neuen Berechnungen der Kommission leicht verbessern wird: von 5,6 % des BIP im Haushaltsjahr 2013/14 auf 5,1 % des BIP im Haushaltsjahr 2014/15. Im Zeitraum 2010/11 bis 2012/13 wird die nichtbereinigte Konsolidierungsanstrengung auf durchschnittlich 1,1 % des BIP geschätzt; sie liegt damit deutlich unter der vom Rat empfohlenen Konsolidierungsanstrengung von mindestens 1¾ % des BIP, vor Bereinigung um die Auswirkungen von Korrekturen des Potenzialwachstums, von Mehr- oder Mindereinnahmen. Die größten Risiken für die Haushaltsprognose sind ein unerwartet schwaches Wachstum, das durch eine anhaltend hohe, auf dem privaten Verbrauch lastende Inflation bedingt ist, sowie die mögliche Verschlechterung des internationalen Umfelds, die zu einem Rückgang bei Handel und Investitionen führen könnte.

    Das Konvergenzprogramm umfasst kein mittelfristiges Haushaltsziel, wie es im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehen ist. Das Vereinigte Königreich hat seine Haushaltskonsolidierungsstrategie weiterverfolgt, jedoch fällt das Defizit aufgrund der unerwartet hohen Ausgaben, die sich aus der Wirkung automatischer Stabilisatoren ergeben, sowie angesichts der unerwartet niedrigen Steuereinnahmen höher aus als erwartet. Darüber hinaus waren die bisher ergriffenen Konsolidierungsmaßnahmen nicht ausreichend, um die zur Korrektur des übermäßigen Defizits empfohlene durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung zu erreichen. Darüber hinaus sind potenzielle Einnahmensteigerungen aufgrund struktureller Reformen, z. B. eine Steigerung der Effizienz des Steuersystems durch eine Überprüfung der Struktur der Mehrwertsteuersätze, bislang nur relativ wenig genutzt worden. Die Schuldenquote stieg von 56,1 % des BIP im Haushaltsjahr 2008/09 auf 90,7 % des BIP im Haushaltsjahr 2012/13. Laut dem Konvergenzprogramm wird die gesamtstaatliche Schuldenquote in den Jahren 2015/16 und 2016/17 voraussichtlich auf 100,8 % steigen, bevor sie im Haushaltsjahr 2017/18 auf 99,4 % sinken wird.

    (12)

    Der Verschuldungsabbau der privaten Haushalte setzte sich im Jahr 2012 fort, allerdings bleibt die Verschuldung der Privathaushalte im Vereinigten Königreich mit 96 % des BIP deutlich über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Dieser Verschuldungsabbau wird darüber hinaus möglicherweise nicht von Dauer sein, wenn sich die Wirtschaftslage bessert und sich das Wohnimmobiliengeschäft wieder normalisiert. Angesichts der Wohnungsknappheit bleiben die Immobilienpreise weiterhin hoch und volatil. Aufgrund der Kombination aus hohen Immobilienpreisen und dem großen Anteil variabel verzinslicher Hypotheken wirken sich Zinsänderungen und steigende Arbeitslosigkeit besonders stark auf die Privathaushalte aus. Die Regierung hat eine Reform der Raumplanungsgesetze in Angriff genommen. Der Wohnungsbau bleibt jedoch auf einem niedrigen Niveau, und das Planungssystem, einschließlich der mit der Grünflächenpolitik verbundenen Auflagen, stellt im Hinblick auf die Bereitstellung von Wohnraum weiterhin eine große Einschränkung dar. Staatliche Maßnahmen, die die Nachfrage nach Wohnraum stärker stimulieren als das Angebot, wie das vor kurzem angekündigte „Help to Buy“-Programm, könnten diese Situation noch verschärfen, da sie eine Erhöhung der Immobilienpreise und eine Zunahme der Verschuldung der Privathaushalte bewirken. Das britische System zur Immobilienbesteuerung verbindet eine regressive, wiederkehrende Steuer (Council Tax) mit einer progressiven Transaktionssteuer (Stamp Duty Land Tax). Eine Kombination aus hohen Immobilienpreisen, einer angespannten Finanzlage in vielen Privathaushalten und verantwortungsbewussteren Kreditvergabekriterien wird voraussichtlich auch weiterhin viele Familien mit mittlerem Einkommen vom Immobilienkauf abhalten. In diesem Zusammenhang könnte das (Ver)Mieten von Privatwohnungen zu einer attraktiveren und rentableren langfristigen Alternative zum Wohneigentum gemacht werden.

    (13)

    Im Vereinigten Königreich stellen sowohl Arbeitslosigkeit als auch Unterbeschäftigung, insbesondere unter jungen Menschen, ein Problem dar. Die Arbeitslosenquote lag zu Beginn des Jahres 2013 bei 7,8 %, verglichen mit einem EU-Durchschnitt von 10,9 % und wird im Laufe der Jahre 2013 und 2014 voraussichtlich weitgehend auf demselben Stand bleiben. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 20,7 % weit höher. Sie hat seit 2007, als sie bei 14,3 % lag, stetig zugenommen. Der Anteil junger Menschen, die sich weder in Aus- oder Weiterbildung befinden, noch einer Arbeit nachgehen, liegt bei 14,0 %. Die Beschäftigung im privaten Sektor hat im letzten Jahr aufgrund des langsamen BIP-Wachstums stark zugenommen. Die Produktivität war jedoch nur schwach, und die Lohnzuwächse fielen nur gering aus. Im Vereinigten Königreich herrscht ein Überangebot an gering qualifizierten Arbeitskräften, nach denen die Nachfrage sinkt. Gleichzeitig besteht im Vereinigten Königreich ein Mangel an Arbeitskräften mit hochwertigen beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, was die externe Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren verfügt ein beträchtlicher Anteil der jungen Menschen nicht über die Fähigkeiten und Qualifikationen, die sie benötigen, um sich auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich behaupten zu können. Die Arbeitslosenquote unter gering qualifizierten Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren liegt mit 37,2 % deutlich über dem EU-Durchschnitt. Bei den bestehenden politischen Maßnahmen im Bereich der beruflichen Ausbildung (Vocational education and training — VET) liegt der Schwerpunkt zu stark auf grundlegenden Fähigkeiten und Qualifikationen der Stufe 2, obwohl in der Wirtschaft die Nachfrage nach erweiterten beruflichen Qualifikationen steigt. Wenngleich bereits Maßnahmen ergriffen wurden, um die Qualität der Ausbildungsprogramme zu verbessern, sind in diesem Bereich noch weitere Anstrengungen nötig. Insbesondere bleibt das Qualifikationssystem sehr komplex, was sich negativ auf die Beteiligung von Unternehmen an Ausbildungsprogrammen auswirken könnte. Das Vereinigte Königreich könnte sich auf das derzeitige „Youth Contract“-Programm stützen, um eine „Jugendgarantie“ einzuführen und das Problem der Jugendarbeitslosigkeit und der Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen, die sich weder in Aus- oder Weiterbildung befinden, noch einer Arbeit nachgehen, anzugehen.

    (14)

    Schwache Arbeitsanreize sind ein anhaltendes Problem im Vereinigten Königreich. Die Behörden planen, dieses Problem mit der Einführung des „Universal Credit“-Konzepts anzugehen, in dessen Rahmen Leistungsempfänger einen größeren Teil ihres Einkommens aus Sozialleistungen behalten dürfen, wenn sie in das Erwerbsleben zurückkehren. Während sich das „Universal Credit“-Konzept positiv auf die Beschäftigung auswirken könnte, hängt jedoch auch viel von einer wirksamen Umsetzung des Konzepts sowie von Unterstützungsleistungen, einschließlich des Zusammenspiels mit anderen Sozialleistungen, ab. Gleichzeitig sollen viele Sozialleistungen für Personen im erwerbsfähigen Alter und Steuervergünstigungen bis 2016 um 1 % pro Jahr erhöht werden, was unter der voraussichtlichen Inflationsrate liegt, aber Arbeitsanreize verbessern dürfte. Darüber hinaus wurde im April 2013 eine Reihe weiterer Reformen im Bereich der Sozialleistungen eingeleitet. Es besteht die Gefahr, dass die Armut zunimmt, darunter auch die Armut der Kinder in Haushalten von Personen, die keinen Arbeitsplatz finden. Hingegen sind Umfang, Höhe und Anhebung pauschaler und bedürftigkeitsabhängiger Leistungen für Rentner weitgehend von Kürzungen ausgenommen worden. Die ersten Ergebnisse des „Work Programme“ zeigen, dass es noch Spielraum für Verbesserungen im Hinblick auf dessen Umsetzung und Ergebnisse gibt. Das Vereinigte Königreich steht vor der anhaltenden Schwierigkeit, die Erwerbsbeteiligung von Eltern zu erhöhen und den Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuungsleistungen zu verbessern. Im Hinblick auf den Anteil von Kindern, die in Erwerbslosenhaushalten leben, belegt das Vereinigte Königreich mit 17,3 % in der Union den zweiten Platz. Derzeit gehören die Kinderbetreuungskosten im Vereinigten Königreich zu den höchsten in der Union, was vor allem ein Problem für Zweitverdiener und für alleinerziehende Eltern darstellt. Im Jahr 2010 nahmen nur 4 % der Kinder unter drei Jahren offizielle ganztägige Kinderbetreuungsangebote in Anspruch, was deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 14 % liegt.

    (15)

    Die Verschuldung der britischen Unternehmen ist recht hoch, doch haben manche Unternehmen Schwierigkeiten, sich Zugang zu Krediten zu verschaffen, und die Unternehmensinvestitionen bleiben sehr begrenzt. Der beispiellose Rückgang der Unternehmensinvestitionen nach 2007 hat zu einer Abnahme der Bruttoanlageinvestitionen auf 14,2 % des BIP im Jahr 2012 geführt. Damit steht das Vereinigte Königreich in der Union an drittletzter Stelle. Die britischen Unternehmen geben nur wenig für Forschung und Entwicklung (FuE) aus. Die FuE-Ausgaben fielen von 1,17 % des BIP im Jahr 2001 auf 1,09 % im Jahr 2011. Die Unternehmensinvestitionen haben mit einem jährlichen Zuwachs von 4,9 % im Jahr 2012 wieder leicht angezogen, bleiben jedoch niedrig. Die Netto-Kreditvergabe an den Unternehmenssektor blieb im Jahr 2012 im negativen Bereich. Während größere Unternehmen mit starken Bilanzen in der Lage sind, sich zu historisch niedrigen Zinsen Geld zu leihen, haben viele andere Unternehmen, insbesondere KMU, Schwierigkeiten, sich Zugang zu Krediten zu verschaffen. Dieses Problem wird durch den nur begrenzten Wettbewerb im Bankensektor noch verschärft. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Empfehlungen des Financial Policy Committee der britischen Zentralbank zur konservativen Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen der Banken und zur Schließung ermittelter Kapitallücken, ohne die Kreditvergabe an die Wirtschaft zu beeinträchtigen, dürften dazu beitragen, die finanzielle Stabilität des britischen Bankensystems zu stärken.

    (16)

    Das Vereinigte Königreich steht vor der Herausforderung, seine Energie- und Verkehrsinfrastruktur erneuern und verbessern zu müssen. Des Weiteren benötigt das Vereinigte Königreich bis 2020 beträchtliche Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten und zwar zum einen, um alte Kraftwerke, die stillgelegt werden sollen, zu ersetzen, und zum anderen, um der Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien nachzukommen und strengere CO2-Emissionsnormen einzuhalten. Im Hinblick auf den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch nimmt das Vereinigte Königreich mit 3,8 % unter 27 Mitgliedstaaten den 25. Platz ein (EU-Durchschnitt: 13,0 %). Es muss Rechtssicherheit geschaffen werden, damit rechtzeitig angemessene Investitionen getätigt werden. Die fehlenden Kapazitäten und die mangelnde Qualität der britischen Verkehrsnetze stellen ein strukturelles Problem für die Wirtschaft dar, insbesondere für die Hersteller, Vertreiber und Exporteure von Gütern. Es besteht derzeit eine erhebliche Diskrepanz zwischen den bereits zugesagten öffentlichen und privaten Finanzmitteln und dem anstehenden Bedarf an Investitionen in den Verkehrssektor. Die Regierung versucht, diese Diskrepanz durch die Priorisierung öffentlicher Ausgaben zugunsten der Infrastruktur und durch die Gewinnung zusätzlicher privater Investitionen zu verringern. Die Stückkosten in den Bereichen Bau und Wartung von Verkehrsinfrastruktur bleiben im Vereinigten Königreich ebenfalls hoch.

    (17)

    Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik des Vereinigten Königreichs umfassend analysiert. Sie hat das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Vereinigten Königreich berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

    (18)

    Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme hierzu (6) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

    (19)

    Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2, 3, 5 und 6 wider —

    EMPFIEHLT, dass das Vereinigte Königreich im Zeitraum von 2013 bis 2014

    1.

    mit Hilfe ausreichend spezifizierter Maßnahmen für das Haushaltsjahr 2013/14 und darüber hinaus eine intensivierte Haushaltsstrategie verfolgt; eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014/15 und die Einhaltung der in den Empfehlungen des Rates zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit festgelegten Konsolidierungsanstrengungen gewährleistet sowie einen dauerhaften Abwärtstrend bei der hohen Schuldenquote erreicht; zur nachhaltigen Korrektur der haushaltspolitischen Ungleichgewichte ehrgeizige Strukturreformen durchführt, die zur Verbesserung der Anpassungsfähigkeit und zur Steigerung des Potenzialwachstums beitragen; bei der Straffung der Finanzpolitik einen differenzierten, wachstumsfreundlichen Ansatz verfolgt, indem es zeitnahen Investitionsausgaben mit hohen wirtschaftlichen Erträgen Vorrang einräumt und einen ausgewogenen Ansatz im Hinblick auf die Zusammensetzung der Konsolidierungsmaßnahmen verfolgt sowie die mittel- und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen fördert; zur Steigerung der Einnahmen den Mehrwertsteuer-Normalsatz umfassender anwendet;

    2.

    weitere Maßnahmen zur Vergrößerung des Wohnungsangebots ergreift, darunter eine weitere Liberalisierung der Raumplanungsgesetze und eine effiziente Umsetzung des Planungssystems; sicherstellt, dass die Wohnungspolitik, einschließlich des „Help to Buy“-Programms, keine übermäßige und unvorsichtige Hypothekenkreditvergabe zur Folge hat, und ein größeres Angebot an Wohnraum fördert, um höhere Immobilienpreise zu vermeiden; Reformen, unter anderem im Bereich der Grund- und Immobilienbesteuerung durchführt, um Verzerrungen zu verringern und den Wohnungsbau in der nahen Zukunft zu fördern; Schritte unternimmt, um das Funktionieren der Mietmärkte zu verbessern, insbesondere indem längere Mietverträge sowohl für den Mieter als auch den Vermieter attraktiver gestaltet werden;

    3.

    auf der Grundlage des „Youth Contract“-Programms die Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt, zum Beispiel über eine „Jugendgarantie“; die Qualität von Ausbildungsprogrammen verbessert und deren Dauer verlängert, das Qualifikationssystem vereinfacht sowie das Engagement der Arbeitgeber, insbesondere bei der Vermittlung fortgeschrittener und mittlerer technischer Fähigkeiten, stärkt; die Zahl junger Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren mit sehr schlechten Grundfertigkeiten verringert, u. a. durch eine wirksame Umsetzung des „Traineeships“-Programms;

    4.

    die Bemühungen verstärkt, einkommensschwache Haushalte zu unterstützen und die Kinderarmut zu verringern, indem es gewährleistet, dass das „Universal Credit“-Konzept und andere Sozialreformen zu einem gerechten Steuer- und Sozialleistungssystem mit stärkeren Arbeitsanreizen und mehr Unterstützungsleistungen führen; die Umsetzung der geplanten Maßnahmen zur Reduzierung der Kinderbetreuungskosten beschleunigt und die Qualität und Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsangeboten verbessert;

    5.

    weitere Schritte unternimmt, um die Verfügbarkeit von Finanzierungen durch Banken und Nichtbanken für den Unternehmenssektor zu steigern, und dabei gewährleistet, dass die Maßnahmen vor allem auf rentable Unternehmen, insbesondere KMU, ausgerichtet sind; Markteintrittsschranken im Bankensektor abbaut, die mit einem Bankenwechsel verbundenen Kosten senkt und die Gründung neuer Banken (Challenger Banks) durch Veräußerung von Bankaktiva begünstigt; die Empfehlungen des Financial Policy Committee zur konservativen Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen der Banken und zur Schließung ermittelter Kapitallücken wirksam umsetzt;

    6.

    Maßnahmen zur baldigen Steigerung der Investitionen in das Infrastrukturnetz ergreift, insbesondere durch Förderung effizienterer und besser fundierter Planungs- und Entscheidungsprozesse; einen stabilen Rechtsrahmen für Investitionen in neue Energieerzeugungskapazitäten, einschließlich erneuerbare Energien, schafft; die Kapazität und Qualität der Verkehrsnetze verbessert, indem die Vorhersehbarkeit sowie die Planungs- und Finanzierungssicherheit gefördert und die wirksamste Mischung öffentlicher und privater Finanzierungsquellen genutzt wird.

    Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    R. ŠADŽIUS


    (1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

    (2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

    (3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

    (4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 91.

    (5)  Die Angabe des Zeitraums 2009/10 bezieht sich auf das Haushaltsjahr, das am 1. April 2009 beginnt und am 31. März 2010 endet.

    (6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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