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Document 32013H0730(02)

    Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2016

    ABl. C 217 vom 30.7.2013, p. 5–9 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    30.7.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 217/5


    EMPFEHLUNG DES RATES

    vom 9. Juli 2013

    zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2016

    2013/C 217/02

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

    gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

    (2)

    Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

    (3)

    Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf nationaler Ebene, auf Ebene der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

    (4)

    Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Belgiens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

    (5)

    Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Belgien als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

    (6)

    Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

    (7)

    Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und der Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

    (8)

    Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Belgien durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Belgien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die makroökonomischen Entwicklungen im Bereich der externen Wettbewerbsfähigkeit von Waren und die Verschuldung, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der hohen öffentlichen Verschuldung auf die Realwirtschaft, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

    (9)

    Am 29. April 2013 übermittelte Belgien sein Stabilitätsprogramm 2013 für den Zeitraum 2012 bis 2016 und sein nationales Reformprogramm 2013. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

    (10)

    Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist. Es geht von einem BIP-Wachstum von 0,2 % im Jahr 2013 und 1,5 % im Jahr 2014 aus und ist damit ein wenig optimistischer als die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen (0 % bzw. 1,2 %). Belgien hat seit 2010 und insbesondere im Jahr 2012 Konsolidierungsmaßnahmen getroffen und im Jahr 2012 auch Strukturreformen im Rentensystem, im System der Arbeitslosenunterstützung und in den Produktmärkten durchgeführt. Die haushaltspolitische Anstrengung ist jedoch hinter der Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2009 zur Beendigung des übermäßigen Defizits zurückgeblieben. Auch angesichts der Rekapitalisierung der Bankengruppe Dexia, die eine negative Auswirkung von 0,8 % des BIP auf das Defizit hatte, und der unerwartet ungünstigen Wirtschaftsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2012 ist die Frist 2012 für die Korrektur des übermäßigen Defizits nicht eingehalten worden. Daher ist jetzt vorgesehen, dass das Defizit ab 2013 auf unter den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP zurückgeführt wird. Mit der im Stabilitätsprogramm skizzierten Haushaltsstrategie soll bis 2015 ein strukturell ausgeglichener Haushalt und bis 2016 das mittelfristige Haushaltsziel erreicht werden. Im Stabilitätsprogramm wurde das mittelfristige Haushaltsziel von einem Überschuss von 0,5 % auf 0,75 % des BIP angehoben. Das neue mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Das Stabilitätsprogramm ist mit der neuen Frist im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit von 2013 vereinbar, doch der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge ist der Sicherheitsabstand zu dem im Vertrag verankerten Referenzwert bei einem für 2013 erwarteten Defizit von 2,9 % des BIP gering.

    Der geplante jährliche Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, das der Projektion zufolge bis 2016 erreicht wird, liegt strukturell gesehen über 0,5 % des BIP. Konsolidierungsmaßnahmen, die über 2013 hinausweisen, werden nicht genannt. Laut den Angaben im Stabilitätsprogramm wird davon ausgegangen, dass das Wachstum der Staatsausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 zu einer jährlichen strukturellen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Umfang von 0,5 % des BIP beiträgt. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird der Schuldenstand im Jahr 2013 einen Spitzenwert von 100 % des BIP erreichen und bis 2016 allmählich auf 93 % des BIP sinken. Von 2014 bis 2016 befindet sich Belgien im Hinblick auf die Einhaltung des Schuldenstandskriteriums voraussichtlich in einer Übergangszeit. Den Plänen zufolge wird der Richtwert für den Schuldenstand am Ende der Übergangszeit erreicht. Die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen geht davon aus, dass der Schuldenstand bei unveränderter Politik 101,4 % des BIP im Jahr 2013 erreicht und weiter auf 102,1 % des BIP im Jahr 2014 steigt und dass demnach der Übergang zum Schuldenabbau 2014 nicht gelingt, woraus sich ergibt, dass der Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unzureichend ist. Im Stabilitätsprogramm wird nicht erläutert, wie die Lasten der geplanten Anpassung auf die verschiedenen Regierungsebenen verteilt werden sollen — ein Problem, das auch in der letztjährigen länderspezifischen Empfehlung angesprochen wurde. Über einen regelbasierten mehrjährigen Rahmen für den öffentlichen Gesamthaushalt hinaus müssen explizite Koordinierungsregelungen ausgearbeitet und vereinbart werden, um sicherzustellen, dass die Regionen, Gemeinschaften und Kommunen zur Einhaltung der Haushaltsziele automatisch stärker in die Pflicht genommen werden.

    (11)

    Belgien sieht sich Projektionen zufolge bereits im Zeitraum 2010 bis 2020 einem sehr signifikanten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben (+ 2,0 Prozentpunkte des BIP) gegenüber, insbesondere in den Bereichen Rente und Langzeitpflege. Die eingeleitete Reform des Alterssicherungssystems dürfte sich positiv auf die Beschäftigung älterer Menschen auswirken. Dennoch wird Belgien Prognosen zufolge in diesem Bereich hinter dem selbstgesetzten 2020-Ziel zurückbleiben. Angesichts der Dimension der Herausforderung wird es zusätzlicher Anstrengungen bedürfen, um die Lücke zwischen tatsächlichem und gesetzlichem Renteneintrittsalter zu schließen. Mit Maßnahmen zur Koppelung des gesetzlichen Rentenalters an die Entwicklung der Lebenserwartung könnte die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems gesichert werden. Das Gebot der finanziellen Tragfähigkeit wird gegen das Erfordernis der Bewahrung einer angemessenen Alterssicherung abgewogen werden müssen. Im Bereich der Langzeitpflege sollte untersucht werden, wie öffentliche Mittel für Langzeitpflegedienste kosteneffizienter eingesetzt, Einsparungen wie Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation erreicht und angesichts der in Belgien verhältnismäßig hohen Kosten der stationären Pflege die Voraussetzungen für die eigenständige Lebensführung verbessert werden können.

    (12)

    Belgiens langfristiger Verlust an Wettbewerbsfähigkeit ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter das Lohnfindungssystem, Fehlfunktionen der Märkte für Vorleistungen sowie Nichtkostenfaktoren im Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft. Die Lohnnorm von 1996, mit der die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den wichtigsten Handelspartnern gesichert werden sollte, hat die ihr zugedachte Rolle nicht immer erfüllt. Die Sofortmaßnahmen, die bisher ergriffen wurden, um die Lohnentwicklung stärker an die Produktivität anzugleichen, sind Schritte in die richtige Richtung, reichen jedoch nicht aus, um die langfristige Kompatibilität von Lohn- und Produktivitätsentwicklung sicherzustellen. Es bedarf nach wie vor struktureller Verbesserungen im System der Tarifverhandlungen, darunter automatische Korrekturen bei Nichteinhaltung der Lohnnorm oder bei einem Anstieg des Gesundheitsindex, der die Lohnsteigerungen in den wichtigsten Handelspartnerländern übertrifft. Das Tarifverhandlungssystem sollte gewährleisten, dass sich die Lohnentwicklung an der subregionalen und lokalen Produktivitätsentwicklung orientiert. Belgien ist auf Zwischenerzeugnisse spezialisiert, bei denen ein scharfer internationaler Wettbewerb herrscht, weswegen es schwierig ist, Schwankungen bei den Kosten der Vorleistungen im Endpreis zu berücksichtigen. Zwar haben sich die Stärken des belgischen Forschungs- und Innovationssystems mildernd auf das Problem des Kostenwettbewerbs ausgewirkt, doch in der Privatwirtschaft sind Forschung und Entwicklung weiter stark konzentriert, und die breitere Nutzung durch die Unternehmen hinkt hinterher. Die Rahmenbedingungen für eine Beschleunigung des Übergangs zu einer stärker wissensbasierten Wirtschaft sollten verbessert werden, wobei der Schwerpunkt auf unternehmerischer Initiative, Begünstigung der Unternehmensdynamik und Bildung von Humankapital liegen sollte.

    (13)

    Die Preise für Strom und viele weitere Waren und Dienstleistungen sind in Belgien höher als in anderen Mitgliedstaaten, was durch einen Mangel an Wettbewerb und strukturelle Hemmnisse bedingt ist. Die Preise im Einzelhandel liegen nach wie vor über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets, während Beschränkungen für freiberufliche Dienstleistungen die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle erschweren und Investitionen im Wege stehen. Belgien hat bei der Stärkung des Wettbewerbs in den netzgebundenen Wirtschaftszweigen nur begrenzte Fortschritte gemacht, und die Errichtung starker und unabhängiger Regulierungsbehörden ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Der Verbreitungsgrad mobiler Breitbanddienste in Belgien ist der zweitniedrigste in der Union, was vor allem auf Regulierungs- und Koordinierungsprobleme im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Frequenzen zurückzuführen ist. Während die Vorherrschaft des traditionellen Energieversorgers im Bereich der Erzeugung infolge eines verstärkten Anbieterwechsels seitens der Kunden geschwächt wurde, stellt der Wettbewerb im Strom- und Gaseinzelhandel und im Stromgroßhandel weiter eine Herausforderung dar, da aufgrund der hohen Verteilungskosten die Nettopreise für Industriekunden im Vergleich zu den Nachbarländern unverhältnismäßig hoch sind. Belgiens Entscheidung, die vom Endabnehmer zu entrichtenden Einzelhandelspreise für Strom und Gas zu kontrollieren, könnte Investitionen in Kapazitäten erschweren und neue Anbieter vom Markteintritt abhalten. Im Postsektor geben die Bedingungen für die Lizenzerteilung weiter Anlass zu Bedenken. Der inländische Schienenpersonenverkehr ist nicht für den Wettbewerb geöffnet, und das Hafenarbeitsrecht wurde nicht modernisiert. Angesichts der Bedeutung der vorgenannten Sektoren für die Wettbewerbsfähigkeit sind diese Maßnahmen dringend erforderlich.

    (14)

    Das belgische Steuersystem ist unverhältnismäßig stark auf direkte Steuern gestützt und weist Schlupflöcher auf, die die Steuergerechtigkeit beeinträchtigen. Zwar hat Belgien einige Anstrengungen unternommen, um die steuerliche Gesamtbelastung des Faktors Arbeit zu verringern, doch die implizite Steuerquote ist für die meisten Kategorien von Arbeitskräften weiter eine der höchsten in der Union. Belgien gehört nach wie vor zu den Ländern, in denen der Anteil der Umweltsteuern am Gesamtsteueraufkommen am niedrigsten ist. Es bestehen Spielräume für die Vereinfachung und effizientere Gestaltung des Steuersystems, u. a. durch Abbau und gezieltere Ausrichtung von Steuervergünstigungen sowie Aufhebung ungerechtfertigter und ineffektiver ermäßigter Mehrwertsteuersätze.

    (15)

    Belgien hat eine unterdurchschnittliche und stagnierende Erwerbsbeteiligung und weist bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit erhebliche regionale und soziale Unterschiede auf. Zu den Bevölkerungsgruppen mit der niedrigsten Beteiligung am Arbeitsmarkt gehören Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen und geringqualifizierte junge Menschen in allen Landesteilen. Diese Gruppen sind zugleich stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Reform der Arbeitslosenunterstützung ist ein Schritt in die richtige Richtung, bietet jedoch für sich allein keine Gewähr für einen effektiveren Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie nicht mit einer wirksamen Unterstützung bei der Arbeitssuche und Fortbildungsangeboten gekoppelt ist. Aus den Wechselwirkungen zwischen den gezielten Kürzungen auf föderaler Ebene und den Beschäftigungsförderungsprogrammen der Regionen erwächst ein erhebliches Maß an Komplexität. Obwohl die Fördermaßnahmen für geringqualifizierte junge Menschen auch Zuwanderern zugutekommen dürften, bedarf es speziell für Letztere einer umfassenden Strategie. Zudem werden bestimmte Diskrepanzen zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage kaum zu beheben sein, wenn die überregionale Mobilität der Arbeitskräfte nicht erheblich gesteigert wird. Einer gründlicheren Prüfung ist die Frage zu unterziehen, wie die Aus- und Weiterbildung transparenter und effizienter gestaltet werden kann und wie sich die Synergien zwischen den verschiedenen Bildungsanbietern steigern lassen.

    (16)

    Projektionen für die Emission von Treibhausgasen bis 2020 deuten darauf hin, dass Belgien sein Ziel einer Verringerung um 15 % verfehlen wird. Unklar bleibt, wie die isolierten Initiativen der verschiedenen Behörden gewährleisten sollen, dass das Ziel erreicht wird, und wie die Lasten zwischen den Regionen verteilt werden sollen. Welche Wirkung die kombinierten Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen, insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäude, haben sollen, ist ebenfalls unklar. Die Verkehrsdichte stellt eine schwere Belastung für die belgische Wirtschaft dar — die auf ganze 2 % des BIP veranschlagt wird und damit zu den höchsten in Europa zählt —, doch die Einführung des neuen Verkehrssteuersystems in den drei Regionen wurde auf 2016 verschoben.

    (17)

    Die mit einer stark regionalisierten Struktur verbundenen Koordinierungsprobleme machen eine effiziente Organisation der öffentlichen Verwaltung vordringlich, da die Vielzahl von Netzwerken, Ebenen und Akteuren zu Parallelstrukturen führen kann, die das Regierungshandeln erschweren, aber höhere Verwaltungskosten verursachen. Von Bedeutung ist dies im Hinblick auf die Besteuerung und die Verteilung der Lasten der haushaltspolitischen Anstrengungen, einschließlich jener für Bildung und soziale Sicherheit, wofür allgemein ein höheres Maß an Zusammenarbeit und Koordinierung erforderlich wäre.

    (18)

    Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Belgiens umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Belgien berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

    (19)

    Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

    (20)

    Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4 und 5 wider.

    (21)

    Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat an die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro (6) ist, besondere Empfehlungen gerichtet. Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Belgien eine vollständige und rechtzeitige Umsetzung auch dieser Empfehlungen gewährleisten —

    EMPFIEHLT, dass Belgien im Zeitraum von 2013 bis 2014

    1.

    zusätzliche Maßnahmen trifft, um die dem Beschluss des Rates zur Inverzugsetzung entsprechende strukturelle Anpassungsanstrengung zu vollbringen, das übermäßige Defizit bis 2013 zu korrigieren und die Tragfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Konsolidierung zu stärken. Eine nachhaltige Korrektur der haushaltspolitischen Ungleichgewichte erfordert die glaubwürdige Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, die die Anpassungskapazität und das Potenzialwachstum steigern; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Anpassung in geeignetem Tempo fortsetzt, um das mittelfristige Haushaltsziel bis 2016 zu erreichen, und gewährleistet, dass die hohe Schuldenquote auf einen soliden Abwärtspfad gebracht wird; hierzu bis zum 15. Oktober 2013 wachstumsfreundliche Maßnahmen für 2014 vorstellt, die eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits und ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gewährleisten; sicherstellt, dass die Anpassungsanstrengung ausgewogen über den Programmzeitraum verteilt oder sogar auf den Beginn des Programmzeitraums ausgerichtet ist; explizite Koordinierungsregelungen verabschiedet, um zu gewährleisten, dass die Haushaltsziele auf föderaler und subföderaler Ebene in einem mittelfristigen Planungshorizont verbindlich sind — auch durch zügige Verabschiedung einer den Anforderungen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion entsprechenden Vorschrift für den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo bzw. Haushaltsüberschuss —, und die Transparenz der Lastenverteilung und der Rechenschaftspflicht auf allen Regierungsebenen zu erhöhen;

    2.

    verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gesetzlichen Renteneintrittsalter zu schließen, und dafür auch die gegenwärtigen Reformen zur Verringerung der Frühverrentungsmöglichkeiten weiter verfolgt; die Reformen der Alterssicherungssysteme durch Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktreformen, die das aktive Altern begünstigen, unterstützt; das tatsächliche Renteneintrittsalter dadurch erhöht, dass das gesetzliche Rentenalter oder Rentenleistungen an die Veränderungen bei der Lebenserwartung gekoppelt werden; beim Einsatz öffentlicher Mittel für stationäre Langzeitpflege die Kosteneffizienz weiter steigert;

    3.

    die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt, die laufenden Bemühungen um die Reform des Lohnfindungssystems einschließlich der Lohnindexierung fortsetzt, insbesondere indem in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten strukturelle Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Lohnfindung auf die Produktivitätsentwicklung reagiert, subregionale und örtliche Produktivitätsunterschiede und Arbeitsmarktverhältnisse widerspiegelt und automatische Korrekturen vorsieht, wenn die Lohnentwicklung die kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt;

    4.

    konkrete strukturelle Maßnahmen nebst Zeitplan vorstellt, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu stärken, indem Hemmnisse im Einzelhandel beseitigt und übermäßige Beschränkungen in freien Berufen aufgehoben werden, und das Angebot an mobilen Breitbanddiensten verbessert; das Funktionieren des Energiesektors weiter verbessert, indem die Verteilungskosten gesenkt und die Einzelhandelskosten überwacht werden; die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden im Energie-, im Telekommunikations- und im Verkehrssektor (Eisenbahn, Flughäfen) stärkt; im Postsektor verbliebene regulatorische Beschränkungen aufhebt;

    5.

    konkrete Vorschläge nebst Zeitplan für eine Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu Steuern unterbreitet, die sich weniger verzerrend auf das Wachstum auswirken, insbesondere durch Prüfung des Potenzials von Umweltsteuern, z. B. auf Dieselkraftstoff und Heizstoffe sowie die Besteuerung der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen; das Steuersystem vereinfacht, indem es Steuervergünstigungen bei der Einkommensteuer abbaut; die Effizienz der Mehrwertsteuererhebung steigert, die Steuerdisziplin fördert und bestehende Steuerschlupflöcher schließt;

    6.

    negative Arbeitsanreize weiter verringert, indem gewährleistet wird, dass die Auflagen für die Arbeitssuche wirksam durchgesetzt und alle Arbeitslosen bei der Arbeitssuche individuell unterstützt werden; Maßnahmen trifft, um die interregionale Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern; Beschäftigungsanreize, Aktivierungsmaßnahmen, Maßnahmen zum Ausgleich von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage sowie Maßnahmen im Bereich Bildung, lebenslanges Lernen und berufliche Bildung für ältere und junge Menschen vereinfacht und ihre Kohärenz stärkt; eine umfassende Eingliederungs- und Arbeitsmarktstrategie für Menschen mit Migrationshintergrund ausarbeitet;

    7.

    eine klare Aufteilung der Anstrengungen zwischen den föderalen und den Regionalbehörden vereinbart und konkrete Maßnahmen ergreift, um zu gewährleisten, dass im Hinblick auf die Ziele für eine Verringerung der Treibhausgasemissionen durch nicht unter das Emissionshandelssystem fallende Tätigkeiten — vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäude — Fortschritte erzielt werden.

    Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    R. ŠADŽIUS


    (1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

    (2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

    (3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2012/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

    (4)  ABl. C 219, vom 24.7.2012, S. 5.

    (5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

    (6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


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