EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32011D0306

2011/306/EU: Durchführungsbeschluss der Kommission vom 20. Mai 2011 über die Nichtanwendung von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste auf den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2011) 3406) Text von Bedeutung für den EWR

ABl. L 137 vom 25.5.2011, p. 55–59 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 18/04/2016; Aufgehoben durch 32014L0025

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2011/306/oj

25.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 137/55


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 20. Mai 2011

über die Nichtanwendung von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste auf den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2011) 3406)

(Nur der tschechische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2011/306/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (1), insbesondere auf Artikel 30 Absätze 4 und 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHLAGE

(1)

Am 22. November 2010 ging bei der Kommission per E-Mail ein Antrag der Tschechischen Republik gemäß Artikel 30 Absatz 4 der Richtlinie 2004/17/EG ein, den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG auszunehmen. Die Kommission forderte mit einer E-Mail vom 21. Januar 2011 weitere Informationen an. Die Antwort der tschechischen Behörden wurde mit E-Mail vom 9. Februar 2011 übermittelt.

(2)

Dem Antrag lag die vorläufige Stellungnahme einer unabhängigen nationalen Behörde (Úřad pro ochranu hospodářské soutěže, das tschechische Amt für den Wettbewerbsschutz) vom 7. November 2008 bei. Das tschechische Amt für den Wettbewerbsschutz hatte eine Analyse der Bedingungen für den Zugang zum relevanten Markt vorgenommen und war zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser keinen Einschränkungen unterliegt. Die Stellungnahme enthält jedoch keine Aussage dazu, ob die übrigen Bedingungen für den unmittelbaren Wettbewerb in Bezug auf den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik erfüllt sind.

(3)

In der Tschechischen Republik baut allein die OKD a.s. bitumenhaltige Steinkohle ab, ein privates Unternehmen, das sich zu 100 % im Besitz der privaten niederländischen Holdinggesellschaft New World Resources (NWR) befindet.

II.   RECHTLICHER RAHMEN

(4)

Nach Maßgabe des Artikels 30 der Richtlinie 2004/17/EG fallen Aufträge, die die Ausübung einer der Tätigkeiten, auf die die Richtlinie Anwendung findet, ermöglichen sollen, nicht unter die Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, wird anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des betreffenden Sektors ermittelt. Der Zugang zu einem Markt gilt als frei, wenn der betreffende Mitgliedstaat die einschlägigen Vorschriften des EU-Rechts, durch die ein bestimmter Sektor oder ein Teil davon für den Wettbewerb geöffnet wird, umgesetzt hat und anwendet. Diese Rechtsvorschriften sind in Anhang XI der Richtlinie 2004/17/EG aufgeführt. Es sind jedoch in diesem Anhang keine Rechtsvorschriften zur Liberalisierung des Sektors der Aufsuchung und Gewinnung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen aufgelistet. Daher kann der freie Zugang zum Markt nicht vermutet werden, und es ist der Nachweis zu erbringen, dass der Zugang zu diesem Markt de jure und de facto frei ist.

(5)

Eine Prüfung der für die Erteilung von Abbaurechten in der Tschechischen Republik geltenden Rechtsvorschriften ergab, dass diese Lizenzen derzeit ohne Diskriminierung auf der Grundlage einer Bewertung der Berufsqualifikation des Antragstellers sowie seiner technischen und finanziellen Möglichkeiten zur Durchführung der Arbeiten erteilt werden. Für die Zwecke dieses Beschlusses könnte der Zugang zu einer Bergbaukonzession als de jure frei angesehen werden.

(6)

Ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, sollte anhand verschiedener Indikatoren beurteilt werden, von denen keiner für sich genommen notwendigerweise den Ausschlag gibt. Ein Kriterium, das in Bezug auf die Märkte, die dieser Beschluss betrifft, berücksichtigt werden sollte, ist der Gesamtmarktanteil der drei Hauptakteure auf einem bestimmten Markt (2) Ein weiteres Kriterium ist der Konzentrationsgrad auf diesen Märkten. Angesichts der Merkmale der betreffenden Märkte sollten noch weitere Kriterien berücksichtigt werden, beispielsweise wie häufig Kunden von einem Produzenten zum andern wechseln.

(7)

Dieser Beschluss lässt die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften unberührt.

III.   WÜRDIGUNG

(8)

Der Antrag der Tschechischen Republik betrifft den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik.

(9)

Der tschechische Antrag bezieht sich auf den so genannten „Primärmarkt für bitumenhaltige Steinkohle“, der sowohl den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle als auch den Großhandelsvertrieb von Kohle (3) umfasst. Bei einer Analyse des Wettbewerbs auf dem Markt für den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle müssen auch die Verbindungen zwischen Abbau und Erstvermarktung/Großhandelsvertrieb der bitumenhaltigen Steinkohle berücksichtigt werden. Diese Definition steht auch in Einklang mit vorherigen Entscheidungen der Kommission (4) in Bezug auf die Gewinnung anderer Arten von Brennstoffen.

(10)

Die bitumenhaltige Steinkohle weist unterschiedliche chemische Zusammensetzungen und Qualitäten auf, die von den geologischen Bedingungen der einzelnen ausgebeuteten Flöze abhängen. Sie lässt sich in unterteilen in Kokskohle und Kesselkohle. Diese beiden Arten bitumenhaltiger Steinkohle werden zwar in der gleichen Weise und unter Einsatz der gleichen Technologien abgebaut, dienen aber einem völlig unterschiedlichen Endverbrauch und haben eine unterschiedliche Abnehmerbasis. Sie haben verschiedene Preise und sind nicht austauschbar.

(11)

Kokskohle wird definiert als bitumenhaltige Steinkohle einer Qualität, die zur Verkokung in Hochöfen eingesetzt und nicht unmittelbar zum Heizen oder für die Energieerzeugung verwendet wird. Kokskohle wird ausschließlich von Kokereien erworben. Kokskohle ist der einzige Rohstoff für die Erzeugung von Koks und wird derzeit für keinen anderen Zweck verwendet. Kokskohle kann nicht durch Kesselkohle ersetzt werden.

(12)

Kesselkohle ist Kohle, die nicht die Voraussetzungen für die Verkokung erfüllt. Kesselkohle wird in Kraftwerken als Brennstoff für die Erzeugung von Strom, Wärme und Dampf verwendet, als Teil des Produktionsprozesses in Industrieanlagen wie Zuckerraffinerien, Ziegeleien, Zementwerken und Kalköfen, Papierfabriken usw.. Kesselkohle kann durch Kokskohle ersetzt werden, dies wäre jedoch wirtschaftlich nicht sinnvoll.

(13)

Kokskohle kann je nach Qualität noch in weitere Kategorien unterteilt werden. Am hochwertigsten ist die so genannte harte Kokskohle, gefolgt von der so genannten halbharten und der so genannten halbweichen Kokskohle. Der Markt für diese unterschiedlichen Arten von Kokskohle ist jedoch nicht segmentiert, und für die Würdigung im Rahmen dieses Beschlusses wird keine solche Unterscheidung vorgenommen.

(14)

Dem Antrag entsprechend werden daher für die Zwecke der Prüfung der Bedingungen des Artikels 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG die Märkte für Kokskohle und Kesselkohle als unterschiedliche Produktmärkte betrachtet, die separat geprüft werden sollten.

(15)

Im Antrag der Tschechischen Republik wird die Auffassung vertreten, dass der räumlich relevante Markt über das tschechische Hoheitsgebiet hinausgeht und — in Bezug auf Kokskohle — das Gebiet der Tschechischen Republik, der Slowakei, Österreichs, Polens und Ungarns umfasst. In Bezug auf Kesselkohle sollte nach Ansicht des Antragstellers der räumlich relevante Markt die Tschechische Republik, die Slowakei, Österreich, Polen, Ungarn und Deutschland umfassen. Als wichtigste Begründung für diese Definition des Marktes werden der große Umfang der grenzüberschreitenden wechselseitigen Versorgung, der Wechsel der Kunden von einem Produzenten zum anderen und die Abwesenheit administrativer Hindernisse (Zollschranken, Kontingente usw.) angeführt.

(16)

Dem Antrag zufolge (5) ist die Tschechische Republik Nettoausführer sowohl von Koks- als auch von Kesselkohle. Im Jahr 2009 führte die Tschechische Republik 3 581 000 t Kokskohle und 2 389 000 t Kesselkohle (6) aus, was etwa 61 % bzw. 47 % der jeweiligen inländischen Erzeugung entspricht. Im gleichen Jahr beliefen sich die Einfuhren in die Tschechische Republik auf 771 000 t Kokskohle und 954 000 t Kesselkohle, entsprechend 13 % bzw. 19 % der jeweiligen inländischen Erzeugung (7); diese Einfuhren kamen vor allem aus Polen. Die Einfuhren aus Polen machten bei Kokskohle rund 90 %, bei Kesselkohle rund 80 % der Gesamteinfuhren aus.

(17)

Obwohl der Antragsteller angibt, dass die von der OKD in der Tschechischen Republik geförderte Koks- und Kesselkohle in einem Umkreis von 500 km wettbewerbsfähig ist, ist festzustellen, dass die OKD-Kunden in einem Umkreis von etwa 350 km um die Förderstätte der Kohle in Ostrava herum angesiedelt sind.

(18)

Hinsichtlich der Vermarktung von Kokskohle hat die OKD einen wichtigen Kunden in der Slowakischen Republik, der 2007 rund 26 % und 2009 rund 30 % der OKD-Produktion aufkaufte, und einen weiteren Großkunden in Österreich, der 2007 rund 13 % und 2009 rund 19 % der von der OKD geförderten Kohle abnahm. Weiter nennt der Antragsteller als einen seiner wichtigsten Kunden außerhalb der Tschechischen Republik ein polnisches Unternehmen, das jedoch nur etwa 8 % der OKD-Produktion abnimmt.

(19)

In Bezug auf Kesselkohle hat die OKD abgesehen von den tschechischen Kunden einen wichtigen Abnehmer in Österreich, auf den 2007 rund 12 % und 2009 rund 21 % des OKD-Absatzes entfielen, sowie einen Kunden in Deutschland, der 2007 rund 5 % und 2009 rund 3 % der Kesselkohle abnahm.

(20)

Dem Antrag zufolge sind die drei größten Wettbewerber hochgradig konzentriert (8); dies ist in der Tat auf allen nationalen Märkten zu beobachten, sowohl in Bezug auf Kesselkohle als auch in Bezug auf Kokskohle. Der Antragsteller gibt außerdem an, dass der weitaus größte Teil der geförderten Kohle auf dem lokalen Markt verbraucht wird (9), was für alle im Antrag berücksichtigten Ländern des geographischen Raums, in denen bitumenhaltige Steinkohle abgebaut wird (Tschechische Republik, Polen, Deutschland) zutrifft.

(21)

Gemäß der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes (10) umfasst der geographisch relevante Markt das Gebiet, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. Es sollte daher angemerkt werden, dass in den Küstenregionen Mitteleuropas (insbesondere in Norddeutschland und im Norden Polens) Kohle auf dem Seeweg eingeführt wird, und dass in diesen Gebieten u. a. aufgrund der Tatsache, dass die Frachtraten im Seeverkehr erheblich niedriger sind als im Landverkehr, andere Wettbewerbsbedingungen gegeben sein können (11).

(22)

Der Antragsteller gibt an, dass wichtige Faktoren für die Kohlepreisbildung Versorgungsstabilität und -sicherheit sowie die Laufzeit des Vertrags (12) sind, und dass Lieferverträge sowohl für Koks- als auch für Kesselkohle in der Regel langfristig geschlossen werden.

(23)

Die Abnehmer bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik kaufen die Kohle von der OKD oder, in beschränkten Mengen, von polnischen Unternehmen. Einfuhren aus anderen Ländern nehmen zwar zu, sind aber derzeit relativ unbedeutend (13).

(24)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen wird für die Zwecke der Prüfung der Bedingungen des Artikels 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG davon ausgegangen, dass der räumliche Markt sowohl für Kesselkohle als auch für Kokskohle auf die Tschechische Republik und Polen beschränkt ist. Aufgrund der oben beschriebenen Unterschiede zwischen den Regionen, die Kohle leicht auf dem Seeweg einführen können, und denjenigen, bei denen die Entfernung zur Küste zu groß ist, könnte der Markt sogar noch kleiner sein und nur die Tschechische Republik und den Süden Polens umfassen. Die Frage kann jedoch offen gelassen werden, da die umfassendere Definition des Marktes die für den Antragsteller vorteilhaftere ist. Bei beiden Definitionen des Marktes führt die Analyse zum gleichen Ergebnis.

(25)

Es wird daher der Schluss gezogen, dass in Bezug auf den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle der Gesamtmarktanteil der drei größten Erzeuger ein Indikator für den Grad des Wettbewerbs auf den nationalen Märkten ist.

(26)

Die OKD und zwei polnische Kokskohle-Produzenten sind die bei Weitem wichtigsten Lieferanten auf dem relevanten räumlichen Markt. Die OKD ist der größte Kokskohleproduzent in der Tschechischen Republik (75,5 % Marktanteil in der Tschechischen Republik 2008). Die beiden polnischen Kokskohleproduzenten sind die größten Lieferanten in Polen (60,2 % bzw. 19,3 % Marktanteil in Polen 2008). In dem räumlichen Markt, der die Tschechische Republik und Polen umfasst, betrug der Gesamtmarktanteil der drei größten Produzenten 2008 rund 93 %. Weiter sollte angemerkt werden, dass der größte Wettbewerber der OKD allein einen Marktanteil von rund 49 % erreicht.

(27)

Selbst wenn man, wie es der Antragsteller fordert, einen größeren Markt betrachtet, der die Tschechische Republik, die Slowakei, Österreich, Polen und Ungarn umfasst, wäre der Gesamtmarktanteil der drei größten Wettbewerber noch immer sehr hoch (91,3 % im Jahr 2005, 87,7 % im Jahr 2006, 85 % im Jahr 2007 und 86,6 % im Jahr 2008 (14)); dies kann nicht als Hinweis für einen ausreichenden Wettbewerb auf dem Markt für Kokskohle gelten.

(28)

Wie in Erwägungsgrund (22) erläutert, spielt die Versorgungsstabilität und –sicherheit eine wichtige Rolle in den vertraglichen Beziehungen. Die Informationen des Antragstellers bezüglich der Verbraucher, die den Kokskohleproduzenten gewechselt haben zeigt, dass es bei diesem Produkt praktisch keinen Wechsel gibt. Die Lieferverträge für Kokskohle haben lange Laufzeiten, und es wurden keine Nachweise dafür erbracht, dass OKD-Kunden den Lieferanten gewechselt haben. Folglich kann nicht angenommen werden, dass ein Kokskohle-Abnehmer ohne Weiteres den Produzenten wechseln würde oder überhaupt wechseln könnte, falls die OKD die Preise geringfügig aber doch spürbar erhöhen würde.

(29)

Die OKD und zwei polnische Kesselkohleproduzenten sind die bei Weitem wichtigsten Lieferanten auf dem relevanten räumlichen Markt. Die OKD ist der größte Kesselkohleproduzent in der Tschechischen Republik (61,6 % Marktanteil in der Tschechischen Republik 2008). Die beiden polnischen Kesselkohleproduzenten sind die größten Produzenten in Polen (52,5 % bzw. 17,7 % Marktanteil in Polen 2008). In dem räumlichen Markt, der die Tschechische Republik und Polen umfasst, betrug der Gesamtmarktanteil der drei größten Produzenten 2008 rund 72 %. Weiter sollte angemerkt werden, dass der größte Wettbewerber der OKD allein auf einen Marktanteil von rund 50 % an dem räumlichen Markt kam, der die Tschechische Republik und Polen umfasst.

(30)

Darüber hinaus gibt es auf allen drei in Erwägungsgrund 29 genannten räumlichen Märkten für Kesselkohle (die Tschechische Republik für sich genommen, Polen für sich genommen und ein räumlicher Markt, der beide Länder umfasst) einen Wirtschaftsteilnehmer, der allein einen Marktanteil von rund 50 % oder sogar mehr hat. In diesem Zusammenhang sei auch an die ständige Rechtsprechung (15) erinnert, nach der „besonders hohe Anteile — von außergewöhnlichen Umständen abgesehen — ohne weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung liefern. Dies ist der Fall bei einem Marktanteil von 50 %.“

(31)

Selbst wenn man von einem größeren Markt ausgeht, der die Tschechische Republik, die Slowakei, Österreich, Polen, Ungarn und Deutschland umfasst, wie es der Antragsteller fordert, wäre der Gesamtmarktanteil der drei größten Wettbewerber noch immer sehr hoch (62,7 % im Jahr 2005, 60,2 % im Jahr 2006, 56,9 % im Jahr 2007 und 57,3 % im Jahr 2008 (16)).

(32)

Wie bei der Kokskohle spielt auch bei der Kesselkohle die Versorgungsstabilität und -sicherheit eine wichtige Rolle in den vertraglichen Beziehungen. Die Informationen des Antragstellers bezüglich der Verbraucher, die den Produzenten gewechselt haben, zeigt, dass eine Reihe von OKD-Kunden für Kesselkohle in bestimmten Jahre keine Kohle von der OKD beziehen oder dass Jahresverträge oder kurzfristige Verträge nicht erneuert werden. Da der Antragsteller jedoch nicht der Aufforderung nachgekommen ist, Angaben zu den betreffenden Liefermengen und deren Anteil an der OKD-Produktion zu machen, kann kaum der Schluss gezogen werden, dass ein OKD-Kunde ohne Weiteres den Produzenten wechseln würde, falls die OKD die Preise geringfügig aber doch spürbar erhöhen würde.

IV   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(33)

Die Lage hinsichtlich des Abbaus bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik lässt sich daher wie folgt zusammenfassen: Sowohl bei Kessel- als auch bei Kokskohle erreichen die drei größten Wettbewerber auf dem räumlichen Markt, wie er für die Zwecke dieses Beschlusses definiert wurde, einen hohen Gesamtmarktanteil; dabei fällt besonders ins Gewicht, dass der größte Produzent allein einen Anteil von fast 50 % hat. Die Märkte sollten daher als hochgradig konzentrierte Märkte betrachtet werden. Wie in Erwägungsgrund 20 erläutert, wird die geförderte Kohle überwiegend auf dem lokalen Markt verbraucht. Die Angaben dazu, wie häufig Kunden von einem Produzenten zum andern wechseln, lassen nicht den Schluss zu, dass ein Käufer bitumenhaltiger Steinkohle ohne Weiteres den Produzenten wechseln würde oder überhaupt wechseln könnte, falls die OKD die Preise geringfügig aber doch spürbar erhöhen würde.

(34)

Der Antragsteller räumte weiter ein, dass angesichts der Tatsache, dass der Abbau bitumenhaltiger Steinkohle außerhalb der bereits erschlossenen Fördergebiete (die vor allem von der OKD ausgebeutet werden) nicht wirtschaftlich ist, der Eintritt eines weiteren Unternehmens in den tschechischen Markt nicht realistisch und auch in den letzten fünf Jahren nicht vorgekommen ist (17). Gleiches gilt für die Vermarktung der Kohle; hier gibt der Antragsteller an, dass seines Wissens nach keine neuen Unternehmen in größerem Umfang in den tschechischen Markt eingetreten sind, und dass die meisten wichtigen Großkunden langfristige Verträge abgeschlossen haben (18).

(35)

Angesichts der in den Erwägungsgründen 8 bis 34 untersuchten Faktoren sollte der Schluss gezogen werden, dass der Markt für den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle, sowohl für Kesselkohle als auch für Kokskohle, in der Tschechischen Republik derzeit nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG keine Anwendung auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in der Tschechischen Republik ermöglichen sollen. Für die Vergabe von Aufträgen, die den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik ermöglichen sollen, oder die Durchführung von Wettbewerben für die Ausübung dieser Tätigkeit in der Tschechischen Republik gilt folglich weiterhin die Richtlinie 2004/17/EG.

(36)

Dieser Beschluss beruht auf der Rechts- und Sachlage von November 2010 bis März 2011, wie sie sich in den von der Tschechischen Republik vorgelegten Informationen darstellt. Sollten aufgrund entscheidender Änderungen der Rechts- und Sachlage die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG gegeben sein, kann der Beschluss geändert werden.

(37)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für das öffentliche Auftragswesen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG findet keine Anwendung auf den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle in der Tschechischen Republik. Für die Vergabe von Aufträgen, die die Ausübung solcher Tätigkeiten in der Tschechischen Republik ermöglichen sollen, gilt folglich weiterhin die Richtlinie 2004/17/EG.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Tschechische Republik gerichtet.

Brüssel, den 20. Mai 2011

Für die Kommission

Michel BARNIER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)  Dies entspricht der gängigen Praxis der Kommission (z. B. Entscheidung der Kommission 2009/47/EG (ABl. L 19 vom 23.1.2009 S. 57) sowie Beschluss der Kommission 2010/192 (ABl. L 84 vom 31.3.2010, S. 52), usw.)

(3)  Siehe Seite 21 des Antrags: „… besteht kein Markt für den Abbau bitumenhaltiger Steinkohle, der Markt kann erst auf der nächsten Ebene definiert werden, d. h. der des Verkaufs der geförderten Kohle durch die Produzenten.“

(4)  Entscheidung der Kommission vom 29. September 1999 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache Nr. IV/M. 1532 — BP Amoco/Arco), Erwägungsgrund 14.

(5)  Siehe Tabelle 2 auf S. 39 des Antrags.

(6)  Europäische Kommission General, Generaldirektion Energie und Verkehr, Stelle zur Beobachtung des Kohle- und Erdölmarktes — Angebot und Nachfrage in Bezug auf feste Brennstoffe in der Tschechischen Republik 2009.

(7)  Siehe Fußnote 5.

(8)  Siehe Antrag, S. 23, Absatz 6.

(9)  Siehe Antrag, S. 23, Absatz 6.

(10)  Siehe die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5).

(11)  Siehe Antrag, S. 14, Absatz 4.

(12)  Siehe Antrag, S. 8, Absatz 3.

(13)  Im Jahr 2009 machten Kokskohleeinfuhren aus den USA etwa 1 % des Verbrauchs aus, eingeführte Kesselkohle aus Russland deckte rund 6 % des Verbrauchs. Nach den im Schreiben des Antragstellers vom 9.2.2011 genannten noch vorläufigen Zahlen stieg 2010 der Anteil der Kokskohleeinfuhren aus den USA auf 3 % des Verbrauchs und der Anteil der aus Russland eingeführten Kesselkohle auf 12 % des Inlandsverbrauchs.

(14)  Siehe Tabelle auf S. 58 des Antrags.

(15)  Siehe Rdnr. 328 des Urteils des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 28. Februar 2002. Atlantic Container Line AB und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Rechtssache T-395/94. Sammlung des Europäischen Gerichtshofs 2002, Seite II-00875.

(16)  Siehe Tabelle auf S. 59 des Antrags.

(17)  Siehe Absatz 5 auf S. 62 des Antrags.

(18)  Siehe Absatz 6 auf S. 62 des Antrags.


Top