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Document 32009D0554

    2009/554/EG: Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 2008 über die staatliche Beihilfe C 49/06 (ex NN 65/06), die Italien Poste Italiane als Vergütung für den Vertrieb von buoni fruttiferi postali gezahlt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 5585) (Text von Bedeutung für den EWR )

    ABl. L 189 vom 21.7.2009, p. 3–37 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2009/554/oj

    21.7.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 189/3


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

    vom 21. Oktober 2008

    über die staatliche Beihilfe C 49/06 (ex NN 65/06), die Italien Poste Italiane als Vergütung für den Vertrieb von „buoni fruttiferi postali“ gezahlt hat

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 5585)

    (Nur der italienische Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2009/554/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den vorgenannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I.   VERFAHREN

    (1)

    Mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 reichte die italienische Bankenvereinigung Associazione Bancaria Italiana (nachstehend „ABI“ genannt) bei der Kommission eine Beschwerde ein, der zufolge das Unternehmen Poste Italiane SpA (nachstehend „PI“ genannt) bei seinem Finanzdienstleistungsgeschäft, das von der 100 %igen Tochter Bancoposta betrieben wird, mehrere Vorteile genießt.

    (2)

    Der Beschwerde zufolge erhält PI einen überhöhten Ausgleich für die Kosten des Vertriebs von Postspar-Finanzprodukten im Namen und für Rechnung der „Cassa Depositi e Prestiti SpA“ (nachstehend „CDP“ genannt). Ein weiterer Vorteil ergebe sich daraus, dass PI ein Exklusivecht für den Vertrieb dieser Produkte besitze, so dass die Kunden davon abgehalten würden, entsprechende Produkte der Banken zu nutzen.

    (3)

    Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 wandte sich die Kommission mit mehreren Fragen an Italien, die insbesondere das Postsparen betrafen. Italien beantragte eine Verlängerung der Antwortfrist und übermittelte die Antworten schließlich mit Schreiben vom 21. April 2006. Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 erbat die Kommission weitere Informationen; Italien antwortete mit Schreiben vom 31. Juli 2006 und 9. August 2006.

    (4)

    Am 30. März 2006 fand eine Sitzung mit Vertretern Italiens und PI-Vertretern statt.

    (5)

    Mit Schreiben vom 20. April 2006 ersuchte die Kommission ABI um Erläuterungen, die die Bankenvereinigung mit Schreiben vom 8. Juni 2006 übermittelte.

    (6)

    Mit Schreiben vom 22. November 2006 setzte die Kommission Italien von ihrer Entscheidung in Kenntnis, wegen der in Rede stehenden Maßnahme das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

    (7)

    Die Entscheidung der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

    (8)

    Italien kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom 2. Februar 2007 nach.

    (9)

    ABI antwortete mit Schreiben vom 13. März 2007. Mit Schreiben vom 20. März 2007 leitete die Kommission die Ausführungen von ABI zur Stellungnahme an Italien weiter. Die betreffende Stellungnahme Italiens wurde mit Schreiben vom 18. April 2007 übermittelt.

    (10)

    Am 20. Mai 2007 fand ein Treffen zwischen Vertretern von ABI und den Kommissionsdienststellen statt.

    (11)

    Mit Schreiben vom 23. März 2007 ersuchte die Kommission ABI um weitere Erläuterungen, die ABI mit Schreiben vom 18. Mai 2007 übermittelte. Mit Schreiben vom 23. Mai 2007 leitete die Kommission die Ausführungen von ABI an Italien weiter, das dazu mit Schreiben vom 22. Juni 2007 Stellung nahm.

    (12)

    Am 25. Januar 2008 ersuchte die Kommission Italien um ergänzende Informationen, die mit Schreiben vom 11. März 2008,13. Mai 2008 und 17. Juni 2008 übermittelt wurden.

    (13)

    Im Januar 2007 schrieb die Kommission ein Gutachten über die Vergütung des Vertriebs von „buoni fruttiferi postali“ (nachstehend „BFP“ genannt) aus (2007/S 29-034352). Da bei einem der Bieter ein Interessenkonflikt nicht ausgeschlossen werden konnte, ersuchte die Kommission Italien und ABI mit Schreiben vom 29. Juni 2007 um Stellungnahme; Italien antwortete mit Schreiben vom 5. Juli 2007.

    (14)

    Da in der Zwischenzeit die Bindungsfrist der Angebote abgelaufen war, veröffentlichte die Kommission am 9. November 2007 eine neue Ausschreibung (COMP/2007/D3/23) und schloss am 20. Dezember 2007 mit einem unabhängigen Sachverständigen (nachstehend „Sachverständiger“ genannt) einen Vertrag über die Erstellung des Gutachtens. Am 21. Juni 2008 legte der Sachverständige der Kommission den Abschlussbericht vor.

    II.   TÄTIGKEITEN VON CDP UND PI/BANCOPOSTA — BETROFFENE MÄRKTE

    II.1.   CDP

    (15)

    Die ehemals staatliche Finanzinstitution CDP wurde Ende 2003 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Seither befindet sich CDP trotz der Übertragung von 30 % des Aktienkapitals auf 65 Bankenstiftungen (3) weiterhin unter staatlicher Kontrolle.

    (16)

    CDP hat die Aufgabe, Folgendes zu fördern: staatliche Investitionen, Infrastrukturprojekte zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auf lokaler Ebene und umfangreiche Arbeiten von landesweitem Interesse.

    (17)

    Seit 2003 sind die Tätigkeiten von CDP auf zwei Sparten aufgeteilt:

    Die erste Sparte („gestione separata“) umfasst die Verwaltung der Finanzierung von Investitionen des Staates, der Regionen, der Gebietskörperschaften, der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Unternehmen und anderer öffentlich-rechtlicher Einrichtungen. Die Annahme staatlich garantierter Spareinlagen ist dabei die wichtigste Kapitalquelle.

    Die zweite Sparte („gestione ordinaria“) umfasst die Verwaltung der Finanzierung von Arbeiten, Betrieben, Netzen und Ausrüstung zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und zur Durchführung von Entwässerungsprojekten. Zu diesem Zweck kann CDP durch die Ausgabe von Wertpapieren, Kredite und andere Finanzgeschäfte ohne staatliche Garantie Kapital beschaffen.

    II.2.   PI

    (18)

    PI erbringt in Italien den Post-Universaldienst und hat die Pflichten des Post-Universaldienstes (4) im Sinne der italienischen Rechtsvorschriften (5) und der Verordnungen über den Post-Universaldienst übernommen. Finanzdienstleistungen fallen gegenwärtig nicht unter den PI erteilten Auftrag zur Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.

    (19)

    Neben der Erbringung des Post-Universaldienstes kann PI im gesamten Staatsgebiet auch Produkte und integrierte Dienste in den Bereichen Kommunikation, Logistik und Finanzen anbieten. Die Hauptkennzahlen sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen (6).

    Tabelle 1

    Hauptkennzahlen von PI

    Jahr 2006

    Beschäftigte insgesamt (Jahresdurchschnitt)

    151 470

    Geografische Gebiete

    9

    Filialen:

    140

    Postämter

    13 893

    Hauptkennzahlen der Gruppe Poste Italiane

    Erträge insgesamt

    17 055,6

    Erträge aus Verkäufen und Leistungen

    15 932,2

    davon:

    aus Postdiensten

    5 339,4

    aus Finanzdienstleistungen

    4 382,5

    aus Versicherungsleistungen

    5 993,6

    aus sonstigen Dienstleistungen

    216,7

    sonstige Erträge

    1 123,3

    Nettoergebnis

    675,7

    Postsektor

    Produkte und Dienstleistungen

    Volumen (Stückzahl)

    Briefsendungen (Standardbriefsendungen, beschleunigte Sendungen, Einschreibesendungen, Wertsendungen, amtliche Bescheide, sonstige Einschreibesendungen)

    3 522 792 200

    Handelssendungen (Postatarget, Kataloge, Postwurfsendungen usw.)

    1 887 699 700

    Zeitschriften (Drucksachen, Gadgets, Bücher usw.)

    1 216 045 800

    Elektronische Kommunikation (Telegramme, Faxe, Fernschreiben)

    17 442 800

    Expresssendungen (Poste Italiane und Sda)

    46 284 600

    Pakete

    16 052 000

    Postsparen

    Sparbücher, „buoni fruttiferi“ und Postgiro: im Betrag von insgesamt

    282 408 Mio. EUR

    Lebensversicherungspolicen: gezeichnet über

    5 989 Mio. EUR

    Konto BancoPosta: Anzahl der eingerichteten Girokonten

    4 880 000

    Postepay-Karte: Anzahl der ausgegebenen Karten

    2 801 000

    (20)

    Nach der Bilanz von PI belief sich der Beitrag der Postdienste zum Gesamtertrag der Gruppe im Jahr 2006 auf 33,5 %. 27,5 % des Gesamtergebnisses wurde mit Finanzdienstleistungen erwirtschaftet und 37,6 % entfielen auf Versicherungsleistungen. Das operative Ergebnis der PI-Gruppe stammte zu 82 % aus Finanzdienstleistungen und zu 18,7 % aus Versicherungsleistungen. Im Geschäftsbereich Postdienste waren operative Verluste in Höhe von 4 Mio. EUR zu verzeichnen.

    (21)

    Bis Dezember 2003 befand sich PI zu 100 % im Eigentum des italienischen Staates. Im Dezember 2003 übertrug der italienische Staat 35 % des Gesellschaftskapitals von PI auf CDP. Poste Italiane SpA ist als privatwirtschaftliches Unternehmen ebenfalls unter staatlicher Kontrolle.

    II.2.1.   Postdienste

    (22)

    Aus einer vor kurzem erstellten Studie (7) geht hervor, dass der italienische Markt für Postdienste vor der Umsetzung der ersten Postrichtlinie (8) relativ offen war. Neben PI konnten auch andere Betreiber Direktwerbesendungen und hybride Postsendungen befördern. Darüber hinaus waren einige lokale Anbieter von Postdiensten als Unterauftragnehmer von PI in der Zustellung von Postsendungen tätig. Nach der Umsetzung der Richtlinie 97/67/EG über Postdienste wurde die Zustellung hybrider Postsendungen den reservierten Postdiensten zugerechnet, was zur Beendigung der Vertragsverhältnisse mit den Unterauftragnehmern führte. Grenzüberschreitende eingehende und abgehende Postsendungen gehören vollständig zum reservierten Bereich von PI. Zum 1. Januar 2003 wurde die zweite Postrichtlinie (9) in italienisches Recht umgesetzt, die die Vollendung des Binnenmarkts für Postdienste bis zum 1. Januar 2009 vorsieht. Danach sind die reservierten Dienste auf Briefsendungen bis zu 100 Gramm beschränkt, deren Preis niedriger ist als das Dreifache des Basistarifs für eine Briefsendung der schnellsten Kategorie. Seit dem 1. Januar 2006 umfasst der reservierte Bereich von PI Briefsendungen mit einem Gewicht von bis zu 50 Gramm, deren Preis unter dem Zweieinhalbfachen des Basistarifs für eine Briefsendung der schnellsten Kategorie liegt. Zum reservierten Bereich gehören ferner die so genannten Back-office-Leistungen und die Zustellung von Massensendungen. Der Markt für Postdienste ist inzwischen de jure relativ offen, da mittlerweile auch die Zustellung von Direktwerbesendungen liberalisiert ist. Die Marktzutrittsregeln gelten nicht als besonders streng (10).

    (23)

    Am 19. Oktober 2006 hat die Kommission eine neue Postrichtlinie zur Vollendung des Binnenmarkts für Postdienste in der Gemeinschaft vorgeschlagen. Die Richtlinie (11) trat am 27. Februar 2008 in Kraft und sieht die Abschaffung der rechtlichen Monopolstellungen im Bereich der Postdienste bis spätestens 31. Dezember 2010 vor, wobei einige Mitgliedstaten die Möglichkeit haben, diese Frist bis zum 31. Dezember 2012 zu verlängern.

    II.2.2.   Finanzdienstleistungen

    (24)

    Die Bank- und Finanzdienstleistungen, zu deren Erbringung PI befugt ist und die den Geschäftsbereich der Bancoposta ausmachen, wurden per Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 144 vom 14. März 2001 geregelt. Diese Geschäftstätigkeit umfasst unter anderem Folgendes: Annahme von Spareinlagen jeder Art; Erbringung von Zahlungsdienstleistungen; Devisengeschäfte; Werbung für und Vertrieb von Finanzierungsprodukten aus Mitteln von Banken und anderen zugelassenen Finanzintermediären, Erbringung bestimmter Anlagedienste (Handel für fremde Rechnung sowie Entgegennahme und Ausführung von Aufträgen; ausgenommen sind somit Handel für eigene Rechnung und individuelle Vermögensverwaltung). PI darf ausdrücklich keine Finanzierungsgeschäfte betreiben.

    (25)

    PI/Bancoposta kann als Sparinstitut und als Finanzintermediär betrachtet werden. Obwohl Bancoposta keine Bank ist, bedient sie sich doch der zahlreichen PI-Postämter für ihre Geschäftstätigkeit einschließlich des Anbietens von Bank- und anderen Finanzprodukten.

    (26)

    Die 13 893 Postschalter (im Durchschnitt mindestens einer pro Gemeinde, so dass PI in Italien als Finanzinstitut über das größte Vertriebsnetz verfügt) sind eher ein Vorteil als eine Belastung: Zur Deckung der Kosten des Netzes tragen im Wesentlichen die Finanzdienstleistungen von PI bei, die folglich für die Erbringer des Universaldienstes keine Belastung darstellen können (12).

    (27)

    In einem 2004 veröffentlichten Bericht weist die Rating-Agentur Fitch darauf hin, dass PI/Bancoposta die gesamte italienische Bevölkerung erreichen kann, wozu kein anderes italienisches Finanzinstitut in absehbarer Zeit in gleichem Umfang in der Lage sein dürfte (13). Darüber hinaus ist die Agentur der Ansicht, dass PI den Ausbau der Finanzdienstleistungen zum Kern seiner Geschäftsstrategie gemacht hat.

    (28)

    PI bietet ein breites Spektrum von Finanzdienstleistungen an, die im Wettbewerb mit den Produkten des Bankensektors stehen:

    direkte und indirekte Annahme von Spareinlagen und entsprechende Anlagen;

    Zahlungsdienstleistungen;

    Vertrieb von Finanz- und Anlageprodukten.

    (29)

    Am relevantesten für diese Entscheidung sind die Instrumente zur Annahme von Einlagen und insbesondere Postspareinlagen: Dabei nimmt PI im Rahmen des Vertriebs von BFP und von Postsparbüchern Einlagen im Namen und für Rechnung von CDP an.

    (30)

    Darüber hinaus hat PI in den letzten Jahren sein Angebot an Zahlungsinstrumenten für seine eigenen Kunden erheblich ausgeweitet. Neben den traditionell von PI angebotenen Leistungen (Postanweisungen und Postscheckdienste) sind Instrumente hinzugekommen, die vorher nur von den Banken angeboten wurden (Debit- und Kreditkarten, Überweisungen, Lastschriftverfahren zur Begleichung von Rechnungen) (14).

    (31)

    Schließlich bietet PI die folgenden Finanz- und Anlageprodukte an:

    strukturierte Anleihen, die von Banken begeben werden;

    Versicherungspolicen, die von Poste Vita (15) ausgestellt werden;

    Investmentfonds der Vermögensverwaltungsgesellschaft Bancoposta Fondi SGR (16);

    Finanzierungen für fremde Rechnung. Angeboten werden Verbraucherkredite und Hypothekendarlehen auf Rechnung von Banken.

    III.   GEGENSTAND DER BEIHILFERECHTLICHEN WÜRDIGUNG

    (32)

    Die beihilferechtliche Würdigung betrifft die Vergütung, die CDP im Zeitraum 2000—2006 für den Vertrieb von BFP an PI gezahlt hat.

    III.1.   Postspareinlagen

    (33)

    In Artikel 1 Absatz 1 des Dekrets des Wirtschafts- und Finanzministeriums vom 6. Oktober 2004 (17) (nachstehend „Dekret“ genannt) zum Gesetzesdekret Nr. 269 vom 30. September 2003 wird das Postsparen wie folgt definiert: Annahme von Geldern durch CDP S.p.a. über Poste italiane S.p.a. mit der Verpflichtung zur — staatlich garantierten — Rückzahlung. Zu diesem Zweck werden Postsparbücher und BFP verwendet.

    (34)

    Nach Artikel 1 Absatz 2 des Dekrets stellt das Postsparen, d. h. die Annahme von Geldern durch CDP über PI, eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dar.

    III.1.1.   Postsparbücher

    (35)

    Postsparbücher sind Instrumente zur Annahme von Geldern, für die eine staatliche Garantie besteht, so dass sie nur mit einem geringen Risiko behaftet sind. Postsparbücher können entweder die Form von Namenspapieren oder von Inhaberpapieren haben. Postsparbücher werden hauptsächlich für Einzahlungen und Abhebungen genutzt.

    (36)

    Am 22. November 2006 entschied die Kommission, dass die Vergütung, die CDP im Zeitraum 2000—2005 für den Vertrieb von Postsparbüchern an PI gezahlt hat, keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt.

    III.1.2.   BFP

    (37)

    Bei den BFP handelt es sich um Instrumente zur Annahme von Geldern, für die eine staatliche Garantie besteht, so dass sie nur mit einem geringen Risiko behaftet sind. Sie können nicht gehandelt werden, da eine Übertragung gesetzlich verboten ist. Kapital zuzüglich aufgelaufener Zinsen sind bei Sicht fällig. BFP können somit mit einer amerikanischen Put-Option verglichen werden, bei der der Anleger das Recht hat, jederzeit während der Laufzeit der Anlage die Rückzahlung zu einem festgesetzten Preis zu fordern. Die Zinsen werden einmalig zum Zeitpunkt der Rückzahlung ausbezahlt und unterliegen einer Quellensteuer von 12,5 %.

    (38)

    Bei BFP handelt es sich um so genannte „one-coupon bonds“, die laufend emittiert werden, so dass der Gesamtbetrag einer Emission nicht im Voraus festgelegt wird. Der Vertrieb, die Verwaltung und die Rückzahlung von BFP und andere damit verbundene Leistungen sind für die Anleger kostenfrei. Vor 2003 gab es BFP nur in Papierform; seitdem stehen sie auch in dematerialisierter Form zur Verfügung.

    (39)

    Es gibt im Wesentlichen vier Arten von BFP (18):

    Standard-BFP: Finanzprodukte mit einer Laufzeit von 20 Jahren und gestaffelter fester jährlicher Zinszahlung;

    Index-BFP: Finanzprodukte mit Zahlung eines garantierten Festzinses bei Laufzeitende sowie einer variablen Prämie, die an die Entwicklung eines Börsenindexes (19) (seit 2003 verfügbar) bzw. der Inflation (seit 2006 verfügbar) gekoppelt ist;

    BFP mit Festlaufzeit: Diese BFP werden seit dem 1. Januar 2003 nicht mehr vertrieben. Sie haben dieselben Merkmale wie Standard-BFP, außer dass sie eine Höchstlaufzeit von 7 Jahren haben;

    18-Monats-BFP: Sie wurden 2005 eingeführt, um auch diese spezielle Laufzeit abzudecken.

    Tabelle 2

    BFP-Bestand nach Kategorie  (20) , in Mrd. EUR

    BFP-Kategorie

    Höchstlaufzeit

    Durchschnittliche Laufzeit

    31.12.2005

    31.12.2006

    Standard-BFP

    20 Jahre

    [7—10] Jahre

    121,1

    132,2

    Index-BFP

    7 Jahre

    [4—7] Jahre (21)

    1,6

    3,6

    18-Monats-BFP

    18 Monate

    entfällt (22)

    1,9

    8,3

    BFP mit Festlaufzeit

    7 Jahre

    [4—7] Jahre

    48,6

    36,2

    Insgesamt

     

     

    173,1

    180,6

    III.1.3.   Angenommene Gelder

    (40)

    Nach Angabe von ABI verfügen die Haushalte in Italien über folgende Einlagen in Form von Postsparprodukten bzw. vergleichbaren Produkten von Wettbewerbern:

    Tabelle 3

    Einlagen der italienischen Haushalte in Form von Postsparprodukten und vergleichbaren Produkten, in Mio. EUR

    Finanzprodukt

    Dezember 1999

    Dezember 2004

    BFP

    113

    160

    Staatsanleihen

    126

    203

    Euro-Staatsanleihen

    156

    160

    Postsparbücher

    36

    60

    Spareinlagen bei Banken

    69

    74

    Quelle: ABI

    III.2.   An PI für den Vertrieb von BFP gezahlte Vergütung

    (41)

    Für den Vertrieb von BFP erhält PI eine jährliche Vergütung, die seit dem Jahr 2000 in Vereinbarungen und entsprechenden Änderungsvereinbarungen festgelegt wird.

    Vereinbarung vom 4. August 1999 für den Dreijahreszeitraum 1999—2001; wurde am 27. Oktober 2000 in Bezug auf das Jahr 2001 aufgehoben;

    Vereinbarung vom 10. Mai 2001 für das Jahr 2001;

    Vereinbarung vom 26. Juli 2002 für das Jahr 2002;

    Vereinbarung vom 23. Oktober 2003 für den Dreijahreszeitraum 2003—2005; wurde für die Jahre 2004 und 2005 durch zwei Übereinkünfte zwischen PI und CDP vom 24. Dezember 2004 bzw. 20. Oktober 2005 geändert;

    Vereinbarung vom 30. März 2006 für den Dreijahreszeitraum 2006—2008.

    (42)

    Gemäß den sukzessiven Vereinbarungen umfasst die an PI gezahlte jährliche Vergütung die folgenden drei Komponenten: i) eine Provision, die sich nach dem Umfang der jährlich platzierten BFP richtet (Upfront-Provision), ii) eine Provision für die Verwaltung des BFP-Bestands, iii) sonstige Komponenten (Näheres siehe Tabellen 4 und 5).

    Tabelle 4

    BFP-bezogene Vergütung im Sinne der Vereinbarungen

    2000

    2001

    2002

    2003

    2004

    2005

    2006

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […] (23)  (24)

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […]

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […]

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […] (25)

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […]

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […]

    Jährliche Verwaltungsprovision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […]

    Upfront-Provision

    […].

    Sonstige Komponenten:

    […] (26)

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Sonstige Komponenten:

    […]

    Tabelle 5

    An PI gezahlte Vergütung im Zeitraum 2000—2006, in Mio. EUR

     

    2000

    2001

    2002

    2003

    2004

    2005

    2006

    Upfront-Provision

    57

    243

    123

    302

    381

    487

    460

    18-Monats-BFP

     

     

     

     

     

    13

    50

    Index-BFP

     

     

     

    8

    7

    29

    59

    BFP mit Festlaufzeit

    25

    73

    60

     

     

     

     

    Standard-BFP

    32

    170

    63

    293

    374

    444

    351

    Verwaltungsprovision:

    252

    196

    194

    115

    101

    96

    99

    18-Monats-BFP

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    Index-BFP

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    0,0

    BFP mit Festlaufzeit

    130,6

    98,2

    94,7

    46,9

    36,5

    26,0

    20,6

    Standard-BFP

    121,4

    98,0

    98,9

    67,6

    64,8

    69,6

    78,0

    Vergütung für die Ausstellung von BFP in Papierform

     

     

     

    15

    16

    18

    18

    Gesamtvergütung

    309

    439

    316

    431

    498

    600

    577

    (43)

    Gemäß den Bilanzen von CDP schwankt die an PI gezahlte Vergütung in Abhängigkeit vom Umfang der angenommenen Gelder erheblich und ermöglicht CDP, außergewöhnlich flexibel zu agieren und seine Kostenstruktur extrem zu straffen.

    IV.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

    (44)

    Die Kommission war in ihrer Entscheidung vom 22. November 2006 zu dem Schluss gelangt, dass der für CDP geltende Rechtsrahmen für den Vertrieb von Postsparprodukten (BFP und Postsparbücher) de jure kein Exklusivrecht für den Vertrieb vorsieht.

    (45)

    Die Kommission hatte jedoch Zweifel daran, ob die von CDP an PI gezahlte Vergütung für den BFP-Vertrieb als angemessenes marktübliches Entgelt angesehen werden kann und äußerte insbesondere Bedenken hinsichtlich der Vergleichsprodukte, die Italien herangezogen hatte, um die Marktkonformität der BFP-Vergütung nachzuweisen. Die Kommission wies ferner darauf hin, dass ihr die genaue Zusammensetzung und Höhe der verschiedenen Komponenten der Vergütung, die PI ab 2000 für den BFP-Vertrieb erhielt, zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt waren.

    (46)

    Für die Kommission war es somit äußerst schwierig festzustellen, ob alle Komponenten der Vergütung für den BFP-Vertrieb

    i)

    ab 2004 dem dritten und vierten im Altmark-Urteil (27) festgelegten Kriterium entsprochen haben und

    ii)

    von 2000 bis 2003 marktkonform waren.

    (47)

    Daher wies die Kommission darauf hin, dass sie gesetzt den Fall, die von CDP an PI gezahlte BFP-Vergütung sollte sich als staatliche Beihilfen erweisen, vor erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Vereinbarkeit dieser Zuwendungen mit dem Gemeinsamen Markt stünde.

    V.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

    (48)

    Im Verlauf des Verfahrens ging nur die Stellungnahme von ABI ein.

    (49)

    ABI machte in seiner Beschwerde vom 30. Dezember 2005 geltend, dass die Vergütung, die CDP für die in ihrem Namen ausgeführte Tätigkeit an PI zahlt, höher sei als

    die gesetzlich festgelegten Provisionen für den Vertrieb von Staatsanleihen („Buoni Ordinari del Tesoro“, kurz BOT, „Buoni del Tesoro Poliennali“, kurz BTP, „Certificati del tesoro zero-coupon“, kurz CTZ) (28);

    die Provisionen, die Banken für den Vertrieb von von Drittten begebenen Anleihen erhalten.

    (50)

    Nach Angaben von ABI schwanken die Provisionen für den Vertrieb von Unternehmensanleihen zwischen 0,5 % und 6 % und richten sich nach einer Reihe von Faktoren wie dem Rating des Emittenten, der Struktur der Emission, dem Vertriebsnetz und der Komplexität der Anleihe. Die Provisionen, die Banken für den Vertrieb von Bankanleihen für fremde Rechnung verlangen, belaufen sich ABI zufolge auf durchschnittlich 1 % bis 1,5 % des platzierten Betrags.

    (51)

    Nach Auffassung von ABI handelt es sich bei der Vergütung, die der Staat für den Vertrieb von Postsparprodukten an PI zahlt, um eine staatliche Beihilfe für PI, durch die die Banken, die dieselbe Dienstleistung zu besseren Bedingungen und für den Staat kostengünstiger erbringen könnten, benachteiligt werden.

    (52)

    Mit Schreiben vom 13. März 2007 und 18. Mai 2007 übermittelte ABI die nachstehenden zusätzlichen Erläuterungen.

    (53)

    ABI macht geltend, die Vergütung für den BFP-Vertrieb müsse mit der Vergütung für den Vertrieb von Staatsanleihen verglichen werden, und zwar je nach Laufzeit mit BOT oder BTP. PI erhalte nicht nur eine vom Anlagebetrag abhängige Provision für die Platzierung, die höher sei als im Falle von Staatsanleihen (rund 195—160 Basispunkte), sondern auch eine vom BFP-Bestand abhängige Provision.

    (54)

    Ferner kann sich ABI den in der Kommissionsentscheidung vom 22. November 2006 dargelegten Ergebnissen der Benchmark-Studie aus den nachstehenden Gründen nicht anschließen:

    BFP würden von CDP ausgegeben, einem Finanzintermediär mit demselben Rating wie der italienische Staat (A+, Aa2, AA–). Daher hätten BFP ein sehr viel niedrigeres Risikoprofil als Unternehmensanleihen, d. h. Anleihen, die von Nichtfinanzinstituten begeben werden (29). Bei gleichem Rating sei jegliche Unternehmensanleihe risikoträchtiger als eine Staatsanleihe oder eine Anleihe eines Finanzinstituts. Somit könnten BFP nicht mit von Nichtfinanzinstituten begebenen Unternehmensanleihen verglichen werden.

    Standard-BFP könnten nicht mit strukturierten, inflationsindexierten Anleihen verglichen werden. Bei Letzteren sei — anders als im Falle von Standard-BFP mit einer festen Rendite nach Maßgabe der Haltedauer — die Rendite von der Entwicklung eines im Voraus festgelegten Index abhängig und falle aufgrund des größeren Risikos möglicherweise höher aus.

    Anders als in der Benchmark-Studie ausgeführt, könnten BFP mit Festlaufzeit und 18-Monats-BFP nicht auf einem Sekundärmarkt gehandelt werden.

    (55)

    Mit Schreiben vom 18. Mai 2007 übermittelte ABI der Kommission die Ergebnisse einer mit Hilfe eines Consulting-Unternehmens erstellten Studie, die darauf abzielte, mit BFP vergleichbare Produkte zu ermitteln und die Vergütung für den Vertrieb dieser Produkte zu analysieren. In der Studie, die den Standpunkt von ABI bestätigt, wird auf die nachstehenden mit BFP vergleichbaren Produkte verwiesen.

    (56)

    Standard-BFP seien mit BTP vergleichbar. BFP und BTP würden hinsichtlich Laufzeit, Risikoprofil, Rendite und Besteuerung dieselben Merkmale aufweisen. Die Provisionen für den Vertrieb von BTP würden sich auf 0,30—0,40 % des Anlagebetrags belaufen.

    (57)

    Anders als in der in der Kommissionsentscheidung vom 22. November 2006 angeführten Studie dargelegt, seien Standard-BFP nicht vergleichbar mit

    Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens BBB, weil das Risikoprofil von BFP selbst bei gleichem Rating niedriger sei;

    inflationsindexierten Anleihen, weil BFP eine feste Rendite hätten, die von der Haltedauer, nicht aber von der Inflationsentwicklung abhänge.

    (58)

    Zur Komplexität von Standard-BFP macht ABI geltend, dass diese BFP nicht als strukturierte Produkte im Sinne der Definition der Banca d’Italia anzusehen seien. Die Tatsache, dass BFP eine mit einer Put-Option vergleichbare Komponente beinhalten würden, rechtfertige keine höhere Vertriebsvergütung. Bei der betreffenden Option handele es sich bestenfalls um eine Garantie für den Anleger, der das Recht habe, die Anlage jederzeit zu kündigen; sie habe keine Auswirkungen auf die Struktur bzw. das Risikoprofil der Anleihe.

    (59)

    18-Monats-BFP seien mit BOT und CTZ vergleichbar. Anders als in der Benchmark-Studie dargelegt, könnten 18-Monats-BFP nicht mit Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens A + verglichen werden, da ihr Risikoprofil deutlich niedriger sei.

    (60)

    Die Vertriebsprovisionen für BOT würden sich je nach Laufzeit auf 0,05 % bis 0,30 % des Anlagebetrags belaufen (und vom Anleger an den Akteur gezahlt, der die Anleihe platziere). Die Vertriebsprovisionen für CTZ würden sich auf 0,20 % des Anlagebetrags belaufen.

    (61)

    BFP mit Festlaufzeit seien je nach der Restlaufzeit der BFP mit BOT, CTZ und BTP vergleichbar.

    (62)

    Inflationsindexierte BFP seien mit BTP EURi (mittel-/langfristige Staatsanleihen, die an die Inflationsrate im Euroraum gekoppelt sind) vergleichbar. Diese BFP könnten nicht mit equity-indexierten Unternehmensanleihen verglichen werden, da sie ein deutlich niedrigeres Risikoprofil hätten und die Rendite nicht (wie im Falle der equity-indexierten Anleihen) an die Entwicklung eines Korbs von Finanzinstrumenten, sondern an die Inflationsrate gekoppelt sei.

    (63)

    Die Vertriebsprovisionen für BTP EURi würden sich auf 0,40 % des Anlagebetrags belaufen.

    (64)

    Index-BFP seien mit von Finanzinstituten begebenen Index-Anleihen vergleichbar (auch wenn sie ein niedrigeres Risikoprofil hätten). Diese BFP könnten nicht mit Unternehmensanleihen verglichen werden, da es sich bei CDP um einen Finanzintermediär handele.

    (65)

    Die Vertriebsprovisionen für von Finanzinstituten begebene Index-Anleihen würden sich auf 1 % bis 2,5 % des Anlagebetrags belaufen.

    (66)

    ABI führt in seinem Schreiben vom 18. Mai 2007 nicht mehr das Argument an, dass offene Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, mit BFP vergleichbar seien; Gründe dafür werden nicht genannt.

    (67)

    ABI führt zwei mögliche Szenarien für den Vertrieb von mit BFP vergleichbaren Produkten an. Entweder würden die Produkte von einem Akteur platziert, der lediglich für diese Tätigkeit eine Vergütung erhalte (in diesem Fall sei die Verwaltung Sache des Emittenten), oder sie würden von einem Akteur platziert und zugleich verwaltet, der für beide Tätigkeiten eine Vergütung erhalte (in diesem Fall sei es schwierig, die Vergütungskomponente für die Platzierung und die Vergütungskomponente für die Buchhaltung/Verwaltung voneinander abzugrenzen). Die Studie habe gezeigt, dass es in der Praxis nicht möglich sei, bei den Provisionen den Anteil zu ermitteln, der auf die Platzierung, die Buchhaltung/Verwaltung bzw. die Ausgabe von Anleihen in Papierform entfalle.

    (68)

    ABI zufolge wirken sich folgende Faktoren auf die Höhe der Vergütung aus: Komplexität der Anleihe, Rating des Emittenten, Platzierungsnetz, Laufzeit, Reputation des Emittenten, Struktur der Emission und rechtliche Besonderheiten (Verpflichtungen des Emittenten im Rahmen von Rechtsvorschriften oder Lizenzen).

    (69)

    Dass das Risikoprofil staatlich garantierter BFP deutlich niedriger sei als das von Unternehmensanleihen, begründet ABI damit, dass der interne Zinsfuß im Falle einer Staatsanleihe stets niedriger sei als im Falle einer entsprechenden Unternehmensanleihe. ABI macht ferner geltend, dass sich die 10-Jahres-Ausfallquote bei Aa-Staatsanleihen auf 0, bei Unternehmensanleihen mit demselben Rating dagegen auf 0,59 belaufe.

    (70)

    Im Übrigen lasse sich die Provision für die Ausstellung der Anleihen in Papierform nicht ermitteln, da inzwischen auf dem Markt fast nur noch mit dematerialisierten Produkten gehandelt werde.

    VI.   STELLUNGNAHME ITALIENS

    (71)

    Italien stützte sich bei seiner Stellungnahme auf die Benchmark-Studie, die im Januar 2006 durchgeführt wurde, um im Zuge der Vorbereitung der neuen Vereinbarung für den Zeitraum 2006—2008 für CDP/PI marktübliche Vergütungen für den Vertrieb von Postspar-Produkten zu ermitteln.

    (72)

    Die in der Benchmark-Studie verfolgte Methode umfasst sechs aufeinander folgende Schritte:

    i)

    Ermittlung der wesentlichen Merkmale jedes Postspar-Produkts;

    ii)

    Ermittlung eines vergleichbaren Finanzprodukts für jedes Postspar-Produkt;

    iii)

    Definition einer Referenzstichprobe;

    iv)

    Ermittlung der wirtschaftlichen Komponenten für den Vergleich;

    v)

    Ermittlung der Vergütungshöhe;

    vi)

    Vergleich der Vergütungshöhe auf dem Markt mit der Höhe der von CDP an PI gezahlten Vergütung.

    (73)

    Der Benchmark-Studie zufolge hängt die Höhe der Provisionen im Bereich des Postsparens von den folgenden drei Faktoren ab: Risikoprofil/Rendite, Struktur des Papiers (strukturierte Instrumente versus „Plain-Vanilla“-Instrumente (30) und Laufzeit.

    (74)

    Italien weist darauf hin, dass die Vertriebsprovision für BFP insbesondere aus den nachstehenden Gründen nicht mit derjenigen für Staatsanleihen vergleichbar sei.

    Es handele sich um grundsätzlich unterschiedliche Produktfamilien: Da BFP implizit eine Put-Option (Möglicheit der vorzeitigen Rückzahlung, siehe Erwägungsgrund 37) beinhalten würden, seien sie komplexer als „Plain-Vanilla“-Instrumente, so dass es sich bei ihnen um echte strukturierte Anleihen handele.

    Neben der Platzierung übernehme PI bei den BFP auch die Verwaltung/Buchführung, während dies von den Banken bei der Platzierung von Staatsanleihen nicht verlangt werde.

    (75)

    Im Folgenden werden die wichtigsten Schlussfolgerungen der Benchmark-Studie dargelegt.

    BFP mit langer Laufzeit seien mit strukturierten Anlagen wie inflationsindexierten und equity-indexierten Unternehmensanleihen (31) mit einem Rating von mindestens BBB (Standard&Poor’s) und/oder Baa2 (Moody’s) und offenen Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, vergleichbar. Investmentfonds seien mit BFP insofern vergleichbar, als es sich ebenfalls um Daueremissionen handele und der Anleger jederzeit die Rückzahlung des Kapitals und der aufgelaufenen Zinsen beantragen könne. Ferner müssten die Papiere aktiv von der Fonds-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden. In der Benchmark-Studie werden die einzelnen Komponenten der Vergütung für die Platzierung von Fondsanteilen mit denen der entsprechenden Vergütung für BFP verglichen, wobei der Schluss gezogen wird, dass Marktkonformität gegeben sei (32).

    Für 18-Monats-BPF lassen sich der Benchmark-Studie zufolge keine vergleichbaren Produkte finden; daher wird die Provision ausgehend von strukturierten Anleihen mit kürzerer Laufzeit und einem Rating von mindestens A (Standard&Poor’s) und/oder A3 (Moody’s) extrapoliert, wobei von einer linearen Verteilung ausgegangen wird.

    Staatsanleihen seien nicht mit BFP vergleichbar, da sich ihre („Plain-Vanilla“-) Struktur grundsätzlich von der Struktur der — komplexeren — BPF unterscheide (siehe Erwägungsgrund 37).

    Tabelle 6 gibt Aufschluss über die marktüblichen Sätze und die entsprechenden CDP-/PI-Provisionen, die anhand einer Stichprobe von Unternehmensanleihen ermittelt wurden.

    Tabelle 6

    Marktübliche Provisionen für die in die Stichprobe einbezogenen strukturierten Unternehmensanleihen im Zeitraum 2006—2008 und für die CDP/PI-Vereinbarung maßgebliche Vergütungen, in %

    Art von BFP

     

    Benchmark

    Vergütung für PI

    Min

    Max

    Standard-BFP

    Vergütung anhand der platzierten Beträge

    1,35

    3,05

    […] (33)

    Index-BFP

    Vergütung anhand der platzierten Beträge

    1,80

    3,45

    […] (34)

    18-Monats-BFP

    Vergütung anhand der platzierten Beträge

    0,48

    1,25

    […]

    (76)

    In der Benchmark-Studie wird nach der Prüfung der in die Stichprobe einbezogenen vergleichbaren Produkte der Schluss gezogen, dass sich die Vergütung für den BFP-Vertrieb innerhalb einer Spanne bewegt, die nicht höher ist als bei vergleichbaren Produkten.

    (77)

    In der Benchmark-Studie wird ferner darauf hingewiesen, dass die an PI gezahlte Vergütung gekürzt werden kann, wenn das vereinbarte Netto-Platzierungsvolumen nicht erreicht wird. Da es sich bei BFP anders als bei den Vergleichsprodukten um Sichteinlagen handelt, bedarf es aufseiten von PI einer umsichtigen Verwaltung, damit alle Ziele erreicht werden.

    (78)

    Als Benchmark für die Vergütung der Verwaltung von dematerialisierten BFP werden in der Studie die Vergütungen vorgeschlagen, die Monte Titoli SpA den Intermediären für die Verwaltung der Papiere zahlt; dabei wird festgestellt, dass dieser Teil der Vergütung (er liegt je nach dem Bestand an dematerialisierten BFP zwischen 0,0023 % und 0,0020 %) marktkonform sei. Im Falle von BFP in Papierform konnten der Benchmark-Studie zufolge auf dem italienischen Bankenmarkt keine vergleichbaren Produkte gefunden werden, da außer BFP keine anderen Produkte mehr in Papierform ausgegeben werden.

    (79)

    Mit Schreiben vom 2. Februar 2007, 18. April 2007, 22. Juni 2007, 11. März 2008, 13. Mai 2008 und 17. Juni 2008 machte Italien Folgendes geltend:

    (80)

    Die Vertriebsprovision, die PI seit 2000 erhalten habe, sei marktkonform. Zudem handele es sich dabei um eine Höchstprovision, die nur bei Erreichen des vereinbarten BFP-Bruttoplatzierungsvolumens zu zahlen sei. Die an PI gezahlte Vergütung sei daher kaum mit der Vergütung vergleichbar, die an andere Akteure für die Platzierung vergleichbarer Produkte gezahlt werde.

    (81)

    Italien bekräftigt die Ergebnisse der Benchmark-Studie hinsichtlich der Ermittlung der Vergleichsprodukte und der entsprechenden Vergütungen.

    (82)

    Ein Vergleich mit der Vergütung für Postsparbücher — die in der Entscheidung vom 22. November 2006 als marktkonform bewertet worden sei — zeige, dass die Vergütung im Falle der BFP niedriger sei. Wird die BFP-Provision auf die durchschnittliche Laufzeit (von rund [7—10] Jahren) aufgeteilt, ergibt sich eine jährliche Provision von ca. […] %. Dies sei niedriger als die jährliche Vergütung in Höhe von 0,90 % im Falle von Postsparbüchern. Allerdings handele es sich bei BFP und bei Postsparbüchern um zwei unterschiedliche Produkte: Postsparbücher seien kurzfristige Finanzprodukte, BFP dagegen mittel- bis langfristige Produkte, die komplexer gestaltet und stärker strukturiert seien.

    (83)

    Italien weist darauf hin, dass Finanzprodukte zwar nur noch ganz selten in Papierform ausgegeben würden, aber dass BFP in Papierform mit von Kreditinstituten begebenen Einlagezertifikaten verglichen werden könnten. Bei diesen Zertifkaten würden die Anleger eine einmalige Provision bezahlen, die sich unabhängig von Stückelung und Laufzeit auf 4,50 bis 9,30 EUR belaufe. Ausgehend von einer durchschnittlichen Laufzeit der Einlagezertifikate von 24 Monaten führt Italien aus, dass die Kreditinstitute für jedes Zertifikat eine jährliche Provision von 2,25 EUR bis 4,65 EUR erheben würden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die durchschnittliche Stückelung von Postanleihen auf rund 2 000 EUR belaufe, ergebe sich bei Anwendung des gegenüber PI angewandten Vergütungssatzes (0,11 %) eine jährliche Provision von rund 2,20 EUR pro BFP in Papierform, was der Provision im Falle von Einlagezertifikaten entspreche.

    (84)

    Was die Beteiligung an den Produktionskosten von BFP in Papierform betreffe, so seien solche BFP mit den Anteilsscheinen in Papierform vergleichbar, die von offenen Investmentfonds ausgegeben würden und bei denen sich die entsprechenden Kosten auf 10 bis 20 EUR pro Anteilsschein belaufen würden. Somit könne der an PI gezahlte Betrag von rund 1,70 EUR pro BFP als angemessenen angesehen werden.

    (85)

    Hinsichtlich der Marge bei der Platzierung von BFP betont Italien, dass BFP Teil eines umfassenderen Angebots an Finanzdienstleistungen sind, die PI im Interesse der bestmöglichen Asset-Allokation erbringe. Die Marge bei den Dienstleistungen von Bancoposta (in Höhe von […] im Jahr 2005) sei sehr viel niedriger als die Marge bei sämtlichen entsprechenden Leistungen, die vom Bankensektor angeboten würden (35 %).

    (86)

    Die Aufteilung der Vergütung in ihre einzelnen Bestandteile ist nach Auffassung Italiens nicht erforderlich, um zu ermitteln, ob PI einen wirtschaftlichen Vorteil genießt; ein Vergleich der BFP-Gesamtvergütung mit der Gesamtvergütung bei den Vergleichsprodukten reiche aus.

    (87)

    Zur Einhaltung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers merkt Italien an, dass die Methode zur Berechnung der Vergütung nach den wirtschaftlichen Grundsätzen festgelegt worden sei, auf die sich entsprechende auf dem Markt getroffene Entscheidungen stützen würden. Zwar gehe keine der Studien auf das Jahr 2000 zurück, doch orientiere sich die Vergütung an diesen wirtschaftlichen Grundsätzen, wie die Benchmark-Studie bestätigt habe (siehe Tabellen 4 und 5).

    (88)

    Italien zufolge hat PI eine separate Buchführung für das gesamte Spektrum von Retail-Finanzdienstleistungen und unterscheidet zu buchhalterischen Zwecken nicht zwischen einzelnen Produkten. Der Einahmen-Kosten-Vergleich je Produkt (einschließlich BFP) werde nur für für Managementzwecke durchgeführt und ergebe nur sehr grobe Werte. Den entsprechenden Analysen zufolge seien die Verwaltungskosten bei BFP höher als bei anderen Produkten wie beispielsweise Girokonten. Für 2005 hält Italien daher eine Gesamtrendite von […] % (35) als besten Näherungswert für BFP.

    (89)

    Die Banca d’Italia macht geltend, dass es sich bei BFP aus den folgenden Gründen um strukturierte Finanzprodukte handele: zum einen hätten sie die Eigenschaften von Anleihen/Schuldverschreibungen, und zum anderen besäßen sie aufgrund der Put-Option die Eigenschaften eines Derivats, wobei beide Elemente untrennbare Bestandteile ein und desselben Instruments seien.

    (90)

    Italien teilt in der Frage, welche Produkte mit BFP vergleichbar sind, nicht den Standpunkt von ABI.

    (91)

    Es führt aus, dass sich die Preisdifferenz zwischen den einzelnen Emittenten (Staaten/supranationale Einrichtungen, Finanzinstituten, Banken und Unternehmen [im engen Sinne also Industrieunternehmen]) bei gleichem Rating derzeit nur auf einige Hunderstel belaufe: Die Differenz bei den Finanzierungskosten belaufe sich im Extremfall (Vergleich zwischen Staat und Unternehmen) auf 5/6 Basispunkte bzw. im Falle eines Vergleichs zwischen Finanzinstituten und Unternehmen auf 2/3 Basispunkte. Mit anderen Worten sei es bei gleichem Rating unerheblich, um welchen Emittenten (Staat, Finanzinstitut, Kreditinstitut usw.) es sich handele, so dass die Schlussfolgerungen in der von Italien vorgelegten Studie nicht widerlegt würden. Entgegen den Behauptungen von ABI werde der Begriff „Unternehmensanleihe“ in der Benchmark-Studie weit ausgelegt: Darunter würden nicht nur von Industrieunternehmen, sondern auch von Finanzinstituten begebene Anleihen verstanden. Ferner sei das durchschnittliche Rating der in der Studie betrachteten Anleihen mit AA- höher als das Rating von CDP (A+), das die BFP emittiere, und auch höher als das Rating der Italienischen Republik (A+), die die BFP absichere.

    (92)

    Italien weist ferner darauf hin, dass PI/Bancoposta für die Platzierung von strukturierten Anleihen italienischer Banken eine durchschnittliche Provision von 2,9 % erhalten habe, die somit der BFP-Provision entspreche.

    (93)

    Aus den nachstehenden Gründen bestreitet Italien, dass BFP mit Staatsanleihen vergleichbar sind:

    Die Platzierung erfolge auf unterschiedlichem Wege (Auktion im Falle von Staatsanleihen und Daueremission im Falle von BFP).

    Der Grad der Komplexität sei unterschiedlich.

    Bei der Platzierung von Staatsanleihen würden sich die Provisionen anders als im Falle von BFP nicht nach dem platzierten Betrag richten; bei BFP führe das PI-Netz umfangreiche Planungs- und Verwaltungsmaßnahmen durch, um bestimmte Platzierungsziele zu erreichen. Maßnahmen in den Bereichen Verwaltung, Organisation und Kundenbetreuung seien insofern von besonderer Bedeutung, als die Anleger jederzeit Anspruch auf Rückzahlung hätten.

    (94)

    Daher seien BFP nicht mit Staatsanleihen vergleichbar, sondern, was Platzierung und Verwaltung anbetreffe, eher mit offenen Investmentfonds.

    (95)

    Was die Tatsache anbetreffe, dass die Kosten der BFP-Platzierung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen an den Kosten der Staatsverschuldung auf dem Markt auszurichten seien, stellt Italien klar, dass die jährliche Brutto-Rendite bei BFP niedriger sei als bei Staatsanleihen (um rund 180 Basispunkte bei den beispielhaft aufgeführten Papieren mit einer Laufzeit von 8, 10 bzw. 20 Jahren). Dies sei auf die Put-Option amerikanischen Stils zurückzuführen, die die BFP implizit enthielten. Würden zudem noch die Vertriebsprovisionen berücksichtigt, würde sich zeigen, dass die vom Staat zu tragenden Kosten entsprechend ausgerichtet seien.

    (96)

    Italien macht geltend, dass ABI der in den BFP implizit enthaltenen Put-Option nicht Rechnung trage und offene Investmentfonds nicht als Vergleichsprodukte aufführe. Italien zufolge handelt es sich bei BFP um strukturierte Anleihen im Sinne der Definition der Banca d’Italia.

    (97)

    Italien macht geltend, dass in die BFP-Vertriebskommission auch die Vergütung für die komplexe Tätigkeit von PI einfließen würde, die auf die Erreichung bestimmter Brutto- und Nettoplatzierungsvolumina auf der Ebene sowohl der gesamten als auch einzelner Postsparprodukte abziele. Diese Provision umfasse ferner die an PI gezahlte Vergütung für die Verwaltung der BFP einschließlich der Kundenbetreuung während der gesamten Laufzeit (Letztere sei insbesondere deswegen notwendig, weil BFP auf Sicht zurückzuzahlen seien und weil es keinen Sekundärmarkt für diese Papiere gebe).

    (98)

    Italien widerspricht ferner den Angaben von ABI, denen zufolge sich die Platzierungsprovisionen für Index-Anleihen auf 1—2,5 % belaufen. Die durchschnittliche Provision, die PI für den Vertrieb von strukturierten Anleihen italienischer und ausländischer Banken erhalte, belaufe sich auf 3,05 % (36) bzw. im Falle von Anleihen italienischer Banken auf 2,9 % (37) (für den Vertrieb von strukturierten Anleihen von Capitalia SpA habe PI beispielsweise eine Provision von 3,212 % (38) des gezeichneten Nominalwerts erhalten).

    (99)

    Italien gelangt zu dem Ergebnis, dass die Analyse von ABI nur allgemeiner Natur sei und den Unterschieden bei der Platzierung von BFP im Vergleich zu anderen Anleihen nicht Rechnung trage.

    VII.   GUTACHTEN

    (100)

    Die Methodiken des von PI und des von ABI in Auftrag gegebenen Gutachtens sind zwar vergleichbar, die Ergebnisse weichen aber voneinander ab. So wurden in keinem der beiden Gutachten perfekte Vergleichsgrößen ermittelt, und je nach Vergleichsprodukt ergaben sie, dass sich unterschiedliche Faktoren auf die Vertriebsprovisionen auswirken.

    (101)

    Deshalb gab die Kommission bei einem unabhängigen Sachverständigen ein Gutachten über die für den Vertrieb von BFP gezahlten Vergütungen in Auftrag.

    (102)

    Eine wichtige Erkenntnis des Sachverständigengutachtens ist, dass sich auf dem italienischen Anleihenmarkt zwei Ebenen abgrenzen lassen, und zwar i) eine erste Ebene, auf der die Kunden von Emittenten institutionelle Investoren sind, normale Renditen nach Maßgabe von Ausfallrisiko und Euro-Renditekurve erzielt werden, der Vertrieb in den Händen großer Investmentbanken liegt (oder — wie beim Großteil der italienischen Staatsanleihen — im Wege von Auktionen erfolgt) und die Vertriebsprovisionen relativ gering sind, und ii) eine zweite Ebene, auf der die Platzierung durch Retail-Netze auf Bankenebene erfolgt, es sich bei den Kunden um einzelne Sparer handelt, die Emittenten bessere Konditionen aushandeln können als auf der ersten Ebene und die Vertriebsprovisionen natürlicherweise höher sind. Dieser Sachverhalt wirkt sich unmittelbar auf die Höhe der in den Finanzprodukten enthaltenen Vertriebsprovisionen aus: unabhängig von den verschiedenen Merkmalen der Finanzprodukte, die sich auf die Vertriebsprovisionen auswirken dürften, bewirkt die bloße Tatsache des Vertriebs auf der zweiten Ebene deutlich höhere Vertriebsprovisionen.

    (103)

    Laut Gutachten sollten die Vertriebsprovisionen die Anstrengungen abbilden, die das Vertriebsnetz zur Platzierung der BFP unternehmen muss. In dem Gutachten sind die Finanzprodukte genannt, die den BFP am ehesten entsprechen, und zwar nach Maßgabe ihrer wesentlichen Merkmale: Risiko, Liquidität, vertragliche Komplexität (39), Reputation und Rechtsstatus des Emittenten, Laufzeit, Umfang der Anleihe, Vertriebsweise, Mindestinvestitionsbetrag und Vertriebskanal (erste bzw. zweite Ebene), denen jeweils ein Rating zugewiesen wird.

    (104)

    Die jedem Merkmal der einzelnen Finanzprodukte zugewiesenen Ratings werden dann mit jenen der einzelnen BFP-Kategorien verglichen.

    Tabelle 7

    Finanzprodukte und Faktoren, die sich auf die Vertriebsprovisionen auswirken

    Produkt

    Risiko

    Liquidität

    Komplexität

    Reputation des Emittenten

    Laufzeit

    Vertrieb auf der ersten oder der zweiten Ebene

    Vertriebsweise

    Mindestbetrag in EUR

    BOT

    gering

    gut

    gering

    gut

    kurz

    erste Ebene

    Auktion

    1 000

    BTP

    gering bis mittel

    gut

    gering

    gut

    mittel bis lang

    erste Ebene

    Auktion

    1 000

    CCT (40)

    gering

    gut

    gering

    gut

    mittel

    erste Ebene

    Auktion

    1 000

    Spareinlagen

    gering

    gut

    gering

    gut

    kurz

    zweite Ebene

    Daueremission

    -

    Termingelder

    gering

    gering

    gering

    gut

    kurz bis mittel

    zweite Ebene

    Daueremission

    -

    Einlagenzertifikate

    gering

    gering

    gering

    gut

    kurz bis mittel

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 50

    Börsennotierte „Plain Vanilla“-Bankanleihen

    gering bis mittel

    mittel

    gering

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Nicht börsennotierte „Plain Vanilla“-Bankanleihen

    gering bis mittel

    gering

    gering

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Börsennotierte strukturierte Bankanleihen

    hoch

    mittel

    gut

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Nicht börsennotierte strukturierte Bankanleihen

    hoch

    gering

    gut

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Unternehmensanleihen

    mittel bis hoch

    gering bis mittel

    gering

    schlecht bis mittel

    mittel

    erste Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Geldmarktfonds

    gering

    gut

    mittel

    mittel

    -

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 100

    Rentenfonds

    mittel

    gut

    mittel

    mittel

    -

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 100

    Aktienfonds

    hoch

    gut

    mittel

    mittel

    -

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 100

    Equity (börsennotiert)

    hoch

    mittel bis hoch

    gering

    schlecht bis mittel

    -

    erste Ebene

    öffentlich angeboten

    >/= 1 000

    Standard-BFP

    gering

    mittel

    gering

    gut

    lang

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 50

    BFP mit Festlaufzeit

    gering

    mittel

    gering

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 50

    Equity-indexierte BFP

    hoch

    mittel

    gut

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 250

    Inflationsindexierte BFP

    mittel

    mittel

    gut

    gut

    mittel

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 250

    18-Monats-BFP

    gering

    mittel

    gering

    gut

    kurz

    zweite Ebene

    Daueremission

    >/= 50

    (105)

    Der Vertriebskanal (erste oder zweite Ebene) ist für die Ermittlung vergleichbarer Finanzprodukte maßgeblich. BFP sind insofern besser mit den auf der zweiten Ebene vertriebenen Finanzprodukten vergleichbar, als sie im Allgemeinen an Privathaushalte verkauft werden. So stehen fast alle in Umlauf befindlichen BFP (ca. 99 %) im Eigentum von Privathaushalten, während institutionelle Investoren in der Regel keine BFP kaufen. Außerdem handelt es sich um das Hauptmerkmal, das einen Vergleich der BFP mit den Staatsanleihen (BOT, BTP und CCT) ausschließt.

    (106)

    Dem Gutachten zufolge sind Bankanleihen das geeignetste Vergleichsprodukt („Plain Vanilla“-Bankanleihen für Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit sowie indexierte Anleihen für Index-BFP, vgl. Tabelle 14). Geldmarktfonds werden als zweitbestes Vergleichsprodukt angesehen (41). Beide Produkte existieren nicht in Papierform (42).

    (107)

    Diesbezüglich weist die Kommission bereits an dieser Stelle darauf hin, dass die Provision zwar sowohl für BFP in Papierform als auch für dematerialisierte BFP zu untersuchen ist, andere Merkmale aber (durchschnittliche Laufzeit, Endfälligkeitsrendite, die Merkmale von PI als Vertreiber) bei beiden BFP-Formen identisch sind.

    (108)

    Für den zur Ermittlung der Vertriebsprovisionen für BFP erforderlichen Vergleich sammelte der Sachverständige Daten über Bankanleihen und Investmentfonds mithilfe von i) zahlreichen Informationsblättern über Bankanleihen, die an der TLX (43), der (nach der Borsa Italiana) zweitgrößten Handelsplattform für Anleihen, notiert sind, und ii) Websites der größten italienischen Banken, von denen in der Regel Informationen über die emittierten Anleihen abgerufen werden können. In diesen Daten sind 511 (davon 162 vor 2006 emittierte) zwischen 2002 und 2008 auf dem italienischen Markt platzierte Anleihen erfasst. Jährlich schlüsseln sich die vor 2006 emittierten Anleihen (im Vergleich zu den gesamten Anleihen) folgendermaßen auf: 18 % im Jahr 2006, 15 % im Jahr 2005, 9 % im Jahr 2004, 3 % im Jahr 2003 und 0,2 % im Jahr 2002.

    (109)

    Für jedes Vergleichsprodukt wurden in dem Gutachten anhand deskriptiver Statistiken weitere Analysen vorgenommen. So wurde für die von Banken emittierten „Plain Vanilla“-Anleihen (als den Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit am nächsten kommenden Vergleichsprodukten) festgestellt, dass die deskriptiven Statistiken für ein hinreichendes Verständnis der für die Vertriebsprovisionen maßgeblichen Faktoren nicht ausreichten und folglich nicht zur Beurteilung der Marktkonformität der BFP-Vertriebsprovisionen herangezogen werden könnten. So sind insbesondere Bankanleihen nicht in allen relevanten Aspekten homogen, so dass sie unter Umständen nicht mit dem jeweiligen BFP-Typ verglichen werden können. Aus diesem Grund ist mit dem statistischen Beweismaterial umsichtig umzugehen, damit für eine Gruppe vergleichbarer Anleihen festgestellt werden kann, welche Merkmale für die Beurteilung der Vertriebsprovisionen effektiv relevant sind. Hierzu wurde in dem Gutachten die Aufstellung der für die Vertriebsprovisionen relevanten Faktoren (vgl. Erwägungsgründe 103 und 104) herangezogen. Der Effekt dieser unabhängigen Variablen auf die Vertriebsprovisionen wurde für ein Finanzprodukt wie die BFP im Wege einer Regressionsanalyse geschätzt.

    (110)

    Wegen der zeitlichen Ausweitung der Bankanleihen-Stichprobe konnten keine stichhaltigen Schlussfolgerungen über die Entwicklung der Vertriebsprovisionen von 2000 bis 2003 gezogen werden. Aus statistischen Gründen ist es nicht möglich, über den Zeitraum von 2000 bis 2006 aussagekräftige Zeitreihen (44) zu bilden. Im Falle der Bankanleihen-Stichprobe konnten die Schlussfolgerungen lediglich für den gesamten Zeitraum von 2000 bis 2006 (und nicht auf jährlicher Basis) gezogen werden.

    (111)

    In dem Gutachten wird eindeutig die Auffassung vertreten, dass eine Schlussfolgerung zum gesamten Zeitraum dennoch pertinent ist, weil konkrete Befragungen ergeben haben, dass die Vertriebsprovisionen seit 2000 nicht erheblich gestiegen sind (einigen Antworten zufolge sind sie sogar zurückgegangen).

    (112)

    Für die Investmentfonds wurde eine Stichprobe mit 102 Fonds (45) gebildet, in deren Fall nur die deskriptiven Statistiken eine sinnvolle Analyse zulassen (46). Die Bildung einer Zeitreihe der Vertriebsprovisionen für Investmentfonds ist allerdings möglich.

    (113)

    Außerdem ist die Struktur der Vertriebsprovisionen der Vergleichsprodukte zu berücksichtigen:

    Für Bankanleihen ist bei Erwerb ein Prozentsatz des gezeichneten Betrags zu entrichten.

    Einige Investmentfonds zahlen dem Vertriebsnetz Vergütungen sowohl bei Zeichnung als auch auf jährlicher Basis, andere wiederum nur jährliche Vergütungen. Um für die Zwecke des Gutachtens zu einer einheitlichen Vergleichsgröße zu gelangen, wurden die tatsächlichen bei Zeichnung zu entrichtenden Provisionen der einzelnen Fonds und ein auf dem Gegenwartswert der jährlichen Provisionen für die voraussichtliche Laufzeit der Investition des Kunden in den Fond basierender Schätzwert addiert.

    (114)

    Die Vergütungen, die PI von CDP aufgrund der jährlichen Vereinbarungen von 2000 bis 2006 erhielt, setzen sich aus verschiedenen Elementen zusammen (47) (vgl. Tabelle 4), und zwar

    a)

    einer Upfront-Provision bei Zeichnung der BFP in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Anlagebetrags;

    b)

    einer jährlichen Provision auf den BFP-Betrag in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Wertes des BFP-Bestands; diese Vergütung wird für die administrative und rechnungsmäßige Verwaltung der BFP erhoben; ab 2003 wurden für BFP in Papierform und dematerialisierte BFP unterschiedliche Prozentsätze erhoben;

    c)

    in einigen Jahren weitere feste Beträge insbesondere bei Erreichen bestimmter quantitativer oder qualitativer Schwellen.

    (115)

    In den Vereinbarungen der Jahre 2000 bis 2002 weist die Vergütungsstruktur relativ große Unterschiede auf. Die Vergütungsstruktur ist seit 2003 insofern stabil, als sich die Vergütungselemente entsprechen, auch wenn die jeweiligen Zahlen unter Umständen variieren. Insgesamt betrachtet ist ein Vergleich zwischen den einzelnen Jahren des Zeitraums 2000 bis 2002 und des Zeitraums 2000 bis 2002 mit dem Zeitraum 2003 bis 2006 nicht ohne weiteres möglich.

    (116)

    Um die Vergleichbarkeit der Vergütungen für den Vertrieb von BFP und jener für den Vertrieb ähnlicher Finanzprodukte herzustellen, wird in dem Gutachten für die beiden BFP-Vergütungszahlungen ein äquivalenter Schätzwert veranschlagt, der direkt mit der für Bankanleihen und Investmentfonds zu entrichtenden Upfront-Provision vergleichbar ist. Dieser Schätzwert für die BFP wird für jedes Jahr ermittelt, indem zu der tatsächlichen vertraglich festgelegten Upfront-Provision eine zusätzliche geschätzte Upfront-Provision addiert wird, die auf dem Gegenwartswert der Vergütungen basiert, von denen PI angesichts der jährlichen prozentualen Provisionen für die in Umlauf befindlichen BFP ausgeht. Diese zusätzliche Upfront-Provision wird anhand der mittleren Laufzeit (48) (durata media) der einzelnen BFP-Typen und des Zeichnungsjahrwerts der prozentualen, für die Dauer der mittleren Laufzeit der BFP eingenommenen jährlichen Provisionen geschätzt (49).

    (117)

    Laut Gutachten erfordert die Berechnung des vorgenannten Gegenwartswerts die Aufstellung einer weiteren Annahme bezüglich der künftigen jährlichen Provisionen. Hierfür gibt es zwei gleichermaßen akzeptable Varianten:

    Bei der Annahme konstanter jährlicher Provisionen wird davon ausgegangen, dass PI die Schwankungen der künftigen jährlichen Provisionen nicht vorhersehen könnte und daher für jedes Jahr die gleichwertige geschätzte Upfront-Provision ausgehend von der Hypothese berechnen würde, dass die jährlichen Provisionen auf dem für jenes Jahr vertraglich vereinbarten Niveau bleiben würden.

    Bei der anderen Variante (im Folgenden „variable jährliche Provisionen“) würde die Vertriebsprovision für BFP auf der Grundlage der jährlichen in den sukzessiven Vereinbarungen über die gesamte Laufzeit der Produkte festgelegten Provisionen quantifiziert (50). Bei dieser Variante wird davon ausgegangen, dass PI die Schwankungen der künftigen jährlichen Provisionen vorhersehen könnte und folglich für jedes Jahr die gleichwertige geschätzte Upfront-Provision ausgehend von der Hypothese berechnen würde, dass die jährlichen Provisionen der Entwicklung folgen, die nachträglich ermittelt werden kann.

    (118)

    Die nach der Variante variabler jährlicher Vergütungen neu berechneten Upfront-Provisionen für BFP sind allem Anschein nach allgemein niedriger als die nach der Annahme konstanter jährlicher Vergütungen ermittelten Vergütungen. Tabelle 8 veranschaulicht dies für Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit:

    Tabelle 8

    Geschätzte Upfront-Gesamtprovisionen für BFP, in %

    Standard-BFP (Papierform)

     

    Konstante jährliche Vergütungen

    Variable jährliche Vergütungen

    2000

    […]

    […]

    2001

    […]

    […]

    2002

    […]

    […]

    2003

    […]

    […]

    2004

    […]

    […]

    2005

    […]

    […]

    2006

    […]

    […]

    BFP mit Festlaufzeit (Papierform)

     

    Konstante jährliche Vergütungen

    Variable jährliche Vergütungen

    2000

    […]

    […]

    2001

    […]

    […]

    2002

    […]

    […]

    (119)

    Aus Gründen der Einheitlichkeit wurde im Gutachten im Wesentlichen die Variante der konstanten jährlichen Vergütungen herangezogen.

    (120)

    Die auf der Grundlage der vorgenannten Variante neu berechneten Upfront-Provisionen, die PI für die BFP erhielt, sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.

    Tabelle 9

    Neu berechnete, von PI für BFP erhaltene Upfront-Provisionen

     

    2000

    2001 (51)

    2002

    2003

    2004

    2005

    2006

    BFP in Papierform (sämtlicheBFP vor 2003)

    Standard-BFP

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    BFP mit Festlaufzeit

    […]

    […]

    […]

     

     

     

     

    18-Monats-BFP

     

     

     

     

     

    […]

    […]

    Dematerialisierte BFP (ab 2003)

    Standard-BFP

     

     

     

    […]

    […]

    […]

    […]

    Index-BFP (Equity)

     

     

     

    […]

    […]

    […]

    […]

    Index-BFP (Inflation)

     

     

     

     

     

     

    […]

    18-Monats-BFP

     

     

     

     

     

    […]

    […]

    (121)

    Anhand der gesammelten Daten lassen sich die „Spreads“ der marktüblichen Vergütungen für den Vertrieb der BFP schätzen. Die geschätzten marktüblichen Vergütungen variieren je nach dem als geeignete Vergleichsgröße herangezogenen Produkt.

    (122)

    In Tabelle 10 sind die Reihen der (auf der Grundlage der Regressionsanalyse der Bankanleihen-Stichprobe) geschätzten Upfront-Provisionen für BFP und der neu berechneten, von PI für BFP tatsächlich erhaltenen Upfront-Provisionen ausgewiesen. Die Reihe der tatsächlichen Vergütungen für BFP ist durch die niedrigsten und die höchsten Vergütungen im Zeitraum 2000 bis 2006 definiert. Die für den Vergleich herangezogene Reihe ist durch die niedrigsten und höchsten Erwartungswerte (52) der BFP-Provisionen definiert, die mittels Regression der für die Vergütungen relevanten Faktoren ermittelt wurden. In der Tabelle sind ferner Reihen der niedrigsten und höchsten Erwartungswerte mit den Standardabweichungen + 1 und + 2 (53) ausgewiesen.

    (123)

    Die Heranziehung der klassischen Intervalle (Mittelwert und Standardabweichung + 1 und Mittelwert und Standardabweichung + 2) ist zweckdienlich für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses: ein Wert, der zwischen dem Erwartungswert und der Standardabweichung + 1 liegt, ähnelt mit hoher Wahrscheinlichkeit statistisch dem Erwartungswert; liegt er zwischen der Standardabweichung + 1 und der Standardabweichung + 2, ist diese Wahrscheinlichkeit geringer, aber nicht ungewöhnlich gering; geht er über die Standardabweichung + 2 hinaus, ist die Wahrscheinlichkeit relativ niedrig, so dass von einem „seltenen“ und potenziell „anormalen“ Ereignis gesprochen werden kann (54).

    Tabelle 10

    Neu berechnete Upfront-Provisionen und auf der Grundlage der Bankanleihen-Stichprobe geschätzte marktübliche Provisionen für BFP, in %

    BFP-Form

    Papier

    Dematerialisiert

    Papier

    Dematerialisiert

    Dematerialisiert

    Papier

    Dematerialisiert

    BFP-Art

    Standard

    Standard

    Festlaufzeit

    Equity-indexiert (55)

    Inflationsindexiert

    18 Monate

    18 Monate

    BFP-Mindestprovision 2000—2006

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    BFP-Höchstprovision 2000—2006

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Erwartungswert – geschätztes Minimum

    3,05

    3,05

    1,76

    1,69

    2,83

    0,63

    0,63

    Erwartungswert + 1 Standardabweichung – geschätztes Minimum

    3,40

    3,40

    2,11

    2,51

    2,14

    0,88

    0,92

    Erwartungswert + 2 Standardabweichung – geschätztes Minimum

    3,75

    3,75

    2,46

    3,32

    4,20

    1,21

    1,21

    Erwartungswert – geschätzter Höchstwert

    4,54

    4,54

    3,34

    1,69

    2,83

    0,63

    0,63

    Erwartungswert + 1 Standardabweichung – geschätzter Höchstwert

    5,25

    5,25

    4,05

    2,51

    3,51

    0,92

    0,92

    Erwartungswert + 2 Standardabweichung – geschätzter Höchstwert

    5,96

    5,96

    4,76

    3,32

    4,20

    1,21

    1,21

    (124)

    In dem Gutachten werden folgende Schlussfolgerungen gezogen:

    a)

    18-Monats-BFP, dematerialisierte Standard-BFP und inflationsindexierte BFP: Marktkonformität „absolut eindeutig“ nachgewiesen;

    b)

    Index-BFP und Standard-BFP in Papierform: Marktkonformität zwar nicht „absolut eindeutig“, aber tendenziell klar nachgewiesen; in diesen Fällen liegen die Provisionen für BFP, im Rahmen von regressionsbasierten Simulationen, entweder unter dem Erwartungswert oder in dem Intervall „Erwartungswert + 2 Standardabweichungen“;

    c)

    BFP mit Festlaufzeit: Möglichkeit eines anormalen Höchstwerts im Jahr 2001.

    (125)

    In dem Gutachten sind auch die geschätzten Vertriebsprovisionen für Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit ausgewiesen, wenn für jeden Vertreiber unabhängige Dummy-Variablen (56) eingesetzt werden, um den Faktor Preispolitik der einzelnen Vertreiber und damit ein Element zu erfassen, das bei der Regressionsanalyse in Tabelle 10 unberücksichtigt blieb.

    Tabelle 11

    Geschätzte BFP-Vertriebsprovisionen nach Vertreibern

     

    „Plain Vanilla“-Bankanleihen

    Festverzinsliche Bankanleihen

     

    A: Standard-BFP

    UBM

    3,60 %

    3,23 %

    PopVicenza

    3,06 %

    2,65 %

    Antonveneta

    2,95 %

    2,98 %

    Carige

    2,62 %

    2,53 %

    IntesaSanPaolo

    2,25 %

    2,73 %

    SanPaoloIMI

    1,44 %

    2,45 %

     

    B: Festverzinsliche BFP

    UBM

    2,75 %

    1,91 %

    PopVicenza

    2,21 %

    1,33 %

    Antonveneta

    2,10 %

    1,66 %

    Carige

    1,77 %

    1,21 %

    IntesaSanPaolo

    1,40 %

    1,41 %

    SanPaoloIMI

    0,59 %

    1,13 %

    (126)

    Die neu berechneten Upfront-Provisionen, die PI für die Platzierung von BFP erhielt (Punktschätzer), und der Geldmarktfonds sind Tabelle 12 zu entnehmen.

    Tabelle 12

    Neu berechnete Upfront-Provisionen und auf der Grundlage der Investmentfonds-Stichprobe geschätzte marktübliche jährliche BFP-Provisionen

    Standard-BFP

     

     

     

     

    Postal savings certificates

    Money-market mutual funds

    Jahr

     

    Mittelwert

    Mittelwert + 1 Standardabweichung

    2000

    […]

    1,48 %

    3,41 %

    2001

    […]

    1,48 %

    3,41 %

    2002

    […]

    2,13 %

    4,06 %

    2003

    […]

    2,45 %

    4,38 %

    2004

    […]

    2,55 %

    4,48 %

    2005

    […]

    3,38 %

    5,31 %

    2006

    […]

    3,38 %

    5,31 %

    BFP mit Festlaufzeit

     

     

     

     

    BFP

    Geldmarktfonds

    Jahr

     

    Mittelwert

    Mittelwert + 1 Standardabweichung

    2000

    […]

    1,15 %

    3,08 %

    2001

    […]

    1,15 %

    2,80 %

    2002

    […]

    1,65 %

    3,30 %

    (127)

    In dem Gutachten wurden, in der Annahme konstanter jährlicher Vergütungen, die Beträge der Vergütungen für die Platzierung von BFP in absoluten Zahlen ermittelt, die PI erhalten hätte, wenn sich die Vergütungen nach den durchschnittlichen Sätzen der Vertreiber vergleichbarer Investmentfonds gerichtet hätten. Die absoluten Beträge der jährlichen Vergütungen für die BFP und der Vergütungen, die sich auf der Grundlage der Geldmarktfonds-Konditionen ergeben hätten, sind in Tabelle 13 ausgewiesen.

    Tabelle 13

    Tatsächliche und geschätzte Vergütungen für BFP in absoluten Beträgen

     

    BFP

    Geldmarktfonds

     

     

    Mittelwert

    Mittelwert + 1 Standardabweichung

    2000

    361

    217

    426

    2001

    439

    235

    459

    2002

    316

    355

    596

    2003

    416

    457

    721

    2004

    482

    519

    803

    2005

    582

    762

    1 062

    2006

    559

    820

    1 139

    Insgesamt 2000—2006

    3 157

    3 364

    5 207

    (128)

    In dem Gutachten wird der Schluss gezogen, dass

    a)

    bei Anwendung der ersten Methode (Tabelle 12) die BFP-Provisionen fast ausnahmslos in das Intervall zwischen dem Erwartungswert und dem Erwartungswert + 1 Standardabweichung fallen, wenn die Schätzung auf der Grundlage der Geldmarktfonds erfolgt, und fast ausnahmslos unter den Erwartungswert, wenn die Schätzung auf der Grundlage der Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, erfolgt;

    b)

    bei Anwendung der zweiten Methode (Tabelle 13) die Vergütungen, die PI insgesamt tatsächlich erhalten hat, stets unter dem Durchschnitt der Vergütungen liegen, die nach den Konditionen der Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, zu erwarten gewesen wären. Die tatsächlichen Gesamtvergütungen sind auch geringer als die durchschnittlichen Vergütungen, die nach den Konditionen der Geldmarktfonds zu erwarten gewesen wären. Im Zeitraum von 2000 bis 2003 waren sie zwar nicht geringer als der Durchschnitt, der nach den Konditionen der Geldmarktfonds zu erwarten gewesen wäre, lagen aber unter der Vergütung, die dem Erwartungswert + 1 Standardabweichung entspricht;

    c)

    das aus den Vergleichen mit den Vergütungen für Investmentfonds resultierende Beweismaterial für die Marktkonformitätsschlussfolgerung als fast „absolut eindeutig“ angesehen werden kann.

    (129)

    Die von CDP insgesamt an PI gezahlten Vergütungen beliefen sich auf 15 Mio. EUR im Jahr 2003, 16 Mio. EUR im Jahr 2004 und 18 Mio. EUR in den Jahren 2005 und 2006 (vgl. Tabelle 5).

    (130)

    Die Vergütungen für die Ausstellung von BFP in Papierform ist nicht Gegenstand der vorstehenden Analysen der Marktkonformität der Provisionen, die PI für die Platzierung von BFP erhielt. Der Ausschluss der Vergütungen für die Ausstellung von BFP ist darauf zurückzuführen, dass laut Gutachten die Berücksichtigung dieser Komponente bei der Berechnung der zusätzlichen Upfront-Provisionen nicht angemessen sei, weil es sich dabei um ein BFP-spezifisches Merkmal handelt, das vergleichbare Finanzprodukte in dem Zeitraum von 2000 bis 2006 nicht aufwiesen. Wie bereits ausgeführt, vergleicht Italien die Gegenleistung, die PI für die Ausstellung von BFP in Papierform erhielt, mit der Gegenleistung, die von Investmentfonds für die Emission von Papierzertifikaten verlangt wird. Italien macht geltend, dass Letztere 10 bis 20 EUR pro Zertifikat betrage, und hebt hervor, dass sich die von CDP an PI gezahlte Gegenleistung pro BFP in Papierform auf 1,70 EUR beliefe und somit nicht exzessiv sei. In dem Gutachten wird bestätigt, dass die von Investmentfonds für die Ausstellung von Papierzertifikaten verlangten Beträge den von Italien angegebenen Beträgen entsprechen.

    (131)

    Die von CDP an PI für die Ausstellung von Anleihen in Papierform gezahlte Vergütung kann daher als marktkonform angesehen werden.

    (132)

    In dem Gutachten wird die allgemeine Schlussfolgerung gezogen, dass die Vergütungen, die PI in dem Zeitraum von 2000 bis 2006 für die Platzierung von BFP erhielt, marktkonform sind.

    VIII.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

    (133)

    Um feststellen zu können, ob eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt, muss die Kommission prüfen, ob die Regelung

    vom Staat oder aus staatlichen Mitteln finanziert wurde;

    einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft;

    den Wettbewerb durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Wirtschaftszweige verfälschen kann;

    den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

    VIII.1.   Kontext der Würdigung

    (134)

    Im vorliegenden Fall kann sich die Prüfung der Kommission darauf beschränken, ob PI aus den in Rede stehenden Vergütungen ein Vorteil erwuchs.

    (135)

    Aufgrund des Dekrets vom 6. Oktober 2004 stellt die Annahme von Postspareinlagen nunmehr eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dar (57). Daher erfolgt die Würdigung für den Zeitraum ab 2004 auf der Grundlage des Altmark-Urteils (58).

    (136)

    In diesem Kontext stellte die Kommission bereits in der Einleitungsentscheidung fest, dass das begünstigte Unternehmen PI gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen muss und dass diese Verpflichtungen klar definiert sind. Die Parameter, anhand deren die Vergütungen ermittelt worden sind, wurden vorab, insbesondere im Wege der Vereinbarungen zwischen CDP und PI, objektiv und transparent definiert. Ferner war zu prüfen, ob die Gegenleistung — unter Berücksichtigung der relevanten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns — nicht den Betrag überstieg, der zur Deckung aller oder eines Teils der Kosten erforderlich war, die bei der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung entstanden. Hingegen musste — in Ermangelung eines öffentlichen Vergabeverfahrens — die Höhe der notwendigen Gegenleistung auf der Grundlage einer Analyse der Kosten ermittelt werden, die einem durchschnittlichen, gut geführten und angemessen ausgestatteten Unternehmen im selben Sektor bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen entstünden, wobei die Einnahmen und ein angemessener Gewinn zu berücksichtigen sind.

    (137)

    Wenn die von CDP gezahlten Vergütungen marktkonform waren, würden sie die Kosten, die die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen entstünden, unter Berücksichtigung der Einnahmen und eines angemessenen Gewinns, angemessen abbilden. Diese Vergütungen würden folglich die vier Kriterien des Altmark-Urteils erfüllen und kein Beihilfeelement beinhalten (59). Und wenn bereits die jährlich an PI für BFP gezahlten Vergütungen, noch bevor PI und CDP mit der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betraut wurden, marktkonform waren, liegt auf der Hand, dass PI kein Vorteil erwuchs und es sich bei diesen Vergütungen nicht um staatliche Beihilfen handelte.

    (138)

    Bei der Untersuchung der Marktkonformität der von CDP gezahlten Vergütungen folgt die Kommission im Wesentlichen der (in der Einleitungsentscheidung gebilligten) Methodik, die in der Benchmark-Studie und zwei weiteren Studien herangezogen wurde:

    a)

    Erstens sind die Finanzprodukte zu ermitteln, die sich für einen Vergleich mit den verschiedenen BFP-Arten am besten eignen (Abschnitt VIII.2). Hierfür ist entscheidend, dass die wesentlichen, für die Höhe der Vertriebsprovisionen maßgeblichen Faktoren festgestellt und gebührend berücksichtigt werden.

    b)

    Zweitens müssen die von Marktteilnehmern für die Platzierung dieser Vergleichsprodukte gezahlten marktüblichen Vergütungen ermittelt und anschließend mit den von CDP gezahlten Vergütungen verglichen werden (Abschnitt VIII.3).

    VIII.2.   Ermittlung der Vergleichsprodukte

    VIII.2.1.   Validierung des Gutachtens

    (139)

    Die drei Studien unterscheiden sich im Wesentlichen hinsichtlich der Vergleichsprodukte und der Faktoren, die für die Vergütungen maßgeblich sind und somit die Auswahl der Vergleichsprodukte beeinflussen. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über die in den drei Studien ermittelten Vergleichsprodukte.

    Tabelle 14

    Vergleichsprodukte in den drei Studien

    Produkt

    Benchmark-Analyse

    ABI-Studie

    Gutachten

    Standard-BFP

    Strukturierte Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens BBB (S&P) und/oder Baa2 (Moody’s)

    BTP mit gleicher Laufzeit

    „Plain Vanilla“-Bankanleihen (mit festem und variablem Zinssatz)

    BFP mit Festlaufzeit

    Strukturierte Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens BBB (S&P) und/oder Baa2 (Moody’s)

    BOT, CTZ oder BTP nach Maßgabe der Restlaufzeit der BFP

    „Plain Vanilla“-Bankanleihen

    Index-BFP (Inflation und Equity)

    Strukturierte Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens BBB (S&P) und/oder Baa2 (Moody’s)

    Inflationsindexierte BFP: Index-BTP-EUR: für Equity-indexierte BFP: strukturierte Index-Bankanleihen mit einem Rating von mindestens A+ (S&P) und/oder Aa2 (Moody’s)

    Index-Bankanleihen (Equity bzw. Inflation)

    18-Monats-BFP

    Strukturierte Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens A- (S&P) und/oder A3 (Moody’s)

    Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit (BOT und CTZ)

    Einlagenzertifikate (CD) (60), mit nützlichen Informationen über festverzinsliche Bankanleihen mit kürzerer Laufzeit, und Geldmarktfonds

    Anmerkungen zu weiteren Vergleichsprodukten

    Italien zufolge sind BFP mit offenen Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, vergleichbar.

    ABI hatte zunächst argumentiert, dass BFP mit offenen Investmentfonds, die in Euro-Staatsfonds investieren, vergleichbar sind. In der ABI-Studie wird dieses Argument jedoch nicht mehr angeführt.

    Die Untersuchung der Vergütungen für die vergleichbarsten Investmentfonds, insbesondere Geldmarktfonds, könnte nützliche Elemente für die Ermittlung des Marktniveaus der Vertriebsprovisionen von BFP (außer Index-BFP) ergeben.

    (140)

    Nach Auffassung der Kommission sind die Methodik des Gutachtens (vgl. insbesondere Tabelle 7) und dessen Ergebnisse voll und ganz plausibel. Vor allem die für den Vergleich ermittelten Finanzprodukte genügen den Anforderungen sowohl der italienischen Behörden als auch von ABI, wie im Folgenden ausgeführt wird. Sämtliche für die Definition der wesentlichen Merkmale der Vergleichsprodukte relevanten Faktoren wurden umsichtig geprüft und abgewogen. In dem Gutachten wird zudem ein äußerst signifikanter Faktor für die Vertriebsprovisionen aufgezeigt, den beide Parteien — die italienischen Behörden und ABI — übersehen hatten, und zwar das Vertriebsnetz. Diesbezüglich wird in dem Gutachten ausgeführt, dass zumindest in Italien auf der zweiten Vertriebsebene (Retail-Investoren) für das gleiche Risikoprofil geringere Renditen angeboten werden können als auf der ersten Vertriebsebene (institutionelle Investoren). In diesem Fall können die im Vergleich zur ersten Ebene höheren Erlöse auf der Retail-Ebene mit einer Form der Gewinnaufteilung verglichen werden (61).

    (141)

    Es gibt zwar keine perfekten Vergleichsprodukte für BFP, aber dank des Gutachtens können marktübliche Vergütungen für Vergleichsprodukte beispielsweise per Regressionsanalyse geschätzt werden.

    VIII.2.2.   Standpunkt der Kommission zu den von Italien vorgebrachten Argumenten

    (142)

    Den Feststellungen in der Benchmark-Studie und den Argumenten der italienischen Behörden zufolge sind BFP aufgrund ihrer inhärenten Put-Option komplexer als „Plain Vanilla“-Anleihen, weshalb sie als strukturierte Anleihen anzusehen seien.

    (143)

    Nach Auffassung der Kommission weisen einige Instrumente wie „Plain Vanilla“-Anleihen und Stammaktien relativ einfache Strukturen und Renditen auf, bei anderen hingegen sind letztere komplexer und hängen vom Verhalten der zugrunde liegenden Assets oder aber von einer Reihe von Ereignissen ab (z. B. strukturierte Anleihen und Anleihen mit optionsartigen Komponenten). Retail-Investoren ein komplexes Produkt zu erläutern und insbesondere zu verkaufen, stellt hohe Anforderungen an die Retail-Vertriebsnetze, die zu diesem Zweck in die Schulung ihrer Mitarbeiter investieren und wertvolle Zeit und Ressourcen für den Vertrieb aufbringen müssen.

    (144)

    Hinzu kommt, dass es keine Legaldefinition der Begriffe „Plain Vanilla“ und „strukturiert“ gibt (62). Außerdem lägen viele Finanzprodukte bei einer weit gefassten Definition des Begriffs „strukturierte“ Anleihen irgendwo zwischen den „Plain Vanilla“- und den strukturierten Anleihen im engeren Sinne. In diesem Zusammenhang wird in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass Anleihen mit Put-Option wie die BFP nicht mit typischen strukturierten Anleihen gleichgesetzt werden könnten. Die Renditestruktur der BFP sei einfach und die kleinen italienischen Sparer würden seit Jahrzehnten die Möglichkeit der frühzeitigen Kündigung des investierten Kapitals zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen kennen, so dass der Vertreiber keine besonderen Anstrengungen unternehmen müsse, um dem Investor die Merkmale dieses Finanzprodukts zu erläutern.

    (145)

    In Anbetracht des Vorstehenden wird in dem Gutachten „strukturierte“ Anleihe definiert als Anleihe, deren Rendite nach Maßgabe eines in den Emissionskonditionen festgelegten Mechanismus an die Entwicklung bestimmter Parameter gekoppelt ist.

    (146)

    Die Kommission teilt die in dem Gutachten vertretene Auffassung, der zufolge die in BFP enthaltene Put-Option nicht ausreicht, um dieses Titel mit „strukturierten“ Anleihen im Sinne der herkömmlichen Definition vergleichen zu können.

    (147)

    Folglich ist der von Italien vorgeschlagene Vergleich zwischen BFP und strukturierten Instrumenten außer für Index-BFP nicht angemessen (63).

    VIII.2.3.   Standpunkt der Kommission zu den von ABI vorgebrachten Argumenten

    (148)

    ABI hat mehrfach den Vergleich mit Staatsanleihen mit kurzer und langer Laufzeit vorgeschlagen. Ein Vergleich mit diesen Finanzprodukten ist aber nicht geeignet, weil Staatsanleihen eher bei institutionellen Investoren platziert werden, Bankanleihen und BFP hingegen eher nach dem für das Retail-Segment typischen Verfahren. Außerdem handelt es sich bei den Provisionen für den Vertrieb von Staatsanleihen bei Retail-Investoren nicht um Marktpreise, die sich aus dem Zusammenwirken von Angebot und Nachfrage ergeben, sondern sie werden einseitig durch den Staat per gesetzeskräftiger Verordnung festgelegt. Diese Provisionen können daher nicht dem marktüblichen Niveau der Vergütungen für Vertriebsleistungen auf dem italienischen Markt entsprechen (64).

    (149)

    Nach Auffassung der Kommission begegnen die im Gutachten ermittelten Vergleichsprodukte den Bedenken von ABI insofern, als i) Bankanleihen von den Finanzinstituten begeben werden und somit geeignetere Vergleichsprodukte für von CDP begebene BFP sind, ii) Staatsanleihen und Bankanleihen bei gleichem Rating ein vergleichbares Risiko aufweisen und iii) nicht die strukturierten, sondern die „Plain Vanilla“-Bankanleihen als Vergleichsprodukte für Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit angesehen werden.

    VIII.2.4.   Schlussfolgerung

    (150)

    Folglich sieht die Kommission für die Zwecke dieser Entscheidung die in dem Gutachten ermittelten Vergleichsprodukte, d. h. erstens Bankanleihen und dann Investmentfonds mit ähnlichen Merkmalen, als pertinent an.

    VIII.3.   Geschätzte marktübliche Vergütungen für BFP

    VIII.3.1.   Methode zur Ermittlung der Marktvergütungen

    a)   BFP

    (151)

    Nach Auffassung der Kommission sind die Methode und die Berechnungen des Gutachtens, die im Falle der mit den BFP-Provisionen vergleichbaren Upfront-Provisionen angewandt werden, adäquat. Dies gilt insbesondere für

    die Differenzierung je nach Art der Vergütung (jährlich, upfront, sonstige) und

    die voraussichtliche Laufzeit, die Berechnung des Gegenwartswerts und den Abzinsungssatz für alle im Gutachten ermittelten Finanzprodukte, da sie auf plausiblen Annahmen beruhen.

    (152)

    Folglich sind die im Gutachten ermittelten Upfront-Provisionen korrekt.

    b)   Vergleichsprodukte

    (153)

    Die Kommission trägt der begrenzten Verfügbarkeit von Daten Rechnung und teilt die im Gutachten aufgrund der ökonomischen Fachliteratur und der Marktforschung vertretene Auffassung, dass es kein Finanzprodukt gibt, das in allen als relevant identifizierten Faktoren uneingeschränkt mit BFP vergleichbar wäre. Nach Auffassung der Kommission werden die vom Sachverständigen gesammelten und zugrunde gelegten großen Datenmengen den Zwecken dieser Entscheidung qualitativ und quantitativ (65) gerecht.

    (154)

    Die Kommission schließt sich der Auffassung an, dass eine Schlussfolgerung über den gesamten Zeitraum pertinent ist, weil die Befragungen durch den Sachverständigen ergeben haben, dass die Vertriebsprovisionen seit 2000 nicht erheblich gestiegen sind (einigen Antworten zufolge sind sie sogar zurückgegangen). Zudem führten die Verhandlungen zwischen den Parteien zu Provisionskonditionen, die über die Jahre erheblich variierten (so ist die jährliche Verwaltungsprovision sowohl prozentual als auch absolut zurückgegangen). Nach Auffassung der Kommission wurde bei den einschlägigen Verhandlungen einer mehrjährigen Perspektive Rechnung getragen. Folglich ist auch bei der Abwägung insgesamt dieser Mehrjahresaspekt zu berücksichtigen.

    (155)

    Die Kommission teilt die Auffassung des Sachverständigen, wonach angesichts der Tatsache, dass die Provisionsstruktur sowohl der beiden BFP-Arten untereinander als auch sämtlicher Vergleichsprodukte unterschiedlich ist, die Sätze der Provisionen für den Vertrieb der verschiedenen Produkte homogen ausgedrückt werden sollten. In diesem Zusammenhang ist sie der Auffassung, dass, obgleich nur für Bankanleihen Vertriebsprovisionen verlangt werden, auch für Investmentfonds entsprechende Upfront-Provisionen rechnerisch ermittelt werden sollten.

    (156)

    Ferner ist sie der Auffassung, dass die Regressionsanalyse auf der Grundlage der Bankanleihen-Stichprobe allgemein die geeignetste Methode zur Bestimmung der marktüblichen Provision für den Vertrieb der BFP ist. Zudem teilt sie die Auffassung des Sachverständigen, wonach die deskriptiven Statistiken für die Investmentfonds, die sowohl von ABI als auch von den italienischen Behörden als Vergleichsprodukte benannt wurden, stichhaltige Schlussfolgerungen ermöglichen. Folglich kann die Kommission die von dem Sachverständigen errechneten Durchschnitts-/Erwartungswerte akzeptieren.

    (157)

    Allerdings unterscheiden sich die Vorgehensweise der Kommission und jene des Sachverständigen technisch in Bezug auf die Spannen (Standardfehler/Standardabweichung), die zwecks Verifizierung der Marktkonformität der Provisionen auf die Erwartungswerte anzuwenden sind. Nach Auffassung der Kommission erübrigt sich eine Vertiefung dieser Frage jedoch, weil die Spannen für die beihilferechtliche Würdigung nicht erforderlich sind.

    VIII.3.2.   Analyse der Marktkonformität

    (158)

    Zu analysieren ist die Marktkonformität der nachstehend genannten Finanzprodukte im Bezugszeitraum.

    Tabelle 15

    Platzierungszeitraum der verschiedenen BFP-Arten

    BFP-Art

    Dematerialisiert

    Papier

    Standard-BFP

    2003—2006

    2000—2006

    BFP mit Festlaufzeit

    Inexistent

    2000—2002

    18-Monats-BFP

    2005—2006

    2005—2006

    Indexierte BFP: Equity

    2003—2006

    Inexistent

    Indexierte BFP: Inflation

    2006

    Inexistent

    a)   Dematerialisierte BFP

    (159)

    Für die dematerialisierten BFP geht aus dem Vergleich zwischen den Werten der Tabellen 9 und 10 Folgendes hervor:

    Standard-BFP: Im Bezugszeitraum betrug das Upfront-Äquivalent der BFP 2,64 %, während der Mindesterwartungswert auf 3,05 % geschätzt wird. Die Provision ist folglich marktkonform.

    18-Monats-BFP: Im Bezugszeitraum betrug das Upfront-Äquivalent der BFP 0,65 %, der Erwartungswert hingegen 0,63 %. Die BFP-Provisionen liegen so nahe beim Erwartungswert, dass keine andere Schlussfolgerung vertretbar ist, als dass sie marktkonform sind (66). Hinzu kommt, dass nach Auffassung der Kommission Einlagenzertifikate die für den Vergleich geeignetsten Bankprodukte sind. Trotz des geringen Umfangs der Einlagenzertifikats-Stichprobe (für die keine Upfront-Provisionen, sondern jährliche Vergütungen in Höhe von 0,60 % verlangt werden) lässt sich nach Ansicht der Kommission die Höhe der Vertriebsprovision für die Zwecke dieser Entscheidung dennoch bestimmen. Bei Ermittlung des Gegenwartswerts in den Jahren 2005 und 2006 einer jährlichen Provision von 0,60 % für ein 18-Monats-Produkt (67) ergibt sich ein Upfront-Äquivalent von 0,863 %, das die geschätzte Upfront-Provision für 18-Monats-BFP übersteigt. Die Provision ist folglich marktkonform (68).

    Inflationsindexierte BFP: Im Bezugszeitraum betrug das Upfront-Äquivalent der BFP 2,64 %. Da die Regressionsanalyse auf der Grundlage der Stichprobe mit den strukturierten Bankanleihen (vgl. Fußnote 55) aber wenig aussagekräftig ist und Investmentfonds kein geeignetes Vergleichsprodukt für Index-BFP sind, schließt sich die Kommission der Auffassung des Sachverständigen an, dass stattdessen die Ergebnisse der deskriptiven Statistiken heranzuziehen sind. Diese zeigen, dass

    i)

    die Provisionen für inflationsindexierte BFP in einem Bezugsjahr (2006) unter den durchschnittlichen Provisionen für inflationsindexierte Bankanleihen lagen (2,82 % auf der Grundlage von 42 erfassten Fällen);

    ii)

    die Provisionen für inflationsindexierte BFP im Bezugszeitraum (2003—2006) unter den durchschnittlichen Provisionen für inflationsindexierte Bankanleihen lagen (3,10 % auf der Grundlage von 109 erfassten Fällen).

    Die Provisionen waren folglich marktkonform.

    b)   18-Monats-BFP in Papierform

    (160)

    Die Provisionen für 18-Monats-BFP in Papierform entsprachen jenen für dematerialisierte 18-Monats-BFP, da für diese BFP-Form keine jährliche Vergütung verlangt wird. Folglich waren auch die Provisionen für diese BFP-Form marktkonform.

    c)   Standard-BFP und BFP mit Festlaufzeit in Papierform

    (161)

    Abschließend ist zu prüfen, ob die Provisionen für Standard-BFP in Papierform im Zeitraum 2000—2006 und für BFP mit Festlaufzeit in Papierform im Zeitraum 2000—2002 marktkonform waren.

    (162)

    Die Kommission weist darauf hin, dass in dem Gutachten BFP in Papierform auch dematerialisierten Vergleichsprodukten gegenüber gestellt werden, da auf dem Markt keine geeigneten Vergleichsprodukte in Papierform existieren.

    (163)

    Nach Auffassung der Kommission beschränkt sich die Tätigkeit von PI im Falle von BFP in Papierform nicht auf die reine Produktion von Papierzertifikaten, für die eine entsprechende Vergütung verlangt wird (vgl. Erwägungsgründe 129—131).

    (164)

    Es sei darauf hingewiesen, dass der Unterschied zwischen den Gesamtvergütungen für BFP in Papierform und dematerialisierte BFP ausschließlich auf den auf die Verwaltung entfallenden Anteil zurückzuführen ist (69).

    (165)

    PI nimmt spezielle Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung des Bestands an BFP in Papierform wahr. So können BFP in Papierform jederzeit und in jedem beliebigen Postamt „gekauft“ werden. Benötigt wird nur ein Ausweisdokument und der Betrag in bar, der in BFP investiert werden soll. Der Investor muss noch nicht einmal Inhaber eines Girokontos bei PI sein, da BFP in Papierform gegen Bargeld erworben werden können. Am Schalter sind einige Formulare auszufüllen, und anschließend wird der Name des Inhabers in die BFP eingetragen, die dann dem Inhaber ausgehändigt werden. Dasselbe geschieht bei der Rückzahlung der BFP in Papierform. Die entsprechenden Verwaltungsvorgänge sind mit einem Aufwand verbunden, der bei dematerialisierten BFP und Bankanleihen ganz oder teilweise entfällt.

    (166)

    Obgleich die höheren Provisionen für den Jahresbestand an BFP in Papierform aufgrund des damit verbundenen Verwaltungsaufwands für PI gerechtfertigt sind, fällt der Vergleich zwischen den geschätzten Upfront-Gesamtprovisionen von Standard-BFP in Papierform und jenen von Bankanleihen zwangsläufig nachteilig für PI aus, so dass sich die Feststellungen hinsichtlich der Marktkonformität der BFP-Provisionen im Wesentlichen auf die Daten über dematerialisierte BFP stützen sollten.

    (167)

    Die Kommission teilt die Auffassung des Sachverständigen, dass PI im Zusammenhang mit BFP in Papierform spezielle Aufgaben wahrnimmt, so dass PI nicht nur für die Ausstellung der BFP eine Aufwandsentschädigung erhalten sollte (70). Diese zusätzlichen Aufgaben rechtfertigen höhere Jahresprovisionen. Im Bezugszeitraum entsprachen die durchschnittlichen an PI für die Verwaltung der Papierzertifikate gezahlten Jahresprovisionen ca. 0,14 % des Bestands an BFP in Papierform (vgl. Tabelle 4) (71). Auch wenn eine exakte Quantifizierung der für Papierzertifikate anfallenden Verwaltungskosten nicht möglich ist, vertritt die Kommission die Auffassung, dass der vorgenannte Provisionsaufschlag angesichts des Verwaltungsaufwands in Verbindung mit Papierzertifikaten nicht übermäßig hoch ist (vgl. Erwägungsgrund 166). 2006 beliefen sich die an PI gezahlten Verwaltungsprovisionen auf 7 126 EUR je Postamt. In den Jahren 2000 und 2001, nachdem die Parteien spezielle qualitative Ziele ausgehandelt hatten (72), beliefen sich die an PI gezahlten Verwaltungsprovisionen auf 18 064 EUR bzw. 14 231 EUR je Postamt (73). Nach Auffassung der Kommission ist die Höhe dieser Provisionen für die Verwaltung der Papierzertifikate angemessen und marktkonform. Ferner folgten diese jährlichen Vergütungen einem rückläufigen Trend, und die Zahl der Papierzertifikate dürfte im Laufe der Zeit immer mehr abnehmen.

    (168)

    Für BFP mit Festlaufzeit, die es in dematerialisierter Form nicht gab, hat die Kommission die PI gezahlten Provisionen ohne den Verwaltungsanteil berechnet. Der für den Zeitraum 2000—2002 ermittelte Wert (bei konservativem Ansatz durchschnittlich 1,72 % (74) liegt sowohl unter dem erwarteten Mindestwert (1,76 %, vgl. Tabelle 10) als auch unter verschiedenen Erwartungswerten für BFP mit Festlaufzeit, wenn die Preispolitik verschiedener Vertreiber berücksichtigt wird (vgl. Tabelle 11 Teil B). Daher gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Provisionen für BFP mit Festlaufzeit in Papierform marktkonform waren.

    (169)

    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Provisionen für den Vertrieb von Standard-BFP in Papierform und BFP mit Festlaufzeit in Papierform marktkonform sind.

    (170)

    Daraus zieht die Kommission wiederum den Schluss, dass die für den Vertrieb sämtlicher BFP in Papierform im Zeitraum 2000—2006 gezahlten Provisionen marktkonform sind.

    (171)

    Im vorliegenden Fall hätte die Kommission alternativ davon ausgehen können, dass die PI gezahlten Provisionen auch dann marktkonform sind, wenn sie unter dem Höchsterwartungswert liegen.

    (172)

    Folglich geht aus Tabelle 10 hervor, dass die Vergütungen für Standard-BFP und für BFP mit Festlaufzeit in Papierform marktkonform sind, denn in der Tat beträgt der erwartete Höchstwert für Standard-BFP in Papierform 4,54 % (geschätzter Höchstwert), die höchste Provision im Zeitraum 2000—2006 hingegen nur 3,07 %. Für die BFP mit Festlaufzeit in Papierform belaufen sich die entsprechenden Werte auf 3,34 % und 3,09 %.

    VIII.3.3.   Anmerkungen

    a)   Methode mit variablen jährlichen Vergütungen

    (173)

    Die Kommission wäre auch bei Anwendung der Methode mit variablen jährlichen Vergütungen zu demselben Ergebnis gelangt.

    (174)

    Diese Methode ist vertretbar, weil die Kommission davon ausgeht, dass bei den jährlichen Verhandlungen zwischen PI und CDP die Schwankungen der jährlichen Vergütungen berücksichtigt wurden.

    (175)

    Mit dieser Methode wären die Schlussfolgerungen der Kommission zur Marktkonformität sogar noch eindeutiger ausgefallen.

    b)   Vergütungen für die Ausstellung von BFP in Papierform

    (176)

    Laut Gutachten ist die Feststellung, dass die einzigen Wertpapiere in Papierform BFP sind (mit Ausnahme der gesetzlich noch zulässigen Anteilscheine in Papierform, die von offenen Investmentfonds ausgegeben werden), absolut korrekt. Auch ABI räumt ein, dass auf den Finanzmärkten inzwischen fast ausschließlich mit dematerialisierten Produkten gehandelt wird. ABI unterbreitet auch kein Informations- oder Beweismaterial für die Marktkonformität der Vergütungen für dematerialisierte Finanzprodukte und erhebt keine Einwände gegen die Berechnung der Vergütungen für die Ausstellung von BFP in Papierform anhand eines Vergleichs mit von Investmentfonds begebenen Anteilsscheinen in Papierform. Daher schließt sich die Kommission der diesbezüglichen Schlussfolgerung des Sachverständigen an (vgl. Erwägungsgründe 129—131).

    VIII.4.   Erwiderung auf die übrigen Anmerkungen von Italien und ABI

    VIII.4.1.   Italien

    (177)

    Auf die von Italien zur Marktkonformität der Marge beim BFP-Vertrieb vorgebrachten Argumente (vgl. Erwägungsgründe 85-88) erwidert die Kommission, dass die von Italien bei den Berechnungen zugrunde gelegte Gewinnmarge für den Nachweis der Marktkonformität der BFP-Vertriebsprovisionen nicht ausreichen dürfte, da, wie auch die italienischen Behörden einräumen, PI über die einzelnen Finanzprodukte nicht separat Buch führt und folglich keine für die Zwecke dieser Entscheidung tauglichen Daten über die Kosten und Erträge im Zusammenhang mit BFP gesammelt werden können.

    (178)

    Der Vergleich der allgemeinen Marge von PI/Bancoposta mit der Marge von Geschäftsbanken bei vergleichbaren Leistungen ist noch ungenauer.

    (179)

    Nach Auffassung der Kommission kann daher diesem Argument nicht gefolgt werden, weil eine Schlussfolgerung bezüglich der Marktkonformität der BFP-Vertriebsprovisionen auf der Grundlage nur einer einzigen der Leistungen von Bancoposta bzw. eines Vergleichs mit ungeeigneten, weil andersartigen Leistungen und Produkten von Geschäftsbanken nicht möglich ist.

    (180)

    Was den von den italienischen Behörden angestellten Vergleich zwischen den Vergütungsstrukturen bei BFP und Postsparbüchern und die Aufteilung der mutmaßlich marktkonformen BFP-Provision auf die durchschnittliche Laufzeit des Instruments angeht (vgl. Erwägungsgrund 82), so stellt die Annahme des linearen Effekts der Laufzeit auf die Provision nach Ansicht der Kommission im Vergleich zu den Analysen des Sachverständigen eine übermäßige Simplifizierung dar. Zudem ist ein Vergleich der BFP mit von Marktteilnehmern begebenen Finanzinstrumenten angemessener.

    VIII.4.2.   ABI

    (181)

    ABI machte geltend, dass der interne Zinsfuß im Falle einer Staatsanleihe stets niedriger sei als im Falle einer entsprechenden Unternehmensanleihe, was auf Unterschiede im Risikoprofil der Finanzinstrumente selbst bei gleichem Rating zurückzuführen sei. Nach Auffassung der Kommission ist diese Differenz nicht auf die verschiedenen Risikoprofile, sondern eher auf die Unterschiede bei den Vertriebsnetzen (Retail versus institutionelle Investoren) zurückzuführen.

    VIII.5   Buchmäßige Trennung

    (182)

    Gemäß dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (75), muss sich, wenn ein Unternehmen mit der Erbringung verschiedener Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist, anhand der unternehmensinternen Rechnungslegung für jede Dienstleistung gesondert nachweisen lassen, dass keine Überkompensierung vorliegt.

    (183)

    Aus den von Italien übermittelten Informationen geht hervor, dass in der internen Rechnungslegung von PI die Kosten/Einnahmen in Verbindung mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Postspareinlagen nicht ordnungsgemäß von den Kosten/Einnahmen in Verbindung mit anderen Tätigkeiten getrennt werden.

    (184)

    Die Kommission erinnert Italien an seine diesbezügliche Verpflichtung.

    IX.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

    (185)

    Die PI von Italien für den Vertrieb von BFP gezahlten marktkonformen Vergütungen spiegeln die Kosten, die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen entstünden, unter Berücksichtigung der Einnahmen und eines angemessenen Gewinns, angemessen wieder.

    (186)

    Folglich wurden ab Übernahme der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Jahr 2004 die vier Kriterien des Altmark-Urteils erfüllt. Die PI für den Vertrieb von BFP von 2004 bis 2006 gezahlten Vergütungen sind keine staatlichen Beihilfen.

    (187)

    Die PI in dem Zeitraum vor der Betrauung mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für den Vertrieb von BFP gezahlten Vergütungen waren marktkonform. Da PI daraus kein Vorteil erwuchs, handelte es sich auch bei diesen Vergütungen nicht um staatliche Beihilfen.

    (188)

    Die Kommission ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die PI in dem Zeitraum von 2000 bis 2006 für den Vertrieb von BFP gezahlten Vergütungen keine staatlichen Beihilfen sind —

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Vergütungen, die Italien Poste Italiane von 2000 bis 2006 für den Vertrieb von Buoni Fruttiferi Postali (BFP) zahlte, sind keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag.

    Artikel 2

    Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

    Brüssel, den 21. Oktober 2008

    Für die Kommission

    Neelie KROES

    Mitglied der Kommission


    (1)  ABl. C 31 vom 13.2.2007, S. 11.

    (2)  Siehe Fußnote 1.

    (3)  Gemäß Artikel 5 der Gesetzesdekrets Nr. 269 vom 30. September 2003, das in das Gesetz Nr. 326 vom 24. November 2003 umgewandelt wurde, wurden die Anteile an CDP auf den italienischen Staat übertragen. Darüber hinaus können Bankenstiftungen und andere öffentliche oder private Personen nur so viele Anteile am Kapital von CDP erwerben, dass insgesamt eine Minderheitsbeteiligung gegeben ist.

    (4)  Der Post-Universaldienst umfasst die Abholung, Beförderung, das Sortieren und die Zustellung von Postsendungen bis zu 2 kg und von Postpaketen bis zu 20 kg sowie die Dienste im Zusammenhang mit Einschreib- und Wertsendungen.

    (5)  Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 261 vom 22. Juli 1999, veröffentlicht in der Gazzetta Ufficiale 182 vom 5.8.1999, und Dekret des Kommunikationsministeriums vom 17. April 2000, veröffentlicht in der Gazzetta Ufficiale 102 vom 4. Mai 2000.

    (6)  Quelle: Website von PI, März 2008.

    (7)  „Development of competition in the European postal sector“, ECORYS-NEI, Juli 2005.

    (8)  Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14).

    (9)  Richtlinie 2002/39 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft (ABl. L 176 vom 5.7.2002, S. 21).

    (10)  Siehe Fußnote 7.

    (11)  Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft.

    (12)  Siehe Studie von PriceWaterhouseCoopers „The Impact on Universal Service of the Full Market Accomplishment of the Postal Internal Market in 2009, Final Report“, Mai 2006.

    (13)  FitchRatings, Sonderbericht vom 9.7.2004, „The European Regulated Mail Sector: Tomorrow’s Deliveries“.

    (14)  In einigen Fällen (Debitkarte und Lastschriftverfahren) wird diese Dienstleistung direkt von PI erbracht; in anderen Fällen tritt PI/Bancoposta aufgrund entsprechender Vereinbarungen nur als Vertreiber derartiger von Dritten erbrachter Dienste auf (z. B. bei Kreditkarten, die auf Rechnung von Akteuren des Bankensektors ausgegeben werden).

    (15)  Poste Vita SpA ist eine 100 %ige Tochter der PI.

    (16)  Bancoposta Fondi SpA SGR ist eine 100 %ige Tochter der PI.

    (17)  Veröffentlicht in der Gazzetta Ufficiale 241 vom 13. Oktober 2004.

    (18)  Siehe Erwägungsgrund 32 der Entscheidung zur Verfahrenseinleitung. Seit Juli 2006 gibt CDP auch BFP für Minderjährige aus, deren Laufzeit sich vom Tag der Unterzeichnung bis zum 18. Geburtstag des Inhabers erstreckt. Diese BFP-Variante ist weder Gegenstand der Entscheidung zur Verfahrenseinleitung noch der vorliegenden Entscheidung. Auf BFP für Minderjährige entfällt in jedem Fall nur ein kleiner Teil des BFP-Gesamtbestands (0,3 % am 31.12.2007).

    (19)  Dow Jones Euro Stoxx 50. Siehe CDP-Bilanz für 2004.

    (20)  Der Bestand umfasst BFP, die von CDP bzw. vom Finanzministerium ausgegeben wurden. Letzteres hat die BFP-Ausgabe 2001 eingestellt.

    (21)  Diese Laufzeit betrifft equity-indexierte BFP. Inflationsindexierte BFP: siehe Fußnote 49.

    (22)  Italien hat mitgeteilt, dass die durchschnittliche Laufzeit der BFP mit einer Höchstlaufzeit von 18 Monaten nicht ermittelt werden kann, weil diese Art von BFP erst seit September 2005 angeboten wird.

    (23)  Geschäftsgeheimnis.

    (24)  […].

    (25)  […].

    (26)  […].

    (27)  Urteil in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, I-7747, sowie Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Enirisorse SpA/Ministero delle Finanze, Slg. 2003, I-14243.

    (28)  Bei BOT handelt es sich um kurzfristige Nullkupon-Staatsanleihen, bei BTP um langfristige Staatsanleihen und bei CTZ um Nullkupon-Staatsanleihen mit einer Höchstlaufzeit von 2 Jahren. Die Provisionen für die Platzierung sind gesetzlich festgelegt.

    (29)  ABI zufolge umfassen Unternehmensanleihen keine von Finanzinstituten begebenen Anleihen.

    (30)  Unter „Plain-Vanilla“-Instrumenten wird im Allgemeinen Folgendes verstanden: „the most basic or standard version of a financial instrument, usually options, bonds, futures and swaps“. Quelle: www.investopedia.com, gemäß Angaben des unabhängigen Sachverständigen der Kommission.

    (31)  Obwohl Italien den allgemeinen Begriff „Unternehmensanleihen“ verwendet, wurde in der Benchmark-Studie von einer Stichprobe ausgegangen, die mehrheitlich aus Bankanleihen bestand (siehe Schreiben Italiens vom 22. Juni 2007, S. 7). Somit werden unter dem Begriff „Unternehmensanleihen“ nicht nur Anleihen verstanden, die von Industrieunternehmen im engeren Sinne, sondern auch von Banken begeben werden.

    (32)  Bei dieser Berechnung wurden die Platzierungsprovision und die jährliche Verwaltungsprovision (nach Laufzeit multipliziert, wobei von der durchschnittlichen Laufzeit von BFP ausgegangen wurde) berücksichtigt. Bei Investmentfonds beläuft sich die Platzierungsprovision auf 0,70 % bis 2,20 % und die Verwaltungsprovision auf 0,08 % bis 1,05 %, wobei allerdings einige Investmentfonds auf Platzierungsprovisionen ganz verzichten.

    (33)  […].

    (34)  […].

    (35)  Gemäß der separaten Buchführung von PI und ausgehend von den Durchschnittswerten bei den Finanzdienstleistungen ergibt sich für 2005 eine Rendite von […] %. Da die Verwaltung von BFP kostspieliger sei, vertritt Italien die Auffassung, dass ein Prozentsatz von […] % ein angemessener Näherungswert für die Rentabilität im Falle von BFP sei.

    (36)  Die durchschnittliche Provision wurde für den Zeitraum November 1999 bis Dezember 2007 unter Berücksichtigung eines Gesamtvolumens von 33 Mrd. EUR berechnet.

    (37)  Die durchschnittliche Provision wurde für den Zeitraum November 1999 bis Dezember 2007 unter Berücksichtigung eines Gesamtvolumens von 22 Mrd. EUR berechnet.

    (38)  Der Wert der Emission beläuft sich auf 971,2 Mio. EUR.

    (39)  „Plain vanilla“ gegenüber strukturierten Instrumenten.

    (40)  CCT (Certificati di credito del Tesoro) sind Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 7 Jahren und variablem Zinssatz.

    (41)  Theoretisch kommen Einlagenzertifikate den 18-Monats-BFP am nächsten. Allerdings konnte der Sachverständige nur einen einzigen Emittenten ausfindig machen, der Einlagenzertifikate über andere Banknetze vertreibt und Auskunft über die Vertriebsprovisionen erteilte.

    (42)  Dem Gutachten zufolge gibt es unter allen in Italien gehandelten Finanzprodukten keine geeigneten Vergleichsprodukte in Papierform.

    (43)  TLX SpA ist eine Handelsplattform für Finanzinstrumente, die auf den Bedarf nicht gewerblicher Investoren ausgerichtet ist.

    (44)  Bei einer Zeitreihe handelt es sich um eine zeitabhängige Folge von Datenpunkten, die typischerweise sukzessiv gemessen und in (häufig konstanten) Abständen angeordnet sind. Eine Zeitreihe von Daten über Vergleichsprodukte würde einen Vergleich der tatsächlichen jährlichen Vergütungen für BFP mit jenen der Vergleichsprodukte ermöglichen.

    (45)  Ende 2007 im Umlauf.

    (46)  Eine Regressionsanalyse wäre sinnlos, weil Investmentfonds aufgrund ihrer vertraglichen Gestaltung — anders als die bei der Regressionsanalyse von Bankanleihen zugrunde gelegten Variablen — homogen sind.

    (47)  Die Vergütungen für die Produktion von Anleihen in Papierform wurden bei der Analyse in diesem Stadium außer Acht gelassen. Diese Vergütungen sind ein ganz spezifisches Merkmal der von PI erbrachten Leistungen und werden separat gewürdigt (vgl. Erwägungsgründe 130—132).

    (48)  In dem Gutachten werden die Begriffe „mittlere Laufzeit“ und „voraussichtliche Laufzeit“ synonym verwendet. In der vorliegenden Entscheidung wird der Begriff „mittlere Laufzeit“ verwendet.

    (49)  In dem Gutachten wurden die von Italien vorgelegten Daten zugrunde gelegt. Anstelle der fehlenden Daten (über die inflationsindexierten BFP und die 18-Monats-BFP) wurden plausible Schätzwerte herangezogen (für 7 Jahre bzw. 18 Monate). Zur Ermittlung des Gegenwartswerts der jährlichen Provisionen wurde der Abzinsungssatz für Staatsanleihen mit vergleichbarer Laufzeit herangezogen.

    (50)  Die Sätze der Vereinbarung von 2006 gelten ab 2006.

    (51)  Die 2001 und 2002 gezahlten Beträge in Höhe von 51,6 Mio. bzw. 25 Mio., die für besondere, über den reinen Vertrieb von BFP hinausgehende Leistungen gezahlt wurden, sind in den Zahlen nicht enthalten. Ein sicherheitshalber vorgenommener „sensitivity check“ ergab jedoch, dass die Berücksichtigung dieser Beträge keinen Einfluss auf die Ergebnisse des Gutachtens hätte.

    (52)  In der Statistik sind Erwartungswerte (oder auch Mittelwerte) einer Zufallsvariable die Summe der Produkte aus den Wahrscheinlichkeiten jedes möglichen Ergebnisses des Experiments und den „Werten“ dieser Ergebnisse. Folglich handelt es sich um den Mittelwert der Ergebnisse, der bei oftmaligem Wiederholen der zugrunde liegenden Wahrscheinlichkeit „erwartet“ wird. Im vorliegenden Fall beziehen sich die niedrigsten und höchsten Erwartungswerte laut Gutachten auf die beiden Regressionen mit dem besten Ergebnis. Im Einzelnen beziehen sich die niedrigen Schätzwerte auf die Stichprobe der festverzinslichen Bankanleihen. Bei dieser Stichprobe kann im Rahmen der Regressionsanalyse eine signifikante Variable für die Endfälligkeitsrendite verwendet werden. Bei der Stichprobe mit den „Plain Vanilla“-Bankanleihen, d. h. den Anleihen mit festem und mit variablem Zinssatz, führt die Regressionsanalyse zu höheren Schätzwerten.

    (53)  In der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Statistik ist die Standardabweichung ein Maß für die Streuung der Werte einer Zufallsvariablen um ihren Mittelwert. Sie ist definiert als Abweichung des Effektivwerts (RMS) der Werte von ihrem Mittelwert bzw. als Quadratwurzel aus deren Varianz. Der Standardfehler einer Mess- oder Schätzungsmethode ist die geschätzte Standardabweichung des Zufallsfehlers bei dieser Methode. Konkret handelt es sich um die geschätzte Standardabweichung der Differenz zwischen den gemessenen oder geschätzten Werten und den tatsächlichen Werten (Quelle: Wikipedia).

    (54)  Beim Vergleich des tatsächlichen Ergebnisses mit den „klassischen Intervallen“ des Erwartungswerts zuzüglich eines oder zweier Standardfehler wird in der Regel davon ausgegangen, dass der zugrunde liegende Vertrieb symmetrisch und normal ist. In diesem Fall fällt das Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,26 % in das Intervall „Mittelwert plus/minus 1 Standardfehler“ und mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,44 % in das Intervall „Mittelwert plus/minus 2 Standardfehler“. Das Intervall „Mittelwert plus/minus 1 oder 2 Standardfehler“ ist jedoch nicht nur für den normalen Vertrieb relevant, so dass ein unter die Standardabweichung des Erwartungswerts fallendes Ereignis (dieses Intervall liegt bei der Analyse im folgenden Abschnitt zugrunde) allgemein als „normal“ angesehen werden kann.

    (55)  Es sei darauf hingewiesen, dass die Regressionsanalyse der Stichproben der beiden strukturierten Bankanleihen deutlich weniger aussagekräftig ist als jene der anderen Bankanleihen, die zur Schätzung der Vergütungen für den Vertrieb anderer BFP-Arten verwendet wurde. Diesbezüglich wird in dem Gutachten Folgendes angemerkt: „Im Fall der Index-BFP lassen sich die Simulationsergebnisse nur schwer mit wirtschaftlichen Grundsätzen in Einklang bringen, d. h., dass nicht ersichtlich ist, warum die Vergütungen bei Index-BFP so weit unter dem Durchschnitt der Teilstichprobe mit den Equity-indexierten Bankanleihen liegen. Dieser Sachverhalt und die geringe Aussagekraft der Regressionsanalyse der Vergütungen für die Index-BFP legt unserer Auffassung nach nahe, dass im vorliegenden Fall dem Ergebnis des einfachen Vergleichs der Durchschnittswerte mehr Bedeutung beizumessen ist, dem zufolge eindeutiger auf Marktkonformität zu schließen ist.“ Den deskriptiven Statistiken zufolge beträgt die mittlere Vergütung für die Equity-indexierten Bankanleihen 3,10 % und jene für die inflationsindexierten BFP – 2,82 %. Beide Werte liegen über der höchsten Vergütung, die PI für Equity- und inflationsindexierte BFP erhalten hat.

    (56)  Als Dummy-Variable (selten Stellvertreter-Variable, engl.: dummy variable, auch kurz Dummy) bezeichnet man in der Regressionsanalyse eine binäre Variable mit den Ausprägungen 0 und 1 (Ja-Nein-Variable), die als Indikator für das Vorhandensein einer Ausprägung einer mehrstufigen Variablen dient, die wiederum das Ergebnis beeinflussen könnte. Durch Dummy-Variablen wird in der Regel der Bestimmungskoeffizient (model fit) verbessert, was aber zu Lasten der Freiheit und Allgemeingültigkeit des Modells geht. Der Einsatz zu vieler Dummy-Variablen führt zu einem Modell, das keine allgemeinen Schlussfolgerungen mehr zulässt. (Quelle: Wikipedia).

    (57)  Die Kommission geht jedoch nicht davon aus, dass die sukzessiven Vereinbarungen zwischen CDP und PI an sich der Betrauung mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gleichkommen.

    (58)  Urteil in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, I-07747, sowie Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Enirisorse SpA/Ministero delle Finanze, Slg. 2003, I-14243.

    (59)  Vgl. auch Einleitungsentscheidung vom 22. November 2006, Erwägungsgrund 88.

    (60)  Allerdings sind nur wenige Daten verfügbar, da die Emittenten die Vergütungen für die Platzierung von CD nicht veröffentlichen müssen. Daher wurde dieses Vergleichsprodukt in dem Gutachten kaum herangezogen.

    (61)  Hierzu merkt die Kommission an, Finanzspezialisten sei allgemein bekannt, dass Vertriebsvergütungen wegen Marktineffizienzen auf der Großhandels- und der Einzelhandelsebene stets voneinander abweichen. Die entsprechenden Differenzbeträge fallen aber nicht den Emittenten, sondern den Mittlern zu (vgl. „The path to bond market efficiency: how increased retail distribution can lower borrowing costs“, Hayes, Roger G., „Government Finance Review“, 1.6.2003).

    (62)  In dem allgemein zugänglichen Internet-Finanzglossar (InvestorWords.com) ist „structured note“ definiert als „a debt security with one or more special features, such as making payments based on an underlying index. For instance, a structured note is a bond which, instead of paying the typical interest payments, will use an index, such as the S&P 500, to determine the amount of the interest payment. This type of debt security is complex and is used primarily by sophisticated investors“. Die OECD-Definition lautet: „structured bonds have characteristics that are designed to attract a certain type of investor and/or take advantage of particular market circumstances. However, structuring securities to appeal to a particular type of investor risks the possibility of loss of liquidity if the market moves in such a way as to make the structured features of the issue no longer attractive. Typically the structured features are achieved through the use of derivatives — for instance, a credit-linked note is a bond with an embedded credit derivative.“

    (63)  Der Schriftsatz von Banca d’Italia zur Definition von strukturierten Anleihen ändert nichts an diesem Standpunkt. Nach Auffassung der Kommission handelt es sich nicht um ein terminologisches Problem, d. h., es geht nicht um das richtige Adjektiv zu dem Substantiv, sondern um das inhaltliche Problem, für ein bestimmtes Finanzprodukt ein geeignetes Vergleichsprodukt zu finden. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass Standard-BFP strukturierte Anleihen sind, müssten für einen Vergleich dennoch strukturierte Anleihen mit ähnlichen Merkmalen, d. h. mit keinen anderen Elementen als einer Put-Option amerikanischen Stils, herangezogen werden.

    (64)  Auch wenn davon ausgegangen würde, dass Staatsanleihen ebenso wie Bankanleihen sich als Vergleichsprodukte für BFP eignen, würde dies laut Gutachten keinen Einfluss auf die empirische Untersuchung der marktüblichen Provisionen für den Vertrieb von BFP haben. Die Kommission teilt diese Auffassung.

    (65)  Der Sachverständige hat eine Vielzahl von Broschüren über TLX-notierte Bankanleihen zusammengetragen. TLX ist nach der Borsa Italiana die zweitgrößte Handelsplattform für Anleihen in Italien und wird von dem Unternehmen TSX S.p.A. betrieben. Die zweite Quelle waren die Websites der wichtigsten italienischen Banken (Mediobanca, Intesa San Paolo, Unicredit, UBI Banca, Banca Carige, Cassa di Risparmio di Pistoia, Banca Popolare di Verona, Banca Antonveneta, Banca Popolare di Milano, Banca delle Marche, Banca IMI, Mediocredito del Friuli Venezia Giulia, Cassa di Risparmio di Parma e Piacenza, Banca Popolare di Vicenza und Monte dei Paschi di Siena) sowie die Website von PI. In die Datenbank aufgenommen wurden alle in Euro emittierten Bankanleihen, deren Vertriebsprovisionen in den Broschüren angegeben waren. Insgesamt wurden 511 auf dem italienischen Markt platzierte Anleihen erfasst. Da die Angabe der Vertriebsprovision erst unlängst (mit der so genannten „Direttiva Prospetti“, die im März 2006 erlassen und im November 2006 in Kraft trat) verbindlich vorgeschrieben wurde, wurden hauptsächlich Daten für ab 2007 begebene Anleihen aufgenommen. Allerdings gelang es dem Sachverständigen, die Vertriebsprovisionen für 162 Bankanleihen zu ermitteln, die vor 2006 begeben wurden. Insgesamt wurden von 42 Emittenten begebene und über 28 Banknetze vertriebene Emissionen erfasst.

    Der Sachverständige führte ferner eine Reihe von Befragungen vor Ort durch, um in Erfahrung zu bringen, welche Faktoren bei der Festsetzung der Vertriebsprovisionen relevant sind.

    (66)  Außerdem ist es, selbst wenn die im Gutachten ermittelte Standardabweichung nicht korrekt ist, sehr wahrscheinlich, dass der geschätzte Marktwert + 1 korrekter Standardfehler über der PI gezahlten Provision liegt.

    (67)  Unter Zugrundelegung einer halbjährlichen Provision in Höhe von 0,30 %.

    (68)  Die Marktkonformität wäre bis zu einer Upfront-Provision von ca. 0,7 % gegeben.

    (69)  Der auf die Zeichnung entfallende Anteil der Provision ist bei BFP in Papierform und dematerialisierten BFP identisch.

    (70)  Die direkten Zusatzkosten, die bei der Produktion von Papierzertifikaten entstehen, werden separat aufgefangen (vgl. Abschnitt VIII.3.3.b).

    (71)  Die Tatsache, dass die Verwaltungsprovisionen im Bezugszeitraum 2000—2006 auf unterschiedliche Weise berechnet wurden, ändert nichts an den Feststellungen der Kommission.

    (72)  Außerdem misst die Kommission dem Robustheitstest, dem der Sachverständige die 2001 und 2002 gezahlten Provisionen für die über die einfache Platzierung hinausgehenden speziellen Aufgaben unterzog, Beweiskraft bei.

    (73)  2000 betrug die Zahl der Postämter 13 950 und 200 113 787. (Quelle: Jahresabschlüsse von PI).

    (74)  Bei der Berechnung wurde die niedrigste PI im Zeitraum 2000—2002 gezahlte Verwaltungsprovision (0,13 %) zugrunde gelegt, und letztere kann nicht als exzessiv eingestuft werden. Die Kommission wandte als Abzinsungssatz den 5-Jahres-Durchschnitt der jährlichen Abzinsungssätze an. Alternativ könnten die tatsächlichen PI während der gesamten Laufzeit der BFP mit Festlaufzeit jedes Jahr gezahlten Verwaltungsprovisionen herangezogen werden. Mit dieser Methode ließe sich die Marktkonformität der Vergütungen für BFP mit Festlaufzeit in Papierform noch eindeutiger nachweisen.

    (75)  ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4.


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