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Document 32002H0549

    Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2002 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft

    ABl. L 182 vom 11.7.2002, p. 1–50 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/reco/2002/549/oj

    32002H0549

    Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2002 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft

    Amtsblatt Nr. L 182 vom 11/07/2002 S. 0001 - 0050


    Empfehlung des Rates

    vom 21. Juni 2002

    zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft

    (2002/549/EG)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 99 Absatz 2,

    auf Empfehlung der Kommission,

    in Anbetracht der Beratungen des Europäischen Rates (21. Juni 2002, Sevilla),

    in der Erwägung, dass das Europäische Parlament eine Entschließung zur Empfehlung der Kommission verabschiedet hat -

    GIBT FOLGENDE EMPFEHLUNG AB:

    INHALT

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    I. ALLGEMEINE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE LEITLINIEN

    1. EINFÜHRUNG

    Die EU verfolgt eine klare wirtschaftspolitische Strategie, die auf eine wachstums- und stabilitätsorientierte makroökonomische Politik ausgerichtet ist, mit der in angemessener Weise auf kurzfristige Änderungen der Wirtschaftsbedingungen reagiert werden kann und die auf lange Sicht ein dauerhaftes, Arbeitsplätze schaffendes und nicht inflationäres Wachstum fördern soll. Diese Strategie wird in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2002 unter Berücksichtigung der politischen Wegweisung des Europäischen Rats von Barcelona (15./16. März 2002) angepasst und aktualisiert. Außerdem wird dabei die Fortentwicklung der Strategie für eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Diese Grundzüge sind erstellt worden unter Berücksichtigung der Überprüfung der Umsetzung der Grundzüge des Vorjahrs und der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage sowie des Ausblicks, wie sie in den Vorausschätzungen der Kommission vom Frühjahr 2002 dargelegt werden.

    Kapitel 2 zeigt den wirtschaftlichen Hintergrund dieser Grundzüge und die zentralen wirtschaftspolitischen Herausforderungen auf. In Kapitel 3 werden sodann die allgemeinen wirtschaftspolitischen Empfehlungen für alle Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft dargelegt. Im Rahmen der Gesamtstrategie bestehen gewisse Unterschiede zwischen den wirtschaftspolitischen Prioritäten der einzelnen Mitgliedstaaten entsprechend ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung, ihren Zukunftsaussichten, Strukturen und Institutionen. Unter gebührender Berücksichtigung dieser Faktoren werden in Teil II die länderspezifischen Leitlinien für die Wirtschaftspolitik vorgestellt.

    Entsprechend dem ständigen Bemühen, aus den bisherigen Erfahrungen Lehren für die Verstärkung der Zusammenarbeit zu ziehen, und gemäß der Aufforderung des Europäischen Rats von Barcelona, die einschlägigen Verfahren zu vereinfachen und den Hauptakzent eher auf Aktionen für die Umsetzung als auf die alljährliche Ausarbeitung von Leitlinien zu legen, könnten Form und Erscheinungsrhythmus der wirtschaftspolitischen Grundzüge ab 2003 geändert werden. Vor diesem Hintergrund hat man sich bei den Grundzügen 2002 noch für Kontinuität gegenüber den vorjährigen Grundzügen entschieden.

    2. WICHTIGSTE PRIORITÄTEN UND WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ERFORDERNISSE

    2.1. Wirtschaftliche Erholung kommt in Gang

    Im Jahr 2001 erlebte die EU eine drastische und unerwartete Abschwächung ihrer Wirtschaftstätigkeit. Die makroökonomische Politik wurde auf die Probe gestellt, und das Beschäftigungswachstum ließ nach.

    Heute jedoch mehren sich die Anzeichen dafür, dass sich die Lage stabilisiert hat und die Wirtschaft bereits wieder Tritt fasst. Ausschlaggebend für diese Erholung waren die Reaktion der Wirtschaftspolitik, solide Fundamentaldaten, das zunehmende Vertrauen und die wachsende Außennachfrage im Verein mit dem allmählichen Verebben verschiedener negativer wirtschaftlicher Schocks. Die reibungslose Einführung des Euro 1999 und des Euro-Bargelds 2002 bringen eine erfreuliche Note von Stabilität und Vertrauen in das Gesamtbild. Trotz der immer noch vorhandenen Abwärtsrisiken und Unsicherheiten nimmt man an, dass die Wirtschaft der EU nach und nach an Fahrt gewinnen wird, so dass sich im zweiten Halbjahr 2002 und auch 2003, d. h. wenn die Empfehlungen der diesjährigen "Grundzüge" umzusetzen sind, eine Wachstumsrate in der Nähe der Potenzialrate oder sogar darüber ergeben könnte.

    Da die Arbeitsmarktentwicklungen die Wirtschaftslage mit einer gewissen Verzögerung widerspiegeln, dürften sich die Beschäftigungs- und Arbeitslosigkeitstrends vor 2003 kaum deutlich verbessern. Der Inflationsdruck wird voraussichtlich auf mittlere Sicht begrenzt bleiben, und die am HVPI gemessene Inflationsrate dürfte sich im Laufe des Jahres 2002 bei Werten um 2 % stabilisieren.

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    2.2. Zentrale künftige Herausforderungen

    Die Hauptaufgabe für die Wirtschaftspolitik in der EU besteht darin, die Wohlfahrt ihrer derzeitigen und künftigen Bürger zu steigern. Zu diesem Zweck sollte die Politik darauf ausgerichtet sein, ein ausgewogenes und dauerhaftes Wirtschaftswachstum zu erreichen. Der Europäische Rat von Lissabon hat dieser Hauptaufgabe in dem übergreifenden Ziel Ausdruck verliehen, Europa bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen, einem Wirtschaftsraum, der in der Lage ist, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und größerem sozialen Zusammenhalt zu erzielen.

    Dank solider Fundamentalfaktoren, angemessener wirtschaftspolitischer Maßnahmen und der Abwesenheit größerer Ungleichgewichte befindet sich die Wirtschaft in einer guten Ausgangslage. Die bisherigen Fortschritte bei den Strukturreformen haben zur Verbesserung der Wirtschaftsleistung und Schaffung von Arbeitsplätzen in den letzten Jahren beigetragen. Nun geht es darum, auf diesen Erfolgen aufzubauen und die Grundlage für künftiges Wachstum weiter zu stärken. Wegen der bevorstehenden Erweiterung ist es für die EU besonders dringlich, dass sie hinreichend dynamisch und flexibel ist.

    Trotz der bereits erzielten Fortschritte muss die Potenzialrate des Wachstums nach wie vor gesteigert werden, damit die Wirtschaft Spielraum für einen wirklich umfassenden Aufschwung erhält, bevor Kapazitätsengpässe die Preise nach oben drücken. Wenn auf lange Sicht das Arbeitskräfteangebot infolge der alternden Gesellschaften knapper wird, dürfte überdies das Potenzialwachstum der Tendenz nach sinken, wenn keine Maßnahmen zur rascheren Steigerung der Produktivität und zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung wie Beschäftigung ergriffen werden.

    Das Reformtempo muss gesteigert werden, um zu einer stärkeren wirtschaftlichen Entwicklung zu gelangen und den Herausforderungen der Agenda von Lissabon gewachsen zu sein und somit die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung wiederzuerlangen. Die entsprechenden Anstrengungen müssten sich auf vier Bereiche konzentrieren: i) Wahrung und weitere Festigung der makroökonomischen Rahmenbedingungen; ii) Förderung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, Steigerung der Erwerbsbeteiligung und Bekämpfung der anhaltenden Arbeitslosigkeit; iii) Verbesserung der Bedingungen für ein hohes Produktivitätswachstum und iv) Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Interesse der heutigen und der künftigen Generationen.

    i) Wahrung und weitere Festigung der makroökonomischen Rahmenbedingungen

    Durch die Wahrung und weitere Festigung der makroökonomischen Rahmenbedingungen lässt sich in allen Konjunktursituationen leichter ein angemessener wirtschaftspolitischer Kurs einhalten, so dass ein Umfeld geschaffen wird, in dem ein nachhaltiges und stetes makroökonomisches Wachstum gesichert ist, die Konjunkturzyklen geglättet werden und die interne Dynamik und Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt wird. Ein solches Umfeld fördert das mittelfristige Wachstum und eine Kultur der unternehmerischen Initiative und der Innovation und es steigert den Wohlstand, da die Wirtschaft den vollen Nutzen aus den wirtschaftlichen Reformfortschritten ziehen kann.

    Bei dem jüngsten Konjunkturabschwung hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass es einen klaren wirtschaftspolitischen Rahmen gibt und die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vereinbarten mittelfristigen Haushaltspositionen rasch erreicht werden.

    Ein fester Rahmen für die makroökonomische Politik

    Die Geldpolitik im Euro-Gebiet dient vorrangig dem Ziel der Wahrung der Preisstabilität. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist, unterstützt sie die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft. Durch Wahrung der Preisstabilität spielt die Geldpolitik sowohl bei der Stabilisierung des Outputs in der Nähe seiner Trendrate als auch bei der Schaffung eines Umfelds, das die Angebotsseite der Wirtschaft und das Wachstumspotenzial stärkt, eine wichtige Rolle. Die Verpflichtung auf Preisstabilität hat eine Stabilitätskultur entstehen lassen, die die Unsicherheit verringert und günstige Bedingungen für eine moderate Lohnentwicklung schafft, was wiederum die notwendige Grundlage für investitionsfreundliche Rahmenbedingungen ist. Dies beweisen die sehr stabilen Inflationserwartungen von weniger als 2 %.

    Der zweite Pfeiler des makroökonomischen Rahmens der EU ist eine solide Haushaltspolitik. Grundsätzlich ist es wichtig, dass in der Haushaltspolitik ein prozyklischer Kurs vermieden wird. Ein solcher Kurs kann Konjunkturschwankungen verstärken, zu nicht dauerhaft tragbaren strukturellen Haushaltssalden führen und die stabilitätsorientierte einheitliche Geldpolitik unterminieren. Angesichts der Risiken und Unwägbarkeiten einer finanzpolitischen Feinsteuerung, insbesondere was den richtigen Zeitpunkt, die Wirksamkeit und die Unumkehrbarkeit betrifft, sollte es sich die Haushaltspolitik zur Regel machen, die automatischen Stabilisatoren über einen Konjunkturzyklus hinweg symmetrisch wirken zu lassen, wobei die Grenze für ein übermäßiges Defizit von 3 % des BIP einzuhalten ist. Ein auf mittlere Sicht nahezu ausgeglichener Haushalt oder Haushaltsüberschuss schafft nicht nur Spielräume für das ungehinderte und symmetrische Wirken der automatischen Stabilisatoren, sondern ermöglicht auch die stetige Rückführung der öffentlichen Schulden und Zinszahlungen im Verhältnis zum BIP. Dies fördert die Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte, so dass die öffentliche Hand zusätzliche Haushaltsbelastungen, u. a. infolge der alternden Gesellschaft, besser verkraften kann. Mitgliedstaaten, die bestimmte politische Maßnahmen ergreifen wollen, müssen zuvor den hierfür erforderlichen Spielraum schaffen. Diese wirtschaftspolitische Grundphilosophie ist im Stabilitäts- und Wachstumspakt verankert; dies erleichtert der Geldpolitik die Wahrung der Preisstabilität, die wiederum günstige Bedingungen für Wirtschaftswachstum und das Entstehen weiterer Arbeitsplätze schafft.

    Nur durch eine enge Abstimmung der für die Wirtschaftspolitik verantwortlichen Politiker und einen ständigen und fruchtbaren Dialog zwischen dem Rat, der Eurogruppe und der EZB, bei dem die Kommission einbezogen und die Unabhängigkeit des ESZB in jeder Hinsicht gewahrt werden sollte, lässt sich eine harmonische Wirtschaftsentwicklung fördern. Wichtig ist dabei auch die Beteiligung der Sozialpartner im Wege des makroökonomischen Dialogs.

    Die zunehmende Interdependenz der Wirtschaften des Euro-Gebiets verlangt eine regelmäßige Überprüfung der Methoden und Verfahren, mit denen eine Koordinierung, eine konsequentere Durchführung und eine größere Transparenz der Wirtschaftspolitik erreicht werden sollen.

    Vollendung des Übergangs zu soliden öffentlichen Finanzen

    Die Vorteile der WWU und der im Stabilitäts- und Wachstumspakt enthaltenen Regelungen zur haushaltspolitischen Koordinierung werden sich erst dann uneingeschränkt auswirken, wenn die Übergangsphase zu einem auf mittlere Sicht nahezu ausgeglichenen Haushalt oder Haushaltsüberschuss abgeschlossen ist. Bis dahin wird, da der Referenzwert von 3 % nicht überschritten werden darf, unter ungünstigen Konjunkturbedingungen auch weiterhin ein Zielkonflikt zwischen Haushaltskonsolidierung einerseits - damit der oder die mittelfristigen Haushaltspositionen erreicht werden - und Stabilisierung der Output-Schwankungen durch das ungehinderte Wirken der automatischen Stabilisatoren andererseits bestehen. Man muss sich daher verstärkt darum bemühen, sobald wie möglich, spätestens aber bis 2004, in allen Mitgliedstaaten nahezu ausgeglichene Haushalte oder Haushaltsüberschüsse zu erreichen. Die Haushaltspolitik sollte aber nicht nur darauf ausgerichtet sein, Spielraum für das Wirken der automatischen Stabilisatoren zu schaffen, sondern auch auf eine bessere Qualität und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Zeitspanne, die verbleibt, bevor sich die Folgen der Bevölkerungsalterung stärker bemerkbar machen werden, sollte dazu genutzt werden, solide Positionen in den öffentlichen Finanzen zu erreichen.

    ii) Förderung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, Steigerung der Beschäftigungsquote und Bekämpfung der anhaltenden Arbeitslosigkeit

    Betrachtet man das Beschäftigungswachstum der EU in einer mittelfristigen Perspektive, so sind große Erfolge zu verbuchen. Neben günstigen makroökonomischen Bedingungen ist die kräftige Zunahme der Arbeitsplätze seit 1997 auch den Arbeitsmarktreformen zu verdanken, die die Mitgliedstaaten u. a. im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie und der Grundzüge der Wirtschaftspolitik vorgenommen haben. Dazu zählen Maßnahmen, um die Arbeitskosten zu senken und/oder die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte zu verbessern, eine anhaltend moderate Lohnentwicklung, flexiblere Reallöhne sowie Reformen der Steuer- und, in geringerem Umfang, auch der Leistungssysteme. Auch wurden die Arbeitsmärkte der Tendenz nach flexibler, wie der große Anteil der Teilzeit- und zeitlich befristeten Arbeit an der Gesamtzunahme der Arbeitsplätze zeigt.

    Trotz dieser Erfolge in der zweiten Hälfte der 90er Jahre werden die personellen Ressourcen in der Europäischen Union immer noch nicht genügend genutzt und es gibt weiterhin Probleme struktureller Art. Die Arbeitslosigkeit - zumal die Langzeitarbeitslosigkeit - ist in einer Reihe von Mitgliedstaaten nach wie vor hoch und es gilt, zu verhindern, dass der erwartete konjunkturell bedingte Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2002 zu mehr struktureller Arbeitslosigkeit führt. Die Arbeitslosigkeit tritt oft verstärkt in den ärmeren Regionen und unter den anfälligeren Gruppen der Arbeitnehmer auf. Gleichwohl kommt es in einer Reihe von Mitgliedstaaten vor, dass hohe Arbeitslosigkeit mit einem Arbeitskräftemangel einhergeht, und die Arbeitsmarktbedingungen sind oft von einer Region zur anderen sehr unterschiedlich. Dies deutet auf eine mangelnde Übereinstimmung zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage hin, die z. T. auf der räumlichen wie beruflichen Mobilität entgegenstehende Hemmnisse sowie auf unzureichende Qualifikationen und eine mangelnde Differenzierung in der Lohnentwicklung zurückzuführen ist.

    Überdies sind die Erwerbsquoten, vor allem bei Frauen und älteren Arbeitskräften, unbefriedigend, und es müssen erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um die Erwerbstätigenquoten - nicht zuletzt im Vorgriff auf die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung - entsprechend den Zielvorgaben von Lissabon und Stockholm anzuheben. Die Zielvorgaben von Lissabon zu erreichen bedeutet, in der EU bis 2010 rund 15 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Um Vorkehrungen für die Alterung der Gesellschaft zu treffen, forderte der Europäische Rat in Barcelona, das tatsächliche durchschnittliche Renteneintrittsalter in der EU bis 2010 um etwa fünf Jahre anzuheben.

    Die Politik zur Rückführung der Arbeitslosigkeit muss daher energisch fortgesetzt werden und es bedarf einer umfassenden Strategie zur Steigerung der Erwerbsquoten, wie sie vom Europäischen Rat in Barcelona gutgeheißen wurde. Dazu gehören Reformen der Steuer- und Leistungssysteme sowie weitere Maßnahmen, wie etwa Maßnahmen zur Modernisierung der Arbeitsmärkte, Maßnahmen, die den Menschen verstärkt Anreize zur Aufnahme einer Arbeit und Beteiligung am Arbeitsleben bieten, oder Maßnahmen zur besseren Information über Stellenangebote, zur Begleitung von Langzeitarbeitslosen bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt durch aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, zur Förderung des Unternehmergeistes und zur verstärkten Schaffung von Bedingungen, zu denen die Unternehmen mit Gewinn mehr Arbeitskräfte beschäftigen können. Die Rolle eines Katalysators kann dabei die Förderung der Humankapitalbildung spielen. Sie soll bessere, über ein ganzes Arbeitsleben hinweg anpassungsfähige Fertigkeiten ermöglichen, die zu mehr Qualität bei der Arbeit beitragen. Zusätzliche Indikatoren für die Qualität bei der Arbeit werden im Zusammenhang mit den strukturellen Indikatoren ausgearbeitet.

    iii) Verbesserung der Bedingungen für ein hohes Produktivitätswachstum

    Ob sich längerfristig ein hoher Lebensstandard halten lässt, während gleichzeitig der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter infolge der Alterung der Gesellschaft zu schrumpfen beginnt, wird mehr und mehr von den Produktivitätssteigerungen abhängen. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität in der Europäischen Union ist verhältnismäßig gering und hat sich zwischen der ersten und der zweiten Hälfte der 90er Jahre um durchschnittlich einen 1/2 Prozentpunkt verlangsamt, was im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass das Wachstum aufgrund der Strukturreformen beschäftigungsintensiver geworden ist; zudem wurde es dadurch erheblich beeinträchtigt, dass immer mehr gering qualifizierte und andere Arbeitnehmer mit unterdurchschnittlichem Produktivitätspotenzial in den Arbeitsmarkt einbezogen worden sind. Bleibt es bei diesem geringen Wachstum der Arbeitsproduktivität, so wird sich ein nachhaltiges BIP-Wachstum von 3 %, das zur Erfuellung der Agenda von Lissabon für notwendig gehalten wird, nicht erreichen lassen.

    Investitionen im privaten Sektor und Innovationen dürften von einem stärker durch Wettbewerb geprägten unternehmerischen Umfeld profitieren und andererseits die Produktivität pro Arbeitnehmer und den Lebensstandard steigern. Es gibt beträchtliche Spielräume für die Verbesserung des Investitionsklimas durch Strukturreformen auf den Produkt-, Kapital- und Arbeitsmärkten. Ebenso wichtig sind ein angemessener Regelungsrahmen, effiziente öffentliche Dienstleistungen und netzgebundene Wirtschaftszweige, Investitionen in Bildung und Ausbildung sowie die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte.

    Trotz der bisherigen ermutigenden Fortschritte sind große Teile der europäischen Produktmärkte noch nicht hinreichend integriert, um die EU zu einem attraktiven Investitionsstandort zu machen. Es bedarf weiterer Reformen, um die Energie- und Kommunikationsnetze europaweit zusammenzuführen. Auch ist eine verstärkte Koordinierung von nationalen und Gemeinschaftspolitiken nötig, um die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen, vor allem im Handel, zu erleichtern und die Mobilität von qualifizierten wie nicht qualifizierten Arbeitskräften zu erhöhen. Was die Märkte für Finanzdienstleistungen und Kapital betrifft, so hat die WWU bereits neue Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz eröffnet. Dennoch sollten sowohl die Behörden der Mitgliedstaaten als auch die privaten Marktteilnehmer ihre Verantwortung für eine weiter gehende Integration der Finanzmärkte wahrnehmen, denn es bleibt noch viel zu tun, wie in den verschiedenen Abschnitten dieser "Grundzüge" dargelegt wird. Die Förderung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt muss logischerweise mit einem verstärkten Wettbewerb auf den Weltmärkten einhergehen. Daher sollte die Europäische Union auch weiterhin eine gemeinsame Außenpolitik verfolgen, die einen offenen Welthandel begünstigt und darauf dringen, dass die Regeln der WTO von allen ihren Mitgliedern eingehalten werden.

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    iv) Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Interesse der heutigen und der künftigen Generationen

    Wenn die Bedürfnisse der heutigen und der künftigen Generationen einschließlich der ökologischen Nachhaltigkeit und des sozialen und regionalen Zusammenhalts berücksichtigt werden, wird sichergestellt, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Steigerung des Wohlstands auch im vollen Maße zur Steigerung des Wohlbefindens der Bürger beitragen. Die Wirtschaftspolitik kann einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten - wenn dieses Ziel aber tatsächlich erreicht werden soll, sind typischerweise substanzielle Maßnahmen der Politik in einigen Gebieten erforderlich, die tendenziell nicht nur wirtschaftspolitischen Überlegungen unterliegen.

    So kann die Wirtschaftspolitik beispielsweise einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit leisten, indem sie dafür Sorge trägt, dass sich die externen Umwelteffekte wirtschaftlicher Tätigkeit in den Preisen niederschlagen. Auch kann sie die Voraussetzungen für eine rationellere Ressourcen- und Energienutzung schaffen und damit gleichzeitig Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern. Desgleichen kann die Wirtschaftspolitik dazu beitragen, dass in angemessener Weise Vorsorge für die Belastungen getroffen wird, die durch die Bevölkerungsalterung auf unsere Gesellschaften zukommen, vor allem soweit es sich um die Erwerbsbeteiligung und ihre finanziellen Folgen handelt. Ziel ist es, ein positives Ineinandergreifen von Wirtschafts- und Sozialpolitik sicherzustellen, damit eine langfristig tragfähige Erwerbsbeteiligung unterstützt und zugleich das Potenzial, das die Ressource Mensch bietet, optimal genutzt sowie ein größerer sozialer Zusammenhalt gewährleistet wird.

    Schließlich kann die Wirtschaftspolitik auf verschiedene Weise zum sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung begünstigt die Schaffung von Arbeitsplätzen, und Arbeitsplätze bieten den besten Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung. In diesem Zusammenhang wäre auch ein moderner und aktiver Wohlfahrtsstaat von Bedeutung, der die Bevölkerung darin bestärkt, zu arbeiten. Ein wachstums- und stabilitätsorientierter makroökonomischer Rahmen sowie effiziente Produkt-, Kapital- und Arbeitsmärkte sind wichtige Determinanten nationaler und regionaler Aufholprozesse. In manchen Bereichen kann die Wirtschaftspolitik durch stärkere Berücksichtigung der ortsspezifischen Verhältnisse verbessert werden. Ein wichtiger Schritt besteht darin, zur besseren Anpassung der Arbeitsmärkte darauf hinzuwirken, dass der Lohnbildungsprozess die Unterschiede zwischen den lokalen Arbeitsmarktbedingungen, insbesondere in Bezug auf Produktivität und Qualifikationen, widerspiegelt, und Negativanreize abzubauen, die der räumlichen Mobilität der Arbeitskräfte entgegenwirken. Dieser Weg sollte weiter verfolgt werden. Darüber hinaus wäre auch näher zu untersuchen, ob regionalwirksame öffentliche Ausgaben nicht wirkungsvoller zu gestalten wären, wenn die Umverteilungs- und Leistungssysteme der öffentlichen Hand verbessert würden.

    3. WIRTSCHAFTSPOLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    3.1. Wachstums- und stabilitätsorientierte makroökonomische Politik sicherstellen

    Die makroökonomische Politik spielt bei der Förderung von Wachstum und Beschäftigung und bei der Wahrung der Preisstabilität eine Schlüsselrolle. Sie sollte das Ziel haben, dass ein gut ausgewogenes Wirtschaftswachstum unterstützt und das gegenwärtige Wachstumspotenzial in vollem Umfang ausgeschöpft wird, und sie sollte zur Schaffung von Rahmenbedingungen beitragen, die einer angemessenen Ersparnisbildung und Investitionstätigkeit dienlich sind, so dass sich die Wirtschaft auf einem höheren, tragfähigen und inflationsfreien Wachstums- und Beschäftigungspfad bewegen kann.

    Die Mitgliedstaaten sollten entsprechend den Vereinbarungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts eine solide Haushaltslage erreichen und wahren. Alle Mitgliedstaaten müssen dafür Sorge tragen, dass sich ihre konjunkturbereinigten Haushalte entsprechend den Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den nächsten Jahren auf eine nahezu ausgeglichene oder einen Überschuss aufweisende Position zubewegen, oder eine solche Position wahren.

    Gesamtstaatliche Haushaltssalden ((Bei den Haushaltssalden der Mitgliedstaaten für 2000, 2001 und 2002 wurden einmalige Erlöse aus dem Verkauf von UMTS-Lizenzen nicht berücksichtigt. Die UMTS-Erlöse (in % des BIP) sind nach den Frühjahrsschätzungen 2002 wie folgt:

    für 2000: D: 2,5 %, E: 0,1 %, I: 1,2 %, NL: 0,7 %, A: 0,4 %, P: 0,3 %, Euro-Gebiet: 1,1 %, UK: 2,4 % und EU-15: 1,2 %.

    für 2001: B: 0,2 %, EL: 0,5 %, E: 0,0 %, F: 0,1 %, Euro-Gebiet: 0 %, DK: 0,2 % und EU-15: 0 %.

    für 2002: E: 0,0 %, F: 0,1 %, IRL: 0,2 %, Euro-Gebiet: 0 % und EU-15: 0 %.

    Im deutschen Stabilitätsprogramm liegt das Ziet für 2004 bei - 1 % des BIP, doch hat die deutsche Regierung auf der Tagung des Rates (Ecofin) im Februar zugesagt, bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

    Bei den Zahlen für Frankreich sind die Anpassungen berücksichtigt, die die französische Regierung mit einem Schreiben vom 22. Januar 2002 an die Kommission gegenüber dem Stabilitätsprogramm 2001 vorgenommen hat.)):

    Frühjahrsschätzungen im Vergleich zu den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Was das Euro-Gebiet betrifft, so hat die Geldpolitik der EZB vorrangig das Ziel, die Preisstabilität zur wahren. Soweit es ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist, unterstützt sie die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft.

    Im Allgemeinen sollten die Mitgliedstaaten des Euro-Gebiets:

    i) ihre Haushaltspolitik so ausrichten und durchführen, dass über den Konjunkturzyklus hinweg ein nahezu ausgeglichener Haushalt oder ein Haushaltsüberschuss erreicht bzw. beibehalten wird; falls ein nahezu ausgeglichener Haushalt oder ein Haushaltsüberschuss noch nicht erreicht wird, sollten die Mitgliedstaaten beim Haushaltsvollzug 2002 und bei der Aufstellung der Haushaltspläne für 2003 alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass diese mittelfristigen Ziele spätestens 2004 erreicht werden;

    ii) sicherstellen, dass Steuerreformen angemessen finanziert werden, um der Verpflichtung zu soliden öffentlichen Finanzen gerecht zu werden; sie sollten eine prozyklische Finanzpolitik vermeiden und auf diese Weise zu einem angemessenen makroökonomischen Policy-Mix auf nationaler Ebene wie auch auf der Ebene des Euro-Gebiets beitragen; sie sollten die automatischen Stabilisatoren in vollem Umfang wirken lassen, wenn der Aufschwung in Gang kommt, und für einen rigorosen Haushaltsvollzug sorgen, um Abweichungen von den Zielen des Stabilitätsprogramms zu verhindern, und

    iii) die öffentlichen Finanzen weiter stärken, um ihre langfristige Tragfähigkeit sicherzustellen, dabei sollten sie die Zeitspanne nutzen, die vor den demografischen Veränderungen noch zur Verfügung steht.

    Was die nicht zum Euro-Gebiet gehörenden Mitgliedstaaten betrifft, so wird die Geldpolitik in Dänemark durch die feste Anbindung des Wechselkurses an den Euro im Rahmen des WKM2 bestimmt; diese wird als ein Mittel für Preisstabilität erachtet. In Schweden und im Vereinigten Königreich bemüht sich die Geldpolitik um Preisstabilität, indem sie sich an Inflationszielen ausrichtet. Deren Erreichen wird helfen, die Voraussetzungen für stabile Wechselkurse zu schaffen.

    Die nicht zum Euro-Gebiet gehörenden Mitgliedstaaten sollen generell gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt ebenfalls für eine solide Haushaltslage sorgen. Im Allgemeinen sollten sie:

    i) ihre Haushaltspolitik so ausrichten und durchführen, dass über den Konjunkturzyklus hinweg ein nahezu ausgeglichener Haushalt oder Haushaltsüberschuss erreicht wird;

    ii) sicherstellen, dass Steuerreformen angemessen finanziert werden, um der Verpflichtung zu soliden öffentlichen Finanzen gerecht zu werden; sie sollten eine prozyklische Finanzpolitik vermeiden und auf diese Weise zu einem angemessenen makroökonomischen Policy-Mix auf nationaler Ebene beitragen; sie sollten die automatischen Stabilisatoren in vollem Umfang wirken lassen, wenn der Aufschwung in Gang kommt, und für einen rigorosen Haushaltsvollzug sorgen, um Abweichungen von den Zielen des Konvergenzprogramms zu verhindern, und

    iii) die öffentlichen Finanzen weiter stärken, um ihre langfristige Tragfähigkeit sicherzustellen, dabei sollten sie die Zeitspanne nutzen, die vor den demografischen Veränderungen noch zur Verfügung steht.

    Die Lohnentwicklung in den Mitgliedstaaten sollte unterschiedliche Wirtschafts- und Beschäftigungssituationen widerspiegeln. Die Regierungen sollten die richtigen Rahmenbedingungen für die Lohnverhandlungen der Sozialpartner fördern. Damit die Lohnentwicklung zu einem beschäftigungsfreundlichen Policy-Mix beiträgt, sollten die Sozialpartner auch weiterhin verantwortungsvoll handeln und in den Mitgliedstaaten Lohnabschlüsse vereinbaren, die mit den allgemeinen Prinzipien in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik in Einklang stehen. Hierfür gilt:

    i) der Nominallohnanstieg muss mit Preisstabilität zu vereinbaren sein;

    ii) der Reallohnanstieg darf nicht höher ausfallen als das Wachstum der Arbeitsproduktivität, dabei ist zu berücksichtigen, dass die Rentabilität kapazitätserweiternder und arbeitsplatzschaffender Investitionen gegebenenfalls gesteigert und anschließend gewahrt werden muss, und

    iii) die Arbeitsmarktregelungen und Tarifverhandlungssysteme der Mitgliedstaaten müssen, unter Wahrung der Autonomie der Sozialpartner, dem Zusammenhang zwischen der Lohnentwicklung in einzelnen Sektoren bzw. an bestimmten Standorten und den Arbeitsmarktbedingungen Rechnung tragen und so eine Lohnentwicklung ermöglichen, die u.a. der Produktivität und den Unterschieden in den Fertigkeiten entspricht. Dies wird mit dazu beitragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU gewährleistet und die Beschäftigungslage für Arbeitnehmer aller Fertigkeiten und in sämtlichen Regionen verbessert wird.

    3.2. Qualität und dauerhafte Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern

    Um den Beitrag der öffentlichen Finanzen zu Wachstum und Beschäftigung zu maximieren und die in Lissabon und Stockholm vereinbarten Ziele zu erreichen, müssen alle Mitgliedstaaten solide Haushaltspositionen erreichen und wahren. Besonders wichtig ist dies für Länder, die den im Stabilitäts- und Wachstumspakt geforderten "nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Haushaltsüberschuss" noch nicht erreicht haben. Dabei muss ein angemessenes Gleichgewicht und eine angemessene Reihenfolge zwischen Rückführung der öffentlichen Verschuldung, Steuersenkungen und der fortgesetzten Finanzierung öffentlicher Investitionen in Schlüsselbereichen gefunden werden. Länder mit einer hohen öffentlichen Schuld oder Länder, die das mittelfristige Haushaltsziel des Pakts noch nicht erreicht haben, sollten der Haushaltskonsolidierung Vorrang einräumen: Auf diese Weise wird den Ländern geholfen, Vorsorge für die Mehrbelastungen infolge der alternden Gesellschaft zu treffen. Die Bewertung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auf der Grundlage der aktualisierten Stabilitäts- und Konvergenzprogramme bestätigt, dass in vielen Mitgliedstaaten eine erhebliche Gefahr von künftigen Haushaltsungleichgewichten infolge der Alterung der Bevölkerung besteht, wenn keine weit reichenden Reformen in Angriff genommen werden.

    Daher sollten die Mitgliedstaaten:

    i) Anstrengungen unternehmen, um die Abgaben- und Leistungssysteme beschäftigungsfreundlicher zu gestalten, u.a. durch Verringerung der gesamten Abgabenbelastung, gezielte Reformen der Abgaben- und Leistungssysteme, insbesondere für Geringverdienende, im Rahmen einer fortgesetzten Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und mittels einer effizienteren Gestaltung der Steuersysteme (siehe auch Abschnitt 3.3);

    ii) die Qualität der öffentlichen Ausgaben durch Haushaltsumschichtungen zugunsten der Akkumulation von Sach- und Humankapital sowie Forschung und Entwicklung verbessern;

    iii) durch institutionelle und strukturelle Reformen die Effizienz der öffentlichen Ausgaben erhöhen; insbesondere Mechanismen einführen oder verbessern, die helfen, Ausgaben zu bewerten und zu kontrollieren, u. a. über die Haushaltsverfahren;

    iv) die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern, indem sie die vom Europäischen Rat in Stockholm vereinbarte umfassende dreigleisige Strategie - nämlich Steigerung der Beschäftigungsraten, Verringerung der öffentlichen Schulden und Anpassung der Rentensysteme - verfolgen. Hierzu müssen die Mitgliedstaaten eine angemessene Kombination von Maßnahmen beschließen, mit denen sie den öffentlichen Schuldenstand rasch senken, die Arbeitsmärkte mit dem Ziel einer Erhöhung der Erwerbstätigenquoten (vor allem von Frauen und älteren Arbeitskräften) modernisieren sowie die Rentensysteme und die Gesundheitsdienste für ältere Menschen so reformieren können, dass sie auf einer soliden finanziellen Grundlage stehen. Staatliche Rentenreservefonds könnten in diesem Rahmen ebenfalls dazu beitragen, die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu verbessern, vorausgesetzt sie erhalten substanzielle Beiträge. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Kapazität zur Bewertung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und Einbettung dieser Analysen in die mittelfristige Haushaltsplanung stärken. Dies wird für eine verstärkte Prüfung im Rahmen der multilateralen Überwachung, wie sie der Europäische Rat in Barcelona gefordert hat, hilfreich sein;

    v) die Rentenpolitik im Sinne der vom Europäischen Rat in Göteborg und Laeken vereinbarten allgemeinen, gemeinsamen Ziele reformieren, um ihre langfristige finanzielle Tragfähigkeit sicherzustellen, auch künftig ein angemessenes Rentenniveau zu wahren und den veränderten Bedürfnissen der Gesellschaft entgegenzukommen; sie sollten eine umfassende Strategie entwickeln, die für die gebührende Balance zwischen diesen allgemeinen Zielen sorgt und den Herausforderungen für die einzelnen Länder Rechnung trägt; insbesondere sollten sie Maßnahmen zur Erhöhung des effektiven Renteneintrittsalters einführen; auch sollte eine größere Stützung durch kapitalgedeckte Systeme in Betracht gezogen werden;

    vi) die Koordinierung der Steuerpolitik weiterverfolgen, so dass schädlicher Steuerwettbewerb vermieden wird, und die Ratsvereinbarung vom November 2000 zum Steuerpaket effektiv umsetzen, damit bis Dezember 2002 eine Einigung zustande kommt.

    Ebenso wie die Mitgliedstaaten sollte die Gemeinschaft eine strikte Haushaltsdisziplin einhalten. Dies hat unter Beachtung der Interinstitutionellen Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens für alle Rubriken der Finanziellen Vorausschau zu gelten. Die Gemeinschaftsmittel sollten in flexibler Weise zugeteilt werden, um so dem EU-Haushalt stärkere wirtschaftliche Wirkung zu verleihen.

    3.3. Die Arbeitsmärkte stärken

    Trotz der Auswirkungen des Konjunkturabschwungs hat sich die Arbeitsmarktlage 2001 weiter gebessert, wenngleich die sehr positiven Entwicklungen des Vorjahres nicht wiederholt werden konnten. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote von 7,6 % lag um 0,5 Prozentpunkte unter dem Durchschnittswert des Jahres 2000 (vgl. Schaubild zur Arbeitslosenquote). Bei der Erreichung der vom Europäischen Rat in Lissabon und Stockholm vorgegebenen Beschäftigungsziele wurden 2001 weitere, wenn auch bescheidenere Fortschritte als im Jahr davor erzielt. Insgesamt liegt die Erwerbstätigenquote nunmehr bei 64 %, die Erwerbstätigenquote der Frauen bei 55 % und die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer (im Alter von 55 bis 64 Jahren) bei 38 % (vgl. Schaubilder zu den Erwerbstätigenquoten insgesamt, der Frauen und der älteren Erwerbstätigen).

    Die in den Vorjahren erzielten Fortschritte bei den Strukturreformen am Arbeitsmarkt, auch im Zusammenhang mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie, haben sich in einem beschäftigungsintensiveren Wachstum niedergeschlagen. So konnte die Beschäftigung dank der anhaltenden Lohnzurückhaltung erheblich zunehmen und die Arbeitslosigkeit sinken, ohne die Inflation erneut anzufachen; die stärkere Nutzung von Zeit- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen hat die Arbeitsmärkte flexibler und integrativer gemacht; durch gezielte Steuersenkungen am unteren Ende der Lohnskala wurden verstärkte Anreize zur Aufnahme einer bezahlten Arbeit geschaffen, und die Mitgliedstaaten haben begonnen, von passiven zu aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen überzugehen. Leider hat sich das Tempo der Arbeitsmarktreformen im Laufe des Jahres 2001 anscheinend verlangsamt; es muss beschleunigt werden, damit die Ziele von Lissabon erreicht werden können.

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    Es bestehen nach wie vor große Herausforderungen, die durch weitere Reformen bewältigt werden müssen. In Einklang mit Abschnitt 2.2. ii) gehören zu den Herausforderungen:

    - Förderung von mehr und besseren Arbeitsplätzen;

    - die weitere Steigerung der Erwerbsbeteiligungsquoten, insbesondere für Frauen und ältere Arbeitskräfte, um die Beschäftigungsziele von Lissabon und Stockholm zu erreichen und Vorsorge für die Folgen der alternden Gesellschaften zu treffen;

    - Abbau der hohen Arbeitslosigkeit;

    - Verringerung der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zwischen Regionen und Qualifikationen;

    - Förderung der sozialen Eingliederung.

    Diese Herausforderungen sollten in Verbindung mit anderen, direkt für den Arbeitsmarkt relevanten Herausforderungen gesehen werden, wie Lohnfindung, Unternehmertum, Bildung und Ausbildung, die in den Abschnitten 3.1, 3.6. und 3.7 aufgenommen werden. Am 18. Februar 2002 hat der Rat detaillierte Leitlinien für die Beschäftigungspolitik für das Jahr 2002, die mit den in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik für 2001 gesetzten Prioritäten in Einklang stehen, festgelegt und hat in diesem Rahmen auch spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten angenommen. Bei der Fortsetzung der Arbeitsmarktreformen sollten die Mitgliedstaaten die beschäftigungspolitischen Leitlinien und die an sie adressierten Empfehlungen energisch umsetzen.

    Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere

    i) die Abgaben- und Leistungssysteme so anpassen, dass Arbeit sich lohnt und zur Stellensuche ermuntert wird, die hohen effektiven Grenzsteuersätze senken, insbesondere für Geringverdienende, und Arbeitslosigkeitsfallen verringern; die Anreizeffekte der Leistungssysteme prüfen, wie beispielsweise die Anspruchsbedingungen, Anspruchsberechtigung, Leistungsdauer, Lohnersatzquote sowie die Existenz von Lohnergänzungsleistungen und Steuererleichterungen, um die Systeme beschäftigungsfreundlicher zu gestalten; außerdem sollten die Verwaltungssysteme und Stringenz der Umsetzung überprüft werden. Die Anreize zur Frühverrentung sollten verringert, die Bemühungen um größere Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer sollten verstärkt werden, so dass das tatsächliche durchschnittliche Renteneintrittsalter in der EU bis 2010 um etwa fünf Jahre angehoben und ihre Arbeitsmarktbeteiligung erhöht wird;

    ii) die aktive Arbeitsmarktpolitik stärken, indem ihre Effizienz in Bezug auf den Ressourcengebrauch und ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Schaffung regulärer Beschäftigung, auch durch die Modernisierung der Arbeitsvermittlungsstellen, gesteigert wird. Dies bedeutet u. a. eine bessere Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik auf diejenigen Bevölkerungsgruppen, die am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind, auf Maßnahmen, die sich als besonders effizient erwiesen haben, und auf den Bedarf des Arbeitsmarktes. Dabei bedarf es zudem einer aktiven und vorbeugenden Politik im Sinne von Maßnahmen, mit denen Anreize für die Wiedereingliederung gefährdeter oder benachteiligter Personengruppen oder Einzelpersonen geschaffen werden;

    iii) Mobilitätsbarrieren innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten abbauen. Entsprechend dem Aktionsplan "Qualifikation und Mobilität" sollte die Anerkennung von Qualifikationen und die Übertragung von Sozialversicherungs- und Rentenansprüchen erleichtert, Information und Transparenz bei Stellenangeboten verbessert und dafür Sorge getragen werden, dass die Abgaben- und Leistungssysteme und die Wohnungsmärkte die Mobilität nicht behindern;

    iv) die Vermittelbarkeit der Arbeitnehmer durch berufliche Bildung und Fortbildung erhalten und im Dialog mit den Sozialpartnern die berufliche Mobilität durch lebenslanges Lernen erleichtern und so zu einer besseren Qualität der Arbeitsplätze und höherer Produktivität beitragen;

    v) im Dialog mit den Sozialpartnern eine flexiblere Arbeitsorganisation fördern und das Arbeitsvertragsrecht und gegebenenfalls die entsprechenden Kosten überprüfen, mit dem Ziel der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und der Herstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen Flexibilität und Sicherheit. Es sollte dafür Sorge getragen werden, dass etwaige Arbeitszeitverkürzungen nicht zu einem Anstieg der Lohnstückkosten führen und dass der künftige Arbeitskräftebedarf in vollem Umfang berücksichtigt wird, und

    vi) bestehende Hindernisse für die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben beseitigen und bestrebt sein, im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorgaben für das Versorgungsangebot bis 2010 Betreuungsplätze für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren anzubieten. Die Faktoren, die zu geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden führen, sollten angegangen und eine familienorientierte Politik gefördert werden, die der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dient.

    3.4. Die Strukturreform an den Produktmärkten wieder in Gang bringen

    Die Fortschritte bei der Umsetzung des Wirtschaftsreformprogramms im Rahmen der Lissabonner Strategie waren uneinheitlich. Voran kamen die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht, die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens, die Stärkung der Befugnisse der Wettbewerbsbehörden und die Rückführung staatlicher Beihilfen. Die Liberalisierung der Telekommunikations- und Elektrizitätsmärkte begann, zu Preissenkungen zu führen. Ähnlich positive Auswirkungen werden von dem ansteigenden Netzzugang bei Eisenbahnfrachten erwartet. Die Aussichten auf künftige Preissenkungen dürften allerdings durch materielle Engpässe, unzureichende Regulierungsstrukturen, langsame Marktöffnung und die hohen Marktanteile der etablierten Unternehmen beeinträchtigt werden. Dies macht deutlich, dass die Verwirklichung eines voll integrierten und leistungsfähigen Binnenmarkts weitere Reformen an den Produktmärkten (den Waren- und Dienstleistungsmärkten) erfordert, vor allem in jenen Bereichen, in denen bisher zu langsame Fortschritte erzielt wurden. Trotz zunehmender Integration der EU-Warenmärkte wird das grenzübergreifende Geschäft noch immer durch Normungs- und Regulierungsunterschiede behindert. Auch die Schaffung eines Binnenmarktes für Dienstleistungen ist nur langsam vorangekommen. In Anbetracht dessen sollten die Mitgliedstaaten:

    i) den Binnenmarkt vollständig umsetzen:

    - sich stärker darum bemühen, die Quote der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien auf 98,5 % zu erhöhen, jene Richtlinien, deren Umsetzung mehr als zwei Jahre überfällig ist, bis zur Frühjahrstagung des Europäischen Rats im Jahr 2003 vollständig umsetzen und für die korrekte Anwendung der Binnenmarktvorschriften sorgen;

    - die Beseitigung der verbleibenden technischen Handelshemmnisse energischer vorantreiben, indem die Entwicklung neuer Produktnormen beschleunigt und die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung durch die nationalen Verwaltungen verbessert wird;

    - einen effizient funktionierenden Dienstleistungsbinnenmarkt schaffen, indem Hemmnisse für den grenzübergreifenden Handel und Marktzutritt abgebaut werden, und

    - die öffentlichen Beschaffungsmärkte weiter öffnen und transparenter gestalten, unter anderem indem sie bis 2003 über das Internet zugänglich gemacht und das Legislativpaket für das öffentliche Beschaffungswesen so früh wie möglich im Jahr 2002 angenommen wird.

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    ii) für wirksamen Wettbewerb sorgen und dem Verbraucher damit echte Vorteile verschaffen:

    - sicherstellen, dass Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden tatsächlich unabhängig sind, über angemessene Kapazitäten verfügen und effizient arbeiten, die Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden fördern und die konsequente Anwendung der Wettbewerbsvorschriften durch die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden verbessern, und

    - sicherstellen, dass es im Verhältnis zum BIP weniger, aber bessere staatliche Beihilfen gibt, indem diese auf horizontale Ziele von gemeinsamem Interesse ausgerichtet und nur bei eindeutig ermittelten Fehlentwicklungen des Marktes eingesetzt werden. Die staatliche Beihilfepolitik transparenter gestalten und sie auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen.

    iii) die Reformen in den netzgebundenen Wirtschaftszweigen beschleunigen, wobei hervorzuheben ist, wie wichtig der Zugang zu den Leistungen der Daseinsvorsorge für die Bürger und den territorialen und sozialen Zusammenhalt ist:

    - den Marktzugang fördern und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher auf den liberalisierten Märkten verbessern, insbesondere indem das neue Regulierungspaket für den Kommunikationssektor bis Juli 2003 vollständig umgesetzt wird;

    - bei Elektrizität und Gas ab 2004 allen gewerblichen Kunden (die mindestens 60 % des Marktes ausmachen) die freie Wahl des Versorgers ermöglichen und einen nationalen Regulierungsmechanismus schaffen. Bei Elektrizität sollte im Jahr 2002 eine Vereinbarung über ein transparentes und nicht diskriminierendes Tarifsystem für grenzüberschreitende Geschäfte erreicht werden. Der Elektrizitätsverbund zwischen den Mitgliedstaaten sollte bis 2005 mindestens 10 % ihrer installierten Produktionskapazität ausmachen; für die Finanzierung sollten in erster Linie die beteiligten Unternehmen aufkommen;

    - die effiziente Nutzung der bestehenden Infrastruktur gewährleisten und Anreize für den Aufbau neuer Infrastruktur bereitstellen, wenn notwendig indem bis Ende 2002 Entscheidungen zur Revision der Leitlinien und begleitenden finanziellen Regeln zum transeuropäischen Energie- und Transportnetz getroffen werden, und

    - im Verkehrssektor bis Ende 2002 Entscheidungen über die Vorschläge zur Zuweisung von Zeitfenstern auf Flughäfen, Hafendienstleistungen und öffentliche Aufträge treffen, den Beitritt der Gemeinschaft zu Eurocontrol ernsthaft prüfen und bis 2004 einen einheitlichen europäischen Luftraum schaffen; bis zum 15. März 2003 das transeuropäische Netz für Eisenbahnfrachten für Wettbewerb öffnen, und die Arbeiten am zweiten Eisenbahnpaket fortsetzen.

    3.5. Effizienz und Integration des EU-Finanzdienstleistungsmarkts fördern

    Mit den Reformen sollte vor allem angestrebt werden, die Integration der Finanzmärkte zu beschleunigen und die Vorteile durch eine effiziente Steuerung der Einsparungen voll zu nutzen, indem die Kosten für den Zugang zum Kapital verringert werden, um Investitionen in der EU zu fördern. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen steht der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen (Financial Services Action Plan - FSAP), der bis zum Jahr 2005 umgesetzt werden muss, wobei sämtliche betroffenen Parteien alles daran setzen sollten, um bis Ende 2003 zu einem integrierten Wertpapiermarkt zu gelangen. Dabei muss auch die Effizienz der grenzüberschreitenden Clearing- und Abwicklungssysteme in der EU verbessert werden.

    Der Risikokapital-Aktionsplan (Risk Capital Action Plan - RCAP) sollte bis 2003 umgesetzt werden. Er enthält ein (in weiten Teilen mit dem FSAP übereinstimmendes) Maßnahmenbündel in Bezug auf privates Beteiligungskapital (Wagniskapital und Aufkauf), das die Marktintegration vorantreiben, Strukturreformen in den Bereichen Regulierung, Besteuerung und Konkursrecht in Kraft setzen und eine Unternehmenskultur fördern soll.

    Sofern die institutionellen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und die Koordination im Bereich der Aufsicht angemessen sind, wird die Integration die Finanzstabilität in der EU erhöhen. In Reaktion auf die laufende Konsolidierung innerhalb einzelner Finanzbranchen wie auch über die Branchengrenzen hinweg haben mehrere Mitgliedstaaten ihre Aufsichtsregelungen reformiert oder entsprechende Reformen eingeleitet. Da dabei unterschiedliche Modelle gewählt wurden, dürfte der Bedarf an klaren Regeln für die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden wachsen.

    Dass mehr "Corporate Governance" erforderlich ist, haben jüngste Ereignisse mit Auswirkungen auf die Finanzmärkte gezeigt. Die EU hat gemäß dem Auftrag des Europäischen Rates (Barcelona) das Mandat der bestehenden Arbeitsgruppen erweitert und beabsichtigt, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um den institutionellen Rahmen in diesem Bereich zu stärken.

    Um die Fortschritte bei der Finanzintegration zu beschleunigen, müssen

    i) alle Beteiligten - Rat, Europäisches Parlament, Kommission und Mitgliedstaaten - ihre Anstrengungen verstärken, um die vollständige Umsetzung des FSAP und der Wertpapiermarktvorschriften bis 2005 bzw. 2003 sicherzustellen; insbesondere müssen der Rat und das Europäische Parlament - wie der Europäische Rat von Barcelona erklärt hat - daher so früh wie möglich im Jahr 2002 die vorgeschlagenen Richtlinien über Sicherheiten, Marktmissbrauch, Versicherungsvermittler, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, Finanzkonglomerate, Prospekte und Einrichtungen zur betrieblichen Altersversorgung sowie die Verordnung über internationale Rechnungslegungsgrundsätze annehmen. Überdies ist der Rat in Oviedo übereingekommen, dass bei allen Einzelmaßnahmen Integration und Effizienz angestrebt werden müssen; die Mitgliedstaaten sollten so bald wie möglich die Umsetzung der vom Rat bereits angenommenen Rechtsvorschriften sicherstellen;

    ii) die Anstrengungen zur Umsetzung des RCAP bis zum Jahr 2003 verstärkt werden, wobei die Konkursverfahren im Sinne eines besseren Gleichgewichts zwischen unternehmerischer Aktivität und Anlegerschutz reformiert und ein investitions- und unternehmerfreundlicherer steuerlicher Rahmen entwickelt werden sollte;

    iii) die nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Regelungen verbessert werden, um für eine effiziente grenz- und sektorübergreifende Zusammenarbeit, Koordinierung und wechselseitige Information zu Aufsichtszwecken sorgen, und

    iv) die Bemühungen um Beseitigung der Hemmnisse für effiziente grenzüberschreitende Clearing- und Abwicklungssysteme energisch vorangetrieben und die diesbezüglichen Fortschritte überwacht werden.

    3.6. Unternehmerische Initiative ermutigen

    Um die Produktivität zu verbessern und das Wachstumspotenzial der europäischen Wirtschaft zu steigern, sind mehr und produktivere Unternehmensinvestitionen erforderlich. Die Schaffung eines wettbewerbsfähigen unternehmerischen Umfelds mit adäquater öffentlicher Infrastruktur und einer modernen und effizienten öffentlichen Verwaltung spielt bei der Förderung von Unternehmensgründungen und -erweiterungen eine entscheidende Rolle. Wie die Vielzahl der Maßnahmen zur Verringerung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen, zur Förderung von Existenzgründungen und zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln für KMU belegt, haben dies alle Mitgliedstaaten erkannt. Die vom europäischen Gipfel in Feira (Juni 2001) angenommene Europäische Charta für Kleinunternehmen sollte auch dazu beitragen, das Kleingewerbe zu unterstützen. Gleichwohl herrschen für die Unternehmen in den einzelnen Mitgliedstaaten - vor allem in steuerlicher Hinsicht - noch immer sehr unterschiedliche Bedingungen. Es gibt daher noch viele Möglichkeiten, aus beispielhaften Vorgehensweisen zu lernen. Die Mitgliedstaaten sollten

    i) ein unternehmerfreundliches Umfeld schaffen:

    - das Unternehmensbesteuerungssystem und das regulatorische Umfeld verbessern und vereinfachen. Hemmnisse für die unternehmerische Initiative auf das absolute Minimum zurückfahren, auch indem der übliche Zeit- und Kostenaufwand für die Gründung neuer Unternehmen sowie der damit verbundene Verwaltungsaufwand reduziert werden;

    - die Effizienz der öffentlichen Dienste steigern, unter anderem durch verstärkten Einsatz öffentlicher Ausschreibungen und Benchmarking, durch verstärkte Beteiligung des Privatsektors und durch Wettbewerb zwischen öffentlichen Leistungserstellern, wobei gewährleistet sein muss, dass verschiedene Diensteanbieter unter gleichen Wettbewerbsbedingungen miteinander konkurrieren. Auch sollten behördliche Dienstleistungen über das Internet bereitgestellt werden, und

    - Hemmnisse für die grenzübergreifende Wirtschaftstätigkeit, die unter anderem auf Unterschiede in den Rechnungslegungsstandards und Corporate-Governance-Vorschriften sowie bei der Unternehmensbesteuerung und MwSt. in den Mitgliedstaaten zurückzuführen sind, abbauen;

    ii) die mit der Europäischen Charta für Kleinunternehmer eingegangenen Verpflichtungen in die Tat umsetzen;

    iii) die Risikobereitschaft durch leichteren Zugang zu Finanzierungsmitteln insbesondere für KMU in deren Frühphase fördern. Besonders wichtig für KMU ist das Angebot an Kapital kombiniert mit Managementfähigkeiten (siehe auch Abschnitt 3.5).

    3.7. Eine wissensbasierte Wirtschaft fördern

    Trotz der Fortschritte in letzter Zeit hinkt die Europäische Union sowohl bei der Entwicklung als auch der Verbreitung neuer Technologien nach wie vor hinter den Vereinigten Staaten her. Außerdem bestehen sowohl bei den FuE-Ausgaben im Verhältnis zum BIP als auch bei der Zahl der Patentanmeldungen pro Kopf große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern, sind mehr und bessere Investitionen, insbesondere des privaten Sektors, in Humankapital, FuE sowie IKT erforderlich. Das von der Union kürzlich angenommene Galileo Satellitenfunknavigationsprojekt ist in dieser Hinsicht bemerkenswert. Unternehmen, Sozialpartner und Bürger müssen ermutigt werden, die Möglichkeiten der wissensbasierten Wirtschaft zu nutzen. Bildungs- und Ausbildungssysteme müssen besser an die Bedürfnisse der typischerweise auf dem Arbeitsmarkt Benachteiligten angepasst werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten

    i) FuE sowie Innovationen fördern:

    - die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Gesamtausgaben der EU für FuE möglichst auf annähernd 3 % des BIP im Jahr 2010 erhöht und die Effizienz der FuE gesteigert werden kann. Zwei Drittel dieser Investitionen sollten vom privaten Sektor kommen; dies beinhaltet die Verbesserung der für Unternehmen bestehenden Anreize zu FuE-Investitionen mithilfe einer integrierten Strategie, die den Wettbewerb an den Produktmärkten stärkt, den Zugang zu Risikokapital erleichtert, Rechte an geistigem Eigentum (u. a. durch Einführung eines bezahlbaren Gemeinschaftspatents) besser schützt und gleichzeitig für eine raschere Verbreitung neuer Technologien sorgt, wobei gezielt steuerliche und sonstige Finanzanreize eingesetzt werden sollten;

    - die Verbindungen zwischen Universitäten und Unternehmen zugunsten des Wissenstransfers und einer besseren Vermarktung von FuE-Ergebnissen ausbauen. Klare und konsequente Prioritäten für die öffentliche Forschung setzen;

    - die europaweite Zusammenarbeit bei Forschung und Innovation verbessern, und

    - das 6. Forschungsrahmenprogramm annehmen;

    ii) IKT-Zugang und -Nutzung fördern:

    - für effektiven Wettbewerb bei den lokalen Telekommunikationsnetzen (beim "Ortsanschluss") sorgen, um die Entwicklung des europäischen Breitbandnetzes voranzutreiben, und

    - die Internet-Nutzung quer durch die Gesellschaft (d. h. in privaten Haushalten, Schulen, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen) u. a. durch die Festlegung eines neuen Aktionsplans "eEurope 2005" fördern und insbesondere die Zahl der Computer mit Internetanschluss in den Schulen auf ein Gerät je fünfzehn Schüler erhöhen.

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    iii) Bildung und Ausbildung verbessern:

    - die Anstrengungen sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors verstärken, um das Angebot an ausgebildeten Forschern und die Zahl hoch qualifizierter IKT-Kräfte zu steigern und den Bildungsstand der Bevölkerung anzuheben, sowie sicherstellen, dass alle Bürger über Zugang zu Grundqualifikationen verfügen;

    - dafür sorgen, dass die Aus- und Weiterbildungssysteme veränderten Qualifikationsanforderungen und insbesondere den Bedürfnissen der auf dem Arbeitsmarkt typischerweise benachteiligten Gruppen wie Frauen, älteren Arbeitnehmern oder vorzeitigen Schulabgängern gerecht werden, und

    - durch Einführung entsprechender Instrumente für die Transparenz der Bildungsabschlüsse und Qualifikationen sorgen.

    3.8. Die ökologische Nachhaltigkeit verbessern

    Für den Schutz der ökologischen Ressourcen wie saubere Luft, Wasser und Boden, die Erhaltung der Artenvielfalt und das Verringern ökologischer Gefahren für die öffentliche Gesundheit bedarf es einer aktiven Umweltpolitik, durch die eine verantwortungsvolle Nutzung und Entwicklung knapper Naturressourcen und eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung langfristig sicherzustellen sind. Auch aufgrund internationaler Verpflichtungen vor allem im Bereich des Klimaschutzes sind politische Maßnahmen erforderlich.

    Der Europäische Rat von Stockholm hat gefordert, in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik auch die Förderung der nachhaltigen Entwicklung zu behandeln. Wie vom Europäischen Rat von Göteborg weiter hervorgehoben, reicht das Konzept der nachhaltigen Entwicklung über rein wirtschaftliche Erwägungen hinaus und soll durch Förderung konsequenter politischer Maßnahmen, die auf einer Gesamtbewertung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimension fußen, die Lebensqualität verbessern. Dabei wird eine langfristige Perspektive eingenommen und das Wohlergehen der heutigen wie auch der künftigen Generationen berücksichtigt. In jedem Politikbereich sollten daher im Rahmen einer entsprechenden umfassenden Analyse die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kosten und Vorteile der politischen Maßnahmen ermittelt werden.

    Für die verschiedenen Politikbereiche wurden konkrete vorrangige Maßnahmen ermittelt. In diesem Abschnitt geht es um die Einbeziehung ökologischer Belange in die Wirtschaftspolitik, insbesondere um den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.

    Staatliche Maßnahmen werden oft wegen Bedenken hinsichtlich der möglichen kurzfristigen Auswirkungen der Umweltschutzpolitik auf das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Firmen, Sektoren und Mitgliedstaaten aufgeschoben. Klare und stabile Ziele für die nachhaltige Entwicklung könnten beträchtliche wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen, denn sie bergen ein Potenzial für technologische Innovationen und Investitionen, durch die Wachstum und Beschäftigung entstehen. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten verstärkt auf wirtschaftliche Instrumente setzen. Diese Instrumente geben der Industrie die nötige Flexibilität, um die Umweltverschmutzung kosteneffizient zu verringern, und fördern technische Innovation. Außerdem sind sie als Mittel zur Verminderung der negativen externen Effekte oftmals am effizientesten, da die externen Kosten in die Preise eingerechnet werden. Das Verursacherprinzip lässt sich damit also konsequenter und wirtschaftlicher durchsetzen. In dieser Hinsicht sind eine bessere Information der betroffenen Bürger und Firmen sowie eine gründliche Bewertung der Instrumente von großer Bedeutung.

    Die Mitgliedstaaten sollten klare Ziele und Terminvorgaben für ihre Politik festlegen, wie sie in diesem Zusammenhang vom Europäischen Rat in Göteborg gutgeheißen wurden, und sie konsequent anwenden, um Unternehmen und Verbrauchern eine spannungsfreie Anpassung zu ermöglichen. Andauernde Maßnahmen werden jedes Jahr benötigt, um eine allmähliche Abkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch herbeizuführen, insbesondere im Verhältnis zwischen wachsendem Verkehrsaufkommen und Energieverbrauch einerseits und BIP-Wachstum andererseits. Koordinierte und allmähliche, aber stetige und glaubhafte Änderungen der Höhe und Struktur der Steuersätze bis zur vollständigen Einpreisung der externen Kosten würden strukturelle Anpassungsprobleme minimieren und dazu beitragen, dass sich die Unternehmen umstellen und innovative Lösungen anstreben. Bei diesem Ansatz würden auch die kostspieligen und in dieser Hinsicht wenig effizienten Ausnahmeregelungen für die am stärksten betroffenen Firmen und Sektoren minimiert werden. Solche Ausnahmeregelungen schmälern oft die ökologische Wirkung von Maßnahmen, verzerren die Steuerstruktur und lassen sich später nur schwer wieder abschaffen. Würde ein gemeinschaftsweiter Rahmen für den Einsatz wirtschaftlicher Instrumente geschaffen bzw. dieser Einsatz koordiniert, könnte dies dazu beitragen, solche Verzerrungen zu verhindern und den Binnenmarkt zu stützen.

    Dementsprechend

    i) sollten sich die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen bemühen, Untersuchungen über die sozialen und ökologischen Auswirkungen der politischen Maßnahmen vorzulegen;

    ii) sollte die Wettbewerbsfähigkeit durch Entregulierung und Vernetzung der Märkte und durch den Abbau der Ein- und Ausfuhrhemmnisse gesteigert werden, um die Wirksamkeit marktwirtschaftlicher Instrumente zu steigern;

    iii) sollten die Mitgliedstaaten auf wirtschaftlichen Instrumenten basierende Maßnahmen, wie Steuern, Nutzer- bzw. Verursachergebühren, Versicherungs-/Haftungsregelungen, freiwillige Verpflichtungen und handelbare Emissionsrechte, einführen oder verstärken. Dafür bietet sich vor allem der Verkehrssektor mit den verschiedenen Verkehrsträgern an; hier fehlt es noch immer an einem adäquaten stimmigen und integrierten System von Nutzungsgebühren und Steuern, die die externen Kosten angemessen wiedergeben und den Ressourcenverbrauch zum Ausdruck bringen;

    iv) sollten sich die Mitgliedstaaten auf die Einführung des Emissionshandels auf EU-Ebene vorbereiten, um die Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls auf kosteneffiziente Weise zu erfuellen, indem sie unter anderem dafür Sorge tragen, dass sie über hinreichend stabile Verfahren für die Überwachung, Meldung und Kontrolle von Emissionen verfügen. Mitgliedstaaten, die bereits Regelungen für den Handel mit Treibhausgasen getroffen haben oder darüber nachdenken, sollten sicherstellen, dass sie mit dem derzeit im Rat erörterten System der Gemeinschaft vereinbar sind. Die Mitgliedstaaten sollten prüfen, wie die Emissionsrechte zugeteilt werden können. Generell sollten die Mitgliedstaaten geeignete politische Maßnahmen ausarbeiten, mit denen sie ihren Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll nachkommen können; diese Maßnahmen sollten insbesondere auf ein effizienteres Management von Energie- und Transportnachfrage zielen;

    v) sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Empfehlung der Kommission vom 30. Mai 2001 die Veröffentlichung ökologischer Informationen in den Jahresbilanzen der Unternehmen fördern;

    vi) sollten die Mitgliedstaaten sektorale Beihilfen und Steuerbefreiungen sowie sonstige Maßnahmen mit negativen Umweltauswirkungen reduzieren, soweit sich dies mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbaren lässt;

    vii) sollten die Mitgliedstaaten parallel zur Vereinbarung über die Liberalisierung der Energiemärkte bis Ende Dezember 2002 auch zu einer Vereinbarung über einen geeigneten europäischen Rahmen für die Energiebesteuerung gelangen und

    viii) sollten die Mitgliedstaaten fortfahren, auf den Energieverbrauch, auch des Verkehrs, abzielende Maßnahmen anzuwenden, damit die Europäische Union "bis 2010 substanzielle Fortschritte bei der Verbesserung der Energieeffizienz erzielen" kann, wie vom Europäischen Rat in Barcelona gefordert wurde.

    II. LÄNDERSPEZIFISCHE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE LEITLINIEN

    1. BELGIEN

    Die belgische Wirtschaftstätigkeit hat sich im Jahr 2001 stark verlangsamt. Das reale BIP-Wachstum erreichte 1 %, nachdem im Jahr 2000 ein außergewöhnliches Wirtschaftswachstum von 4 % zu verzeichnen war; Hauptgründe hierfür waren die Verlangsamung des Welthandels und das sich daraus ergebende sinkende Unternehmervertrauen. Gegenwärtig wird erwartet, dass sich die Wirtschaft in den ersten Quartalen des Jahres 2002 allmählich und in der zweiten Hälfte des Jahres kräftiger erholt, und sowohl die Ein- als auch die Ausfuhren erneut Dynamik entwickeln. Allerdings wird nicht erwartet, dass das reale BIP-Wachstum im Jahresdurchschnitt den Vorjahreswert überschreiten wird. 2003 dürfte die Wirtschaft infolge eines lebhafteren Welthandels und einer stärkeren Inlandsnachfrage um etwas weniger als 3 % expandieren. Die am harmonisierten Index (HVPI) gemessene Verbraucherpreisinflation dürfte sich von 2,5 % im Jahre 2001 auf deutlich unter 2 % im Jahre 2002 abschwächen und 2003 begrenzt bleiben. Die Beschäftigung dürfte im Jahre 2003 ansteigen, allerdings in geringerem Maße als in der jüngsten Vergangenheit; die Arbeitslosigkeit wird 2002 voraussichtlich etwas steigen, 2003 jedoch wieder auf einen Abwärtstrend einschwenken. Die Löhne dürften sich im Zusammenhang mit dem neuen Lohnrahmenabkommen, das Ende 2002 für den Zeitraum 2003-2004 abgeschlossen werden soll, maßvoll entwickeln.

    Obwohl der öffentliche Schuldenstand im Verhältnis zum BIP in Belgien zurückgeht, ist er nach wie vor sehr hoch und erfordert weitere Haushaltsanpassungen, insbesondere im Hinblick darauf, dass die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen angesichts der alternden Bevölkerung gewährleistet werden muss. Um dieser Herausforderung zu begegnen, muss die bereits eingeleitete Rentenreform weiterverfolgt werden, insbesondere was die Bestimmungen zur Frühverrentung, und die ergänzenden Rentenleistungen betrifft. Andere Bereiche, die besonderer Beachtung bedürfen, sind die niedrige Erwerbstätigenquote, die starken regionalen Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit, der unzureichende Wettbewerb in bestimmten Dienstleistungsbranchen, die Belastung der Unternehmen durch Reglementierungen und die mangelnde Effizienz der öffentlichen Verwaltung.

    Haushaltspolitik

    Trotz der starken Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit im Jahre 2001 war der gesamtstaatliche Haushalt ausgeglichen (bzw. wies einen Überschuss von 0,2 % des BIP unter Einbeziehung der UMTS-Lizenzeinnahmen auf); entscheidend für den Ausgleich des gesamtstaatlichen Haushalts war der mit 6,6 % des BIP hohe Primärüberschuss, der durch Sparsamkeit bei den Primärausgaben und kräftig gestiegene Steuereinnahmen erzielt wurde; Einzelfaktoren wie Immobilienverkäufe trugen mit etwa 0,3 % des BIP zu diesem Ergebnis bei. Die Aktualisierung 2001 des Stabilitätsprogramms projiziert einen Ausgleich des gesamtstaatlichen Haushalts für 2002 und einen Überschuss von 0,5 % des BIP für 2003. Die Aufrechterhaltung eines hohen Primärüberschusses in der Größenordnung von 6 % des BIP pro Jahr bleibt angesichts der nach wie vor sehr hohen Staatsschulden und der langfristigen Herausforderungen aufgrund der Alterung der Bevölkerung ein entscheidendes Element der Haushaltsanpassungsstrategie. Die Begrenzung des Anstiegs der Realausgaben der Ebene I (Bundesregierung und Sozialversicherung) auf 1,5 % pro Jahr gilt als angemessen für das Erreichen dieses Ziels. Die Rückführung des öffentlichen Schuldenstands hielt sich 2001 im Wesentlichen aufgrund eines niedrigen nominalen BIP-Wachstums und anderer Ad-hoc-Faktoren in Grenzen; der öffentliche Schuldenstand dürfte Ende 2003 leicht unter 100 % des BIP fallen. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Belgien dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) im Jahre 2002 keine Verschlechterung im Saldo des Staatshaushalts gegenüber 2001 zuzulassen, insbesondere durch Begrenzung der laufenden Staatsausgaben;

    ii) 2003 die Haushaltskonsolidierung wiederaufzunehmen und einen gesamtstaatlichen Haushaltsüberschuss von 0,5 % des BIP zu erreichen, und zwar durch Festhalten an der Grenze für den Realausgabenanstieg der Ebene I von 1,5 % und eine strikte Haushaltskontrolle aller staatlichen Stellen;

    iii) die derzeitige Strategie zu verstärken, um Vorsorge für die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf den Haushalt zu treffen; dabei sollte insbesondere der Schuldenstand weiter zurückgeführt und die Reform des Rentensystems vorangetrieben werden, wobei das niedrige durchschnittliche tatsächliche Renteneintrittsalter wirksamer anzugehen ist. Auch müssen die Haushaltsmittel, die jährlich dem Altersfonds zugeführt werden sollen, genauer quantifiziert werden.

    Arbeitsmärkte

    Der belgische Arbeitsmarkt litt unter dem schwächeren Wirtschaftswachstum des Jahres 2001. Das rasche Sinken der Arbeitslosenquote in den beiden letzten Jahren kam allmählich zum Stillstand. 2002 dürfte die Quote leicht ansteigen. Obwohl die Gesamterwerbstätigenquote in der zweiten Hälfte der 90er Jahre stetig stieg, und zwar von 56,3 % im Jahr 1996 auf rund 61 % Ende 2000, liegt sie nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt, im Wesentlichen aufgrund der relativ niedrigeren Quoten bei jungen Menschen (29 % in der Altersgruppe der 15-24-Jährigen), älteren Personen (in der Altersgruppe der 55-64-Jährigen nur 24 %) und Frauen (51,5 %). Im Rahmen des Konzepts eines "aktiven Wohlfahrtsstaats" wurde der allmähliche Übergang von einer passiven Politik zu stärker präventiven und aktiveren Maßnahmen im Jahre 2001 fortgesetzt. Obwohl bereits Maßnahmen umgesetzt wurden, ist die Leistungsabhängigkeit in bestimmten Arbeitsmarktsegmenten immer noch relativ hoch, und andere Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die verbleibenden "Arbeitslosigkeitsfallen" zu beseitigen und die nach wie vor große Zahl der Leistungsempfänger im arbeitsfähigen Alter, insbesondere ältere, nicht erwerbstätige Arbeitnehmer, zu "aktivieren". Nach wie vor sind beträchtliche regionale Unterschiede festzustellen. Die Erwerbstätigenquote in Flandern (rund 64 % in 2000) lag immer noch 8-9 Prozentpunkte höher als in Wallonien und in der Region Brüssel. Dies spiegelt eine unzureichende Mobilität der Arbeitskräfte und eine unzulängliche Flexibilität der Löhne wider. Sprachbarrieren, Leistungssysteme, hohe Wohnungskosten (infolge noch vorhandener hoher Registrierungsgebühren), zunehmende Verkehrsbelastung und ein unzureichender öffentlicher Personennahverkehr sind die stärksten Mobilitätsbremsen. Zudem könnte eine bessere Nutzung der bestehenden Rechtsvorschriften, die eine Beteiligung der Beschäftigten an den finanziellen Ergebnissen ihres Unternehmens ermöglichen, zur Lohndifferenzierung beitragen. Oberste Priorität für Belgien sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die jüngsten Reformen der Abgaben- und Leistungssysteme zu konsolidieren, damit Arbeit sich lohnt, insbesondere durch Abschaffung noch vorhandener Negativanreize, die ältere Menschen davon abhalten, weiterzuarbeiten oder zum Arbeitsmarkt zurückzukehren;

    ii) Maßnahmen zur Erhöhung der Mobilität der Arbeitskräfte zu ergreifen, wobei u. a. an die Sozialpartner appelliert werden sollte, zuzulassen, dass im Rahmen der bestehenden Lohnbildungsmechanismen stärker den örtlichen Arbeitsmarktbedingungen und Qualifikationen Rechnung getragen wird, und gleichzeitig einen weiterhin moderaten Lohnanstieg zu gewährleisten;

    iii) ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit zu fördern und die Auswirkungen der jüngsten Initiativen zur Erhöhung der Arbeitszeitflexibilität, insbesondere des neuen Zeitausgleichssystems, auf das Arbeitskräfteangebot sorgfältig zu überwachen, und

    iv) die Anstrengungen zur Erhöhung der Erwerbstätigenquote von Frauen zu verstärken, indem Negativanreize bezüglich ihres Markteintritts oder Verbleibens auf dem Arbeitsmarkt abgeschafft werden.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die Offenheit der belgischen Wirtschaft fördert den Wettbewerb auf den Gütermärkten, was zu einer hohen Arbeitsproduktivität und zu Verbraucherpreisen entsprechend dem EU-Durchschnitt geführt hat. Die Rate der noch nicht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien erreichte im März 2002 das Ziel von 98,5 %. Obwohl auf lokaler Ebene ein wirksamer Wettbewerb fehlt, kommt die Liberalisierung des Telekommunikationssektors gut voran. Das Breitbandangebot nimmt dank günstiger Anschlussgebühren rasch zu. Allerdings sind die Verbindungen zwischen Kommunalbehörden und privaten Partnern immer noch wenig transparent, und die Liberalisierung in einigen Dienstleistungssektoren wie der Energiewirtschaft ist weniger weit gediehen. Insbesondere die Verzögerung beim Etablieren eines unabhängigen Betreibers von Übertragungsnetzen für Elektrizität und das Fehlen einer behördlichen Genehmigung für Durchleitungsgebühren hat den Markteintritt behindert. Deshalb bleibt der Wettbewerb in diesen Bereichen eingeschränkt, was zu hohen Preisen führt. Der FuE- und IKT-Aufwand entspricht zwar in etwa dem EU-Durchschnitt, bleibt aber auf wenige Sektoren und Unternehmen beschränkt. Wichtige Reformen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands und zur Steigerung der Effizienz des öffentlichen Dienstes wurden eingeleitet und haben erste Ergebnisse erbracht. Allerdings sind der Verwaltungsaufwand und das Niveau der staatlichen Beihilfen für das Eisenbahnwesen nach wie vor hoch. Oberste Priorität für Belgien sollte es deshalb sein,

    i) den Wettbewerb in der Gas- und Stromversorgung durch offizielle Einsetzung eines unabhängigen Managers für die Leitungsnetze ohne wesentliche Mitwirkung der etablierten Unternehmen (Eigentümerentflechtung) zu verstärken und Maßnahmen zu treffen, durch die neue örtliche Anbieter mittels der Gewährleistung eines fairen Zugangs zu den Netzen zum Markteintritt ermuntert werden;

    ii) die Transparenz der Verbindungen zwischen dem öffentlichen und den privaten Sektoren auf Ebene der Gemeinden und der Regionen zu erhöhen, vor allem in Bezug auf die Rolle der Kommunen und ihrer Verbände in verschiedenen Sektoren, wie beispielsweise der Energieversorgung, um Wettbewerbsverzerrungen und Interessenkonflikte zu vermeiden, und

    iii) weitere Maßnahmen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen, einschließlich des Zeit- und Kostenaufwands für die Anmeldung eines neuen Unternehmens, sowie zur Entwicklung von Online-Behördendiensten zu treffen.

    2. DÄNEMARK

    2001 verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum auf 0,9 %, im Wesentlichen aufgrund einer ausgeprägten Abschwächung im Investitionswachstum und einer Verschlechterung beim Wachstum der Auslandsnachfrage. Das Produktionswachstum dürfte in diesem Jahr auf etwa 13/4 % steigen und 2003 rund 21/2 % erreichen, im Wesentlichen aufgrund der Inlandsnachfrage. 2002 dürften die das Wachstum tragenden Faktoren der private Verbrauch, der vermutlich entsprechend dem realen Nettoeinkommen steigen wird, sowie die Investitionen sein, die sich entsprechend der günstigeren Zukunftserwartungen erholen sollten. Die dänischen Ausfuhren dürften in etwa wie die Auslandsnachfrage wachsen, und wenn sich die Einfuhren der letzten Verwendung entsprechend entwickeln, dürfte der Wachstumsbeitrag der Nettoausfuhren in diesem Jahr wieder negativ sein. 2003 dürfte die Inlandsnachfrage weiter zunehmen, während die Nettoausfuhren einen in etwa neutralen Wachstumsbeitrag leisten dürften. Die HVPI-Inflation, die 2001 2,3 % betrug, dürfte auch im laufenden Jahr ähnlich ausfallen, da höhere Preise für Bekleidung die Auswirkungen der etwas niedrigeren Ölpreise und des von der neuen Regierung verhängten "Stopps" für Steuererhöhungen vermutlich kompensieren; in 2003 dürfte sich die Inflation dann leicht abschwächen. Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Die Beschäftigung dürfte im laufenden Jahr nur leicht, und im Jahre 2003 um nahezu 1/2 % steigen. Trotz der wirtschaftlichen Abschwächung verharrte die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit auf einem sehr niedrigen Niveau und ein geringer Rückgang der Arbeitslosenquote wird für 2003 im Zuge der Wachstumsbeschleunigung erwartet.

    Die dänische Wirtschaft, die sich gegenwärtig am Rande ihrer Kapazitäten bewegt, muss ihr Produktionspotenzial verbessern. Das Augenmerk muss dabei vor allem auf die folgenden Kernfragen gerichtet sein: Engpässe beim Arbeitskräfteangebot müssten abgebaut werden, wodurch auch die anhaltend hohen Lohnsteigerungen gedämpft würden. Der Wettbewerb ist in mehreren wichtigen Branchen immer noch unzureichend, und angesichts des Ausmaßes des öffentlichen Sektors muss die Effizienz in diesem Bereich weiter verbessert werden. Ferner muss es nach wie vor zu einer effektiven Zurückhaltung beim Staatsverbrauch kommen. Nach Einführung des Steuerstopps ist dies besonders dringend, damit der gesamtstaatliche Haushalt auch mittelfristig weiter hohe Überschüsse erzielen kann.

    Haushaltspolitik

    Im Jahre 2001 betrug der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss 2,8 % des BIP ohne die UMTS-Einnahmen von 0,2 Prozentpunkten. Der Haushaltsüberschuss dürfte im laufenden Jahr auf 2,1 % des BIP absinken und im Jahr 2003 auf 2,4 % des BIP ansteigen. Die Abnahme des Überschusses im Jahr 2002 ist im Wesentlichen auf die Tatsache zurückzuführen, dass eine vorgeschlagene Änderung des besonderen Rentensparplans bei der Vorausschätzung berücksichtigt wurde, wodurch der Überschuss aus technischen Gründen um etwa einen halben Prozentpunkt des BIP gesunken ist(1). In der jüngsten Aktualisierung des dänischen Konvergenzprogramms wird an der Strategie einer langsamen Absenkung der Primärausgaben im Verhältnis zum BIP und der Abgabenquote festgehalten. Wie bereits häufig in der Vergangenheit lag der reale Anstieg des Staatsverbrauchs im Jahre 2001 weit über dem von der früheren Regierung gesetzten Ziel. Neu ist, dass die seit November 2001 im Amt befindliche neue Regierung sich verpflichtet hat, keine direkten oder indirekten Steuern zu erhöhen. Ferner wurde eine Obergrenze für die Steuer auf Vermögenswerte festgesetzt. Für diesen Steuerstopp wurde keine zeitliche Befristung festgelegt. Langfristige Projektionen in der Aktualisierung des Programms deuten darauf hin, dass die gesamtstaatlichen Finanzen bis zum Jahr 2010 jährliche Überschüsse von 1,5 bis 2,5 % des BIP aufweisen müssen, um die durch die alternde Bevölkerung hervorgerufenen finanziellen Belastungen verkraften zu können. In Anbetracht dessen sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) sicherzustellen, dass das Ziel der Regierung, den realen Anstieg des Staatsverbrauchs auf durchschnittlich 1 % pro Jahr zu begrenzen, erreicht wird, was bedeutet, dass der Anstieg im Jahre 2003 vorzugsweise nicht die von den Behörden angesetzten 0,7 % überschreiten sollte, um den im Haushalt für 2002 veranschlagten Anstieg um 1,3 % auszugleichen;

    ii) die Umsetzung des Steuerstopps auf allen staatlichen Ebenen zu gewährleisten, möglicherweise durch verbindliche Verpflichtungen der Landkreise und Kommunen in den Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Haushalt für 2003.

    Arbeitsmärkte

    Mit einer Erwerbstätigenquote von 76 % insgesamt, 72 % bei Frauen und 56 % bei älteren Arbeitnehmern, hat Dänemark die beste Beschäftigungsentwicklung der EU. Die Arbeitslosenquote ist auch im Jahr 2001 leicht gesunken und erreichte 4,3 %. Die Arbeitsmarktsituation bleibt angespannt. Im Jahr 2001 gab es keine neuen Reformbemühungen. Allerdings wurden durch frühere Reformen weiterhin die Inanspruchnahme der Frühverrentung und der Erwerbsunfähigkeitsversicherung begrenzt, und leichte Steuersenkungen sollen im Jahr 2002 entsprechend dem Pfingstpaket von 1999 greifen. Die neue Regierung hat kürzlich einen Steuerstopp verkündet. Trotz früherer Reformen gab es einen eindeutigen Trend hin zur Aushandlung kürzerer Arbeitszeiten und einen relativ hohen Rückzug vom Arbeitsmarkt. Der Anteil von Menschen im arbeitsfähigen Alter, die Sozialleistungen einschließlich Arbeitslosenunterstützung beziehen bzw. sich in aktiven Arbeitsmarktprogrammen befinden, beträgt 21 %, was teilweise zu der anhaltenden Knappheit des Arbeitskräfteangebots beiträgt. Eine weitere Vergrößerung des Arbeitskräfteangebots, die angesichts der Bevölkerungsalterung notwendig ist, könnte über Abgaben- und Sozialleistungsreformen gefördert werden, damit die grundlegende Struktur von Abgaben und Leistungen beschäftigungsfreundlicher wird. Oberste Priorität für Dänemark sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) den Umbau der Sozialleistungssysteme fortzusetzen und die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit weiter zu verringern, insbesondere für die Bezieher niedriger oder mittlerer Löhne, damit sich Arbeit lohnt.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die dänische Wirtschaft ist weniger offen (gemessen am Verhältnis des Gesamtaußenhandels am BIP) als die meisten anderen kleinen Mitgliedstaaten und weist ein relativ hohes Preisniveau auf, was zum Teil Folge eines fehlenden Wettbewerbs in zahlreichen Sektoren ist. Ad-hoc- und sektorale staatliche Beihilfen sind gering, und der Umsetzungsgrad der Binnenmarktrichtlinien ist hervorragend. Fortschritte gab es bei der Liberalisierung der Telekommunikations- und Strommärkte sowie im Bereich der Öffnung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Weniger Erfolg gab es bei der Öffnung der Gasmärkte für Wettbewerb. Die IKT-Penetration ist hoch, und die FuE-Ausgaben liegen über dem EU-Durchschnitt. Allerdings kann Dänemark bei FuE nicht mit den anderen nordischen Mitgliedstaaten mithalten, was zum Teil auf die geringeren FuE-Ausgaben der Unternehmen und die geringeren Vermarktungserfolge zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass nach einer OECD-Studie in Dänemark hohe öffentliche Aufwendungen für den Schulbereich nur zu relativ schlechten Bildungsergebnissen führen. Oberste Priorität für Dänemark sollte es deshalb sein:

    i) die Wettbewerbspolitik in den Bereichen, in denen der Wettbewerb für unzulänglich befunden wurde, verstärkt durchzusetzen;

    ii) den Wettbewerb bei öffentlichen Dienstleistungen auf lokaler Ebene durch verstärkte Beteiligung des Privatsektors sowie den Wettbewerb zwischen öffentlichen Dienstleistungsanbietern zu verbessern und

    iii) die vollständige Marktöffnung der Elektrizitäts- und Gasmärkte zu vollenden und fairen Netzzugang zu gewährleisten.

    3. DEUTSCHLAND

    Das deutsche BIP stieg im Jahr 2001 um 0,6 %. Im Hinblick auf den Privatkonsum begrenzten die im Januar des Jahres wirksam gewordenen Einkommensteuersenkungen den Rückgang der Wachstumsrate, der durch die gestiegenen Ölpreise sowie dadurch verursacht wurde, dass die Arbeitslosigkeit infolge der Verschlechterung der weltweiten Rahmenbedingungen im Verlauf des Jahres leicht zu steigen begann. Hingegen gingen die Investitionen in einem Umfeld niedriger Wachstumserwartungen stark zurück. Ein weiterer Negativfaktor für die Wirtschaft war der erhebliche Abbau der Vorräte. Aufgrund dessen blieb die Inlandsnachfrage 2001 schwach. Wachstumsfaktoren waren daher im Wesentlichen die Nettoausfuhren. Für 2002 weisen die Frühindikatoren auf eine Erholung zur Jahresmitte hin. Diese Entwicklung dürfte von einer Zunahme der Investitionen getragen werden, während sich der Verbrauch aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit vermutlich nach wie vor schwach entwickelt. Trotz des erwarteten starken Aufschwungs bleibt das BIP-Wachstum im Jahresdurchschnitt von 2002 aufgrund des kräftigen statistischen Unterhangs zu Beginn des Jahres unter 1 %. Wegen der höher als erwarteten Preise für Öl und Nahrungsmittel belief sich der durchschnittliche Anstieg der Verbraucherpreise im Jahr 2001 auf 2,4 %. Die erwartete Umkehr dieser Preisbewegungen dürfte den Druck auf die Preise abschwächen und dazu führen, dass die Verbraucherpreisinflation unter 2 % bleibt, eine der niedrigsten Raten im Euro-Gebiet. Die Beschäftigung begann sich 2001 rückläufig zu entwickeln und wird trotz der erwarteten Beschleunigung der Wirtschaftsaktivität im Jahresdurchschnitt 2002 unter dem Vorjahresniveau liegen. Folglich dürfte die Arbeitslosigkeit 2002 etwas höher sein als im Jahr 2001.

    Aufgrund der Steuerreform und der wirtschaftlichen Abschwächung stieg das Staatsdefizit 2001 in Deutschland auf 2,7 % des BIP. Zentrale Aufgaben sind daher die beschleunigte Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und die Gewährleistung einer strikten Umsetzung des Stabilitätsprogramms, insbesondere im Hinblick darauf, das Staatsdefizit im Jahre 2002 unter dem Referenzwert des Vertrags in Höhe von 3 % des BIP zu halten. Während der gegenwärtige konjunkturelle Abschwung als solcher im Wesentlichen durch externe Faktoren verursacht wird, wird das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft gedrückt durch Nachwirkungen der Wiedervereinigung, einschließlich der Krise im Bausektor, und durch die langsamen Fortschritte bei der Strukturreform. In erster Linie kommt es daher darauf an, das Wachstumspotenzial zu steigern und voll zu nutzen. Es gilt, unter wachstums- und stabilitätsorientierten makroökonomischen Rahmenbedingungen Reformen durchzuführen, die zu einer Verringerung der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und der regionalen Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit führen und die Effizienz von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik verbessern sollen. Dies sollte unterstützt werden durch Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigenquote, insbesondere durch eine Reform der Sozialleistungssysteme, damit Arbeit sich lohnt, und indem die Hemmnisse für eine Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, beseitigt werden. In dieser Hinsicht wurden im Zuge der deutschen Steuer- und Rentenreform inzwischen Fortschritte erzielt. Die jüngste Rentenreform ist zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, es sind aber möglicherweise in Zukunft weitere Reformen erforderlich. Eine Verbesserung des allgemeinen Wirtschaftsumfelds, insbesondere durch weiter gehende Reformen der Produkt-, Kapital- und Arbeitsmärkte, dürfte ebenfalls dazu beitragen, das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft zu stärken.

    Haushaltspolitik

    Nach der jüngsten Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes hat das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2001 2,7 % des BIP erreicht. Diese Verschlechterung gegenüber dem Ergebnis für 2000 (-1,3 % des BIP ohne UMTS-Erlöse) und den Projektionen der Aktualisierung des deutschen Stabilitätsprogramms vom Oktober 2000 (projiziertes Defizit von 1,5 % des BIP für 2001) ist vor allem auf die stärker als erwartet ausgefallene Wachstumsverlangsamung und einige statistische Änderungen zurückzuführen. Allerdings waren auch Ausgabenüberschreitungen zu verzeichnen, und zwar bundesweit im Gesundheitssektor sowie bei den Haushalten einiger Länder. Im laufenden Jahr könnten das geringe BIP-Wachstum und der Anstieg einiger Sozialleistungen dazu führen, dass das Defizit gegenüber dem letzten Jahr nicht sinkt, obwohl einige Steuern angehoben wurden.

    Auf der Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister am 12. Februar 2002 hat sich die Bundesregierung verpflichtet, den Referenzwert von 3 % des BIP für das gesamtstaatliche Defizit im Jahre 2002 einzuhalten, und ihre Verpflichtung bestätigt, im Jahr 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dies ist durch eine Übereinkunft zwischen Bund und Ländern, die diese in einer außerordentlichen Sitzung des Finanzplanungsrates am 21. März 2002 erzielten, bekräftigt worden. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) zu gewährleisten, dass der Referenzwert von 3 % des BIP für das gesamtstaatliche Defizit eingehalten wird. Potenzielle Wachstumsdividenden sollten genutzt werden, um das Defizit 2002 unter die in der letzten Aktualisierung des Stabilitätsprogramms angestrebten 2,5 % des BIP zurückzuführen;

    ii) auf eine ausreichende Senkung des Defizits im Jahr 2003 hinzuwirken, um sicherzustellen, dass für 2004 ein nahezu ausgeglichener Haushalt erreicht werden kann. Zu diesem Zweck müssen die Ausgaben weiter begrenzt und alle Haushaltsspielräume zur Senkung des Defizits genutzt werden;

    iii) die notwendigen Reformen im Gesundheitswesen umzusetzen, um durch mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung den Ausgabendruck zu vermindern und damit zu einer dauerhaften Sanierung der öffentlichen Finanzen beizutragen, und

    iv) noch in der laufenden Legislaturperiode die vereinbarten Änderungen zum Haushaltsgrundsätzegesetz zu verabschieden und eine effektive Überwachung der Übereinkünfte, die in der außerordentlichen Sitzung des Finanzplanungsrates vom 21. März 2002 erzielt wurden, zu ermöglichen.

    Arbeitsmärkte

    Der deutsche Arbeitsmarkt litt 2001 unter dem wirtschaftlichen Abschwung. Die Beschäftigtenzahlen stagnierten, und die Arbeitslosigkeit nahm erneut zu. Die Erwerbstätigenquote lag in 2000 mit 65 % über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Die Jugendarbeitslosigkeit ist relativ niedrig. Allerdings bleibt die Arbeitslosigkeit, zu 50 % Langzeitarbeitslosigkeit, hoch und liegt mit 7,9 % leicht über dem EU-Durchschnitt. Regionale Arbeitslosenzahlen klaffen weiterhin weit auseinander. Trotz flexiblerer Tarifverhandlungen reichen Lohndifferenzierung und Mobilität nicht aus, um zu einer deutlichen Verringerung der regionalen Unterschiede beitragen zu können. Positive Schritte wurden unternommen, wie beispielsweise das "Job Aktiv"-Gesetz oder die Bezuschussung von Niedriglöhnen im Rahmen des so genannten "Mainzer Modells", doch obwohl neue Rechtsvorschriften darauf abzielen, aktive Arbeitsmarktprogramme zu rationalisieren, muss die Effizienz der breit angelegte Programme in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit weiter verbessert werden. Darüber hinaus ist die Arbeitsmarktaktivität von gering qualifizierten Arbeitnehmern sehr gering, und die Gefahr, arbeitslos zu werden, ist bei ihnen um 60 % höher als für den durchschnittlichen Arbeitnehmer. Ein weiterer Anstieg der Erwerbstätigenquote wird vor allem davon abhängen, ob im Hinblick auf die Arbeitsmarktaktivität von gering qualifizierten Arbeitnehmern, älteren Arbeitnehmern und Frauen Anreize geschaffen und Hindernisse beseitigt werden. Oberste Priorität für Deutschland sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Anstrengungen zu intensivieren, damit durch Reform der Abgaben- und Leistungssysteme erreicht wird, dass Arbeit sich lohnt, insbesondere für Frauen und ältere Arbeitnehmer. Ansatzpunkte für eine Reform der Leistungssysteme sind: Anspruchsberechtigung, Anspruchsbedingungen, Leistungsdauer und Lohnersatzquote sowie Beendigung der Zahlungen bei Arbeitsaufnahme. Die Sozialversicherungsbeiträge sollten gesenkt werden, insbesondere in den unteren Lohngruppen, wobei die Notwendigkeit gesunder öffentlicher Finanzen zu gewährleisten bleibt;

    ii) die Arbeitsmarktprogramme effizienter zu gestalten, insbesondere dort, wo sie breit angelegt sind, sowie die Arbeitsvermittlung weiter zu stärken und gleichzeitig ihre Effizienz zu verbessern. Die präzise Ausrichtung der aktiven Arbeitsmarktprogramme auf diejenigen Bevölkerungsgruppen, die am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind, und auf den Bedarf des Arbeitsmarktes ist zu verbessern;

    iii) unter Wahrung der Autonomie der Sozialpartner Arbeitsinstitutionen und Tarifverhandlungssysteme zu fördern, die das Verhältnis zwischen Lohnentwicklungen und Arbeitsmarktbedingungen berücksichtigen, wodurch eine Lohnentwicklung entsprechend den Produktivitätsentwicklungen und Qualifikationsunterschieden ermöglicht wird, um die Beschäftigung für alle Qualifikationen und geografischen Räume zu verbessern und gleichzeitig eine stabilitäts- und beschäftigungsorientierte Lohnentwicklung zu bewahren;

    iv) eine flexiblere Arbeitsorganisation zu fördern und das Arbeitsvertragsrecht zu überprüfen, damit mehr Arbeitsplätze entstehen und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit erreicht wird, und

    v) Hindernisse für die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt zu beseitigen, unter anderem durch eine verstärkte Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die deutsche Wirtschaft ist für eine große Volkswirtschaft relativ offen (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP), und das Verbraucherpreisniveau liegt nahe am EU-Durchschnitt. Die Zahl der staatlichen Beihilfen geht stetig zurück. Der Zeit- und Kostenaufwand für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegt in etwa im EU-Durchschnitt und ist nur gering für Einzelunternehmen. Deutschland verfügt über eine starke Position in der wissensbasierten Wirtschaft, gemessen an den FuE-Ausgaben der Unternehmen, den Patentanmeldungen und dem Anteil der Erwerbstätigen mit mindestens Fachhochschulreife. Fortschritte in Bereichen des Binnenmarktes (Umsetzung von Binnenmarktrichtlinien, Öffnung des öffentlichen Auftragswesens) hielten sich in Grenzen. Auch wegen der nationalen Umweltschutzmaßnahmen liegen die Preise für Strom (Haushalte) und Gas nach wie vor über dem EU-Durchschnitt, und im Versorgungssektor dominieren immer noch die früheren regionalen Monopolunternehmen. Schließlich liegen das Bildungsniveau der 15-Jährigen und der Anteil der Gymnasiasten, die ein Studium aufnehmen, unterhalb des EU-Durchschnitts. Zwei Drittel der betroffenen Altersgruppe beginnt eine qualifizierte Berufsausbildung im Dualen System; dies wirkt sich positiv auf die Beschäftigungslage bei den Jugendlichen aus, so dass die Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten relativ niedrig ist. Oberste Priorität für Deutschland sollte es deshalb sein,

    i) einen effizienten Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt im Hinblick auf eine Verringerung der regionalen Unterschiede zwischen den Gebühren für die Nutzung der Stromverteilungsnetze zu gewährleisten; Schaffung eines Regulierungsmechanismus für Energie mit Blick auf die Gewährleistung einer effektiven Kontrolle der preisbestimmenden Faktoren;

    ii) die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um das Bildungsniveau der Schüler im Allgemeinen und insbesondere den Anteil der Schulabgänger, die ein Studium aufnehmen, anzuheben, und

    iii) die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften zu erhöhen, um das Ziel von 98,5 % der Binnenmarktrichtlinien zu erreichen, und den Wert von im Amtsblatt veröffentlichten öffentlichen Ausschreibungen zu erhöhen.

    4. GRIECHENLAND

    Infolge der Verschlechterung der Weltwirtschaft verlangsamte sich die Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2001 etwas, wurde jedoch durch Inlandsfaktoren gestützt. Deutlich niedrigere Zinsen nach dem Beitritt zum Euro-Gebiet ab 2001 und zunehmende Zufluesse von Mitteln aus den EU-Strukturfonds sowie die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele von 2004 unterstützten die Investitionen. Gleichzeitig förderten ein starker Anstieg der Verbraucherkredite und eine Erholung der real verfügbaren Einkommen die Verbraucherausgaben. Gleichwohl hatte der Außenhandel negative Auswirkungen auf das reale BIP-Wachstum, was den hohen Einfuhranteil der Inlandsnachfrage und die beschränkte Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit widerspiegelt. Das Wachstum dürfte auch 2002 diesem Muster entsprechen, während für 2003 eine Verbesserung aufgrund der wieder auflebenden Auslandsnachfrage abzusehen ist. Die Arbeitsmarktsituation verbesserte sich in den vergangenen Jahren langsam, die Beschäftigung stieg in der Wirtschaft insgesamt relativ geringfügig, obwohl im Dienstleistungs- und Bausektor viele Arbeitsplätze geschaffen wurden. Der aufgrund der sekundären Folgen des Ölpreisanstiegs im Jahr 2000 Anfang 2001 aufgetretene Inflationsdruck hat im zweiten Halbjahr 2001 allmählich nachgelassen. Die Tarifverhandlungen im Privatsektor sind inzwischen abgeschlossen. U.a. wurde ein nominaler Lohnzuwachs von 5,4 % für 2002 bzw. von 3,9 % für 2003 vereinbart.

    Trotz der in den letzten Jahren erzielten Fortschritte erfordern die mittelfristigen Herausforderungen weitere Verbesserungen der griechischen Wirtschaft. Budgetäre Ungleichgewichte wurden in den letzten Jahren korrigiert, aber der öffentliche Schuldenstand bleibt nach wie vor auf sehr hohem Niveau und erfordert weitere deutliche Haushaltsanpassungen, wobei insbesondere das schwer wiegende Problem berücksichtigt werden muss, dass sich künftig aufgrund der alternden Bevölkerung Ungleichgewichte im Haushalt ergeben könnten. Die derzeitige Wachstumsphase des realen BIP bietet die Gelegenheit zur Beschleunigung von Strukturreformen, zur Verbesserung der nach wie vor niedrigen Produktivität, zur Verbesserung der Effizienz der Arbeits- und Produktmärkte und zur Schaffung eines besseren Unternehmensumfelds. Schließlich bleiben die Senkung der hohen strukturellen Arbeitslosigkeit und die Erhöhung der Erwerbstätigenquote zentrale Herausforderungen.

    Haushaltspolitik

    2001 verzeichnete der gesamtstaatliche Haushalt ein Defizit von 0,4 % des BIP bzw. war ausgeglichen, wenn man die nicht im Haushalt eingestellten UMTS-Erlöse einbezieht. Die 2001 vorgenommene Aktualisierung des Stabilitätsprogramms projiziert einen Überschuss von 0,8 % des BIP für 2002 und von 1 % des BIP für 2003; diese Haushaltsprojektionen stützen sich auf ein hohes reales BIP-Wachstum von rund 4 % pro Jahr für diesen Zeitraum. Im Mittelpunkt der Haushaltsstrategie steht weiterhin, einen hohen öffentlichen Primärüberschuss zu erzielen, dieser wird jedoch im Laufe der Zeit zurückgehen; die Verbesserung der Haushaltssalden ist vollständig auf den stetigen Rückgang der Zinszahlungen zurückzuführen, während dagegen bei den laufenden Primärausgaben nur eine geringe Rückführung erwartet wird. Der öffentliche Schuldenstand dürfte von 99,6 % des BIP in 2001 auf 94,4 % des BIP in 2003 sinken; die Verringerung wird durch autonome Faktoren, insbesondere umfangreiche Finanztransaktionen, begrenzt. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Griechenland dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) zu gewährleisten, dass der haushaltspolitische Kurs in den Jahren 2002 und 2003 nicht zu einem Inflationsdruck beiträgt, wobei auch das Ergebnis der 2002 anstehenden nationalen Lohnvereinbarung in der Privatwirtschaft zu berücksichtigen ist;

    ii) der in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2000 bereits genannten Leitlinie, die die Anwendung klar definierter und verbindlicher Normen für die Erhöhung der laufenden Realausgaben vorschreibt, genüge zu tun;

    iii) zu gewährleisten, dass der Anteil der Staatsschulden am BIP gemäß der projizierten Verringerung des staatlichen Defizits sowie entsprechend der Erhöhung des nominalen BIP sinkt, und der Einsatz von Finanztransaktionen, die die Höhe der Staatsschulden negativ beeinflussen, begrenzt wird;

    iv) die Reform des Sozialversicherungssystems rascher voran zu bringen; insbesondere sollte im Jahr 2002 die Reform des Rentensystems eingeleitet werden, die zur Vermeidung schwer wiegender Haushaltsungleichgewichte, die sonst durch die Bevölkerungsalterung entstehen können, erforderlich ist.

    Arbeitsmärkte

    Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre in Griechenland wurde begleitet von Beschäftigungswachstum (obwohl die Zahlen unterhalb des Durchschnitts des Euro-Gebiets liegen). Zwar nahm das Arbeitskräfteangebot ursprünglich stärker zu als die Zahl der neuen Arbeitsplätze, jedoch führte das Arbeitsplatzwachstum in den letzten ein, zwei Jahren zu einem leichten Rückgang der Arbeitslosenquote, insbesondere im Jahr 2000. Dennoch ist der griechische Arbeitsmarkt nach wie vor durch eine niedrige Erwerbstätigenquote (55,7 % in 2000) und eine hohe strukturelle Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Darüber hinaus ist der Arbeitsmarkt stark segmentiert, was durch die hohe Frauen- und Jugendarbeitslosigkeit und einen hohen Anteil von Langzeitarbeitslosigkeit zum Ausdruck kommt. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen konzentrierten sich 2001 auf die Umsetzung des Arbeitsmarktreformpakets vom Dezember 2000 sowie die laufenden Reformen der staatlichen Arbeitsvermittlung und des allgemeinen Bildungs- und des Berufsbildungssystems. Trotz der jüngsten Maßnahmen weist der Arbeitsmarkt aber nach wie vor Probleme auf, unter anderem: beschwerliche Regulierung des Arbeitsmarktes, unzureichende Lohndifferenzierung und Verzerrungen bei den Anreizen zur Ausübung einer Beschäftigung im formellen Sektor, die in den Rentenansprüchen und im Steuersystem enthalten sind. Letzteres bedeutet stark progressiv ansteigende persönliche Einkommensteuern und eine im Vergleich zu den Selbstständigen starke Abgabenbelastung der Angestellten, obwohl die durchschnittliche Abgabenbelastung niedrig ist. Außerdem sollten das allgemeine Bildungs- und das Berufsbildungssystem weiter verbessert werden, um dem Bedarf des Arbeitsmarktes besser zu entsprechen. Oberste Priorität für Griechenland sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Rentenreform dringend fortzusetzen, um älteren Arbeitnehmern Anreize zu bieten, eine Arbeit aufzunehmen oder zu behalten;

    ii) weiterhin die allgemeine und berufliche Bildung zu verbessern, um die Qualifikationen der Erwerbsbevölkerung auszubauen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden;

    iii) weiterhin die schweren Verzerrungen, die auf das Zusammenwirken von Sozialabgaben und starren Arbeitsmarktstrukturen zurückzuführen sind, zu beseitigen und somit die Arbeitsanreize zu erhöhen;

    iv) eine Neufassung des Lohnbildungssystems zu fördern, um zu gewährleisten, dass die Löhne den Produktivitätsunterschieden und lokalen Arbeitsmarktbedingungen besser Rechnung tragen; insbesondere sollte die in den regionalen Beschäftigungspakten vorgesehene Option, abweichende Regelungen zu vereinbaren, auch zu einer praktischen Möglichkeit gemacht werden, und

    v) die volle Umsetzung der Arbeitsmarktreformpakete sicherzustellen und ihre Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Arbeitsmarktes zu überwachen, um zu gewährleisten, dass positive Auswirkungen maximiert werden. Insbesondere sollte in Weiterführung dieser Maßnahmen durch eine Lockerung des restriktiven Kündigungsschutzrechts ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit hergestellt und die Umstrukturierung der öffentlichen Arbeitsverwaltung beschleunigt werden.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Nicht zuletzt aufgrund seiner geografischen Lage ist Griechenland weniger offen als andere Mitgliedstaaten (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP). Die wirksame Umsetzung der Wettbewerbsvorschriften ist somit äußerst wichtig, um ein hohes Wettbewerbsniveau auf den einheimischen Produktmärkten zu gewährleisten und Produktivitätszuwächse zu stimulieren. Das Niveau der Arbeitsproduktivität hat zwar in den letzten Jahren stark zugenommen, bleibt aber das zweitniedrigste in der EU. Das Defizit bei der Umsetzung der Binnenmarktvorschriften wurde mehr als halbiert, die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften liegt aber nach wie vor unter dem Ziel von 98,5 % für März 2002. Zwar werden Anstrengungen unternommen, das Unternehmensumfeld und die Leistung der öffentlichen Verwaltung zu verbessern, die Kosten für eine Unternehmensneugründung bleiben jedoch nach wie vor hoch. Das System der Unternehmensbesteuerung ist äußerst kompliziert und hemmt möglicherweise die Expansionsbestrebungen der Unternehmen. Aufgrund der erst in letzter Zeit vollzogenen Liberalisierung bleibt die Marktposition der etablierten Unternehmen in den netzgebundenen Industrien stark. Das niedrige Bildungsniveau der Bevölkerung gibt nach wie vor Anlass zur Sorge und ist einer der Faktoren für das weiterhin geringe, wenn auch steigende Niveau der IKT-Verbreitung in Griechenland und die sehr schwache Leistung in den Bereichen FuE und Innovation (Die Verbreitung des Breitbands ist die niedrigste in der EU). Oberste Priorität für Griechenland sollte es deshalb sein:

    i) sich verstärkt um die Bereitstellung von qualifiziertem Personal zu bemühen, FuE- und Innovationsbemühungen der Unternehmen zu fördern und die IKT-Verbreitung weiter zu verbessern;

    ii) die Verwaltungsvorschriften und -verfahren zu vereinheitlichen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu steigern und das Unternehmenssteuersystem neutral gegenüber der Unternehmensform gestalten;

    iii) einen effizienten Wettbewerb in den liberalisierten Netzindustrien zu gewährleisten, insbesondere bei der Stromversorgung und den Seeverkehrsdiensten, und

    iv) den Fortschritt bei der Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften aufrechtzuerhalten, um das Ziel von 98,5 % hinsichtlich der umgesetzten Richtlinien zu erreichen.

    5. SPANIEN

    Das Wachstum erreichte in den Jahren 1999 und 2000 rund 4 % und nahm im Jahr 2001 deutlich ab, und zwar aufgrund einer moderateren Entwicklung der Inlandsnachfrage, insbesondere eines starken Rückgangs bei den Anlageinvestitionen, und einer allmählichen Abschwächung der Exporte im Jahresverlauf. Das BIP-Wachstum 2002 dürfte im Jahresdurchschnitt unter dem kräftigen Einfluss der in der zweiten Hälfte des Vorjahres eingetretenen Verlangsamung weiter nachlassen, sich im Laufe des Jahres jedoch wieder erholen. Gründe hierfür sind eine allmähliche Verbesserung der Komponenten der Inlandsnachfrage und eine wieder auflebende Dynamik der Ausfuhren. 2003 dürfte sich das BIP-Wachstum, im Einklang mit den verbesserten internationalen Aussichten und unterstützt durch eine Erholung bei den Inlandsausgaben, dem geschätzten Potenzialwachstum entsprechend entwickeln. Auf der Grundlage dieses makroökonomischen Szenarios dürfte sich der Beschäftigungsanstieg im Jahre 2002 verlangsamen und im folgenden Jahr wieder zunehmen, was auf eine Abnahme der Arbeitslosenquote auf rund 12 % im Jahre 2003 deutet. Die Inflation wird 2002 voraussichtlich auf durchschnittlich rund 2,5 % sinken, gegenüber 3,6 % im Vorjahr. Diese Abnahme des Inflationsdrucks dürfte unterstützt werden durch das im letzten Jahr zur Wahrung einer zurückhaltenden Lohnentwicklung unterzeichnete nationaleTarifabkommen und durch moderate Einfuhrpreise. 2003 könnte die Inflation weiter auf durchschnittlich nahe zu 2,0 % sinken. Obwohl Spanien bei der Umsetzung der Empfehlungen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik von 2001 Fortschritte erzielt hat und die Aussichten für die spanische Wirtschaft gut sind, bleiben einige Probleme ungelöst. Vor allem im Hinblick auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bedarf es einer umfassenden Reform des Rentensystems, da das Abkommen vom April 2001 zwischen der Regierung und den Sozialpartnern nicht wesentlich dazu beigetragen hat, die zugrunde liegenden Ungleichgewichte zu beseitigen.

    Zudem bleibt die Arbeitslosenquote, auch wenn sie nun mehr als 10 Prozentpunkte unter ihrem Hoch von 1994 liegt und weiter abnimmt, im Vergleich mit anderen Ländern in der EU hoch, wobei große regionale Unterschiede und niedrige Erwerbstätigenquoten, besonders für Frauen, zu verzeichnen sind. Überdies weist die zugrunde liegende Inflation trotz der Abnahme des Inflationsdrucks weiterhin relativ hohe Steigerungsraten auf, während der ausgewiesene Zuwachs an Arbeitsproduktivität nach wie vor gering ist. Diese Entwicklung könnte ein Anzeichen sein für ein in einigen Sektoren nicht ausreichendes Maß an Wettbewerb und für einen Rückstand bei der Entwicklung der wissensbasierten Wirtschaft.

    Haushaltspolitik

    Trotz der Wachstumsabschwächung setzte sich der Konsolidierungsprozess 2001 fort. Der gesamtstaatliche Haushalt war nach einem Defizit von 0,3 % im Jahr 2000 zum ersten Mal seit 25 Jahren ausgeglichen. Entsprechend dem für 2002-2005 aktualisierten Stabilitätsprogramm dürfte der gesamtstaatliche Haushalt 2003 ausgeglichen bleiben und 2005 einen leichten Überschuss von 0,2 % des BIP erreichen. Die im aktualisierten Stabilitätsprogramm dargelegte haushaltspolitische Strategie ist gegenüber den Vorgängerprogrammen unverändert. Sie beruht auf Zurückhaltung bei den laufenden Primärausgaben und wird unterstützt durch abnehmende Zinszahlungen, was einen Anstieg der Investitionsausgaben erlaubt. Gleichzeitig sieht das Programm eine neue Einkommensteuerreform vor, mit Wirkung ab 2003, die mit einer fortgesetzten Konsolidierung im Einklang stehen soll. Das Programm beinhaltet das neue Finanzsystem für die regionalen Gebietskörperschaften, das auch die Dezentralisierung von Steuererhebungs- und Ausgabenbefugnissen umfasst. Parallel zum Start dieses neuen Systems wurde das Haushaltsstabilitätsgesetz verabschiedet, dessen Ziel es ist, sicherzustellen, dass alle Untergliederungen des Gesamtstaats sich verpflichten, einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dies ist ein weiterer Beitrag zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Spanien.

    Das aktualisierte Stabilitätsprogramm 2002-2005 enthält keine genauen Angaben über etwaige Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Bevölkerungsalterung, und es gibt keinen genauen Zeitplan für die angekündigte Fortführung der Rentenreform. Dies könnte angesichts der laut Eurostat besonders nachteiligen demografischen Prognosen für Spanien Anlass zur Sorge geben. Eine der wichtigsten Maßnahmen, die in jüngster Zeit zur Bewältigung der Folgen der Bevölkerungsalterung ergriffen wurden, war im Jahr 2000 die Gründung des Sozialversicherungsfonds zur Finanzierung künftiger Verpflichtungen, dessen Aktiva dem letzten Stabilitätsprogramm zufolge im Jahr 2004 auf 1 % des BIP ansteigen sollen. (Anfang April kündigten die spanischen Behörden an, dass dieses Ziel bereits 2002 erreicht werde.) Außerdem wurden einige Anreize zur Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters eingeführt. Insgesamt sollte die Haushaltspolitik Spaniens, auch angesichts der Tatsache, dass das Land dem Euro-Gebiet angehört, darauf ausgerichtet sein,

    i) die Zurückhaltung bei den laufenden Primärausgaben wie geplant zu gewährleisten, um den ausgeglichenen Haushalt gemäß dem aktualisierten Stabilitätsprogramm aufrechtzuerhalten;

    ii) zu gewährleisten, dass die Einkommensteuerreform, die 2002 verabschiedet werden soll, die Arbeits- und Sparanreize verbessert und mittelfristige Stabilitätsziele nicht gefährdet;

    iii) das öffentliche Rentensystem mit dem Ziel umfassend zu überprüfen, dass dessen künftige Tragfähigkeit verbessert wird. Dabei kommt es vorrangig darauf an, Anreize zur Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters einzuführen und die Überschüsse im Bereich der Sozialversicherung für die weitere Aufstockung des Rentenreservefonds zu verwenden.

    Arbeitsmärkte

    Eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktentwicklung in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass Spanien bei der Erwerbstätigenquote rasch gegenüber den anderen EU-Mitgliedstaaten aufholt. Die Erwerbstätigenquote insgesamt stieg von 52,3 % in 1999 auf 54,7 % im Jahr 2000. Bei den Frauen stieg sie um drei Prozentpunkte auf 40,3 %. Die Arbeitslosigkeit sank weiter auf 13,0 %. Die Arbeitslosigkeit der Frauen bleibt doppelt so hoch wie bei den Männern. Regionale Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit sind weiterhin gravierend, wobei die Arbeitslosenquote auf dem Festland zwischen 6,3 % und 22,3 % schwankt (4. Quartal 2001). Zentrale Strukturprobleme sind unter anderem die mangelnde Anpassung der Arbeitskosten an die Produktivität und die lokalen Arbeitsmarktbedingungen sowie die geringe Mobilität der Arbeitskräfte, die zum Teil auf Verkrustungen des Wohnungsmarktes und einzelne regionale Sozialleistungsregelungen zurückzuführen ist. Die Reformen vom März 2001 scheinen die Verkrustungen im Bereich der Beschäftigungsverträge etwas aufzubrechen. Es besteht weiterhin Bedarf, die Gesamtinvestitionen für die Ausbildung und für Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu erhöhen. Zusätzliche Bemühungen zur Förderung einer stärkeren Erwerbsbeteiligung sind notwendig, um die beeindruckende Leistung der letzten Jahre beizubehalten. Oberste Priorität für Spanien sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) weitere Schritte zur Reform der Lohnfindung zu unternehmen, damit die Löhne regionalen Unterschieden stärker Rechnung tragen und sich entsprechend dem Produktivitätsverlauf und den unterschiedlichen Qualifikationen entwickeln;

    ii) Mobilitätshindernisse für Arbeitskräfte abzubauen, unter anderem, indem die Funktionsweise des Wohnungsmarktes und der regionalen Sozialleistungsprogramme verbessert und zu Bedingungen ermutigt wird, die der Beschäftigungsschaffung in zurückgebliebenen Regionen förderlich sind;

    iii) dafür Sorge zu tragen, dass aktive Arbeitsmarktmaßnahmen effizient und auf die Bedürfnisse der von Langzeitarbeitslosigkeit besonders bedrohten Bevölkerungsgruppen oder auf Bevölkerungsgruppen mit einer niedrigen Erwerbsbeteiligungsrate (insbesondere Frauen) sowie auf den Bedarf des Arbeitsmarkts zugeschnitten sind;

    iv) weitere Maßnahmen zur Förderung einer stärkeren Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, zu ergreifen und Ziele für die angemessene Bereitstellung von Betreuungseinrichtungen für Kinder und pflegebedürftige Personen aufzustellen, und

    v) für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit zu sorgen, indem die Auswirkungen der jüngsten Arbeitsvertragsreformen aufmerksam beobachtet, und, wenn notwendig, weitere Schritte unternommen werden, um baldige Fortschritte im Hinblick auf einen geringeren Anteil befristeter Verträge und einen stärkeren Einsatz von Teilzeitverträgen zu erzielen.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die Offenheit der spanischen Wirtschaft hat in den letzten Jahren beständig zugenommen. Bei der Umsetzung der Binnenmarktvorschriften liegt Spanien ganz vorn. Allerdings wird die Verlangsamung des Produktivitätszuwachses als Problem für die aufholende spanische Wirtschaft angesehen. Die Umsetzung des von der Regierung im Juni 2000 verabschiedeten ehrgeizigen Liberalisierungsplans wurde 2001 fortgesetzt, allerdings ist der Marktanteil der etablierten Unternehmen bei festen Telekommunikationsanschlüssen und Gas nach wie vor hoch, und auf dem Großhandelsstrommarkt gibt es nur wenige Privatunternehmen. Ferner gibt es in einigen nicht handelbaren Bereichen wie Verbrauchermärkten nach wie vor sektorspezifische Regelungen mit wettbewerbseinschränkenden Auswirkungen. Initiativen zur Erhöhung der Zahl der IKT-Nutzer und zur Steigerung der FuE-Aktivitäten wurden von der Regierung angenommen, und die Ergebnisse werden in Kürze erwartet. Die geringen FuE-Ausgaben der Öffentlichkeit und der Wirtschaft sowie die niedrige Zahl der Patentanmeldungen bleiben die größten Schwachpunkte im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten. Die öffentlichen Ausgaben für Bildung liegen unter dem EU-Durchschnitt. Das Bildungsniveau ist niedrig. Schließlich ist der Regelungsrahmen für KMU nach wie vor relativ komplex, was dazu führen kann, dass eine Unternehmensgründung mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Oberste Priorität für Spanien sollte es deshalb sein,

    i) die Politik fortzusetzen, die darauf zielt, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Betreiber im Telekommunikations- und Elektrizitätssektor zu gewährleisten und den Marktanteil der etablierten Unternehmen zu verringern, um den faktischen Wettbewerb in diesen Sektoren zu erhöhen, sowie zum Eintritt in den Großhandelsmarkt für Strom zu ermuntern;

    ii) weiterhin Maßnahmen zu treffen, um einen effizienten Wettbewerb im Einzelhandel durchzusetzen;

    iii) sich verstärkt um die Bereitstellung von qualifiziertem Personal zu bemühen, FuE- und Innovationsbemühungen der Unternehmen zu fördern und die IKT-Verbreitung weiter zu verbessern, und

    iv) weitere Maßnahmen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen einschließlich des Zeit- und Kostenaufwands für die Anmeldung eines neuen Unternehmens, zu treffen.

    6. FRANKREICH

    Nach drei Jahren robusten Wirtschaftswachstums und einer deutlichen Zunahme der Beschäftigung schwächte sich die Konjunktur seit Anfang 2001 merklich ab und spiegelte damit die Auswirkungen des weltweiten Konjunkturabschwungs wider. Die deutliche Abschwächung der Exporte hatte Anpassungen der Lagerbestände zur Folge; Investitionsvorhaben wurden aufgeschoben. Demgegenüber blieb der private Verbrauch, dem ein kräftiger Anstieg der verfügbaren Einkommen und ein widerstandsfähiger Arbeitsmarkt zugute kam, dynamisch, so dass eine noch stärkere Konjunkturabschwächung verhindert werden konnte. Die Aussichten für 2002 und 2003 sind günstiger. Da die Wirtschaft durch kein größeres Ungleichgewicht belastet ist, dürften wachsendes Vertrauen und eine beschleunigte Auslandsnachfrage zu einem Wiederanstieg des BIP-Wachstums im Jahresverlauf 2002 führen. Die seit Mai 2001 festzustellende leichte Verschlechterung der Arbeitsmarktlage dürfte im Verlauf des Jahres 2002 zum Stillstand kommen, und auch die Arbeitslosenquote dürfte sich dann wieder abwärts bewegen. Dies dürfte keine bedeutenden Auswirkungen auf die Entwicklung der Löhne haben, die den Projektionen zufolge maßvoll ansteigen werden. Die Inflation dürfte in den kommenden zwei Jahren deutlich unterhalb von 2 % und damit auf einem der niedrigsten Niveaus im Euro-Gebiet bleiben. Im Vergleich zu anderen Ländern des Euro-Gebiets hat sich die französische Wirtschaft bei dem jüngsten Schock bei der Auslandsnachfrage als relativ widerstandsfähig erwiesen. Zum Teil kann dies auf den starken Arbeitsmarkt und die niedrigere Inflationsrate sowie die positiven Auswirkungen bereits zuvor geplanter Steuersenkungen zurückgeführt werden. Allerdings sind weitere Fortschritte erforderlich. Am Arbeitsmarkt besteht die Hauptaufgabe nach wie vor darin, die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen und die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit abzubauen. Darüber hinaus sollten die Gesundheits- und die Rentenreform in Angriff genommen werden, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. Es sollten Anstrengungen unternommen werden, um die öffentlichen Ausgaben, insbesondere im Gesundheitswesen, unter Kontrolle zu halten. Um die mittelfristige Entwicklung der Wirtschaft zu stärken, sollten die Strukturreformen, insbesondere die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige, beschleunigt werden.

    Haushaltspolitik

    Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit ist Schätzungen zufolge 2001 auf 1,5 % des BIP angestiegen (1,4 % unter Berücksichtigung der UMTS-Lizenzeinnahmen), gegenüber 1,3 % im Jahr 2000. Dass das im Finanzgesetz 2001 festgelegte Defizitziel von 1 % des BIP nicht erreicht wurde, ist zum einen auf die Konjunkturlage zurückzuführen, die geringere Steuereinnahmen zur Folge hatte, und zum anderen auf einen unerwartet hohen Anstieg der Nominalausgaben. Den gesamtwirtschaftlichen Annahmen des aktualisierten Stabilitätsprogramms 2001 zufolge und unter Berücksichtigung der Steuersenkungen und des geplanten Anstiegs der Realausgaben dürfte das gesamtstaatliche Defizit 2002 1,9 % des BIP erreichen, bevor es 2003 nur leicht zurückgehen wird. Die neue französische Regierung hat unlängst eine Überprüfung der öffentlichen Finanzen vorgenommen. Angesichts der mittelfristigen Belastungen, die infolge der Bevölkerungsalterung auf den Staatshaushalt zukommen, müssen die Konsolidierungsbemühungen gemäß dem aktualisierten Stabilitätsprogramm 2001 fortgesetzt werden. Auch muss die Steuerbelastung insgesamt gesenkt werden, um das Wachstum zu stützen; dabei darf die Haushaltskonsolidierung allerdings nicht gefährdet werden. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Frankreich dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) dass die Einhaltung des Referenzwerts von 3 % des BIP für das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2002 gewährleistet wird; zu diesem Zweck wird die Regierung die Haushaltsentwicklungen genau überwachen und dafür sorgen, dass künftige Steuersenkungen sich nicht auf das Defizit auswirken;

    ii) dass das Defizit 2003 in ausreichendem Maße abgebaut wird, um sicherzustellen, dass sich ein nahezu ausgeglichener Haushalt 2004 verwirklichen lässt;

    iii) dass unverzüglich eine umfassende Politik struktureller Reformen verfolgt wird, die auf die Steigerung des Wachstumspotenzials und den mittelfristigen Abbau des allgemeinen Niveaus der öffentlichen Ausgaben angelegt ist, und dass insbesondere unverzüglich die Elemente einer umfassenden Reform des Rentensystems festgelegt werden, mit der seine Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung gewährleistet werden kann.

    Arbeitsmärkte

    Nach mehreren Jahren einer eindrucksvollen Arbeitsmarktentwicklung verlangsamte sich der Beschäftigungszuwachs parallel zu einer Abschwächung der Konjunktur; der Trend des allmählichen Rückgangs der Arbeitslosenquote kam zum Stillstand. Trotz der guten Entwicklung der vergangenen Jahre ist die Erwerbstätigenquote in Frankreich nach wie vor relativ niedrig (62,0 % im Jahr 2000), die älterer Arbeitnehmer sogar sehr niedrig. Die Arbeitslosenquote ist nach wie vor hoch; auch die Jugendarbeitslosenquote ist trotz breit angelegter staatlicher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für diese Altersgruppe noch immer hoch. 2001 wurden u. a. folgende politische Maßnahmen ergriffen: weitere Umsetzung des Gesetzes zur 35-Stunden-Woche, insbesondere bezüglich der Übergangsphase in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU); die Einführung eines neuen Unterstützungsprogramms, um den Arbeitslosen bei der Arbeitssuche zu helfen; weitere schrittweise Einführung einer Steuergutschrift auf Erwerbseinkommen ("prime pour l'emploi") und Verabschiedung eines neuen Gesetzes zur Modernisierung des Sozialwesens, durch das das Kündigungsschutzrecht gestärkt wurde. Hinzu kommt, dass staatlich finanzierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den letzten Jahren einen wesentlichen Teil des Nettozuwachses an Arbeitsplätzen ausgemacht haben. Trotz der jüngsten Maßnahmen bestehen allerdings weiterhin bestimmte Negativanreize des Abgaben- und Sozialleistungssystems, insbesondere für Geringverdiener und ältere Arbeitnehmer. Die Umstellung auf eine kürzere Arbeitswoche könnte sich - im Vergleich zu den Großunternehmen - in den KMU als problematischer erweisen, ungeachtet der Maßnahmen, die eine gelockerten Umsetzung in diesen Firmen erlauben. Zudem hat die längere, gestaffelte Einführungsphase der kürzeren Arbeitswoche zu mehreren Kategorien von Mindestlöhnen geführt hat, von denen einige aufgrund der Wechselwirkungen zwischen dem Indexierungsmechanismus für Mindestlöhne und automatischen Erhöhungen der Stundenlöhne rasch ansteigen. Darüber hinaus ist unklar, wie sich die jüngste weitere Stärkung der Kündigungsschutzvorschriften auf die Dynamik des Arbeitsmarkts auswirken wird. Oberste Priorität für Frankreich sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die jüngsten Reformen des Abgaben- und Sozialleistungssystems zu konsolidieren, um die Anreize zur Aufnahme und Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu verbessern und die Stellensuche zu fördern. Zum einen sollten mehr Anreize für ältere Arbeitnehmer geschaffen werden, im Erwerbsleben zu verbleiben; dies sollte insbesondere durch Reduzierung der Möglichkeiten des Vorruhestands und durch eine Reform des gesamten Rentensystems erfolgen; zum anderen sollte Geringverdienern, Hemmnissen für die Annahme einer Teilzeitarbeit und Systemen des garantierten Mindesteinkommens besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden;

    ii) die Einführung der 35-Stunden-Woche sorgfältig zu beobachten und Maßnahmen zu ergreifen, um mittelfristig nachteiligen Auswirkungen auf Lohnkosten und Arbeitskräfteangebot entgegenzuwirken und gleichzeitig zur vollen Ausschöpfung der Möglichkeiten einer flexibleren Arbeitsorganisation zu ermutigen, und

    iii) das Kündigungsschutzrecht zu reformieren um so ein angemessenes Gleichgewicht zwischen größerer Flexibilität und Sicherheit herzustellen und den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern. Es sollte verhindert werden, dass sich die jüngsten arbeitsrechtlichen Änderungen negativ auf die Arbeitsmarktdynamik auswirken.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die französische Wirtschaft ist offen für den internationalen Wettbewerb und gut in die europäischen Produktmärkte integriert. Die Arbeitsproduktivität ist vergleichsweise hoch, das Preisniveau ist auf den europäischen Durchschnitt zurückgegangen. Bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien wurden in den vergangenen zwei Jahren Fortschritte erzielt, und die spezifischen staatlichen Beihilfen wurden deutlich reduziert. Allerdings vollzieht sich die Liberalisierung der Gas- und Strommärkte nur langsam, und Frankreich ist bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien noch immer erheblich unterhalb der Zielmarke von 98,5 % für März 2002. Der bürokratische Aufwand für Unternehmen ist trotz einiger Verbesserungen nach wie vor unverhältnismäßig hoch und zählt zu den höchsten EU-weit. Obwohl Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung einer wissensbasierten Gesellschaft ergriffen wurden, liegt Frankreich insbesondere bei der Internetnutzung, noch immer hinter den meisten anderen Mitgliedstaaten zurück. Oberste Priorität für Frankreich sollte es deshalb sein,

    i) die Liberalisierung des Gas- und Stromsektors zu beschleunigen, indem die aktuelle Gasrichtlinie ohne Verzögerung umgesetzt wird, die Märkte der gewerblichen Verbraucher für den Wettbewerb geöffnet werden sowie der Marktzugang erleichtert wird, um den Wettbewerb zu fördern;

    ii) die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien zu erhöhen, um das Ziel von 98,5 % hinsichtlich der umgesetzten Richtlinien zu erreichen;

    iii) die laufenden Anstrengungen zur Verringerung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen fortzusetzen, indem insbesondere die für die Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erforderliche Zeit verkürzt wird, und

    iv) weitere Maßnahmen zu ergreifen, um den Internet-Zugang für private Haushalte, kleine Unternehmen und Schulen zu erleichtern.

    7. IRLAND

    Nach einem Wachstum von durchschnittlich 9,9 % im Zeitraum 1996-2000 verzeichnete die irische Wirtschaft im Laufe des Jahres 2001 einen drastischen Abschwung. Die Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit wurde hervorgerufen durch das Zusammenspiel von Kapazitätsengpässen, Vorbeugemaßnahmen zur Eindämmung der Maul- und Klauenseuche sowie der weltweiten Konjunkturverlangsamung, insbesondere im IKT-Sektor, der in Irland stärkeres Gewicht als in den anderen EU-Ländern hat. Die Vertrauensindikatoren und der "Purchasing Managers"-Index deuten darauf hin, dass sich nach dem Tiefpunkt Ende 2001 eine Wende ankündigt und ab etwa Mitte 2002 eine kräftige Erholung erwartet werden kann. Ab 2003 dürfte die Wirtschaft wieder Wachstumsraten erreichen, die auch mittelfristig erzielbar sind, und zwar von etwa 5 bis 6 %. Obwohl sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2001 als bemerkenswert robust erwiesen hat, scheint 2002 ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit auf ca. 41/2 % unausweichlich. Dennoch bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt ziemlich angespannt. Dies dürfte zu einer gewissen Drift bei den Löhnen auf Werte über der landesweiten Tarifvereinbarung führen und der binnenwirtschaftlich induzierte Inflationsdruck wird wahrscheinlich nicht abklingen. Aufgrund der Erhöhung verschiedener indirekter Steuern wird die Inflation 2002 im Schnitt wohl über den 2001 verzeichneten 4,0 % liegen, wenngleich der allgemeine Trend ab dem ersten Quartal 2002 rückläufig sein dürfte.

    Die soziale Partnerschaft bildet seit 1987 einen Eckpfeiler der irischen Wirtschaftspolitik. Nach der Ende 2002 auslaufenden Dreijahresvereinbarung sollen die Nettoeinkommen durch eine Kombination nominaler Lohnerhöhungen und Ermäßigungen der direkten Steuern um 25 % oder mehr steigen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, das gegenwärtige Lohnbildungsverfahren und die Steuer- und Ausgabenverpflichtungen in den nationalen Vereinbarungen an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, die durch nahezu erreichte Vollbeschäftigung und stärker begrenzte Haushaltsmittel geprägt sind. Die diskretionären (durch Abstimmungen beschlossene) Ausgaben stiegen in den letzten Jahren mit zweistelligen Raten, was vor dem Hintergrund eines abgeschwächten mittelfristigen Wirtschaftswachstums nicht haltbar ist, auch wenn derzeit in Irland eine niedrige Ausgabequote zu verzeichnen ist. Eine weitere Herausforderung besteht folglich darin, eine Politik zu entwickeln, mit der die öffentlichen Ausgaben mittelfristig der Ressourcenentwicklung angepasst und die Ausgabenkontrolle verbessert werden kann, (und dabei gleichzeitig wichtige Infrastrukturvorhaben und andere prioritäre Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Angriff zu nehmen). Obwohl Irland Maßnahmen ergriffen hat, um den Wettbewerb auf bestimmten Märkten zu erhöhen, ist in manchen Branchen der Wettbewerb noch unzureichend. So könnte beispielsweise der Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen, im Einzelhandel und in den netzgebundenen Wirtschaftszweigen intensiviert werden.

    Haushaltspolitik

    Aufgrund massiver Steuerausfälle wurde 2001 ein gesamtstaatlicher Überschuss von nur 1,7 % des BIP erreicht, der damit 21/2 Prozentpunkte unter dem Zielwert lag. Dies ist der niedrigste Überschuss seit 1997. Das Stabilitätsprogramm für die Jahre 2002 bis 2004 peilt für 2002 einen geringen Überschuss an und prognostiziert ein Rückgleiten zu (geringen) Defiziten für die Jahre 2003 und 2004. Sollten jedoch die umfangreichen Rückstellungen für unvorhergesehene Entwicklungen, die in die Zielvorgaben für die Jahre 2003 und 2004 einbezogen wurden, nicht in Anspruch genommen werden, würde sich jedes Jahr ein geringer Überschuss ergeben und das im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegte Erfordernis eines nahezu ausgeglichenen Haushalts weitgehend eingehalten. Was die Schuldenentwicklung anbelangt, so geht das Stabilitätsprogramm davon aus, dass sich die Schuldenquote auf dem niedrigen Stand von etwa 34 % des BIP einpendelt. In Anbetracht dessen und da Irland dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) im Jahr 2002 einen weitgehend neutralen haushaltspolitischen Kurs zu fahren;

    ii) dem Erfordernis eines nahezu ausgeglichenen Haushalts auch nach 2002 zu entsprechen, wie dies der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorsieht, und

    iii) die Ausgabenkontrolle durch die Festlegung von Standards zu verbessern und für den Haushalt 2003 und darüber hinaus sicherzustellen, dass Ausgabenschwerpunkte und Steuererhebung auf ein nachhaltiges haushalts- und wirtschaftspolitisches Ergebnis ausgerichtet sind.

    Arbeitsmärkte

    Trotz der Konjunkturabschwächung nahm die Beschäftigung im Jahresdurchschnitt um ca. 3 % zu. Die Erwerbstätigenquote liegt über dem EU-Durchschnitt, wobei die Frauenbeschäftigung stärker steigt als die Erwerbsbeteiligung der Männer; dennoch könnte die Erwerbstätigenquote der Frauen weiter verbessert werden. Die Arbeitslosigkeit nahm in der zweiten Hälfte des Jahres 2001 geringfügig zu, aber zum Jahresende pendelte sie sich bei 4 % ein. Wenngleich für 2002 ein leichter Anstieg wahrscheinlich ist, dürfte weiterhin nahezu Vollbeschäftigung herrschen. Nach den vorliegenden Informationen werden die Löhne weiter kräftig wachsen und über die 71/2%ige Lohnerhöhung hinausgehen, die im Rahmen der nationalen Vereinbarung für 2001 vorgesehen wurde. Die Herausforderungen eines angespannten Arbeitsmarktes liegen in der Mobilisierung der Arbeitskräfte und dem künftigen Lohnbildungsverfahren. In Anbetracht dessen sollte sich Irland bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen vor allem auf folgende Prioritäten konzentrieren:

    i) dafür Sorge zu tragen, dass die Lohnfestsetzung in Einklang mit der Produktivitätsentwicklung erfolgt, Qualifikationsunterschiede berücksichtigt und mit der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und Preisstabilität vereinbar ist, und

    ii) seine Maßnahmen auch in Zukunft vor allem auf eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen auszurichten.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Irland ist dem internationalen Wettbewerb stark ausgesetzt und die Arbeitsproduktivität liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt. Im Jahr 2000 lag das irische Preisniveau um 5 % über dem EU-Durchschnitt und ist in den letzten Jahren gegenüber dem EU-Durchschnitt gestiegen. Zwar schreitet die Liberalisierung netzgebundener Wirtschaftszweige voran, doch halten etablierte staatliche Unternehmen immer noch einen hohen Marktanteil. Wenngleich der Wettbewerb in bestimmten Dienstleistungsbranchen wie den freien Berufen und dem Einzelhandel durch administrative Auflagen beeinträchtigt wird, ist die regulatorische Belastung der Unternehmen generell gering. Bei den Binnenmarktrichtlinien lag die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten (97,9 %) im März 2002 unter der Zielvorgabe von 98,5 %. Obwohl nur in geringem Umfang sektorale und Ad-hoc-Beihilfen gewährt werden, ist das Gesamtvolumen staatlicher Beihilfen (in % des BIP) eines der höchsten in der EU. Bei der IKT-Produktion (in % der Gesamtproduktion) erreicht Irland den höchsten Stand in der EU, was teilweise darauf zurückzuführen ist, dass sich zahlreiche ausländische Hightech-Unternehmen angesiedelt haben. Dennoch liegen - vor allem die öffentlichen - FuE-Ausgaben unter dem EU-Durchschnitt, was durch jüngste Maßnahmen geändert werden soll. In Anbetracht dessen sollte sich Irland vor allem auf folgende Prioritäten konzentrieren:

    i) Maßnahmen zu treffen, um den Wettbewerb auf den lokalen Telekommunikations-, Strom-, Gas- und Verkehrsmärkten zu stärken und insbesondere die hohen Marktanteile etablierter staatlicher und privater Unternehmen zu beschneiden;

    ii) die staatliche Regulierung zu lockern, die den Wettbewerb in bestimmten Marktsegmenten wie den freien Berufen und dem Einzelhandel beeinträchtigen kann, und

    iii) die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften zu erhöhen, um die Zielvorgabe von 98,5 % hinsichtlich der noch ausstehenden Richtlinien zu erreichen.

    8. ITALIEN

    Infolge des nachgebenden Außenbeitrags und dann der sich abschwächenden Inlandsnachfrage verlangsamte sich das Wachstum des realen BIP im Jahr 2001 auf 1,8 %. Nachdem der Tiefpunkt im November erreicht war, dürfte sich die Wirtschaft Anfang 2002 angesichts der verbesserten globalen Perspektiven und der Wiederherstellung des Vertrauens allmählich erholen. Gegen Mitte des Jahres dürfte der Aufschwung an Fahrt gewinnen. Projiziert wird vor allem eine Beschleunigung der Investitionsausgaben, da eine befristete Steueranreizregelung Ende des Jahres auslaufen soll. Aufgrund der niedrigen Ausgangsposition, die von 2001 übernommen wurde, wird das Wachstum des realen BIP 2002 deutlich unter 2 % liegen und dürfte 2003 auf etwa 23/4 % ansteigen. Das Beschäftigungswachstum wird sich 2002 in Anbetracht des verzögerten Durchschlagens der Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktion wahrscheinlich abschwächen. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes dürfte sich 2003 wieder verbessern und die Arbeitslosenquote wird wahrscheinlich auf unter 9 % zurückfallen. Da kein signifikanter Druck von den Importpreisen und Löhnen ausgeht und bis zum Ende des Jahres die Produktionslücke immer noch negativ ist, wird 2002 ein Rückgang der Inflation erwartet. Weil aber der Inflationsdruck aufgrund vorübergehender Faktoren in den ersten vier Monaten des Jahres 2002 zugenommen hat, dürfte die durchschnittliche jährliche Inflationsrate weiterhin mehr als 2 % betragen. 2003 wird die Inflation voraussichtlich im Jahresdurchschnitt etwas zurückgehen, aber wahrscheinlich weiterhin bei 2 % liegen, da im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs auch der Nachfragedruck zunehmen wird.

    Die Finanzpolitik ist in den kommenden Jahren darauf ausgerichtet, die Abgabenlast spürbar zu verringern und gleichzeitig das mittelfristige Ziel eines ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts zu erreichen. Daher kommt einer besseren Kontrolle und Qualität der Staatsausgaben weiterhin entscheidende Bedeutung zu. Obwohl sich der große Unterschied zwischen der Arbeitslosenquote im Norden und Süden etwas verringert hat, ist dies weiterhin das beherrschende regional- und arbeitsmarktpolitische Problem. Damit verbunden sind die restriktiven Kündigungsschutzvorschriften und das unzureichende Sicherungsnetz bei Arbeitslosigkeit. Um das mittelfristige Wachstumstempo auf etwa 3 % jährlich anzuheben, muss sich die Wirtschaftspolitik den niedrigen Erwerbstätigenquoten widmen und den bisher schleppenden Übergang zu einer wissensbasierten Gesellschaft beschleunigen; hierzu erforderlich sind eine Anhebung des Bildungsniveaus, bessere ausgebildete Arbeitskräfte sowie verstärkte Anstrengungen im FuE-Bereich. Mit Blick auf dasselbe politische Ziel muss auch das unternehmerische Umfeld verbessert und für mehr Wettbewerb auf den Produktmärkten gesorgt werden.

    Haushaltspolitik

    Das gesamtstaatliche Defizit im Verhältnis zum BIP im Jahr 2000, das zuvor auf 1,5 % des BIP (0,3 % bei Einbeziehung der Erlöse aus der Veräußerung der UMTS-Lizenzen) geschätzt worden war, wurde auf 1,7 % des BIP (0,5 % mit UMTS-Erlösen) revidiert. Hauptsächlich als Folge dieser Revision belief sich die Defizitquote 2001 auf 1,4 % des BIP gegenüber den von der Regierung projizierten 1,1 %. Im Jahr 2001 profitierten die Staatskonten von einmaligen Einnahmen in Höhe von rund 0,6 % des BIP (Verkauf staatseigener Immobilien in Höhe von 0,4 % des BIP, weitgehend im Wege einer Verbriefung, und 0,2 % des BIP aus der Verbriefung künftiger Nettoerlöse der staatlichen Lotterie). Die laufenden Primärausgaben pendelten sich auf 37,5 % des BIP ein, nachdem zwischen 1999 und 2000 ein Rückgang um 0,3 Prozentpunkte des BIP zu verzeichnen war. Das konjunkturbereinigte Defizit hat sich nach den Berechnungen der Kommission gegenüber 2000 leicht verbessert, doch bleibt die fundamentale Haushaltslage unverändert, wenn für die beiden Jahre die einmaligen Transaktionen außer Acht gelassen werden. Die Schuldenquote verringerte sich um 1,2 Prozentpunkte auf 109,4 % des BIP, so dass sich der Prozess einer kontinuierlichen Absenkung spürbar verlangsamt hat. Die Verlangsamung geht hauptsächlich auf mit der Marktentwicklung verbundene Schwierigkeiten bei der Erfuellung der Zielvorgaben für die Privatisierung und ein schwächer als erwartet ausgefallenes Wachstum zurück.

    In dem aktualisierten Stabilitätsprogramm vom November 2001 werden eine deutliche Verringerung des Defizits auf 0,5 % des BIP im Jahr 2002 und ein ausgeglichener Haushalt im Jahr 2003 angepeilt, während die Schuldenquote bis 2004 auf unter 100 % des BIP zurückgeführt werden soll. Die italienische Regierung sieht sich der Herausforderung gegenüber, die Primärausgaben im Verhältnis zum BIP weiter und dauerhaft zurückzuführen und gleichzeitig die Qualität der Ausgaben zu verbessern, die Abgabenbelastung zu verringern und einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und sodann aufrechtzuerhalten, wie dies im Stabilitäts- und Wachstumspakt gefordert wird. In Anbetracht dessen und da Italien dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) dafür Sorge zu tragen, dass in den Jahren 2002 und 2003 der Pfad einer stetigen Defizitrückführung eingehalten wird, um das angestrebte Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts im Jahr 2003 zu erreichen, und zwar indem die in dem aktualisierten Stabilitätsprogramm vorgesehenen hohen Primärüberschüsse vor allem durch eine strengere Ausgabenkontrolle sichergestellt werden;

    ii) dafür Sorge zu tragen, dass Zeitpunkt und Umfang der Steuerreform, die in dem entsprechenden im Parlament eingebrachten Gesetz umrissen wird und darauf abzielt, die Abgabenlast zu verringern, das Steuersystem zu vereinfachen und den Abgabenkeil zu verkleinern, mit der Erreichung und Wahrung eines ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts vereinbar sind, und

    iii) dafür Sorge zu tragen, dass bei der Reform des Sozialversicherungssystems, wofür die Regierung vom Parlament die nötigen Befugnisse erbeten hat, die kritischen Aspekte des derzeitigen Rentensystems angegangen werden, Maßnahmen zur Förderung zusätzlicher privater Altersversorgungssysteme umzusetzen und zu klären, welche Kosten für den Haushalt möglicherweise damit verbunden sind.

    Arbeitsmärkte

    Die Arbeitsmarktlage hat sich in Italien 2001 weiter verbessert; die Arbeitslosenquote ging von 10,4 % auf immer noch hohe 9,5 % zurück und die Erwerbsbeteiligung der Frauen nahm zu. Im Durchschnitt wuchs die Beschäftigung um nahezu 2,1 % auf geschätzte 54,6 % und die Erwerbsbeteiligungsquote erhöhte sich auf 60,4 % (von 59,9 % im Jahr 2000). Neben der moderaten Lohnentwicklung ist die höhere Beschäftigungswirksamkeit des Wachstums in den letzten Jahren auch auf die größere Flexibilität des "marginalen Arbeitsmarkts" zurückzuführen, die in verstärktem Maße neue und flexiblere Arbeitsverträge ermöglicht (Teilzeit- und Zeitarbeit, befristete Verträge, neue Lehrverträge). Die Maßnahmen zur Verringerung der Arbeitskosten der Arbeitnehmer mit unbefristeten Verträgen hatte auch weiterhin einen positiven Einfluss auf das Beschäftigungswachstum des Jahres 2001. Dennoch weist der italienische Arbeitsmarkt noch immer zahlreiche Schwachstellen auf, insbesondere eine anhaltend niedrige Erwerbstätigenquote, vor allem bei Frauen (ca. 40 %) und älteren Arbeitnehmern (nur 28 % der 55-64-Jährigen). Auch stellen die weiterhin großen regionalen Unterschiede der Beschäftigungsergebnisse eine Ursache für Ineffizienz dar. In Süditalien beträgt die Arbeitslosenquote 19,3 %, verglichen mit 7,4 % in Mittelitalien und lediglich 3,8 % in Norditalien. Daher sollten die Sozialpartner ein stärker dezentralisiertes Tarifverhandlungssystem vereinbaren, um eine größere Lohndifferenzierung zu ermöglichen. Aufgrund strenger Kündigungsschutzregelungen für Dauerbeschäftigte in mittleren und großen Unternehmen und des relativ geringen Schutzes von Erwerbslosen und "atypischen Arbeitnehmern" besteht weiterhin ein gespaltener Arbeitsmarkt. Das System der Leistungen bei Arbeitslosigkeit mit seinen verschiedenen Programmen und Leistungsbedingungen (Höhe, Dauer und Anspruchskriterien) ist nach wie vor zersplittert und der Leistungsumfang begrenzt. Wenngleich in den letzten Jahren die auf den Lohnkosten lastenden Abgaben insbesondere für Niedriglohnempfänger verringert wurden, ist die Abgabenbelastung insgesamt immer noch relativ hoch. In Anbetracht dessen sollte sich Italien bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen vor allem auf folgende Prioritäten konzentrieren:

    i) die Sozialpartner dazu ermutigen, Lohnsetzungsmechanismen zu finden, die der Produktivität und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen besser Rechnung tragen und auf Lohnmäßigung ausgerichtet sind;

    ii) das kürzlich verabschiedete Paket zur Arbeitsmarktreform in vollem Umfang umzusetzen, um die Flexibilität des Arbeitsmarktes zu erhöhen, die Spaltung des Arbeitsmarktes zu begrenzen, die Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer zu fördern, bei der Arbeitslosenversicherung den Kreis der Leistungsberechtigten auszuweiten und die Effizienz zu erhöhen sowie die aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen zu verstärken;

    iii) Maßnahmen zur weiteren Förderung einer stärkeren Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, zu ergreifen, einschließlich des Setzens von Zielen, um geeignete Einrichtungen zur Betreuung von Kindern und sonstigen pflegebedürftigen Personen sicherzustellen, und hinsichtlich der älteren Arbeitnehmer Beschleunigung und Verstärkung der Anreize, das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verschieben, und

    iv) weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, insbesondere für Niedriglohnempfänger zu senken, so dass im Rahmen der fortschreitenden Haushaltskonsolidierung die Gleichstellungsziele weiterverfolgt und die Arbeitsanreize erhöht werden können.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die italienische Wirtschaft ist (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP) weniger offen als andere EU-Volkswirtschaften von gleicher Größe. Die Arbeitsproduktivität liegt über dem EU-Durchschnitt, ist aber in letzter Zeit in relativen Werten leicht zurückgegangen. Bei den Binnenmarktrichtlinien entspricht die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften zwar dem EU-Durchschnitt, doch liegt sie immer noch unter der Zielvorgabe von 98,5 % für März 2002, und in kaum einem anderen EU-Land werden so viele Verletzungsverfahren eingeleitet. Zwar tragen die Anstrengungen zur Verbesserung des unternehmerischen Umfelds allmählich Früchte, doch bleiben die Verwaltungsverfahren relativ komplex und setzt sich der Wettbewerb im Dienstleistungssektor nur langsam durch. Jüngste Maßnahmen dürften zu mehr Wettbewerb im Energiesektor beitragen, wo etablierte Unternehmen weiterhin über eine starke Marktmacht verfügen und die Preise zu den höchsten in der EU zählen, was sich teils durch eine stark auf Ölprodukte konzentrierte Brennstoffmischung erklären lässt. Der Übergang Italiens zur wissensbasierten Gesellschaft wird wohl auch durch das relativ niedrige Qualifikationsniveau der Bevölkerung sowie die niedrigen FuE-Ausgaben und die schwache Innovationsbasis der Wirtschaft gehemmt. Die Verbreitung des Internet in Haushalten und Schulen liegt unter dem EU-Durchschnitt, auch wenn der erstgenannte Bereich rasch aufholt. Die Entwicklung des E-Commerce ist relativ langsam. In Anbetracht dessen sollte sich Italien vor allem auf folgende Prioritäten konzentrieren:

    i) das allgemeine Bildungs- und Qualifikationsniveau der Bevölkerung zu verbessern, die FuE-Beteiligung des Privatsektors zu steigern und Innovation und IKT-Verbreitung zu fördern;

    ii) den Wettbewerb im Dienstleistungssektor, vor allem bei freiberuflichen Dienstleistungen, zu stärken und die nötigen Reformen einzuleiten, um die Marktöffnung und den Wettbewerb im Energiesektor weiter zu fördern, so dass die Vorteile der Liberalisierung an die Endverbraucher, einschließlich Haushalte und Kleinunternehmen weitergegeben werden;

    iii) weitere Anstrengungen zu unternehmen, um den bürokratischen Aufwand für Unternehmen einschließlich des Zeit- und Kostenaufwands für die Eintragung eines neuen Unternehmens zu verringern, und

    iv) die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften weiter zu erhöhen, um die Zielvorgabe von 98,5 % hinsichtlich der noch ausstehenden Richtlinien zu erreichen, und die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren zu verringern.

    9. LUXEMBURG

    Das reale BIP-Wachstum schwächte sich im Laufe des Jahres 2001 zwar ab, erreichte ersten staatlichen Statistiken zufolge im Jahresdurchschnitt aber noch immer 3,5 %. Die Inlandsnachfrage blieb kräftig: der private Konsum profitierte von den Anfang des Jahres in Kraft getretenen Steuersenkungen, der Staatskonsum nahm weiter ziemlich rasch zu, und die Investitionen entwickelten sich dynamisch. Die Exporte erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr noch um mehr als 2,5 %, und die Importe nahmen mindestens ebenso schnell zu, wobei sich die Warenimporte parallel zur Inlandsnachfrage dynamisch entwickelten. Die Beschäftigung verzeichnete weiterhin einen mehr als 5%igen Zuwachs, kaum weniger als im Jahr 2000, wenngleich sie sich im Laufe des Jahres abschwächte und die Arbeitslosigkeit gegen Ende des Jahres zu steigen begann. Mit einem Zuwachs von rund 51/2 % gegenüber 4,6 % im Jahr 2000 beschleunigte sich der Lohnanstieg weiter. Im Gegensatz dazu ging die Teuerungsrate, gemessen am HVPI, mit 2,4 % im Jahr 2001 gegenüber 3,8 % im Vorjahr zurück. Die Kerninflation beschleunigte sich dagegen weiter und erreichte in der zweiten Jahreshälfte 2001 3,3 %.

    Die geringe nationale Erwerbsbeteiligungs- und Erwerbstätigenquote, insbesondere bei älteren Arbeitnehmern, zu steigern, ist und bleibt eine zentrale Herausforderung. Auch die Lohn- und Lohnkostenentwicklung müssen aufmerksam verfolgt und in den kommenden Jahren in einer Reihe mit dem übrigen Euro-Gebiet bleiben. Dazu ist eine Korrektur des Lohnbildungsprozesses erforderlich. Schließlich sollten Anstrengungen unternommen werden, um die Reform des Wettbewerbsrechts zu beschleunigen und der Wettbewerbsbehörde die Befugnis zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu geben.

    Haushaltspolitik

    Der gesamtstaatliche Finanzierungsüberschuss ging 2001 auf unter 4 % des BIP zurück, was sich zwar teilweise durch die wirtschaftliche Abschwächung und die durch die Steuerreform vom 1. Januar 2001 bedingten Steuersenkungen erklärt, in erster Linie jedoch auf die starke Zunahme der öffentlichen Ausgaben um 1,7 % des BIP zurückzuführen ist. Für 2002 wird aufgrund konjunktureller Faktoren und der zweiten Phase der Steuerreform ein weiterer Rückgang des Haushaltsüberschusses erwartet; darüber hinaus werden die öffentlichen Ausgaben auch weiter sehr rasch ansteigen. So wird erwartet, dass die öffentlichen Investitionen, insbesondere in Infrastrukturprojekte, im Jahre 2002 4,6 % des BIP und damit die EU-weit höchste Quote erreichen. 2003 dürfte eine verbesserte Wirtschaftslage zu einem erneuten, wenngleich bescheidenen Anstieg des gesamtstaatlichen Finanzierungsüberschusses führen. Allerdings werden die laufenden Staatsausgaben auch weiterhin erheblich zunehmen. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Luxemburg dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) die laufenden Staatsausgaben im Jahr 2003 zu begrenzen, um zu gewährleisten, dass sie nicht stärker ansteigen als die Haushaltsausgaben insgesamt. Zu diesem Zweck sollte die mangelnde Flexibilität bei bestimmten Arten der laufenden Ausgaben überwunden werden.

    Arbeitsmärkte

    Alles in allem hat sich der luxemburgische Arbeitsmarkt im Jahr 2001 gut entwickelt. Die Arbeitslosenquote blieb sehr niedrig, und die Beschäftigung nahm weiter kräftig zu, was zu einem großen Teil den Grenzgängern zu verdanken war. Die nationale Erwerbstätigenquote ist jedoch nach wie vor niedrig und die Lage auf dem Arbeitsmarkt zunehmend angespannt, wie starke Nominallohnzuwächse beweisen. All dies unterstreicht die Notwendigkeit, das eigene Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Dass eine erhebliche Reserve an eigenen Arbeitskräften besteht, zeigt die niedrige nationale Erwerbstätigenquote bei älteren Arbeitnehmern (27 %) und bei Frauen (50 %). Die Regierung hat im Jahr 2001 einige Anstrengungen unternommen, um die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Arbeitsunfähigkeitsrente zu verschärfen und die Anreize für einen Verbleib im Erwerbsleben durch Anhebung der Steigerungsrate für die nach dem 55. Lebensjahr erworbenen Rentenansprüche zu erhöhen. Darüber hinaus wurde Frauen die Teilnahme am Arbeitsleben erleichtert und die Arbeitszeitflexibilität erhöht, indem Vollzeitbeschäftigte die Möglichkeit erhielten, freiwillig zu Teilzeitarbeit überzugehen. Doch könnten die Anreize für einen Verbleib im Erwerbsleben über die genannten Reformen hinaus durch weitere Reformen bei Früh- und Vorruhestandsregelungen sowie bei Arbeitsunfähigkeitsrenten weiter erhöht werden. Oberste Priorität für Luxemburg sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) seine Bemühungen um Anhebung der nationalen Erwerbstätigenquote zu intensivieren: insbesondere im Hinblick auf ältere Arbeitnehmer sollte das Land die Anreize für Frühverrentungen verringern und im Rahmen von Vorruhestands- und Arbeitsunfähigkeitsrentensystemen die Anreize für einen Verbleib im Erwerbsleben erhöhen; Frauen sollte der Einstieg oder Wiedereinstieg ins Erwerbsleben unter anderem durch eine größere Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen erleichtert werden.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Der hohe Öffnungsgrad der luxemburgischen Wirtschaft belebt den Wettbewerb auf den Produktmärkten und bewirkt eine sehr hohe Produktivität sowie Preise unter dem EU-Durchschnitt. Netzgestützte Wirtschaftszweige werden schrittweise liberalisiert, und die Verbreitung von IKT kommt gut voran. Doch stellen einige Elemente des Wettbewerbsrahmens wie das veraltete Preisrecht eine potenzielle Beschränkung des Wettbewerbs auf den Produktmärkten dar. Zudem machen die unzulänglichen Befugnisse der Wettbewerbsbehörde es schwierig, eine effektive Durchsetzung der EG-Wettbewerbsregeln zu gewährleisten. Im März 2002 lag der Anteil der noch nicht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien mit 97,7 % unterhalb des Zielwerts von 98,5 %. Oberste Priorität für Luxemburg sollte es deshalb sein,

    i) die angekündigte Reform des Wettbewerbsrechts durchzuführen und in diesem Zusammenhang u. a. feste und kontrollierte Preise abzuschaffen, der Wettbewerbsbehörde ausreichende Befugnisse zur Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts zu geben und die Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen zu reformieren;

    ii) Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen einzuleiten und in diesem Zusammenhang u. a. den für die Eintragung eines neuen Unternehmens notwendigen Zeit- und Kostenaufwand zu senken und Online-Behördendienste anzubieten, und

    iii) die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktvorschriften zu erhöhen, um die Zielvorgabe von 98,5 % hinsichtlich der noch ausstehenden Richtlinien zu erreichen.

    10. NIEDERLANDE

    Das reale BIP-Wachstum schwächte sich Anfang des Jahres 2001 ab und erreichte im Jahresdurchschnitt lediglich 1,1 % gegenüber 3,5 % im Vorjahr. Exporte wie Importe verzeichneten infolge des nachlassenden internationalen Handels einen erheblichen Rückgang; auch die Inlandsnachfrage war gedämpft: so gingen die Investitionen des privaten Sektors ab der zweiten Jahreshälfte 2000 zurück, und die starken Zuwächse im verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte, die auf rasch steigende Löhne und die zu Beginn des Jahres durchgeführte Steuerreform zurückzuführen waren, schlugen sich nicht wie gewohnt im Verbrauch nieder. Im Laufe des Jahres 2002 dürfte das reale BIP-Wachstum wieder anziehen, da der private Konsum wieder rascher steigen dürfte und - bedingt durch die Erholung im internationalen Handel - auch die Exporte erneut anziehen dürften: so könnte das Wachstum im Jahr 2002 rund 11/2 % und im Jahr darauf 23/4 % erreichen. Die Beschäftigung nahm im Jahr 2001 weiter rasch zu, wenngleich sich diese Zunahme in der zweiten Jahreshälfte abschwächte. Infolge der nur mäßigen Reaktion der Beschäftigung auf die Produktionsentwicklung ging die Arbeitsproduktivität zurück und blieb die Erwerbslosigkeit bis Ende 2001 unverändert. Im Jahr 2002 dürfte sich der Beschäftigungszuwachs erheblich abschwächen und im Jahr 2003 nur allmählich wieder beleben, was in beiden Jahren einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit bewirken wird, wenngleich die Arbeitslosenquote weit unter dem Stand der Nachbarländer bleiben dürfte. Außerdem dürften die Arbeitsmärkte recht angespannt bleiben. Deshalb dürfte sich der gegenwärtig zu beobachtende Druck bei den Löhnen nicht rasch auflösen. Die Inflation, die sich im Laufe des Jahres 2000 stark beschleunigt und Ende des Jahres - z. T. bedingt durch den Ölpreisanstieg - etwa 3 % erreicht hatte, schnellte wegen einer Erhöhung der indirekten Steuern, die Teil der Steuerreform war, und der noch immer rasch steigenden Löhne 2001 auf 5 %. Für die kommenden Jahre wird eine nur allmähliche Verlangsamung des Preisanstiegs erwartet.

    Die weitere Anhebung der Erwerbsbeteiligung durch die Eingliederung von gegenwärtig nicht am Erwerbsleben teilnehmenden Personen in den Arbeitsmarkt ist und bleibt eine zentrale Herausforderung. Darüber hinaus machte das kräftige Anziehen der Lohnzuwächse in den vergangenen Jahren die in fast 15 Jahren erworbenen sehr bedeutenden Zugewinne in der Wettbewerbsfähigkeit z. T. wieder zunichte. Dies könnte den Nutzen, den die niederländische Wirtschaft aus der weltweiten Konjunkturerholung zieht, mindern und die weiteren Wachstumsaussichten dämpfen. Die zweite zentrale Herausforderung besteht deshalb darin, so bald wie möglich für erneute Lohnzurückhaltung zu sorgen und die relativ langsam wachsende Arbeitsproduktivität zu steigern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhalten.

    Haushaltspolitik

    Der gesamtstaatliche Finanzierungsüberschuss ging von 1,5 % des BIP im Jahr 2000 auf 0,2 % des BIP im Jahr 2001 zurück (ohne UMTS-Erlöse), was in der Hauptsache durch starke Einnahmeeinbußen bedingt war. Die am 1. Januar 2001 in Kraft getretene weit reichende Steuerreform bewirkte einen Rückgang der Einnahmen aus Einkommensteuern und Sozialversicherungsbeiträgen, der nur teilweise durch die Erhöhung indirekter Steuern ausgeglichen wurde (speziell die Anhebung des MwSt-Regelsatzes von 17,5 % auf 19 %). Diese Situation spitzte sich Ende des Jahres durch die Auswirkungen der Konjunkturabschwächung auf die Steuereinnahmen weiter zu. Darüber hinaus verschlechterte sich der Haushaltssaldo in der Abgrenzung der WWU um 0,3 Prozentpunkte aufgrund einer einmaligen Ausgabe für die Übernahme der DSM-Anteile an EBN. Diese Übernahme ist Teil des Liberalisierungsprozesses des niederländischen Gasmarktes. Obgleich im Frühjahr 2001 die Ausgaben zum Teil neu auf vorrangige Ziele in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung und Sicherheit ausgerichtet wurden, konnten die Ausgabenobergrenzen dank geringerer als erwarteter Zinszahlungen und Ausgaben der Sozialversicherung eingehalten werden. Wenn auf diskretionäre Maßnahmen jeder Art verzichtet und den automatischen Stabilisatoren freier Lauf gelassen wird, dürften die öffentlichen Finanzen 2002 weitgehend ausgeglichen sein und könnten 2003 ein geringes Defizit aufweisen, das den Frühjahrsvorausschätzungen der Kommission zufolge 0,4 % des BIP erreichen könnte. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Niederlande dem Euro-Gebiet angehören, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) zu gewährleisten, dass die haushaltspolitische Linie im Jahr 2002 nicht zur Erhöhung des Inflationsdrucks beiträgt, wenn dieser insbesondere infolge übermäßiger Lohnsteigerungen anhalten sollte,

    ii) 2003 eine Verschlechterung der gesamtstaatlichen Haushaltslage zu vermeiden und zu diesem Zweck die laufenden Staatsausgaben im Rahmen klar definierter realer Obergrenzen zu halten.

    Arbeitsmärkte

    Mit der EU-weit niedrigsten Arbeitslosenquote und einer Erwerbstätigenquote oberhalb der Lissabonner Zielvorgaben für die gesamte EU hat sich der niederländische Arbeitsmarkt auch weiterhin sehr gut entwickelt. Trotz der Konjunkturabschwächung und des ungebrochen kräftigen Beschäftigungszuwachses im Jahr 2001 war die angespannte Arbeitsmarktlage nach wie vor ein Hauptgrund für starke Lohnzuwächse. Eine weitere Erhöhung der Erwerbstätigenquote wird davon abhängen, ob die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter gesteigert und ältere Arbeitnehmer und Minoritäten in stärkerem Maße in den Arbeitsmarkt eingebunden werden können. Darüber hinaus existiert eine weitgehend unerschlossene Arbeitskräftereserve bei den Leistungsempfängern: so erhalten 7 % der Erwerbspersonen Arbeitslosenunterstützung und Sozialleistungen und 11 % Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (wenngleich einige Teilinvalide arbeiten). Es wurden einige neue Maßnahmen eingeleitet und bereits bestehende verbessert, um die Arbeitsanreize für Leistungsempfänger, ältere Arbeitnehmer und Geringverdienende zu erhöhen. Doch hat die Diskussion über eine Reform der Erwerbsunfähigkeitsrenten bislang nicht zu greifbaren Ergebnissen geführt und die Kumulation von Sozialleistungen einschließlich lokaler Hilfen lässt beschäftigungspolitische Negativanreize fortbestehen ("Nicht-Erwerbstätigkeits-Falle"). Oberste Priorität der Niederlande sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Anspruchsberechtigungen und Anspruchsbedingungen für den Leistungsbezug und die Regeln über die Kumulierung von Sozialleistungen zu reformieren, damit Arbeit sich lohnt. Darüber hinaus sollte eine Reform der Erwerbsunfähigkeitsrenten vorgenommen und umgesetzt werden, wobei im Hinblick auf die Anzahl der Empfänger sowohl auf die Zugänge als auch auf die Rückkehr derzeitiger Leistungsempfänger auf den Arbeitsmarkt geachtet werden sollte.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Die niederländische Wirtschaft ist durch einen sehr hohen Öffnungsgrad (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP) gekennzeichnet, der in den Branchen, die handelbare Güter und Dienstleistungen produzieren bzw. anbieten, für lebhaften Wettbewerb und ein relativ niedriges Preisniveau sorgt. Die Liberalisierung des Telekommunikations- und Elektrizitätsmarkts hat zu relativ niedrigen Telefon- und Strompreisen beigetragen. Die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien hat die für März 2002 gesetzte Marke von 98,5 % eingehalten. Es wurden Maßnahmen getroffen, um den Einsatz von IKT zu fördern und den Mangel an IKT-Fachkräften zu lindern. Allerdings nahm die Arbeitsproduktivität u. a. infolge des raschen Beschäftigungszuwachses bei den Dienstleistungen, des schwachen Wettbewerbs bei einigen geschützteren Dienstleistungen (wie Notariat, Kinderbetreuung, Taxi- und Breitband-Internetdienste) und unzureichender Unternehmensinvestitionen, insbesondere in FuE, nur relativ langsam zu. Trotz der Bemühungen um Förderung von Forschung und Innovation fielen die FuE-Ausgaben der gewerblichen Wirtschaft in Prozent des BIP unter den EU-Durchschnitt, was mit dem Mangel an wissenschafts- und technologieorientierten Arbeitskräften zusammenhängen mag. Die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfordert in der Regel einen größeren Zeit- und Kostenaufwand als im EU-Durchschnitt. Oberste Priorität der Niederlande sollte es deshalb sein,

    i) die Voraussetzungen für weiter verstärkte Unternehmensinvestitionen in FuE zu schaffen, indem die Anzahl der ins Arbeitsleben eintretenden Hochschulabgänger naturwissenschaftlich-technischer Fächer erhöht und die Technologieausrichtung im Bildungswesen gestärkt wird;

    ii) Marktordnungen in Angriff zu nehmen, die den Wettbewerb in Dienstleistungsbranchen, wie dem Notariat, der Kinderbetreuung, Taxi- und Breitband-Internetdiensten, beeinträchtigen können, und

    iii) weitere Maßnahmen einzuleiten, um das Angebot an Online-Behördendiensten zu erweitern und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen, u. a. den Zeit- und Kostenaufwand bei Eintragung eines neuen Unternehmens, zu verringern.

    11. ÖSTERREICH

    Nach einer lebhaften Wirtschaftstätigkeit im Zeitraum 1998-2000 hat sich das Wirtschaftswachstum 2001 auf etwa 1 % verlangsamt. Eine schwache Nachfrage, das sinkende Unternehmervertrauen und Kapazitätsüberhänge haben zu einem Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen geführt, während die Bauinvestitionen zur gleichen Zeit schrumpften. Die Inlandsnachfrage wurde durch die Haushaltskonsolidierung zusätzlich gedämpft. Wenngleich auch die Ausfuhren parallel zu der Konjunkturabschwächung bei den wichtigsten Handelspartnern zurückgingen, blieb doch der Wachstumsbeitrag der Nettoausfuhren infolge des stark nachlassenden Importwachstums eindeutig positiv. 2002 wird sich die Inlandsnachfrage voraussichtlich wieder etwas beleben und damit einen weiteren Rückgang des Exportwachstums ausgleichen. Im Ergebnis dürfte das BIP-Wachstum im Durchschnitt mehr oder weniger unverändert bleiben. Im Jahr 2003 dürfte die projizierte Verbesserung sowohl des Außenhandels als auch der Inlandsnachfrage das Wachstum wieder bis in die Nähe der Potenzialwachstumsrate, d. h. auf etwa 21/2 %, ansteigen lassen. Die Ölpreisentwicklung und Verbrauchsteuererhöhungen haben die Preisentwicklung bis Mai 2001 ansteigen lassen. Auch die höheren Wohnungskosten haben den Preisdruck verstärkt. Im Gegensatz dazu dürfte die Verbraucherpreisentwicklung im Jahr 2002 von dem erwarteten Nachgeben der Importpreise geprägt sein. Im Jahr 2003 dürfte der Anstieg des HVPI gegenüber 2002 unverändert bleiben. Das Wachstum der Gesamtbeschäftigung kam 2001 zum Stillstand. Für 2002 wird ein leichter Rückgang der Beschäftigung erwartet, doch dürfte sich das Beschäftigungswachstum 2003 wieder fortsetzen. Im Verlauf von 2001 nahm die Arbeitslosigkeit wieder zu, und es wird erwartet, dass sie 2002 auf etwa 4,0 % der Erwerbspersonen weiter ansteigen wird, bevor 2003 eine Wende eintritt.

    Wenngleich sich die Haushaltslage 2001 erheblich verbessert hat, müssen Anstrengungen unternommen werden, um die längerfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu erhöhen, da mit einem starken Ausgabendruck infolge der alternden Gesellschaft zu rechnen ist. So drücken insbesondere das niedrige tatsächliche Renteneintrittsalter und das hohe Rentenniveau die staatlichen Alterssicherungsaufwendungen stark nach oben. Wenngleich diese Probleme durch die Rentenreformen und maßvollen Rentenerhöhungen der letzten Jahre zum Teil in Angriff genommen worden sind, muss doch noch viel getan werden, um das Rentensystem auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Das Wirtschaftswachstum in Österreich wurde in hohem Maße von einem verstärkten Faktoreinsatz getragen, während die gesamte Faktorproduktivität nur mäßig zugenommen hat. Auch steht eine schwache technologische Basis offenbar einem zügigen Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft im Wege. Wenngleich in dieser Hinsicht manches getan wurde, z. B. höhere Ausgaben für FuE oder stärkere Verbindungen zwischen Unternehmen und Hochschulen, bleibt doch noch abzuwarten, ob diese Maßnahmen ausreichen werden, um Österreich den Aufholprozess gegenüber anderen, bei der Etablierung einer wissensbasierten Wirtschaft weiter fortgeschrittenen EU-Ländern zu erleichtern.

    Haushaltspolitik

    Die Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung waren 2001 eindrucksvoll. Die gesamtstaatlichen Finanzen verbesserten sich, und das Defizit von 1,9 % des BIP (mit UMTS-Erlösen: 1,5 %) des Vorjahres wurde durch eine ausgeglichene Haushaltsposition abgelöst. Da dies vor dem Hintergrund eines weit hinter dem Trend zurückbleibenden Wirtschaftswachstums erreicht wurde, fällt die Verbesserung bei konjunkturbereinigter Betrachtungsweise noch deutlicher aus. Der Ausgabenanstieg wurde dank der Auswirkungen der Reform des Rentensystems und der öffentlichen Verwaltung im Zaum gehalten. Das günstige Ergebnis des Jahres 2001 ist jedoch hauptsächlich auf eine starke Zunahme der Steuereinnahmen zurückzuführen. Infolgedessen erreichte die Abgabenbelastung eine Rekordhöhe. In der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms wird auch für die Jahre 2002 und 2003 ein ausgeglichener Haushalt projiziert. Um die Programmziele zu erreichen, werden auf Länderebene strukturelle Sparmaßnahmen getroffen werden müssen. Die Bundesländer haben sich im Rahmen eines nationalen Stabilitätspakts verpflichtet, beträchtliche Überschüsse zu erwirtschaften. Trotz der jüngsten Strukturreformen ist die langfristige Tragfähigkeit des Alterssicherungssystems in Anbetracht des rasch ansteigenden Altersabhängigkeitsquotienten in den nächsten Jahrzehnten nicht gesichert. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Österreich dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) Maßnahmen durchzuführen, die zu strukturellen Einsparungen bei den Ausgaben führen, zumal auf den nachgeordneten staatlichen Ebenen, um das in der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms vom Dezember 2001 gesetzte Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2002 und 2003 zu erreichen;

    ii) dafür Sorge zu tragen, dass die geplante Verringerung der hohen Abgabenbelastung verstärkte Arbeits- und Investitionsanreize schafft und nicht mit dem Ziel eines weiterhin ausgeglichenen Haushalts kollidiert; dies erfordert zusätzliche Sparanstrengungen auf allen staatlichen Ebenen;

    iii) das staatliche Alterssicherungssystem zu überprüfen, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, und dabei insbesondere durch Verringerung der Anreize für den Vorruhestand auf eine Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters hinzuwirken.

    Arbeitsmärkte

    Der österreichische Arbeitsmarkt hat sich auch 2001 im Ganzen sehr zufrieden stellend entwickelt. Wenngleich sich die Konjunkturabschwächung bemerkbar zu machen begann und die Arbeitslosigkeit wieder zunahm, gehört die österreichische Arbeitslosenquote mit 3,6 % immer noch zu den niedrigsten in der Europäischen Union. Der Mangel an Fachkräften, der im IKT-Sektor, im verarbeitenden Gewerbe und bei den Dienstleistungen zu beobachten war, dürfte durch die derzeitige Konjunkturflaute abgemildert werden. Die Erwerbstätigenquote war mit 68 % in 2000 insgesamt zwar überdurchschnittlich hoch, stagniert aber bei älteren Arbeitnehmern offenbar auf dem sehr niedrigen Niveau von 29 %. Dies ist in Anbetracht der hohen Belastungen, die infolge der Bevölkerungsalterung auf die österreichische Gesellschaft zukommen werden, problematisch. Im Anschluss an die Rentenreform des Jahres 2000 stimmt zwar die 2001 zu beobachtende geringere Anzahl der Pensionierungen zuversichtlich, doch ist es für eine endgültige Beurteilung der Auswirkungen auf das durchschnittliche tatsächliche Rentenalter noch zu früh. Verschiedene aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die sich in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen haben, wurden 2001 verstärkt oder weiterentwickelt. Die Negativanreize, über das Mindestrentenalter hinaus zu arbeiten, bestehen jedoch fort, und die Verlängerung der Bezugsdauer von Sozialleistungen für ältere Arbeitnehmer dürfte sich negativ auswirken und damit die Auswirkungen der Reform der Frühpensionierung, zu der sie eine begleitende Maßnahme ist, schwächen. Oberste Priorität für Österreich sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Reform der Abgaben- und Leistungssysteme in Richtung eines Abbaus der Negativanreize für ältere Arbeitnehmer, die einem aktiven Verbleiben im Arbeitsmarkt entgegenstehen, zu beschleunigen.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Obgleich Österreich dem internationalen Wettbewerb weniger stark ausgesetzt ist als andere kleine Mitgliedstaaten, entsprechen die Arbeitsproduktivität und das Preisniveau dem EU-Durchschnitt. Zurzeit werden wichtige Maßnahmen zur raschen Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige und Schaffung von Regulierungsbehörden für bestimmte Sektoren getroffen. Weitere Verbesserungen im regulatorischen Rahmen würden den Wettbewerb fördern und den Innovationsdruck für die Unternehmen erhöhen. Im März 2002 lag die Anzahl der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien mit 98,1 % unterhalb des Zieles von 98,5 %. Österreichs Rückstand bei den privaten FuE-Ausgaben und bei Patenten für technologische Spitzenprodukte trägt ebenfalls zu der relativ schwachen Technologiebasis bei, die den Übergang zur wissensbasierten Wirtschaft zu verzögern droht. Die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfordert in der Regel einen relativ großen Zeit- und Kostenaufwand. Oberste Priorität für Österreich sollte es deshalb sein,

    i) mit der Umsetzung der Maßnahmen zur Förderung und Verbreitung von IKT und FuE in den Unternehmen fortzufahren, um die privaten FuE-Ausgaben in Prozent des BIP zu erhöhen;

    ii) Österreichs Einbindung in den Binnenmarkt durch raschere Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht zu verstärken, damit der Zielwert von 98,5 % erreicht und die uneingeschränkte Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen auf allen staatlichen Ebenen gewährleistet wird;

    iii) den Regulierungsrahmen durch Erweiterung der effektiven Befugnisse der Regulierungsbehörde für den Telekommunikationssektor zu verbessern und

    iv) mit der Umsetzung der Maßnahmen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen, einschließlich des Zeit- und Kostenaufwands für die Anmeldung einer neuen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, fortzufahren.

    12. PORTUGAL

    Das Wirtschaftswachstum verlangsamte sich 2001 auf etwa 13/4 %; eine drastische Abschwächung der Inlandsnachfrage wurde nur zum Teil durch eine Verbesserung der Nettoausfuhren ausgeglichen. Damit endet eine längere Wachstumsphase, die von der Inlandsnachfrage getragen wurde. Die Bemühungen der privaten Wirtschaftssubjekte um Verbesserung ihrer Bilanzen nach der deutlichen Zunahme ihrer Verschuldung in den letzten Jahren werden das Wachstum der Inlandsnachfrage voraussichtlich auch 2002-2003 dämpfen, so dass es schätzungsweise nur bei etwa 11/4 % im Durchschnitt liegen wird. Da im ersten Halbjahr 2002 mit einer schwachen Auslandsnachfrage gerechnet wird, dürfte auch das gesamtwirtschaftliche Wachstum gedämpft bleiben, sich dann aber parallel zur Erholung der Nachfrage weltweit im weiteren Verlauf des Jahres wieder beleben. In Anbetracht des statistischen Unterhangs zu Beginn des Jahres 2002 wird erwartet, dass die Jahreswachstumsrate des BIP in 2002 nur etwa 11/2 % erreichen wird, bevor sie 2003 wieder auf etwa 21/4 % ansteigen wird. Nachdem die Teuerungsrate 2000 und bis in das Jahr 2001 hinein - zum Teil aufgrund vorübergehender Faktoren - angezogen hatte, hat der Inflationsdruck seit dem zweiten Vierteljahr 2001 wieder nachgelassen. Die am HVPI gemessene Inflationsrate wird den Prognosen zufolge auf kurze Sicht weiter sinken und 2003 im Jahresdurchschnitt auf rund 21/2 % zurückgehen. Die Entspannung am Arbeitsmarkt in Verbindung mit den im öffentlichen Sektor erwarteten geringen Lohnsteigerungen werden sich aller Voraussicht nach dämpfend auf die Lohnentwicklung und dann auch den Preisanstieg auswirken. Die Beschäftigung dürfte im Zeitraum 2002-2003 erheblich langsamer zunehmen, nachdem sie 2001 um 1,6 % gestiegen war, während die Arbeitslosigkeit etwas ansteigen und die Arbeitslosenquote 2003 im Durchschnitt etwa 5 % erreichen wird.

    Am 6. April 2002 ist eine neue Regierung vereidigt worden. Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen wird eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgaben während der Amtszeit dieser Regierung sein. Im Jahr 2001 geriet der Konsolidierungsprozess auch wegen erheblicher Einnahmeausfälle ins Stocken. In einer längerfristigen Perspektive ist die Hauptursache für die nur schleppende Haushaltskonsolidierung jedoch offenbar in der sehr dynamischen Entwicklung der Staatsausgaben zu suchen. Eine Umkehr des starken Aufwärtstrends der gesamtstaatlichen Ausgaben muss daher auf dem Weg zu solideren öffentlichen Finanzen Vorrang haben. Die portugiesische Wirtschaft hat in den letzten Jahren an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, wie auch das hohe Handelsbilanzdefizit zeigt. Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen, insbesondere das geringe Wachstum der Arbeitsproduktivität in Verbindung mit hohen Lohnabschlüssen. Das unbefriedigende Niveau und Wachstum der Arbeitsproduktivität hängt u.a. mit dem geringen Bildungs- und Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte zusammen, das nach wie vor eines der wichtigsten Strukturprobleme darstellt. Das Erreichen einer höheren Produktivität wird auch durch den unzulänglichen Wettbewerb auf den Produktmärkten behindert. Portugal gehört zu den EU-Ländern, deren Staatshaushalte durch die alternde Bevölkerung künftig am stärksten belastet werden. Zur Lösung dieses Problems wurden in letzter Zeit verschiedene Reformen beschlossen, die das finanzielle Gleichgewicht des Rentensystems auf längere Sicht verbessern werden, doch sind offensichtlich weitere Maßnahmen erforderlich, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern. Außerdem zeigt die sehr dynamische Entwicklung der Gesundheitsausgaben, dass der Reformprozess, mit dem Kontrolle und Effizienz der Gesundheitsausgaben verbessert werden sollen, entschlossen fortgeführt werden muss.

    Haushaltspolitik

    Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen kam 2001 zum Stillstand, und das Staatsdefizit erhöhte sich auf schätzungsweise 23/4 % des BIP (im Jahr 2000 lag es ohne die UMTS-Erlöse bei 21/4 %), während ursprünglich ein Defizitziel von 1,1 % angestrebt worden war. Das Defizit ist um einiges höher als noch im Dezember 2001 bei der Vorlage der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms erwartet. Das hinter den Erwartungen zurückbleibende Wirtschaftswachstum ist ein wichtiger Erklärungsfaktor für diese erhebliche Verschlechterung gegenüber dem 2001 angestrebten Zielwert, aber es kommen noch weitere Faktoren hinzu. So wurden insbesondere die durch die 2001 durchgeführte Reform der direkten Steuern bedingten Mindereinnahmen unterschätzt, und die Effizienzgewinne bei der Steuererhebung und -verwaltung fielen geringer aus als erwartet. Außerdem schossen die laufenden Primärausgaben über das angestrebte Ziel hinaus - trotz eines im Juni beschlossenen restriktiven Maßnahmenpakets.

    Die kräftige Revision nach oben zwischen Dezember 2001 und April 2002 schließlich geht auf erheblich höhere als bis dahin geschätzte Defizite der Gemeinden zurück sowie auf eine neue statistische Zuordnung von gewissen Kapitaltransaktionen zwischen der Regierung und in öffentlichem Besitz stehenden Unternehmen. In der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms vom Dezember 2001 wird an dem Ziel festgehalten, bis 2004 einen ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt zu erreichen. Auf der Tagung des Rates "Wirtschaft und Finanzen" vom 12. Februar 2002 verpflichtete sich die portugiesische Regierung, den Referenzwert von 3 % des BIP für das gesamtstaatliche Defizit im laufenden Jahr einzuhalten, und bekannte sich nochmals zu dem Ziel, im Jahr 2004 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Hierzu ist angesichts der ausgeprägten Verschlechterung des Defizits im Jahr 2001 eine sehr viel ehrgeizigere Politik der Haushaltskonsolidierung im Zeitraum 2002-2004 erforderlich. Da sich die Haushaltslage im Jahr 2001 weitaus schlechter entwickelt hat als erwartet und die Ausführung des ursprünglichen Haushaltsplans zu wünschen ließ, hat die neue Regierung am 15. Mai 2002 einen Berichtigungshaushaltsplan angenommen, der Korrekturmaßnahmen in Höhe von 0,6 % des BIP vorsieht. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Portugal dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) sicherzustellen, dass der Bezugswert für das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit von 3 % des BIP im Jahr 2002 eingehalten wird, zu diesem Zweck den geänderten Haushaltsplan, mit dem ein Defizit von 2,8 % des BIP angestrebt wird, konsequent auszuführen und jede Gelegenheit wahrzunehmen, um zu einem besseren Haushaltsergebnis zu gelangen, sowie die Überwachung der Haushalte auf allen Ebenen des Staates zu verstärken;

    ii) bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen; dies wird diskretionäre Maßnahmen zusätzlich zu den in der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms 2001 vorgesehenen Maßnahmen erfordern;

    iii) die im Berichtigungshaushaltsplan für 2002 angekündigten Maßnahmen zur Zügelung der Ausgaben entschlossen durchzuführen, um die Dynamik in der Entwicklung der gesamtstaatlichen Ausgaben zu drosseln;

    iv) den Rentenreformprozess mittels zusätzlicher Maßnahmen zu den im Rahmen der Reform von 2001 in Aussicht genommenen Maßnahmen fortzusetzen, um die mittel- und langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems sicherzustellen; wirksame Maßnahmen zur Drosselung des auf Dauer nicht tragbaren Tempos des Anstiegs der Gesundheitsausgaben, vor allem für Arzneimittel, einzuführen.

    Arbeitsmärkte

    Die Arbeitsmarktlage war in Portugal auch im Jahr 2001 trotz des deutlichen Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit günstig. Die Arbeitslosenquote gehörte mit knapp über 4 % nach wie vor zu den niedrigsten in der Europäischen Union. Die Beschäftigung nahm um 1,5 % zu, und sämtliche Erwerbstätigenquoten (insgesamt, bei Frauen oder älteren Arbeitnehmern) liegen deutlich über den EU-Durchschnittswerten. Auch das Lohnniveau und die Arbeitskosten gehören zu den niedrigsten in der Europäischen Union, doch haben die angespannte Arbeitsmarktlage in manchen Wirtschaftszweigen und der starke Lohnanstieg im öffentlichen Sektor in 2000-2001 zu einem Nominallohnanstieg von mehr als 6 % geführt. Zusammen mit den nur bescheidenen Fortschritten der Arbeitsproduktivität haben sich die realen Lohnstückkosten 2000-2001 um etwa 1,3 % erhöht und damit deutlich mehr als in der EU insgesamt, wo das Niveau der realen Lohnstückkosten weit gehend unverändert blieb. Überdies hat sich die Arbeitsproduktivität in Portugal nur wenig erhöht, was teilweise auf das sehr geringe Bildungsniveau (auch der jüngeren Altersgruppen) zurückzuführen ist. So lag der Anteil der Personen, die zumindest eine höhere Schulbildung abgeschlossen haben, 1999 bei nur 21 % (gegenüber 59 % im EU-Durchschnitt).

    Wenngleich Portugal die Bildungsausgaben in den letzten Jahren wesentlich erhöht hat, lassen doch die immer noch hohe Rate der vorzeitigen Schulabgänger und der Bedarf an Rationalisierung und Vereinfachung der vielen verschiedenen Maßnahmen darauf schließen, dass die Mittel relativ ineffizient eingesetzt werden. Der Anteil der Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen hat sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt, was teilweise auf das strengere Kündigungsschutzrecht für Arbeitnehmer mit normalen Arbeitsverträgen zurückzuführen ist. Oberste Priorität für Portugal sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Bildungs- und Ausbildungssysteme im Rahmen einer besser formulierten Strategie zum lebenslangen Lernen zu verbessern, um die Vermittelbarkeit und Anpassungsfähigkeit der Erwerbsbevölkerung zu erhöhen und die Produktivität zu steigern;

    ii) eine mit der Wahrung von Wettbewerbsfähigkeit und Preisstabilität vereinbare Lohnentwicklung zu fördern, so dass die Realeinkommen nicht stärker wachsen als die Arbeitsproduktivität, und

    iii) die Arbeitsmarktinstitutionen unter anderem durch Anpassung des Arbeitsvertragsrechts unter Berücksichtigung der Notwendigkeit eines angemessenen Gleichgewichts zwischen größerer Flexibilität und Sicherheit zu modernisieren.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Teilweise aufgrund der geografischen Lage des Landes ist die portugiesische Wirtschaft relativ weniger offen (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP) als andere Mitgliedstaaten vergleichbarer Größe. Die Arbeitsproduktivität ist in Portugal von allen EU-Ländern am niedrigsten und steigt nur langsam an. Die geringe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft ist unter anderem auf das geringe Bildungsniveau der Arbeitskräfte und die sehr geringen Aufwendungen der Unternehmen für FuE und Innovation zurückzuführen. Um die Verbreitung von IKT zu fördern, die FuE-Aktivitäten zu steigern und den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zurückzustutzen, wurden verschiedene Maßnahmen getroffen. Die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige hat Fortschritte gemacht, doch kann noch mehr für die Verstärkung des Wettbewerbs getan werden, da die etablierten Unternehmen nach wie vor eine starke Marktposition besitzen und die Preise immer noch relativ hoch sind. Bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht hat Portugal den im März 2002 vereinbarten Zielwert von 98,5 % noch nicht erreicht. Der Wettbewerb würde erheblich davon profitieren, wenn der institutionelle Rahmen für eine verstärkte Wettbewerbspolitik und Kontrolle der sektorspezifischen und Ad-hoc-Beihilfen des Staates wie angekündigt verstärkt würde; diese Beihilfen sind die zweithöchsten aller EU-Länder und werden nur langsam abgebaut. Oberste Priorität für Portugal sollte es deshalb sein,

    i) den allgemeinen Bildungs- und Ausbildungsstand der Bevölkerung anzuheben und eine stärkere Beteiligung der Unternehmen an FuE und Innovation zusammen mit einer stärkeren Verbreitung von IKT weiter zu fördern;

    ii) den effektiven Wettbewerb bei liberalisierten Versorgungsunternehmen, zumal im Energiesektor, zu verstärken, um die Preise für die Endverbraucher zu senken;

    iii) die Kostenwirksamkeit sektorspezifischer staatlicher Beihilferegelungen im Hinblick auf einen möglichen Abbau zu überprüfen und

    iv) weitere Fortschritte bei der Erhöhung der in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien zu erzielen, um die Zielvorgabe von 98,5 % zu erreichen.

    13. FINNLAND

    Aufgrund eines drastischen Rückgangs des Exportwachstums, der mit einem umfangreichen Lagerabbau einherging, kam es 2001 zu einer scharfen Bremsung der finnischen Konjunktur; nach 5,6 % im Vorjahr erreichte das BIP-Wachstum nur noch schätzungsweise 0,7 %. In den Jahren 2002-03 dürfte sich die Wirtschaftstätigkeit dank einer allmählichen Erholung des Außenbeitrags wieder beleben. Aufgrund weiterer Einkommensteuersenkungen, nachlassender Inflation und günstiger monetärer Bedingungen dürfte sich auch der private Konsum festigen. Vor dem Hintergrund des niedrigen Kapazitätsauslastungsgrads im verarbeitenden Gewerbe und einem erwarteten Rückgang der Nachfrage nach weiteren Wohnungen und gewerblichen Bauten dürften sich die Investitionen allerdings schwach entwickeln. Die Inflation (HVPI) ließ 2001 etwas nach und sank auf 2,7 %, da die Auswirkungen der höheren Kraftstoff- und Nahrungsmittelpreise gegen Jahresende verebbten. Allerdings zogen die Preise für Dienstleistungen recht kräftig an; dieser Faktor dürfte auch eine Untergrenze für die Preisinflation 2002-03 vorgeben. Die Beschäftigung nahm 2001 weiter zu, wenn auch mit stark rückläufigem Tempo. Im Jahr 2002 dürfte die Beschäftigung angesichts des weiterhin schwachen Wachstums im exportorientierten verarbeitenden Gewerbe und des nur begrenzten Beschäftigungszuwachses im Dienstleistungssektor zurückgehen. Infolgedessen dürfte die Arbeitslosigkeit 2002 geringfügig steigen und erst 2003 wieder sinken.

    Mit 9,1 % der Erwerbspersonen lag die Arbeitslosenquote 2001 deutlich über dem Durchschnitt des Euro-Gebiets. Die Arbeitslosigkeit scheint überwiegend strukturell. Auch wenn Anstrengungen unternommen wurden, um Programme der aktiven Arbeitsmarktpolitik besser zuzuschneiden und zielgerichteter einzusetzen sowie besonders schwer vermittelbaren Erwerbslosen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu helfen, und gleichzeitig die Voraussetzungen für Leistungsbezug verschärft wurden, so laufen doch andere Maßnahmen, wie die Erhöhung des Arbeitslosengelds, der angestrebten Erhöhung des Anreizes zu arbeiten zuwider. Finnland gehört zu den Mitgliedstaaten, die den Auswirkungen der Bevölkerungsalterung am stärksten ausgesetzt sind. Die Regierung hat sich auf eine Reform der Renten festgelegt, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern. Verschiedene Reformschritte gehen in die richtige Richtung, doch scheint die für einige Maßnahmen geplante Umsetzungsfrist zu lang. Das finnische Preisniveau gehört weiterhin zu den höchsten in der EU. Da dies teilweise auf unzureichenden Wettbewerb in manchen Sektoren zurückzuführen ist, müssen die Anstrengungen in diesem Bereich verstärkt werden.

    Haushaltspolitik

    Nach einem Überschuss von 1,9 % des BIP 2001 dürfte der zentralstaatliche Haushalt 2002 nur noch einen Überschuss von 1 % des BIP aufweisen. Das Ziel der Regierung, im zentralstaatlichen Haushalt mittelfristig einen strukturellen Überschuss von 11/2-2 % des BIP zu erzielen, scheint inzwischen sehr schwer zu erreichen, zumal die Regierung zwecks Ankurbelung der Beschäftigung eine weitere Senkung der Einkommensteuersätze beschließen könnte. Da die Regierung Vorkehrungen für die anstehende alterungsbedingte Ausgabenbelastung treffen will, müssen Steuersenkungen mit Ausgabenzurückhaltung verbunden werden. In den letzten Jahren haben die zentralstaatlichen Ausgaben die mittelfristigen Richtwerte wiederholt überschritten. Neben den schwächeren zentralstaatlichen Finanzen verbuchen auch die Gemeinden seit 1997 durchweg Defizite; eine Ausnahme war lediglich das Jahr 2000 mit besonders lebhaft sprudelnden Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung. Auf gesamtstaatlicher Ebene könnte sich die Haushaltsdisziplin durch ein kürzlich verabschiedetes Gesetz verbessern, wonach die Gemeinden ab 2002 einen mittelfristig ausgeglichenen Haushalt anstreben müssen. Da jedoch kein Mechanismus zur Durchsetzung dieser Vorschrift vorgesehen ist, bleibt ungewiss, ob die erwünschten Ergebnisse erzielt werden. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass Finnland dem Euro-Gebiet angehört, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) eine erhebliche Abweichung von den mittelfristigen Ausgabenleitlinien, wonach die Staatsausgaben real auf dem Niveau von 1999 gehalten werden sollen, zu vermeiden und zu diesem Zweck das Ausgabenziel des Haushaltsplans 2002 strikt einzuhalten sowie im Haushaltsplan 2003 die nötigen Maßnahmen zur Senkung der Ausgaben vorzusehen;

    ii) die Haushaltsdisziplin auf der Gemeindeebene zu verbessern, indem die kürzlich verabschiedete Regelung, wonach die Gemeinden einen mittelfristig ausgeglichenen Haushalt anstreben müssen, durch einen verbesserten Überwachungsmechanismus ergänzt wird, und

    iii) die laufende Reform der Renten entschlossen fortzuführen und insbesondere die geplanten Änderungen der Rentenformel frühzeitig zu beschließen und einzuführen; dabei sollte die erhöhte Lebenserwartung berücksichtigt werden und der Berechnungszeitraum für die ruhegehaltsfähigen Einkünfte auf das gesamte Erwerbsleben ausgedehnt werden.

    Arbeitsmärkte

    Der finnische Arbeitsmarkt hat sich 2001 uneinheitlich entwickelt. Während die Beschäftigung weiter wuchs und die Arbeitslosigkeit weiter zurückging, zogen die realen Lohnstückkosten an und die Arbeitsproduktivität nahm aufgrund der drastischen Konjunkturverlangsamung ab. Infolgedessen dürfte das Beschäftigungswachstum 2002 zum Stillstand kommen. Mit 9,1 % war die Arbeitslosenquote 2001 weiterhin hoch und dürfte 2002 noch steigen. Die Arbeitslosigkeit ist vorwiegend strukturell bei großen regionalen Unterschieden. Die Regierung hat sich bei ihrer Reaktion auf die Arbeitsmarktprobleme im Zeitraum 1997 bis 2002 vor allem darauf konzentriert, die Gesamtabgabenbelastung des Faktors Arbeit zu senken. Allerdings wurden die Abgaben im Wesentlichen gleichmäßig gesenkt, so dass sich die relative Stellung der Geringverdiener, vor allem im Hinblick auf die hohen effektiven Grenzsteuersätze, kaum geändert hat. Im Jahr 2001 hat die Regierung Maßnahmen eingeführt, mit denen einerseits eine Verbesserung der Wirksamkeit ihrer aktiven Arbeitsmarktprogramme erreicht werden soll, um der Ausgrenzung schwer vermittelbarer Erwerbsloser aus dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, und andererseits eine Reform der Rentensysteme mit dem Ziel, das Renteneintrittsalter flexibler und einen längeren Verbleib im Erwerbsleben attraktiver zu gestalten. Allerdings nehmen noch immer viele Personen im erwerbsfähigen Alter diverse Sozialleistungsregelungen und Arbeitsmarktprogramme in Anspruch. Durch die späte Umsetzung der Reformen wird deren Wirkung auf die Baby-Boom-Generation geschmälert und die von der Regierung angestrebte Anhebung des effektiven Renteneintrittsalters möglicherweise verzögert. Außerdem laufen die bereits beschlossenen Maßnahmen zur Erhöhung des Arbeitslosengelds im Jahr 2002 der angestrebten Steigerung des Arbeitsanreizes entgegen und unterlaufen die Auswirkungen von Steuersenkungen und aktiven Arbeitsmarktprogrammen. Oberste Priorität für Finnland sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) dafür zu sorgen, dass Arbeit sich lohnt, um so die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit zu senken. Die Reformen sollten auf die Sozialleistungssysteme, unter anderem die Vorruhestandsregelungen abstellen; dabei ist eine Senkung der insbesondere für Geringverdiener vergleichsweise hohen effektiven Grenzsteuersätze anzustreben. Die Anspruchsvoraussetzungen für Sozialleistungen und die gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen sollten ebenfalls überprüft werden, und

    ii) die Effizienz aktiver Arbeitsmarktprogramme weiter zu erhöhen und neu auf die Personen auszurichten, die am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Aufgrund ihrer Randlage in der Europäischen Union ist die finnische Wirtschaft dem internationalen Wettbewerb potenziell nicht so stark ausgesetzt wie die meisten anderen Mitgliedstaaten. Die Verbraucherpreise gehören zu den höchsten in der Europäischen Union, was teilweise auf die relativ hochgradige Konzentration in bestimmten Sektoren, wie Medien und Einzelhandel, zurückzuführen ist. Die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht in Finnland gehört zu der höchsten in der EU und die Telekommunikations- und Elektrizitätsmärkte wurden vollständig liberalisiert. Obwohl die Ausstattung und Befugnisse der Wettbewerbsbehörde erhöht wurden, ist Finnland einer der wenigen Mitgliedstaaten, die ihrer Wettbewerbsbehörde noch nicht die nötigen Befugnisse zur direkten Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts erteilt haben. Trotz der Verbesserungen in letzter Zeit liegt der Wert der öffentlich ausgeschriebenen Beschaffungen des öffentlichen Sektors zudem noch unter dem europäischen Durchschnitt und der private Sektor ist, vor allem auf lokaler Ebene, nur in geringem Umfang an der Bereitstellung öffentlicher Dienste beteiligt. Zwar sind Maßnahmen zur Förderung der unternehmerischen Initiative ergriffen worden, doch gehört Finnland nach wie vor zu den EU-Ländern, in denen die Eintragung eines privaten Unternehmens am längsten dauert. Beim Übergang zur wissensbasierten Wirtschaft zählt Finnland hingegen zu den Vorreitern der Europäischen Union. Oberste Priorität Finnlands sollte es deshalb sein,

    i) den Wettbewerb bei der Bereitstellung öffentlicher Dienste auf lokaler Ebene durch vermehrte Beteiligung des privaten Sektors und Wettbewerb zwischen den öffentlichen Anbietern zu verstärken;

    ii) Existenzgründungen durch weitere Verringerung des Zeitaufwands für die Eintragung eines neuen Unternehmens zu erleichtern, und

    iii) der finnischen Wettbewerbsbehörde die nötigen Befugnisse zur Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag zu erteilen.

    14. SCHWEDEN

    Schweden verzeichnete im Jahr 2001 einen drastischen Konjunkturabschwung, das reale BIP-Wachstum verlangsamte sich von 3,6 % im Jahr 2000 auf 1,2 % und wurde damit in starkem Maße von dem weltweiten Konjunktureinbruch und insbesondere der Flaute in der IKT-Branche in Mitleidenschaft gezogen. Die erwartete allmähliche Erholung der Weltwirtschaft in den Jahren 2002 und 2003 dürfte jedoch zu einer stärkeren Auslandsnachfrage führen. Die relativ günstigen Fundamentalfaktoren in Schweden dürften auch zur Erholung der Inlandsnachfrage in den Jahren 2002 und 2003 beitragen. Alles in allem wird für 2002 mit einem Wachstum des realen BIP von rund 1,7 % und 2003 von etwa 2,8 % gerechnet. Teilweise wegen vorübergehender Faktoren stieg die HVPI-Inflation 2001 deutlich auf im Durchschnitt 2,7 % an. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass sich der Preisauftrieb ab dem zweiten Quartal 2002 verringern könnte und bis ins Jahr 2003 hinein bei ca. 2 % verharrt. Das Beschäftigungswachstum war in den letzten Jahren kräftig und betrug auch im Jahr 2001 noch 2 %, was zu einer deutlich rückläufigen Entwicklung der Arbeitslosigkeit auf 5,2 % im Jahr 2001 beigetragen hat. Aufgrund nachlaufender Effekte der Wirtschaftsabschwächung des Jahres 2001 dürfte die Arbeitslosigkeit im Jahr 2002 jedoch leicht ansteigen. Diese Tendenz dürfte sich wieder umkehren, wenn die Wirtschaft 2003 an Dynamik gewinnt.

    Die Stärkung des Wachstumspotenzials der Wirtschaft bleibt eine zentrale Herausforderung, da sich die Produktivität pro Kopf in den letzten Jahren gegenüber dem EU-15-Durchschnitt rückläufig entwickelt hat. Maßnahmen zur Förderung der unternehmerischen Initiative und des Wachstums von Unternehmen sowie Anstrengungen zur Verbesserung der Anreize zu arbeiten sollte hohe Priorität eingeräumt werden. Zwar hat Schweden hohe Erwerbstätigenquoten aufzuweisen, doch wird die Steigerung der Erwerbsbeteiligung und Förderung der Beschäftigung mittelfristig dennoch eine zentrale Herausforderung bleiben, um dem Problem der Alterung der Bevölkerung zu begegnen. Eine zusätzliche Ausweitung des Arbeitskräfteangebots könnte mithilfe weiterer Reformen gefördert werden, durch die das zugrundeliegende Geflecht von Abgaben und Sozialleistungen beschäftigungsfreundlicher gestaltet wird. Außerdem muss der Nutzeffekt der Arbeitsmarktprogramme laufend überwacht werden. Maßnahmen zur Verstärkung des Wettbewerbs in einigen Sektoren und zur Erhöhung der Effizienz des öffentlichen Sektors sind zentrale Herausforderungen mit Blick auf das hohe Preisniveau und die schwache Entwicklung der Arbeitsproduktivität.

    Haushaltspolitik

    Im Jahr 2001 nahm der gesamtstaatliche Überschuss deutlich zu, und zwar um 1 Prozentpunkt auf 4,8 % des BIP. Nach dem Gesetz zur Haushaltspolitik vom Frühjahr 2002 werden für die Jahre 2002 wie 2003 weiterhin erhebliche Überschüsse von 1,8 % des BIP erwartet. Die mittelfristige Haushaltspolitik Schwedens beruht auf drei Komponenten, und zwar auf i) jährlich für die nächsten drei Jahre festgelegten nominalen Obergrenzen für die Ausgaben des Zentralstaats, ii) einer Vorgabe für Gemeinden für einen mittelfristig ausgeglichenen Haushalt und iii) einem gesamtstaatlichen Überschussziel von 2 % des BIP im Durchschnitt des Konjunkturzyklus. Der Spielraum, der dadurch entstanden ist, dass höhere als die angestrebten Überschüsse erzielt wurden, wurde zum Teil für Steuersenkungen und zum Teil für den Schuldenabbau verwandt. Der Bruttoschuldenstand verringerte sich im Jahr 2000 auf unter 60 % des BIP und dürfte sich gemäß dem Gesetz zur Haushaltspolitik vom Frühjahr 2002 weiter bis auf 48,3 % des BIP im Jahr 2004 verringern. Dieser Schuldenabbau ist zusammen mit dem reformierten Rentensystem ein wichtiger Teil der schwedischen Strategie zur Bewältigung der Folgen der Bevölkerungsalterung. Aus diesen Gründen sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet werden,

    i) im Jahr 2002 mit der Strategie der Steuersenkungen für die Bezieher niedriger und mittlerer Löhne fortzufahren und gleichzeitig zu gewährleisten, dass die Obergrenze für die Ausgaben des Zentralstaats eingehalten wird;

    ii) im Jahr 2003 einen gesamtstaatlichen Überschuss zu erreichen, der mit dem mittelfristigen gesamtstaatlichen Überschussziel von 2 % des BIP im Verlauf des Konjunkturzyklus im Einklang steht, und gleichzeitig eine rigorose Ausgabenkontrolle beizubehalten.

    Arbeitsmärkte

    Im Jahr 2001 hat sich die schwedische Arbeitsmarktlage trotz der beträchtlichen Konjunkturabschwächung weiter verbessert. Die Arbeitslosigkeit verringerte sich auf rund 5 % der Erwerbsbevölkerung, während die Beschäftigung um fast 2 % wuchs, was die bereits hohe Erwerbstätigenquote noch weiter ansteigen ließ. Insbesondere die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer (55-64 Jahre) war mit fast 65 % im Jahr 2000 deutlich höher als in anderen Mitgliedstaaten. Daher ist die für eine weitere Erhöhung des Arbeitskräfteangebots mittelfristig zur Verfügung stehende weitere "Arbeitskräftereserve" begrenzt. Tatsächlich deuten die (verglichen mit der bescheidenen Arbeitsproduktivität) im Jahr 2001 relativ hohen Nominallohnzuwächse - beispielsweise im Bau- und im Dienstleistungssektor - darauf hin, dass bereits ein gewisser Arbeitskräftemangel herrscht sowie eine unausgewogene Angebots- und Nachfragesituation auf dem Arbeitsmarkt zu verzeichnen ist. Dieses Problem wird zum Teil dadurch abgemildert, dass in Schweden besonderer Wert auf die Ausbildung gelegt wird; so nehmen fast 5 % der Erwerbsbevölkerung an verschiedenen aktiven Arbeitsmarktprogrammen oder dem besonderen befristeten Bildungsprogramm teil, die beide darauf abzielen, die Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter zu verbessern. Kürzlich durchgeführte Bewertungen bestimmter aktiver Arbeitsmarktprogramme deuten jedoch auf relativ uneinheitliche Resultate (bezüglich des Nettobeschäftigungszuwachses) hin und machen damit deutlich, wie wichtig es ist, die Effizienz dieser Programme weiter zu verbessern. Trotz der kürzlich durchgeführten Maßnahmen ist die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit und insbesondere der Niedriglohnempfänger nach wie vor die höchste in der Europäischen Union. Das relativ großzügige Sozialleistungsniveau trägt zu hohen Nettolohnersatzquoten bei, doch begrenzen vergleichsweise strenge Kriterien für die Anspruchsberechtigung (in Verbindung mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik) die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit in Schweden. Oberste Priorität für Schweden sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die Reform der Abgaben- und Leistungssysteme weiter fortzusetzen, um Arbeitsanreize zu schaffen, und

    ii) die Effizienz der aktiven Arbeitsmarktprogramme weiter zu verbessern und sie auf diejenigen, die am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind, und auf den Bedarf des Arbeitsmarktes auszurichten.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Schwedens Offenheitsgrad (gemessen am Anteil des Gesamtaußenhandels am BIP) ist höher als der der anderen nordischen Länder und verstärkte sich in den 90er Jahren noch, doch ist das Preisniveau nach wie vor hoch und liegt die Arbeitsproduktivität unter dem EU-Durchschnitt. Bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien wurden hervorragende Erfolge verbucht, die staatlichen Beihilfen zählen zu den niedrigsten in der EU, und die Reform der netzgebundenen Industrien ist gut vorangekommen. Jedoch lässt der Wettbewerb bei der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen auf lokaler Ebene nach wie vor zu wünschen übrig. Unzureichender Wettbewerb herrscht auch in einigen Sektoren wie dem Einzelhandel für pharmazeutische Produkte - ein staatliches Monopol - und im Lebensmittelhandel. Schweden hat die höchsten Gesamtausgaben für FuE in der EU, auch wenn sich diese Ausgaben im Wesentlichen auf einige wenige wissensintensive Sektoren konzentrieren. Die IKT setzen sich bei der Bevölkerung rasch durch, und der Anteil der IKT-Industrie an der Gesamtproduktion ist verglichen mit anderen Mitgliedstaaten groß. Oberste Priorität für Schweden sollte es deshalb sein,

    i) den Wettbewerb bei der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen auf lokaler Ebene zu verstärken und

    ii) die Anstrengungen zur Ankurbelung des Wettbewerbs in den Sektoren zu verstärken, in denen der Wettbewerb unzureichend erscheint, wie im Einzelhandel für pharmazeutische Produkte und Lebensmittel.

    15. VEREINIGTES KÖNIGREICH

    Alles in allem hat sich die Wirtschaftstätigkeit im Vereinigten Königreich 2001 gut entwickelt. Schwache Nettoexporte im Zusammenhang mit dem weltweiten Konjunkturabschwung wurden durch die außergewöhnlich starke Zunahme der Ausgaben der privaten Haushalte kompensiert. Bezogen auf das gesamte Jahr war ein BIP-Wachstum von 2,2 % zu verzeichnen. Infolge des weltweiten Konjunkturabschwungs dürfte das Wachstum 2002 etwas geringer ausfallen und bei rund 2 % liegen. Im Verlauf von 2002 dürfte dann jedoch eine Erholung eintreten, da die Weltwirtschaft rascher wächst und die Wirtschaft auch weiterhin von der Zunahme der Inlandsnachfrage profitieren wird, die sich zum Teil aus der Lockerung des geldpolitischen Kurses im Jahr 2001 und der geplanten Anhebung der laufenden öffentlichen Ausgaben sowie der Investitionsausgaben des Staates speist. Im Jahr 2003 wird das Wirtschaftswachstum voraussichtlich etwas über dem Trend liegen, da die Exportmärkte des Vereinigten Königreichs stark wachsen. Die Inflation wird den Projektionen zufolge in den Jahren 2002 und 2003 ruhig bleiben, da sich die gesamtwirtschaftliche Leistung in der Nähe des Potenzials bewegt. Insbesondere wird nicht mit einer Zunahme des Lohndrucks gerechnet, obgleich die Arbeitslosigkeit mit nicht über 5,5 % gering bleibt. Die HVPI-Inflation wird den Projektionen zufolge im Jahresdurchschnitt 2002 und 2003 bei unter 2 % liegen.

    Die relativ geringe Produktivität bleibt eine zentrale Herausforderung. Die Produktivität je Erwerbstätigen liegt unter dem EU-Durchschnitt, auch wenn sich der Abstand seit 1995 verringert. Was den Arbeitsmarkt betrifft, so ist eine weitere zentrale Herausforderung die hohe Konzentration der Arbeitslosigkeit und Nichtbeteiligung am Erwerbsleben auf bestimmte Gebiete. Obwohl die Arbeitslosigkeit in allen Regionen und Ländern des Vereinigten Königreichs zurückgegangen ist, gibt es weiterhin Gemeinden mit hohen Erwerbslosigkeitsquoten. Die dritte zentrale Herausforderung besteht in der Verbesserung der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen im Vereinigten Königreich, insbesondere im Verkehrssektor.

    Haushaltspolitik

    Der staatliche Überschuss belief sich im Jahr 2001 auf 0,9 % des BIP. Nach den Projektionen des Konvergenzprogramms werden die öffentlichen Finanzen im Haushaltsjahr 2001-2002 ein geringes Defizit von 0,2 % des BIP aufweisen, welches sich 2002-2003 auf ein Defizit von 1,1 % des BIP erhöht und in den verbleibenden Programmjahren bis 2006-2007 in etwa auf diesem Niveau verharrt. Vor allem bedingt durch vorübergehende wirtschaftliche Faktoren (beispielsweise ein geringeres BIP als erwartet und niedrigere Gewinne von Unternehmen im Finanzsektor) ist nun schon ein Jahr früher als in der letzten Aktualisierung projiziert ein Defizit von rund 1 % des BIP zu verzeichnen. Dieses Defizit bleibt in der Projektion bestehen, konjunkturbereinigt wie unbereinigt, infolge der unterstellten, sehr zurückhaltenden Annahme eines Wachstumstrends von 21/4 % pro Jahr sowie der in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2001 empfohlenen Steigerung der derzeit geringen öffentlichen Investitionstätigkeit. Der Bruttoschuldenstand im Verhältnis zum BIP belief sich 2001 auf 39 %. Nach den Projektionen des Konvergenzprogramms soll er bis 2006-2007 auf 36,3 % sinken. Mit einer niedrigen und rückläufigen Schuldenquote ist das Vereinigte Königreich in einer guten Ausgangslage, um die Folgen der alternden Gesellschaft zu meistern, und die öffentlichen Finanzen sind bei Fortsetzung der gegenwärtigen Politik dauerhaft tragfähig. Aus diesen Gründen - auch in Anbetracht der vorsichtigen Wachstumsprognosen - sollte die Haushaltspolitik unter Berücksichtigung der Forderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts nach einem auf mittlere Sicht "nahezu ausgeglichenen Haushalt oder Haushaltsüberschuss" dergestalt sein,

    i) dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die öffentlichen Investitionen - ohne Abschreibungen - wie im Konvergenzprogramm projiziert und in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik von 2001 vorgeschlagen, ab 2001-2002 steigen;

    ii) dass auf die Lage der öffentlichen Finanzen geachtet wird und bei einer Verschlechterung, die zu einer Abweichung von den Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts führen würde, erforderlichenfalls Abhilfemaßnahmen getroffen werden.

    Arbeitsmärkte

    Der britische Arbeitsmarkt gehört zu den Spitzenreitern in der EU. Im Jahr 2000 übertraf das Vereinigte Königreich mit einer Gesamterwerbstätigenquote von 71,5 %, einer Frauenerwerbstätigenquote von 64,8 % und einer Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer von 50,8 % sämtliche in Lissabon/Stockholm formulierten Beschäftigungsziele. In den letzten Monaten ist die Arbeitslosigkeit leicht gestiegen (auf saisonbereinigt 5,1 % im Dezember 2001), doch liegt sie kaum über dem niedrigsten Stand der beiden vergangenen Jahrzehnte, ebenso wie die Langzeitarbeitslosigkeit, deren Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit sich rückläufig entwickelt. Die Palette der aktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit wurde verbessert, während die jüngsten Reformen der Leistungsverwaltung ein stärker arbeitsbezogenes Konzept für arbeitsfähige Bezieher von Krankengeld und Erwerbsunfähigkeitsleistungen einführen werden. Dennoch ist die Anzahl der Personen im arbeitsfähigen Alter, die Krankengeld und Erwerbsunfähigkeitsleistungen verlangen, auf fast 2,6 Millionen im Mai 2001 angestiegen und liegt damit um 2,6 % höher als im vergangenen Jahr. Mehr als 2 Millionen von ihnen beziehen diese Leistungen seit einem Jahr oder länger. Obwohl die Arbeitslosigkeit in allen Regionen und Ländern des Vereinigten Königreichs zurückgegangen ist, gibt es weiterhin Gemeinden mit hohen Erwerbslosigkeitsquoten. Zwar hat das Beschäftigungsgefälle zwischen den Regionen weiter zugenommen, doch sind die Unterschiede innerhalb von Regionen weiterhin größer als die Unterschiede zwischen ihnen. Die Konzentration der Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit auf einige Regionen bereitet weiter Sorge. Oberste Priorität für das Vereinigte Königreich sollte es bei gleichzeitiger energischer Umsetzung aller der vom Rat im Februar 2002 angenommenen beschäftigungspolitischen Empfehlungen deshalb sein,

    i) die auf die potenziell am stärksten von Arbeitslosigkeit oder Nicht-Erwerbstätigkeit betroffenen Bevölkerungsgruppen und Einzelpersonen ausgerichteten aktiven Maßnahmen zu verstärken und

    ii) die Leistungssysteme für Krankheit und Erwerbsunfähigkeit zu reformieren, um Menschen, die in der Lage sind zu arbeiten, die entsprechenden Möglichkeiten und Anreize zu geben.

    Produktmärkte, unternehmerische Initiative und wissensbasierte Wirtschaft

    Mit einer geringen Regulierungsdichte und niedrigen Körperschaftsteuern begünstigen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Vereinigten Königreich die unternehmerische Initiative. Die staatlichen Beihilfen zählen zu den geringsten in der EU, und die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige ist gut vorangekommen. Dennoch ist das Produktivitätsniveau im Vereinigten Königreich nach wir vor relativ gering, was zum Teil auf den schwachen Wettbewerb in einigen Sektoren (Privatkundengeschäft des Bankensektors, Postdienstleistungen und freie Berufe), den Mangel an qualifizierten Fachkräften und fehlende Investitionen in der Wirtschaft, einschließlich öffentliche Dienstleistungen und Eisenbahn, zurückzuführen ist. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat in ihrem Zehnjahresplan für den Verkehr einen substanziellen Anstieg der Investitionen für diesen Sektor angekündigt. Der unabhängigen "Wanless Review" über die langfristige Finanzierung der Gesundheitsfürsorge zufolge hat die Regierung zudem erhebliche zusätzliche Investitionen im staatlichen Gesundheitswesen angekündigt. Die Ausgaben des Vereinigten Königreichs für das Gesundheitswesen werden damit voraussichtlich von 7,7 % des BIP in diesem Jahr auf rund 9,4 % des BIP im Zeitraum 2007/2008 ansteigen. Die Quote der umgesetzten Binnenmarktrichtlinien lag im Vereinigten Königreich mit 98,7 % über dem angestrebten Wert von 98,5 %. Zur wissensbasierten Wirtschaft ist anzumerken, dass sowohl die IT-Ausgaben (in % des BIP) als auch der Internetzugang über dem EU-Durchschnitt liegen, auch wenn sich der Breitband-Internetzugang im Vereinigten Königreich bisher nur relativ schwach durchgesetzt hat. Oberste Priorität für das Vereinigte Königreich sollte es deshalb sein,

    i) aufbauend auf bestehenden Maßnahmen den Wettbewerb in Sektoren wie dem Privatkundengeschäft des Bankensektors, den Postdienstleistungen und den freien Berufen weiter zu steigern, und

    ii) die angekündigten Infrastrukturinvestitionen bei der Bahn durchzuführen, ein neues Bahninfrastrukturunternehmen zu errichten und die Regulierung des Eisenbahnsektors zu verbessern.

    Geschehen zu Sevilla am 21. Juni 2002.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    R. De Rato Y Figaredo

    (1) Die neue Regierung hat vorgeschlagen, den besonderen Rentensparplan (SP) mit Wirkung ab 2001 von einer Steuerlösung mit Umverteilungscharakter auf ein individuelles Rentenpflichtsystem umzustellen. Für den Vorschlag gibt es die im Parlament erforderliche Mehrheit. Die Umstellung wird das Niveau des gesamtstaatlichen Überschusses ab dem Jahr 2002 um ca. 0,5 Prozentpunkte des BIP senken, da die Ersparnisbildung nach der Umstellung in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen als private und nicht als öffentliche Ersparnis erfasst wird. Dies entspricht der Berichterstattung zu Defiziten und Schuldenstand vom 28. Februar 2002.

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