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Document 32000D0228

2000/228/EG: Beschluß des Rates vom 13. März 2000 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2000

ABl. L 72 vom 21.3.2000, p. 15–20 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 31/12/2000

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2000/228/oj

32000D0228

2000/228/EG: Beschluß des Rates vom 13. März 2000 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2000

Amtsblatt Nr. L 072 vom 21/03/2000 S. 0015 - 0020


Beschluß des Rates

vom 13. März 2000

über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2000

(2000/228/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 128 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(3),

nach der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und Arbeitsmarkt,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Beschäftigung ist nach wie vor die oberste Priorität der Europäischen Union. Es müssen weiterhin anhaltend koordinierte Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur dauerhaften Verbesserung des derzeitigen Beschäftigungsniveaus durchgeführt werden.

(2) Der auf die koordinierte europäische Beschäftigungsstrategie gegründete Luxemburg-Prozeß wurde auf der Sondertagung des Europäischen Rates über Beschäftigungsfragen vom 20. und 21. November 1997 eingeleitet. Mit der Entschließung des Rates vom 15. Dezember 1997 zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1998(4), die vom Europäischen Rat bestätigt wurde, wurde ein Prozeß eingeleitet, der sich durch eine große Öffentlichkeitswirkung, klare politische Verpflichtungen und eine weitreichende Akzeptanz bei allen Beteiligten auszeichnet.

(3) Die Entschließung des Rates vom 22. Februar 1999 zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1999(5) hat durch Umsetzung der Leitlinien eine Konsolidierung des Luxemburg-Prozesses ermöglicht.

(4) Der Beitrag der Sozialpartner im Rahmen des Ständigen Ausschusses für Beschäftigungsfragen, des sozialen Dialogs und der Zusammenkünfte mit den Staats- und Regierungschefs und der Kommission sollte berücksichtigt werden.

(5) Die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und Arbeitsmarkt wurde gemeinsam mit dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik ausgearbeitet.

(6) Der von Rat und Kommission ausgearbeitete Gemeinsame Beschäftigungsbericht für 1999 legt die Beschäftigungslage in der Gemeinschaft dar und überprüft anhand der Leitlinien für 1999 die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Durchführung ihrer Beschäftigungspolitik.

(7) Der Rat hat am 14. Februar 2000 Empfehlungen zur Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten angenommen.

(8) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 3. und 4. Juni 1999 in Köln einen Europäischen Beschäftigungspakt initiiert, der die Grundlage für eine nachhaltige und umfassende Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung bietet und der koordinierten Beschäftigungsstrategie (Luxemburg-Prozeß) und den Wirtschaftsreformen (Cardiff-Prozeß) mit dem Makroökonomischen Dialog (Köln-Prozeß) einen dritten Aktionsschwerpunkt hinzugefügt hat.

(9) Die Übereinstimmung und Synergie der beschäftigungspolitischen Leitlinien mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik muß gewährleistet werden.

(10) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki Schlußfolgerungen zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien für 2000 angenommen; die Leitlinien enthalten eine begrenzte Anzahl von Änderungen, durch die sie stärker und genauer auf die angestrebten Ziele ausgerichtet werden.

(11) Die notwendigen präventiven und aktiven Maßnahmen sollten eine effektive Eingliederung in den Arbeitsmarkt fördern.

(12) Es sind verstärkt Kenntnisse in den Informationstechnologien zu vermitteln; auch ist dafür zu sorgen, daß die Schulen mit Computern ausgerüstet werden und Zugang zum Internet erhalten.

(13) Es ist notwendig, die Sozialpartner auf allen Ebenen wie auch die regionalen und lokalen Behörden an der Umsetzung der Leitlinien zu beteiligen, damit sie in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus beitragen können.

(14) Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen sollen bei der Durchführung präventiver und aktiver Maßnahmen und der Ermittlung von Beschäftigungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene eine wichtige Rolle übernehmen, um das Funktionieren des Arbeitsmarktes zu verbessern.

(15) Die Durchführung der Leitlinien kann sich je nach ihrer Art, ihren Adressaten und der unterschiedlichen Ausgangslage in den einzelnen Mitgliedstaaten anders gestalten. Sie sollten das Subsidiaritätsprinzip sowie die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich der Beschäftigung wahren.

(16) Die Mitgliedstaaten sollen bei der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip die Möglichkeit haben, regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen, wobei uneingeschränkt darauf zu achten ist, daß die nationalen Ziele erreicht und alle Bürger gleich behandelt werden.

(17) Insbesondere um die Auswirkungen nationaler Initiativen hinsichtlich des Arbeitsplatzpotentials zu prüfen, muß beobachtet werden, wie sich die Richtlinie 1999/85/EG(6) auswirkt, nach der die Möglichkeit vorgesehen ist, versuchsweise auf arbeitsintensive Dienstleistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.

(18) Die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien könnte eine positive Rolle bei der Bewältigung des Problems nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit spielen.

(19) Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind übereingekommen, die Arbeiten in bezug auf Indikatoren und Systeme zur Erhebung vergleichbarer Daten fortzusetzen und zu beschleunigen; dies ermöglicht eine Bewertung der Umsetzung und Auswirkung der beigefügten Leitlinien und eine Weiterentwicklung der in ihnen niedergelegten gemeinschaftlichen und nationalen Ziele. Den bewährten Praktiken der Mitgliedstaaten sollte ebenfalls Rechnung getragen werden.

(20) Es wäre nützlich, eine Halbzeitbewertung der beschäftigungspolitischen Leitlinien im Laufe des Jahres 2000 vorzunehmen, um die Leitlinien innerhalb der bestehenden Struktur der vier Schwerpunkte zu straffen und zu konsolidieren.

(21) Zielgerichtete einzelstaatliche Berichte, die sich auf Indikatoren stützen, ermöglichen eine wirksame Überprüfung durch Sachverständige seitens der anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mit dem Ziel, die von den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Leitlinien erzielten Fortschritte zu bewerten.

(22) Der Beitrag des Europäischen Sozialfonds zur europäischen Beschäftigungsstrategie sollte im neuen Programmplanungszeitraum hervorgehoben werden.

(23) Der Europäische Rat von Amsterdam hat sich für eine nachhaltige Entwicklung und die Einbeziehung von Umweltbelangen in andere Bereiche der Gemeinschaftspolitik ausgesprochen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, dem in ihren nationalen Beschäftigungsstrategien Rechnung zu tragen, indem sie die Schaffung von Arbeitsplätzen im Umweltbereich fördern -

BESCHLIESST:

Einziger Artikel

Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2000 werden angenommen. Diese werden von den Mitgliedstaaten in ihrer Beschäftigungspolitik berücksichtigt.

Geschehen zu Brüssel am 13. März 2000.

Im Namen des Rates

Der Präsident

E. Ferro Rodrigues

(1) Stellungnahme vom 4. November 1999 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2) ABl. C 368 vom 20.12.1999, S. 31.

(3) ABl. C 57 vom 29.2.2000, S. 17.

(4) ABl. C 30 vom 28.1.1998, S. 1.

(5) ABl. C 69 vom 12.3.1999, S. 2.

(6) ABl. L 277 vom 28.10.1999, S. 34.

ANHANG

BESCHÄFTIGUNGSPOLITISCHE LEITLINIEN FÜR DAS JAHR 2000

I. VERBESSERUNG DER BESCHÄFTIGUNGSFÄHIGKEIT

Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Verhütung von Langzeitarbeitslosigkeit

Zur Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit werden sich die Mitgliedstaaten verstärkt bemühen, präventive Strategien auszuarbeiten, die auf eine frühzeitige Ermittlung der individuellen Bedürfnisse und auf die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit abzielen. Binnen einer von den Mitgliedstaaten selbst festzulegenden Frist, die - außer in Mitgliedstaaten mit besonders hoher Arbeitslosigkeit - drei Jahre nicht überschreiten darf, werden die Mitgliedstaaten sicherstellen,

1. daß allen arbeitslosen Jugendlichen innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein Neuanfang in Form einer Ausbildung, einer Umschulung, eines Erwerbs von Berufserfahrung, eines Arbeitsplatzes oder einer anderen die Beschäftigungsfähigkeit fördernden Maßnahme ermöglicht wird, wobei eine effektive Eingliederung in den Arbeitsmarkt anzustreben ist;

2. daß arbeitslosen Erwachsenen innerhalb von zwölf Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit durch eines der vorgenannten Mittel oder genereller durch individuelle Betreuung in Form von Berufsberatung ebenfalls ein Neuanfang ermöglicht wird, wobei eine effektive Eingliederung in den Arbeitsmarkt anzustreben ist.

Diese präventiven, auf die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit abstellenden Maßnahmen sollten mit Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen verknüpft werden. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten die Modernisierung ihrer öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen fortsetzen, so daß sie die Strategie der Prävention und Aktivierung möglichst effizient umsetzen können.

Übergang von passiven zu aktiven Maßnahmen

Sozialleistungs-, Steuer- und Ausbildungssysteme sind - soweit erforderlich - zu überprüfen und so anzupassen, daß sie zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte beitragen. Überdies sollten diese Systeme in ihrem Zusammenwirken die Anreize für eine Rückkehr ins Erwerbsleben erhöhen.

3. Jeder Mitgliedstaat wird sich daher bemühen, die Zahl der Personen, die in den Genuß aktiver Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit kommen, spürbar zu erhöhen, wobei eine effektive Eingliederung in den Arbeitsmarkt anzustreben ist. Damit einer größeren Anzahl an Arbeitslosen eine Ausbildung oder eine andere entsprechende Maßnahme angeboten wird, setzt sich jeder Mitgliedstaat insbesondere zum Ziel, nach Maßgabe seiner Ausgangssituation eine schrittweise Annäherung an den Durchschnitt der drei in dieser Hinsicht erfolgreichsten Mitgliedstaaten, mindestens aber einen Anteil von 20 %, zu erreichen.

4. Jeder Mitgliedstaat wird seine Sozialleistungs- und Steuersysteme überprüfen und gegebenenfalls neu ausrichten,

- um Arbeitslosen und anderen Nichterwerbstätigen Anreize zu bieten, sich um Arbeit oder um die Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit zu bemühen und entsprechende Angebote wahrzunehmen, und um Arbeitgebern Anreize zu bieten, neue Arbeitsplätze zu schaffen;

- außerdem ist es wichtig, eine Politik zugunsten des "aktiven Alterns" auf den Weg zu bringen, die unter anderem auf die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, auf lebensbegleitendes Lernen und auf die Einführung flexibler Arbeitsmodelle abstellt. Älteren Arbeitskräften soll dadurch ermöglicht werden, länger erwerbstätig zu bleiben.

Förderung eines Partnerschaftskonzepts

Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten allein reichen nicht aus, um die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte im gewünschten Umfang zu fördern.

5. Daher werden die Sozialpartner nachdrücklich aufgefordert, innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeits- und Einflußbereichs so bald wie möglich Vereinbarungen zu treffen, um zusätzliche Möglichkeiten für Ausbildung, Erwerb von Berufserfahrung, Praktika oder sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit arbeitsloser Jugendlicher und Erwachsener zu schaffen und diesen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

6. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Sozialpartner werden sich bemühen, zur Heranbildung qualifizierter und anpassungsfähiger Arbeitskräfte die Möglichkeiten für lebensbegleitendes Lernen, insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, auszubauen. Jeder Mitgliedstaat wird - unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Gegebenheiten - eine Zielvorgabe für Personen festlegen, die in den Genuß entsprechender Maßnahmen kommen. Dabei ist insbesondere dafür zu sorgen, daß entsprechende Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer leicht zugänglich sind.

Erleichterung des Übergangs von der Schule zum Beruf

Schulabbrecher, die nicht über die auf dem Arbeitsmarkt geforderten Qualifikationen verfügen, haben schlechte Aussichten auf einen Arbeitsplatz.

7. Die Mitgliedstaaten werden deshalb die Qualität ihres Schulsystems verbessern, damit die Zahl der Schulabbrecher spürbar verringert wird. Ein besonderes Augenmerk sollte auch Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten gelten.

8. Die Mitgliedstaaten werden dafür Sorge tragen, daß die Jugendlichen besser befähigt werden, sich an den technologischen und wirtschaftlichen Wandel anzupassen, und daß ihnen der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Qualifikationen vermittelt werden. Die Mitgliedstaaten widmen der Entwicklung und Modernisierung ihrer Lehrlingsausbildungs- und Berufsausbildungssysteme besondere Aufmerksamkeit, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, sowie der Entwicklung von Ausbildungskonzepten für die Vermittlung von Informatikkenntnissen an Schüler, Studenten und Lehrpersonal sowie der Ausrüstung der Schulen mit Computern und der Erleichterung des Internet-Zugangs für Schüler und Studenten bis Ende 2002.

Schaffung eines Arbeitsmarktes, der allen offensteht

Zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersonen bereitet es besondere Schwierigkeiten, geeignete Qualifikationen zu erwerben, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden und sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten. Hier ist ein ganzes Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen erforderlich, die darauf abstellen, die Eingliederung der Betreffenden in das Erwerbsleben zu fördern und Diskriminierungen zu bekämpfen.

9. Jeder Mitgliedstaat wird den Bedürfnissen behinderter Menschen, ethnischer Minderheiten und anderer Gruppen und Einzelpersonen, die möglicherweise benachteiligt sind, besondere Aufmerksamkeit schenken und geeignete präventive und aktive politische Ansätze entwickeln, um ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern.

II. ENTWICKLUNG DES UNTERNEHMERGEISTES

Erleichterung der Gründung und Führung von Unternehmen

Die Gründung neuer Unternehmen und das Wachstum von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind wesentliche Voraussetzungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Ausweitung von Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen. Zur Unterstützung dieses Prozesses sollten die Mitgliedstaaten in allen Teilen der Gesellschaft und auch im Rahmen der Lehrpläne das Verständnis für unternehmerische Tätigkeit fördern, für klare, dauerhafte und verläßliche Vorschriften sorgen und die Bedingungen für die Entwicklung der Risikokapitalmärkte und den Zugang zu diesen Märkten verbessern. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten den Verwaltungsaufwand und die Steuer- und Abgabenbelastung der KMU reduzieren und vereinfachen. Entsprechende Maßnahmen werden auch den Bemühungen der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit förderlich sein.

10. Die Mitgliedstaaten werden hierzu einer spürbaren Verringerung der Gemeinkosten und des Verwaltungsaufwands der Unternehmen, vor allem der KMU und insbesondere bei Unternehmensgründungen und bei der Einstellung zusätzlichen Personals besondere Aufmerksamkeit widmen.

11. Die Mitgliedstaaten werden die Entwicklung selbständiger Erwerbstätigkeit fördern. Zu diesem Zweck werden sie prüfen, welche Hindernisse - insbesondere in bezug auf Steuern und Sozialversicherung - der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit und der Gründung von Kleinunternehmen möglicherweise im Wege stehen und wie diese Hindernisse abgebaut werden können, und sie werden Schulungsmaßnahmen und gezielte Unterstützungsangebote für Unternehmer und angehende Unternehmer fördern.

Ausschöpfung neuer Möglichkeiten für die Schaffung von Arbeitsplätzen

Wenn die Europäische Union das Beschäftigungsproblem in den Griff bekommen will, müssen alle Möglichkeiten für die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie neue Technologien und Innovationen effektiv genutzt werden.

12. Die Mitgliedstaaten werden daher Maßnahmen fördern, die darauf abzielen, die Möglichkeiten für die Schaffung von Arbeitsplätzen auf lokaler Ebene und in der Solidarwirtschaft, insbesondere in neuen Tätigkeitsfeldern, in denen es um die Befriedigung eines vom Markt noch nicht abgedeckten Bedarfs geht, voll auszuschöpfen. Sie werden hierbei untersuchen, welche Hindernisse dem entgegenstehen und wie diese Hindernisse abgebaut werden können. Hierbei ist die besondere Rolle und Verantwortung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, der anderen Partner auf regionaler und lokaler Ebene sowie der Sozialpartner in stärkerem Maße zu berücksichtigen und zu fördern. Außerdem sollte die Rolle der Arbeitsverwaltung bei der Ermittlung von Beschäftigungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene und der Verbesserung der Funktionsweise der lokalen Arbeitsmärkte in vollem Umfang zum Tragen kommen.

13. Die Mitgliedstaaten werden Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, das Beschäftigungspotential des Dienstleistungssektors und der industrienahen Dienstleistungen voll zu nutzen, u. a. durch Erschließung des Beschäftigungspotentials der Informationsgesellschaft und des Umweltsektors, um mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen.

Beschäftigungsfreundlichere Gestaltung der Steuersysteme

und Umkehr des langfristigen Trends zu einer höheren Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit (Anstieg von 35 % im Jahr 1980 auf über 42 % im Jahr 1995).

14. Jeder Mitgliedstaat wird - soweit erforderlich und unter Berücksichtigung des jeweiligen nationalen Steuer- und Abgabenniveaus - eine Zielvorgabe für eine schrittweise Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung insgesamt und, wo angebracht, für eine schrittweise Senkung der Steuerbelastung der Arbeit und der Lohnnebenkosten, insbesondere bei gering qualifzierter und niedrig bezahlter Arbeit, festlegen, ohne dabei jedoch die Sanierung der öffentlichen Haushalte und das finanzielle Gleichgewicht der Sozialversicherungssysteme in Frage zu stellen. Dabei prüft er gegebenenfalls, ob die Einführung einer Energiesteuer, einer Besteuerung von Schadstoffemissionen oder sonstiger steuerlicher Maßnahmen zweckmäßig ist.

III. FÖRDERUNG DER ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DER UNTERNEHMEN UND IHRER BESCHÄFTIGTEN

Modernisierung der Arbeitsorganisation

Um die Modernisierung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsformen zu fördern, sollte eine starke Partnerschaft auf allen geeigneten Ebenen (europäische, nationale, sektorale, lokale und Unternehmensebene) aufgebaut werden.

15. Die Sozialpartner werden aufgefordert, auf allen geeigneten Ebenen Vereinbarungen zur Modernisierung der Arbeitsorganisation - auch Modelle zur Flexibilisierung der Arbeit - auszuhandeln und umzusetzen, um Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit zu erreichen. Gegenstand entsprechender Vereinbarungen könnten z. B. Aus- und Weiterbildung und Umschulung, die Einführung neuer Technologien, neue Arbeitsformen oder Fragen der Arbeitszeit sein, wie die Einführung einer Jahresarbeitszeit, Arbeitszeitverkürzungen, der Abbau von Überstunden, der Ausbau von Teilzeitarbeit, der Zugang zu Aus- und Weiterbildung und Möglichkeiten für eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit.

16. Jeder Mitgliedstaat wird prüfen, ob es zweckmäßig ist, in seinen Rechtsvorschriften flexiblere Formen von Arbeitsverträgen vorzusehen, um der zunehmenden Vielfalt der Beschäftigungsformen Rechnung zu tragen. Personen, die im Rahmen derartiger Verträge beschäftigt sind, sollten zugleich in den Genuß einer ausreichenden Sicherheit und eines besseren Arbeitnehmerstatus gelangen, wobei den Erfordernissen der Unternehmen Rechnung zu tragen ist.

Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen

Im Hinblick auf die Weiterqualifizierung der Beschäftigten in den Unternehmen

17. werden die Mitgliedstaaten die Hemmnisse insbesondere steuerlicher Art überprüfen und gegebenenfalls beseitigen, die Investitionen in die Humanressourcen im Wege stehen, und erforderlichenfalls steuerliche oder sonstige Anreize für innerbetriebliche Fortbildungsmaßnahmen vorsehen. Sie werden ferner neue Regelungen wie auch den bestehenden Regelungsrahmen daraufhin prüfen, ob sie dazu beitragen, Beschäftigungshemmnisse zu verringern und die Fähigkeit des Arbeitsmarktes zur Anpassung an den Strukturwandel der Wirtschaft zu verbessern.

IV. VERSTÄRKUNG DER MASSNAHMEN ZUR FÖRDERUNG DER CHANCENGLEICHHEIT FÜR FRAUEN UND MÄNNER

Durchgängige Verwirklichung der Chancengleichheit (Gender Mainstreaming)

Nach wie vor sehen sich Frauen mit besonderen Problemen konfrontiert, wenn es um den Zugang zum Arbeitsmarkt, um das berufliche Fortkommen, um das Arbeitsentgelt und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Daher ist es unter anderem wichtig,

- sicherzustellen, daß aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen Frauen in dem Umfang zugänglich gemacht werden, wie es ihrem Anteil an den Arbeitslosen entspricht;

- etwaige Negativanreize in den Steuer- und Sozialleistungssystemen abzubauen, da diese sich negativ auf die Erwerbsquote von Frauen auswirken können;

- besondere Aufmerksamkeit den Hindernissen zu widmen, denen sich Frauen gegenübersehen, wenn sie ein Unternehmen gründen oder sich selbständig machen wollen;

- sicherzustellen, daß Frauen flexible Formen der Arbeitsorganisation auf freiwilliger Basis nutzen können.

18. Die Mitgliedstaaten werden daher der durchgängigen Verwirklichung der Chancengleichheit bei der Umsetzung der Leitlinien im Rahmen aller vier Aktionsschwerpunkte Rechnung tragen. Um eine aussagekräftige Bewertung der in diesem Bereich erzielten Fortschritte zu ermöglichen, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, daß geeignete Datenerhebungssysteme und -verfahren zur Verfügung stehen.

Abbau der geschlechtsspezifischen Unterschiede am Arbeitsmarkt

Der Wille der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner zur Förderung der Chancengleichheit sollte sich in einer höheren Erwerbstätigenquote der Frauen niederschlagen. Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten ihr Augenmerk auch auf das Ungleichgewicht zwischen Frauen- und Männeranteil in bestimmten Wirtschaftsbereichen und Berufen sowie auf die Verbesserung der beruflichen Aufstiegschancen von Frauen richten.

19. Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, die geschlechtsspezifische Diskrepanz der Arbeitslosenquoten zu verringern, indem sie aktiv auf ein höheres Beschäftigungsniveau bei den Frauen und auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in allen Wirtschaftsbereichen und Berufen hinarbeiten. Sie werden die Förderung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit sowie die Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern vorantreiben. Zum Abbau geschlechtsspezifischer Diskriminierung werden die Mitgliedstaaten auch einen verstärkten Einsatz von Frauenfördermaßnahmen in Erwägung ziehen.

Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Möglichkeiten zur Unterbrechung der Berufstätigkeit, Elternurlaub und Teilzeitarbeit wie auch flexible Arbeitsregelungen, die sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer nutzen, sind für Frauen wie Männer von besonderer Bedeutung. Die Umsetzung der verschiedenen Richtlinien und der Vereinbarungen der Sozialpartner in diesem Bereich sollte beschleunigt vorangetrieben und regelmäßig überprüft werden. Es ist für ein ausreichendes und hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder und pflegebedürftige Personen zu sorgen, um Frauen und Männern den Zugang zum Arbeitsmarkt und eine dauerhafte Erwerbstätigkeit zu erleichtern. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist die ausgewogene Aufgabenteilung in der Familie. Um die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu fördern,

20. werden die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner eine familienfreundliche Politik erarbeiten, umsetzen und vorantreiben und dabei u. a. die Bereitstellung bezahlbarer, leicht zugänglicher und hochwertiger Betreuungsangebote für Kinder und pflegebedürftige Personen sowie Elternurlaubsregelungen und sonstige Möglichkeiten einer vorübergehenden Arbeitsbefreiung vorsehen.

Erleichterung der Rückkehr ins Erwerbsleben

Wer nach einer Berufspause in den Arbeitsmarkt zurückkehrt, muß unter Umständen feststellen, daß seine Qualifikationen veraltet sind und daß es schwierig ist, Zugang zu Berufsbildungsmaßnahmen zu erhalten.

21. Die Mitgliedstaaten werden der Situation von Frauen und Männern, die nach einer Berufspause ins Erwerbsleben zurückkehren wollen, besondere Aufmerksamkeit widmen und hierzu prüfen, wie sich die Hindernisse bei der Wiedereingliederung schrittweise beseitigen lassen.

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