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Document 31997M0894

    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 24/04/1997 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M.894 - RHEINMETALL/BRITISH AEROSPACE/STN ATLAS) gemäss der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Nur der Deutsche Text ist verbindlich)

    ABl. C 213 vom 15.7.1997, p. 7–7 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    31997M0894

    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 24/04/1997 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M.894 - RHEINMETALL/BRITISH AEROSPACE/STN ATLAS) gemäss der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Nur der Deutsche Text ist verbindlich)

    Amtsblatt Nr. C 213 vom 15/07/1997 S. 0007


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 24/04/1997 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M.894 - RHEINMETALL / BRITISH ÄROSPACE / STN ATLAS) gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates

    (Nur der Deutsche Text ist verbindlich).

    Die gedruckte Fassung der Entscheidung ist bei den Verkaufsstellen des Amtes für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften.

    ÖFFENTLICHE VERSION

    FUSIONSVERFAHREN

    ARTIKEL 6(1)(b) ENTSCHEIDUNG

    Einschreiben mit Empfangsbestätigung

    An die anmeldenden Parteien

    Betr.: Fall Nr. IV/M. 894 - Rheinmetall/British Ärospace/STN Atlas

    Anmeldung vom 7. März 1997 nach Artikel 4 der Verordnung (EG) des Rates Nr. 4064/89

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Am 7. März 1997 haben die Rheinmetall AG (Rheinmetall) und die British Ärospace Public Limited Company (BA) das Vorhaben angemeldet, die gemeinsame Kontrolle an der STN ATLAS Elektronik GmbH (STN) zu erwerben.

    Um die volle Wirksamkeit jeder späteren Entscheidung zu gewährleisten, hat die Kommission am 26. März 1997 beschlossen, daß der Vollzug des Zusammenschlusses bis zum Erlaß einer endgültigen Entscheidung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Artikel 7 Absatz 2 und 18 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung ausgesetzt bleibt.

    Am 1. April 1997 hat das Bundeskartellamt, mit Schreiben vom 26. März 1997, in Übereinstimmung mit dem deutschen Bundesministerium für Wirtschaft die Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung fristgemäß von seiner Meinung unterrichtet, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung von Rheinmetall als Systemträger für gepanzerte Fahrzeuge in Deutschland zu entstehen droht.

    I. Die Parteien

    Rheinmetall ist eine Holdinggesellschaft, die über ihre Beteiligungen in den Geschäftsbereichen Maschinenbau, Automobiltechnik, zivile Elektronik, Wehrtechnik und Bürosysteme tätig ist.

    BA ist in den Bereichen militärische Ausrüstungsgegenstände, zivile Luftfahrzeuge sowie Vermietung, Verpachtung und Management von Grundstücken tätig.

    STN ist Hersteller von Produkten der Marinetechnik, Schiffselektronik, Systemtechnik und Simulationstechnik.

    II. Das Vorhaben

    Die Parteien beabsichtigen, in mehreren Schritten die gemeinsame Kontrolle über STN vom Bremer Vulkan (im Konkursverfahren) zu erwerben. 51% der Geschäftsanteile an STN sollen von der STN Holding und 49% von BA gehalten werden. An der STN Holding sollen Rheinmetall mit 51% und die Badenwerk AG mit 49% beteiligt sein. Diese endgültige Beteiligungstruktur ist Gegenstand der Anmeldung.

    III. Zusammenschluß

    Rheinmetall und BA werden jeweils die gemeinsame Kontrolle an STN erwerben. Ziffer 4.2.4. des zwischen STN Holding, Rheinmetall und BA geschlossenen Shareholders´Agreement enthält einen Katalog von Geschäften, für die die Geschäftsführung nach Ziffer 4.32. des Shareholders´ Agreement die Zustimmung von [Geschäftsgeheimnis] der Stimmen aller Gesellschafter und damit sowohl der STN Holding als auch der BA braucht. An der STN Holding hält Rheinmetall 51% der Anteile und Badenwerk 49%. Rheinmetall hat gemäß Ziffer 2 (b) der Vereinbarung zwischen Badenwerk und Rheinmetall vom 20. November 1996 alleinige Kontrolle an der STN Holding. Zu den Geschäften, bei denen [Geschäftsgeheimnis] der Stimmen aller Gesellschafter erforderlich sind, gehören insbesondere die Verabschiedung des jährlichen Finanz- und Geschäftsplans für die Gesellschaft einschließlich der Cash-Flow-Übersicht und der Planbilanz [Geschäftsgeheimnis].

    STN wird auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfuellen und nicht lediglich oder ganz überwiegend Hilfsfunktionen für seine Muttergesellschaften übernehmen. STN war bereits bisher unabhängig von den Parteien am Markt tätig.

    Das Gemeinschaftsunternehmen bezweckt oder bewirkt auch nicht die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens voneinander unabhängiger Unternehmen, die geeignet ist, zu einer Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des EG-Vertrages zu führen. Rheinmetall und BA sind nach den Angaben der Parteien weder auf denselben geographisch und sachlich relevanten Märkten wie STN noch auf Märkten tätig, die dem Gemeinschaftsunternehmen vor- oder nachgelagert sind. Überschneidende Tätigkeitsgebiete gibt es nur zwischen jeweils einem der Gesellschafter und STN. In den Märkten für Artilleriemunition/-treibladungen und Maschinenwaffen/-munition sind Rheinmetall und BA auf denselben sachlich relevanten Märkten tätig und besitzen zum Teil sehr hohe Marktanteile in ihren jeweiligen Heimatmärkten. Es handelt es sich dabei jedoch um unterschiedliche räumliche Märkte.

    IV. Gemeinschaftsweite Bedeutung

    Der weltweite Gesamtumsatz von Rheinmetall, BA und STN beträgt mehr als 5 Milliarden ECU (Rheinmetall über 3 Mrd. ECU, BA über 5 Mrd. ECU). Rheinmetall (über 2 Mrd. ECU), BA (über 2 Mrd. ECU) und STN (über 500 Mio. ECU) erzielen jeweils einen gemeinschaftsweiten Umsatz von mehr als 250 Millionen ECU. Rheinmetall und STN haben in Deutschland mehr als 2/3 ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes erzielt. BA hat in keinem Mitgliedstaat mehr als 2/3 seines gemeinschaftsweiten Umsatzes erzielt. Bei den Umsatzangaben ist jeweils auf 1995 abgestellt worden, weil geprüfte Zahlen für 1996 noch nicht vorliegen.

    V. Wettbewerbliche Beurteilung

    Nach Angaben der Parteien haben Rheinmetall und STN sich teilweise berührende geschäftliche Tätigkeiten bei militärischen Fahrzeugen (Rheinmetall) sowie Feuerleitsystemen und Flugabwehrsystemen, die in diese Fahrzeugsysteme eingebaut werden (STN). BA und STN haben nach Angaben der Parteien sich teilweise überschneidende geschäftliche Tätigkeiten bei Produkten der Marinetechnik, Simulationstechnik und Flugabwehrrakten sehr kurzer Reichweite. Rheinmetall und BA haben nach Angaben der Parteien sich teilweise überschneidende geschäftliche Tätigkeiten bei Waffen und Munition.

    Keine Überschneidungen gibt es nach Angaben der Parteien im Maschinenbau, in der Automobiltechnik, industriellen Elektronik, bei Bürosystemen, in denen nur Rheinmetall tätig ist, bei der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von militärischen und zivilen Luftfahrzeugen und bei Lenkwaffen, in denen nur BA tätig ist, sowie bei Schiffselektronik (nur STN).

    1. Relevante Produktmärkte

    a) Systemträger für gepanzerte Fahrzeuge

    In Bezug auf diese Produkte ist der Fall durch eine am 24.04.1997 getroffene Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 9 der Fusionskontrollverordnung an die zuständige Wettbewerbsbehörde der Bundesrepublik Deutschland verwiesen worden. Hinsichtlich dieser Märkte hat die Kommission festgestellt, daß das Zusammenschlußvorhaben eine beherrschende Stellung auf einem Markt zu begründen oder zu verstärken droht, durch die wirksamer Wettbewerb auf einem Markt in der Bundesrepublik Deutschland, der alle Merkmale eines gesonderten Marktes aufweist, erheblich behindert würde.

    b) Marinetechnik

    Im Bereich der Marinetechnik lassen sich nach Angaben der Parteien die folgenden durch den Zusammenschluß betroffenen Märkte unterscheiden:

    - Führungs- und Waffeneinsatzsysteme (FÜWES) für Überwasserkriegsschiffe,

    - Feuerleitsysteme für Überwasserkriegsschiffe,

    - FÜWES für U-Boote,

    - Torpedos,

    - Sonare.

    Eine weitere Abgrenzung der sachlich relevanten Märkte für Produkte der Marinetechnik ist jedoch nicht notwendig, weil in allen untersuchten alternativen Märkten wirksamer Wettbewerb weder im EWR noch in einem wesentlichen Teil dieses Gebiets erheblich behindert würde.

    c) Simulationstechnik

    In Bezug auf Produkte der Simulationstechnik müssen zunächst militärische und zivile Simulatoren unterschieden werden. Bei militärischen Simulatoren bilden Simulatoren für die Marine-, Fahr- und Flugsimulation (sog. Indoor Simulators) und Simulatoren im Gefechtsfeld mit der Schieß- und Gefechtssimulation (sog. Outdoor Simulators) getrennte Produktmärkte.[ Vgl. Fall Nr. IV/M.620 - Thomson-CSF/Teneo/Indra, Ziffer 27] Bei zivilien Simulatoren lassen sich Flugsimulatoren und Simulatoren für Atomkraftwerke unterscheiden[Ebenda]. Durch den Zusammenschluß betroffen werden nach Angaben der Parteien die Märkte für militärische Indoor und Outdoor Simulatoren. Eine weitere Abgrenzung dieser Märkte, z.B. bei Indoor Simulatoren nach Art des simulierten militärischen Trägers (z.B. Flugzeuge, Panzer, U-Boote), ist nicht notwendig, weil in allen untersuchten alternativen Märkten wirksamer Wettbewerb weder im EWR noch in einem wesentlichen Teil dieses Gebiets erheblich behindert würde.

    d) Flugabwehrsysteme sehr kurzer Reichweite

    Flugabwehrsysteme sehr kurzer Reichweite (VSHORAD - Very Short Range Air Defence) sind Flugabwehrsysteme mit einer Reichweite von bis zu 6 km. Sie dienen dazu ein Gebiet von Land oder von See aus vor einem Luftangriff zu schützen. VSHORAD sind zu unterscheiden von Flugabwehrsystemen kurzer Reichweite (SHORAD) und mittlerer Reichweite (Medium range surface-to-air weapon systems). Ein VSHORAD-System besteht aus Flugabwehrraketen auf der einen Seite und einem Einsatzsystem auf der anderen Seite. Rakete und Einsatzsysteme werden üblicherweise von verschiedenen Herstellern hergestellt und einzeln von den Verteidigungsministerien gekauft. Die Einsatzsysteme sind dabei häufig in der Lage, Raketen mehrerer Hersteller abzufeuern. VSHORAD-Raketen und -Einsatzsysteme sind somit getrennte Produktmärkte.

    2. Relevante geographische Märkte

    Sämtliche relevanten Märkte sind Rüstungsmärkte. Diese Märkte sind traditionell nationale Märkte, soweit für die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen nationale Anbieter vorhanden sind.[ Vgl. Fall Nr. IV/M.086 - Thomson/Pilkington, Ziffer 21-24, Fall Nr. IV/M.620 - Thomson-CSF/Teneo/Indra, Ziffer 26] Dies gilt demgemäß für die deutschen und britischen Rüstungsmärkte. Diese Einschätzung verkennt nicht die Bemühungen zur Gründung einer Europäischen Rüstungsagentur. Die Umsetzung des auf deren Gründung gerichteten Memorandum of Understanding durch Deutschland, England, Frankreich und Italien vom 12. November 1996 dürfte [Geschäftsgeheimnis].

    3. Auswirkungen des Zusammenschlusses

    In Bezug auf die Märkte für Marinetechnik, in denen sowohl BA als auch STN tätig sind, kommt es zu keinen geographischen Überschne idungen und somit nicht zu horizontalen Marktanteilsadditionen, da BA nur im Vereinigten Königreich tätig ist und STN in diesem geographischen Markt nicht vertreten ist.

    Im Markt für militärische Outdoorsimulatoren kommt es durch den Zusammenschluß zu keinen geographischen Überschneidungen, da BA in diesem Markt nur im Vereinigten Königreich tätig ist und STN in diesem geographischen Markt nicht vertreten ist. Bei militärischen Indoorsimulatoren kann zunächst festgestellt werden, daß sich BA auf Flugsimulatoren und Simulatoren für Flugabwehrwaffen spezialisiert hat, während STN auf die Herstellung von militärischen Landfahrzeugssimulatoren spezialisiert ist. Darüberhinaus kommt es auch in diesem Markt zu keinen geographischen Überschneidungen.

    Im Bereich der Flugabwehrsysteme sehr kurzer Reichweite ist BA nur im Markt für Raketen tätig, STN nur im Markt für Einsatzsysteme. Die von BA hergestellten Raketen werden nicht in Einsatzsystemen von STN eingesetzt. Auf diesen Märkten kommt es daher weder zu einer Marktanteilsaddition noch zu vertikalen Verschlusseffekten.

    VI. Ergebnis

    Aufgrund der oben getroffenen Feststellungen ist die Kommission (mit Ausnahme der Aspekte des Vorhabens in Bezug auf die Märkte für Systemträger oder -anbieter für gepanzerte Fahrzeuge) zu dem Ergebnis gelangt, daß das Zusammenschlußvorhaben nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung in den betroffenen Märkten führt und daher keinen Anlaß zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt oder dem EWR-Vertrag gibt.

    Aus diesen Gründen hat die Kommission entschieden, dem angemeldeten Zusammenschluß nicht zu widersprechen und ihn für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und mit der Funktionsfähigkeit des EWR-Abkommens zu erklären, soweit nicht die Märkte für Systemträgerschaft für gepanzerte Fahrzeuge betroffen sind. Diese Entscheidung beruht auf Art. 6(1) b der Fusionskontrollverordnung und Artikel 57 (2) a des EWR-Vertrages.

    Für die Kommission

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