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Document 31997D0257

    97/257/EG: Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 1996 über Beihilfevorhaben der Bundesrepublik Deutschland betreffend ein Bürgschaftsprogramm des Landes Brandenburg für Investitionsvorhaben in Polen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 102 vom 19.4.1997, p. 36–41 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1997/257/oj

    31997D0257

    97/257/EG: Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 1996 über Beihilfevorhaben der Bundesrepublik Deutschland betreffend ein Bürgschaftsprogramm des Landes Brandenburg für Investitionsvorhaben in Polen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    Amtsblatt Nr. L 102 vom 19/04/1997 S. 0036 - 0041


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 5. Juni 1996 über Beihilfevorhaben der Bundesrepublik Deutschland betreffend ein Bürgschaftsprogramm des Landes Brandenburg für Investitionsvorhaben in Polen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (97/257/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung in Anwendung der vorgenannten Artikel,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I

    (1) Die deutschen Behörden notifizierten der Kommission in einer Mitteilung vom 25. Januar 1995 eine Bürgschaftsregelung des Landes Brandenburg für Investitionsvorhaben in Polen ("Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften zur Teilfinanzierung von Vorhaben in der Republik Polen durch die Bürgschaftsbank Brandenburg"). Sie überreichten am 28. März, 16. Juni und 10. August 1995 sowie anläßlich einer Sitzung in Bonn am 23. Mai 1995 ergänzende Informationen.

    (2) Die Kommission beschloß am 31. Oktober 1995, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zu eröffnen. Mit Schreiben vom 27. Dezember 1995 teilte sie dies der deutschen Regierung mit und ersuchte sie um Stellungnahme innerhalb eines Monats. Dieses Schreiben wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 71 vom 9. März 1996 als Mitteilung an die anderen Mitgliedstaaten und sonstigen Beteiligten veröffentlicht, damit sich diese innerhalb eines Monats zu der fraglichen Maßnahme äußern.

    (3) Mit Schreiben vom 29. Januar 1996 unterbreitete die deutsche Regierung eine ausführliche Stellungnahme. Am 9. April 1996 ging eine Stellungnahme des Unternehmens Du Pont de Nemours International SA ein. Sie wurde der deutschen Regierung am 22. April 1996 per Fax zur Stellungnahme unterbreitet. Von den anderen Mitgliedstaaten ging keine Antwort ein.

    II

    (4) Das Bürgschaftsprogramm hat eine Laufzeit von 1995 bis 1998 und bietet Bürgschaften im Gesamtwert von 20 Mio. DM (10,5 Mio. ECU) jährlich an. Die deutschen Behörden rechnen mit der Gewährung von rund 20 Bürgschaften im Jahr.

    (5) Die Regelung ist bestimmt für

    - Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Brandenburg und

    - Personen mit Wohnsitz in Brandenburg,

    die Investitionsvorhaben in Polen durchführen wollen (Gemeinschaftsunternehmen, Existenzgründungen),

    und für Vorhaben, bei denen

    - brandenburgische Anteilseigner Gemeinschaftsunternehmen mit polnischen Gesellschaften oder

    - Unternehmen mit einer Betriebsstätte in Brandenburg in Polen Projektgesellschaften zum Zwecke der Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen gründen.

    (6) Die Bürgschaften werden ausschließlich für die Sektoren gewerbliche Wirtschaft, Gartenbau und freie Berufe gewährt.

    (7) Sie können für Darlehen zur Finanzierung von Investitionen, Betriebsmitteln und die Errichtung/Übernahme von Unternehmen sowie bestimmte Gewährleistungen und Garantiegewährungen gebilligt werden.

    (8) Die Laufzeit der Bürgschaften beträgt höchstens 15 Jahre (bei betrieblichen Bauvorhaben bis zu 23 Jahre). Der Begünstigte zahlt eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 0,75 % und eine jährliche Bürgschaftsprovision von 0,8 % des aufgenommenen Betrags. Das Ausfallrisiko wird nach Angaben der deutschen Behörden auf 10 % geschätzt.

    (9) Die Bürgschaften beschränken sich in jedem Fall auf 90 % des förderungswürdigen Darlehens, das höchstens 0,52 Mio. ECU beträgt. Das förderungswürdige Darlehen beläuft sich seinerseits auf höchstens 75 % der Projektkosten.

    (10) Die Beihilfeintensität der Bürgschaften (im Verhältnis zu den verbürgten Darlehen) wurde vorläufig auf 10 % geschätzt. Außerdem können die Bürgschaften mit anderen Beihilfen kumuliert werden.

    (11) Bei der Eröffnung des Verfahrens vertrat die Kommission die Auffassung, daß die Bürgschaften möglicherweise eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag bzw. des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen darstellen, da sie die antragstellenden Unternehmen wirtschaftlich begünstigen und geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Die Kommission stellte in Frage, ob und unter welchen Bedingungen Investitionsbeihilfen an in der Europäischen Union ansässige Unternehmen zur Förderung ihrer Geschäftstätigkeit außerhalb des EWR mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Die Beihilferegelung beschränkte sich nicht auf KMU. Außerdem bestand die Möglichkeit, daß die im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an KMU niedergelegten Hoechstgrenzen bei der Kumulierung verschiedener Arten von Beihilfen überschritten werden. Aufgrund dieser Ungewißheiten zog die Kommission keine der in Artikel 92 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Ausnahmeregelungen in Erwägung und eröffnete wegen der fraglichen Regelung das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2.

    III

    (12) Die deutschen Behörden übermittelten ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 29. Januar 1996. Für sie stellt die Bewilligung von Bürgschaften an Unternehmen in Brandenburg ein geeignetes Mittel dar, um die Standortnachteile Brandenburgs wegen seiner periphären Lage in der Europäischen Union auszugleichen. Diese Fazilität soll insbesondere KMU zugute kommen, die in der Regel nicht über das ausreichende Eigenkapital verfügen, um Darlehen für Investitionsvorhaben in Polen aufzunehmen. Im Gegensatz zu westeuropäischen Unternehmen können kleine und mittlere Unternehmen in Brandenburg keine zweckentsprechenden eigenen Sicherheiten bieten, um Geld am Kapitalmarkt zu erhalten.

    (13) Die Fazilität würde außerdem zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in der EU und in Polen beitragen. Ausländische Investitionen in Polen fördern außerdem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, stärken die Kapitalbasis seiner Unternehmen und erhöhen sein technisches und kommerzielles Know-how. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit dieser Art wird nicht nur im Europa-Abkommen der Europäischen Gemeinschaften mit Polen, sondern auch im Rahmen des gemeinschaftlichen PHARE-Programms und von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung angestrebt.

    (14) Die deutschen Behörden bestätigen, daß die Beihilfe kein diskriminierendes Element enthält, da alle Unternehmen mit einer Betriebsstätte in Brandenburg unabhängig von ihrem Hauptgeschäftssitz förderungswürdig sind.

    (15) Außerdem teilten die deutschen Behörden der Kommission mit, daß sie die ursprüngliche Mitteilung ändern werden, um die Regelung auf kleine und mittlere Unternehmen in Übereinstimmung mit der im einschlägigen KMU-Gemeinschaftsrahmen enthaltenen Definition (1) zu beschränken. Beihilfeanträge großer Unternehmen werden einzeln notifiziert. Folglich gehen die deutschen Behörden davon aus, daß die Regelung genehmigt werden kann, da sie in ihrer geänderten Fassung den "Richtlinien für Garantien des Landes Niedersachsen für Beteiligungen in Staaten, die sich in einem demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformprozeß befinden" (N 362/95) entspricht, die die Kommission am 20. Dezember 1995 genehmigte.

    (16) Die deutschen Behörden stellen die vorläufige Schätzung der Kommission in Frage, wonach die Beihilfeintensität der Bürgschaften eine Höhe von 10 % erreichen kann. Sie halten eine Beihilfeintensität von 1 bis 2 % des verbürgten Betrages für eine realistischere Bewertung. Im übrigen würden sich die meisten Anwendungsfälle unterhalb der De-minimis-Schwelle von 50 000 ECU je Unternehmen innerhalb von drei Jahren bewegen. Die Regelung sei dennoch notifiziert worden, weil die brandenburgischen Behörden Unternehmen, die die De-minimis-Fazilität bereits für andere Zwecke in Anspruch genommen haben, nicht ausschließen wollen.

    (17) Aus diesen Gründen vertreten die deutschen Behörden die Auffassung, daß die Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, weil sie die wirtschaftlichen Nachteile infolge der Teilung Deutschlands ausgleicht (Artikel 92 Absatz 2 Buchstabe c) EG-Vertrag).

    Außerdem trägt die Beihilferegelung zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten bei, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Dies gilt sowohl für die in Brandenburg (förderungswürdiges Gebiet aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag) als auch für die in Polen (das gemäß Artikel 63 Absatz 4 Buchstabe a) des Europa-Abkommens mit einem Gebiet gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) in der Gemeinschaft gleichgestellt ist) ansässigen Unternehmen.

    Abgesehen davon könnte die Beihilferegelung außerdem als Regelung zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete, im vorliegenden Fall von Brandenburg als Grenzgebiet zu Polen, angesehen werden, da sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag). Da es sich schließlich um eine Beihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen handelt, wäre die Regelung außerdem gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag (Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

    IV

    (18) Bei der Kommission ging eine Stellungnahme von Du Pont de Nemours International SA ein. Nach Ansicht des Unternehmens stellt die Regelung einen innovativen und pragmatischen Ansatz dar, um ausländische Investitionen in mittel- und osteuropäischen Ländern anzuziehen. Wirtschaftliche Umstrukturierungsmaßnahmen seien für die etwaige Integration dieser Länder in die Europäische Union eine wesentliche Voraussetzung.

    V

    Beihilfecharakter und Beihilfeintensität der Regelung

    (19) Indem brandenburgischen Anteilseignern an Gemeinschaftsunternehmen mit polnischen Gesellschaften oder in Polen von Unternehmen mit einer Betriebsstätte in Brandenburg gegründete Projektgesellschaften zum Zweck der Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen Beihilfen gewährt werden, werden bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die hierfür keine Beihilfen erhalten, begünstigt. Diese Maßnahmen stärken die Stellung der Beihilfeempfänger gegenüber Unternehmen, die für diese Tätigkeiten keine Beihilfen erhalten, und drohen demnach den Wettbewerb zu verfälschen. Im EWR ansässige Unternehmen können ebenfalls bei Auslandsinvestitionen miteinander konkurrieren. In einer derartigen Situation verfälschen Beihilfen sicherlich in sehr unmittelbarer Weise den Wettbewerb zwischen EWR-Unternehmen.

    (20) Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten (Artikel 92 EG-Vertrag) oder Vertragsparteien (Artikel 61 EWR-Abkommen) sind wahrscheinlich weniger spürbar in Fällen, in denen Beihilfen für Vorhaben in Polen und folglich außerhalb des EWR gewährt werden, können jedoch nicht a priori ausgeschlossen werden. In manchen Fällen kann der Handel lediglich durch indirekte-Auswirkungen beeinträchtigt werden (z. B. in Fällen, wo die in Polen hergestellten Waren in die Union wieder eingeführt werden). Jedoch können Beihilfen dieser Art die Stellung des in Brandenburg und somit im Gemeinsamen Markt ansässigen Beihilfeempfängers stärken. Beihilfen für Vorhaben, die aufgrund der fraglichen Regelung gefördert werden, können demnach den Handel zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar beeinflussen.

    (21) Aus diesen Gründen fällt die geplante Beihilferegelung in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag und des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen. Diese Feststellung wird von den deutschen Behörden geteilt, die zu Recht auf die doppelte Wirkung hinweisen, die derartige Beihilfen an der Quelle (Brandenburg) und im Zielgebiet (Polen) entfalten können.

    (22) Allerdings werden die Bedingungen, die die Kommission üblicherweise an Bürgschaftsregelungen knüpft, erfuellt, da die Empfänger eine einmalige Bearbeitungsgebühr und eine jährliche Bürgschaftsprovision zahlen müssen. Außerdem tragen die Empfänger einen erheblichen Teil des Risikos, da der verbürgte Betrag auf 90 % der Darlehen und die Finanzierung mit von der Bürgschaftsbank besicherten Darlehen auf 75 % der Projektkosten beschränkt ist. Die Regelung richtet sich an lebensfähige Unternehmen. Rettungsmaßnahmen können nicht gefördert werden.

    (23) Berechnet man das Subventionsäquivalent der Bürgschaften unter Bezugnahme auf die förderungswürdigen Gesamtprojektkosten und berücksichtigt man, daß die Bürgschaften lediglich bis zu 67,5 % (nämlich 0,9 × 0,75 × 100) der Projektkosten ausmachen können, so ergibt sich eine Beihilfeintensität von brutto 3,35 % (6,75 - 3,4 d. h. Ausfallwahrscheinlichkeit abzüglich jährlicher Prämie zum Gegenwartswert) (2). Bei dieser überschlagsmäßigen Berechnung wird davon ausgegangen, daß die einmalige Bearbeitungsgebühr von 0,75 % die Verwaltungskosten der Regelung deckt.

    (24) Da der verbürgte Hoechstbetrag je Unternehmen 1 Mio. DM (0,52 Mio. ECU) beträgt, wird das in den einzelnen Bürgschaften enthaltene durchschnittliche Beihilfenelement 44 700 DM (23 400 ECU), nämlich 3,35 % der Gesamtprojektkosten von höchstens 1,33 Mio. DM, nicht übersteigen. Obwohl dieser Betrag eindeutig unter der De-minimis-Schwelle von 100 000 ECU je Unternehmen innerhalb von drei Jahren liegt, fällt die Regelung dennoch in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag, weil die deutschen Behörden die Bürgschaft zumindest in gewissen Fällen an Unternehmen gewähren wollen, die die dürfte De-minimis-Fazilität bereits für andere Zwecke in Anspruch genommen haben. Dabei muß berücksichtigt werden, daß die deutschen Behörden die Regelung zu einem Zeitpunkt notifiziert haben, zu welchem die De-minimis-Schwelle noch 50 000 ECU betrug. Von der geschätzten jährlichen Gesamtzahl der Beihilfeempfänger von rund 20 Unternehmen dürfte demnach die Zahl der Beihilfeempfänger, die die Bürgschaftsregelung zusätzlich zur De-minimis-Beihilfe in Anspruch nehmen, wesentlich kleiner ausfallen, als die deutschen Behörden ursprünglich angenommen haben.

    Die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Gemeinsamen Markt

    (25) Durch die Beihilfe werden die erheblichen Risiken im Zusammenhang mit Investitionen in Polen ausgeglichen. Durch Förderung von Gemeinschaftsunternehmen zwischen in Brandenburg und in Polen ansässigen Unternehmen sowie Beteiligungen brandenburgischer Unternehmen an polnischen Unternehmen fördert die Beihilferegelung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die grenzüberschreitenden Tätigkeiten der förderungswürdigen Unternehmen. Auf diese Weise trägt sie außerdem zur Entwicklung des Gebiets Brandenburg und zur Festigung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Polen und dessen Integration in die europäische Wirtschaft bei.

    (26) Im Hinblick auf die Beihilfeempfänger, nämlich in Brandenburg ansässige kleine und mittlere Unternehmen, wäre die Beihilferegelung zweifellos mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag vereinbar, wenn die geförderten Tätigkeiten in Brandenburg selbst stattfänden. Die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) EG-Vertrag vorgesehene regionale Ausnahmeregelung kann jedoch nur für Investitionen innerhalb des Fördergebiets Anwendung finden.

    (27) Andererseits stärkt eine derartige Beihilferegelung mit Sicherheit die Stellung der Beihilfeempfänger auf dem Gemeinsamen Markt sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt und kann somit als Regelung "zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige" im Sinne des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag angesehen werden.

    Eine Beihilferegelung dieser Art kann jedoch nur genehmigt werden, "soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft" (Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag - zweiter Teil des ersten Satzes). Bei der Beurteilung von Beihilfen für Auslands-Direktinvestitionen (ADI) müssen zwei zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden, die normalerweise bei der Würdigung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt keine wesentliche Rolle spielen: nämlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und das europäische Interesse an einer Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit bestimmten Drittländern. In bezug auf diese beiden Aspekte muß ein ausgewogenes Verhältnis zu möglichen nachteiligen Auswirkungen in der EU, z. B. Gefahr von Standortverlagerungen und etwaige Auswirkungen auf die Beschäftigung, geschaffen werden.

    (28) Nach dem Gemeinschaftsrahmen für KMU sind Beihilfen zulässig, mit deren Hilfe KMU ihre spezifischen Schwierigkeiten überwinden können. Es ist anerkannt, daß KMU im Vergleich zu großen Unternehmen, besonderen Schwierigkeiten bezüglich des Zuganges zum Kapital- und Kreditmarkt ausgesetzt sind, wodurch ihre Entwicklung gebremst werden kann. Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen zeigt die positive Haltung der Kommission, KMU mittels verschiedener Maßnahmen zu unterstützen, um diese spezifischen Schwierigkeiten zu überwinden, insbesondere im Hinblick auf Investitionsbeihilfen. Die von der Kommission durchgeführte Analyse führte nicht zu einer Unterscheidung im Hinblick auf den Ort der Investition innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft. Dies läßt darauf schließen, daß die Vorschriften standortunabhängig auf alle Investitionen von KMU angewandt werden können.

    Darüber hinaus sind die Schwierigkeiten, denen KMU bei Investitionen außerhalb des EWR gegenüberstehen, gleich groß oder noch größer als bei Investitionen innerhalb des EWR. Im Fall von KMU können die möglichen Negativeffekte von ADI auf die europäische Wirtschaft, z. B. im Hinblick auf die Beschäftigungssituation oder auf Delokalisationsrisiken, als nicht spürbar eingestuft werden. Im übrigen stellt die Definition der förderbaren Kosten ("Erstinvestition") sicher, daß die Verlagerung eines in der Gemeinschaft angesiedelten Betriebes in ein Drittland nicht gefördert werden kann.

    (29) Im Hinblick auf den Begriff der beihilfefähigen Investition vertritt die Kommission aus Gründen der Kohärenz von jeher den Standpunkt, daß auf Investitionen von KMU die in den Koordinierungsgrundsätzen für Regionalbeihilferegelungen (3) festgelegte Definition angewandt werden sollte. Nach Ziffer 18 i) dieser Koordinierungsgrundsätze (entspricht Ziffer 25 Absatz 11 der von der österreichischen Regierung angeführten Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde) sind förderbare Investitionen "Erstinvestitionen", d. h. Anlageinvestitionen.

    - "bei der Errichtung eines neuen Betriebs, bei der Erweiterung eines bestehenden Betriebs oder bei der Vornahme einer grundlegenden Änderung des Produkts oder des Produktionsverfahrens eines bestehenden Betriebs (durch Rationalisierung, Umstellung oder Modernisierung)"

    oder

    - "durch Übernahme eines Betriebs, der geschlossen worden ist oder geschlossen worden wäre, wenn die Übernahme nicht erfolgt wäre".

    (30) Im Hinblick auf die geprüfte Regelung stellt die Kommission fest, daß die Definition der förderbaren Kosten weiter ist als die von der Kommission verwendete Definition, zumal auch der Erwerb von Unternehmen oder Anteilen an Unternehmen zu den förderbaren Kosten zählt. Normalerweise sind die föderbaren Kosten für Investitionsbeihilfen an KMU im Sinne von Ziffer 4.1 der KMU-Mitteilung im Einklang mit Ziffer 18 i) der Koordinierungsgrundsätze für Regionalbeihilfen zu definieren. Alternativ können bei der Berechnung der Beihilfeintensität nur die Teile der förderbaren Kosten einbezogen werden, die in Einklang mit der Definition der "Erstinvestition" stehen. Obgleich die Kommission eine Genehmigungsmöglichkeit für Beihilfen, welche andere als die von der Kommission üblicherweise anerkannten förderbaren Kosten vorsehen, nicht grundsätzlich ausschließt, muß jedoch deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt im Wege einer eingehenden Untersuchung sichergestellt werden. Die Bundesrepublik Deutschland muß daher sicherstellen, daß der genehmigungsfähige Hoechstsatz von 15 % für kleine und 7,5 % für mittlere Unternehmen beachtet wird. Jede Beihilfe, die auf andere als die üblicherweise von der Kommission akzeptierten förderbaren Kosten abstellt und deren Intensität die genannten genehmigungsfähigen Höchsätze überschreitet, muß folglich als Einzelfall notifiziert werden und wird von der Kommission nach Lage des Falles beurteilt.

    (31) Die Kommission ist sich der Bedeutung von Direktinvestitionen in Drittländern sowohl im Hinblick auf die Festigung der Beziehungen zu diesen Ländern als auch für die Diversifizierung und Globalisierung der europäischen Wirtschaft bewußt.

    Die Anwendbarkeit des KMU-Gemeinschaftsrahmens läßt sich durch die von der Gemeinschaft in anderen Bereichen verfolgte KMU-Politik stützen:

    - Die Kommission vertritt die Auffassung, daß die derzeitige Lage im Hinblick auf Regeln für ADI besonders für die KMU unbefriedigend ist, da sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen, die sich ständig ändernden Bestimmungen über Direktinvestitionen in den Zielländern zu verfolgen (4).

    - In den Schlußfolgerungen des Europäischen Rats von Cannes (*) vom 15. und 16. Dezember 1995 wird die Notwendigkeit anerkannt, die Internationalisierung von KMU zu fördern (5).

    - Auch die Kooperationsabkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern enthalten Klauseln über die Unterstützung enger Kontakte zwischen KMU, um Gelegenheiten für Handel und industrielle Zusammenarbeit zu fördern (6).

    (32) Hinsichtlich der Auffassung der deutschen Behörden zur Anwendbarkeit des Artikels 92 Absatz 2 Buchstabe c) EG-Vertrag vertritt die Kommission die Ansicht, daß sie sich hierzu im vorliegenden Fall nicht zu äußern braucht, weil die betreffende Ausnahmeregelung nur unter außergewöhnlichen Umständen anwendbar ist und die geplante Beihilferegelung schließlich gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann.

    VI

    (33) Aus diesen Ausführungen und aufgrund der geringen Beihilfeintensität, des relativ niedrigen absoluten Beihilfebetrags je Unternehmen sowie der Grundausrichtung der Regelung, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit polnischen Unternehmen zu fördern und sowohl zur Entwicklung des Landes Brandenburg als auch zur Stabilisierung des Übergangs der polnischen Wirtschaft zur Marktwirtschaft beizutragen, ergibt sich, daß die Beihilferegelung gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag bzw. Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen und aufgrund des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die von der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen Beihilfen nach dem Bürgschaftsprogramm des Landes Brandenburg für Investitionsvorhaben in Polen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen im Sinne der Kommissionsempfehlung vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. Nr. L 107 vom 30. April 1996, S. 4) sind gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

    Artikel 2

    Etwaige Beihilfen, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen dieser Regelung an kleine und mittlere Unternehmen gewähren will, deren förderbare Kosten von den üblicherweise von der Kommission akzeptierten förderbaren Kosten für Investitionsbeihilfen an KMU gemäß Ziffer 4.1 der KMU-Mitteilung (ABl. Nr. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 2) und den Koordinierungsgrundsätzen für Regionalbeihilfensysteme (ABL. Nr. C 31 vom 3. 2. 1979, S. 9) abweichen und die, berechnet auf Grundlage der von der Kommission akzeptierten förderbaren Kosten, zu einer 15 % für kleine und 7,5 % für mittlere Unternehmen Beihilfenintensität führen, sind gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag einzeln zu notifizieren.

    Artikel 3

    Die Bundesregierung wird aufgefordert, der Kommission Jahresberichte über die Anwendung der Regelung vorzulegen.

    Artikel 4

    Die Bundesregierung wird darauf hingewiesen, daß die Durchführung der Regelung den Vorschriften über die Kumulierung von Beihilfen unterschiedlicher Zweckbestimmung (ABl. Nr. C 3 vom 5. 1. 1985) oder von Beihilfen derselben Zweckbestimmung in Anwendung mehrerer von derselben Behörde oder von unterschiedlichen (zentralen, regionalen und/oder lokalen) Behörden angenommenen Regelungen unterliegt. In letzterem Fall darf die für die in Artikel 1 genannte Regelung genehmigte Hoechstgrenze nicht überschritten werden.

    Darüber hinaus wird die Bundesregierung daran erinnert, daß sie die Gemeinschaftsvorschriften über bestimmte Tätigkeitsbereiche, d. h. in den vom EGKS-Vertrag erfaßten Bereichen sowie Verkehr, Fischerei und Landwirtschaft einschließlich der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (ABl. Nr. C 29 vom 2. 2. 1996, S., 4), zu beachten hat.

    Artikel 5

    Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

    Brüssel, den 5. Juni 1996

    Für die Kommission

    Hans VAN DEN BROEK

    Mitglied der Kommission

    (1) Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) (ABl. Nr. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 2).

    (2) Berechnung des Subventionsäquivalents von Kreditbürgschaften: siehe zweiter Gedankenstrich der Mitteilung der Kommission über De-minimis-Beihilfen (ABl. Nr. C 68 vom 6. 3. 1996, S. 9).

    (3) ABl. Nr. C 31 vom 3. 2. 1979, S. 9.

    (4) KOM(95) 42 endg., S. 5.

    (*) Zu lesen: Madrid.

    (5) SI 95/1000, S. 14.

    (6) Siehe z. B. Artikel 6 des Vorschlags für den Abschluß des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Nepal (ABl. Nr. C 338 vom 16. 12. 1995, S. 10) und Artikel 12 des Vorschlags für den Abschluß des interregionalen Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Gemeinsamen Markt des Südens und seinen Mitgliedstaaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) andererseits (ABl. Nr. C 14 vom 19. 1. 1996, S. 4).

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