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Document 31992D0552

    92/552/EWG: Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 1992 gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 des Rates über die Prüfung der Anwendung von Artikel 10 Absatz 3 auf die Erhöhung der Flugfrequenz der bestehenden Flugdienste auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel (Nur der englische, französische und niederländische Text sind verbindlich)

    ABl. L 353 vom 3.12.1992, p. 32–38 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1992/552/oj

    31992D0552

    92/552/EWG: Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 1992 gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 des Rates über die Prüfung der Anwendung von Artikel 10 Absatz 3 auf die Erhöhung der Flugfrequenz der bestehenden Flugdienste auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel (Nur der englische, französische und niederländische Text sind verbindlich)

    Amtsblatt Nr. L 353 vom 03/12/1992 S. 0032 - 0038


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 21. Oktober 1992 gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 des Rates über die Prüfung der Anwendung von Artikel 10 Absatz 3 auf die Erhöhung der Flugfrequenz der bestehenden Flugdienste auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel (Nur der englische, der französische und der niederländische Text sind verbindlich) (92/552/EWG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

    gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 des Rates vom 24. Juli 1990 über den Zugang von Luftverkehrsunternehmen zu Strecken des innergemeinschaftlichen Linienflugverkehrs und über die Aufteilung der Kapazitäten für die Personenbeförderung zwischen Luftverkehrsunternehmen im Linienflugverkehr zwischen Mitgliedstaaten (1), insbesondere auf Artikel 10 Absatz 4,

    gestützt auf die Anträge der belgischen Regierung,

    nachdem sie den beteiligten Mitgliedstaaten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I

    (1) Mit Schreiben vom 27. und 31. August sowie vom 2. September 1992, die bei der Kommission am 3. bzw. 4. September 1992 eingingen, ersuchten die zuständigen belgischen Behörden die Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 (nachstehend "Verordnung" genannt), die Anwendung von Artikel 10 Absatz 3 zu prüfen, insbesondere

    a) zu entscheiden, daß die belgische Regierung die von British Midland beantragte Erlaubnis, die Flugfrequenz auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) zu erhöhen, verweigern darf, solange der Sabena nicht gestattet ist, die Flugfrequenz ihres Flugdienstes auf dieser Strecke zu erhöhen wie beantragt;

    hierbei zu berücksichtigen, daß Artikel 10 Absatz 3 eine Gegenseitigkeitsklausel enthält, aus der sich bei teleologischer Auslegung a fortiori ergibt, daß ein Mitgliedstaat (in diesem Fall Belgien) gegenüber dem Unternehmen, von dem die Diskriminierung ausgeht (British Midland), Gegenmaßnahmen ergreifen und dem Luftverkehrsunternehmen des anderen Mitgliedstaats die Erlaubnis für die beantragten zusätzlichen Flüge versagen darf;

    b) unverzueglich festzustellen, daß die Behörden des Vereinigten Königreichs durch ihre Weigerung, aufgrund des Artikels 10 Absatz 3 zu handeln, die Verordnung verletzen, und daher alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen haben, um diese Verletzung zu beenden, insbesondere die Behörden des Vereinigten Königreichs zu verpflichten, die in Artikel 10 Absatz 3 vorgesehene Maßnahme zu treffen;

    c) - für den Fall, daß die Kommission den Behörden des Vereinigten Königreichs diese Verpflichtung nicht auferlegt - den belgischen Behörden zu gestatten, die in Artikel 10 Absatz 3 vorgesehene Maßnahme zu treffen, um den Schaden zu begrenzen und die Verwirklichung der Ziele dieses Artikels zu gewährleisten.

    Im Anschluß an diese Schreiben teilte die Kommission den zuständigen Behörden des Vereinigten Königreichs mit Schreiben vom 8. und 14. September 1992 den Standpunkt der belgischen Behörden mit und forderte sie zur Stellungnahme auf, damit die Kommission die beantragte Entscheidung innerhalb der in der Verordnung vorgesehenen Monatsfrist treffen könne.

    (2) Mit Schreiben vom 15. und 18. September 1992, die bei der Kommission am 16. bzw. 21. September 1992 eingingen, beantwortete die Ständige Vertretung des Vereinigten Königreichs die Schreiben der Kommission. Die Position der Behörden des Vereinigten Königreichs kann wie folgt zusammengefasst werden:

    a) Artikel 10 Absatz 3 enthält keine Gegenseitigkeitsklausel, aufgrund deren ein Mitgliedstaat Gegenmaßnahmen gegenüber einem im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zugelassenen Luftverkehrsunternehmen ergreifen darf.

    Artikel 10

    Absatz 3 ist deshalb dahingehend auszulegen, daß er die belgischen Behörden nicht dazu berechtigt, British Midland den gewünschten Zugang zu verweigern;

    b) die Maßnahme der belgischen Behörden verstösst offensichtlich gegen Artikel 4;

    c) die Kommission ist gemäß Artikel 10 Absatz 4 nicht befugt, darüber zu entscheiden, ob das Vereinigte Königreich British Midland daran hindern muß, die Flugfrequenz ihres Flugdienstes nach Brüssel zu erhöhen.

    Die Behauptung der belgischen Behörden, der Sabena sei die Erlaubnis, die Flugfrequenz ihres Flugdienstes zwischen London (Heathrow) und Brüssel zu erhöhen, gemäß Artikel 10 Absatz 3 verweigert worden, kann sich nicht auf den von den Behörden des Vereinigten Königreichs dargelegten Sachverhalt stützen;

    d) ausserdem machen die Behörden des Vereinigten Königreichs geltend, Grundlage für den Linienflugverkehr von British Midland auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) sei das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen Belgien und dem Vereinigten Königreich und nicht die Verordnung. Sie weisen ferner darauf hin, daß gemäß Artikel 13 Absatz 2 die Bestimmungen der Verordnung nicht dazu dienen dürfen, bilaterale Vereinbarungen über den Marktzugang restriktiver zu gestalten.

    (3) Mit Schreiben vom 1. September beschwerte sich British Midland bei der Kommission darüber, daß es die belgischen Behörden am 28. August 1992 abgelehnt hatten, die beantragte Erhöhung der täglichen Flugfrequenz zu gestatten; die belgischen Behörden hatten jedoch am 1. September 1992 ihre Ablehnung bis zum Erlaß der Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 4 zurückgenommen.

    (4) Ihrer Bitte entsprechend erhielt die Kommission am 23. September 1992 vom Slotkoordinator in London (Heathrow) eine Abschrift seines Briefwechsels mit der Sabena über die für September/Oktober 1992 beantragte Zuteilung weiterer Slots (An- und Abflugzeiten).

    II

    (5) Nach Angaben der Parteien befliegen British Midland und die Sabena die Strecke London (Heathrow) - Brüssel sechsmal täglich bzw. siebenmal täglich. Am 13. August 1992 erfuhren die belgischen Behörden aus der Presse, daß British Midland beabsichtigte, ihre Flugfrequenz auf dieser Strecke von sechs auf acht Flüge täglich zu erhöhen. British Midland wollte für diesen Zweck Slots in London (Heathrow) nutzen, die ihr bereits für andere Flüge zur Verfügung standen.

    (6) Es wird angeführt, British Midland habe den belgischen Behörden am 31. Juli 1992 ein Telefax gesandt, um die Erhöhung ihrer täglichen Flugfrequenz von London (Heathrow) nach Brüssel zu beantragen. Die belgischen Behörden behaupten, dieses Schriftstück nicht und eine Abschrift des ursprünglichen Antrags erst am 20. August erhalten zu haben. Die Behörden des Vereinigten Königreichs haben jedoch angegeben, den Angaben von British Midland entnommen zu haben, daß ein "transmit confirmation report" für das Telefax eingegangen sei.

    (7) Auch die Sabena wollte ihre tägliche Flugfrequenz auf dieser Strecke ab dem 31. August 1992 erhöhen. Entsprechend beantragte sie am 11. August beim London Heathrow Airport Koordinator die Zuweisung von vier zusätzlichen Slots (zwei am Morgen und zwei am späten Nachmittag), um einen zusätzlichen Flug am Morgen und einen am späten Nachmittag durchführen zu können. Am selben Tag antwortete der Slotkoordinator, der Sabena keine Slots zu den gewünschten Zeiten anbieten zu können, aber daß er die Suche fortsetzen werde und ihr dann möglicherweise andere Slots anbieten könne. Er bestätigte jedoch, daß diese nicht zu den von Sabena gewünschten Zeiten liegen würden.

    Nach Angaben der Behörden des Vereinigten Königreichs hat sich Sabena nicht an Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung gehalten, da gemäß den für London (Heathrow) geltenden veröffentlichten Bestimmungen für die Zuweisung von An- und Abflugzeiten der Stichtag für Erstanträge auf Zuweisung von Slots für die Sommersaison der 1. November 1991 gewesen war.

    Entsprechend der Antwort des Koordinators in Heathrow an Sabena haben die belgischen Behörden an die Behörden des Vereinigten Königreichs geschrieben und darum gebeten, daß diese British Midland die Erhöhung der Flugfrequenz auf der Grundlage von

    Artikel 10

    Absatz 3 der Verordnung verweigert. Der Brief deutete ebenfalls an, daß, falls die Behörden des Vereinigten Königreichs keine Ablehnung aussprechen würden, die belgischen Behörden dann ihrerseits entscheiden würden, die Erhöhung der Flugfrequenz British Midland zu verweigern.

    Da die belgischen Behörden keine Antwort auf ihr Schreiben vom 13. August erhalten hatten, erkundigten sie sich mit Schreiben vom 26. August bei den Behörden des Vereinigten Königreichs nach deren Entscheidung über die zusätzlichen Slots für British Midland. Die Behörden des Vereinigten Königreichs antworteten am selben Tag, es gebe keinen Grund, den Antrag von British Midland abzulehnen.

    (8) Am 26. August bot der Koordinator in London (Heathrow) der Sabena neue Slots für den Flug am späten Nachmittag an (drei alternative Slotpaare ab dem 31. August und zwei Paare ab dem 27. September). Er erklärte, die angebotenen Slots seien die besten in Heathrow verfügbaren. Für den Morgenflug konnte er keine Slots anbieten.

    Am 28. August lehnten die belgischen Behörden den Antrag von British Midland auf Erhöhung der täglichen Flugfrequenz ab. Am selben Tag bat die Sabena den Slotkoordinator in Heathrow, ihren Antrag von der Warteliste zu streichen; am 31. August bat die Sabena jedoch, ihren ursprünglichen Antrag wieder auf die Warteliste zu setzen. Am 1. September 1992 nahmen die belgischen Behörden ihre Ablehnung des Antrags von British Midland bis zum Erlaß der Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 4 zurück.

    Am 7. September 1992 bestätigte der Slotkoordinator, daß ihm der ursprüngliche Antrag der Sabena noch vorliege und wiederholte sein Angebot vom 26. August. Am 9. September 1992 bat die Sabena darum, ihr diese Slots als Ausgangsbasis zu reservieren.

    Am 23. September bot der Koordinator in Heathrow der Sabena vier weitere Slots für den Morgenflug für den Zeitraum vom 27. September bis 24. Oktober an. Nach Angaben des Airport Koordinators sind diese Slots die besten in Heathrow verfügbaren.

    III

    (9) Nach Ansicht der Kommission regelt Artikel 10 Absatz 3 die Beziehungen zwischen einem Mitgliedstaat und den von ihm zugelassenen Luftverkehrsunternehmen. Artikel 10 Absatz 3 legt unter anderen einem Mitgliedstaat A die Verpflichtung auf, einem in seinem Hoheitsgebiet zugelassenen Luftverkehrsunternehmen nicht die Erlaubnis zu erteilen, die Flugfrequenz eines bestehenden Flugdienstes zwischen einem bestimmten Flughafen in seinem Hoheitsgebiet und einem anderen Mitgliedstaat B zu erteilen, solange einem von diesem anderen Mitgliedstaat B zugelassenen Luftverkehrsunternehmen aufgrund der Absätze 1 und 2 nicht gestattet ist, die Flugfrequenz eines bestehenden Flugdienstes zu diesem Flughafen zu erhöhen; dies gilt bis eine Verordnung über einen Verhaltenskodex für die Zuweisung von An- und Abflugzeiten vom Rat genehmigt wird und in Kraft tritt.

    (10) Artikel 10 Absatz 3 sieht dagegen nicht vor, daß der Mitgliedstaat B Gegenmaßnahmen gegenüber einem im Mitgliedstaat A zugelassenen Luftverkehrsunternehmen ergreift, dem von diesem Mitgliedstaat entgegen Artikel 10 Absatz 3 gestattet wurde, zusätzliche Flüge in den Mitgliedstaat B durchzuführen. Eine solche einseitige Maßnahme des Mitgliedstaats B als Vergeltungsmaßnahme für eine Entscheidung des Mitgliedstaats A, die gegen Artikel 10 Absatz 3 verstösst, ist nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Für diesen Fall besteht neben den ordentlichen gerichtlichen Rechtsbehelfen des EWG-Vertrags das besondere Verfahren des Artikels 10 Absatz 4 der Verordnung, in dem der Mitgliedstaat B geltend machen kann, durch die gemäß Artikel 10 Absätze 2 und 3 getroffene Maßnahme eines anderen Mitgliedstaats A in seinen Rechten verletzt zu sein.

    Gemäß Artikel 10 Absatz 4 obliegt es der Kommission, auf Antrag eines Mitgliedstaats die konkrete Anwendung von Artikel 10 Absätze 2 und 3 zu prüfen und zu entscheiden, ob die Maßnahme des anderen Mitgliedstaats gegen die Verordnung verstösst und daher aufzuheben ist. Die Entscheidung der belgischen Behörden vom 28. August 1992, British Midland die Erlaubnis für die Erhöhung ihrer täglichen Flugfrequenz nicht zu erteilen, verstösst eindeutig gegen Artikel 4 und Artikel 5 Absatz 1.

    IV

    (11) Die Behörden des Vereinigten Königreichs gestatteten British Midland, ihre Flugfrequenz auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel zu erhöhen. British Midland erhielt für die zusätzlichen Flüge auch ohne weiteres die erforderlichen Slots am Flughafen Brüssel, da dieser noch nicht überlastet ist.

    Als die Sabena von dieser Erlaubnis erfuhr, wollte sie mit British Midland gleichziehen und ihre Flugfrequenz auf dieser Strecke im gleichen Umfang erhöhen. Nachdem sie die Erlaubnis der belgischen Behörden erhalten hatte, beantragte sie daher beim Airport Koordinator in London (Heathrow) die notwendigen Slots. Ein solcher Antrag war erforderlich, da der Flughafen London (Heathrow) aus Gründen der Überlastung der Koordinierung unterliegt.

    Der Slotkoordinator konnte der Sabena jedoch keine Slots zu den von Sabena gewünschten Zeiten zuweisen.

    (12) Unter Berücksichtigung der Verordnung ist diese Antwort so auszulegen, daß mit der Begründung, die Voraussetzungen des Artikels 10 Absatz 1 seien nicht erfuellt, gemäß Artikel 10 Absatz 2 die Ausübung von Verkehrsrechten begrenzt wurde.

    Artikel 10

    Absatz 1 bestimmt, daß die Ausübung der Verkehrsrechte unter anderem an die Zuweisung von Slots und an die Bedingung geknüpft ist, daß der Flughafen oder das Flughafensystem über ausreichende Einrichtungen für diesen Verkehr verfügen. Die Verfügbarkeit von Slots ist eine Voraussetzung, bei deren Nichterfuellung ein Mitgliedstaat die Ausübung von Verkehrsrechten begrenzen oder verweigern darf; dies wird durch den Wortlaut des Artikels 10 Absatz 1 bestätigt: ". . . unterliegt die Ausübung der Verkehrsrechte den . . . Bestimmungen für . . . die Zuweisung von An- und Abflugzeiten; . . .".

    Die Formulierung "unterliegt" ist logisch und grammatikalisch gleichbedeutend mit "hängt ab von". Diese Auslegung kann sich auch auf die neunte und zehnte Begründungserwägung stützen, nach denen die Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit von An- und Abflugzeiten zu berücksichtigen sind und zu Beschränkungen der Ausübung von Verkehrsrechten führen können bzw. die Ausübung von Verkehrsrechten mit den Regeln für die Zuweisung von An- und Abflugzeiten im Einklang stehen muß.

    Ausserdem umfasst der Begriff "ausreichende Einrichtungen" in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a) zweifellos die Kapazität der Start- und Landebahnen und damit mittelbar auch die Verfügbarkeit von Slots.

    (13) Aufgrund des Artikels 10 Absatz 2 hätten die Behörden des Vereinigten Königreichs vor Beschränkung oder Ablehnung der von der Sabena beantragten zusätzlichen Slots die Kommission unterrichten und ihr alle hierzu notwendigen Informationen übermitteln müssen.

    Sie sind daher ihren Pflichten aus Artikel 10 Absatz 2 nicht nachgekommen.

    V

    (14) Gemäß Artikel 10 Absatz 3

    ". . . darf ein Mitgliedstaat - . . . - einem Luftverkehrsunternehmen nicht die Erlaubnis erteilen, zwischen einem bestimmten Flughafen in seinem Hoheitsgebiet und einem anderen Mitgliedstaat

    a) einen neuen Flugdienst einzurichten oder

    b) die Flugfrequenz eines bestehenden Flugdienstes zu erhöhen,

    solange einem von dem betreffenden anderen Mitgliedstaat zugelassenen Luftverkehrsunternehmen aufgrund der Absätze 1 und 2 nicht gestattet ist, einen neuen Flugdienst zu dem betreffenden Flughafen einzurichten oder bei einem bereits bestehenden Flugdienst zu diesem Flughafen die Flugfrequenz zu erhöhen; dies gilt, bis eine Verordnung über einen Verhaltenskodex für die Zuweisung von An- und Abflugzeiten, der auf dem allgemeinen Grundsatz des Ausschlusses einer Diskriminierung aufgrund der Staatszugehörigkeit beruht, vom Rat genehmigt wird und in Kraft tritt."

    (15) Für eine fehlerfreie Auslegung des Artikels 10 Absatz 3 ist es erforderlich, einerseits den Wortlaut des betreffenden Absatzes und andererseits die allgemeinen Grundsätze der Verordnung zu beachten. So lautet Artikel 4:

    "Vorbehaltlich dieser Verordnung erhalten Gemeinschafts-Luftverkehrsunternehmen die Erlaubnis, Flugdienste der dritten und vierten Freiheit zwischen Flughäfen oder Flughafensystemen in einem Mitgliedstaat und Flughäfen oder Flughafensystemen in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen, sofern diese Flughäfen oder Flughafensysteme für den Flugverkehr zwischen Mitgliedstaaten oder den internationalen Flugverkehr geöffnet sind."

    Ferner lautet Artikel 13:

    "(1) Diese Verordnung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, untereinander flexiblere Regelungen als die der Artikel 6, 8 und 11 zu vereinbaren oder aufrechtzuerhalten.

    (2) Die Bestimmungen dieser Verordnung dürfen nicht dazu dienen, bestehende Vereinbarungen über den Marktzugang oder Kapazitäten restriktiver zu gestalten."

    Schließlich finden sich in der 8., 10. bzw. 14. Begründungserwägung folgende Aussagen:

    "Ein weiterer Marktzugang wird die Entwicklung des Luftverkehrs in der Gemeinschaft fördern und zu verbesserten Leistungen für die Benutzer führen. Es gilt daher, die Bestimmungen über die Mehrfachbenennung und über die Verkehrsrechte der dritten, vierten und fünften Freiheit liberaler zu gestalten."

    "Die Ausübung von Verkehrsrechten muß mit den Regeln für die Bereiche Sicherheit, Umweltschutz, Zuteilung von An- und Abflugzeiten und Bedingungen für den Zugang zu den Flughäfen im Einklang stehen und muß so gestaltet werden, daß es zu keiner Diskriminierung aufgrund der Staatszugehörigkeit kommt."

    "Angesichts der Wettbewerbslage auf dem Markt empfiehlt es sich, Vorkehrungen zur Vermeidung ungerechtfertigter wirtschaftlicher Auswirkungen auf die Luftverkehrsunternehmen zu treffen."

    (16) Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist Artikel 10 Absatz 3 als Ausnahme zu den in der Verordnung definierten Verkehrsrechten der dritten und vierten Freiheit anzusehen.

    Gemäß den allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind Ausnahmen eng auszulegen.

    Das Ziel des Artikels 10 Absatz 3 ist das Gleichgewicht der Verkehrsrechte zweier in verschiedenen Mitgliedstaaten zugelassener Luftverkehrsunternehmen, die dieselbe Strecke befliegen. Es handelt sich hierbei um ein zahlenmässiges Gleichgewicht. Dieses muß gemäß Artikel 10 Absatz 3 in den beiden unter den Buchstabe a) und b) genannten Fällen, nämlich bei der Einrichtung eines neuen Flugdienstes bzw. der Erhöhung der Flugfrequenz eines bestehenden Flugdienstes aufrechterhalten werden. Um dies zu gewährleisten ist Artikel 10 Absatz 3 so auszulegen, daß er auch die Verpflichtung des Mitgliedstaats umfasst, einem von ihm zugelassenen Luftverkehrsunternehmen gegebenenfalls bereits eingeräumte Verkehrsrechte wieder zu entziehen.

    Artikel 10

    Absatz 3 gewährt kein "Anpassungsrecht", sondern gibt einem Luftverkehrsunternehmen lediglich einen "Anspruch" darauf, daß seinem Mitbewerber auf einer bestimmten Strecke die Erlaubnis, unter anderem die Flugfrequenz eines bestehenden Flugdienstes zu erhöhen, nicht erteilt wird, falls ihm nicht gestattet wird, "bei einem bereits bestehenden Flugdienst zu diesem Flughafen die Flugfrequenz zu erhöhen".

    In der Praxis bedeutet dies, daß dieses Luftverkehrsunternehmen gemäß Artikel 10 Absatz 3 keinen Anspruch darauf hat, von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats eine bestimmte Anzahl Slots zu erhalten. Es ist jedoch berechtigt zu verlangen, daß die Behörden dieses Mitgliedstaats seinem Mitbewerber keine entsprechenden Verkehrsrechte einräumen bzw. - falls diesem bereits Verkehrsrechte eingeräumt wurden - sie ihm wieder zu entziehen.

    (17) Nach Ansicht des Beschwerdeführers durften die Behörden des Vereinigten Königreichs British Midland nicht die Erlaubnis erteilen, die Flugfrequenz auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) zu erhöhen, solange der Sabena nicht gestattet war, dank einer ausreichenden Anzahl Slots am Flughafen Heathrow ihre Flugfrequenz auf dieser Strecke zu erhöhen, wodurch es dem belgischen Unternehmen ermöglicht worden wäre, seine Verkehrsrechte auf dieser Strecke auszuüben.

    (18) Dem Antrag des Beschwerdeführers wäre daher stattzugeben, falls der Beweis dafür erbracht werden könnte, daß entweder

    a) der Airport Koordinator in Heathrow der Sabena keine ausreichende Anzahl Slots zugewiesen hat, so daß diese die Flugfrequenz ihres bestehenden Dienstes zu und von diesem Flughafen nicht erhöhen konnte,

    oder

    b) die zugewiesenen Slots nicht die besten waren, die dem Airport Koordinator in Heathrow zur Zeit des Antrags der Sabena zur Verfügung standen. In diesem Fall könnte dargetan werden, daß die Anwendung der örtlichen Bestimmungen für die Zuweisung von Slots auf die betreffenden Luftverkehrsunternehmen gegen das allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatszugehörigkeit verstieß. Der Grundsatz, daß sich die Verkehrsrechte der beiden Luftverkehrsunternehmen zahlenmässig im Gleichgewicht befinden müssen, würde ausgehöhlt, wenn für das Angebot der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats an ein in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenes Verkehrsunternehmen für die Zuweisung von Slots keine objektiven und durchschaubaren Bestimmungen gelten würden.

    Ein Angebot der Behörde eines Mitgliedstaats für die Zuweisung von Slots, die nicht die besten sind, die zur Zeit des Antrags zur Verfügung stehen, läuft - wenn auch mittelbar - auf eine Diskriminierung zugunsten des in diesem Mitgliedstaat zugelassenen Konkurrenzunternehmens hinaus.

    (19) Wie oben dargelegt hätten die Behörden des Vereinigten Königreichs gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Sabena auf ihren Antrag die besten verfügbaren Slots anbieten müssen. Zunächst machten sie überhaupt kein konkretes Angebot, sondern sie gaben an, daß Slots verfügbar seien, wenn auch nicht zu den gewünschten Zeiten, und warteten auf die Reaktion von Sabena. Diese Antwort kann als ein Angebot angesehen werden. Konkrete Zeiten wurden am 26. August für die Slots am späten Nachmittag und am 23. September für die Slots am Morgen angeboten.

    VI

    (20) Es muß geprüft werden, ob die angebotenen Slots im obengenannten Sinne ausreichen, um eine Erhöhung der Flugfrequenz zu ermöglichen. Die vom Airport Koordinator in Heathrow angebotenen Slots entsprechen nicht denen, die die Sabena beantragt hatte. Hierzu ist anzumerken, daß die Verordnung nicht verlangt, daß die zur Zeit des Antrags angebotenen Slots genau diejenigen sind, die beantragt wurden. Artikel 10 Absatz 3 enthält auch nicht die Bedingung oder das Kriterium, daß die angebotenen Slots sofort wirtschaftlich effizient genutzt werden können. Wie bereits angemerkt, reicht es gemäß Artikel 10 Absatz 3 aus, daß der Mitgliedstaat die besten Slots anbietet, die zur Zeit des Antrags verfügbar sind.

    Die der Sabena angebotenen Slots entsprechen jedoch nur teilweise ihrem Bedürfnis nach einem wirtschaftlich effizienten Flugbetrieb. Die An- und Abflugzeiten am Morgen weichen um etwa zwei Stunden vom Antrag der Sabena ab. Die Slots am späten Nachmittag sind für die Sabena hinsichtlich der Ankunftszeit annehmbar, hinsichtlich der Abflugzeit jedoch nur an einem Wochentag, während an den anderen Wochentagen ein wirtschaftlicher Flugbetrieb nicht möglich wäre, da sich das Flugzeug in Heathrow zu lange am Boden befinden würde. Die Sabena ist daher immer noch in einer ungünstigeren Position als ihr Konkurrent British Midland, der alle ihm zugewiesenen Slots für die Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) ab dem 31. August 1992 gewinnbringend nutzen konnte. Dies kann eindeutig zu einer faktischen Diskriminierung der Sabena führen, die nach dem Gemeinschaftsrecht unzulässig ist. Daher sollten die der Sabena bereits angebotenen Slots, ähnlich wie auf einer Slotzuweisungskonferenz, als Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen angesehen werden.

    In der Praxis sollten die britischen Behörden gemeinsam mit der Sabena versuchen, deren Position auf dem Flughafen London (Heathrow) so bald wie möglich zu verbessern. Dies würde bedeuten, daß der Slot-Koordinator Sabena an die Spitze der Warteliste setzen muß, um ihr schließlich Slots zuzuweisen, die einen wirtschaftlichen Betrieb der Frequenzerhöhung ermöglichen. Unter den gegenwärtigen Umständen reicht jedoch das bestmögliche Angebot aus, um die Kriterien des Artikels 10 Absatz 3 zu erfuellen.

    VII

    (21) Die Tatsache, daß die Sabena ihren Antrag erst nach dem Stichtag einreichte, der gemäß den veröffentlichen Bestimmungen für die Zuweisung von Slots auf dem Flughafen London (Heathrow) festgesetzt worden war, ist für die Anwendung des Artikels 10 Absatz 3 ohne Bedeutung, da sich die Sabena für die Erhöhung ihrer Flugfrequenz auf der genannten Strecke erst interessierte, nachdem sie von der British Midland erteilten Erlaubnis zur Erhöhung der Flugfrequenz zwischen Brüssel und London (Heathrow) erfahren hatte. Sabenas Antrag wurde rechtzeitig vor Aufnahme des Betriebes (31. August 1992) gestellt.

    VIII

    (22) Die Kommission hat auch die Erklärung der Behörden des Vereinigten Königreichs untersucht, die Benennung von British Midland für die Strecke London (Heathrow) - Brüssel sei aufgrund eines bilateralen Luftverkehrsabkommens zwischen Belgien und dem Vereinigten Königreich erfolgt.

    Die Kommission erkennt an, daß gemäß Artikel 13 Absatz 2 die Bestimmungen der Verordnung nicht dazu dienen dürfen, bestehende Vereinbarungen über den Marktzugang oder Kapazitäten restriktiver zu gestalten. Die Parteien haben der Kommission jedoch weder den Wortlaut dieses bilateralen Abkommens mitgeteilt, noch angegeben und belegt, durch welche Klauseln des Abkommens der Marktzugang oder die Kapazitäten liberaler als in der Verordnung gestaltet werden.

    (23) Der Kommission ist von dritter Seite (British Midland) der Wortlaut des Abkommens zwischen Belgien und dem Vereinigten Königreich vom 10. Oktober 1985 mitgeteilt worden. Ihr ist nicht bekannt, ob das Abkommen noch in Kraft ist und - wenn ja - ob es das einzige Abkommen zwischen den beiden Mitgliedstaaten ist.

    Dennoch hat die Kommission die Bestimmungen des genannten Abkommens über den Marktzugang und die Kapazitäten geprüft. In Teil II des Abkommens heisst es: "Each äronautical authority will allow an airline designated by the other to mount such capacity as the airline considers appropriate on any route referred to in paragraph 3 so long as the principal objective of the service is to provide adequate capacity at a reasonable load factor for 3rd/4th freedom traffic between its own country and the other country. However, each authority will retain the right to require consultations with the other in the event that it considers that the interests of any of its own airlines on a particular route or routes are being seriously damaged as a result of the capacity being mounted by the airline or airlines of the other country."

    (24) Das Abkommen enthält offenbar strenge Schutzklauseln (das Ziel des Flugdienstes ist die Bereitstellung ausreichender Kapazitäten mit einem angemessenen Auslastungsgrad), die gewährleisten sollen, daß jede Erweiterung der Kapazität auf einer entsprechenden Zunahme des Verkehrsaufkommens beruht. Die Kommission ist aufgrund ihrer Kenntnis der in allen bilateralen Luftverkehrsabkommen enthaltenen Streitbeilegungsmechanismen ausserdem der Auffassung, daß es sich bei dem Teil der Klausel, die der einen Behörde das Recht einräumt, von der anderen die Aufnahme von Konsultationen zu verlangen, um eine Gegenseitigkeitsklausel handelt. Die Kommission teilt daher nicht die Ansicht, daß die Bestimmungen dieses Abkommens liberaler seien als die der Verordnung und daß Artikel 13 Absatz 2 darum auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde.

    IX

    (25) Gemäß Artikel 10 Absatz 4 hat die Kommission die Anwendung von Absatz 2 und/oder Absatz 3 zu prüfen und innerhalb eines Monats zu entscheiden, ob der Mitgliedstaat die Maßnahme weiterhin anwenden darf. Der letzte Antrag der belgischen Behörden vom 3. September ging bei der Kommission am 4. September 1992 ein. Die Kommission konnte ihre Entscheidung nicht bis zum 4. Oktober 1992 treffen, da sie die Beschwerde an die Behörden des Vereinigten Königreichs verwiesen hatte, um diesen die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte zu ermöglichen. Die letzte Antwort der Behörden des Vereinigten Königreichs ging am 21. September ein. Überdies wurden die vollständigen Informationen über die Slotangebote vom Airport Koordinator in Heathrow erst am 23. September per Telefax übermittelt. Deshalb hat die Kommission die Frist um das für ihre Entscheidungsfindung unbedingt erforderliche Maß überschritten -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 erlaubt dem Königreich Belgien nicht, Gegenmaßnahmen gegenüber einem in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Luftverkehrsunternehmen (in diesem Fall British Midland) zu ergreifen.

    Die belgischen Behörden dürfen British Midland nicht aufgrund des Artikels 10 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 die Erlaubnis verweigern, ihre Flugfrequenz auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) zu erhöhen, unabhängig davon, ob der Sabena aufgrund des Artikels 10 Absätze 1 und 2 gestattet oder nicht gestattet ist, ihre Flugfrequenzen auf dieser Strecke zu erhöhen.

    Artikel 2

    Die Behörden des Vereinigten Königreichs haben nicht gegen Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2343/90 verstossen, als sie British Midland die Erlaubnis, ihre Flugfrequenz auf der Strecke London (Heathrow) - Brüssel - London (Heathrow) zu erhöhen, nicht verweigerten, solange die Sabena die gewünschte Erhöhung der Flugfrequenz nicht wirtschaftlich betreiben kann.

    Die Behörden des Vereinigten Königreichs müssen die der Sabena angebotenen Slots als eine Ausgangsbasis ansehen und müssen so schnell wie möglich das Angebot bezueglich des Antrags der Sabena verbessern.

    Artikel 3

    Die Behörden des Vereinigten Königreichs sind dadurch, daß sie der Kommission die Beschränkung der Ausübung der von der Sabena beantragten zusätzlichen Verkehrsrechte nicht rechtzeitig mitgeteilt haben, ihren Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 nicht nachgekommen.

    Artikel 4

    Diese Entscheidung ist an das Königreich Belgien und an das Vereinigte Königreich gerichtet. Brüssel, den 21. Oktober 1992 Für die Kommission

    Karel VAN MIERT

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. Nr. L 217 vom 11. 8. 1990, S. 8.

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