EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 31992D0317

92/317/EWG: Entscheidung der Kommission vom 25. März 1992 über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Hilaturas y Tejidos Anduluces, heute Mediterráneo Técnica Textil S. A., und deren Käufern (Nur der spanische Text ist verbindlich)

ABl. L 171 vom 26.6.1992, p. 54–64 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 11/04/1997

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1992/317/oj

31992D0317

92/317/EWG: Entscheidung der Kommission vom 25. März 1992 über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Hilaturas y Tejidos Anduluces, heute Mediterráneo Técnica Textil S. A., und deren Käufern (Nur der spanische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 171 vom 26/06/1992 S. 0054 - 0064


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 25. März 1992 über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Hilaturas y Tejidos Anduluces, heute Mediterráneo Técnica Textil S. A., und deren Käufern (Nur der spanische Text ist verbindlich) (92/317/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2,

nachdem den Parteien gemäß diesem Artikel Gelegenheit zur Äusserung gegeben wurde und unter Berücksichtigung dieser Bemerkungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

Hilaturas y Tejidos Andaluces S. A. oder HYTASA (heute Mediterráneo Técnica Textil S. A.) war bis 1990 ein staatliches Unternehmen im Eigentum der dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen unterstellten staatlichen Holding "Patrimonio del Estado" (nachstehend "Patrimonio" genannt).

HYTASA wurde 1937 in Sevilla von einem privaten Unternehmer gegründet. Wegen finanzieller Schwierigkeiten wurde das Unternehmen 1982 von Patrimonio übernommen.

Die vertikal integrierten Tätigkeiten von HYTASA umfassten im Baumwollsektor die Stufen Entkörnen, Spinnen, Weben, Fertigmachen und Verarbeiten und im Wollsektor die Stufen Spinnen, Weben und Fertigmachen.

Das Unternehmen besitzt eine Fabrik in Sevilla für die textiltechnischen Tätigkeiten (Spinnen, Weben und Fertigmachen) und drei weitere Produktionsstätten in anderen Orten der Region für die vorgelagerten Tätigkeiten (Entkörnen). Ferner gehören dem Unternehmen landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 100 000 m2.

Nach dem Erwerb des Unternehmens führte Patrimonio bis 1986 einen Umstrukturierungsplan durch, der im Rahmen einer sektoralen Beihilfenregelung der spanischen Regierung und mit Kapitalzuführungen in Höhe von 6 600 Millionen Pta finanziert wurde; der Plan sollte durch Verringerung der Beschäftigtenzahl unter Beibehaltung der Produktionskapazitäten die Produktivität von HYTASA verbessern helfen.

Trotz dieser Anstrengungen führten die anhaltenden Verluste des Unternehmens dazu, daß das Kapital von HYTASA bis zum Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft im Jahr 1986 praktisch auf Null schrumpfte. Das Unternehmensergebnis von 1985 wies bei einem Umsatz von rund 6 Milliarden Pta Verluste in Höhe von 27 % der Verkäufe aus.

II

Auf eine Beschwerde hin forderte die Kommission die spanischen Behörden mit Schreiben vom 4. April 1989 auf, ihr alle zweckdienlichen Informationen über angebliche Kapitalzuwendungen des Staates zum Ausgleich der Betriebsverluste von HYTASA nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 4. August 1989 erteilten die spanischen Behörden erste Auskünfte. Da diese jedoch nicht ausreichten, um die Vereinbarkeit der staatlichen Interventionen mit den Artikeln 92 und 93 des Vertrages beurteilen zu können, forderte die Kommission mit Schreiben vom 21. August 1989 weitere Informationen an. Diese wurden ihr mit Schreiben vom 24. November 1989 zum Teil übermittelt.

Die wichtigsten Informationen betrafen die seit 1986 vorgenommenen Kapitalaufstockungen (in Höhe von insgesamt 7 100 Millionen Pta) und die Veräusserung unproduktiver Vermögenswerte (vor allem Grundstücke).

Auf einem Treffen mit Beamten der Kommission am 30. Mai 1990 kündigten die spanischen Behörden an, daß die Privatisierung des Unternehmens kurz vor dem Abschluß stehe. Gleichzeitig teilten sie neben weiteren Details über Veräusserungen unproduktiver Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 4 582 Millionen Pta verschiedene Modalitäten der Privatisierung und insbesondere die Namen der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmen mit.

Am 5. Juni 1990 erhielt die Kommission direkt von Patrimonio weitere Angaben und den Verkaufsprospekt für HYTASA.

Am 7. Juni 1990 erbat die Kommission weitere Auskünfte.

Am 25. Juni 1990 erteilte Patrimonio weitere Informationen über die Privatisierungsmodalitäten und insbesondere über die Finanzkonditionen für den Verkauf: Kapitalzuführung seitens Patrimonio in Höhe von 4 300 Millionen Pta, Verkaufspreis in Höhe von 100 Millionen Pta für alle Anteile des Unternehmens und vom Käufer vorzunehmende Kapitalaufstockungen in Höhe von 3 700 Millionen Pta (davon 25 % bei Vertragsabschluß). Weiterhin wurden der Kommission die für die Auswahl des besten Angebots maßgeblichen Kriterien mitgeteilt.

Die vorgenannten Konditionen wurden auf einem Treffen am 28. Juni 1990 zwischen Vertretern der spanischen Behörden und der Kommission bestätigt.

Am 9. Juli 1990 machten die spanischen Behörden weitere Angaben zu dem Fünfjahres-Sanierungsplan für HYTASA. Der Plan sah vor, daß sich die Verkäufe bis 1994 auf 6,2 Milliarden Pta (+29 % gegenüber der Vorausschätzung für 1990) erhöhen und die Zahl der Beschäftigten auf 700 ( 30 % gegenüber 1990) verringern würden.

Die obenerwähnten Kapitalzuführungen dienten zusammen mit den Erlösen aus der Veräusserung der Vermögenswerte vornehmlich dazu, neben den notwendigen Ersatzinvestitionen die Kosten des Personalabbaus zu finanzieren. Von 1986 bis 1990 wendete HYTASA für Investitionen rund 5 Milliarden Pta und für Entlassungsmaßnahmen mehr als 700 Millionen Pta auf; gleichzeitig sank die Zahl der Beschäftigten von 1 177 Ende 1986 auf 1 034 im Juli 1990.

In der gleichen Zeit ging der Umsatz von HYTASA von 6 170 Millionen Pta im Jahr 1986 auf 4 198 Millionen Pta im Jahr 1989 - bei Betriebsverslusten in Höhe von 395 bzw. 1 633 Millionen Pta - zurück.

Weiterhin teilten die spanischen Behörden der Kommission mit, daß sie im Hinblick auf die Privatisierung von HYTASA mit 160 Unternehmen, die sie als potentielle Kaufinteressenten ansahen, durch Übersendung eines Verkaufsprospekts Kontakt aufgenommen haben. Später wurden jenen Unternehmen, die Interesse bekundet hatten, weitere Informationen zur Verfügung gestellt. Nach Verhandlungen mit mehreren potentiellen Bietern gingen drei endgültige Kaufangebote ein. Zuletzt entschieden sich die spanischen Behörden für das Angebot mit dem wirtschaftlich höchsten Preis, das gleichzeitig die beste Gewähr für die künftige Lebensfähigkeit des Unternehmens bot.

Nach Darstellung der spanischen Behörden war eine solche Gewähr für die Zukunft von HYTASA in dem vom Käufer vorgeschlagenen Sanierungsplan und in dessen finanziellen Möglichkeiten zur Vornahme der vorgesehenen weiteren Kapitalaufstockungen, ferner in dessen fachlicher Erfahrung im Textilsektor und in dem vergleichsweisen Vorteil zu sehen, der darin besteht, daß der Käufer bereits über Produktions- und Vertriebsstrukturen verfügte, was es ihm erleichtern würde, den Sanierungsplan für HYTASA in kurzer Zeit durchzuführen.

Der später von den spanischen Behörden übermittelte Kaufvertrag sah folgende Konditionen vor:

- Der Kaufpreis für alle Anteile des Unternehmens beträgt 100 Millionen Pta;

- der Käufer verpflichtet sich, in den drei Jahren nach der Übernahme seine Anteile nicht ohne vorherige Genehmigung von Patrimonio zu veräussern. Während der gleichen Zeit dürfen Änderungen im Beteiligungsverhältnis nur insoweit vorgenommen werden, als der gegenwärtige Käufer eine Mehrheitsbeteiligung behält;

- für eine Dauer von drei Jahren führt der Verkäufer keine Kurzarbeitregelungen ein, es sei denn, daß hierüber mit den zuständigen Gewerkschaften oder im Rahmen von Vorruhestandsregelungen Einigung erzielt wird;

- das Unternehmen verzichtet für die Dauer von fünf Jahren auf eine Gewinnausschüttung;

- für die gleiche Dauer verpflichtet sich der Käufer, das Unternehmen nicht aufzugliedern oder Teile des Unternehmens zu veräussern, sondern vielmehr alle derzeitigen Betriebsteile und einige Liegenschaften zu behalten;

- Erlöse aus einer etwaigen Veräusserung weiterer Liegenschaften verbleiben im Unternehmen;

- der Käufer verpflichtet sich zur Durchführung des dem Kaufvertrag beigefügten Sanierungsplans;

- alle neuen Markennamen und sonstigen immateriellen Aktiva gehen in das Eigentum von HYTASA über;

- die von HYTASA zum Zeitpunkt des Verkaufs geleistete Kapitalaufstockung in Höhe von 4 300 Millionen Pta wird zur Verbesserung der finanziellen Verfassung von HYTASA, zur Finanzierung von Investitionen und zur Zahlung von Entlassungsabfindungen verwendet;

- der Käufer verzichtet auf etwaige finanzielle Vorteile aus alten Forderungen von HYTASA gegen Patrimonio und das Wirtschaftsministerium;

- der Käufer erklärt sich damit einverstanden, die Bilanz von HYTASA zum 30. Juni 1990 mit der Maßgabe als Teil des Vertrags anzusehen, daß alle bedeutsamen finanziellen Ereignisse, die auf Handlungen vor dem Verkauf des Unternehmens zurückzuführen sind, vom Verkäufer getragen werden;

- der Käufer verpflichtet sich, das Kapital des Unternehmens um 3 700 Millionen Pta aufzustocken und 25 % dieses Betrags sofort zu zahlen.

Nach Prüfung der obigen Informationen beschloß die Kommission am 18. Juli 1990, im Zusammenhang mit den Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta an HYTASA, die der spanische Staat in der Zeit zwischen dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft im Januar 1986 und 1988 geleistet hatte, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages zu eröffnen. Die Kommission war der Auffassung, daß diese finanziellen Interventionen eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 darstellen und daß für diese Beihilfe grundsätzlich keine der in Artikel 92 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Ausnahmen in Anspruch genommen werden kann. Das nach Artikel 93 Absatz 2 eingeleitete Verfahren betraf auch die potentielle zusätzliche Beihilfe, die der Staat möglicherweise gewährt hat, indem er das Kaufgebot für HYTASA in Höhe von 100 Millionen Pta annahm, da sich der Nettowert des Unternehmens vor der im Kaufvertrag vorgesehenen staatlichen Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen Pta auf mehr als 6 Milliarden Pta belief.

Der Beschluß der Kommission, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, wurde der spanischen Regierung mit Schreiben vom 3. August 1990 mitgeteilt. Darin wurde die spanische Regierung aufgefordert, sich zu dem Schreiben der Kommission zu äussern und alle darin angeforderten detaillierten Informationen wie auch alle anderen Informationen, die nach ihrer Auffassung für die Beurteilung der Beihilfe auf ihre Vereinbarkeit mit dem Vertrag zweckdienlich sein könnten, zu übermitteln.

Die übrigen Mitgliedstaaten und die anderen Beteiligten wurden von dem Beschluß der Kommission durch Veröffentlichung des an die spanische Regierung gerichteten Schreibens im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (1) unterrichtet.

Am 11. September 1990 suchten die spanischen Behörden um eine einmonatige Fristverlängerung für die Einreichung ihrer Bemerkungen nach. Die Kommission gab diesem Antrag mit Schreiben vom 20. September 1990 statt.

Die Bemerkungen der spanischen Regierung zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 EWG-Vertrag und weitere Informationen wurden am 16. Oktober 1990 übermittelt.

Zunächst erklärte die spanische Regierung, daß sie der vorläufigen Schlußfolgerung der Kommission, daß die zwischen 1986 und 1988 vorgenommenen Kapitalaufstockungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta und die vor dem Verkauf von HYTASA vorgenommene Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen Pta staatliche Beihilfen darstellten, für die die Ausnahmebestimmungen des EWG-Vertrags nicht in Anspruch genommen werden können, nicht zustimmen könne.

Zu den zwischen 1986 und 1988 vorgenommenen Kapitalaufstockungen führte die spanische Regierung aus, sie seien Teil eines Umstrukturierungsplans zur Sicherung der Lebensfähigkeit des Unternehmens. Die Investitionen der spanischen Regierung seien nach gesunden Kriterien erfolgt, nach denen auch ein privater Anleger gehandelt hätte. Diese Strategie habe sich bis 1988, als es zu einem Markteinbruch kam, bewährt. Ausserdem könne von den fraglichen öffentlichen Interventionen nicht behauptet werden, sie beeinträchtigten den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt, da die Marktpräsenz des Unternehmens in der fraglichen Zeit, sowohl was die Produktionskapazität als auch was die tatsächliche Produktion anbelangt, rückläufig war.

Speziell zu den Kapitalzuführungen der Jahre 1986 und 1987 führten die spanischen Behörden aus, sie seien auf Ereignisse zurückzuführen, die vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft eingetreten waren.

Zu den Konditionen des Übernahmevertrags machte die spanische Regierung geltend, daß der Verkauf von HYTASA gleichfalls keine Elemente staatlicher Beihilfe enthielte. Dies beweise die Tatsache, daß HYTASA an den Bieter mit dem höchsten Angebot verkauft wurde, nachdem das Unternehmen auf dem internationalen Markt öffentlich zum Verkauf angeboten worden war. Ausserdem müsse ein funktionierendes Unternehmen im Normalfall nicht nach seinem Nettowert bewertet werden, wie es die Kommission tat, sondern nach dem Gegenwartswert der zu erwartenden Ergebnisse des übernommenen Unternehmens. Dazu erklärte die spanische Regierung, daß HYTASA 1989 Verluste von mehr als 1,6 Milliarden Pta und für die ersten Monate von 1990 bereits weitere Verluste von 973 Millionen Pta hatte und daß der im Umstrukturierungsplan der Käufer für HYTASA vorgesehene Abbau von 380 Arbeitsplätzen Kosten in Höhe von 2 040 Millionen Pta mit sich bringen würde.

Sodann führte die spanische Regierung aus, daß der Verkauf von HYTASA selbst dann, wenn er tatsächlich gewisse Elemente einer staatlichen Beihilfe enthalten sollte, mehr als eine reine Überführung in private Hand darstellte, da er die Durchführung eines Sanierungsplans der Käufer beinhaltete, die zu diesem Zweck Kapital in Höhe von 3 700 Millionen Pta zuführen und zudem ihr Know-how in die Unternehmensaktiva einbringen würden. Nach Darstellung der spanischen Regierung diente der Verkauf also keineswegs dazu, lediglich die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen, sondern dessen wirtschaftliche, technische und finanzielle Sanierung zu gewährleisten, weshalb die fraglichen öffentlichen Interventionen im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stuenden.

Ausserdem wiesen die spanischen Behörden darauf hin, daß im Lichte der obigen Ausführungen der Verkauf des Unternehmens aus gemeinschaftlicher, nationaler und regionaler Sicht die beste und zugleich einzig mögliche Lösung darstellte, da die bei einer Liquidation des Unternehmens anfallenden Entlassungszahlungen für mehr als 1 050 Beschäftigte, die Zahlung von Arbeitslosengeld, der Verlust der Aktiva des Unternehmens und die staatliche Hilfe zur Reindustrialisierung der Region den Staat weit teurer zu stehen gekommen wären.

Schließlich führten die spanischen Behörden aus, daß aufgrund der Tatsache, daß das Unternehmen seinen Standort in Sevilla, einem von der Kommission anerkannten Regionalförderungsgebiet, hat, davon ausgegangen werden durfte, daß die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe a) EWG-Vertrag in jedem Fall anwendbar wäre.

Die übrigen, zusammen mit den Bemerkungen übermittelten Informationen betrafen die Kapitalinvestitionen, die von HYTASA in der Zeit zwischen 1986 und ihrer Privatisierung getätigt wurden, ferner eine Zusammenfassung der eingegangenen Übernahmeangebote und eine Begründung der getroffenen Wahl, allgemeine Angaben zu den Käufern, eine Durchschrift des Kaufvertrags und einen Umstrukturierungsplan.

Zur Identität des Käufers, die der Kommission bis dahin noch nicht preisgegeben worden war, ist anzumerken, daß HYTASA am 25. Juli 1990 effektiv an zwei private Unternehmen, nämlich Hilatura Gossypium S.A. mit Sitz in Barcelona und Industria Textil del Guadiana S.A. mit Sitz in Mérida (Badajoz) verkauft wurde. Auch diese beiden Unternehmen, die das Kapital von HYTASA zu gleichen Anteilen übernahmen, sind im Textilsektor tätig und stellen vor allem Baumwollgarne und -gewebe mit einem zusammengefassten Umsatz von mehr als 7 Milliarden Pta (1990) her.

In einem bei der Kommission am 21. Januar 1991 eingegangenen Schreiben nahm der Gesamtverband der Textilindustrie in der Bundesrepublik Deutschland positiv zu der Initiative der Kommission zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 des Vertrages Stellung und wies auf die Bedeutung von HYTASA als Hersteller auf einem stark umkämpften Markt hin. Diese Bemerkungen wurden der spanischen Regierung mit Schreiben der Kommission vom 6. Februar 1991 zur Kenntnis gebracht.

Die spanische Regierung ging auf die Bemerkungen des besagten Gesamtverbands in einem Schreiben vom 27. März 1991 ein. Darin führte sie aus, daß HYTASA am EG-Markt für Baumwoll- und Wollgarne einen Anteil von 0,22 bzw. 0,08 % hat und daß die Verkäufe auf dem deutschen Markt in den Jahren 1988 bis 1990 bei durchschnittlich 129 000 DM lagen.

III

Abgesehen von dem Umstand, daß es sich bei dem berücksichtigten Übernahmeangebot für HYTASA um das in wirtschaftlicher Hinsicht höchste Angebot handelt, machten die spanischen Behörden geltend, daß mit dem Verkauf keineswegs beabsichtigt wurde, das Unternehmen künstlich am Leben zu erhalten, sondern dessen wirtschaftliche, technische und finanzielle Gesundung sicherzustellen.

Ein von den neuen Eigentümern erstelltes erstes Umstrukturierungsprogramm für HYTASA wurde der Kommission von den spanischen Behörden in deren Bemerkungen zur Eröffnung des Verfahrens zur Kenntnis gebracht.

Dieser Plan sah die Durchführung eines Investitionsprogramms mit einem Gesamtaufwand von 2 500 Millionen Pta vor. Die wichtigsten Maßnahmen des Plans betrafen den Baumwollsektor und hier speziell die Bereiche Entkörnung und Spinnerei. Von diesen Investitionen erwartete man sich eine allgemeine Erhöhung der Produktion (1992 gegenüber 1989) um 20 bis 300 % je nach Produkt; lediglich bei Wollgarnen wurde von einer Verringerung der Produktion um 25 % ausgegangen.

Neben den Produktivinvestitionen sah der Plan auch eine über fünf Jahre gestaffelte deutliche Verringerung der Beschäftigtenzahl von rund 1 000 auf 700 Beschäftigte vor. Die von HYTASA zu tragenden Kosten der Entlassungsmaßnahmen wurden auf rund 2 040 Millionen Pta geschätzt. Damit sollten eine Verdoppelung der Produktion pro Beschäftigten und folglich eine langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens erreicht werden.

Nach dem Plan sollte sich die Ertragslage von HYTASA nach und nach verbessern; so sollte im letzten Jahr des Plans (1994) erstmals ein kleiner Gewinn von 139 Millionen Pta erzielt werden, nachdem bis 1993 nur Verluste in Höhe von insgesamt 4 700 Millionen Pta anfallen würden.

An dieser Stelle ist festzuhalten, daß die vom Staat vor dem Verkauf gewährte Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen Pta eine herausragende Rolle in dem Umstrukturierungsprogramm spielt. Dieses Kapital war ausdrücklich dazu bestimmt, die finanzielle Verfassung des Unternehmens zu verbessern und die Kosten der Entlassungsmaßnahmen und der Investitionen zu decken.

Am 18. März 1991 fand zwischen Beamten der Kommission und Vertretern von Patrimonio eine Besprechung über das Problem des Umstrukturierungsplans für HYTASA statt.

Von seiten der Kommission wurde dabei vor allem darauf hingewiesen, daß ein Sanierungsplan für das Unternehmen

- eine Verringerung der Produktionskapazitäten, der Verkäufe und des Marktanteils vorsehen muß;

- die Lebensfähigkeit des Unternehmens gewährleisten muß;

- keine über das notwendige Mindestmaß hinausgehenden Beihilfen beinhalten darf.

Demzufolge forderte die Kommission die spanischen Behörden offiziell auf, ihr bis 10. Mai 1991 einen nochmals überarbeiteten Umstrukturierungsplan für HYTASA vorzulegen, der eine Verringerung der Produktionskapazität und des Marktanteils vorsieht und gleichzeitig die Lebensfähigkeit des Unternehmens verbürgt. Zu dem letztgenannten Erfordernis ist anzumerken, daß die Kommission ernsthaft bezweifelte, daß das bisherige Umstrukturierungsprogramm die Lebensfähigkeit von HYTASA zu verbürgen vermag, da zu erwarten stand, daß das Unternehmen weiterhin mit Verlust arbeiten würde.

Da die Kommission keine Antwort erhalten hatte, wiederholte sie mit Schreiben vom 27. Mai 1991 ihre Forderung; gleichzeitig wies sie die spanischen Behörden darauf hin, daß sie sich für den Fall, daß ihr bis 31. Mai 1991 nicht ein überarbeiteter Umstrukturierungsplan zugeht, gezwungen sehe, eine abschließende Entscheidung auf der Grundlage der ihr bis dahin vorliegenden Informationen zu treffen.

Der neue Plan wurde von den spanischen Behörden am 13. Juni 1991 vorgelegt. Er sieht radikale Änderungen in der Produktions- und Absatzpolitik von HYTASA vor.

Insbesondere sieht der Plan vor, daß das Unternehmen nur noch Fertigerzeugnisse wie Fertiggewebe aus Baumwolle und Wolle und Baumwollstoffe verkauft und demzufolge seine Garn- und Rohgewebeproduktion (1994 gegenüber 1989) um 13 % auf 25 % verringert und die Produktion von Fertiggeweben und Stoffen je nach Produkt um 50 bis 320 % erhöht.

Den zusätzlichen Bedarf an Halbfertigerzeugnissen sollte HYTASA durch Zukäufe decken.

Die kumulativen Betriebserzeugnisse nach dem neuen Plan weisen Verluste in Höhe von 795 Millionen Pta aus, sehen aber im letzten Jahr des Plans erstmals Gewinne - in Höhe von 716 Millionen Pta oder 9 % der Umsätze - vor.

Des weiteren sieht der überarbeitete Plan eine Reduzierung der Zahl der direkten Arbeitsplätze von 1 050 im Jahr 1990 auf 720 und einen Bedarf an externen Arbeitsplätzen vor, der von der Kommission auf etwa 150 (gegenüber schätzungsweise 35 im Jahr 1990) geschätzt wird.

Ein Vergleich zwischen beiden Plänen deckt verschiedene Punkte auf, die Zweifel an der Begründetheit der Annahmen oder deren Ergebnisse aufkommen lassen; wegen der Widersprüche zwischen den beiden Plänen sieht sich die Kommission nicht in der Lage, die positiven Enderwartungen des überarbeiteten Plans zu teilen.

Insbesondere blieben die spanischen Behörden eine Erklärung dafür schuldig, wie die im zweiten Plan vorgesehene Erhöhung des Gesamtwertes der Verkäufe um 23 % zustande kommt, nachdem das Unternehmen den im vorhergehenden Plan noch beibehaltenen Verkauf von Garnen und Rohgeweben einstellen und den Verkauf von Fertiggeweben und Bekleidung in etwa auf dem mengenmässigen Niveau des ersten Plans halten will. Ausserdem fehlt eine Erklärung für die höhere Zahl direkter Arbeitsplätze (720 anstatt 700) bei gleichzeitiger Reduzierung der Produktion.

IV

Bei der Prüfung der zwischen 1986 und 1988 und aufgrund des Kaufvertrags von Patrimonio an HYTASA geleisteten Kapitalzuführungen wie auch der übrigen Konditionen des Übernahmevertrags ist die Kommission der Frage nachgegangen, inwieweit diese staatlichen Interventionen Elemente staatlicher Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag enthalten.

Zunächst ist festzustellen, daß Patrimonio Teil des spanischen Staates mit dem Status einer dem Wirtschaftsministerium unterstellten Generaldirektion ist. Sein Finanzbedarf wird in voller Höhe vom Staat aus Haushaltsmitteln gedeckt. Die Finanzmittel von Patrimonio müssen deshalb als staatliche Mittel angesehen werden, so daß die Kapitalzuführungen an HYTASA öffentliche Interventionen darstellen.

Die Bereitstellung öffentlicher Mittel an Unternehmen in Form von Kapitalzuführungen können Elemente einer staatlichen Beihilfe enthalten, wenn sie unter Umständen erfolgt, denen ein Kapitalgeber unter marktwirtschaftlichen Voraussetzungen nicht zustimmen würde. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn es unter Berücksichtigung der Finanzlage des Unternehmens, insbesondere der Struktur und des Umfangs der Verschuldung, nicht gerechtfertigt erscheint, innerhalb einer angemessenen Frist eine normale Rendite (in Form von Dividenden oder Kapitalzuwachs) aus dem investierten Kapitel zu erwarten, oder wenn das Unternehmen aus Gründen eines unzulänglichen Cashflow oder aus anderen Gründen nicht in der Lage wäre, die für ein Investitionsprogramm benötigten Mittel auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Diesen Standpunkt hat die Kommission den Mitgliedstaaten in einem Schreiben vom 17. September 1984 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag auf öffentliche Unternehmen zur Kenntnis gebracht. Ausserdem hat die Kommission unlängst in ihrer Mitteilung vom 24. Juli 1991 (2) zur Einführung eines neuen Berichtssystems zur Ermittlung von Beihilfen bei Finanzströmen zwischen der öffentlichen Hand und den öffentlichen Unternehmen die Mitgliedstaaten an die Grundsätze erinnert, die sie bei der Beurteilung der Frage, ob solche staatlichen Interventionen Beihilfeelemente enthalten, anzuwenden gedenkt (siehe Teil III der genannten Mitteilung).

Ausserdem hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages in bezug auf staatliche Holdings geklärt (siehe die Urteile vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82 (Intermills) (3) und vom 10. Juli 1986 in den Rechtssachen 234/84 (Meura) (4) und 40/85 (Boch) (5)). Um beurteilen zu können, ob eine Kapitalzuführung eine staatliche Beihilfe darstellt muß nach Auffassung des Gerichtshofs geprüft werden, ob das betreffende Unternehmen die benötigten Finanzmittel auf dem privaten Kapitalmarkt aufzunehmen in der Lage gewesen wäre. Ist nach Lage der Dinge anzunehmen, daß das begünstigte Unternehmen ohne staatliche Zuwendungen nicht hätte überleben können, weil es sich das benötigte Kapital nicht auf dem freien Markt von einem privaten Anleger hätte beschaffen können, so darf gefolgert werden, daß die Kapitalzuführung eine staatliche Beihilfe darstellt.

Geht man davon aus, daß HYTASA zum Zeitpunkt der ersten Kapitalzuführung von Patrimonio im Jahr 1986 seit langem mit Verlust gearbeitet hat und daß sich der Staat bereits früher wiederholt zu einer umfangreichen Rekapitalisierung zur Rettung des Unternehmens genötigt sah, ohne eine Verzinsung seiner Investitionen zu erhalten, so ist es unwahrscheinlich, daß ein privater Anleger unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Erwägungen einer sektorbezogenen Politik HYTASA in der ganzen Zeit von 1986 bis 1988 sukzessive Kapitalhilfen in Höhe von insgesamt 7 100 Millionen Pta gewährt hätte.

Was die Konditionen des Verkaufs von HYTASA angeht, so hält es die Kommission für erwiesen, daß HYTASA an den Bieter mit dem höchsten Angebot ging. Diese Tatsache vermag jedoch nicht hinreichend zu gewährleisten, daß der Verkauf des Unternehmens keine Elemente staatlicher Beihilfe enthielt. Hierzu muß nachgewiesen werden, daß der Verkauf im Rahmen eines an keinerlei Bedingungen geknüpften offenen Verkaufsangebots, d. h. im Rahmen einer Ausschreibung, bei der jeder potentielle Käufer zur Abgabe eines Angebots für das Unternehmen aufgefordert wird und der Staat keine Bedingungen für das Zustandekommen des Verkaufs stellt, erfolgte. Nach den von den spanischen Behörden gelieferten Informationen hat der spanische Staat den Käufern jedoch gewisse Auflagen gemacht, die die Verfügungsgewalt über die erworbene Beteiligung vorübergehend einschränken. Da der spanische Staat dem Unternehmen noch unmittelbar vor dessen Privatisierung Kapital zuführte, muß geprüft werden, ob er in bezug auf seine kurz vor dem Zustandekommen des Verkaufs erfolgte Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen Pta und in bezug auf seine Bereitschaft, für den Verkauf der 100 %igen Kapitalbeteiligung von Patrimonio an HYTASA einen Preis von 100 Millionen Pta zu akzeptieren, rationell im Sinne eines privaten Anlegers gehandelt hat.

Bezueglich der ersten Frage würde ein unter üblichen marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnder privater Anleger nach einer maximalen Rentabilität seiner Investition gestrebt und eine solche Kapitalzuführung nur dann vorgenommen haben, wenn er dadurch später in globaler Würdigung der Verkaufsoperation wirtschaftlichen Nutzen davon haben würde. Mit der vom Staat im Rahmen des Verkaufs von HYTASA geleisteten Kapitalzuführung könnte als Rendite einzig die Höhe des von den Bietern gebotenen Übernahmepreises erwartet werden. Zwischen der Kapitalzuführung des Staates und dem von den Käufern zu zahlenden Preis bestand also eine Wechselbeziehung, da nach den Konditionen des Übernahmevertrags die Käufer für HYTASA nicht 100 Millionen Pta gezahlt hätten, wenn der Staat dem Unternehmen nicht zuvor 4 300 Millionen Pta an frischem Kapital zugeführt hätte.

Da der Staat einen Betrag in Höhe des von den Käufern für alle Anteile von HYTASA gezahlten Gegenwartswertes zurückerhalten hat und ohne die Kapitalzuführung von 4 300 Millionen Pta nichts erhalten hätte, weil das Angebot der Käufer an die Bedingung geknüpft war, daß der Staat dieses Kapital vor dem Verkauf zuschießt, beläuft sich mithin das hierin enthaltene Beihilfeelement auf 4 200 Millionen Pta, d. h. auf die Differenz zwischen 4 300 und 100 Millionen Pta.

Bezueglich des anderen Beihilfeelements, das möglicherweise in der Annahme eines Kaufpreises von 100 Millionen Pta für HYTASA enthalten ist, kann die Kommission nicht den Schluß ziehen, daß hier ein zusätzliches Beihilfeelement vorliegt; es kann nämlich nicht angenommen werden, daß die Kapitalbeteiligung an HYTASA für den Staat einen höheren Wert hat als den obengenannten Übernahmepreis, da der Staat nach den bisherigen Finanzergebnissen und den zu erwartenden Endergebnissen des Unternehmens ohne radikale Änderungen in der Vermarktungs- und Produktionsstruktur des Unternehmens, die er allerdings nicht in die Wege zu leiten versuchte, nicht mit einer Rendite aus seiner Kapitalbeteiligung an HYTASA rechnen konnte.

Auch deutet nach den der Kommission vorliegenden Informationen das Verhalten der spanischen Regierung beim Verkauf von HYTASA zu den bekannten Konditionen nicht darauf hin, daß neben dem oben festgestellten Beihilfeelement von 4 200 Millionen Pta weitere Elemente einer staatlichen Beihilfe vorliegen, wenn man die letztlich gewählte Lösung des Verkaufs eines funktionierenden Unternehmens der Alternative einer Liquidation gegenüberstellt. In diesem Zusammenhang ist zu vermerken, daß sich nach den von den spanischen Behörden gelieferten Informationen die HYTASA entstehenden Personalabbaukosten auf durchschnittlich 6 Millionen Pta pro entlassenen Mitarbeiter belaufen werden. Im Fall einer Liquidation des Unternehmens würden sich die Gesamtkosten folglich wahrscheinlich auf mehr als 6 Milliarden Pta belaufen. Da der Nettowert des Unternehmens vor der letzten staatlichen Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen Pta mit rund 6 Milliarden Pta zu veranschlagen ist, hätte Patrimonio bei der Alternative der Liquidation von HYTASA im Saldo nur Verluste gehabt. Das in den Verkaufskonditionen zu sehende Beihilfeelement betrifft folglich nur die Nettoaufwendung des Staates in Höhe von 4 200 Millionen Pta in Form des dem Unternehmen vor dessen Verkauf zugeführten Kapitals.

Bei der Beurteilung des Verhaltens des Staates im Vergleich zu demjenigen eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors muß die Kommission in Anwendung der Kriterien, die der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache 234/84 (Meura) entwickelt hat, "prüfen, ob ein privater Gesellschafter in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen und regionalpolitischen Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte" (Erwägung 14). Würde die Kommission diese Überlegungen berücksichtigen, so hieße dies, den Mitgliedstaaten die Befugnis zuerkennen, notleidende Unternehmen allein aus Gründen des nationalen Interesses zu retten. Diese Situation, aus der dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufende gravierende Wettbewerbsverzerrungen erwachsen könnten, stuende im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vertrages, wonach die Kommission über die Vereinbarkeit staatlicher Förderung im Rahmen der Gemeinschaft als Ganzes und nicht im Rahmen eines einzigen Mitgliedstaats zu befinden hat. Würden die vorerwähnten Kosten mit denen zusammengelegt werden, die dem Verhalten des Staates als Eigentümer oder Anteilsinhaber eines Unternehmens entsprechen, so würde man den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers seiner Substanz berauben.

Die Kommission ist deshalb nach eingehender Prüfung zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die staatliche Beihilfe zugunsten von HYTASA neben den zwischen 1986 und 1988 von Patrimonio geleisteten Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta das in der letzten Kapitalzuführung vor der Privatisierung des Unternehmens enthaltene Beihilfeelement in Höhe von 4 200 Millionen Pta umfasst, da durch beide Interventionen die Finanzlage von HYTASA künstlich verbessert wurde.

Diese Beihilfe an HYTASA stellt eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und eine tatsächliche oder drohende Verzerrung des Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages dar.

Wird durch die staatliche finanzielle Förderung die Stellung bestimmter Unternehmen im Vergleich zu derjenigen mit ihnen in der Gemeinschaft im Wettbewerb stehender Unternehmen gestärkt, so muß davon ausgegangen werden, daß dadurch diese anderen Unternehmen beeinträchtigt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79 (Philip Morris)) (6).

Hier ist zu berücksichtigen, daß die von HYTASA hergestellten und vertriebenen Waren Gegenstand eines Handels zwischen Mitgliedstaaten sind und daß ein Wettbewerb zwischen Herstellern besteht. 1988 erreichte die gesamte Textilerzeugung der Gemeinschaft einen Wert von 86 691 Millionen ECU; mehr als 20 % entfielen dabei auf Baumwolltextilien und mehr als 15 % auf Wollerzeugnisse.

Mehr im einzelnen beträgt die Gemeinschaftserzeugung von Baumwollgarnen und Baumwollgeweben der Kategorien 1, 2 und 2a des Multifaserabkommens nach leicht rückläufiger Tendenz rund 1 000 000 bzw. 700 000 Tonnen. Auf die spanische Produktion entfallen dabei rund 11 % der EG-Produktion von Baumwollgarnen (Kategorie 1) und 13 % der EG-Produktion von Baumwollrohgeweben (Kategorie 2); für Baumwollfertiggewebe liegen keine Statistiken vor. HYTASA ist an der spanischen Erzeugung von Baumwollgarnen mit 3 % beteiligt. Für Roh- und Fertiggewebe sowie Bekleidungsartikel liegen keine vergleichbaren Daten vor.

Der Binnenhandel der Gemeinschaft ist sowohl bei Baumwollgarnen als auch bei Baumwollrohgeweben und -fertiggeweben sehr intensiv und beträgt 22 %, 34 % bzw. 63 % der EG-Erzeugung.

Bei Streichgarnen und Kammgarnen aus Wolle und bei Wollgeweben (Kategorien 47, 48 und 50 des Multifaserabkommens) ist in der EG-Produktion je nach Erzeugnis ein unterschiedlicher Trend zu beobachten.

So ist bei Streichgarnen eine rückläufige Entwicklung zu verzeichnen; 1989 lag die Produktion bei schätzungsweise 230 000 Tonnen. Die Erzeugung von Kammgarnen hingegen stagniert bei rund 205 000 Tonnen.

Bei Wollgeweben ist nach einer Produktionszunahme in den Jahren 1984 bis 1988 eine Stagnation auf einem Niveau von rund 200 000 Tonnen zu beobachten.

Spanien stellt 6 % der EG-Erzeugung an Streich- und Kammgarnen aus Wolle und an Wollgeweben. Der Anteil von HYTASA an der spanischen Wollgarnerzeugung (Streich- und Kammgarne zusammen) beträgt rund 3 %. Für Roh- und Fertiggewebe aus Wolle liegen keine vergleichbaren Zahlen vor.

Der Binnenhandel der Gemeinschaft mit Garnen aus reiner Wolle liegt bei 7 % für Streichgarne und bei 5 % für Kammgarne; beim Handel mit Mischgarnen (Wolle und Kunstfasern) ist der Anteil anderthalbmal so hoch. Der Binnenhandel der Gemeinschaft mit reinwollenen Geweben erreicht 16 % der Erzeugung; bei Wollmischgeweben beträgt der Anteil rund ein Drittel.

HYTASA partizipiert am innergemeinschaftlichen Handel mit direkten Lieferungen von Wollgeweben nach anderen Mitgliedstaaten und mit einem hohen Marktanteil bei Woll- und Baumwollerzeugnissen in Spanien.

Die EG-Märkte für die von HYTASA hergestellten Erzeugnisse sind stark umkämpft, da diese Erzeugnisse mehr im Preiswettbewerb als im Qualitätswettbewerb stehen; ein weiterer Grund ist die derzeit stagnierende Nachfrage in Verbindung mit einem wachsenden Importdruck aus Drittländern. Die Preise sind dementsprechend niedrig und die Produktionskapazitäten schlecht ausgelastet.

Die Marktschwierigkeiten bei Baumwollerzeugnissen sind auch im Multifaserabkommen anerkannt; Baumwollgarne und Baumwollgewebe stehen ganz oben in der Skala der empfindlichen Erzeugnisse.

Auch der Wollsektor und speziell die Wollgarnerzeugung kann als besonders empfindlich eingestuft werden; in letzter Zeit haben die Schwierigkeiten in diesem Sektor noch zugenommen.

Unter diesen Umständen kann jede Beihilfegewährung an einen einzelnen Wettbewerber ernste wettbewerbsverzerrende Wirkungen haben.

V

Unter dem Gesichtspunkt des Gemeinschaftsrechts ist die Beihilfe an HYTASA als rechtswidrig anzusehen, da die spanische Regierung es verabsäumt hat, sie der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages im voraus zu melden.

Die sich aus dieser Vertragsverletzung ergebende Situation ist um so gravierender, als die Beihilfe dem Begünstigten bereits ausgezahlt worden ist. Hier ist daran zu erinnern, daß angesichts des zwingenden Charakters der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3, die auch für die staatliche Politik relevant sind und deren unmittelbare Geltung vom Gerichtshof in seinen Urteilen vom 19. Juni 1973 in der Rechtssache 77/72 (Capolongo) (7), vom 11. Dezember 1973 in der Rechtssache 120/73 (Lorenz) (8) und vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76 (Steinicke) (9) anerkannt worden ist, die Rechtswidrigkeit der Beihilfen nicht im nachhinein geheilt werden kann.

Dessenungeachtet ist die Kommission, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache 301/87 (Boussac Saint Frères) (10) bestätigt hat, gehalten, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages durchzuführen.

VI

Artikel 92

Absatz 1 des Vertrages bestimmt, daß Beihilfen, die die darin genannten Kriterien erfuellen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

Die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 2 sind in diesem Fall wegen der Art der Beihilfe, die nicht auf die Erreichung der darin genannten Ziele abgestellt ist, nicht anwendbar.

In Artikel 92 Absatz 3 sind die Beihilfen aufgeführt, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Vereinbarkeit mit dem Vertrag muß aus der Sicht der Gemeinschaft als Ganzes und nicht eines einzigen Mitgliedstaats beurteilt werden. Im Interesse des einwandfreien Funktionierens des Gemeinsamen Marktes und mit Rücksicht auf den in Artikel 3 Buchstabe f) niedergelegten Grundsatz müssen die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 bei der Prüfung von Beihilferegelungen oder einzelnen Beihilfen eng ausgelegt werden. Insbesondere dürfen diese Ausnahmen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sich die Kommission davon überzeugt hat, daß ohne Gewährung der Beihilfe die Marktkräfte allein nicht ausreichen würden, den Begünstigten zu einem Verhalten zu veranlassen, das zur Verwirklichung eines der Ziele besagter Ausnahmen beiträgt.

Die Anwendung dieser Ausnahmebestimmungen auf Fälle, die nicht zur Verwirklichung eines dieser Ziele beitragen oder bei denen die Beihilfe zu diesem Zweck nicht unabdingbar ist, käme der Gewährung von Vorteilen an Wirtschaftszweige oder Unternehmen bestimmter Mitgliedstaaten gleich, deren finanzielle Stellung dadurch künstlich gestärkt würde, und würde so den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen, ohne daß eine Rechtfertigung aufgrund des gemeinsamen Interesses im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag vorläge.

Mit der zwischen 1986 und 1988 in Form von Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta gewährten Beihilfe an HYTASA wurde der aufwendige Versuch unternommen, die Basis für eine dauerhafte, den Fortbestand des Unternehmens sichernde Umstrukturierung zu schaffen. Dies wird dadurch belegt, daß die Beihilfe in dieser Zeit vornehmlich für Rationalisierungsinvestitionen in Höhe von mehr als 5 000 Millionen Pta sowie einen mit Kosten von mehr als 700 Millionen Pta verbundenen Personalabbau verwendet wurde. Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß die tatsächlichen Produktionszahlen von HYTASA im fraglichen Zeitraum trotz der Rationalisierungsinvestitionen deutlich unter den Produktionskapazitäten lagen. Andererseits kann die Kommission auch den Standpunkt der spanischen Behörden teilen, daß für die 1986 und 1987 erfolgten Kapitalzuführungen Umstände maßgebend waren, die vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft eingetreten waren.

Nach Meinung der Kommission kann diese Einschätzung auch für jene Kapitalzuführungen gelten, die 1988 erfolgten. In der Zeit vor dem Beitritt waren für die Industriepolitik Spaniens in bezug auf staatliche Unternehmen häufig Grundsätze verbindlich, die denen der Wettbewerbspolitik im Rahmen des EWG-Vertrags diametral entgegengesetzt waren. Damals wurden verschiedene unrentable öffentliche Unternehmen aufgrund von Beschlüssen, die gegen alle gesunden unternehmerischen Grundsätze verstießen, weitergeführt und mit finanzieller Hilfe des Staates künstlich am Leben erhalten. Nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft mussten sich diese Unternehmen an ein Umfeld freien Wettbewerbs anpassen. Die hier angesprochenen Beihilfen an HYTASA sollten vornehmlich diese Anpassung erleichtern. Dieser Umstand belegt, daß die Beihilfe nicht zu einer künstlichen Ankurbelung der Produktion verwendet wurde, was unvertretbar nachteilige Auswirkungen auf die gesamte Branche gehabt hätte. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen ist die Kommission zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die von 1986 bis 1988 erfolgten Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta aufgrund der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, da sie zu einer echten Umstrukturierung der Tätigkeiten von HYTASA beitrugen, ohne dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufende unvertretbare Folgen zu haben.

Was das Element einer staatlichen Beihilfe an HYTASA in Höhe von 4 200 Millionen Pta betrifft, das in der unmittelbar vor dem Verkauf des Unternehmens vollzogenen Kapitalzuführung enthalten ist, so sieht Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) eine Ausnahme für Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten vor, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Obgleich HYTASA ihren Standort in Malaga - einem nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) für eine Regionalförderung in Betracht kommenden Gebiet - hat, wurde die fragliche Beihilfe nicht im Rahmen der entsprechenden Regionalförderungsregelungen, sondern auf der Grundlage von Ad-hoc-Beschlüssen der spanischen Regierung in Form von dem Ermessen überlassenen Kapitalzuführungen gewährt.

Selbst wenn die hier angesprochene Beihilfe als Regionalbeihilfe einzustufen wäre, könnte sie nicht nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) für vereinbar erklärt werden, da im Rahmen dieses Artikels gewährte Beihilfen zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen müssen - was in diesem Fall insbesondere bedeutet, daß die Beihilfe zumindest die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern muß, was bei HYTASA nach den der Kommission bislang vorliegenden Informationen nicht der Fall ist (auf diesen Aspekt wurde bereits in Teil IV näher eingegangen) -, ohne unvertretbare negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft zu haben.

Andererseits kann die Beihilfe an HYTASA in Höhe von 4 200 Millionen Pta ungeachtet der Tatsache, daß ihre Gewährung vom Staat ausdrücklich an die Bedingung geknüpft wurde, daß ein Teil davon von HYTASA für Investitionen verwendet wird (eine in der Mitteilung der Kommission von 1979 über die Grundsätze für die Koordinierung der allgemeinen Beihilferegelungen (11) mit regionaler Zielsetzung festgeschriebene Voraussetzung für die Gewährung von Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftsgebiete), nicht automatisch als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, da die Kommission in Anbetracht der Tatsache, daß die Beihilfe ausserhalb des Geltungsbereichs der von der Kommission genehmigten Beihilferegelungen gewährt wurde, die Frage der Vereinbarkeit anhand der Merkmale der Beihilfe beurteilen muß. Dabei hat sie unter anderem zu prüfen, ob die geförderten Investitionsvorhaben den von der Gemeinschaft in dem betreffenden Sektor verfolgten Interessen entsprechen und zu einer gesunden Umstrukturierung des Unternehmens beitragen (auf beide Aspekte wird noch einzugehen sein).

Die Beihilfe von 4 200 Millionen Pta überschreitet um ein beträchtliches die von dem Unternehmen getätigten Investitionen in Höhe von 2 500 Millionen Pta, was in jedem Fall bei einer Investitionsbeihilfe unzulässig ist.

Was die Ausnahmen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b) angeht, so ist eindeutig festzustellen, daß die Beihilfe nicht der Förderung eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder eines Vorhabens zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Spaniens diente oder die Merkmale eines solchen Vorhabens hatte. Auch haben sich die spanischen Behörden in ihren der Kommission zugestellten Bemerkungen nicht auf diese Ausnahmebestimmung berufen.

Was die Ausnahme des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) betreffend Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige angeht, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, so ist zunächst festzuhalten, daß die Beihilfe an HYTASA unter die Kategorie Beihilfen an notleidende Unternehmen fällt, da die Finanzlage und die Finanzergebnisse des Unternehmens stets prekär gewesen sind. Beihilfen an notleidende Unternehmen beinhalten die sehr grosse Gefahr, daß damit Arbeitslosigkeit und Industrieprobleme eines Mitgliedstaats nach anderen Mitgliedstaaten verlagert werden; solche Beihilfen sind Mittel zur Erhaltung des Status quo, da sie die marktwirtschaftlichen Kräfte daran hindern, ihre normale Wirkung hinsichtlich des Untergangs von nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen im Prozeß der Anpassung an sich verändernde Wettbewerbsbedingungen zu entfalten. Aus diesen Grund muß die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfen für die Umstrukturierung notleidender Firmen strenge Maßstäbe anlegen. Insbesondere verlangt die Kommission, daß solche öffentlichen Interventionen strikt an die Durchführung eines gesunden Umstrukturierungs- oder Umstellungsprogramms gebunden werden, das die langfristige Lebensfähigkeit des begünstigten Unternehmens wiederherzustellen vermag und auch eine ausgleichende Rechtfertigung der Beihilfe in Form eines Beitrags des Begünstigten zur Verwirklichung der Gemeinschaftsziele des Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag enthalten muß, der über die Wirkung der durch die Beihilfe gestörten normalen Marktkräfte hinausgeht.

Für die Förderung des Textilsektors hat die Kommission mit Hilfe von Sachverständigen der Mitgliedstaaten eine Reihe von Kriterien erarbeitet, von denen sich die Regierungen der Mitgliedstaaten bei etwaigen Interventionen in diesem Sektor leiten lassen sollten. Diese Kriterien sind in den nach wie vor geltenden Gemeinschaftsrahmen von 1971 und 1977 für die Beihilfen zugunsten der Textilindustrie festgelegt. Ihre wichtigsten Grundsätze lauten, daß die Beihilfen die Anpassung der Industrie durch Beseitigung von Kapazitätsüberhängen, Förderung gemeinsamer FTE-Tätigkeiten und Erleichterung des Strukturwandels fördern sollten. Eine echte Umstrukturierung und Anpassung ist demnach eine unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung spezifischer Mittel für Investitionszwecke. In jedem Fall dürfen die Beihilfen nicht lediglich die Erhaltung von nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen bezwecken.

Im Lichte dieser Überlegungen ist festzuhalten, daß die wettbewerbsrelevante Wirkung der staatlichen Beihilfe von 4 200 Millionen Pta an HYTASA grösstenteils erst in Zukunft eintreten wird, da sie zur Verwirklichung künftiger Investitionen des Unternehmens im Rahmen des von den Käufern vorgelegten Umstrukturierungsplans beitragen wird. Unter diesen Umständen muß die Kommission die Merkmale des geplanten Umstrukturierungsprogramms sorgfältig prüfen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß die Kommission in der Lage ist, nicht nur die potentiellen negativen Auswirkungen dieses Beihilfeelements auf den Wettbewerb, sondern auch jene negativen Auswirkungen zu erkennen und zu korrigieren, die die Erhöhung der Kapazität im Zuge der zwischen 1986 und 1988 gewährten Beihilfen künftig haben könnte, falls HYTASA ihre Tätigkeiten künstlich ausweiten sollte.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission nach eingehender Prüfung des ursprünglichen und des überarbeiteten Umstrukturierungsprogramms für HYTASA festgestellt, daß die Produktion und der Vertrieb von Zwischenerzeugnissen zwar in gewissem Umfang reduziert werden soll, diese Reduzierungen aber durch Erhöhungen in der Produktion und im Verkauf von Fertigerzeugnissen mehr als wettgemacht werden. Folglich ist die Kommission der Auffassung, daß der Umstrukturierungsplan für HYTASA nicht die Verpflichtung zu einer Reduzierung der Unternehmenstätigkeiten enthält, die als eine ausgleichende Rechtfertigung für Beihilfen betrachtet werden könnte.

Da der Plan keine Veräusserung von Produktivanlagen vorsieht, könnte ausserdem HYTASA in Zukunft nichts daran hindern, unter Ausnutzung ihrer brachliegenden Kapazitäten die Produktion problemlos wieder auszuweiten und sich damit bessere Wettbewerbsbedingungen zu sichern. Hierzu ist anzumerken, daß die brachliegenden Spinn- und Webkapazitäten von HYTASA - entsprechend einem Vergleich der vor der Privatisierung installierten Kapazität mit der geplanten Produktion - künftig rund 50 % betragen würden.

In Ergänzung der Angaben über den Umstrukturierungsplan für HYTASA übermittelten die spanischen Behörden am 1. August 1991 detaillierte Unterlagen über die vom Unternehmen eingeleiteten Personalabbaumaßnahmen. Die bisherigen Entlassungen, die durchschnittlich 4,5 Millionen Pta pro entlassenen Arbeitnehmer kosteten, betreffen 160 Beschäftigte, die mehrheitlich kurz vor Erreichen des Ruhestandsalters standen; weiterhin sind rund 100 zusätzliche Entlassungen, meist wegen Arbeitsunfähigkeit, geplant; gleichzeitig wurde für durchschnittlich 210 Beschäftigte eine umschichtige Kurzarbeit für die Dauer von viereinhalb Monaten vorgesehen.

Die vorgenannten Entlassungen von insgesamt rund 260 Mitarbeitern dürften nicht geeignet sein, das im Umstrukturierungsplan vorgesehene Ziel von 720 stabilen Arbeitsplätzen im Jahr 1992 voll zu erreichen; vielmehr behält das Unternehmen mit der Möglichkeit umschichtiger Kurzarbeit - die in einer Klausel des Kaufvertrags grundsätzlich ausgeschlossen worden war - seine Produktionskapazität im Hinblick auf eine spätere Gelegenheit zur Erhöhung der Verkäufe und des Marktanteils.

Diese Personalpolitik schließt die Möglichkeit, daß der Umstrukturierungsplan für HYTASA eine ausgleichende Rechtfertigung für die erhaltenen Beihilfen darstellt, aus.

Da die spanischen Behörden bislang keinen neuen Umstrukturierungsplan vorgelegt haben, muß die Kommission folgern, daß das Beihilfeelement in Höhe von 4 200 Millionen Pta, das in der vor dem Verkauf von HYTASA vorgenommenen Kapitalzuführung enthalten ist, als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar anzusehen ist, da es die Handelsbedingungen insofern in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert, als es nicht zu einer echten, die Lebensfähigkeit des Unternehmens voll verbürgenden Umstrukturierung beiträgt.

VII

Im Fall von Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, kann die Kommission von der ihr vom Gerichtshof in dessen Urteil vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72 (Kohlegesetz) (12) zuerkannten und im Urteil vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 310/85 (Deufil) (13) bestätigten Möglichkeit Gebrauch machen und von den Mitgliedstaaten verlangen, daß sie die unrechtmässig gewährten Beihilfen von den Empfängern wieder einziehen.

HYTASA - heute Mediterráneo Técnica Textil S.A. - muß demzufolge die unrechtmässig empfangenen 4 200 Millionen Pta zurückzahlen.

Die Rückzahlung hat nach den Verfahren und Bestimmungen des spanischen Rechts, insbesondere betreffend Zinsen auf rückständige staatliche Forderungen, zu erfolgen, wobei die Zinsen ab dem Zeitpunkt zu zahlen sind, zu dem die rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde. Diese Maßnahme ist notwendig, um durch Rücknahme aller finanziellen Vorteile, die der Empfänger der unrechtmässigen Beihilfe seit dem Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe genossen hat, den Status quo wiederherzustellen (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1990 in der Rechtssache 142/87 (Tubemeuse) (14)).

Ausserdem erinnert die Kommission daran, daß die einschlägigen nationalen Rechts- und Verfahrensvorschriften "so anzuwenden sind, daß die nach dem Gemeinschaftsrecht verlangte Rückforderung nicht praktisch unmöglich gemacht wird" (siehe Urteil vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 94/87 (Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland) (15), Erwägung 12).

Der Kaufvertrag sieht vor, daß bedeutende finanzielle Ereignisse aufgrund von in die Zeit vor dem Verkauf des Unternehmens fallenden Handlungen vom Verkäufer getragen werden. Diese Klausel würde es dem spanischen Staat erlauben, den Käufer für etwaige Beihilferückzahlungen zu entschädigen, die von der Kommission verlangt werden könnten, wenn diese entscheidet, daß alle oder ein Teil der gewährten Beihilfen mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind. Dies würde die Entscheidung der Kommission ihrer Substanz berauben und insbesondere die durch die Beihilfe geschaffene unzulässige Wettbewerbsverzerrung fortbestehen lassen. Diese Klausel ist somit wie jede andere, ähnlich lautende Vorschrift des nationalen Rechts geeignet, die Vertragsvorschriften zu umgehen und sie so ihrer Wirkung zu berauben. Sie vermag deshalb das in Absatz 1 des Artikels 92 EWG-Vertrag ausgesprochene Verbot nicht auszuräumen und darf aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht zur Ausführung gebracht werden -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfe an Hilaturas y Tejidos Anduluces in Form von zwischen 1986 und 1988 gewährten Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen Pta ist rechtswidrig, da sie von der spanischen Regierung unter Verletzung der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt wurde.

Dessenungeachtet erfuellt diese Beihilfe die Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) des Vertrages. Die Beihilfe ist deshalb mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Das Element einer staatlichen Beihilfe in Höhe von 4 200 Millionen Pta, das in der von Patrimonio an HYTASA vor deren Privatisierung im Juli 1990 gewährten Kapitalzuführung enthalten ist, ist unter dem Gesichtspunkt des Gemeinschaftsrechts rechtswidrig, da es von der spanischen Regierung unter Verletzung von Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt wurde.

Dieses Beihilfeelement erfuellt keine der Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 des Vertrages. Es ist deshalb mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 3

Das gemäß Artikel 2 für unvereinbar erklärte Beihilfeelement ist durch Wiedereinziehung zu beseitigen. Patrimonio zieht deshalb von Mediterráneo Técnica Textil S.A. (früher Hilaturas y Tejidos Andaluces S.A.) einen Betrag von 4 200 Millionen Pta wieder ein.

Das Beihilfeelement ist nach den Verfahren und Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, insbesondere betreffend Verzugszinsen für staatliche Forderungen, zurückzuzahlen, wobei die Zinsen von dem Zeitpunkt an fällig sind, zu dem die rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde.

Artikel 4

Etwaige Vereinbarungen, die eine Entschädigung der Käufer durch den Staat oder durch Patrimonio für eine durch Kommissionsentscheidung verlangte Rückzahlung erhaltener Beihilfen vorsieht, dürfen nicht zur Ausführung gelangen.

Artikel 5

Die spanische Regierung teilt der Kommission binnen zwei Monaten, gerechnet ab dem Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung, die zu deren Durchführung getroffenen Maßnahmen mit.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an das Königreich Spanien gerichtet. Brüssel, den 25. März 1992 Für die Kommission

Leon BRITTAN

Vizepräsident

(1) ABl. Nr. C 320 vom 20. 12. 1990, S. 14. (2) ABl. Nr. C 273 vom 18. 10. 1991, S. 2. (3) Slg. 1984, S. 3809. (4) Slg. 1986, S. 2263. (5) Slg. 1986, S. 2321. (6) Slg. 1980, S. 2688. (7) Slg. 1973, S. 611. (8) Slg. 1973, S. 1471. (9) Slg. 1977, S. 595. (10) Slg. 1990, S. I-307. (11) Abl. Nr. C 31 vom 3. 2. 1979, S. 9. (12) Slg. 1973, S. 813. (13) Slg. 1987, S. 901. (14) Slg. 1990, S. I-959. (15) Slg. 1989, S. 175.

Top