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Document 31985D0383

    85/383/EWG: Entscheidung der Kommission vom 10. Juli 1985 betreffend ein Verfahren nach Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (IV/31.029 - Frachtenregelung in der französischen Binnenschiffahrt: EATE-Beitrag) (Nur der französische Text ist verbindlich)

    ABl. L 219 vom 17.8.1985, p. 35–44 (DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1985/383/oj

    31985D0383

    85/383/EWG: Entscheidung der Kommission vom 10. Juli 1985 betreffend ein Verfahren nach Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (IV/31.029 - Frachtenregelung in der französischen Binnenschiffahrt: EATE-Beitrag) (Nur der französische Text ist verbindlich)

    Amtsblatt Nr. L 219 vom 17/08/1985 S. 0035 - 0044


    *****

    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

    vom 10. Juli 1985

    betreffend ein Verfahren nach Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Strassen- und Binnenschiffsverkehrs

    (IV/31.029 - Frachtenregelung in der französischen Binnenschiffahrt: EATE-Beitrag)

    (Nur der französische Text ist verbindlich)

    (85/383/EWG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN

    GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

    gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates vom 19. Juli 1968 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Strassen- und Binnenschiffsverkehrs (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Griechenlands, insbesondere auf die Artikel 2 und 5,

    im Hinblick auf die der Kommission in dieser Angelegenheit gemäß Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 von folgenden Vereinigungen und Unternehmen der Niederlande vorgelegten Beschwerden: Algemene Schippersvereniging Rotterdam, Onafhankelijke Nederlandse Schippersvakbond Rotterdam, Federatie van Schippersbonden Rotterdam, Vereniging Törbeurt Noord-Zuid Rotterdam, und Benjamin Besjer, Verkehrsunternehmen, Rotterdam,

    im Hinblick auf den Beschluß der Kommission vom 1. August 1984, in dieser Sache das Verfahren einzuleiten,

    nach der gemäß Artikel 26 Absatz 2 der Verordnung (EWG) nr. 1017/68 in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1630/69 der Kommission vom 8. August 1969 über die Anhörung nach Artikel 26 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 (2) an die beteiligten Unternehmen ergangenen Aufforderung, sich zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äussern,

    nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen gemäß Artikel 16 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I. SACHVERHALT

    (1) Diese Entscheidung betrifft einen in Frankreich am 13. Juni 1983 geschlossenen Branchenvertrag zwischen der Vereinigung der in der Binnenschiffahrt tätigen Unternehmen (nachstehend: ANTIB) und dem Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt, insbesondere die Einführung einer 10 %igen Abgabe auf alle an Partikuliere gezahlten Entgelte für Binnenschiffsbeförderungen im Ausfuhrverkehr von Frankreich. Diese Abgabe wurde nach der Bezeichnung der Empfängerunternehmen »EATE-Beitrag" bzw. vorübergehend »BASC-Beitrag" genannt (vgl. Randnummern 22 und 23).

    A. Die Struktur des gewerblichen Binnenschiffsgüterverkehrs in Frankreich

    1. Die Verkehrsunternehmen

    (2) Die im gewerblichen Binnenschiffsgüterverkehr tätigen französischen Unternehmen lassen sich in drei Gruppen aufteilen:

    a) Partikuliere, denen in der Regel nur ein Schiff gehört. Sie stellen rund 2 800 Unternehmen, die 3 400 Schiffe betreiben. Zu diesen Unternehmen zählen 2 300 Eigner eines einzigen Schiffes. Sie sind im wesentlichen (97 %) im Massengutverkehr (Düngemittel, Getreide, Kohle, Sand) tätig;

    b) drei grosse Reedereien, die insgesamt rund 400 Schiffe betreiben. Eine von ihnen ist im Rheinstromgebiet tätig, während sich die beiden anderen auf die Beförderung bestimmter Güter (Kohlenwasserstoffe, Kraftfahrzeuge) im Massengutverkehr spezialisiert haben. Ausserdem übernehmen sie vielfältige Aufgaben auf allen Gebieten des Verkehrs wie Frachtvermittlung, Beförderungsleistungen im kombinierten Verkehr, Lagerung von Waren usw.;

    c) kleine Flotten, die rund 350 Schiffe betreiben. Diese Gruppe setzt sich aus rund vierzig Unternehmen zusammen, die auf allen Gebieten des Verkehrs vielfältige Aufgaben übernehmen.

    2. Frachtverträge

    (3) Im gewerblichen Massengutverkehr (im Unterschied zum Spezialgutverkehr) werden drei Arten von Verträgen geschlossen:

    a) Frachtverträge für eine Einzelreise oder für mehrere Reisen, die zwischen Partikulieren und Verladern über einen Frachtagenten abgeschlossen werden;

    b) Zeitverträge (nicht sehr üblich) mit begrenzter Geltungsdauer;

    c) Mengenverträge, die unmittelbar zwischen Verkehrsunternehmen und Verkehrsnutzern abgeschlossen werden und ab einer bestimmten, verhältnismässig hohen Beförderungsmenge zulässig sind.

    (4) Nach den geltenden Vorschriften dürfen Partikuliere nur Frachtverträge für eine Einzelreise oder Zeitverträge abschließen. Mengenverträge sind ihnen nur dann gestattet, wenn sie sich zusammenschließen. Kleine Flotten (Zusammenschlüsse) dürfen für einige genau bezeichnete Schiffe auch Frachtverträge für eine Einzelreise abschließen. Grosse Reedereien nehmen diese Art der Verträge praktisch nicht in Anspruch, sondern schließen unmittelbar mit den Verladern Mengen- oder Zeitverträge ab.

    3. Das »tour de rôle"-System und die Transportzentralen

    (5) Der Binnenschiffs-Massengutverkehr im Rahmen von Frachtverträgen für Einzelreisen im innerstaatlichen und Exportverkehr - ausgenommen in Frankreich beginnende Beförderungen auf dem Rhein und der Mosel - unterliegt dem gesetzlich vorgeschriebenen »tour de rôle"-System.

    Mit anderen Worten ist die Anmeldung im »tour de rôle"-System für alle Schiffe, für die ihr Eigner einen Vertrag für eine Einzelreise abschließen möchte, zwingend vorgeschrieben. Ebenso zwingend vorgeschrieben ist, daß Verlader alle Ladungen, für die sie einen Vertrag für eine Einzelreise abschließen wollen, im Rahmen des »tour de rôle"-Systems anbieten.

    (6) Verträge für Einzelreisen können nur in Transportzentralen, die durch Ministerialerlaß an den bedeutendsten Ladeplätzen eingerichtet worden sind und der Aufsicht des Binnenschiffahrtsamtes (Office National de la Navigation) (nachstehend ONN), einer Dienststelle des Verkehrsministeriums, unterstehen, abgeschlossen werden. Jeder Frachtvertrag der obengenannten Art muß mit dem Sichtvermerk dieser Behörde versehen sein, die prüft, ob der Vertrag mit den geltenden Vorschriften übereinstimmt.

    (7) Beim »tour de rôle"-System werden in den Transportzentralen alle von den Verladern angebotenen Ladungen auf einer Tafel angeschrieben und alle Schiffe in eine Warteliste eingetragen. Anschließend erfolgt die Verteilung der Ladungen in der Reihenfolge der Eintragung der Schiffe, wobei die auf der Liste stehenden Binnenschiffe aufgerufen werden und eine angeschriebene Ladung annehmen können, aber nicht müssen.

    (8) Ausländische Partikuliere, d. h. solche, deren Schiff nicht in Frankreich eingetragen ist, haben nach Beendigung einer Importreise die Möglichkeit, sich im Rahmen des »tour de rôle"-Systems für eine grenzueberschreitende Rückreise oder eine innerfranzösische Reise in Richtung auf die Grenze zu melden. Sie können ausnahmsweise innerfranzösische Reisen durchführen, die auf der Tafel für den zweiten Ausruf übrig geblieben sind. Wie ihre französischen Kollegen dürfen sie ausserhalb des »tour de rôle"-Systems keine Frachtverträge abschließen. (9) Die Beförderungen werden in den Transportzentralen von Frachtagenten, die dort als einzige die Verkehrsnutzer (Verlader) vertreten, angeboten. Dieses Monopol ergibt sich aus dem französischen Recht.

    (10) Seit 1973 prüft ein Beratender Frachtenausschuß, der sich aus Vertretern der verschiedenen Verkehrsunternehmergruppen zusammensetzt, alle unmittelbar zwischen Reedereien bzw. kleinen Flotten und Verladern geschlossenen Mengenverträge. Aufgrund der Stellungnahme des Beratenden Frachtenausschusses kann das ONN Vorbehalte gegenüber den beabsichtigten Entgelten äussern und auch vorschreiben, daß ein Teil der Ladung im Rahmen des »tour de rôle"-Systems angeboten und so im Rahmen eines Vertrages für eine Einzelreise befördert wird.

    4. Die Beförderungsentgelte

    (11) Frachtverträge für innerfranzösische Einzelreisen werden aufgrund von staatlich festgesetzten Festentgelten abgeschlossen. Für die übrigen Verträge gibt es keine Festentgelte, in der Praxis wirken sich die obengenannten Entgelte jedoch auf die bei Mengenverträgen angewandten Preise aus.

    (12) Im grenzueberschreitenden Verkehr sind die Beförderungsentgelte grundsätzlich frei. Im grenzueberschreitenden Verkehr im Rahmen des »tour de rôle"-Systems gelten jedoch Mindestentgelte, die im Vertrag zwischen den Frachtagenten und der ANTIB festgesetzt worden sind.

    (13) Die Entgelte für alle innerstaatlichen oder grenzueberschreitenden Beförderungen werden neben der zu befördernden Ladung in den Transportzentralen ausgehängt.

    B. Der betreffende Markt

    (14) Bei dem Markt, auf dem sich der Branchenvertrag auswirken soll, handelt es sich um Beförderungen im grenzueberschreitenden Massengutverkehr, die von Partikulieren ausgeführt und bei denen die Verträge im Rahmen des »tour de rôle"-Systems an den Transportzentralen abgeschlossen werden, und um den Verkehr von Frankreich nach Belgien und den Niederlanden. Der in diesen drei Ländern dem gesetzlich oder vom Gewerbe eingeführten »tour de rôle"-System unterliegende Binnenschiffsverkehrsmarkt ist als »Nord-Süd-Verkehr" bekannt. Die sich im »Nord-Süd-Verkehr" aus wettbewerblicher Sicht stellenden Probleme werden von der Kommission getrennt untersucht.

    (15) Die im »Nord-Süd-Verkehr" praktisch nicht vertretenen grossen Reedereien sind insbesondere auf dem Rhein, der Mosel und den übrigen Großschiffahrtsstrassen sowie im spezialisierten Güterverkehr tätig. Die kleinen Flotten sind in erster Linie im innerstaatlichen Verkehr auf dem Seine- und dem Rhône-Stromgebiet und insbesondere ausserhalb des »tour de rôle"-Systems tätig.

    (16) Nach den der Kommission vorliegenden Informationen beliefen sich die Beförderungsleistungen im »Nord-Süd-Verkehr" von Frankreich im Rahmen des »tour de rôle"-Systems 1982 auf 6 Millionen Tonnen oder rund 37 % des gesamten im Rahmen dieses Systems abgewickelten Verkehrs. Befördert wird überwiegend Getreide (über 90 %), im übrigen Zucker und Viehfutter nach Belgien und den Niederlanden. Der innerfranzösische Binnenschiffsverkehr im Rahmen des »tour de rôle"-Systems machte rund 10 Millionen Tonnen aus.

    (17) Der obengenannte Exportverkehr von 6 Millionen Tonnen stellt zur Zeit nur 40 % des betreffenden Güterverkehrs nach Belgien und den Niederlanden dar, während die übrigen 60 % (9 Millionen Tonnen) im Eisenbahn- und Strassenverkehr durchgeführt werden. Der Anteil dieser beiden Verkehrsarten hat in den letzten Jahren ständig zugenommen.

    (18) Die gesamten innerfranzösischen Beförderungsleistungen (gewerblicher Verkehr innerhalb oder ausserhalb des »tour de rôle"-Systems) beliefen sich 1982 auf 41 Millionen Tonnen. Die gesamten Binnenschiffsbeförderungen im Exportverkehr nach allen Bestimmungsorten machte 1982 19 Millionen Tonnen aus.

    (19) Der »Nord-Süd-Verkehr" von 6 Millionen Tonnen verteilt sich etwa je zur Hälfte auf französische Partikuliere sowie auf belgische und niederländische Partikuliere, die im innerfranzösischen Verkehr nur sehr schwach vertreten sind.

    C. Die Unternehmen

    1. Die ANTIB

    (20) Die ANTIB ist ein Berufsverband, der unter das Gesetz vom 21. Juli 1901 über Verbandsverträge fällt und anstelle eines zentralen Berufsverbandes der Partikuliere gegründet wurde. Seine Aufgabe besteht darin, die staatlichen Instanzen in allen Fragen von allgemeinem Interesse im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der in der Binnenschiffahrt tätigen Partikulierunternehmen zu unterstützen und ihre beruflichen Interessen zu fördern. Das Funktionieren des Verbandes gewährleistet ein jährlicher Beitrag der Mitglieder und ein »contribution professionnelle batelière" genannter umsatzabhängiger Beitrag der Partikuliere, der 0,50 % der Frachten ausmacht und von den Frachtagenten auf alle an der Transportzentrale abgeschlos senen Beförderungsverträge erhoben wird. Aktives Mitglied kann jede natürliche Person werden, die Beförderungen im Binnenschiffsverkehr durchführt und hierzu über ein oder mehrere in Frankreich eingetragene Schiffe verfügt. Ausländische Partikuliere, die natürliche Personen sind und die obengenannten Voraussetzungen erfuellen, können aktive Mitglieder ohne Stimmrecht werden. Die Satzung sieht vor, daß die ANTIB unmittelbar nach der Gründung eines Zentralverbands der Partikuliere (nachstehend CNBA) aufgelöst wird. Dieser Zentralverband ist im Gesetz Nr. 82-1153 vom 30. Dezember 1982 zur Ordnung des Binnenschiffsverkehrs und dem Dekret Nr. 84-365 vom 14. Mai 1984 über das Funktionieren der CNBA vorgesehen.

    2. Die Frachtagenten

    (21) Im Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt sind alle im französischen Hoheitsgebiet ansässigen Frachtagenten zusammengeschlossen. Für sie gelten besondere gesetzlich vorgeschriebene Berufsbedingungen.

    Generell vertritt der Frachtagent den Absender bei allen Geschäften im Zusammenhang mit der Erfuellung des im Rahmen des »tour de rôle"-Systems angebotenen Verträge und übernimmt auch die kaufmännischen Dienstleistungen der Partikulierschiffahrt, d. h. er gewährt den Partikulieren Frachtvorschüsse, stellt die Papiere aus und überwacht die Durchführung der Beförderung, ohne daß er hier eine Haftung übernimmt. Seine Frachtprovision (5 % des Beförderungsentgelts im innerfranzösischen Verkehr und 7,5 % im Exportverkehr sowie eine Delkredere-Provision gehen zu Lasten des Verkehrsunternehmens.

    3. Die BASC

    (22) Die Interessengemeinschaft »Batellerie Artisanale Service Commercial" (nachstehend BASC) ist 1977 von einer Gruppe von 400 Partikulieren mit einer gesamten Ladekapazität von rund 200 000 Tonnen Schiffsraum gegründet worden. Ihre Aufgabe ist die Durchführung von Beförderungsleistungen im Binnenschiffsverkehr. Die BASC war als kaufmännischer Teil der ANTIB gedacht, die in der Praxis deren Verwaltung beaufsichtigt. In dieser Angelegenheit beschränkte sich ihre Aufgabe auf die Vereinnahmung der Verkehrsabgabe bis zur Gründung der EATE.

    4. Die EATE

    (23) Die Partikuliergenossenschaft »Entreprise Artisanale de Transport par Eau" (EATE) ist der Endempfänger der Verkehrsabgaben. In der Zeit vom Abschluß des Branchenvertrags bis zu dessen Ablauf gab es die EATE nicht als juristische Person, da die förmlichen Voraussetzungen nocht nicht erfuellt waren. Hauptaufgabe der Genossenschaft ist die Durchführung einer Geschäftspolitik, die auf eine Steigerung des Verkehrs im Rahmen des »tour de rôle"-Systems und auf die Erbringung von Makler- und Spediteurleistungen abzielt und so den Verladern günstige Geschäftsbedingungen bietet. Die EATE ist kein Verkehrsunternehmen im eigentlichen Sinn, da alle von ihr abgeschlossenen Verträge erneut in das »tour de rôle"-System eingebracht werden, das allen Partikulieren unabhängig von einer EATE-Mitgliedschaft offensteht. Ihre Maßnahmen können (unter den in Randnummer 8 genannten Voraussetzungen) selbst ausländischen Partikulieren zugute kommen.

    Die Gründung und die Bezeichnung der EATE wurden in einem unter Federführung des Verkehrsministeriums erstellten Bericht über die Förderung der französischen Binnenschiffahrt, nach dem Namen des Vorsitzenden des Redaktionsausschusses als »Grégoire-Bericht" bekannt, empfohlen. Ihre Gründung wurde nach Verabschiedung des Gesetzes Nr. 83-657 vom 20. Juli 1983 zur Förderung bestimmter Sozialökonomischer Tätigkeiten möglich gemacht, mit dem die wesentlichen Bestimmungen für die Satzung kleinbetrieblicher Genossenschaften geschaffen wurden (Titel I, Artikel 1-34).

    (24) Es ist in dieser Angelegenheit von Interesse, die Vorschriften für den Beitritt zur EATE zu erwähnen. Nach dem vorgenannten Gesetz (Artikel 36) setzen sich im Binnenschiffsverkehr die Genossenschaften aus Binnenschiffsverkehrsunternehmen zusammen, die der CNBA angehören. Unternehmen oder Partikuliere, deren Schiffe nicht in Frankreich eingetragen sind (ausländische Binnenschiffe), können sich der EATE jedoch nicht anschließen. Der EATE können sich nur natürliche oder juristische Personen anschließen, bei denen es sich um (der CNBA angehörende) Partikuliere handelt oder die die gleiche Geschäftstätigkeit wie Partikuliere haben bzw. diese ergänzen, sofern sie ein Stammpersonal von weniger als 20 Beschäftigten haben. Der Gesamtumfang der Geschäfte, den die Mitglieder dieser Gruppe mit der Genossenschaft durchführen, darf jedoch ein Viertel des Jahresumsatzes dieser Genossenschaft nicht übersteigen (Artikel 10 Absätze 1 und 2 der EATE-Satzung und Artikel 6 des Gesetzes Nr. 83-657). Nicht als Partikuliere tätige, aber an der Tätigkeit an der EATE interessierte bzw. eine besondere Beziehung zu ihr unterhaltende und hier besonders fachkundige Personen wie Frachtagenten können ebenfalls Mitglied sein. D. Die wichtigsten Bestimmungen des Branchenvertrags vom 13. Juni 1983

    (25) Am 13. Juni 1983 haben die ANTIB und der Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt einen Branchenvertrag über eine »Neuordnung der Partikulierschiffahrt" geschlossen. Diese Vereinbarung zielt grundsätzlich darauf ab, eine neue Frachtenstruktur für die an den Transportzentralen im Rahmen des »tour de rôle"-Systems angebotenen Beförderungen zu schaffen und einen von der künftigen EATE zu verwaltenden Ausgleichsfonds zu bilden.

    (26) Dieser Vertrag sieht insbesondere vor:

    a) Die Einführung einer 10%gen Abgabe auf alle an den Transportzentralen angeschriebenen Entgelte für Beförderungsleistungen im Exportverkehr von Frankreich unabhängig davon, ob sie von französischen oder ausländischen Verkehrsunternehmen durchgeführt werden. Diese von Frachtagenten zu erhebende Abgabe wird EATE-Beitrag bzw. vorübergehend BASC-Beitrag genannt und

    b) die Möglichkeit, die Abgabe den EATE-Mitgliedern zu erstatten.

    (27) Der 10 %ge EATE-Beitrag wird als erstes vom angeschriebenen Bruttogesamtentgelt abgezogen. Die Abrechnung des Partikuliers wird auf der Grundlage von 90 % des angeschriebenen Gesamtentgelts vorgenommen.

    (28) Die auf diese Weise von dem Frachtagenten nach Abzug der gesetzlichen und üblichen Abgaben (siehe Randnummern 20 und 21) vereinnahmten EATE-Beiträge sowie 5 % ihrer Frachtprovision werden über ihren Berufsverband auf ein von der BASC für die in der Gründung befindliche EATE geführtes Sonderkonto überwiesen. Die Einschaltung der BASC ist gerechtfertigt, weil sie im Gegensatz zur ANTIB als Interessengemeinschaft das Recht hat, aus gewerblicher Geschäftstätigkeit stammende Mittel zu vereinnahmen. Nach den der Kommission vorliegenden Informationen beläuft sich das entsprechende Beitragsaufkommen auf rund 5 Millionen ffrs.

    (29) Der Vertrag sieht ausserdem vor, daß die auf diese Weise erhobenen und an Nichtmitglieder dieser Einrichtung nicht erstatteten EATE-Beiträge und andere Mittel den Ausgleichsfonds bilden sollen, der zum grossen Teil für kaufmännische Zwecke zugunsten des gesamten Gewerbes und ausserdem zur Deckung der Verwaltungskosten der EATE dienen soll.

    (30) Nach den Informationen der Kommission wurde die Abgabe mit Wirkung vom 17. Oktober 1983 aufgehoben, während die Frachtagenten weiterhin ihren Beitrag an diesen Fonds leisten.

    E. Die Gründung der EATE und die Verwendung des Ausgleichsfonds

    (31) Die EATE ist eine Genossenschaft in der Rechtsform einer namenlosen Gesellschaft mit variablem Kapital mit der Aufgabe, die Binnenschiffahrt im Rahmen des »tour de rôle"-Systems zu fördern. Sie kann ihre Geschäftstätigkeit auf zwei Ebenen ausüben und dabei auf dem Markt der Mengenverträge in Wettwerb sowohl zu den Reedereien und kleinen Flotten als auch zum Eisenbahn- und Strassenverkehr treten.

    a) Sie schließt unmittelbar mit grossen Verladern Verträge und bietet die Ladung dann an den Transportzentralen an.

    b) Sie bietet Verladern mit umfangreichen Verkehren günstige Geschäftsbedingungen, damit sie ihre Ladungen im Rahmen des »tour de rôle"-Systems anbieten.

    In beiden Fällen werden die Beförderungen im Rahmen von Frachtverträgen für Einzelreisen zum Entgelt des »tour de rôle"-Systems durchgeführt. Da die EATE von ihren Mitgliedern verlangen kann, daß sie die Beförderung zu den von ihr mit dem Verlader vereinbarten Bedingungen durchführen, ist sie in der Lage, die Durchführung des Vertrages zu garantieren und dafür die Haftung zu übernehmen.

    Der Ausgleichsfonds dient diesem Zweck dadurch, daß er dem Kunden Rabatte einräumt und durch die Bezahlung von Leerfahrten der Partikuliere, die Gewährung von Wartegeldern und alle sonstigen Förderungsmaßnahmen zugunsten der angeschlossenen und beim »tour de rôle"-System gemeldeten Partikuliere die Bereitstellung von Schiffsraum garantiert.

    (32) Mit dem EATE-Beitrag sollte dieser Ausgleichsfonds vor der offiziellen Gründung der EATE finanziert werden, damit sich die kaufmännischen Maßnahmen auf das Getreidewirtschaftsjahr des zweiten Halbjahres 1983 auswirken. Nach den der Kommission vorliegenden Informationen konnte die EATE grosse Aufträge hereinholen und im »tour de rôle"-System anbieten, was zu einer Steigerung des über die Transportzentralen abgewickelten Verkehrs geführt hat. Der grösste Teil der hereingeholten Aufträge betraf jedoch zur Ausfuhr über französische Häfen bestimmte Güter, d. h. die Beförderung auf Verkehrswegen, auf denen ausländische Partikuliere nicht tätig werden dürfen.

    F. Die Erstattung der Abgabe

    (33) Bestimmt hängt der Erfolg der Tätigkeit und der über die EATE angestrebten Ziele mehr oder weniger langfristig von der Beteiligung möglichst vieler französischer Partikuliere ab, die sich für die Arbeit im Rahmen des »tour de rôle"-Systems entschieden haben. Um den Partikulieren einen Anreiz zu bieten, dem neuen Unternehmen beizutreten, wurde die übrigens auch im Branchenvertrag vorgesehene Erstattung des EATE-Beitrags zugesagt.

    (34) Die ANTIB hat am 2. August 1983 damit begonnen, den französischen Verkehrsunternehmen über die BASC den EATE-Beitrag zu erstatten.

    Ausländische Partikuliere entrichteten den EATE-Beitrag, konnten ihn im Gegensatz zu ihren französischen Kollegen, die Mitglieder der EATE werden können, jedoch nicht erstattet bekommen. Der EATE-Beitrag wird ausländischen Verkehrsunternehmen bis heute nicht erstattet.

    G. Die Vergeltungsmaßnahmen in Belgien und den Niederlanden

    (35) Die Berufsverbände der Partikuliere dieser beiden Länder haben auf verschiedene Weise durchgesetzt, daß seit dem 20. Juni 1983 Vergeltungsmaßnahmen ausschließlich gegen französische Partikuliere getroffen und von diesen die Zahlung von 10 % der Entgelte für alle Exportverkehre von Belgien und den Niederlanden nach Frankreich verlangt werden. Diese Maßnahmen werden von der Kommission getrennt untersucht.

    II. RECHTLICHE BEURTEILUNG

    A. Artikel 2 der Verordnung (EWG)

    Nr. 1017/68

    (36) Gemäß Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 und vorbehaltlich der Artikel 3 bis 6 der genannten Verordnung sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, ohne daß dies einer vorherigen Entscheidung bedarf, alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken.

    1. Die Unternehmen gemäß Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68

    (37) Die ANTIB, eine der Parteien des den Gegenstand dieser Entscheidung darstellenden Vertrages, ist eine Berufsvereinigung, deren Zweck der herkömmlichen Aufgabe einer Handwerkskammer entspricht.

    (38) Die andere Partei des Vertrages, der Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt, unterliegt den Rechtsvorschriften für Berufsverbände der Binnenschiffahrtsordnung und seiner Geschäftsordnung.

    (39) Sowohl die ANTIB als auch der Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt sind Unternehmensvereinigungen im Sinne von Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68. Die Kommission kritisiert nicht die Vereinbarkeit der Tätigkeit beider Einrichtungen mit den Wettbewerbsregeln, sofern diese darauf abzielt, die sozialen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen und die jedem Berufsverband eigenen Ziele beruflicher Förderung zu verwirklichen wie

    - die Ordnung des Gewerbes durch Regeln für die Qualifikation und ein zwingend vorgeschriebenes Mitgliederregister,

    - die Prüfung aller Fragen von allgemeinem Interesse im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Mitglieder sowie der Kontakte zu anderen Berufsverbänden oder staatlichen Instanzen, um ihren Mitgliedern die erforderliche Hilfe und Unterstützung zu gewähren und ihnen so die Ausübung des Gewerbes technisch zu erleichtern,

    - die Förderung des Gewerbes durch eine bessere Vergütung der Dienstleistungen und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

    Durch den Abschluß des Branchenvertrags vom 13. Juni 1983 fällt die Tätigkeit beider Einrichtungen in den Bereich der wirtschaftlichen Maßnahmen, die sich unmittelbar auf den Wettbewerb auswirken und insbesondere Folgen für die Wettbewerbslage Dritter haben. Artikel 2 der genannten Verordnung ist insofern auf beide Berufsverbände anwendbar, als ihre eigene Tätigkeit bzw. die der ihr angehörenden Unternehmen auf die in dem Artikel genannten Wirkungen abzielen.

    2. Vereinbarung zwischen Unternehmen gemäß Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68

    (40) Obwohl Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 nur Vereinbarungen zwischen Unternehmen nennt, betrifft diese Vorschrift auch Vereinbarungen zwischen Unternehmensverei nigungen (Entscheidung 74/433/EWG der Kommission in der Sache Nr. IV/26502 (1), bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache 71/74 (FRUBO/Kommission) (2)). Der zwischen der ANTIB und dem Berufsverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt geschlossene Vertrag ist seiner Form nach als eine Vereinbarung anzusehen, die in den Anwendungsbereich des genannten Artikels fällt, da sie auf die Wirkungen abzielt, die von dem in Artikel 22 der Richtlinie genannten Verbotsgrundsatz betroffen sind.

    (41) Der Branchenvertrag stellt eine Vereinbarung dar, die über den Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt die ihm angehörenden Frachtagenten so bindet, als wenn sie von ihnen geschlossen worden wären. Obwohl der Berufsverband seinen Mitgliedern Regelungen vorschreiben kann, wurde die Anwendung des Branchenvertrags im vorliegenden Fall bei den Mitgliedsunternehmen mit einer einzigen Empfehlung durchgesetzt (siehe diesbezueglich auch die Entscheidung 82/371/EWG der Kommission (3)).

    (42) Der von der ANTIB geschlossene Vertrag bindet die Mitglieder dieses Verbandes nicht, während die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen (wie die Verwendung des Ausgleichsfonds) nur für den Verband bestehen. Im vorliegenden Fall sind (französische oder ausländische) Partikuliere, die im Rahmen des »tour de rôle"-Systems ihre Frachtverträge abschließen, aufgrund des zwingend vorgeschriebenen Mitwirkens der Frachtagenten jedoch nicht in der Lage, die Zahlung des EATE-Beitrags zu vermeiden.

    (43) Zur Einführung des EATE-Beitrags ist zu sagen, daß die zur Erreichung des angestrebten Ziels getroffenen Maßnahmen allein schon wirksam und zweckmässig waren. Die Mitwirkung der Frachtagenten war in dieser Hinsicht aufgrund ihrer zwingend vorgeschriebenen Beteiligung beim Abschluß von Frachtverträgen im Rahmen des »tour de rôle"-Systems ausreichend. Über die Verwendung des Ausgleichsfonds und die Erstattung des EATE-Beitrags konnte die ANTIB bis zur Gründung der EATE nach freiem Ermessen entscheiden. Somit besteht kein Zweifel daran, daß zwischen der Willensübereinstimmung beider Parteien und der Auswirkung des Vertrages auf den Wettbewerb ein Zusammenhang besteht.

    3. Die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

    (44) Da die Mindestentgelte im grenzueberschreitenden Verkehr durch Abstimmung zwischen den Vertretern der Partikuliere und den Frachtagenten als Vertreter der Verkehrsnutzer festgesetzt wurden, konnte der EATE-Beitrag gemäß dem Branchenvertrag im Exportverkehr Wirklichkeit werden.

    (45) Aufgrund seiner Eigenart und seiner Merkmale sind die Festsetzung des EATE-Beitrags zu Lasten der Partikuliere, die Exportverkehr durchführen, und die Möglichkeit der gezielten Erstattung dieses Beitrags geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und auf diese Weise die Beförderung von Gütern von Frankreich nach anderen Mitgliedstaaten zu behindern und der Errichtung eines gemeinsamen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten entgegenzuwirken.

    (46) Aufgrund der Bedeutung des Exportverkehrs im Rahmen des »tour de rôle"-Systems und aufgrund des Marktanteils der ausländischen Partikuliere an diesem Verkehr (siehe Randnummer 19) steht fest, daß der betreffende Vertrag den Handel zwischen den Mitgliedstaaten in spürbarer Weise beeinträchtigt.

    4. Wettbewerbsverzerrungen

    (47) Die Kommission ist der Auffassung, daß zwei Bestimmungen des Branchenvertrags, nämlich die Einführung der Abgabe auf Exportverkehre und die Möglichkeit der gezielten Erstattung der genannten Abgabe, diskriminierend sind und die von Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 genannten Wirkungen haben, da sie für einige Binnenschiffsunternehmen, die keine Vertragspartner sind, einen Wettbewerbsnachteil darstellen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (verbundene Rechtssachen 56/64 und 58/64 Grundig-Consten (4)) ist für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregel nicht erforderlich, daß eine Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung zwischen den Parteien enthält, sondern es genügt vielmehr, daß die strittige Verhaltensweise sich spürbar auf die Position Dritter auswirkt.

    (48) Um den diskriminierenden Zweck und die wettbewerbswidrige Auswirkung des Branchenvertrags besser beurteilen zu können, ist der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund, vor dem diese Vereinbarung getroffen wurde, zu berücksichtigen:

    a) der EATE-Beitrag wird nur auf Beförderungen im Exportverkehr erhoben. Der mit dieser Abgabe finanzierte Ausgleichsfonds

    soll jedoch der Förderung des gesamten innerfranzösischen und Exportverkehrs im Rahmen des »tour de rôle"-Systems dienen. Der letztere, wirtschaftlich bedeutsame Verkehr wird etwa zur Hälfte von ausländischen Partikulieren durchgeführt. Dank der in dem betreffenden Zeitraum eingegangenen Mittel (5 Millionen ffrs innerhalb von vier Monaten) konnte die EATE für das »tour de rôle"-System bedeutende neue Verkehre aushandeln und akquirieren, bei denen es sich jedoch zum grossen Teil um innerfranzösische Beförderungen handelt;

    b) der rechtliche Hintergrund ist nicht minder wichtig. Die geringe Beteiligung ausländischer Partikuliere am innerfranzösischen Verkehr ist darauf zurückzuführen, daß die Vertragsbestimmungen über die Liberalisierung der Dienstleistungen nicht auf den Verkehr anwendbar sind. Diese Ausnahmebestimmung ist in Artikel 61 Absatz 1 EWG-Vertrag enthalten und wurde vom Gerichtshof in der Rechtssache 167/73 (Kommission/Französische Republik (1)) bestätigt. Diesbezueglich hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften nach der ihm aufgrund von Artikel 75 Absatz 1 Buchstabe b) des Vertrages obliegenden Verpflichtung nicht die Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, festgelegt. Die in Frankreich bestehende, sehr teilweise Liberalisierung beruht auf einer einzelstaatlichen Verkehrspolitik.

    (49) Aufgrund der Berücksichtigung des Hintergrunds der Vereinbarung kann erstens festgestellt werden, daß die vom 2. August 1983 vorgenommene Erstattung des EATE-Beitrags ausschließlich an französische Verkehrsunternehmen, die EATE-Mitglieder sind, eine diskriminierende Maßnahme zu Lasten ausländischer Verkehrsunternehmer darstellt, die hierdurch gegenüber ihren französischen Wettbewerbern einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Sie sind auf diese Weise ungleichen Bedingungen für den Marktzugang unterworfen.

    Durch die Einführung von Vergeltungsmaßnahmen in den Niederlanden und in Belgien (siehe Randnummer 35) ausschließlich gegen französische Partikuliere kann die Erstattung des EATE-Beitrags nur an französische Verkehrsunternehmen nicht gerechtfertigt und die Anwendung von Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 nicht ausgeschlossen werden.

    (50) Zweitens war es durch die Einführung und Garantierung eines ungerechtfertigten Vorteils für bestimmte Partikuliere zu Lasten dritter Partikuliere zumindest wahrscheinlich, daß die Einführung der EATE-Beitrag genannten Abgaben den Wettbewerb tatsächlich beeinträchtigen würde.

    Da die Mittel des Ausgleichsfonds hauptsächlich zur Förderung des gesamten Binnenschiffsverkehrs im Rahmen des »tour de rôle"-Systems verwendet werden, kommen sie französischen Verkehrsunternehmen zugute, ohne daß diese einen Beitrag zu diesen Fonds leisten müssten.

    Die Diskriminierung ausländischer Partikuliere steht in jedem Fall fest, da ihre sehr geringe Beteiligung am innerfranzösischen Verkehr ihnen nicht die Möglichkeit bietet, die geplante Förderung in dem Umfang, der ihrem finanziellen Beitrag entspricht, zu nutzen. Deshalb wird ihre Wettbewerbslage künstlich verfälscht.

    (51) Schließlich vertritt die Kommission die Auffassung, daß die Möglichkeit der gezielten Erstattung des EATE-Beitrags nicht minder diskriminierend ist. Aus der Sicht der Kommission bezweckt diese Bestimmung, allein den EATE-Mitgliedern einen wirtschaftlichen Vorteil zu garantieren, und bewirkt, daß die Wettbewerbslage von Partikulieren, die keine EATE-Mitglieder sind, künstlich verfälscht wird. Für die genannten Partikuliere würde der Exportverkehr auf diese Weise ohne wirtschaftliche Rechtfertigung weniger einträglich.

    Da die Erstattung nur Partikulieren zugesagt wird, die ihren Willen bekunden, der EATE beizutreten, zieht die Kommission ausserdem zu Recht den Schluß, daß die genannten Partikuliere auf diesen Anreiz, der sie zum Beitritt bewogen hat, kaum verzichten würden. Welche Möglichkeit des EATE-Beitritts auch immer bestanden hat (der Wert des Geschäftsanteils beträgt 100 ffrs), so ist die Kommission der Auffassung, daß diese Maßnahme gegen die Wettbewerbsregeln verstösst, da sie die Handlungsfreiheit der Unternehmen einschränkt. Die Unternehmen müssen nämlich aufgrund ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage frei entscheiden können, ob sie EATE-Mitglieder werden wollen. Da die Handlungsfreiheit und Wahlmöglichkeit der Marktteilnehmer wesentliche Kriterien für das Bestehen eines wirksamen und ausreichenden Wettbewerbs auf dem Markt sind, hat die betreffende Verhaltensweise den Wettbewerb spürbar beeinträchtigt.

    Die Diskriminierung ausländischer Partikuliere steht in jedem Fall schon deshalb fest, weil ihnen nicht einmal das Beitrittsrecht zuerkannt

    wurde. Aus den bereits ausführlich dargelegten Gründen (siehe Randnummer 24) folgt die Kommission nicht der von der ANTIB bei der Anhörung vorgebrachten Auslegung, wonach Partikuliere, die Eigner nicht in Frankreich eingetragener Schiffe sind, EATE-Mitglied werden und somit die Erstattung in Anspruch nehmen können. Selbst wenn dies zuträfe, wäre die Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht weniger spürbar gewesen.

    B. Artikel 5 der Verordnung (EWG)

    Nr. 1017/68

    (52) Gemäß Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 kann das Verbot des Artikels 2 mit rückwirkender Kraft für nichtanwendbar erklärt werden auf Vereinbarungen oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen, aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen, die beitragen zur Verbesserung der Qualität der Verkehrsleistungen oder zur Förderung einer grösseren Kontinuität und Stabilität der Befriedigung des Verkehrsbedarfs auf den Märkten, auf denen Angebot und Nachfrage starken zeitlichen Schwankungen unterliegen, oder zur Steigerung der Produktivität der Unternehmen oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts, und zwar unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Verkehrsnutzer und ohne daß den beteiligten Verkehrsunternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind, oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil des betreffenden Verkehrsmarktes den Wettbewerb auszuschalten.

    (53) Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 muß eine Vereinbarung, um gegebenenfalls in den Genuß einer Freistellung gemäß Artikel 5 zu kommen, nicht unbedingt angemeldet worden sein. In der Einleitung der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 (Erwägungsgründe 14 und 15) heisst es:

    »Es ist in erster Linie Sache der Unternehmen, zu beurteilen, ob bei ihren Vereinbarungen, Beschlüssen oder abgestimmten Verhaltensweisen den Wettbewerb beschränkende Auswirkungen oder wirtschaftlich günstige Auswirkungen, die diese Beschränkungen rechtfertigen können, überwiegen. Sie sollten auf diese Weise unter eigener Verantwortung feststellen, ob diese Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zulässig sind oder nicht. Den Unternehmen muß daher gestattet werden, Vereinbarungen zu schließen und anzuwenden, ohne sie bekanntgeben zu müssen; es ergibt sich somit für sie das Risiko einer rückwirkenden Nichtigkeit für den Fall, daß die Vereinbarungen aufgrund einer Beschwerde oder von Amts wegen durch die Kommission geprüft werden, jedoch unbeschadet der Möglichkeit, daß diese Vereinbarungen im Falle einer solchen nachträglichen Prüfung rückwirkend für zulässig erklärt werden."

    (54) Gemäß Artikel 12 der genannten Verordnung können jedoch Unternehmen, die die Unterstützung der zuständigen Behörden wünschen, um sich über die Übereinstimmung ihrer Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit den geltenden Vorschriften zu versichern, bei der Kommission einen Antrag stellen, um für Vereinbarungen der in Artikel 2 bezeichneten Art, an denen sie beteiligt sind, Artikel 5 in Anspruch zu nehmen.

    (55) Für den betreffenden Branchenvertrag wurde nie ein Antrag auf ein Negativattest oder ein Antrag auf Freistellung durch die Kommission gemäß Artikel 12 gestellt.

    (56) Andererseits ist die Kommission, wenn ihr eine Vereinbarung vorgelegt wird, verpflichtet, die Vereinbarkeit einer solchen Vereinbarung mit den Wettbewerbsregeln unbeschadet der Möglichkeit zu prüfen, daß diese Vereinbarung rückwirkend für freigestellt erklärt wird. Im vorliegenden Fall vertritt die Kommission die Auffassung, daß der Branchenvertrag die Voraussetzungen des Artikels 2, nicht jedoch die des Artikels 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 erfuellt. Aus den nachstehend aufgeführten Gründen kann deshalb keine Freistellung für sie gewährt werden.

    a) Die erwarteten und auch eingetretenen Vorteile für den im Rahmen des »tour de rôle"-Systems abgewickelten Verkehr können nicht als Ausgleich der schwerwiegenden Nachteile, die die beanstandeten Maßnahmen auf den Wettbewerb zur Folge hatten, berücksichtigt werden.

    Deshalb sind diese Maßnahmen im Verhältnis zu den Vorteilen, welche die Parteien mit dem Abschluß der Vereinbarung erwarteten, als unverhältnismässig und unangemessen zu betrachten. In Wirklichkeit zielen sie auf der Grundlage rein kaufmännischer und berufsständischer Erwägungen darauf ab, den Ausgleichsfonds der EATE zu Lasten der im Exportverkehr tätigen Partikuliere zu finanzieren, sind gegenüber einer Gruppe insbesondere ausländischer Partikuliere diskriminierend und beeinträchtigen spürbar den Wettbewerb.

    b) Für die Kommission ist jedenfalls nicht ersichtlich, wie die beanstandeten Maßnahmen in der angewandten Form zur Verbesserung der Qualität der Verkehrsleistungen, zur Förderung einer grösseren Kontinuität und Stabilität der Befriedigung des Verkehrsbedarfs, zur Steigerung der Produktivität der Unternehmen oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts hätten beitragen können. Die durch sie entstehende Diskriminierung ist in keiner Weise gerechtfertigt. Auch besteht keinerlei Grund zur Annahme, daß diese Maßnahmen den Verkehrsnutzern zugute kommen können.

    c) Die Tatsache schließlich, daß eine staatliche Instanz die Gründung der EATE als mögliches Mittel zur Überwindung einer kritischen Situation, in der sich die französische Partikulierschiffahrt befindet, befürwortete, kann die Einführung der beanstandeten Maßnahmen sicherlich nicht rechtfertigen, zumal die Beeinträchtigung des Wettbewerbs weder ganz noch teilweise auf irgendeine Maßnahme des französischen Staates, sondern auf eine zwischen der ANTIB und den Frachtagenten geschlossene Vereinbarung zurückzuführen ist.

    C. Abstellung der Zuwiderhandlungen

    (57) Gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 kann die Kommission, wenn sie eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 2 feststellt, die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

    Aus den in Kapitel II Buchstaben A und B dargelegten Gründen muß die Kommission feststellen, daß die ANTIB und die Frachtagenten vom 13. Juni 1983 bis zum 17. Oktober 1983 Zuwiderhandlungen gegen Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 begangen haben. Nur Absatz 1 zweiter Gedankenstrich und Absatz 4 Satz 1 des Branchenvertrags vom 13. Juni 1983 über die Einführung des ausschließlich auf die Entgelte im Exportverkehr erhobenen EATE-Beitrags bzw. die Möglichkeit der Erstattung des EATE-Beitrags nur für EATE-Mitglieder stellen Zuwiderhandlungen gegen Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 dar. Beide Bestimmungen können von der gesamten Vereinbarung getrennt werden und fallen unter das Verbot von Artikel 2 -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Der am 13. Juni 1983 zwischen der Zentralvereinigung der in der Binnenschiffahrt tätigen Unternehmen und dem Zentralverband der Frachtagenten in der Binnenschiffahrt geschlossene Branchenvertrag stellt insoweit, als er den gewöhnlichen Wettbewerb beeinträchtigt, eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 dar. Es handelt sich insbesondere um Absatz 1 zweiter Gedankenstrich über die Einführung des auf die Entgelte im Exportverkehr erhobenen EATE-Beitrags und Absatz 4 Satz 1 über die Möglichkeit der Nichterstattung des EATE-Beitrags an Nichtmitglieder.

    Artikel 2

    Die Gewährung einer Freistellung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 wird für den in Artikel 1 genannten Vertrag verweigert.

    Artikel 3

    Diese Entscheidung ist an die Association Nationale des Travailleurs Indépendants de la Batellerie (ANTIB), 16, boulevard Vincent Auriol, 75013 Paris, Frankreich, und die Chambre Syndicale Nationale des Courtiers de fret fluviaux, 32, rü de Londres, 75009 Paris, Frankreich, gerichtet.

    Brüssel, den 10. Juli 1985

    Für die Kommission

    Peter SUTHERLAND

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. Nr. L 175 vom 23. 7. 1968, S. 1.

    (2) ABl. Nr. L 209 vom 21. 8. 1969, S. 11.

    (1) ABl. Nr. L 237 vom 29. 8. 1974, S. 16.

    (2) Slg. 1975, S. 563.

    (3) ABl. Nr. L 167 vom 15. 6. 1982, S. 39.

    (4) Slg. 1966, S. 449.

    (1) Slg. 1974, S. 359.

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