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Document 31985D0380

85/380/EWG: Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 1985 über eine durch parafiskalische Abgaben finanzierte französische Beihilferegelung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie (Nur der französische Text ist verbindlich)

ABl. L 217 vom 14.8.1985, p. 20–24 (DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1985/380/oj

31985D0380

85/380/EWG: Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 1985 über eine durch parafiskalische Abgaben finanzierte französische Beihilferegelung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie (Nur der französische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 217 vom 14/08/1985 S. 0020 - 0024


*****

ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 5. Juni 1985

über eine durch parafiskalische Abgaben finanzierte französische Beihilferegelung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(85/380/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN

GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

nach Einholung der Äusserungen der Beteiligten gemäß Artikel 93 und gestützt auf diese Äusserungen,

IN ERWAEGUNG NACHSTEHENDER GRÜNDE:

I

Am 5. Juli 1984 unterrichtete die französische Regierung die Kommission verspätet von drei Dekreten zur Änderung und Ausweitung früherer Beihilferegelungen für die Textil- und Bekleidungsindustrie, die durch zwei parafiskalische Abgaben finanziert werden. Letztere werde nach dem gleichen Verfahren wie die Mehrwertsteuer auf den Umsatz von Erzeugnissen der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie erhoben.

Mit den im Staatsblatt der Französischen Republik vom 25. Mai 1984 veröffentlichten Dekreten Nr. 84/388, Nr. 84/389 und Nr. 84/390 wurde das Comité de développement et de promotion du textile et de l'habillement (CDPTH.) eingesetzt, während die beiden früheren parafiskalischen Abgaben, die sich auf die Dekrete Nr. 82/1242 und Nr. 82/1243 stützten und deretwegen die Kommission am 20. Juli 1983 eine negative abschließende Entscheidung erlassen hatte, gleichzeitig zur Finanzierung einer einzigen Beihilferegelung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie zusammengelegt wurden. Die fraglichen Dekrete traten rückwirkend ab 1. Januar 1984 in Kraft, womit die französische Regierung ihre Verpflichtungen aus Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag missachtete.

Im Rahmen der genannten Dekrete sind Beihilfen von jährlich rund 250 Millionen ffrs vorgesehen, wovon ein bestimmter Betrag für gemeinsame Vorhaben auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung und Absatzförderung bestimmt ist. Die verbleibenden Einnahmen aus den parafiskalischen Abgaben sollen im Rahmen individueller Beihilfemaßnahmen für Modernisierungs- und Rationalisierungsinvestitionen von Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie verwendet werden.

Die beiden vorgenannten Regelungen nebst Änderungen und Erweiterungen waren im Falle der Textilindustrie seit 1965 und im Falle der Bekleidungsindustrie seit 1969 in Kraft gewesen.

Nach einer ersten Prüfung gelangte die Kommission zu der Erkenntnis, daß die fraglichen Maßnahmen mit erheblichen Finanzhilfen für die begünstigten Unternehmen verbunden waren, d. h. daß ihr Umfang und ihre Form dergestalt waren, daß der Handel zwangsläufig beeinträchtigt und der innergemeinschaftliche Wettbewerb verzerrt wurde. Angesichts ihrer Ziele und ihrer Laufzeit war die Kommission der Auffassung, daß diese Maßnahmen auf Betriebsbeihilfen hinausliefen. Ausserdem konnten sie mit anderen allgemeinen oder spezifischen Beihilfemaßnahmen für die Textil-, Bekleidungs- und Strickwarenindustrie kombiniert werden. Die beiden Dekrete enthielten weder Bestimmungen, mit denen eine Erhöhung der Produk tionskapazität in Sparten mit Überkapazitäten verhindert werden sollte, noch Verpflichtungen für die begünstigten Unternehmen dieser Sparten, die den Kriterien des Gemeinschaftsrahmens für Beihilfen an die Textil- und Bekleidungsindustrie genügten.

Die Kommission war daher der Auffassung, daß die fraglichen Beihilfen nicht eine Entwicklung fördern würden, die aus der Sicht der Gemeinschaft geeignet war, die damit verbundenen Handelsverzerrungen wettzumachen, sondern daß sie dazu angetan waren, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, da sie die fraglichen Unternehmen begünstigten, die in einem Industriezweig tätig sind, in dem es ein hohes Handelsvolumen gibt und in dem der Wettbewerb sehr lebhaft ist.

Nach Auffassung der Kommission erfuellten die geplanten Beihilfen nicht die Voraussetzungen für die Anwendung einer der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 EWG-Vertrag, weshalb sie das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz EWG-Vertrag einleitete.

Mit Schreiben vom 30. Juli 1984 forderte sie die französische Regierung zur Äusserung auf.

II

In ihren Bemerkungen, die sie im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag mit Schreiben vom 31. August 1984 übermittelte, erklärte die französische Regierung zunächst, daß noch keine Beihilfen vergeben worden seien und vor der abschließenden Entscheidung der Kommission auch nicht gewährt würden.

Die französische Regierung hob im wesentlichen hervor, daß der neu eingesetzte Ausschuß seine Tätigkeit noch nicht aufgenommen und die Einzelheiten der geplanten Beihilfen noch nicht endgültig festgelegt habe. Diese Einzelheiten würden der Kommission zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 18. April 1985 übermittelte die französische Regierung die angekündigten ergänzenden Bemerkungen, die folgende Einzelheiten der geplanten Beihilferegelung erkennen lassen:

- Finanzhilfe in Höhe von 150 Millionen ffrs im Jahre 1985 in Form einer Ermässigung der Zinssätze für Warenkredite von 1 Milliarde ffrs für Investitionen in hochtechnologische Ausrüstungen um sechs Prozentpunkte.

- Die Beihilfen sollen die Produktivität und die Qualität der Erzeugnisse erhöhen, um es der Industrie zu ermöglichen, erfolgreicher mit Einfuhren aus Niedrigpreisländern zu konkurrieren.

Die französische Regierung unterstrich ausserdem, daß das Beihilfeprogramm nicht dazu diene, die Produktionskapazität in der Textil- und Bekleidungsindustrie insgesamt zu erhöhen und daß die allgemeine Tragweite der Regelung sehr begrenzt sei, da das Nettosubventionsäquivalent zwischen 4 % und 7,5 % - höchstwahrscheinlich bei 5,5 % liegen werde.

Nach Auffassung der französischen Regierung sind die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Beihilferegelung auf den innergemeinschaftlichen Wettbewerb praktisch gleich Null, da die parafiskalischen Abgaben von der französischen Industrie selbst erhoben würden.

In ihrer Stellungnahme im Rahmen des gleichen Verfahrens unterstützten drei Mitgliedstaaten und ein Unternehmensverband der fraglichen Industriezweige die Auffassung der Kommission. Sie äusserten grosse Bedenken zu den Fördermaßnahmen und betonten, daß die französische Textil- und Bekleidungsindustrie unter anderem im Rahmen der Verringerung der Sozialabgaben schon früher sehr hohe Finanzhilfen erhalten habe und daß die neuen Beihilfen geeignet seien, den innergemeinschaftlichen Wettbewerb zu verzerren, da sie mit ungerechtfertigten Vorteilen für die Begünstigten verbunden seien, die mit anderen Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie der Gemeinschaft in Wettbewerb stuenden. Ausserdem hoben sie die positive Entwicklung der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie in den letzten zwei bis drei Jahren hervor, die Beihilfen als völlig unbegründet erscheinen lasse.

III

Im Textil- und Bekleidungssektor gibt es zwischen den Mitgliedstaaten - wie sich anhand von Statistiken hinlänglich nachweisen lässt, einen lebhaften Handel und einen scharfen Wettbewerb. Die französische Textil- und Bekleidungsindustrie, auf die rund 20 % des gesamten Wertzuwachses der Textil- und Bekleidungsindustrie der Europäischen Gemeinschaft entfallen, ist in hohem Masse am innergemeinschaftlichen Handel beteiligt, da sie rund 30 % ihrer Gesamtproduktion in andere Mitgliedstaaten ausführt.

Im vorliegenden Fall unterrichtete die französische Regierung die Kommission von den geplanten Maßnahmen, wobei sie ausdrücklich auf die Artikel 92 bis 94 EWG-Vertrag Bezug nahm, d. h. ihren Beihilfecharakter anerkannte. Bei der Berechnung des Nettosubventionsäquivalents der geplanten Maßnahmen wies die französische Regierung darauf hin, daß die Investitionskosten, die die Unternehmen der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie normalerweise selbst tragen müssen, wahrscheinlich um 5,5 % sinken würden.

Der Umstand, daß ein Beihilfesystem durch eine dafür eingeführte Abgabe der betroffenen Unternehmen oder Herstellungsbetriebe finanziert wird, ändert nichts am Beihilfecharakter des fraglichen Systems, da solche Maßnahmen nach Artikel 92 bis 94 EWG-Vertrag genauso geprüft werden müssen wie eigentliche Beihilfen. Andernfalls würde Artikel 92 EWG-Vertrag ausgehöhlt und würde ein System ständiger Beihilfen Platz greifen, deren Höhe nicht vorhersehbar und nur schwer überprüfbar wäre. In den betreffenden Industriezweigen, die durch ein hohes Handelsvolumen zwischen Mitgliedstaaten und einen lebhaften Wettbewerb gekennzeichnet sind, sind die geplanten Beihilfen geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten zu verfälschen oder zu verfälschen zu drohen, da sie die Unternehmen der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EWG-Vertrag begünstigen.

Wenn staatliche Finanzhilfe die Stellung von Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen, die mit ihnen im innergemeinschaftlichen Handel im Wettbewerb stehen, stärken, muß davon ausgegangen werden, daß der innergemeinschaftliche Handel dadurch beeinträchtigt wird.

Nach Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag sind Beihilfen, die die darin genannten Kriterien erfuellen, grundsätzlich mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Die in Artikel 92 Absatz 2 EWG-Vertrag enthaltenen Ausnahmebestimmungen sind im vorliegenden Fall angesichts des Charakters der geplanten Beihilfen, die überdies nicht für die genannten Zwecke bestimmt sind, nicht anwendbar.

Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag regelt, welche Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt muß aus der Sicht der Gemeinschaft und nicht der eines einzelnen Mitgliedstaates geprüft werden. Um das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten und den in Artikel 3 Buchstabe f) EWG-Vertrag niedergelegten Grundsätzen Rechnung zu tragen, müssen die in Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag genannten Ausnahmen von dem Beihilfeverbot des Artikels 92 Absatz 1 bei der Prüfung von Beihilfevorhaben oder Einzelfällen eng ausgelegt werden.

Sie sind insbesondere nur dann anwendbar, wenn sich die Kommission davon überzeugt hat, daß ohne die Beihilfen die Marktkräfte allein nicht ausreichen würden, die potentiellen Beihilfeempfänger zu einem Verhalten zu bewegen, das zur Erreichung eines der in den Ausnahmebestimmungen genannten Ziele beitragen könnte.

Würden die Ausnahmebestimmungen auf Fälle angewandt, die kein derartiges Ziel verfolgen oder in denen eine Beihilfe dazu nicht erforderlich ist, so würden die Industriezweige oder Unternehmen bestimmter Mitgliedstaaten, deren Finanzlage lediglich gestärkt würde, ungerechtfertigte Vorteile erlangen, während der innergemeinschaftliche Handel gleichzeitig beeinträchtigt und der Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten verfälscht würde, ohne daß sich dies mit dem Interesse der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 rechtfertigen ließe.

Die französische Regierung konnte keine Gründe angeben und die Kommission konnte keine Gründe erkennen, aus denen hervorginge, daß die geplanten Beihilfen die Voraussetzungen für die Anwendung einer der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 erfuellen.

Zu den Ausnahmebestimmungen in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) über Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete ist zu sagen, daß Frankreich kein Gebiet ist, in dem im Sinne von Buchstabe a) die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, und daß die Beihilferegelung angesichts ihres Geltungsbereichs - Unternehmen in bestimmten Wirtschaftssektoren, unabhängig von ihrem Standort - im Hinblick auf die Aufnahmebestimmung von Buchstabe c) nicht die Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete bezweckt.

Hinsichtlich der Ausnahmeregelung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b) dient das fragliche Beihilfevorhaben eindeutig nicht zur Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im französischen Wirtschaftsleben. Eine sektorale Beihilferegelung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie ist nicht geeignet, eine Lage, wie sie in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) beschrieben wird, zu beheben.

Zu den Ausnahmebestimmungen in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) über »Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige" ist zu bemerken, daß die Marktverhältnisse in den betreffenden Sektoren eine normale Entwicklung auch ohne staatliche Beihilfen zu gewährleisten scheinen und daß daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß die beabsichtigten Beihilfen die Entwicklung »fördern", wenn man die Notwendigkeit einer Beihilfe aus der Sicht der Gemeinschaft und nicht aus der eines einzigen Mitgliedstaates beurteilt.

Die jüngste Entwicklung und die derzeitige Lage des fraglichen Industriezweigs der Gemeinschaft zeigen, daß die Unternehmen dieser Branche heute wettbewerbsfähiger sind als früher. Nach einer Reihe von Jahren, in denen der Textil- und Bekleidungsindustrie der Gemeinschaft aus den zahlreichen Stillegungen und Entlassungen aufgrund der allgemeinen Marktflaute und der wachsenden Einfuhren aus Niedrigpreisländern ernster Schaden entstanden war, ist dieser Industriezweig nunmehr endgültig dabei, sich zu erholen. Im Jahre 1984 und Anfang 1985 zeigte sich immer deutlicher, daß viele Unternehmen überall in der Gemeinschaft durch rasch steigende Produktivität, verbesserte Absatz- und Geschäftsführungspolitik, eine Palette qualitativ hochwertiger Erzeugnisse und die Anwendung einer neuen Generation hochtechnischer Ausrüstungen die Umstrukturierungsziele verwirklicht und die für den wirtschaftlichen Erfolg und die Lebensfähigkeit auf dem Textilmarkt der EG erforderliche Wettbewerbsfähigkeit weitgehend wiedererlangt hat. Spezifische Beihilfen für die Textil- und Bekleidungsindustrie der Gemeinschaft sind daher grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt. Neue sektorale Beihilfeprogramme zugunsten dieses Industriezweigs wären daher nur eine Maßnahme im nationalen Interesse des Mitgliedstaates, der eine solche Regelung einzuführen beabsichtigt. Sie würden die verbleibenden strukturellen Probleme und die Arbeitslosigkeit nur von einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft auf einen anderen verlagern und zudem nicht die in den gemeinschaftlichen Leitlinien für Beihilfen an die Textilindustrie niedergelegten Voraussetzungen erfuellen.

Das Vorhaben der französischen Regierung lässt keine Probleme erkennen, die nur den Unternehmen der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie eigen wären.

Gerade bei der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie unterstreichen eine Reihe signifikanter Indikatoren die jüngste Umstrukturierung und die günstige wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung. Die Investitionen nahmen zwischen 1981 und 1983 um 38 % zu, gegenüber einem Durchschnittswert für die französische Industrie von insgesamt 9 %. Auch gemessen am Umsatz erhöhten sich die Investitionen von 2,6 % auf 4 %, auch hier wiederum bezogen auf den Durchschnittswert für die Gesamtindustrie. Die Nettogewinne stiegen wieder an und verbesserten sich deutlich gegenüber früheren Jahren, was zu einer verbesserten Eigenfinanzierung führte. Die Produktion ist trotz des anhaltenden Drucks durch Niedrigpreiseinfuhren stabil oder nimmt in den meisten Sparten der Industrie sogar zu. Die Textilausfuhren wuchsen im Jahre 1984 um insgesamt 18 %, womit sich der ausgeführte Teil der Produktion auf 46 % erhöhte. Die Wachstumsrate der Ausfuhren übersteigt die Wachstumsrate der Einfuhren seit 1981 um mehrere Prozentpunkte.

Alle diese Indikatoren erhärten die Auffassung, daß die frühere Flaute vorüber ist und daß sich die Lage weiter bessert. Infolgedessen ermöglicht es die derzeitige Lage der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie den Unternehmen, Investitionen mit ihren eigenen Finanzmitteln - d. h. ohne staatliche Beihilfe - vorzunehmen.

Eine massive Umstrukturierung und Neuausrüstung und eine stärkere Anwendung der modernsten Technologie bewirkten, daß die französische Textil- und Bekleidungsindustrie produktiver und leistungsfähiger wurde und nunmehr viel besser in der Lage ist, qualitativ hochwertige Erzeugnisse herzustellen und so dem internationalen Wettbewerb zu begegnen.

Der Abbau der Arbeitsplätze hat sich erheblich verlangsamt und beläuft sich für den Zeitraum 1981 bis 1983 auf 3,8 %, gegenüber einem Durchschnittswert für die Textil- und Bekleidungsindustrie der Gemeinschaft von 10,2 %.

Zu berücksichtigen ist ferner, daß die einschlägige französische Industrie viele Jahre lang erhebliche staatliche Finanzhilfen aufgrund allgemeiner, regionaler oder spezifischer Beihilferegelungen erhalten hat, die in hohem Masse zu der erwähnten positiven Entwicklung beigetragen haben. Allein im Zeitraum 1982 bis 1984 wurden ihr Finanzhilfen von 3,5 Milliarden ffrs gewährt.

Unter diesen Umständen würde das Beihilfevorhaben durch die künstliche Verringerung der Investitionskosten von Unternehmen der betreffenden Sektoren die Wettbewerbslage anderer Hersteller der Gemeinschaft schwächen und daher zu einer Wettbewerbsverzerrung und einem Preisverfall zu Lasten derjenigen Hersteller führen, die bisher dank einer Umstrukturierung sowie einer Produktivitäts- und Qualitätsverbesserung mit eigenen Mitteln überlebt haben und nun möglicherweise aus dem Markt ausscheiden müssen. Da rund 30 % der beihilfebegünstigten Produktion der Textil- und Bekleidungsindustrie in die anderen Mitgliedstaaten ausgeführt werden sollen, dürften die Handelsbedingungen davon unweigerlich beeinträchtigt werden, da die Nachfrage nur langsam zunimmt.

Das Beihilfevorhaben der französischen Regierung zugunsten der Textil- und Bekleidungsindustrie kommt einer Beihilferegelung zur Förderung allgemeiner Investitionen und zur Modernisierung der bestehenden Ausrüstungen in diesem Sektor sehr nahe, d. h. einer Beihilfenart, zu der die Kommission vor allem angesichts ihrer Leitlinien von 1971 und 1977 für Beihilfen an die Textilindustrie von jeher starke Vorbehalte angemeldet hat. Der derzeitige Beihilfeplan verlangt von den Unternehmen keine Gegenleistung in Form einer Umstrukturierung und sieht auch keine selektiven Elemente vor, so daß die Investitionen womöglich nur eine Erneuerung des Maschinenparks, ja sogar die Ausweitung der Tätigkeiten eines Unternehmens einschließen würden.

Die allgemeinen Ziele der Beihilferegelung werden ausserdem nicht deutlich genug beschrieben. Es fehlen quantitative Ziele im Hinblick auf die Kapazitäten, die Beschäftigung und die Umstrukturierung. Daher ist es für die Kommission praktisch unmöglich, die sich aus der Regelung ergebende Wettbewerbsverzerrung im voraus zu beurteilen.

Der Vorschlag enthält weder Hinweise auf ein selektives Vorgehen gegenüber den einzelnen Sparten noch Kriterien für die Prüfung der Rentabilität von Unternehmen.

Es fehlen auch Bestimmungen über die gleichzeitige alternative Anwendung verschiedener Beihilfeprogramme zugunsten des genannten Industriezweigs. Die Möglichkeit, Unternehmen, die nach dem fraglichen Programm nicht beihilfefähig sind, Beihilfen zu gewähren, würde das geringe Maß an Selektivität zunichte machen, das darin besteht, die Unternehmen je nach der Art der Investitionsvorhaben für die Förderung auszuwählen, und daher die Wirkungen des Beihilfeprogramms verstärken. Die gleichzeitige kumulative Anwendung anderer bestehender Beihilferegelungen neben der aufgrund des vorliegenden sektoralen Programms verfügbaren Beihilfe würde die Intensität der Beihilfe für eine gegebene Investition erhöhen und damit ebenfalls die negativen Wirkungen der geplanten Beihilfen verstärken.

Daher entspricht das fragliche Beihilfevorhaben eindeutig nicht den in den Leitlinien der Gemeinschaft für Beihilfen an die Textil- und Bekleidungsindustrie festgelegten Zielen.

Die französische Regierung hebt hervor, daß sich aus der Beihilferegelung ein Nettosubventionsäquivalent von voraussichtlich 5,5 % der Gesamtinvestitionen der Industrie ergeben wird, und meint, daß diese Beihilfenintensität eine sehr geringe Auswirkung auf den Wettbewerb hat.

Auch wenn die Intensität der derzeit geplanten Beihilfen im Vergleich zu früheren Beihilfen der französischen Regierung geringer sein mag, so muß doch festgestellt werden, daß die vorgesehenen Beihilfen zur Förderung von Investitionen gewährt werden sollen, womit sich die normalerweise im Gesamtplan der fraglichen Unternehmen ausgewiesenen Kosten verringern. Bei einem Markt mit einem grossen Handelsvolumen zwischen Mitgliedstaaten verfälschen alle Beihilfen unabhängig von ihrer Höhe oder Intensität und besonders Beihilfen mit einer Intensität von 5,5 % Nettosubventionsäquivalent den Wettbewerb oder drohen ihn zu verfälschen, da die begünstigten Unternehmen eine von aussen kommende Hilfe erhalten, die ihren Wettbewerbern versagt bleibt. Die spezifische Intensität von 5,5 % mag - gemessen an den Gesamtmitteln eines Unternehmens - nicht sehr hoch sein. Die Beihilfe ist aber beträchtlich, legt man die Gesamtinvestitionskosten eines Unternehmens zugrunde, das im Rahmen des Beihilfevorhabens gefördert wird.

Zu dem Argument der französischen Regierung, daß die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Beihilferegelung praktisch gleich Null seien, ist zu sagen, daß die Wettbewerbsfähigkeit auf Unternehmensebene ermittelt wird und daß die vorgesehenen Beihilfen es den begünstigten Unternehmen ermöglichen würde, ihre Investitionskosten erheblich zu senken und damit ihre Preiskalkulationen zu ändern.

Die vorstehenden Erwägungen berechtigen zu dem Schluß, daß die im Rahmen der fraglichen Beihilferegelung geplanten Beihilfen zugunsten der französischen Textil- und Bekleidungsindustrie dadurch, daß die Unternehmen der fraglichen Sektoren, deren Marktlage nicht mehr nur durch ihre eigene Leistungsfähigkeit und ihre eigene Stärke bestimmt würde, ausschließlich im nationalen Interesse des betreffenden Mitgliedstaates liegen und nicht zu einer Entwicklung beitragen würden, die aus der Sicht der Gemeinschaft die sich daraus ergebende Handelsverzerrung wettmachen würde.

Nach alledem erfuellt das fragliche Beihilfevorhaben nicht die Voraussetzungen, um eine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 2 und 3 EWG-Vertrag für sich in Anspruch nehmen zu können -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen für die Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie, die in den im Staatsblatt der Französischen Republik vom 25. Mai 1984 veröffentlichten Dekreten Nr. 84/388, Nr. 84/389 und Nr. 84/390 vorgesehen sind und deren Einzelheiten der Kommission mit Schreiben vom 18. April 1985 mitgeteilt wurden, sind im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Frankreich darf das Beihilfevorhaben nicht durchführen.

Artikel 2

Frankreich unterrichtet die Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung von den Maßnahmen, die es getroffen hat, um dieser Entscheidung nachzukommen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 5. Juni 1985

Für die Kommission

Peter SUTHERLAND

Mitglied der Kommission

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