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Document 52022PC0684

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union

COM/2022/684 final

Brüssel, den 2.12.2022

COM(2022) 684 final

2022/0398(COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

·Gründe und Ziele des Vorschlags

Restriktive Maßnahmen sind ein wesentliches Instrument zur Förderung der Verwirklichung der Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) nach Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV). Zu diesen Zielen zählen die Wahrung der Werte der EU sowie des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie die Festigung und Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte.

Um diese Werte zu wahren, kann die EU restriktive Maßnahmen gegen Drittländer, Organisationen sowie juristische oder natürliche Personen verhängen. Diese Maßnahmen umfassen gezielte Einzelmaßnahmen, d. h. gezielte finanzielle Sanktionen (Einfrieren von Vermögenswerten) und Einreisebeschränkungen (Reiseverbote), sowie sektorbezogene Maßnahmen, d. h. Waffenembargos oder wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen (z. B. Ein- und Ausfuhrbeschränkungen oder Beschränkungen für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen wie Bankdienstleistungen). 1

Die EU wendet derzeit in über 40 Fällen restriktive Maßnahmen an. Einige davon dienen der Umsetzung restriktiver Maßnahmen, die von den Vereinten Nationen erlassen wurden; andere werden eigenständig von der EU angenommen. Neben Maßnahmen in Bezug auf länderspezifische Situationen hat die Union auch allgemeine Maßnahmen erlassen, um gegen die Verbreitung und den Einsatz chemischer Waffen, Cyberangriffe, Menschenrechtsverletzungen und Terrorismus vorzugehen. 2 Restriktive Maßnahmen sind für die Mitgliedstaaten und für jede Person oder Organisation, die der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten untersteht (EU-Akteure), 3 verbindlich.

(1)Uneinheitliche Durchsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union

So wie die Zahl der von der Union erlassenen restriktiven Maßnahmen im Laufe der letzten Jahrzehnte gestiegen ist, 4 so haben auch die Strategien für deren Umgehung zugenommen. Die Kommission hat bereits in der Vergangenheit auf die uneinheitliche Durchsetzung restriktiver Maßnahmen hingewiesen und darauf, dass dadurch deren Wirksamkeit und die Fähigkeit der EU, mit einer Stimme zu sprechen, untergraben wird. 5

Die Fähigkeit, mit einer Stimme zu sprechen, hat vor dem aktuellen Hintergrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine besonders dringliche Bedeutung erlangt. Die EU hat eine Reihe restriktiver Maßnahmen gegen russische und belarussische Personen und Organisationen erlassen, einige davon bereits im Jahr 2014. In diesem Zusammenhang und um die Koordinierung bei der Durchsetzung dieser restriktiven Maßnahmen auf EU-Ebene zu verbessern, hat die Kommission die Taskforce „Freeze and Seize“ eingerichtet. Diese Taskforce sorgt für eine Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und EU-Agenturen wie Europol und Eurojust. Sie hat mehrfach erörtert, ob gemeinsam strafrechtlich vorgegangen werden muss, um natürliche und juristische Personen, die an Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligt sind, zur Verantwortung zu ziehen.

Für die Durchführung und Durchsetzung restriktiver Maßnahmen der Union sind in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen prüfen, ob ein Verstoß gegen die nach Artikel 29 EUV bzw. Artikel 215 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angenommenen einschlägigen Beschlüsse und Verordnungen des Rates vorliegt, und geeignete Maßnahmen ergreifen. Diesbezüglich enthalten die Verordnungen der EU stets eine Bestimmung, mit der die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nationale Vorschriften zu erlassen, die wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen diese Rechtsakte der Union vorsehen. 6

Abgesehen von Beschränkungen umfassen diese Beschlüsse und Verordnungen im Allgemeinen Folgendes:

·eine Antiumgehungsklausel, nach der eine wissentliche und vorsätzliche Beteiligung an Tätigkeiten untersagt ist, die auf eine Umgehung der betreffenden restriktiven Maßnahmen abzielen, 7 und

·andere Verpflichtungen, insbesondere zur Berichterstattung über die zur Umsetzung der restriktiven Maßnahmen unternommenen Schritte (z. B. Berichterstattung an Behörden über die Höhe sichergestellter Vermögenswerte).

Wenngleich Artikel 29 EUV und Artikel 215 AEUV dem Rat eine Rechtsgrundlage für die Annahme der erforderlichen Maßnahmen im Falle des Erlasses restriktiver Maßnahmen der Union bieten, sieht die Rechtsgrundlage für den Erlass restriktiver Maßnahmen keine Angleichung der strafrechtlichen Definitionen und der Arten sowie des Umfangs strafrechtlicher Sanktionen vor. 8

(2)Unterschiede zwischen den strafrechtlichen Definitionen und Sanktionen in den Mitgliedstaaten

Aufgrund mangelnder Harmonisierung auf EU-Ebene weichen die nationalen Systeme erheblich voneinander ab, was die Einstufung des Verstoßes gegen das EU-Recht über restriktive Maßnahmen der Union als Straftatbestand anbelangt. In zwölf Mitgliedstaaten ist ein Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union ausschließlich eine Straftat. In 13 Mitgliedstaaten stellt der Verstoß gegen diese Maßnahmen entweder eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat dar. 9 Die Kriterien, nach denen eine Handlung entweder in die eine oder andere Kategorie von Maßnahmen fällt, beziehen sich in der Regel auf ihre Schwere (schwerwiegende Art), die entweder qualitativ (Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit) oder quantitativ (Schaden) bestimmt wird; 10 diese Kriterien unterscheiden sich jedoch je nach Mitgliedstaat. In zwei Mitgliedstaaten zieht die konkrete Straftat des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union derzeit nur verwaltungsrechtliche Sanktionen nach sich. 11

Auch die Sanktionssysteme der Mitgliedstaaten weisen erhebliche Unterschiede auf. In 14 Mitgliedstaaten liegt die Höchstdauer für Freiheitsstrafen zwischen zwei und fünf Jahren. In acht Mitgliedstaaten sind Höchststrafen zwischen acht und zwölf Jahren möglich. 12 Die maximalen Geldbußen, die bei einem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union verhängt werden können – unabhängig davon, ob der Verstoß als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit gilt –, sind in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich und variieren zwischen 1200 EUR und 5 Mio. EUR. 13

In 14 Mitgliedstaaten ist für juristische Personen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union vorgesehen. 14 Darüber hinaus sehen zwölf Mitgliedstaaten verwaltungsrechtliche Sanktionen vor, insbesondere Geldbußen, die gegen juristische Personen verhängt werden können, wenn deren Angestellte oder Führungskräfte gegen restriktive Maßnahmen verstoßen. Die maximalen Geldbußen für juristische Personen liegen zwischen 133 000 EUR und 37,5 Mio. EUR. 15  

(3)Ausbleibende strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen

In der Praxis werden nur sehr wenige natürliche oder juristische Personen, die für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union verantwortlich sind, tatsächlich zur Rechenschaft gezogen. 16 Im Bericht des Genozid-Netzes wird jedoch darauf hingewiesen, „dass unlängst ein positiver Trend zu beobachten ist, was die Zahl der eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen und den Anstieg der von bestimmten nationalen Behörden verhängten Sanktionen betrifft“. 17

Trotz positiver Tendenzen in einigen Mitgliedstaaten laufen derzeit offenbar nur in wenigen Staaten Gerichtsverfahren, die mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union im Zusammenhang stehen. 18 Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass der Ermittlung und Verfolgung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union in vielen Mitgliedstaaten unzureichende Priorität eingeräumt wird. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass Europol und Eurojust eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet haben, um die Polizei- und Justizbehörden bei der Ermittlung und Verfolgung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union weiter zu unterstützen. So haben sie etwa die Liste der von der EU benannten Personen und Unternehmen mit ihren Datenbanken abgeglichen. Europol hat zudem die „Operation Oscar“ 19 eingeleitet, um Finanzermittlungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, die auf illegal erworbene Vermögenswerte im Besitz von natürlichen und juristischen Personen abzielen, die restriktiven Maßnahmen der Union unterliegen. Gleichzeitig beruhen strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen häufig darauf, dass Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union von Verwaltungsbehörden aufgedeckt und an die Strafverfolgungsbehörden verwiesen werden. Finden diese Verweise nicht statt, ist dies ein Hinweis darauf, dass die diesbezügliche operative Zusammenarbeit innerhalb der nationalen Durchsetzungskette unzureichend ist.

(4)Negative Folgen des Status quo

Wenn keine Strafverfolgung erfolgt und Justizbehörden nicht über geeignete und wirksame Instrumente und Ressourcen verfügen, um Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union zu verhindern, aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen, haben benannte natürliche Personen und juristische Personen, deren Vermögenswerte sichergestellt werden, in der Praxis womöglich weiterhin Zugang zu ihren Vermögenswerten und können weiterhin Regime unterstützen, die Gegenstand von restriktiven Maßnahmen der Union sind; dadurch würde den Zielen dieser restriktiven Maßnahmen entgegengewirkt.

Darüber hinaus sehen die verwaltungs- und/oder strafrechtlichen Bestimmungen der einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Definitionen und Sanktionen für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union vor. Dies lässt darauf schließen, dass ein und derselbe Verstoß mit unterschiedlichen Sanktionen und auf unterschiedlichen Durchsetzungsebenen geahndet werden könnte. Dadurch wird die Durchsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union geschwächt und die Glaubwürdigkeit der Ziele der EU untergraben.

In einigen Fällen schließlich kann es vorkommen, dass die Erträge aus den Tätigkeiten, die unter Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union ausgeübt werden, es den von diesen restriktiven Maßnahmen betroffenen Organisationen und Personen ermöglichen, weiterhin das Verhalten an den Tag zu legen, das Grund für den Erlass der restriktiven Maßnahmen war.

(5)Ziele des Vorschlags

Vor diesem Hintergrund hat der Rat im Anschluss an einen Vorschlag der Europäischen Kommission vom 25. Mai 2022 20 beschlossen, den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union als einen Kriminalitätsbereich zu bestimmen, der die Kriterien des Artikels 83 Absatz 1 AEUV erfüllt. Auf dieser Grundlage konnte die Kommission im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens den vorliegenden Vorschlag für eine Richtlinie annehmen, dessen Ziel es ist, die strafrechtlichen Definitionen und Sanktionen für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union anzugleichen.

Mit dem vorliegenden Vorschlag werden folgende Ziele verfolgt:

a)Angleichung der strafrechtlichen Definitionen im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union;

b)Gewährleistung dessen, dass die Arten und der Umfang der Sanktionen bei Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union wirksam, abschreckend und angemessen sind;

c)Förderung grenzüberschreitender Ermittlungen und Strafverfolgung und

d)Verbesserung der operativen Wirksamkeit nationaler Durchsetzungsketten zur Förderung von Ermittlungen, Strafverfolgung und Sanktionierung.

·Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich

In Artikel 2 EUV sind die gemeinsamen Werte der Union – Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte – festgelegt. Durch eine wirksame Durchsetzung von restriktiven Maßnahmen, u. a. mithilfe von strafrechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen, wird die Wahrung dieser gemeinsamen Werte innerhalb und außerhalb der Union unterstützt.

Die EU bildet überdies einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die Grundrechte und die verschiedenen Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten geachtet werden. Eines der Ziele besteht darin, durch Maßnahmen u. a. zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Nach Artikel 83 Absatz 1 AEUV können das Europäische Parlament und der Rat „Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben“.

Die Angleichung der Definitionen und Sanktionen für den Straftatbestand des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union erfolgt ergänzend zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten, mit der die Strategie für eine Sicherheitsunion 21 und die EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 22 umgesetzt werden sollen. Der Vorschlag für eine Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten zielt darauf ab, die Fähigkeiten der nationalen Behörden zum Aufspüren und zur Ermittlung sowie zur Sicherstellung und Verwaltung von Vermögensgegenständen zu stärken, die Erträge oder Tatwerkzeuge aus Straftaten darstellen. Darüber hinaus sieht er einen verstärkten Rechtsrahmen für die Einziehung vor, der auch für Fälle gilt, in denen eine Verurteilung für eine bestimmte Straftat nicht möglich ist.

Darüber hinaus trägt der Vorschlag für eine Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten insofern zur wirksamen Umsetzung restriktiver Maßnahmen bei, als die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union im Sinne des nationalen Rechts aufgespürt und ermittelt werden. Des Weiteren ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass die überarbeiteten Vorschriften über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten auch auf den Straftatbestand des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union Anwendung finden.

Nach der Annahme dieses Vorschlags für eine Richtlinie zur Angleichung der Definitionen und Sanktionen im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union werden die Vorschriften für Maßnahmen zum Aufspüren und zur Ermittlung sowie zum Einfrieren, zur Verwaltung und zur Einziehung auch auf Vermögensgegenstände Anwendung finden, die im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union stehen. Letztendlich könnten Erträge aus Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union – beispielsweise in Fällen, in denen Einzelpersonen und Unternehmen Personen, gegen die gezielte finanzielle Sanktionen verhängt wurden (d. h. Einfrieren von Vermögenswerten), Gelder zur Verfügung stellen – Gegenstand von Einziehungsmaßnahmen werden. Gleichzeitig könnten Tatwerkzeuge, mit denen Verstöße gegen restriktive Maßnahmen begangen werden, ebenfalls Gegenstand einer Einziehung werden.

·Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Verordnungen des Rates über restriktive Maßnahmen der Union

Durch die Festlegung von Mindestvorschriften für die strafrechtliche Definition und die Sanktionen für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 83 Absatz 1 AEUV würden die Durchsetzung restriktiver Maßnahmen in den Mitgliedstaaten gestärkt und damit die gemäß Artikel 29 EUV und Artikel 215 AEUV ergriffenen Maßnahmen ergänzt. Die Bestimmungen über Sanktionen in den Verordnungen (EU) Nr. 833/2014 und Nr. 269/2014 23 wurden im Rahmen des sechsten Pakets restriktiver Maßnahmen als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärft. Nach den geänderten Bestimmungen sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Vorschriften über Sanktionen, auch strafrechtlicher Art, für Verstöße gegen diese Verordnungen festzulegen und alle für deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten müssen zudem geeignete Maßnahmen zur Einziehung der Erträge aus solchen Verstößen vorsehen.

Am 21. Juli 2022 verabschiedete der Rat die Verordnung (EU) 2022/1273 des Rates 24 , mit der die Artikel 8 und 9 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates geändert werden. Um insbesondere eine wirksame und einheitliche Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 zu gewährleisten sowie angesichts der erhöhten Komplexität der Systeme zur Umgehung restriktiver Maßnahmen, die diese Durchführung behindern, werden benannte Personen und Einrichtungen, die über Vermögenswerte innerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats verfügen, verpflichtet, diese Vermögenswerte zu melden und bei der Überprüfung dieser Meldungen mit der zuständigen Behörde zusammenzuarbeiten (Artikel 9). 25 Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung wird eine Umgehung darstellen. 26 Zudem wird durch die Verordnung (EU) 2022/1273 die Bestimmung über die Meldepflichten für Wirtschaftsbeteiligte der EU verschärft, um Verstöße gegen das Einfrieren von Vermögenswerten und dessen Umgehung zu begrenzen (Artikel 8). 27

Allerdings bilden Artikel 29 EUV und Artikel 215 AEUV keine geeignete Rechtsgrundlage für die Angleichung der strafrechtlichen Definitionen sowie der Arten und des Umfangs strafrechtlicher Sanktionen.

Die Mitteilung der Kommission über das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem aus dem Jahr 2021

In ihrer Mitteilung mit dem Titel „Das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem: Förderung von Offenheit, Stärke und Resilienz“ aus dem Jahr 2021 28 stellt die Kommission fest, dass die Umsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union in der EU weniger einheitlich erfolgt als gewünscht. Dies führt zu Verzerrungen im Binnenmarkt, da Unternehmen der EU, einschließlich EU-Tochtergesellschaften von Drittlandsunternehmen, Wege finden können, die restriktiven Maßnahmen zu umgehen. Zudem entsteht dadurch Unsicherheit bei den Wirtschaftsbeteiligten. Die uneinheitliche Durchsetzung untergräbt die Wirksamkeit der restriktiven Maßnahmen der Union und die Fähigkeit der EU, mit einer Stimme zu sprechen. Neben anderen Initiativen wird in der Strategie eine weitere Koordinierung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten gefordert, damit sichergestellt wird, dass die nationalen Sanktionen, die bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union verhängt werden, wirksam, angemessen und abschreckend sind.

Instrument für technische Unterstützung

Schließlich unterstützt die Kommission im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung 29 die Mitgliedstaaten beim Aufbau von Kapazitäten und bei der technischen Beratung zur Umsetzung restriktiver Maßnahmen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

·Rechtsgrundlage

Nach Artikel 83 Absatz 1 AEUV können das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben.

Derartige Kriminalitätsbereiche sind: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität. Je nach Entwicklung der Kriminalität kann der Rat einen Beschluss erlassen, in dem andere Kriminalitätsbereiche bestimmt werden, die die Kriterien dieses Absatzes erfüllen. Dabei beschließt der Rat einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

Nach der Annahme des Beschlusses (EU) 2022/2332 des Rates 30 umfassen die Kriminalitätsbereiche nach Artikel 83 Absatz 1 AEUV nun auch den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union. Auf dieser Grundlage konnte die Kommission den vorliegenden Vorschlag für eine Richtlinie vorlegen.

·Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Die Ziele dieser Richtlinie bestehen darin, für gemeinsame Definitionen von Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union zu sorgen und sicherzustellen, dass bei schweren Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union wirksame, abschreckende und angemessene strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wie in den folgenden Absätzen näher erörtert wird, können diese Ziele von den Mitgliedstaaten nicht in ausreichendem Maße verwirklicht werden. Aufgrund des Ausmaßes und der Auswirkungen des fraglichen Verhaltens, das von Natur aus grenzüberschreitenden Charakter hat und die Verwirklichung der Ziele der EU zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie der gemeinsamen Werte der EU untergraben könnte, können die genannten Ziele auf Ebene der EU besser verwirklicht werden. Daher kann die EU im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip die erforderlichen Maßnahmen treffen.

Der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union stellt einen Bereich besonders schwerer Kriminalität dar, der den Weltfrieden und die internationale Sicherheit dauerhaft bedrohen, die Festigung und Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten untergraben und erheblichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Schaden verursachen kann. Aufgrund solcher Verstöße haben Personen und Organisationen, deren Vermögenswerte sichergestellt werden oder deren Tätigkeiten beschränkt werden, weiterhin Zugang zu ihren Vermögenswerten, wodurch den Zielen dieser restriktiven Maßnahmen entgegengewirkt wird. Ebenso haben Regime, gegen die restriktive Maßnahmen der Union verhängt werden, mithilfe der Gelder, die durch die Nutzung von unter Verstoß gegen diese restriktiven Maßnahmen gehandelten Gütern und natürlichen Ressourcen erwirtschaftet wurden, (über den Kauf von Waffen) mitunter weiterhin Zugang zu den erforderlichen Mitteln, um repressive Praktiken aufrechtzuerhalten und weiterhin schwere Straftaten zu begehen. Der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union, die den Handel betreffen, könnte darüber hinaus zur illegalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen in dem Staat beitragen, gegen den diese restriktiven Maßnahmen gerichtet sind.

Darüber hinaus lässt die Tatsache, dass die verwaltungs- und/oder strafrechtlichen Bestimmungen der einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Definitionen und Sanktionen für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union vorsehen, darauf schließen, dass ein und derselbe Verstoß mit unterschiedlichen Sanktionen und auf unterschiedlichen Durchsetzungsebenen geahndet werden könnte. Diese Unterschiede stellen ein Hindernis für die einheitliche Anwendung der Unionspolitik in Bezug auf restriktive Maßnahmen dar. Sie können sogar dazu führen, dass Straftäter den günstigsten Gerichtsstand wählen und letztlich (quasi) straffrei ausgehen, wenn sie ihre Tätigkeiten in den Mitgliedstaat oder die Mitgliedstaaten verlegen, in dem bzw. denen weniger strenge Sanktionen für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union vorgesehen sind oder derartige Verstöße erfahrungsgemäß weniger streng verfolgt werden. Dadurch wird die Effizienz der restriktiven Maßnahmen und ihrer Durchsetzung auf Unionsebene untergraben. Eine solche Situation birgt die Gefahr, dass den Zielen der EU zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie der gemeinsamen Werte der EU entgegengewirkt wird. Daher bedarf es dringend eines gemeinsamen strafrechtlichen Vorgehens auf EU-Ebene, um dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union zu begegnen.

Des Weiteren haben Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union eine klare und mitunter sogar inhärente grenzüberschreitende Dimension. Nicht nur, dass sie in der Regel von natürlichen und juristischen Personen begangen werden, die weltweit tätig sind; in einigen Fällen werden durch restriktive Maßnahmen der Union, beispielsweise Beschränkungen für Bankdienstleistungen, sogar grenzüberschreitende Geschäfte untersagt. Daher handelt es sich bei einem Verstoß gegen solche Maßnahmen definitionsgemäß um eine Handlung mit grenzüberschreitender Dimension, das eine gemeinsame grenzüberschreitende Antwort auf EU-Ebene erfordert.

Schließlich würde durch eine Harmonisierung auch die abschreckende Wirkung der Sanktionen bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union erhöht.

·Verhältnismäßigkeit

Entsprechend dem in Artikel 5 EUV genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung ihres Ziels erforderliche Maß hinaus. Die Angleichung der strafrechtlichen Definitionen sowie der Arten und des Umfangs der strafrechtlichen Sanktionen beschränkt sich auf das, was erforderlich ist, um wirksam gegen Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union in den Mitgliedstaaten vorzugehen. Maßnahmen zur Verwendung von Ermittlungsinstrumenten und zum Austausch von Informationen sind nur vorgesehen, soweit dies im Hinblick auf das wirksame Funktionieren des vorgeschlagenen strafrechtlichen Rahmens erforderlich ist.

·Wahl des Instruments

Nach Artikel 83 Absatz 1 AEUV können das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

·Konsultation der Interessenträger

Gezielte Konsultationen wurden mit den Mitgliedstaaten in der Arbeitsgruppe „Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen“ (COPEN) (8. September 2022) sowie mit Europol (5. September 2022) und Eurojust (13. September 2022) durchgeführt. Zudem organisierte die GD JUST eine eingehende Diskussion mit Mitgliedern ihrer Expertengruppe für die EU-Strafrechtspolitik (16. September 2022). Grundlage für diese Konsultationen bildete ein spezieller Fragebogen der Kommission mit Fragen zu den Straftatbeständen, Sanktionen, Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die in die künftige Richtlinie aufgenommen werden sollten.

·Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Nach der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine richtete die Kommission Anfang März 2022 die Taskforce „Freeze and Seize“ ein. Sie soll die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union gegen gelistete russische und belarussische Personen und Unternehmen sicherstellen und das Zusammenspiel zwischen restriktiven Maßnahmen der Union und strafrechtlichen Maßnahmen untersuchen. Der Meinungsaustausch in diesem Rahmen umfasste Treffen mit den für die Umsetzung von restriktiven Maßnahmen zuständigen nationalen Behörden, Europol, Eurojust und dem Genozid-Netz 31 , dessen Sekretariat bei Eurojust angesiedelt ist.

Eine spezielle Untergruppe der Taskforce „Freeze and Seize“ ist der besseren Umsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union gewidmet. Sie befasst sich insbesondere mit Fragen, die von den nationalen Behörden aufgeworfen werden, und prüft Möglichkeiten, Vermögenswerte proaktiv zu ermitteln. Zu den Mitgliedern dieser Untergruppe zählen auch Vertreter der zuständigen nationalen Behörden. Während des Meinungsaustauschs im Rahmen dieser Untergruppe wurde mehrfach auf die Schwierigkeiten hingewiesen, natürliche und juristische Personen, die an Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligt sind, zur Rechenschaft zu ziehen. Die Teilnehmer des Meinungsaustauschs sprachen sich auch für ein gemeinsames strafrechtliches Vorgehen im Hinblick auf Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union aus.

Anhaltspunkte dafür, dass ein solches gemeinsames Vorgehen notwendig ist, enthält insbesondere der Bericht des Genozid-Netzes vom Dezember 2021. 32 In dem Bericht wird hervorgehoben, dass der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union als Straftatbestand eingestuft werden muss, um sicherzustellen, dass die hierfür verantwortlichen natürlichen oder juristischen Personen zur Rechenschaft gezogen werden. 33 Darüber hinaus wird darin geschlussfolgert, dass „die strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen Sanktionen ein Sicherheitsnetz bieten kann, um Straflosigkeit zu vermeiden“, insbesondere im Zusammenhang mit völkerrechtlichen Kernverbrechen. 34

Ferner haben die Beratungen im Rahmen der Taskforce „Freeze and Seize“ über den Austausch bewährter Verfahren sowohl zu strafrechtlichen Ermittlungen als auch zu Einziehungsmaßnahmen gezeigt, wie wichtig ein proaktiver Ansatz und eine Koordinierung zwischen den für die Umsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union zuständigen Behörden sind. Die zentralen Meldestellen, Strafverfolgungs- und Zollbehörden sowie internationale Partner, die Zivilgesellschaft und investigative Journalisten sollten zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um die Hinweise zu erhalten, auf deren Grundlage die Strafverfolgungsbehörden Ermittlungen einleiten können.

Des Weiteren hat die Kommission am 13. Mai und 16. September 2022 ihre Expertengruppe für die EU-Strafrechtspolitik 35 konsultiert. Im Allgemeinen begrüßte die Gruppe die Idee einer Harmonisierung der Definitionen und Sanktionen auf EU-Ebene und lieferte konkrete Beiträge zu Straftatbeständen, Sanktionen, Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

·Folgenabschätzung

Ziel dieses Vorschlags für eine Richtlinie ist es, die strafrechtlichen Definitionen und Sanktionen im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union anzugleichen. Er folgt auf die Annahme des Beschlusses (EU) 2022/2332 des Rates über die Feststellung des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union als einen die Kriterien nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllenden Kriminalitätsbereich 36 .

Der Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Rates, der am 25. Mai vorgelegt wurde, 37 wurde von einer Mitteilung mit dem Titel „Künftige Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union“ 38 begleitet. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, die an Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligten natürlichen und juristischen Personen zur Rechenschaft zu ziehen, wurden im Anhang zu dieser Mitteilung bereits die wichtigsten Elemente dargelegt, die eine künftige Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union beinhalten könnte.

In dem Beschluss (EU) 2022/2332 des Rates über die Feststellung des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union als einen die Kriterien nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllenden Kriminalitätsbereich wird ebenfalls betont, dass dringend sekundärrechtliche Vorschriften erlassen werden müssen. 39

Angesichts dieser Umstände wurde keine Folgenabschätzung durchgeführt.

·Grundrechte

Die vorliegende Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) verankert sind. 40 Insbesondere wird durch die Richtlinie die Einhaltung der folgenden Bestimmungen der Charta gewährleistet: das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Artikel 6), das Recht auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8), die unternehmerische Freiheit (Artikel 16), das Eigentumsrecht (Artikel 17), das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47), die Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte (Artikel 48), die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen (Artikel 49) und das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden (Artikel 50).

Diese Richtlinie wird so in nationales Recht umzusetzen sein, dass die Grundrechte gewahrt bleiben. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass bei der Verhängung strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Sanktionen die Grundsätze der Charta beachtet werden, einschließlich des Rechts, sich nicht selbst belasten zu müssen, des Aussageverweigerungsrechts und des Verbots, wegen derselben Straftat zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Verfahrensrechte von Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren gewahrt werden. In dieser Hinsicht gelten die Verpflichtungen nach dieser Richtlinie unbeschadet der unionsrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu Verfahrensrechten in Strafverfahren. Schließlich wird diese Richtlinie unbeschadet der geltenden Vorschriften über die Meldepflicht, die Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis umzusetzen sein.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der vorliegende Vorschlag hat geringfügige Auswirkungen auf den Haushalt der Mitgliedstaaten und der Kommission. Spezifische Informationen über die finanziellen Auswirkungen auf die Kommission sind dem Finanzbogen zu Rechtsakten, der diesem Legislativpaket beiliegt, zu entnehmen.

Wie in Artikel 19 Absätze 1 und 4 des vorliegenden Vorschlags dargelegt, wird die Kommission einer Reihe von Berichtspflichten unterliegen. Zwei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist muss die Kommission einen Bericht darüber erstellen, wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt haben. Fünf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist muss die Kommission eine Studie über die Wirksamkeit der Richtlinie vorlegen, um deren Mehrwert zu bewerten. Letzteres wird erst nach dem Auslaufen des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens geschehen.

Der erste Bericht erstreckt sich auf die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten. Bei dem zweiten Bericht, den die Kommission erstellen muss, handelt es sich um eine Studie, in der die Wirksamkeit der Richtlinie anhand einer Reihe spezifischer Indikatoren bewertet wird.

Darüber hinaus werden im Finanzbogen die Kosten für die Erhebung und Analyse der Statistiken über die in den Artikeln 3, 4 und 5 genannten Straftaten aufgeführt. Die Mitgliedstaaten müssen diese Statistiken gemäß Artikel 19 Absätze 2 und 3 des vorliegenden Vorschlags jährlich an die Kommission übermitteln.

Neben den Kosten für die Kommission wird der Vorschlag auch begrenzte finanzielle Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten haben. Diese finanziellen Auswirkungen lassen sich in drei Bereiche unterteilen.

(1)Wie in Artikel 15 des vorliegenden Vorschlags vorgesehen, werden die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass wirksame Ermittlungsinstrumente für die Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union zur Verfügung gestellt werden.

(2)Nach Artikel 13 des vorliegenden Vorschlags werden die Mitgliedstaaten verpflichtet sein, die Koordinierung und Zusammenarbeit auf strategischer und operativer Ebene aller ihrer zuständigen Behörden sicherzustellen, die an der Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligt sind.

(3)Den Mitgliedstaaten werden durch die erwähnte Verpflichtung, jährlich Statistiken über die in den Artikeln 3, 4 und 5 genannten Straftaten vorzulegen, gewisse Kosten entstehen. Allerdings liegen nicht genügend Daten vor, um eine genaue Schätzung dieser Kosten vornehmen zu können.

5.WEITERE ANGABEN

·Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sechs Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Zwei Jahre nach Ablauf dieser Umsetzungsfrist muss die Kommission einen Bericht darüber erstellen, wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt haben. Fünf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist muss die Kommission eine Studie über die Wirksamkeit der Richtlinie vorlegen, um deren Mehrwert zu bewerten.

·Ausführliche Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1: Gegenstand

In dieser Bestimmung wird der Zweck der Richtlinie dargelegt, insbesondere das Ziel, die wirksame Anwendung der restriktiven Maßnahmen der Union zu gewährleisten.

Artikel 2: Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

In dieser Bestimmung wird der Geltungsbereich der Richtlinie festgelegt. Sie gilt für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union, die von der EU auf der Grundlage von Artikel 29 EUV oder Artikel 215 AEUV erlassen wurden. Zu diesen Maßnahmen zählen das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen, das Verbot der Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen und das Verbot der Einreise in oder der Durchreise durch das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union sowie sektorbezogene wirtschaftliche Maßnahmen und Waffenembargos. Darüber hinaus werden in dieser Bestimmung die Begriffe bestimmt, die in der Richtlinie verwendet werden, einschließlich der Begriffe „benannte Person, Organisation oder Einrichtung“, „Gelder“ und „wirtschaftliche Ressourcen“.

Artikel 3: Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union

In dieser Bestimmung werden die Straftaten beschrieben, die Gegenstand dieser Richtlinie sind. Hierzu zählen Verstöße gegen die in restriktiven Maßnahmen der Union enthaltenen Verbote und Beschränkungen, Handlungen zur Umgehung restriktiver Maßnahmen der Union 41 und Verstöße gegen die Bedingungen von Genehmigungen, die von den zuständigen Behörden für die Ausübung bestimmter ansonsten durch restriktive Maßnahmen untersagter Tätigkeiten gewährt wurden. Diese Straftaten sind nicht so zu verstehen, dass natürlichen Personen Verpflichtungen auferlegt werden, die gegen das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, und das Aussageverweigerungsrecht im Sinne der Charta und der Richtlinie (EU) 2016/343 42 verstoßen. Darüber hinaus berühren sie nicht die geltenden Vorschriften über die Meldepflicht, die Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis.

Von der Kriminalisierung ausgeschlossen sind darüber hinaus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen des täglichen und persönlichen Bedarfs der benannten natürlichen Personen, beispielsweise Lebensmittel und Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen, oder von kleinen Geldbeträgen, sofern sie eindeutig auf die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse dieser Personen und ihrer unterhaltsberechtigten Familienangehörigen beschränkt sind. Das Versäumnis, solche Tätigkeiten zu melden, ist ebenfalls von der Kriminalisierung ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die Bereitstellung humanitärer Hilfe an Bedürftige von der Kriminalisierung ausgeschlossen. Diese humanitäre Hilfe muss strikt im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht erfolgen und kann insbesondere Nahrungsmittel, Unterkünfte, Gesundheitsversorgung, Wasser und Sanitätsversorgung umfassen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie berücksichtigen, dass das auch als Kriegsvölkerrecht bezeichnete humanitäre Völkerrecht vorschreibt, dass die Erbringung humanitärer Hilfe im Einklang mit den Grundsätzen der Unparteilichkeit, Menschlichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit nicht an restriktiven Maßnahmen scheitern sollte. 43

Bestimmte Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union stellen ebenfalls eine Straftat dar, wenn sie grob fahrlässig begangen werden. Insbesondere Fachleute, etwa aus den Bereichen Rechts-, Finanz- und Handelsdienstleistungen, sollten die gebotene Sorgfalt walten lassen, um Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union zu verhindern.

Artikel 4: Anstiftung, Beihilfe und Versuch

Nach Artikel 4 werden die Anstiftung und Beihilfe zur Begehung einer Straftat im Sinne des Artikels 3 als Straftatbestände eingestuft. Auch der Versuch, eine in Artikel 3 aufgeführte Straftat zu begehen, wird als Straftatbestand eingestuft.

Artikel 5: Strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen

In Artikel 5 werden Mindeststandards festgelegt, um zu gewährleisten, dass die in den Artikeln 3 und 4 genannten Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden. Gemäß dem Vorschlag sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, spezifische Strafmaße und Sanktionsarten für Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union festzulegen. Die vorgeschlagene Einstufung richtet sich nach der Schwere der Straftaten. Um schwerere Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren geahndet werden sollten, von anderen Straftaten zu unterscheiden, wird ein Schwellenwert von 100 000 EUR festgelegt. Wie bereits erwähnt, liegen die Höchststrafen in 14 Mitgliedstaaten derzeit bei zwei bis fünf Jahren. In acht Mitgliedstaaten sind Höchststrafen zwischen acht und zwölf Jahren möglich. 44 Zusätzliche Sanktionsmöglichkeiten oder Maßnahmen sollten auch in Strafverfahren gegen natürliche Personen zur Verfügung stehen. Dazu sollten auch Geldbußen gehören.

Artikel 6: Verantwortlichkeit juristischer Personen

Artikel 6 enthält Verpflichtungen, nach denen juristische Personen für Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 verantwortlich gemacht werden müssen, wenn diese Straftaten zu ihren Gunsten begangen wurden. In diesem Artikel ist auch vorgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollten, dass juristische Personen für mangelnde Überwachung und Kontrolle zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn dadurch das Begehen einer der Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 zugunsten der juristischen Person ermöglicht wurde. Zudem sollte die Verantwortlichkeit juristischer Personen Strafverfahren gegen natürliche Personen nicht ausschließen.

Artikel 7: Sanktionen gegen juristische Personen

In Artikel 7 sind die Sanktionen festgelegt, die für juristische Personen gelten, die an von diesem Vorschlag erfassten Straftaten beteiligt sind. Insbesondere sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 6 verantwortliche juristische Person wirksame, angemessen und abschreckende Sanktionen verhängt werden, darunter: Geldstrafen oder Geldbußen; der Ausschluss vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Ausschreibungsverfahren, Beihilfen und Genehmigungen; das Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit; die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen für Tätigkeiten, die zur Begehung der Straftat geführt haben; die Unterstellung unter richterliche Aufsicht; die richterlich angeordnete Auflösung und die Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden.

Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten gemäß diesem Artikel die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit juristische Personen, die aus der Begehung von Straftaten durch andere unter Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union einen Nutzen ziehen, mit Geldstrafen belegt werden können, deren Höchstmaß mindestens 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person im Geschäftsjahr vor der Entscheidung zur Verhängung einer Geldstrafe betragen sollte. Die Verantwortlichkeit juristischer Personen schließt die Möglichkeit von Strafverfahren gegen natürliche Personen, die Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 begangen haben, nicht aus.

Artikel 8: Erschwerende Umstände

In Artikel 8 sind die erschwerenden Umstände dargelegt, die bei der Verhängung von Sanktionen wegen einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 zu berücksichtigen sind. Als erschwerende Umstände sind alle folgenden Umstände zu betrachten: Die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates 45 begangen. die Straftat wurde von einem professionellen Dienstleister unter Verletzung seiner beruflichen Pflichten begangen; die Straftat wurde von einem Beamten in Ausübung seiner Dienstpflichten begangen; die Straftat wurde von einer anderen Person in Ausübung eines öffentlichen Amtes begangen.

Artikel 9: Mildernder Umstand

In Artikel 9 ist ein mildernder Umstand dargelegt, der bei der Verhängung von Sanktionen wegen einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 zu berücksichtigen ist. Ein solcher Umstand ist gegeben, wenn der Straftäter den Verwaltungs- oder Justizbehörden Informationen liefert, die sie sonst nicht erhalten hätten, und ihnen somit hilft, i) andere Straftäter zu ermitteln oder vor Gericht zu stellen und/oder ii) Beweise zu finden.

Artikel 10: Sicherstellung und Einziehung

In Artikel 10 wird der Begriff des „Ertrags“ 46 erläutert, insbesondere für Fälle, in denen die benannte Person, Organisation oder Einrichtung die spezifischen Straftaten der Umgehung nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe h Ziffern i und ii begeht oder daran beteiligt ist. Die Verhältnismäßigkeit der Einziehung muss in jedem Einzelfall geprüft werden.

Artikel 11: Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit

In Artikel 11 sind Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit festgelegt, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die gerichtliche Zuständigkeit für die von diesem Vorschlag erfassten Straftaten begründen. Die Mitgliedstaaten sollten die gerichtliche Zuständigkeit für Straftaten ausüben, die von in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen juristischen Personen begangen werden und wenn die Straftaten zugunsten einer juristischen Person in Bezug auf Geschäfte, die ganz oder teilweise in der EU getätigt werden, begangen werden. Insbesondere im Bericht des Genozid-Netzes aus dem Jahr 2021 sind mehrere einschlägige Fälle aufgeführt 47 , in denen in einem Mitgliedstaat niedergelassene Unternehmen gegen restriktive Maßnahmen in Drittländern verstoßen haben. Des Weiteren ist die Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit für juristische Personen in Bezug auf Geschäfte, die ganz oder teilweise in der EU getätigt werden, von besonderer Bedeutung, um Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union zu bekämpfen. Dadurch werden die Mitgliedstaaten in der Lage sein, Verstöße mit Bezug zur EU zu verfolgen, die über Drittländer und/oder von Personen aus Drittländern begangen werden, z. B. Ausfuhren aus der EU an einen bestimmten Ort oder Endverwender oder Übertragungen von Vermögenswerten aus der EU an eine gelistete Person.

Artikel 12: Verjährungsfristen

In Artikel 12 werden Bestimmungen zu Verjährungsfristen festgelegt, um den zuständigen Behörden die Möglichkeit zu geben, die von diesem Vorschlag erfassten Straftaten innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und darüber gerichtlich zu entscheiden.

Artikel 13: Koordinierung und Zusammenarbeit der zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten

Nach dieser Bestimmung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Koordinierung und Zusammenarbeit aller ihrer zuständigen Behörden, die an der Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligt sind, auf strategischer und operativer Ebene sicherzustellen.

Artikel 14: Meldung von Straftaten und Schutz von Personen, die Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union melden oder die Ermittlungen unterstützen

Diese Bestimmung betrifft den Schutz von Hinweisgebern, die Informationen oder Beweise für strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union liefern.

Artikel 15: Ermittlungsinstrumente

Diese Bestimmung sieht vor, dass für die Ermittlung oder strafrechtliche Verfolgung von Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 wirksame Ermittlungsinstrumente, wie sie beispielsweise im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder anderen schweren Straftaten verwendet werden, zur Verfügung stehen.

Artikel 16: Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission, Europol, Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft

Nach dieser Bestimmung sind die Behörden der Mitgliedstaaten, Europol, Eurojust, die Europäische Staatsanwaltschaft und die Kommission verpflichtet, bei der Bekämpfung von Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Informationen über praktische Fragen austauschen.

Artikel 17: Änderungen der Richtlinie (EU) 2018/1673

Mit dieser Bestimmung wird Artikel 2 der Richtlinie (EU) 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche 48 dahin gehend geändert, dass Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union als „kriminelle Tätigkeiten“ definiert werden. Folglich stellt Geldwäsche im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie (EU) 2018/1673 im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen, die aus von dieser Richtlinie erfassten Straftaten stammen, eine Straftat dar.

Artikel 18 bis 21

Diese Artikel enthalten weitere Bestimmungen über die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten, die Berichterstattung durch die Mitgliedstaaten, die Bewertung und Berichterstattung durch die Kommission, das Inkrafttreten und die Adressaten dieser Richtlinie. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, die an Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligten natürlichen und juristischen Personen zur Rechenschaft zu ziehen, sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten nachzukommen.

2022/0398 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 83 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Um die wirksame Anwendung restriktiver Maßnahmen der Union und die Integrität des Binnenmarkts in der Union zu gewährleisten und ein hohes Maß an Sicherheit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erreichen, müssen Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen im Hinblick auf Verstöße gegen diese restriktiven Maßnahmen festgelegt werden.

(2)Restriktive Maßnahmen der Union – wie etwa das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen, das Verbot der Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen und das Verbot der Einreise in oder Durchreise durch das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sowie sektorale wirtschaftliche Maßnahmen und Waffenembargos – sind ein wesentliches Instrument zur Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV). Zu diesen Zielen gehören der Schutz der Werte, der Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Integrität der Union, die Festigung und Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundsätze des Völkerrechts sowie die Wahrung des Weltfriedens, die Verhinderung von Konflikten und die Stärkung der internationalen Sicherheit im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen.

(3)Zur Gewährleistung der wirksamen Anwendung restriktiver Maßnahmen der Union müssen die Mitgliedstaaten über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen diese restriktiven Maßnahmen, einschließlich darin festgelegter Melde- und anderer Pflichten, verfügen. Diese Sanktionen sollten auch gegen die Umgehung restriktiver Maßnahmen der Union gerichtet sein.

(4)Für die wirksame Anwendung restriktiver Maßnahmen der Union sind gemeinsame strafrechtliche Definitionen von Handlungen, die gegen restriktive Maßnahmen der Union verstoßen, erforderlich. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass diese Handlungen eine Straftat darstellen, wenn sie entweder vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgenommen wurden, sofern die natürliche oder juristische Person wusste oder hätte wissen müssen, dass ihre Handlung gegen restriktive Maßnahmen der Union verstoßen würde.

(5)Darüber hinaus sind für die wirksame Anwendung restriktiver Maßnahmen der Union gemeinsame strafrechtliche Definitionen von Handlungen, mit denen eine restriktive Maßnahme der Union umgangen wird, erforderlich.

(6)Personen, Organisationen und Einrichtungen, die einzeln in restriktiven Maßnahmen der Union benannt werden und diesen Maßnahmen unterliegen, sind oft als Anstifter und Mittäter beteiligt. So ist beispielsweise die Praxis benannter Personen und Organisationen, zur Umgehung restriktiver Maßnahmen der Union Gelder, Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen an Dritte zu übertragen, zunehmend verbreitet. Daher fallen diese Handlungen unter den durch diese Richtlinie angeglichenen Straftatbestand der Umgehung.

(7)Angehörige von Rechtsberufen im Sinne der von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Definition sollten dieser Richtlinie unterliegen, einschließlich der Meldepflicht bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Rechts-, Finanz-, Handels- oder andere Dienstleistungen erbringen. Die Erfahrung zeigt, dass eindeutig die Gefahr besteht, dass die Dienste dieser Berufsgruppe missbraucht werden, um gegen restriktive Maßnahmen der Union zu verstoßen. Es sollte jedoch Ausnahmen von der Meldepflicht bei Informationen geben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Gerichts-, Verwaltungs- oder Schiedsverfahren vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren oder im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage eines Klienten erlangt wurden. Die in diesem Zusammenhang geleistete Rechtsberatung sollte daher dem Berufsgeheimnis unterliegen, es sei denn, der Angehörige der Rechtsberufe beteiligt sich am Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union, die Rechtsberatung erfolgt zum Zwecke eines Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union oder der Angehörige der Rechtsberufe weiß, dass der Klient Rechtsberatung für die Zwecke eines Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union sucht. Dieses Wissen kann durch die Betrachtung der objektiven Tatumstände erlangt werden.

(8)Für die wirksame Anwendung restriktiver Maßnahmen der Union ist ferner eine gemeinsame strafrechtliche Definition der Verletzung von Bedingungen im Rahmen von Genehmigungen erforderlich, die von den zuständigen Behörden für die Ausübung von bestimmten Tätigkeiten erteilt wurden, die ohne eine solche Genehmigung im Rahmen einer restriktiven Maßnahme der Union verboten oder eingeschränkt sind.

(9)Von der Kriminalisierung ausgenommen sein sollten auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen des täglichen und persönlichen Bedarfs der benannten natürlichen Personen, beispielsweise Lebensmittel und Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen, oder von kleinen Geldbeträgen, sofern sie eindeutig auf die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse dieser Personen und ihrer unterhaltsberechtigten Familienangehörigen beschränkt sind. Das Versäumnis, solche Tätigkeiten zu melden, sollte ebenfalls von der Kriminalisierung ausgenommen sein. Darüber hinaus sollte die Bereitstellung humanitärer Hilfe für bedürftige Personen nicht unter Strafe gestellt werden. Diese humanitäre Hilfe muss strikt im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht geleistet werden und kann insbesondere Nahrungsmittel, Unterkünfte und die Gesundheits-, Wasser- und Sanitätsversorgung umfassen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie berücksichtigen, dass das auch als Kriegsvölkerrecht bezeichnete humanitäre Völkerrecht vorschreibt, dass die Erbringung humanitärer Hilfe im Einklang mit den Grundsätzen der Unparteilichkeit, Menschlichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit nicht durch restriktive Maßnahmen behindert werden sollte.

(10)Die Sanktionen für diese Straftaten sollten wirksam, abschreckend und verhältnismäßig sein. Zu diesem Zweck sollten Mindestmaße für die höchste Freiheitsstrafe für natürliche Personen festgelegt werden. Bei Strafverfahren sollten auch zusätzliche Sanktionen oder Maßnahmen zur Verfügung stehen. Sie sollten Geldstrafen umfassen, bei denen zu berücksichtigen ist, dass der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union überwiegend auf wirtschaftlichen Erwägungen beruht.

(11)Da auch juristische Personen restriktiven Maßnahmen der Union unterliegen, sollten diese auch für Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union gemäß dieser Richtlinie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Mitgliedstaaten, in deren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen nicht vorgesehen ist, sollten sicherstellen, dass ihre verwaltungsrechtlichen Sanktionssysteme wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Arten von Strafen und Strafmaße vorsehen.

(12)Eine weitere Angleichung und Wirksamkeit der in der Praxis verhängten Sanktionen sollte durch gemeinsame erschwerende Umstände, die die Schwere der begangenen Straftat widerspiegeln, gefördert werden. Der Begriff der erschwerenden Umstände sollte entweder als Sachverhalt verstanden werden, der es dem nationalen Richter oder Gericht ermöglicht, für dieselbe Straftat eine höhere Strafe zu verhängen als bei Nichtvorliegen dieses Sachverhalts, oder als eine Möglichkeit, mehrere Straftaten kumulativ zu betrachten, um das Strafmaß zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit für zumindest einen dieser erschwerenden Umstände im Einklang mit den geltenden Vorschriften ihres Rechtssystems für erschwerende Umstände vorsehen. In jedem Fall sollte die Entscheidung über eine eventuelle Erhöhung der Strafe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Ermessen des Richters oder des Gerichts liegen.

(13)Die Mitgliedstaaten sollten auch dafür Sorge tragen, dass in Fällen, in denen der Täter den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung stellt, die sie auf andere Weise nicht hätten erhalten können, und ihnen dabei hilft, andere Straftäter zu identifizieren oder vor Gericht zu bringen oder Beweise zu finden, ein solches Verhalten als mildernder Umstand gewertet werden kann.

(14)Das aufgrund von restriktiven Maßnahmen der Union angeordnete Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen hat verwaltungsrechtlichen Charakter. Daher sollte es von Sicherstellungsmaßnahmen strafrechtlicher Art im Sinne der Richtlinie (EU) [.../...] [Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten] unterschieden werden.

(15)Der Begriff „Erträge“ muss präzisiert werden, insbesondere für Fälle, in denen die benannte Person, Organisation oder Einrichtung folgende Straftaten begeht oder daran beteiligt ist: i) Verschleierung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, die sich im Eigentum, im Besitz oder unter der Kontrolle einer benannten Person, Organisation oder Einrichtung befinden und die gemäß einer restriktiven Maßnahme der Union eingefroren werden sollten, durch den Transfer dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen an einen Dritten oder ii) Verschleierung der Tatsache, dass eine Person, Organisation oder Einrichtung, die restriktiven Maßnahmen unterliegt, der eigentliche Eigentümer oder Begünstigte von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen ist, indem falsche oder unvollständige Informationen bereitgestellt werden. In diesen Fällen kann die benannte Person, Organisation oder Einrichtung infolge der Verschleierung weiterhin auf die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen, die den restriktiven Maßnahmen der Union unterliegen aber verschleiert wurden, zugreifen und diese in vollem Umfang nutzen oder über sie verfügen. Solche Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen sollten daher als Erträge aus Straftaten im Sinne der Richtlinie (EU) [.../...] [Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten] gelten, wobei auf die Verhältnismäßigkeit der Einziehung solcher Erträge in jedem Einzelfall zu achten ist.

(16)Insbesondere angesichts der weltweiten Aktivitäten der von dieser Richtlinie erfassten Straftäter und des grenzüberschreitenden Charakters der Straftaten sowie der Möglichkeit grenzüberschreitender Ermittlungen sollten die Mitgliedstaaten die gerichtliche Zuständigkeit festlegen, um gegen solche Taten wirksam vorgehen zu können.

(17)Die Mitgliedstaaten sollten Vorschriften zu Verjährungsfristen festlegen, mit denen sie Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union wirksam bekämpfen können – unbeschadet nationaler Vorschriften, die keine Verjährungsfristen für Ermittlung, Strafverfolgung und Vollstreckung vorsehen.

(18)Zur Sicherstellung eines wirksamen, integrierten und kohärenten Vollstreckungssystems sollten die Mitgliedstaaten die interne Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen allen Akteuren entlang der verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Durchsetzungsketten organisieren.

(19)Um die wirksame Ermittlung und Verfolgung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union zu gewährleisten, sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über und mit Europol, Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) zusammenarbeiten. Diese zuständigen Behörden sollten Informationen über praktische Aspekte auch untereinander und mit der Kommission austauschen.

(20)Hinweisgeber können den zuständigen Behörden wertvolle Informationen über vergangene, laufende oder geplante Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union, darunter Umgehungsversuche, liefern. Diese Informationen können sich beispielsweise auf Sachverhalte beziehen, die Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union, deren Umstände und die beteiligten Personen, Unternehmen und Drittländer betreffen. Daher sollten entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die es Hinweisgebern ermöglichen, die zuständigen Behörden zu warnen, und sie auch vor Vergeltungsmaßnahmen schützen. Zu diesem Zweck sollte vorgesehen werden, dass die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates 49 für die Meldung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union und für den Schutz von Personen, die solche Verstöße melden, gilt.

(21)Um die wirksame Ermittlung und Verfolgung von Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union zu erleichtern, sollten die für die Ermittlung oder Verfolgung verantwortlichen Personen wirksame Ermittlungsinstrumente zur Hand haben, wie sie zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens oder sonstiger schwerer Straftaten verwendet werden. Der Einsatz dieser Instrumente gemäß nationalem Recht sollte gezielt sein, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie der Art und Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung tragen und unter Einhaltung des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten erfolgen.

(22)Durch eine Änderung der Richtlinie (EU) 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche 50 sollte gewährleistet werden, dass der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union gemäß der genannten Richtlinie als Vortat zur Geldwäsche gilt.

(23)Die Ziele dieser Richtlinie – nämlich die Festlegung gemeinsamer Definitionen von Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union und die Verfügbarkeit wirksamer, abschreckender und verhältnismäßiger strafrechtlicher Sanktionen für schwere Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union – können von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern sind wegen des Umfangs und der Auswirkungen dieser Richtlinie besser auf Unionsebene zu erreichen, insbesondere aufgrund des inhärenten grenzüberschreitenden Charakters des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union und dem Potenzial der Straftaten, die Verwirklichung der Ziele der Union hinsichtlich der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie des Schutzes der gemeinsamen Werte der Union zu untergraben. Die Union kann daher gemäß dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinaus.

(24)Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten sowie den Grundsätzen, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, darunter das Recht auf Freiheit und Sicherheit, der Schutz personenbezogener Daten, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, die Unschuldsvermutung, das Recht auf Verteidigung (einschließlich des Rechts, sich nicht selbst zu belasten und die Aussage zu verweigern), die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit (einschließlich des Verbots der Rückwirkung strafrechtlicher Sanktionen sowie der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen) sowie der Grundsatz „ne bis in idem“. Diese Richtlinie soll die uneingeschränkte Wahrung dieser Rechte und Grundsätze gewährleisten und sollte entsprechend umgesetzt werden.

(25)Im Rahmen der Durchführung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Verfahrensrechte von Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren gewahrt werden. In dieser Hinsicht sollten die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gemäß dem Unionsrecht zu Verfahrensrechten in Strafverfahren – insbesondere gemäß den Richtlinien 2010/64/EU 51 , 2012/13/EU 52 , 2013/48/EU 53 , (EU) 2016/343 54 , (EU) 2016/800 55 und (EU) 2016/1919 56 des Europäischen Parlaments und des Rates – von den Verpflichtungen aus dieser Richtlinie unberührt bleiben.

(26)Angesichts der dringenden Notwendigkeit, die an Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union beteiligten natürlichen und juristischen Personen zur Rechenschaft zu ziehen, sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten nachzukommen.

(27)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(28)[Nichtbeteiligung:] Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

ODER [Beteiligung:] Nach Artikel 3 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat Irland [mit Schreiben vom …] mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchte —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen im Hinblick auf Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union.

Artikel 2

Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1)Diese Richtlinie gilt für Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Union. Diese restriktiven Maßnahmen der Union umfassen

a)Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen,

b)das Verbot der Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen,

c)das Verbot der Einreise in oder der Durchreise durch das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats,

d)sektorbezogene wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen und

e)Waffenembargos.

(2)Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)„restriktive Maßnahmen der Union“ restriktive Maßnahmen, die von der Union auf der Grundlage von Artikel 29 EUV oder Artikel 215 AEUV erlassen wurden;

b)„benannte Person, Organisation oder Einrichtung“ die natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die restriktiven Maßnahmen der Union unterliegen, die im Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen und im Verbot der Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen bestehen;

c)„Gelder“

i) Bargeld, Schecks, Geldforderungen, Wechsel, Zahlungsanweisungen und andere Zahlungsmittel,

ii) Einlagen bei Finanzinstituten oder anderen Organisationen, Guthaben auf Konten, Zahlungsansprüche und verbriefte Forderungen,

iii) öffentlich und privat gehandelte Wertpapiere und Schuldtitel einschließlich Aktien und Anteilen, Wertpapierzertifikate, Obligationen, Schuldscheine, Optionsscheine, Pfandbriefe und Derivate,

iv) Zinserträge, Dividenden oder andere Einkünfte oder Wertzuwächse aus Vermögenswerten,

v) Kredite, Rechte auf Verrechnung, Bürgschaften, Vertragserfüllungsgarantien und andere finanzielle Ansprüche,

vi) Akkreditive, Konnossemente, Übereignungsurkunden,

vii) Dokumente zur Verbriefung von Anteilen an Fondsvermögen oder anderen Finanzressourcen,

viii) Kryptowerte;

d)„wirtschaftliche Ressourcen“ Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, bei denen es sich nicht um Gelder handelt, die aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können;

e)„Einfrieren von Geldern“ die Verhinderung jeglicher Form der Bewegung, des Transfers, der Veränderung und der Verwendung von Geldern sowie des Zugangs zu ihnen oder ihres Einsatzes, wodurch das Volumen, die Höhe, die Belegenheit, das Eigentum, der Besitz, die Eigenschaften oder die Zweckbestimmung der Gelder verändert oder sonstige Veränderungen bewirkt werden, die eine Nutzung der Gelder einschließlich der Vermögensverwaltung ermöglichen;

f)„Einfrieren von wirtschaftlichen Ressourcen“ die Verhinderung der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen, die auch den Verkauf, das Vermieten oder das Verpfänden dieser Ressourcen einschließt, sich aber nicht darauf beschränkt.

Artikel 3

Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union

(1)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Verstoß gegen eine restriktive Maßnahme der Union eine Straftat darstellt, wenn er vorsätzlich begangen wird und unter eine der in Absatz 2 definierten Kategorien fällt.

(2)Für die Zwecke dieser Richtlinie gilt Folgendes als Verstoß gegen eine restriktive Maßnahme der Union:

a)Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen an eine benannte Person, Organisation oder Einrichtung oder zu deren Gunsten unter Verstoß gegen ein Verbot durch eine restriktive Maßnahme der Union;

b)Versäumnis, Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, die Eigentum oder Besitz einer benannten Person, Organisation oder Einrichtung sind oder von ihnen gehalten oder kontrolliert werden, unverzüglich einzufrieren, unter Verstoß gegen eine durch eine restriktive Maßnahme der Union auferlegte Verpflichtung;

c)Ermöglichung der Einreise benannter natürlicher Personen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder ihrer Durchreise durch dieses Hoheitsgebiet unter Verstoß gegen ein Verbot durch eine restriktive Maßnahme der Union;

d)Abschluss von Transaktionen mit einem Drittstaat, Einrichtungen eines Drittstaats und sich im Eigentum oder unter der Kontrolle eines Drittstaats oder von Einrichtungen eines Drittstaats befindenden Organisationen und Einrichtungen, die durch restriktive Maßnahmen der Union verboten oder eingeschränkt sind;

e)Handel mit Waren oder Dienstleistungen, deren Einfuhr, Ausfuhr, Verkauf, Kauf, Verbringung, Durchfuhr oder Beförderung durch restriktive Maßnahmen der Union verboten oder eingeschränkt ist, sowie Erbringung von Vermittlungsdiensten oder sonstigen Dienstleistungen im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen;

f)Erbringung von Finanzdiensten, die durch restriktive Maßnahmen der Union verboten oder eingeschränkt sind, wie Finanzierung und finanzielle Unterstützung, Erbringung von Investitions- und Wertpapierdienstleistungen, Ausgabe übertragbarer Wertpapiere und Geldmarktinstrumente, Annahme von Einlagen, Erbringung spezialisierter Nachrichtenübermittlungsdienste für den Zahlungsverkehr, Handel mit Banknoten, Erbringung von Ratingdiensten, Bereitstellung von Kryptowerten und -geldbörsen;

g)Erbringung anderer Dienste, die durch restriktive Maßnahmen der Union verboten oder eingeschränkt sind, wie Rechtsberatung, Vertrauensdienste, Public-Relations-Beratung, Wirtschaftsprüfung, Buchführung und Steuerberatung, Unternehmens- und Managementberatung, IT-Beratung, Rundfunk-, Architektur- und Ingenieurdienstleistungen;

h)Umgehung einer restriktiven Maßnahme der Union durch

i) Verschleierung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, die sich im Eigentum, im Besitz oder unter der Kontrolle einer benannten Person, Organisation oder Einrichtung befinden und die gemäß einer restriktiven Maßnahme der Union eingefroren werden sollten, durch den Transfer dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen an einen Dritten,

ii) Verschleierung der Tatsache, dass eine Person, Organisation oder Einrichtung, die restriktiven Maßnahmen unterliegt, der eigentliche Eigentümer oder Begünstigte von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen ist, indem falsche oder unvollständige Informationen bereitgestellt werden,

iii) Verstoß einer benannten Person, Organisation oder Einrichtung gegen eine Verpflichtung im Rahmen restriktiver Maßnahmen der Union, Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen innerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats zu melden, die in ihrem Eigentum oder Besitz sind oder von ihr gehalten oder kontrolliert werden,

iv) Verstoß gegen eine Verpflichtung im Rahmen restriktiver Maßnahmen der Union, unverzüglich Informationen über eingefrorene Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen oder Informationen über Gelder und wirtschaftliche Ressourcen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, die Eigentum oder Besitz von benannten Personen, Organisationen oder Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden und die nicht eingefroren wurden, an die zuständigen Verwaltungsbehörden zu übermitteln,

v) Versäumnis, mit den zuständigen Verwaltungsbehörden auf deren begründetes Ersuchen bei der Überprüfung der Informationen nach den Ziffern iii und iv zusammenzuarbeiten;

i)Verletzung oder Missachtung von Bedingungen im Rahmen von Genehmigungen, die von den zuständigen Behörden für die Ausübung von Tätigkeiten erteilt wurden, die ohne eine solche Genehmigung im Rahmen einer restriktiven Maßnahme der Union verboten oder eingeschränkt sind.

(3)Die in Absatz 2 Buchstaben a bis g genannten Handlungen stellen auch dann eine Straftat dar, wenn sie grob fahrlässig vorgenommen wurden.

(4)Absatz 2 ist nicht so zu verstehen, dass er natürlichen Personen Verpflichtungen auferlegt, die dem in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie (EU) 2016/343 verankerten Recht zuwiderlaufen, sich nicht selbst belasten zu müssen und die Aussage zu verweigern.

(5)Absatz 2 ist nicht so zu verstehen, dass er Angehörige von Rechtsberufen verpflichtet, Informationen zu melden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Gerichts-, Verwaltungs- oder Schiedsverfahren vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren oder im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage eines Klienten erlangt wurden. Die Rechtsberatung ist unter diesen Umständen durch das Berufsgeheimnis geschützt, es sei denn, der Angehörige der Rechtsberufe beteiligt sich am Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union, die Rechtsberatung erfolgt zum Zwecke eines Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union oder der Angehörige der Rechtsberufe weiß, dass der Klient Rechtsberatung für die Zwecke eines Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union sucht.

(6)Die Absätze 1, 2 und 3 gelten nicht für

-    die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen des täglichen und persönlichen Bedarfs der benannten natürlichen Personen, beispielsweise Lebensmittel und Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen, oder von kleinen Geldbeträgen, sofern sie eindeutig auf die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse dieser Personen und ihrer unterhaltsberechtigten Familienangehörigen beschränkt sind,

-    das Versäumnis, solche Tätigkeiten zu melden,

-    humanitäre Hilfe für Bedürftige.

Artikel 4

Anstiftung, Beihilfe und Versuch

(1)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Anstiftung und Beihilfe zu den Straftaten nach Artikel 3 unter Strafe gestellt werden.

(2)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Versuch, eine Straftat nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a bis g, Buchstabe h Ziffern i und ii und Buchstabe i zu begehen, unter Strafe gestellt wird.

Artikel 5

Strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen

(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Straftaten im Sinne von Artikel 3 und 4 mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden.

(2)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten nach Artikel 3 mit einer Höchststrafe geahndet werden, die Freiheitsentzug vorsieht.

(3)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe h Ziffern iii, iv und v mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr geahndet werden, wenn es sich um Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen im Wert von mindestens 100 000 EUR handelt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Mindestwert von 100 000 EUR auch durch eine Reihe verbundener Straftaten nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe h Ziffern iii, iv und v erreicht werden kann, wenn sie vom selben Straftäter begangen werden.

(4)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a bis g, Buchstabe h Ziffern i und ii und Buchstabe i mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren geahndet werden, wenn es sich um Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen im Wert von mindestens 100 000 EUR handelt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Mindestwert von 100 000 EUR auch durch eine Reihe verbundener Straftaten nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a bis g, Buchstabe h Ziffern i und ii und Buchstabe i erreicht werden kann, wenn sie vom selben Straftäter begangen werden.

(5)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen natürliche Personen, die die Straftaten im Sinne von Artikel 3 und 4 begangen haben, zusätzliche Sanktionen verhängt werden können. Diese zusätzlichen Sanktionen umfassen auch Geldstrafen.

Artikel 6

Verantwortlichkeit juristischer Personen

(1)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurden, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die aufgrund folgender Elemente eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat:

a)Befugnis zur Vertretung der juristischen Person;

b)Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen;

c)Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.

(2)Die Mitgliedstaaten treffen zudem die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Personen die Begehung einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat.

(3)Die Verantwortlichkeit juristischer Personen nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels schließt die Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung natürlicher Personen als Täter, Anstifter oder Gehilfen bei Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 nicht aus.

Artikel 7

Sanktionen gegen juristische Personen

(1)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine juristische Person, die nach Artikel 7 verantwortlich gemacht wird, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängt werden, zu denen Geldstrafen oder Geldbußen, der Ausschluss vom Anspruch auf öffentliche Zuwendungen oder Beihilfen, der Ausschluss vom Zugang zu öffentlichen Mitteln, so auch der Ausschluss von Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen, gehören und die auch andere Sanktionen umfassen können, beispielsweise

a)das Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit,

b)die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen für Tätigkeiten, die zur Begehung der Straftat geführt haben,

c)die richterliche Aufsicht,

d)die gerichtlich angeordnete Auflösung,

e)die Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden.

(2)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Falle von juristischen Personen, die nach Artikel 7 verantwortlich gemacht werden, die in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe h Ziffern iii bis v genannten Straftaten mit Geldstrafen geahndet werden, deren Höchstmaß mindestens 1 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person im Geschäftsjahr vor der Entscheidung zur Verhängung der Geldstrafe beträgt.

(3)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Falle von juristischen Personen, die nach Artikel 7 verantwortlich gemacht werden, die in Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a bis f, Buchstabe h Ziffern i und ii und Buchstabe i genannten Straftaten mit Geldstrafen geahndet werden, deren Höchstmaß mindestens 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person im Geschäftsjahr vor der Entscheidung zur Verhängung der Geldstrafe beträgt.

Artikel 8

Erschwerende Umstände

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass einer oder mehrere der folgenden Umstände, sofern sie nicht bereits Tatbestandsmerkmale der Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 darstellen, als erschwerende Umstände berücksichtigt werden können:

a)Die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates 57 begangen.

b)Die Straftat wurde von einem professionellen Dienstleister unter Verletzung seiner beruflichen Pflichten begangen.

c)Die Straftat wurde von einem Beamten in Ausübung seiner Dienstpflichten begangen.

d)Die Straftat wurde von einer anderen Person in Ausübung eines öffentlichen Amtes begangen.

Artikel 9

Mildernder Umstand

Sofern dies nicht bereits im Rahmen restriktiver Maßnahmen der Union vorgeschrieben ist, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Zusammenhang mit den Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 Folgendes als mildernder Umstand berücksichtigt werden kann:

a)Der Täter stellt den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung, die sie auf andere Weise nicht hätten erhalten können, und trägt so dazu dabei, die anderen Straftäter zu identifizieren oder vor Gericht zu bringen.

b)Der Täter stellt den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung, die sie auf andere Weise nicht hätten erhalten können, und trägt so dazu dabei, Beweise zu finden.

Artikel 10

Sicherstellung und Einziehung

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, die restriktiven Maßnahmen der Union unterliegen, hinsichtlich deren die benannte Person, Organisation oder Einrichtung eine Straftat nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe h Ziffer i oder ii begeht oder daran beteiligt ist, für die Zwecke der Richtlinie (EU) [.../...] [Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten] als „Erträge“ aus Straftaten gelten.

Artikel 11

Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit

(1)Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit für Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 in den Fällen zu begründen, in denen

a)die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet, einschließlich seines Luftraums, begangen wurde,

b)die Straftat an Bord eines Luftfahrzeuges oder Schiffes begangen wurde, das der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats untersteht,

c)es sich bei dem Täter um einen seiner Staatsangehörigen oder um einen Gebietsansässigen mit gewöhnlichem Aufenthalt handelt,

d)es sich bei dem Täter um einen seiner Beamten bei der Ausübung seiner Dienstpflichten handelt,

e)die Straftat zugunsten einer in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen juristischen Person begangen wird,

f)die Straftat zugunsten einer juristischen Person im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit begangen wird, die ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet ausgeübt wird.

(2)Fällt eine Straftat nach den Artikeln 3 und 4 in die gerichtliche Zuständigkeit von mehreren Mitgliedstaaten, so entscheiden diese Mitgliedstaaten gemeinsam, in welchem Mitgliedstaat das Strafverfahren stattfinden soll. Gegebenenfalls wird die Angelegenheit gemäß Artikel 12 des Rahmenbeschlusses 2009/948/JI des Rates 58 an Eurojust verwiesen.

(3)In den Fällen nach Absatz 1 Buchstabe c treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen um sicherzustellen, dass die Ausübung ihrer gerichtlichen Zuständigkeit nicht an die Bedingung geknüpft wird, dass die Strafverfolgung nur nach einer Anzeige des Opfers an dem Ort, an dem die Straftat begangen wurde, oder nach einer Benachrichtigung durch den Staat, in dem sich der Tatort befindet, eingeleitet werden kann.

Artikel 12

Verjährungsfristen

(1)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen zur Festlegung einer Verjährungsfrist, durch die Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen, Gerichtsverfahren und gerichtliche Entscheidungen zu Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 für einen ausreichend langen Zeitraum nach der Begehung dieser Straftaten ermöglicht werden, damit diese Straftaten wirksam bekämpft werden können.

(2)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um bei Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren geahndet werden, Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen, Gerichtsverfahren und gerichtliche Entscheidungen für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Begehung der Straftat zu ermöglichen.

(3)Abweichend von Absatz 2 können die Mitgliedstaaten eine Verjährungsfrist von weniger als fünf Jahren, aber nicht weniger als drei Jahren festlegen, sofern die Frist bei bestimmten Handlungen unterbrochen oder ausgesetzt werden kann.

(4)Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit Folgendes vollstreckt werden kann:

a)eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, oder alternativ

b)eine Freiheitsstrafe im Fall einer Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren geahndet werden,

welche nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 oder 4 verhängt wurde, in einem Zeitraum von mindestens fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Verurteilung. Diese Frist kann Verlängerungen der Verjährungsfrist aufgrund einer Unterbrechung oder Aussetzung beinhalten.

Artikel 13

Koordinierung und Zusammenarbeit der zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um geeignete Mechanismen für die Koordinierung und Zusammenarbeit auf strategischer und operativer Ebene aller ihrer zuständigen Verwaltungs-, Strafverfolgungs- und Justizbehörden einzurichten.

Mit diesen Mechanismen werden mindestens die folgenden Ziele verfolgt:

a)Gewährleistung gemeinsamer Prioritäten und eines gemeinsamen Verständnisses der Verbindung zwischen strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Durchsetzung;

b)Informationsaustausch für strategische und operative Zwecke;

c)Beratung bei einzelnen Ermittlungen;

d)Austausch bewährter Verfahren;

e)Unterstützung von Praktiker-Netzwerken, die Aufgaben betreffend die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union wahrnehmen.

Artikel 14

Meldung von Straftaten und Schutz von Personen, die Straftaten im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union melden oder die Ermittlungen unterstützen

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Schutz nach der Richtlinie (EU) 2019/1937 59 auch für Personen gilt, die Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 dieser Richtlinie melden.

Artikel 15

Ermittlungsinstrumente

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass für die Ermittlung oder strafrechtliche Verfolgung von Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4 wirksame Ermittlungsinstrumente, wie sie beispielsweise bei Ermittlungen im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder anderen schweren Straftaten verwendet werden, zur Verfügung stehen.

Artikel 16

Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission, Europol, Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft

(1)Unbeschadet der Vorschriften über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Rechtshilfe in Strafsachen arbeiten die Behörden der Mitgliedstaaten, Europol, Eurojust, die Europäische Staatsanwaltschaft und die Kommission im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten bei der Bekämpfung der Straftaten im Sinne von Artikel 3 und 4 zusammen. Zu diesem Zweck leisten die Kommission sowie gegebenenfalls Europol und Eurojust technische und operative Unterstützung, um die Koordinierung der Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen durch die zuständigen Behörden zu erleichtern.

(2)Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten tauschen mit der Kommission und anderen zuständigen Behörden regelmäßig Informationen über praktische Fragen aus, insbesondere über Umgehungsmuster wie Strukturen zur Verschleierung des wirtschaftlichen Eigentums und der Kontrolle von Vermögenswerten.

   Artikel 17

Änderungen der Richtlinie (EU) 2018/1673

In Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1673 wird folgender Buchstabe angefügt:

„w) Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union“.

Artikel 18

Umsetzung

(1)Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis spätestens [Amt für Veröffentlichungen: bitte das Datum einfügen – innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(2)Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Artikel 19

Bewertung und Berichterstattung

(1)Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum [Amt für Veröffentlichungen: bitte das Datum einfügen – innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende der Umsetzungsfrist] einen Bericht, in dem sie bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um dieser Richtlinie nachzukommen. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung dieses Berichts erforderlichen Angaben.

(2)Unbeschadet der in anderen Rechtsakten der Union festgelegten Berichterstattungspflichten übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission jährlich die folgenden Statistiken zu den Straftaten im Sinne von Artikel 3 und 4:

a)Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren, Anzahl der eingestellten Verfahren, Anzahl der Verfahren, die zu einem Freispruch führten, Anzahl der Verfahren, die zu einer Verurteilung führten, und Anzahl der laufenden Verfahren;

b)Art und Strafmaß der wegen Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union verhängten Sanktionen.

(3)Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die in Absatz 2 genannten statistischen Daten unter Verwendung der von der Kommission für die Berichterstattung im Bereich der restriktiven Maßnahmen eingerichteten speziellen Berichterstattungsinstrumente.

(4)Bis zum [Amt für Veröffentlichungen: bitte das Datum einfügen – innerhalb von fünf Jahren nach dem Ende der Umsetzungsfrist] führt die Kommission eine Bewertung der Auswirkungen dieser Richtlinie durch und übermittelt einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung dieses Berichts erforderlichen Angaben.

Artikel 20

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 21

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

Im Namen des Europäischen Parlaments    Im Namen des Rates

Die Präsidentin    Der Präsident /// Die Präsidentin

(1)    Restriktive Maßnahmen werden vom Rat erlassen. Er nimmt zunächst einen GASP-Beschluss nach Artikel 29 EUV an. Die im Beschluss des Rates vorgesehenen Maßnahmen werden entweder auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene umgesetzt. Bisher war es gängige Praxis, dass Maßnahmen wie Waffenembargos oder Einreisebeschränkungen unmittelbar von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, die rechtlich verpflichtet sind, im Einklang mit den GASP-Beschlüssen des Rates zu handeln. Andere Maßnahmen umfassen die vollständige oder teilweise Aussetzung oder Einschränkung von Wirtschaftsbeziehungen zu einem Drittland sowie Einzelmaßnahmen, mit denen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden und die Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen untersagt wird. Diese Maßnahmen werden im Rahmen einer Verordnung durchgeführt, die der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission gemäß Artikel 215 AEUV erlässt. Beide Arten von Rechtsakten enthalten Bestimmungen, mit denen die Umgehung dieser Maßnahmen verhindert werden soll.
(2)    Einen Überblick enthält die Weltkarte der EU-Sanktionen, abrufbar unter https://www.sanctionsmap.eu/#/main .
(3)    Die Maßnahmen gelten in der Gerichtsbarkeit (in dem Gebiet) der Union , d. h., sie gelten a) im Gebiet der Union einschließlich ihres Luftraums; b) an Bord von Luftfahrzeugen und Schiffen, die der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats unterstehen; c) für alle Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union; d) für alle nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten oder eingetragenen juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union; e) für juristische Personen, Einrichtungen oder Organisationen in Bezug auf Geschäfte, die ganz oder teilweise in der Union getätigt werden (siehe z. B. Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6)).
(4)    Siehe Weltkarte der EU-Sanktionen, vorstehende Fußnote 2.
(5)    Mitteilung der Kommission – Das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem: Mehr Offenheit, Stärke und Resilienz (COM(2021) 32 final vom 19.1.2021), Abschnitt 5 (Stärkung der Umsetzung und Durchsetzung von EU-Sanktionen), S. 16, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52021DC0032&from=DE . In dieser Mitteilung stellt die Kommission zudem fest, dass die Umsetzung der restriktiven Maßnahmen der Union in der EU weniger einheitlich erfolgt als gewünscht. Dies führt zu Verzerrungen im Binnenmarkt, da EU-Unternehmen, einschließlich EU-Tochtergesellschaften von Drittlandsunternehmen, Verbote umgehen können. Zudem entsteht dadurch Unsicherheit bei den Wirtschaftsbeteiligten. Wie bereits erwähnt, untergräbt die uneinheitliche Durchsetzung die Wirksamkeit restriktiver Maßnahmen und die Fähigkeit der EU, mit einer Stimme zu sprechen. Neben anderen Initiativen wird in der Strategie eine weitere Koordinierung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten gefordert, damit sichergestellt wird, dass die nationalen Sanktionen, die bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union verhängt werden, wirksam, angemessen und abschreckend sind.
(6)    Siehe beispielsweise Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, konsolidierte Fassung abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0833-20220413 .
(7)    Es gilt festzustellen, dass diese Klausel auch dann anwendbar ist, wenn nicht gegen die restriktiven Maßnahmen verstoßen wurde; eine Beteiligung an Tätigkeiten zu diesem Zweck ist ausreichend.
(8)    Die Angleichung strafrechtlicher Definitionen und Sanktionen kann nicht auf der nichtlegislativen Rechtsgrundlage von Artikel 29 EUV oder Artikel 215 AEUV erfolgen.
(9)    Genozid-Netz, Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, Anhang, abrufbar unter https://www.eurojust.europa.eu/sites/default/files/assets/genocide_network_report_on_prosecution_of_sanctions_restrictive_measures_violations_23_11_2021.pdf . Im Hinblick auf seine Vorlage in der Ratsarbeitsgruppe „Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen“ (COPEN) wurde der Bericht auch als Dokument 7274/22 des Rates vom 16. März 2022 veröffentlicht.
(10)    Genozid-Netz, Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, Abschnitt 5.1., S. 22.
(11)    Ebd.
(12)    Ebd., Abschnitt 5.2., S. 23.
(13)    Ebd., Abschnitt 5.3., S. 24.
(14)    Ebd., auf der Grundlage des Berichts des Genozid-Netzes und weiterer Untersuchungen der Kommission.
(15)    Ebd.
(16)    Genozid-Netz, Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, S. 4. Ein Überblick über die einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Beobachterstaaten des Genozid-Netzes ist im Anhang zu dem Sachverständigenbericht enthalten, siehe https://www.eurojust.europa.eu/sites/default/files/assets/genocide_network_report_on_prosecution_of_sanctions_restrictive_measures_violations_23_11_2021.pdf . Im Hinblick auf seine Vorlage in der Ratsarbeitsgruppe „Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen“ (COPEN) wurde der Bericht auch als Dokument 7274 des Rates vom 16. März 2022 veröffentlicht.
(17)    Genozid-Netz, Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, S. 13.
(18)    Eine Auswahl von Fällen findet sich in Genozid-Netz, Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, S. 14.
(19)    Europol, EU-wide operation targeting criminal assets in relation to the Russian invasion of Ukraine, abrufbar unter: https://www.europol.europa.eu/media-press/newsroom/news/eu-wide-operation-targeting-criminal-assets-in-relation-to-russian-invasion-of-ukraine .
(20)    Europäische Kommission, Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufnahme des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union in die Kriminalitätsbereiche nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (COM(2022) 247 vom 25.5.2022).
(21)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – EU-Strategie für eine Sicherheitsunion (COM(2020) 605 final vom 24.7.2020).
(22)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (COM(2021) 170 final vom 14.4.2021).
(23)    Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 1), konsolidierte Fassung abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0833-20220604 ; Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6), konsolidierte Fassung abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0269-20220604 .
(24)    Verordnung (EU) 2022/1273 des Rates vom 21. Juli 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, ST/11451/2022/INIT (ABl. L 194 vom 21.7.2022, S. 1).
(25)    Artikel 9 Absätze 1 bis 3 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung: „(1) Es ist verboten, wissentlich und vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Maßnahmen nach Artikel 2 bezweckt oder bewirkt wird. (2) Die in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen sind verpflichtet, a) vor dem 1. September 2022 oder innerhalb von sechs Wochen nach dem Datum der Aufnahme in die Liste in Anhang I, je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist, Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen innerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats, die in ihrem Eigentum oder Besitz sind oder von ihnen gehalten oder kontrolliert werden, an die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem sich diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen befinden, zu melden und b) mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung solcher Informationen zusammenzuarbeiten. (3) Die Nichteinhaltung von Absatz 2 wird als Teilnahme an Tätigkeiten nach Absatz 1, mit denen die Umgehung der Maßnahmen nach Artikel 2 bezweckt oder bewirkt wird, angesehen.“
(26)    Ebd.
(27)    Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung: „(1) Ungeachtet der geltenden Vorschriften über die Meldepflicht, die Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis sind natürliche und juristische Personen, Einrichtungen und Organisationen verpflichtet, a) Informationen, die die Anwendung dieser Verordnung erleichtern, wie etwa Informationen über die nach Artikel 2 eingefrorenen Konten und Beträge oder über Gelder und wirtschaftliche Ressourcen im Gebiet der Union, die Eigentum oder Besitz der in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden und die von den dazu verpflichteten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen nicht als eingefroren behandelt wurden, unverzüglich der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz bzw. Wohnsitz haben, und – direkt oder über den Mitgliedstaat – der Kommission zu übermitteln und b) mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung solcher Informationen zusammenzuarbeiten.“
(28)    COM(2021) 32 final vom 19.1.2021.
(29)    Durchführungsbeschluss der Kommission vom 9.3.2022 über die Finanzierung des Instruments für technische Hilfe und zur Annahme des Arbeitsprogramms für 2022 (C(2022) 1379 final vom 9.3.2022).
(30)    Beschluss (EU) 2022/2332 des Rates vom 28. November 2022 über die Feststellung des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union als einen die Kriterien nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllenden Kriminalitätsbereich (ST/10287/2022/REV/1, ABl. L 308 vom 29.11.2022, S. 18). 
(31)    Eurojust, Genozid-Netz, siehe https://www.eurojust.europa.eu/judicial-cooperation/practitioner-networks/genocide-network?msclkid=de6a1668cf6011eca5681e93e0033be2 .
(32)    Genozid-Netz, Expert Report on Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021.
(33)    Ebd., S. 4.
(34)    Ebd., S. 26.
(35)    Europäische Kommission, Expertengruppe für die EU-Strafrechtspolitik, https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?do=groupDetail.groupDetail&groupID=2760&msclkid=56005123cfaf11ec8de3edb643537b59&lang=de .
(36)    Siehe Fußnote 30 oben.
(37)    Europäische Kommission, Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufnahme des Verstoßes gegen restriktive Maßnahmen der Union in die Kriminalitätsbereiche nach Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (COM(2022) 247 vom 25.5.2022).
(38)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Künftige Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union (COM(2022) 249 vom 25.5.2022).
(39)    Siehe Fußnote 30 oben, Erwägungsgrund 24: „Dieser Beschluss sollte aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten, damit aus Gründen der Dringlichkeit umgehend sekundärrechtliche Vorschriften erlassen werden können, in denen Mindestvorschriften für die Definitionen und die Strafen für den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union festgelegt werden.“
(40)    Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 391).
(41)    Siehe Artikel 8 und 9 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung.
(42)    Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 1).
(43)    Bekanntmachung der Kommission, „Leitfaden der Kommission zur Bereitstellung humanitärer Hilfe unter Einhaltung der restriktiven Maßnahmen der EU (Sanktionen)“, C(2022) 4486 vom 30.6.2022.
(44)    Genozid-Netz, Abschnitt 5.2., S. 23.
(45)    Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42).
(46)    Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten (COM(2022) 245 vom 25.5.2022); nach Artikel 3 Absatz 1 „bezeichnet der Ausdruck ‚Ertrag‘ jeden wirtschaftlichen Vorteil, der direkt oder indirekt durch eine Straftat erlangt wird, in Vermögensgegenständen aller Art besteht und eine spätere Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge sowie geldwerte Vorteile mit einschließt“.
(47)    Genozid-Netz, Expert Report on Prosecution of sanctions (restrictive measures) violations in national jurisdictions: a comparative analysis, 2021, S. 14–20.
(48)    Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, PE/30/2018/REV/1 (ABl. L 284 vom 12.11.2018, S. 22).
(49)    Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).
(50)    Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, PE/30/2018/REV/1 (ABl. L 284 vom 12.11.2018, S. 22).
(51)    Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (ABl. L 280 vom 26.10.2010, S. 1).
(52)    Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren (ABl. L 142 vom 1.6.2012, S. 1).
(53)    Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs (ABl. L 294 vom 6.11.2013, S. 1).
(54)    Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 1).
(55)    Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1).
(56)    Richtlinie (EU) 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (ABl. L 297 vom 4.11.2016, S. 1).
(57)    Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42).
(58)    Rahmenbeschluss 2009/948/JI des Rates vom 30. November 2009 zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren (ABl. L 328 vom 15.12.2009, S. 42).
(59)    Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).
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