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Document 52018DC0040

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS über die Umsetzung der Empfehlung der Kommission vom 11. Juni 2013 über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten (2013/396/EU)

COM/2018/040 final

Brüssel, den 25.1.2018

COM(2018) 40 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

über die Umsetzung der Empfehlung der Kommission vom 11. Juni 2013 über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten (2013/396/EU)


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

über die Umsetzung der Empfehlung der Kommission vom 11. Juni 2013 über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten (2013/396/EU)

1.Einführung

Die Kommission befasst sich seit fast 20 Jahren mit Fragen der kollektiven Rechtsdurchsetzung, ursprünglich vornehmlich im Zusammenhang mit Verbraucherschutz und Wettbewerbspolitik. 1 Auf Grundlage eines breiter angelegten horizontalen Ansatzes hat die Kommission am 11. Juni 2013 eine „Empfehlung über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ (im Folgenden: „die Empfehlung“) angenommen. 2 Mit der Empfehlung wurden Grundsätze eingeführt, die im Zusammenhang mit der Verletzung von Rechten zur Anwendung gelangen sollten, die nach Unionsrecht in allen Politikfeldern und in Bezug sowohl auf Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch auf Entschädigungsansprüche bestehen. Aus der Empfehlung leitet sich ab, dass alle Mitgliedstaaten über kollektive Rechtsbehelfe auf einzelstaatlicher Ebene verfügen sollten, die unter Berücksichtigung der Rechtstradition des jeweiligen Mitgliedstaats und von Garantien zum Schutz vor Missbrauch denselben Grundprinzipien folgen. In Anbetracht der mit Sammelklagen einhergehenden Risiken sollen die in der Empfehlung dargelegten Grundsätze zugleich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Ziel der Gewährleistung eines ausreichenden Zugangs der Bürger zur Justiz und dem Erfordernis der Verhinderung von Missbrauch durch geeignete Garantien sicherstellen.

Die Kommission hat sich verpflichtet, eine Beurteilung der praktischen Umsetzung der Empfehlung vier Jahre nach deren Veröffentlichung vorzunehmen. Im vorliegenden Bericht wird diese Beurteilung durchgeführt; im Mittelpunkt stehen dabei die Entwicklungen, die seit der Annahme der Empfehlung in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten zu verzeichnen sind. Darüber hinaus wird geprüft, ob diese Entwicklungen zu einer breiteren und einheitlicheren Anwendung der in der Empfehlung dargelegten Grundsätze geführt haben (Abschnitt 2). Hierbei werden zugleich die praktischen Erfahrungen beleuchtet, die mit den Bestimmungen über kollektive Rechtsbehelfe auf einzelstaatlicher Ebene gesammelt worden sind bzw., beim Fehlen solcher Bestimmungen, wie wirksam Fälle mit einer Vielzahl von Geschädigten angegangen werden. Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwieweit die Umsetzung der Empfehlung dazu beigetragen hat, die vorrangigen Ziele einer Erleichterung des Zugangs des Bürgers zur Justiz und einer Verhütung von Verfahrensmissbrauch zu verwirklichen. Schließlich enthält der Bericht abschließende Bemerkungen dazu, ob im Hinblick auf kollektive Rechtsbehelfe Bedarf an weiteren Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union besteht (Abschnitt 3). In diesem Zusammenhang werden in dem Bericht das wichtigste rechtsverbindliche Instrument der Union berücksichtigt, das sich mit kollektiven Rechtsbehelfen befasst - die Richtlinie über Unterlassungsklagen 3 , in der gefordert wird, dass das Verfahren der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung (im Folgenden: „Anordnungsverfahren“) zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen in allen Mitgliedstaaten zur Verfügung steht , und die 2017 von der Kommission durchgeführte Prüfung der Eignung des EU-Verbraucher- und Marktrechts 4 , in der die Richtlinie über Unterlassungsklagen einer Beurteilung unterzogen wurde.

Die Beurteilung erfolgt vor dem Hintergrund, dass vier Jahre nach der Annahme der Empfehlung die Gefahren grenzüberschreitender oder gar EU-weiter Verstöße, die eine Vielzahl von Bürgern oder Unternehmen betreffen, insbesondere – wenn auch nicht ausschließlich – infolge einer wachsenden Nutzung des Internets und des Online-Handels weiter angewachsen sind. Der Fall der Fahrzeugemissionen, von dem durch den Verkauf von Fahrzeugen mit irreführenden Informationen über die Emissionswerte zahlreiche Verbraucher in der EU betroffen waren, veranschaulicht die Herausforderungen, die sich beim Umgang mit grenzüberschreitenden Massenschadensereignissen stellen. Diese Herausforderungen lassen sich am besten anhand der innerhalb der EU bestehenden Ungleichheiten und Unterschiede vor Augen führen, die eine Situation geschaffen haben, bei der in einigen wenigen Mitgliedstaaten die betroffenen Personen oder Einrichtungen in der Lage waren, ihre Ansprüche gemeinsam gerichtlich einzuklagen, wohingegen in den meisten anderen nur unzureichende oder gar keine Rechtsbehelfe zur Verfügung standen.

Einzelstaatliche Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung werden in den Mitgliedstaaten genutzt, in denen solche zur Verfügung stehen. In denjenigen Mitgliedstaaten, in denen solche formell nicht existieren, scheinen Klageführer in zunehmendem Maße zu versuchen, sich durch den Gebrauch unterschiedlicher Rechtsinstrumente wie der Verbindung von Rechtssachen oder der Abtretung von Ansprüchen um kollektive Rechtsdurchsetzung zu bemühen. Dies kann Fragen in Bezug auf eine wirksame Verhütung eines Verfahrensmissbrauchs aufwerfen, da Garantien gegen Missbrauch, die gemeinhin in Kollektivverfahren (beispielsweise in Hinblick auf die Anforderungen an die Sachlegitimation oder auf die Entrichtung von Erfolgshonoraren) vorhanden sind, auf solche alternativen Zugänge nicht zutreffen.

Der vorliegende Bericht stützt sich im Wesentlichen auf die folgenden Informationsquellen:

- die von den Mitgliedstaaten in einem Fragebogen der Kommission gemachten Angaben;

- eine die Beurteilung der Umsetzung der Empfehlung unterstützende Studie, die alle Mitgliedstaaten erfasst 5 ;

- eine Konsultation, auf die die Kommission 61 Antworten erhielt;

- eine die Prüfung der Eignung des EU-Verbraucher- und Marktrechts unterstützende Studie 6

2.Umsetzung der in der Empfehlung dargelegten Grundsätze

Von der Empfehlung betroffene Legislativtätigkeiten wurden in den Mitgliedstaaten weiterhin eher begrenzt unternommen. Sieben Mitgliedstaaten haben nach erfolgter Annahme der Empfehlung ihre Gesetze über kollektive Rechtsbehelfe reformiert und sind dabei, wie in der ausführlichen Beurteilung in diesem Bericht dargelegt wird, nicht immer deren Geist gefolgt. BE und LT haben erstmals kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe in ihr jeweiliges Rechtssystem aufgenommen. FR und UK haben ihre Gesetzgebung in erheblichem Umfang novelliert, um verschiedene Mechanismen zu verbessern oder zu ersetzen, die früher zur Verfügung standen, jedoch nicht für hinreichend effektiv erachtet wurden. Die Arbeiten an Gesetzesnovellen in NL und SI schreiten voran, und entsprechende Gesetzesinitiativen werden in DE lebhaft diskutiert. Hierzu sei angemerkt, dass die Mehrzahl der Vorhaben, die bereits zu veränderten Rechtsvorschriften geführt oder solche in die Wege geleitet haben, sich auf Verbraucherangelegenheiten beschränken. Überdies sehen mehrere darunter in beträchtlichem Umfang Ausnahmeregelungen 7 vor. Infolge dieser bislang nur begrenzten praktischen Umsetzung der Empfehlung existieren in neun Mitgliedstaaten weiterhin keinerlei kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe.

2.1.Aspekte horizontaler Art

2.1.1Verfügbarkeit kollektiver Rechtsbehelfe

In der Empfehlung wird betont, dass alle Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene über kollektive Rechtsbehelfe sowohl in Bezug auf den Erlass einstweiliger Anordnungen als auch kompensatorischer Art verfügen sollten, die in allen Fällen zur Verfügung stehen, in denen durch Unionsrecht garantierte Rechte zum Nachteil von mehr als einer Person verletzt werden oder verletzt worden sind. 8

Kollektive Rechtsbehelfe in Gestalt des Erlasses einer einstweiligen Anordnung existieren in allen Mitgliedstaaten in Bezug auf verbraucherrechtliche Fälle, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie über Unterlassungsklagen fallen. 9 In einigen Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit zu kollektiven Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (BG, DK, LT, NL, SE) auf horizontaler Ebene oder in anderen bestimmten Bereichen wie insbesondere dem Wettbewerbsrecht (HU, LU, ES), dem Umweltrecht (FR, HU, PT, SI, ES), dem Arbeitsrecht (HU, ES) oder dem Diskriminierungsverbot (HR, FR, ES).

Kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe stehen in 19 Mitgliedstaaten zur Verfügung (AT, BE, BG, DE, DK, FI, FR, EL, HU, IT, LT, MT, NL, PL, PT, RO, ES, SE, UK), in über der Hälfte darunter beschränken sich diese auf bestimmte Felder wie insbesondere Verbraucherforderungen. 10 Weitere Bereiche, in denen kompensatorische Rechtsbehelfe üblicherweise zur Verfügung stehen, stellen das Wettbewerbsrecht, Finanzdienstleistungen, das Arbeitsrecht, das Umweltrecht und das Diskriminierungsverbot dar. Die Unterschiede im Anwendungsbereich unter den Mitgliedstaaten, die einem sektoriellen Konzept folgen, sind erheblich: So können in Belgien lediglich Verbraucherforderungen kollektiv verfolgt werden, während dies in Frankreich in Bezug auf Ansprüche möglich ist, die sich aus dem Verbraucherrecht, dem Wettbewerbsrecht, dem Gesundheitsrecht, dem Diskriminierungsverbot oder auch dem Umweltrecht herleiten. Lediglich sechs Mitgliedstaaten (BG, DK, LT, NL, PT und das UK) folgen in ihrer Rechtsetzung einem horizontalen Konzept, das kollektive Schadenersatzklagen in allen Bereich vorsieht. 11 In zweien darunter (BG, UK) existieren parallele Mechanismen parallel zu sektorspezifischen Verfahren, auf die in der Praxis häufiger zurückgegriffen wird. In einem Mitgliedstaat (AT) werden trotz fehlenden gesetzlichen Regelungen in Bezug auf kompensatorische Rechtsbehelfe Sammelklagen auf Grundlage einer Abtretung von Ansprüchen oder einer Verbindung von Rechtssachen geführt. Diese Rechtsinstrumente stehen auch in anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung, werden den Ergebnissen der öffentlichen Anhörung zufolge in kollektiv angestrengten Verfahren jedoch nur in DE und den NL praktisch angewandt. Nach erfolgter Annahme der Empfehlung wurden neue Rechtsvorschriften über kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe in vier Mitgliedstaaten verabschiedet: in zweien darunter (BE, LT) erstmals überhaupt, während in zwei weiteren (FR, UK) umfangreiche Gesetzesänderungen vorgenommen wurden. In SI und NL sind neue Gesetzesvorlagen eingebracht, jedoch noch nicht verabschiedet worden. Mit Ausnahme von BE, wo die Gesetzgebung lediglich Verbraucherrechte erfasst, ist diesen Initiativen ein weiter Anwendungsbereich gemein. All diese Erkenntnisse führen vor Augen, dass einige Mitgliedstaaten entgegen der Empfehlung keine Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung in ihre Rechtssysteme eingeführt haben. Hierdurch bestehen zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Diskrepanzen fort, was die Verfügbarkeit und die Art kollektiver Rechtsdurchsetzungsinstrumente anbelangt.

Aus den bei der Konsultation erhaltenen Antworten geht hervor, dass kollektive Rechtsbehelfe dort, wo solche zur Verfügung stehen, in erster Linie auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes und verwandter Felder wie Fahr- und Fluggastrechten oder Finanzdienstleistungen genutzt werden. Einen weiteren Bereich, aus dem mehrere Fälle berichtet wurden, stellt das Wettbewerbsrecht dar, insbesondere dort, wo mutmaßliche Opfer von Kartellen Entschädigung im Anschluss an die Feststellung eines Verstoßes durch eine Wettbewerbsaufsichtsbehörde beanspruchen (Folgeklagen). Die relative Abwesenheit eines Rückgriffs auf kollektive Rechtsbehelfe auf anderen Gebieten ist nicht allein dem Umstand geschuldet, dass in zahlreichen Mitgliedstaaten auf Entschädigung oder tatsächlich auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zielende Rechtsbehelfe allein im Verbraucher- und im Wettbewerbsrecht zur Verfügung stehen: Vielmehr scheint sie auch auf andere Faktoren zurückzuführen sein wie die Komplexität und Länge der Verfahren oder auch auf restriktive Regelungen in Bezug auf die Zulässigkeitsbestimmungen, die vielfach mit der Sachlegitimation in Zusammenhang stehen. Gleichzeitig wurden in AT, CZ, DE, LU und IE eine Reihe von (insbesondere verbraucherrechtlichen) Fällen berichtet, in denen wegen des Fehlens von Regelungen nach innerstaatlichem Recht in Bezug auf kompensatorische Rechtsbehelfe keine Schritte unternommen wurden.

2.1.2Rechtliche Stellung bei Verbandsklagen

In der Empfehlung wird die Benennung von Einrichtungen gefordert, die über die Sachlegitimation verfügen, als Verband in Fällen Klage erheben zu können, in denen die von einem Rechtsverstoß unmittelbar Betroffenen durch eine Organisation vertreten sind, die allein den Status des Klägers beim Verfahren besitzt. In der Empfehlung sind spezifische Mindestkriterien für eine solche Benennung dargelegt: die nicht gewinnorientierte Natur der Einrichtung, eine unmittelbare Beziehung zwischen deren Zielen und den verletzten Rechten sowie eine ausreichende Kapazität zur Vertretung mehrerer Klageführer, zu deren Wohl sie agiert. Die Empfehlung sieht die Möglichkeiten einer allgemeinen Benennung vor, welche mit einer allgemeinen Handlungsvollmacht einer Einrichtung oder einer Ad-hoc-Zertifizierung nur für einen bestimmten Fall einhergeht, verweist indes auch auf die Ermächtigung von Behörden als zusätzliche Option oder als Alternative hierzu. 12

 

Die Bestimmungen zur Berechtigung zur Erhebung einer Sammelklage stellen Verfahrensgarantien dar, die Klägern wie Beklagten bei Sammelklagen zugutekommen. Normen, welche die Qualifikation von Vertreterorganisationen und deren Kapazität sicherstellen, mit komplex gelagerten Fällen umzugehen, sorgen für ein Angebot an hochwertigen Diensten für Klageführer und schützen zugleich die Beklagten vor missbräuchlich angestrengten Verfahren.

Kollektive Rechtsbehelfe in Gestalt von Verbandsklagen existieren in nahezu allen Mitgliedstaaten und dominieren bei Unterlassungsklagen im Bereich Umwelt- und Verbraucherrecht; ihre Verfügbarkeit in letztgenanntem Bereich wird in der Richtlinie über Unterlassungsklagen verlangt. 13 Auf Entschädigung zielende in Vertretung geführte Sammelklagen stehen in BE, BG, DK, EL, FI, FR, LT, IT, HU, PL, RO, ES und SE zur Verfügung. In zwei Mitgliedstaaten (FI und PL) sind lediglich Behörden berechtigt, Verbandsklage einzureichen, während in anderen (HU, DK) nichtstaatliche Einrichtungen sich diese Kompetenz mit staatlichen Stellen teilen. 14  

Alle Mitgliedstaaten stellen bestimmte Anforderungen an die Sachlegitimation, die erfüllt sein müssen, um bei auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder auf Entschädigung zielenden Sammelklagen als Vertreterorganisation agieren zu können. In Bezug auf Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Bereich des Verbraucherrechts sieht die Richtlinie über Unterlassungsklagen vor, dass das Anordnungsverfahren von nach einzelstaatlichem Recht ordnungsgemäß konstituierten „qualifizierten Einrichtungen“ angestrengt werden kann, die dem Schutz kollektiver Verbraucherinteressen verpflichtet sind. Die Richtlinie überlässt sonstige spezifische Kriterien, die von den „qualifizierten Einrichtungen“ möglicherweise erfüllt werden müssen, dem Ermessen der Mitgliedstaaten. Die gängigsten Anforderungen, die in Bezug sowohl auf Entschädigung als auch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zielende Klagen von den Mitgliedstaaten gestellt werden, betreffen den nicht gewinnorientierten Charakter der Einrichtung und die Relevanz des im Mittelpunkt des Falles stehenden Sachverhalts für die Ziele der Organisation. Im Einklang mit der Tatsache, dass die Kriterien der Empfehlung Mindestanforderungen darstellen, haben verschiedene Mitgliedstaaten zusätzliche spezifische Anforderungen mit Bezug auf die Kompetenz, die Erfahrung und die Repräsentativität der benannten Einrichtungen geschaffen. So haben im Bereich IT Verbraucherverbände den Nachweis zu erbringen, dass sie seit mindestens drei Jahren fortwährend tätig sind, über eine Mindestzahl an zahlenden Mitgliedern verfügen und in mindestens fünf verschiedenen Regionen vertreten sind. Ähnliche Bedingungen gelten in Frankreich, wo die Repräsentanz auf nationaler Ebene, ein Jahr des Bestehens, der Nachweis der Tätigkeit auf dem Feld des Verbraucherschutzes sowie die Erreichung eines Schwellenwerts hinsichtlich der Zahl an Einzelmitgliedern gefordert werden. 15 In mehreren aufgrund der Konsultation eingegangenen Antworten – insbesondere in FR und IT, in gewissem Umfang jedoch auch in DK und RO – wurden als ein Problem, das den Zugang der Bürger zur Justiz beeinträchtigt, die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Sachlegitimation angeführt. Im UK werden Verbandsklagen auf Schadenersatz in Verbraucherangelegenheiten überwiegend von staatlichen Behörden durchgeführt, obwohl die Möglichkeit besteht, andere Einrichtungen zu benennen, für die es „recht und billig“ ist, als Vertreter der Gruppe zu agieren; derzeit kann nur eine benannte nichtöffentliche Einrichtung bei in Zusammenhang mit dem Verbraucherrecht stehenden Fällen tätig werden. 16 In DK kann ein Verband, eine private Einrichtung oder sonstige Organisation als Vertreter auftreten, wenn die Klage in den Rahmen der Ziele der Organisation fällt.

Insgesamt lässt sich der Schluss ziehen, dass dem Grundsatz im Allgemeinen – wenn auch in einzelnen Mitgliedstaaten mit gewissen Abweichungen – Folge geleistet wird. Diese Abweichungen sind von gewisser Bedeutung, da strengere Regeln für Vertreterorganisationen unter Umständen zu einer Einschränkung des Anspruchs führen, sich um kollektive Rechtsdurchsetzung zu bemühen, und damit den Zugang der Bürger zur Justiz beschränken könnten.

2.1.3Zulässigkeit

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu aufgefordert, sicherzustellen, dass die Zulässigkeit der Klage zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Rechtsstreits geprüft wird und dass Fälle, welche die Voraussetzungen für Sammelklagen nicht erfüllen und offensichtlich unbegründet sind, eingestellt werden. 17

Der Grundsatz der frühzeitigen Abweisung von Ansprüchen, die offensichtlich unbegründet sind oder die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sammelklagen nicht erfüllen, dient der Effektivität der Justiz und schützt vor schikanösen Verfahren. In der Empfehlung werden weder besondere Zulässigkeitskriterien festgelegt noch wird darin der Begriff „offensichtlich unbegründet“ definiert. Allerdings gelten in manchen Mitgliedstaaten die allgemeinen Bestimmungen für zivilrechtliche Verfahren, die eine frühzeitige Abweisung offensichtlich unbegründeter Ansprüche vorsehen, ebenso für Sammelklagen. Manche Zulässigkeitskriterien ließen sich auch aus anderen Grundsätzen der Empfehlung ableiten, beispielsweise in Bezug auf die rechtliche Stellung bei Verbandsklagen. Tatsächlich scheint in Bezug auf Anträge auf Erlass einer Anordnung das Hauptzulässigkeitskriterium die rechtliche Stellung der Einrichtung darzustellen. In Bezug auf Klagen im Bereich des Verbraucherrechts wird in der Richtlinie über Unterlassungsklagen weder eine spezifische Zulässigkeitsprüfung noch – abgesehen von den Ansprüchen an die rechtliche Stellung – die Erfüllung spezifischer Kriterien verlangt.

Präzisere Kriterien, die erfüllt sein müssen und die üblicherweise zu einem frühen Zeitpunkt des Verfahrens vom Gericht geprüft werden, sind in den meisten Mitgliedstaaten in Bezug auf kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe definiert. Lediglich ES und SE verfügen über keine spezifischen Bestimmungen über die Zulässigkeit von kollektiven Rechtsbehelfen zur Erlangung einer Entschädigung, weshalb dort die für zivilrechtliche Verfahren geltenden allgemeinen Bestimmungen zur Anwendung gelangen. Die Prüfung der Zulässigkeit von Sammelklagen führt in einigen Mitgliedstaaten zu einer spezifischen Entscheidung in dieser Sache (BE, FR, PL, UK), wohingegen in anderen Verfahrensbeschlüsse nur dann ergehen, wenn die Klage als unzulässig verworfen wird. Manche Mitgliedstaaten fordern einen Nachweis, dass im betreffenden Fall eine Sammelklage gegenüber einem individuell angestrengten Verfahren den effizienteren Rechtsbehelf darstellt (BE, DK, FI, IT, LT) 18 , während andere zum Schutz des Interesses der betroffenen Personen die Kapazität einer Vertreterorganisation überprüfen (FI, IT, NL, RO, UK) 19 . Bei der Einheitlichkeit der beigefügten Einzelforderungen handelt es sich um eine Bedingung, die in allen Mitgliedstaaten erfüllt sein muss.

Die Antworten auf die Konsultation fördern auch die Kehrseite der Zulässigkeitsanforderung zutage. Während keiner der Auskunftsgebenden die Einführung dieser Anforderung an sich kritisierte, wurde in mehreren Antworten vor der Anwendung dieses Prinzips gewarnt, da diese das ganze Verfahren in die Länge ziehen, umständlich machen und dadurch den Zugang zu diesem Verfahren insgesamt einschränken kann. Dies wurde in BE, NL, PL und im UK hervorgehoben. 20

Im Allgemeinen überprüfen die Mitgliedstaaten die Zulässigkeit von Ansprüchen. Sie verfügen dazu über verfahrensrechtliche Mechanismen, die auf der Grundlage geltender allgemeiner und spezifischer Bestimmungen geschaffen worden sind, um offenkundig unbegründete kollektive Entschädigungsansprüche abzuweisen. Hierzu sei angemerkt, dass die jüngste Gesetzgebung über Sammelklagen, die im Gefolge der Empfehlung in verschiedenen Mitgliedstaaten in Kraft gesetzt wurde, das Thema der Zulässigkeit in einer Weise behandeln, die mit der Empfehlung in Einklang steht (BE, LT, SI). Andererseits können bestehende Divergenzen bei den Zulässigkeitskriterien weiterhin einen ungleichen Zugang der Bürger zur Justiz bei kompensatorischen Sammelklagen zur Folge haben, da übermäßig restriktive Zulässigkeitsbestimmungen den Zugang zu diesem Verfahren begrenzen könnten. Ferner sollte angemerkt werden, dass, da es sich hierbei um ein Frühstadium der Klage handelt, zügig gefasste Entscheidungen über die Zulässigkeit für die Rechtssicherheit aller beteiligten Parteien von Bedeutung sind.

2.1.4Angaben zu kollektiven Rechtsbehelfen

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Klägerpartei in der Lage ist, Informationen über geplante oder laufende Sammelklagen zu verbreiten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Informationen über Sammelklagen – insbesondere für den Beklagten – Nebenwirkungen haben können, noch bevor die Klage vor Gericht verhandelt wird, wird in der Empfehlung hervorgehoben, dass die Garantien für die Bereitstellung von Informationen den Umständen des Falles angemessen sein sollten und dabei die Rechte der Parteien einschließlich des Rechts zur freien Meinungsäußerung, des Rechts auf Information sowie des Rechts auf Schutz des guten Rufes des Unternehmens zu berücksichtigen sind. 21

Personen mit Ansprüchen, die in Sammelklagen verfolgt werden könnten, sollten in der Lage sein, an Informationen zu gelangen, die ihnen eine mündige Entscheidung über ihre Teilnahme an einer solchen gestatten. Wie in der Empfehlung befürwortet, ist dies von besonderer Bedeutung für die „Opt-in“-Form kollektiver Rechtsdurchsetzungsinstrumente, um sicherzustellen, dass Personen, die an einem Beitritt interessiert sein könnten, nicht aufgrund fehlender Informationen die Gelegenheit hierzu verpassen. Im Falle von Verbandsklagen sollte die Bereitstellung von Informationen für die Vertreterorganisation nicht nur ein Recht, sondern vielmehr dessen Pflicht darstellen. 22 Andererseits kann die Verbreitung von Informationen über (beabsichtigte) Sammelklagen sich potenziell negativ auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten auswirken, dessen Haftbarkeit noch nicht erwiesen ist. Diese beiden Interessen gilt es sorgsam gegeneinander abzuwägen. Obwohl in der Empfehlung die Verbreitung von Informationen über die Absicht der Einreichung einer Sammelklage ausdrücklich angesprochen wird, ist in keinem Mitgliedstaat eine Klärung dieser Frage bereits im Vorbereitungsstadium geregelt, bevor sich das Gericht mit der Klage befasst. Sobald ein Fall vom Gericht für zulässig erklärt wird, werden in vielen Mitgliedstaaten (BE, DK, EE, FI, FR, HU, LT, NL, PL, SE) Gerichte insbesondere bei Entschädigungsansprüchen mit der Festlegung der Modalitäten für die Verbreitung von Informationen betraut, einschließlich der Form der Veröffentlichung sowie des Zeitraums, über den die Informationen zur Verfügung stehen sollten. Die Mitgliedstaaten lassen den Gerichten diesbezüglich gemeinhin erheblichen Ermessensspielraum, wobei sie in ihren Gesetzen auf die zu berücksichtigenden Umstände des Falles, nicht hingegen auf die spezifischen Faktoren verweisen, die in der Empfehlung dargelegt sind. Allerdings ist in fünf Mitgliedstaaten (BG, IT MT, PT, UK) die Bereitstellung von Informationen in auf Schadenersatz zielenden Sammelklagen in keinerlei Weise geregelt. In Bezug auf Anordnungsverfahren sind die diesbezüglichen Vorgaben sogar noch geringer.

Die Konsultation hat hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen keine nennenswerten Probleme zum Vorschein gebracht. Lediglich ein Problem wurde aus IT berichtet, bei dem angeführt wurde, dass das Erfordernis der Bekanntmachung des Falls in Printmedien für den Anspruchssteller eine erhebliche finanzielle Last begründete. Daneben wurde in einer Antwort auch die in PL fehlende Möglichkeit der Bekanntmachung eines Verfahrens zur kollektiven Rechtsdurchsetzung im Internet als problematisch angeführt.

Insgesamt muss der Schluss gezogen werden, dass der Grundsatz in Bezug auf die Bereitstellung von Informationen über Sammelklagen sich in den Gesetzen der Mitgliedstaaten insbesondere im Vorfeld des Gerichtsverfahrens sowie bei Klagen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht hinreichend widerspiegelt.


2.1.5Zahlungspflicht der im Prozess unterlegenen Partei

Die bei einem Verfahren zur kollektiven Rechtdurchsetzung unterlegene Partei sollte der obsiegenden Partei die notwendigen Prozesskosten nach den Bestimmungen der maßgeblichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erstatten. 23

Der Grundsatz der Zahlungspflicht der im Prozess unterlegenen Partei bildet bei Sammelklagen eine der grundlegenden Verfahrensgarantien für beide Parteien. Einerseits schreckt das Risiko, dem Beklagten im Falle der Abweisung des Anspruchs dessen Kosten erstatten zu müssen, potenzielle Anspruchssteller davon ab, schikanöse Verfahren anzustrengen. Andererseits motiviert der Umstand, dass ein unterlegener Beklagter die notwendigen Kosten zu tragen haben wird, zur Geltendmachung begründeter kollektiver Forderungen. Die Empfehlung lässt den Mitgliedstaaten den Freiraum, nationale Bestimmungen zur Kostenerstattung anzuwenden.

Alle Mitgliedstaaten, die über Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung verfügen, folgen mit Ausnahme von LU 24 dem Prinzip, dass die im Verfahren unterlegene Partei für die Verfahrenskosten aufzukommen hat. Die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten wendet exakt die gleichen Bestimmungen für Sammelklagen an, die auch in Einzelzivilverfahren zur Anwendung gelangen; dort, wo für kollektive Rechtsbehelfe besondere Modalitäten gelten, betreffen diese hauptsächlich eine Freistellung von Gerichtskosten für Vertreterorganisationen und Behörden bei Klagen im Bereich des Verbraucherrechts (HR, HU, MT, PL, RO). 25 Ein Mitgliedstaat (PT) sieht die Erstattung von lediglich 50 % der Kosten des Beklagten im Falle der Klageabweisung sowohl bei Gruppen- als auch bei Verbandsklagen vor und begrenzt damit das Risiko für diejenigen, die Sammelklagen einreichen.

Es ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten weithin dem in der Empfehlung dargelegten Grundsatz folgen. 26 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ordnungen in Bezug auf Gebühren von zivilrechtlichen Verfahren und die Form ihrer Erstattung (wie auch die Höhe dieser Kosten) sich unter den Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden. Ihre Anwendung kann bei einander sehr ähnlichen Verfahren je nach Gerichtsstand und damit der Definition der erstattungsfähigen Kosten zu erheblichen Abweichungen bei der tatsächlichen Erstattung der Kosten der obsiegenden Partei führen. 27 Hierdurch wird das Ziel der Verhütung von Verfahrensmissbrauch durch das Prinzip der Zahlungspflicht der im Prozess unterlegenen Partei in der Realität nicht in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise erreicht.

2.1.6Finanzierung von Sammelklagen

In der Empfehlung wird eine allgemeine Offenlegungsvorschrift vorgeschlagen, der zufolge die Klägerpartei den Ursprung der Gelder darzulegen hat, auf deren Grundlage der Rechtsstreit geführt wird. Zusätzlich sollte das Gericht in der Lage sein, bei Interessenkonflikten zwischen dem das Verfahren finanzierenden Dritten und dem Kläger das Verfahren dann auszusetzen, wenn der Dritte über unzureichende Mittel für die Erfüllung seiner finanziellen Verpflichtungen verfügt oder der Kläger über unzureichende Mittel verfügt, um bei einem für ihn negativen Ausgang des Verfahrens die Kosten der Gegenseite zu tragen. Während in der Empfehlung auf ein Verbot der privaten Drittmittelfinanzierung als solcher gedrängt wird, sollten jegliche Bemühungen untersagt werden, auf Verfahrensbeschlüsse Einfluss zu nehmen; ebenso, Mittel für Verfahren gegen einen Wettbewerber oder eine Schwestergesellschaft bereitzustellen sowie überzogene Zinsen zu erheben. Schließlich noch sollte es insbesondere in Fällen eines kollektiven kompensatorischen Rechtsbehelfs untersagt werden, die dem Bereitsteller der Mittel geleistete Entschädigung oder die von diesem erhobenen Zinsen von den erlangten Beträgen abhängig zu machen, sofern eine solche Vereinbarung keine Regulierung durch eine staatliche Behörde unterliegt. 28

Mit den in der Empfehlung enthaltenen Bestimmungen in Bezug auf die Drittmittelfinanzierung soll sichergestellt werden, dass die Finanzierungsbedingungen keinen Anreiz für Verfahrensmissbrauch und keine Interessenkonflikte schaffen.

Was diesen Punkt anbelangt, ist keiner der Mitgliedstaaten der Empfehlung gefolgt. Keiner darunter hat bis dato die Drittmittelfinanzierung reguliert, geschweige denn dies im Geiste der Empfehlung getan. In EL und IE ist die Drittmittelfinanzierung generell verboten. Allerdings bildet die neue, noch anhängige Gesetzgebung in SI gegenüber diesem allgemeinen Bild die Ausnahme, da diese Gesetzgebung eine Regelung der privaten Drittmittelfinanzierung im Einklang mit den in der Empfehlung dargelegten Prinzipien begründet.

Diese allgemein ausgebliebene Umsetzung bedeutet, dass ungeregelte und unkontrollierte Finanzierung durch Dritte ohne gesetzliche Auflagen um sich greifen kann, was in einzelnen Mitgliedstaaten mögliche Anreize für die Einreichung von Klagen schafft. Es gibt Belege dafür, dass in mindestens drei Mitgliedstaaten – AT, NL und dem UK – eine private Drittmittelfinanzierung zur Verfügung steht, auf die in zweien darunter (AT und NL) in der Praxis völlig ungeregelt zurückgegriffen wird (im UK gelten allgemeine Beschränkungen auf Grundlage des bürgerlichen Rechts 29 , und es wurden durch die Branche gewisse Formen der Selbstregulierung eingeführt).

Die im Rahmen der öffentlichen Anhörung gesammelten Beweismittel bestätigen die Existenz von Drittmittelfinanzierung: Aus dem Vereinigten Königreich wurden zwei von mutmaßlichen Kartellopfern angestrengte Fälle berichtet, bei denen eine Drittmittelfinanzierung zur Anwendung gelangte, während es in den Niederlanden und in Deutschland jeweils nur einen solchen Fall gab. Allerdings stand in den letztgenannten Fällen der Rückgriff auf Drittmittelfinanzierung in Zusammenhang mit den unverhältnismäßig hohen Kosten der kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren (in beiden Fällen wurden die Ansprüche auf ein besonderes Rechtsinstrument übertragen). Zudem wurde ein mutmaßliches Massenschadensereignis aus Deutschland berichtet, wo in anhängigen Verfahren zwischen Verbrauchern und Anteilseignern auf der einen und einem führenden Automobilhersteller auf der anderen Seite Drittmittel von beträchtlichem Umfang zur Verfügung gestellt wurden.

An Sammelklagen beteiligte Rechtsexperten berichteten im Interview von wenigen Fällen eines (zumindest) potenziellen Interessenkonflikts: beispielsweise die Verwendung von nicht ausgeschüttetem Schadenersatz für die Rückzahlung an den Geldgeber, die Organisation des gesamten Verfahrens durch denselben, institutionelle Beziehungen zwischen der die Kläger vertretenden Anwaltskanzlei und dem Geldgeber.

Diese Beispiele veranschaulichen, dass private Drittmittelfinanzierung in mehreren Mitgliedstaaten in zunehmendem Maße zum Einsatz gelangt. Zudem ist klar, dass dieser zentrale Aspekt kollektiver Rechtsbehelfe eine wichtige grenzüberschreitende Dimension aufweist, da die Mittel zur Anstrengung eines Verfahrens mühelos über Grenzen hinweg bereitgestellt werden können. Dies bedeutet, dass, während die Regulierung der privaten Drittmittelfinanzierung in mehreren Mitgliedstaaten sicherlich einen Schritt in die richtige Richtung im Geiste der Empfehlung darstellen würde, Geldgebern, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, sich stets die Möglichkeit bieten wird, sich strengen nationalen Vorgaben dadurch zu entziehen, dass sie sich um eine Finanzierung von Sammelklagen in einem anderen EU-Mitgliedstaat bemühen, in denen Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehen und die private Drittmittelfinanzierung weiterhin keiner Regulierung unterliegt.

Hieraus lässt sich schließen, dass dies einen der Punkte darstellt, bei denen die Empfehlung in der Rechtsetzung der Mitgliedstaaten praktisch keinen Niederschlag gefunden hat und wo es wichtig wäre zu analysieren, auf welchem Wege die Ziele dieses Grundsatzes sich in der Praxis am besten erreichen ließen.

2.1.7Grenzüberschreitende Fälle

Die Empfehlung erlegt den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, die Teilnahme ausländischer Gruppen von Klägern oder ausländischer Vertreterorganisationen an einer bestimmten Sammelklage vor ihren Gerichten nicht durch nationale Bestimmungen hinsichtlich der Zulässigkeit oder der rechtlichen Stellung zu verhindern. Benannte Vertreterorganisationen sollten in der Lage sein, für ihre Forderungen zuständige Gerichte auch in anderen Mitgliedstaaten anzurufen. 30

Wirtschaftstätigkeiten verbreiten sich oftmals über Grenzen hinweg und können Personen aus mehreren Mitgliedstaaten Schaden zufügen, der aus denselben oder ähnlichen Aktivitäten resultiert. Solchen Personen sollten die Vorzüge einer Bündelung ihrer Kräfte zur Durchsetzung ihrer Rechte nicht vorenthalten werden. Eine benannte Einrichtung in einem Mitgliedstaat sollte in der Lage sein, ein Verfahren in jedem anderen Mitgliedstaat anzustrengen, der über die Zuständigkeit für eine Entscheidung in der betreffenden Sache verfügt. Die Empfehlung bekräftigt somit den Grundsatz der Nichtdiskriminierung im Kontext von Zivilverfahren und befürwortet die wechselseitige Anerkennung des Status benannter Einrichtungen.

In keinem Mitgliedstaat bestehen grundsätzliche Hindernisse, die einer Teilnahme irgendeiner natürlichen oder juristischen Person aus einem anderen Mitgliedstaat an einer Gruppenklage vor dessen Gerichten entgegenstünden. Die Teilnahme an einer Gruppe von Antragstellern beschränkt sich nicht auf den Kreis derjenigen, die im Mitgliedstaat, in dem die Sammelklage angestrengt wird, ihren Wohnsitz haben bzw. niedergelassen sind.

Die Konsultation hat ergeben, dass im Streit um die Emissionen von Fahrzeugen, bei dem zahlreiche Verbraucher in der gesamten EU durch den Verkauf von Fahrzeugen mit irreführenden Angaben zu den Emissionswerten betroffen waren, die Einführung kollektiver Rechtsdurchsetzungsverfahren in vier Mitgliedstaaten nach sich gezogen hat. Diese anhängigen Fälle können je nach Mitgliedstaat, in dem die Urteile ergehen werden, zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Diese Situation könnte einen Anreiz für die Wahl des jeweils günstigsten Gerichtsstands schaffen, bei der die Antragsteller ihre Ansprüche dort vorbringen, wo eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit gegeben zu sein scheint. Darüber hinaus wurden weitere Gefahren ermittelt, etwa die einer doppelten Entschädigung oder tatsächlich auch einander widersprechende Entscheidungen. 31

Im Hinblick auf die Anerkennung der in anderen Mitgliedstaaten benannten Vertreterorganisationen stellt sich die Lage stärker divergierend dar. In keinem Mitgliedstaat existieren Regelungen für die allgemeine Anerkennung von durch andere Mitgliedstaaten benannte Vertreterorganisationen. Die einzige Ausnahme bildet die Richtlinie über Unterlassungsklagen, der zufolge die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass qualifizierte Einrichtungen vor den Gerichten oder Verwaltungsbehörden in anderen Mitgliedstaaten, in denen die von dieser qualifizierten Einrichtung geschützten Interessen von einem Rechtsverstoß betroffen sind, der in diesem Mitgliedstaat seinen Ursprung hat, einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen können. 32 In allen übrigen Fällen müssen die Vertreterorganisationen die einzelstaatlichen Anforderungen an die rechtliche Stellung erfüllen, was unter Umständen von ausländischen benannten Einrichtungen nicht geleistet werden kann, etwa die Anerkennung durch eine bestimmte einzelstaatliche Behörde (z. B. BE) oder die Anwesenheit und Tätigkeit auf dem Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates (z. B. FR, BG). Somit wird in Bezug auf die Anerkennung die Empfehlung von den Mitgliedstaaten in Zusammenhang mit kollektiven Entschädigungsverfahren und kollektiven Unterlassungsverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie über Unterlassungsklagen nicht befolgt.

2.2Anträge auf einstweilige Anordnungen

2.2.1Zweckdienlichkeit von Anordnungsverfahren

In der Empfehlung wird befürwortet, dass Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in zweckdienlicher Weise behandelt werden sollten, gegebenenfalls im Schnellverfahren, um weiteren Schaden abzuwenden. 33

Alle Mitgliedstaaten sehen in ihrem Zivilverfahrensrecht eine Möglichkeit zur Beantragung einer Verfügung vor, mit der ein Beklagter dazu verpflichtet wird, von rechtswidrigen Praktiken Abstand zu nehmen. Die Möglichkeit zur Beantragung einer einstweiligen Anordnung besteht in allen Mitgliedstaaten innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie über Unterlassungsklagen, d. h. in Bezug auf Verletzungen des EU-Verbraucherrechts entsprechend der Auflistung in Anhang I zur Richtlinie und den Maßnahmen zu deren Umsetzung in nationales Recht des Mitgliedstaats, die kollektiven Verbraucherinteressen zuwiderlaufen. Manche Mitgliedstaaten sehen die Möglichkeit zu kollektiven Unterlassungsklagen auf anderen bestimmten Gebieten vor. 34  

Was die Länge des Verfahrens der Unterlassungsklage anbelangt, sind nach der Richtlinie über Unterlassungsklagen kollektive Unterlassungsklagen auf dem Gebiet des Verbraucherrechts „mit aller gebotenen Eile und gegebenenfalls im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens 35 zu behandeln. Unabhängig vom betreffenden Rechtsgebiet sehen alle Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, nach deren allgemeinen Zivilverfahrensbestimmungen einstweilige Maßnahmen zu beantragen. Solche Anträge werden naturgemäß eher rasch behandelt, besteht doch ihr ureigentlicher Zweck darin, bis zum Ergehen eines Urteils im Hauptverfahren das Auftreten weiterer, möglicherweise irreversibler Schäden zu verhindern. In Bezug auf verbraucherrechtliche Fälle macht die Eignungsprüfung deutlich, dass ein deutlicher Bedarf besteht, die Stellung von Anträgen auf Erlass einer Anordnung effektiver zu gestalten, und die Länge des Verfahrens wird als problematisch wahrgenommen. Allerdings kann die praktische Wirksamkeit dieses Instruments dort beeinträchtigt sein, wo kollektive Anordnungsverfahren nicht zur Verfügung stehen.

2.2.2Wirksame Vollstreckung von Anordnungen

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu aufgefordert, eine wirksame Vollstreckung von Anordnungen durch geeignete Sanktionen sicherzustellen, unter anderem durch die Verhängung eines täglichen Ordnungsgeldes bei Zuwiderhandlung. 36

Die Vollstreckung von Anordnungen erfolgt in der Regel unter Anwendung derselben Maßnahmen unabhängig davon, ob die Anordnung aufgrund eines Einzel- oder Gemeinschaftsantrags ergangen ist.

In der Richtlinie über Unterlassungsklagen werden spezifische Vollstreckungsmaßnahmen für Zuwiderhandlungen gegen die jeweilige Anordnung in verbraucherrechtlichen Angelegenheiten in Gestalt der Verhängung eines feststehenden Ordnungsgeldes für jeden Tag der Zuwiderhandlung oder sonstiger Beträge zugunsten der Staatskasse oder anderer Begünstigter gefordert, jedoch nur „sofern dies nach dem Recht des Mitgliedstaats zulässig ist 37 . In allen Mitgliedstaaten ist die Verhängung solcher Ordnungsgelder vorgesehen, auch in jenen, in denen außergerichtliche Stellen für Anordnungen zuständig sind. Allerdings ist es der Studie, auf die sich die Eignungsprüfung stützt, zufolge in manchen Fällen zweifelhaft, ob die Ordnungsgelder ihrer Höhe nach ausreichen, um von einer Fortsetzung des Rechtsverstoßes abzuschrecken. 38  

Als ergänzende Vollstreckungsmethode schafft die Richtlinie über Unterlassungsklagen eine Möglichkeit zur Anordnung der Veröffentlichung von Verbotsverfügungen und Richtigstellungen, wenn auch nur „gegebenenfalls“. Solche Maßnahmen können ein überaus wirksames Mittel zur Information von Verbrauchern über den Rechtsverstoß sowie als Abschreckung gegenüber Händlern darstellen, die um ihren Ruf besorgt sind. Die Information der breiten Öffentlichkeit wurde in einigen Mitgliedstaaten durch eine stärker zielgerichtete Unterrichtung betroffener Verbraucher ergänzt, damit diese auf Schadenersatz zielende Folgeklagen erwägen können.

Außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie über Unterlassungsklagen ist in allen Mitgliedstaaten die Verhängung von Bußgeldern vorgesehen, um den unterlegenen Beklagten zur raschen Umsetzung einer Unterlassungsverfügung zu bewegen. 39 Zudem stellt in einigen Mitgliedstaaten (CY, IE, LT, MT, UK) die Nichtbefolgung einer richterlichen Anordnung einen Straftatbestand dar.

2.3Entschädigung

2.3.1Opt-in

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu aufgefordert, in ihre nationalen kollektiven Rechtsbehelfsregelungen den Grundsatz des „Opt-in“ einzuführen, bei dem die juristische bzw. natürliche Person, die sich der Klage anschließt, dies nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung tun sollte. Ihr sollte dabei die Möglichkeit gegeben werden, sich bis zum Zeitpunkt, zu dem das Urteil ergeht oder der Fall beigelegt wird, der Klage anzuschließen oder aus selbiger zurückzuziehen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind zulässig, sollten jedoch durch Gründe einer ordnungsgemäßen Rechtspflege gerechtfertigt sein. 40

Den Hintergrund für die Annahme dieses Grundsatzes bildet die Notwendigkeit, Verfahrensmissbrauch entgegenzuwirken, bei dem Parteien ohne ihre ausdrückliche Zustimmung in eine Klage eingebunden werden. Die Anwendung des gegenteiligen Prinzips des so genannten „Opt-out“, bei dem Parteien, die einer bestimmten Kategorie oder Gruppe angehören, automatisch an Gerichtsverfahren bzw. außergerichtlichen Einigungen teilnehmen, sofern sie sich nicht ausdrücklich daraus zurückziehen, könnte unter gewissen Umständen – insbesondere bei grenzüberschreitenden Rechtssachen für problematisch erachtet werden. Dies hat mit dem Umstand zu tun, dass Parteien mit Wohnsitz in einem anderen Land möglicherweise über den laufenden Rechtsstreit nicht unterrichtet sind und sich damit in einer Situation wiederfinden, in der sie unwissentlich an einem anhängigen Verfahren beteiligt sind. Andererseits ließe sich das „Opt-out“-Prinzip als das effektivere Konzept ansehen, das unter Umständen dann gerechtfertigt ist, wenn die Wahrung kollektiver Interessen geboten erscheint, die ausdrückliche Zustimmung aller Betroffenen indes nur mit Mühe zu erlangen ist, z. B. bei verbraucherrechtlichen Fällen im Inland mit einer nur geringen individuellen Schädigung, die keinen Anreiz für eine „Opt-in“-Regelung schafft, in der Summe hingegen erheblich ist. 41  

Es finden sich verschiedene Anwendungen dieses Prinzips in den Mitgliedstaaten, in denen kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe in Bezug auf Entschädigungsansprüche zur Verfügung stehen. 13 Mitgliedstaaten (AT, FI, FR, DE, EL, HU, IT, LT, MT, PL, RO, ES, SE) folgen in ihren kollektiven Rechtsbehelfsregelungen ausschließlich dem „Opt-in“-Prinzip. Vier Mitgliedstaaten (BE, BG, DK, UK) wenden je nach Art der Maßnahme mal das „Opt-in“- mal das „Opt-out“-Prinzip an, während zwei Mitgliedstaaten (NL und PT) ausschließlich dem „Opt-out“-Prinzip folgen.

Unter den Mitgliedstaaten, die nach erfolgter Annahme der Empfehlung eine Anpassung ihrer Rechtsvorschriften vorgenommen haben, haben LT und FR Opt-in-Systeme eingeführt, während BE und das UK in den neu eingeführten Regelungen (etwa wettbewerbsrechtlichen Fällen im UK) einem hybriden System folgen, bei dem die Wahl zwischen Opt-in und Opt-out dem Gericht überlassen wird.

In BE erfolgt die Entscheidung über die Anwendung des einen oder anderen Prinzips fallweise nach einer Beurteilung, wie sich die Interessen der Verbraucher am besten schützen lassen. Bei ausländischen Klägern schreibt das belgische System allerdings das „Opt-in“-Prinzip vor. Der gleiche Trend lässt sich im neuen System des UK in wettbewerbsrechtlichen Fällen erkennen, in denen die vom Gericht ergangene „Opt-out“-Anweisung eine Fortführung des Rechtswegs lediglich für Kläger mit Wohnsitz im UK versperrt.

Der in den NL anhängige neue Legislativvorschlag führt den Status quo fort und folgt dabei dem „Opt-out“-Prinzip. Der in SI vorgelegte Vorschlag führt das „Opt-in“-Prinzip ein, wobei die Möglichkeit eines „Opt out“ für Fälle fortbesteht, in denen eine solche Wahl aus Gründen einer ordnungsgemäßen Justizverwaltung (beispielsweise eines geringen Werts der Einzelforderungen) gerechtfertigt ist.

Hieraus lässt sich schließen, dass, während die große Mehrzahl der Mitgliedstaaten in sämtlichen oder bestimmten Typen von Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung das Opt-in-Prinzip zur Anwendung bringt, die Empfehlung eine nur begrenzte Wirkung auf die Gesetze der Mitgliedstaaten entfaltet hat. Gleichzeitig zeigen die neuen gesetzlichen Regelungen in BE und im UK, dass selbst dort, wo das Opt-out-Prinzip zur Anwendung gelangt, offenbar ein Drang nach Unterscheidung zwischen rein inländischen und grenzüberschreitenden Fällen besteht und dabei in einem grenzüberschreitenden Zusammenhang eher auf das „Opt-In“-Prinzip zu vertrauen.

2.3.2Kollektive außergerichtliche Streitbeilegung

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu aufgefordert, Anreize für eine außergerichtliche, einvernehmliche Beilegung ihrer Streitigkeiten durch die Parteien vor und während des Verfahrens zu schaffen und Mechanismen zur kollektiven außergerichtlichen Streitbeilegung parallel oder als freiwilliges Element kollektiver gerichtlicher Rechtsbehelfe zur Verfügung zu stellen. Die für die Ansprüche geltenden Verjährungsfristen sollten während des alternativen Verfahrens zur Streitbeilegung ruhen. Das verbindliche Ergebnis eines kollektiven Vergleiches sollte von einem Gericht kontrolliert werden. 42

Regelungen für eine kollektive außergerichtliche Streitbeilegung sollten den Anforderungen der Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen Rechnung tragen 43 , zugleich jedoch in besonderer Weise auf Sammelklagen zugeschnitten sein 44 .

Die Einführung solcher Regelungen in Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung stellt eine wirksame Methode für den Umgang mit Massenschadensereignissen dar, bei potenziell positiven Auswirkungen auf die Länge der Verfahren und die Kosten für die Parteien und das Rechtssystem.

Unter den 19 Mitgliedstaaten, deren Rechtsordnung kompensatorische Rechtsbehelfe vorsieht, haben elf spezifische Bestimmungen in Bezug auf Verfahren zur kollektiven außergerichtlichen Streitbeilegung eingeführt (BE, BG, DK, FR, DE, IT, LT, NL, PL, PT, UK). Die Liste enthält sowohl die drei Mitgliedstaaten, welche nach erfolgter Annahme der Empfehlung neue Gesetze verabschiedet haben (BE, FR und LT), als auch das UK, wo eine spezifische Bestimmung über außergerichtliche Streitbeilegung in das Wettbewerbsrecht aufgenommen wurde. In seinem Legislativvorschlag folgt SI weitestgehend der Empfehlung. Die übrigen acht Mitgliedstaaten, die über Regelungen in Bezug auf kollektive Rechtsbehelfe verfügen, wenden in solchen Fällen allgemeine Bestimmungen über außergerichtliche Streitbeilegung an, wie sie beispielsweise gemäß Richtlinie 2008/52/EG in die einzelstaatliche Gesetzgebung aufgenommen wurden.

Während die Verfügbarkeit von Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung per se zu begrüßen ist, könnten die in Bezug auf Sammelklagen geltenden Bestimmungen gewisse Besonderheiten solcher Sammelklagen besser berücksichtigen. So sieht die Empfehlung vor, dass die Verwendung kollektiver außergerichtlicher Streitbeilegung von der ausdrücklichen Zustimmung durch die beteiligten Parteien abhängig sein sollte, während diese in Bezug auf Einzelforderungen vorgeschrieben sein kann. 45 Darüber hinaus stellt ein wichtiges Element dabei, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte der beteiligten Parteien gewahrt werden, die anschließende gerichtliche Überprüfung des Vergleichs dar.

Bei der Konsultation trat ein bedeutender Trend im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Streitbeilegung zutage, insbesondere die einvernehmliche Einstellung von Verfahren durch unmittelbare Vergleichsverhandlungen ohne Beteiligung eines Dritten. 46

Es kann somit der Schluss gezogen werden, dass, während all die Mitgliedstaaten, die in jüngster Zeit ihre Rechtsetzung geändert oder neue Gesetze eingeführt haben oder in deren Einführung begriffen sind, die Empfehlung weithin befolgt haben, der Zugang zu Regelungen einer kollektiven außergerichtlichen Streitbeilegung, die auf den spezifischen Kontext kollektiver Rechtsbehelfe abgestimmt sind, in einer beträchtlichen Zahl an Mitgliedstaaten nicht gewährleistet ist.

2.3.3Anwaltshonorare

Die Empfehlung sieht vor, dass die Vergütung der Anwälte und die Form der Berechnung keine unnötigen Anreize für das Führen von Prozessen schaffen, die im Interesse weder der einen noch der anderen Partei sind. Insbesondere sollten Erfolgshonorare verboten sein, die tendenziell solche Anreize schaffen; wo solche Erfolgshonorare ausnahmsweise erlaubt sind, sollten sie bei kollektiven Verbraucherklagen in Anbetracht des Anspruchs der Angehörigen der Klägerpartei auf volle Entschädigung in angemessener Weise reguliert sein. 47

Allgemein sind die Anwaltshonorare in den Mitgliedstaaten nicht in Abhängigkeit von der Art des Falles wie insbesondere Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung festgelegt.

In neun Mitgliedstaaten (BG, CY, CZ, DE, EL, PL, SI, ES, UK) ist eine gewisse Form von Erfolgshonoraren zugelassen, wobei der an den Anwalt zu entrichtende Betrag von 15 % nach einem Gesetzesentwurf in SI bis zu 50 % der Höhe der zugesprochenen Entschädigung im UK reicht. In all diesen Mitgliedstaaten scheint es mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs besondere Bestimmungen in Bezug auf die Handhabung solcher Entschädigungen bei Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung zu geben. Eine bemerkenswerte Ausnahme von dieser Regel findet sich in den Wettbewerbsregelungen des UK, wo Vereinbarungen über Erfolgshonorare bei gerichtlichen Opt-out-Wettbewerbsverfahren nicht zur Verfügung stehen. Zudem wird im Legislativvorschlag in SI die Verfügbarkeit von Erfolgshonoraren bei Verfahren zur kollektiven Rechtsdurchsetzung eigens erwähnt.

Hierzu ist anzumerken, dass nicht alle Formen von Erfolgshonoraren als Anreiz zur Führung von Prozessen wider die Interessen der beteiligten Parteien angesehen werden können. So sind in DE Erfolgshonorare nur in Ausnahmefällen zulässig, in denen das mutmaßliche Opfer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und seinen Anspruch nur auf dem Wege einer Erfolgshonorarvereinbarung geltend machen kann. Demgegenüber scheint ein Erfolgshonorar von bis zu 50 % der zugesprochenen Entschädigung wie im UK oder bis zu 33 % in ES eher dazu geeignet, einen Anreiz für unnötige Gerichtsverfahren zu schaffen.

Andere Mitgliedstaaten sehen erfolgsabhängige Honorare vor, entweder in Form einer Erfolgsprämie oder im Gegenteil einer Verringerung des Honorars im Falle, dass bestimmte Ziele nicht erreicht werden (AT, BE, FR, IT, LT, LU, PL, SE). Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Vergütungsformen besteht darin, dass im Falle von Erfolgshonoraren der Anwalt auch dann bezahlt wird, wenn er den Prozess verliert, jedoch mehr Geld – die so genannte Erfolgsprämie – erhält, wenn er im Verfahren obsiegt, wohingegen bei einem Erfolgshonorar nur dann bezahlt wird, wenn er den Prozess gewinnt. Während Erfolgshonorare keinen Anreiz per se zum Führen unnötiger Prozesse schaffen und in der Empfehlung dementsprechend auch nicht deren Verbot gefordert wird, können sie unter gewissen Umständen ähnliche Wirkung haben. Sie könnten zu unnötigen Klagen auf unrealistische Beträge insbesondere dann führen, wenn sie als prozentualer Anteil an der zugesprochenen Entschädigung festgelegt werden. Auf der anderen Seite scheint von einem pauschalen Erfolgshonorar eine geringere Gefahr der Schaffung von Anreizen für aggressive Klagepraktiken auszugehen.

Im Rahmen der Konsultation gaben zwei Auskunftsgebende aus den NL und aus FI die Anwaltshonorare als Problempunkt an – nicht unbedingt im Hinblick auf Erfolgshonorare, sondern als ein Faktor, der zu den hohen Kosten kollektiver Rechtsdurchsetzungsverfahren insbesondere dann beiträgt, wenn man ihn im Kontext des Prinzips der Zahlungspflicht der im Prozess unterlegenen Partei betrachtet. Daneben führte ein Auskunftsgebender aus dem UK das Beispiel eines Falles an, bei dem das einzelstaatliche Gericht befand, dass die von einer auf Erfolgshonorarbasis arbeitenden Anwaltskanzlei angestrengte Klage einen Verfahrensmissbrauch darstellte. Der Auskunftsgebende hob dabei den potenziell hohen Ertrag, der sich von Anwälten oder Drittmittelgebern hierbei erzielen lässt, als ein Problem hervor, das sich insbesondere bei „Opt-out“-Systemen stellt, bei denen es wegen der hohen Kosten, die mit der Klärung der Frage verbunden sind, ob die Geschädigten in eine bestimmte Kategorie fallen, Schwierigkeiten bereitet, den Betreffenden eine Entschädigung zukommen zu lassen.

Hieraus lässt sich schließen, dass die Empfehlung sich nur in sehr begrenztem Umfang auf das System der Anwaltshonorare in den Mitgliedstaaten ausgewirkt hat. Allerdings haben die Mitgliedstaaten, die nach der Annahme der Empfehlungen neue Gesetze verabschiedet haben, auf die Einführung von Erfolgshonoraren verzichtet; eine Ausnahme bildet lediglich SI, das solche im anstehenden Legislativvorschlag über kollektive Rechtsbehelfe vorsieht. Das System der Anwaltshonorare scheint in die nationalen verfahrensrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten eingebunden zu sein, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Änderung an diesen Systemen in Betracht gezogen würde, um die besonderen Belange von Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung anzugehen.

2.3.4Strafschadenersatz

In der Empfehlung wird ein Verbot von Strafschadenersatz wie auch sonstiger Entschädigungen gefordert, die über diejenigen hinausgehen, welche bei einer Individualklage erzielt würden. 48

Das Konzept einer Überkompensation durch Strafschadenersatz ist der Mehrzahl der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten fremd. Die Konsultation hat keinen Fall aufgezeigt, bei dem bei Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung Strafschadenersatz beantragt oder gewährt worden wäre. Dies bedeutet, dass kein Bedarf nach besonderen gesetzlichen Regelungen in Bezug auf solche Verfahren besteht.

Lediglich drei Mitgliedstaaten gestatten Strafschadenersatz in gewisser Form, wenn auch in sehr begrenztem Umfang. In EL beispielsweise gelangt in Gestalt einer finanziellen Entschädigung für ideelle Schäden bei von Verbraucherverbänden geführten Klagen eine gewisse Form von finanzieller Entschädigung zur Anwendung, der sich mit Strafschadenersatz vergleichen lässt. In IE wird Strafschadenersatz allgemein nur selten verhängt 49 und beschränkt sich zumeist auf das Feld der öffentlichen Ordnung. Schließlich noch steht im UK (in England und Wales) Strafschadenersatz nur unter sehr seltenen Umständen zur Verfügung, bei denen es dem Beklagten hätte klar sein müssen, dass er gesetzwidrig handelte, er dennoch sein Handeln fortführte in der Erwartung, dass sein Gewinn jede Entschädigung überstiege, die den Opfern seines Handelns zugesprochen würde. Strafschadenersatz ist allerdings nicht im wettbewerbsrechtlichen Mechanismus vorgesehen, der mit der 2014 eingeführten Richtlinie über kartellrechtlichen Schadenersatz 50 nach erfolgter Annahme der Empfehlung eingeführt wurde.

Hieraus lässt sich schließen, dass die Mehrzahl der Mitgliedstaaten aufgrund des allgemeinen Ansatzes, der auf Grundlage eines alteingeführten Grundsatzes in den zivilrechtlichen Systemen der Mitgliedstaaten gewählt wurde, bei Massenschadensereignissen keinen Strafschadenersatz verhängt.

2.3.5Folgeklagen

In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu aufgefordert, in ihre Gesetzgebung eine Bestimmung aufzunehmen, der zufolge Privatklagen erst dann angestrengt werden dürfen, nachdem anhängige behördliche Verfahren abgeschlossen sind. Soweit solche Verfahren erst nach Einreichung einer privaten Klage beginnen, sollte das Gericht, vor dem Letztere verhandelt wird, in der Lage sein, diese bis zum Vorliegen einer abschließenden Entscheidung der Behörde auszusetzen. Der Ablauf von Verjährungs- oder Ausschlussfristen, ehe von der Behörde eine abschließende Entscheidung ergeht, sollte die Parteien nicht daran hindern, sich auf dem Weg von Privatklagen um Entschädigung zu bemühen. 51

Aus prozessökonomischen und Rechtssicherheitsgründen sind Entschädigungsklagen unter Umständen wirksamer, wenn sie nach Abschluss des Verfahrens vor einer Behörde, sei es ein Gericht oder eine Verwaltungseinrichtung etwa in Gestalt einer Wettbewerbsaufsichtsbehörde, eingereicht werden. Allerdings sollte das Abwarten einer solchen Entscheidung nicht dazu führen, dass potenziellen Anspruchsberechtigten hierdurch – etwa infolge des Ablaufs von Verjährungs- oder Ausschlussfristen – ihr Recht auf Zugang der Bürger zur Justiz vorenthalten würde.

Bestimmungen nach verbindlichem Unionsrecht existieren diesbezüglich nur auf wettbewerbsrechtlichem Gebiet. Nach der Richtlinie über kartellrechtlichen Schadenersatz gilt ein in einer abschließenden Entscheidung einer einzelstaatlichen Wettbewerbsaufsichtsbehörde oder eines Berufungsgerichts festgestellter Rechtsverstoß bei im Inland eingereichten Folgeklagen auf Schadenersatz als unanfechtbar festgestellt sowie zumindest als Anscheinsbeweis bei in anderen Mitgliedstaaten unternommenen Folgeklagen. Die Richtlinie sieht daneben auch die Aussetzung von Verjährungsfristen vor. Diese gilt für Sammelklagen, wo solche existieren, verpflichtet die übrigen Mitgliedstaaten jedoch nicht zur Einführung von Sammelklagen in ihre einzelstaatlichen Rechtssysteme.

In Bezug auf das Verbraucherrecht enthält die Richtlinie über Unterlassungsklagen keine Regelungen zum Thema Folgeklagen. In den meisten Mitgliedstaaten hat eine einstweilige Verfügung bindende Wirkung nur zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien. Der Studie zur Eignungsprüfung zufolge wirft dies ein Problem für die Wirksamkeit des Verfahrens auf, da Einzelverbraucher, die eine Schadenersatzklage aufgrund eines Rechtsverstoßes anstrengen, aufgrund dessen bereits eine einstweilige Anordnung ergangen ist, hierdurch genötigt sind, den Rechtsverstoß neuerlich nachzuweisen. Dies wiederum erhöht ihr Prozessrisiko sowie die Kosten für sie selbst ebenso wie das Gerichtswesen insgesamt. Daher wird in der Studie darauf hingewiesen, dass eine Möglichkeit bestehen sollte, bei Folgeklagen auf Entschädigung sowohl individueller als auch (soweit verfügbar) kollektiver Art auf bestehende einstweilige Verfügungen verweisen zu können, sowie dass Verjährungsfristen für Folgeklagen auf Schadenersatz bis zum Ergehen einer abschließenden Anordnung ruhen sollten.

In DK, BE und IT besteht in verbraucherrechtlichen Verfahren die Möglichkeit, bei einer anschließenden Sammelklage eine solche Verfügungsentscheidung anzuführen. Kollektive Maßnahmen auf horizontaler Ebene können in BG eingeleitet werden. In den NL besteht die Möglichkeit zu Folgeklagen nicht von Rechts wegen, wohl aber in der Praxis.

Die Konsultation hat ergeben, dass auf Folgeklagen zumeist in wettbewerbsrechtlichen Fällen zurückgegriffen wird, bei denen Entschädigungsklagen sich an die Feststellung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht durch eine Behörde anschließen. Solche Fälle wurden aus den NL, aus FI und dem Vereinigten Königreich berichtet. Ein interessanter verbraucherrechtlicher Fall aus dem Bereich der Finanzdienstleistungen wurde aus FI berichtet, wo im Anschluss an die von der Verwaltung oder einem Gericht verfügte Entscheidung über einen Rechtsverstoß erfolgreiche unmittelbare Verhandlungen zwischen dem Verbraucherverband und dem Beklagten aufgenommen wurden.

Bezüglich dieses Aspekts lässt sich daher schließen, dass die Empfehlung in nur sehr begrenztem Umfang Eingang in die Gesetze der Mitgliedstaaten gefunden hat. Während in einer Reihe von Mitgliedstaaten kollektive Folgeklagen vorgesehen sind, gibt es keinen Anhaltspunkt 52 für eine Befolgung der Grundsätze der Empfehlung, was den der behördlichen Entscheidung einzuräumenden Vorrang und die Aussetzung von Verjährungsfristen anbelangt. Daher können solche Folgeklagen infolge des Umstands, dass entgegen dem Inhalt der Empfehlungen keine besonderen Vorschriften mit Bezug auf die Verjährungs- oder Ausschlussfristen erlassen worden sind, sich auf das Recht auf Zugang der Bürger zur Justiz der Anspruchsteller auswirken.

2.3.6Register der Sammelklagen

In der Empfehlung wird zur Schaffung nationaler Register der Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung aufgefordert, ebenso zur Verbreitung von Informationen über die verfügbaren Methoden zur Erlangung von Entschädigung, auch auf dem Wege außergerichtlicher Verfahren. Dabei ist für Konsistenz zwischen den aus den aus verschiedenen nationalen Registern zusammengetragenen Informationen und deren Interoperabilität Sorge zu tragen. 53

Dieser Grundsatz wurde in die Empfehlung insbesondere aufgrund des Umstands übernommen, dass nur dort, wo Informationen über anhängige Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen, die Möglichkeit zur Umsetzung des „Opt-in“-Prinzips besteht, bei dem die Parteien sich entscheiden können, ob sie sich einem anhängigen Verfahren anschließen oder nicht. Dieser Bedarf stellt sich noch drängender bei grenzüberscheitenden Fällen dar, bei denen einzelstaatliche Verfahren zur Verbreitung von Informationen sich nicht immer auch an ein ausländisches Publikum richten.

Dieses Prinzip bleibt in den Regelungen der Mitgliedstaaten über kollektive Rechtsbehelfe im Großen und Ganzen unbeachtet. Lediglich das UK verfügt über ein nationales Register in Bezug auf Gruppenklagebeschlüsse (Group Litigation Orders) sowie eines für wettbewerbsrechtliche Klagen. SI beabsichtigt die Einführung eines solchen Registers in seine neue Gesetzgebung über kollektive Rechtsbehelfe. Hieraus lässt sich in Bezug auf diesen Aspekt schließen, dass die Empfehlung in der Rechtsetzung der Mitgliedstaaten praktisch keinen Niederschlag gefunden hat.

3Schlussfolgerungen und weitere Schritte

Wie in der Empfehlung ausgedrückt, tragen geeignet konzipierte und ausgewogene Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung zum wirksamen Schutz und zur Durchsetzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten bei, da sich die „traditionellen“ Rechtsbehelfe nicht in allen Fällen als hinreichend wirksam erweisen.

Ohne ein klares, faires, transparentes und zugängliches System kollektiver Rechtsbehelfe besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass andere Wege der Beanspruchung von Entschädigung erkundet werden, die oftmals ein Missbrauchspotenzial mit negativen Folgen für beide Streitparteien in sich tragen.

In vielen Fällen verfolgen betroffene Personen, die sich außerstande sehen, sich zur gemeinsamen Geltendmachung ihrer berechtigten Ansprüche zusammenzuschließen, wegen der mit einer Individualklage verbundenen übermäßigen Belastung ihre Bemühungen nicht weiter.

Mit der Empfehlung wurde ein die Grundsätze für ein EU-weites Modell für die kollektive Rechtsdurchsetzung umfassender Maßstab geschaffen. Dies geschah in einem Umfeld, in dem zahlreiche der darin enthaltenen Elemente in den Rechtssystemen eines Großteils der Mitgliedstaaten bereits vorhanden gewesen waren, wohingegen in anderen (wenn auch wenig zahlreichen) der Begriff der kollektiven Rechtsdurchsetzung noch gänzlich unbekannt gewesen war. Daher sollte die Empfehlung aus zweierlei Blickwinkeln betrachtet werden: zum einen als Bezugspunkt für Diskussionen über die Erleichterung des Zugangs der Bürger zur Justiz und die Verhütung von Verfahrensmissbrauch, und zum anderen als konkreter Anreiz für den Erlass von diesen Prinzipien folgenden Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten.

Was die erstgenannte Dimension anbelangt, hat die Empfehlung einen wertvollen Beitrag dazu geleistet, EU-weit Diskussionen anzustoßen. Zugleich bietet sie eine Grundlage für weitere Überlegungen darüber, auf welche Weise gewisse Prinzipien wie jene mit Bezug auf die Bildung der Klägerpartei oder die Finanzierung von Gerichtsverfahren sich am besten umsetzen lassen, um die Wahrung des Gleichgewichts zwischen dem Zugang der Bürger zur Justiz und der Verhinderung von Missbrauch sicherzustellen.

Was die Überführung in Rechtsvorschriften anbelangt, geht aus der Analyse der gesetzgeberischen Entwicklungen in den Mitgliedstaaten sowie den vorgelegten Nachweisen hervor, dass der Empfehlung bislang in eher geringem Umfang Folge geleistet worden ist. Die Verfügbarkeit von Instrumenten zur kollektiven Rechtsdurchsetzung ist ebenso wie die Einführung von Garantien zum Schutz vor potenziellem Missbrauch solcher Mechanismen innerhalb der EU noch immer sehr ungleich verteilt. Die Auswirkung der Empfehlung lässt sich in den beiden Mitgliedstaaten erkennen, in denen nach ihrer Annahme neue Rechtsvorschriften erlassen wurden (BE und LT), ebenso in SI, wo der Erlass einer neuen Gesetzgebung noch ansteht, und zu einem gewissen Grad in den Mitgliedstaaten, die ihre Gesetzgebung nach 2013 geändert haben (FR und das VK).

Diese nur begrenzte Befolgung bedeutet, dass das Potenzial der Prinzipien, auf denen die Empfehlung gründet, den Zugang der Bürger zur Justiz zugunsten der Funktionsweise des Binnenmarktes zu erleichtern, von einer vollständigen Erschließung noch weit entfernt ist. Noch immer besteht in neun Mitgliedstaaten keine Möglichkeit, bei Massenschadensereignissen nach der Definition der Empfehlung gemeinsam gerichtlich Entschädigung zu fordern. Daneben verzichten in einigen Mitgliedstaaten, die formell eine solche Möglichkeit vorsehen, betroffene Personen in der Praxis auf deren Anwendung in Anbetracht der durch das nationale Recht auferlegten strengen Auflagen, der langwierigen Natur der Verfahren oder auch der gegenüber dem zu erwartenden Nutzen als unverhältnismäßig wahrgenommenen Kosten einer solchen Klage. Die Konsultation hat ebenso vor Augen geführt, dass sich in manchen Fällen kollektiv unternommene rechtliche Schritte dank außergerichtlicher Streitbeilegungen erübrigen, mitunter infolge eines Handelns der Verwaltung. Dies unterstreicht die Bedeutung einer wirksamen außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten im Geiste der Empfehlung.

Während die Empfehlung angesichts der verschiedenartigen Bereiche, in denen es zu einer großen Zahl an Geschädigten kommen kann, eine horizontale Dimension aufweist, lässt sich aus den berichteten konkreten Fällen – einschließlich des Falls der Fahrzeugemissionen – deutlich ersehen, dass es sich bei den Bereichen des EU-Rechts, die für kollektive Interessen von Verbrauchern maßgeblich sind, um diejenigen handelt, bei denen kollektive Rechtsbehelfe am häufigsten zur Verfügung stehen, in denen rechtliche Schritte am häufigsten eingeleitet werden und in denen das Fehlen kollektiver Instrumente zur Rechtsdurchsetzung sich als von größter praktischer Relevanz erweist. In denselben Bereichen haben bestehende verbindliche EU-Bestimmungen über die Dimension des Erlasses von Anordnungen kollektiver Rechtsbehelfe ihren Wert bewiesen. Die Richtlinie über Unterlassungsklagen enthält Regelungen in Bezug auf Verbandsklagen, die von qualifizierten Einrichtungen angestrengt werden, bei denen es sich insbesondere um nicht gewinnorientierte Organisationen oder Behörden handelt, bezüglich derer die Sorge um einen von Profitinteressen geldgebender Dritter geleiteten Verfahrensmissbrauch unbegründet erscheint.

Dieses Bild wird durch die Ergebnisse der Konsultation bestätigt. Während Verbraucherschutzorganisationen sich nachdrücklich für EU-weite Maßnahmen auf diesem Gebiet einsetzen, richtet sich die Sorge der Unternehmensverbände zumeist auf EU-seitige Maßnahmen im Konsumentenbereich, wobei letztere Bedenken in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit oder Subsidiarität äußern und die Kommission nachdrücklich dazu auffordern, sich auf die öffentliche Rechtsverfolgung bzw. auf Rechtsbehelfe auf dem Wege einer außergerichtlichen bzw. Online-Streitbeilegung oder auf das Verfahren für geringfügige Forderungen zu konzentrieren.

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Kommission,

·sich weiterhin für die Umsetzung der in der Empfehlung aus dem Jahre 2013 dargelegten Prinzipien in allen Bereichen einzusetzen, und dies sowohl in Bezug auf die Verfügbarkeit von Klagen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung in der Gesetzgebung der Einzelstaaten und damit einen verbesserten Zugang der Bürger zur Justiz als auch in Bezug auf die Schaffung der erforderlichen Garantien gegen Verfahrensmissbrauch;

·eine weitergehende Analyse einzelner Aspekte der Empfehlung vorzunehmen, die für die Verhütung von Missbrauch und die Gewährleistung eines sicheren Gebrauchs von Instrumenten zur kollektiven Rechtsdurchsetzung von ausschlaggebender Bedeutung sind (beispielsweise die Finanzierung von Sammelklagen), um sich ein besseres Bild von der Konzeption und der Umsetzung in die Praxis machen zu können;

·diese Bewertung der Empfehlung aus dem Jahr 2013 im Rahmen der bevorstehenden Initiative zu einer im Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 angekündigten „Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher“ 54 fortzuführen und sich dabei insbesondere auf die Stärkung der Rechtsbehelfs- und Durchsetzungsaspekte der Richtlinie über Unterlassungsklagen in geeigneten Bereichen zu konzentrieren.

(1)

 Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, Grünbuch „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ (KOM(2005) 672), Weißbuch „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“ (KOM(2008) 165) und Grünbuch über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher (KOM(2008) 794).

(2)

ABl. L 201, 26.7.2013, S. 6065.

(3)

 Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L. 110/30 vom 1.5.2009) zur Kodifizierung der Richtlinie 98/27/EG

(4)

 Bericht der Kommission über die Prüfung der Eignung des EU-Verbraucher- und Marktrechts, Brüssel, 23.5.2017, SWD(2017) 209 final, abrufbar (in englischer Sprache) unter http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=59332 .

(5)

 Veröffentlichung in Kürze unter http://ec.europa.eu/justice/civil/document/index_en.htm .

(6)

Abrufbar unter http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=59332 (in englischer Sprache).

(7)

Vgl. Ziffer 2.3.1 dieses Berichts.

(8)

Randnummer 2 der Empfehlung der Kommission vom 11. Juni 2013 über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten (2013/396/EU) (ABl. L 201 S. 60 vom 26.7.2013).

(9)

Der Anwendungsbereich der Richtlinie über Unterlassungsklagen erfasst die Verletzungen des EU-Verbraucherrechts, die im zugehörigen Anhang I aufgeführt sind.

(10)

Mit Ausnahme von DE, wo der einzige spezifische Mechanismus eines kollektiven kompensatorischen Rechtsbehelfs nicht für Ansprüche von Verbrauchern, sondern lediglich von Investoren gilt.

(11)

Allerdings stehen in den NL kollektive kompensatorische Rechtsbehelfe derzeit nur in Gestalt der Beantragung eines Feststellungsurteils bzw. über besondere Rechtsinstrumente zur Verfügung, die zum Zwecke von Inkassoklagen geschaffen wurden.

(12)

Randnummern 4 bis 7 der Empfehlung der Kommission.

(13)

Nach Richtlinie 2014/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen (ABl. L 128 S. 8 vom 30.4.2014) nach Artikel 3 Absatz 2 haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Verbände, Organisationen (einschließlich Sozialpartnern) oder anderweitige Einrichtungen gewerkschaftlich organisierte Arbeiter bei gerichtlichen und/oder Verwaltungsverfahren zur Durchsetzung von Rechten vertreten dürfen.

(14)

Daneben kann in DK bei privaten Gruppenklagen der Vertreter aus den Gruppenmitgliedern heraus ernannt werden.

(15)

Interessanterweise sind trotz diesen anspruchsvollen Bedingungen derzeit 18 Organisationen in Italien und 15 in Frankreich registriert. Allerdings hat nur eine begrenzte Zahl an solchen Einrichtungen (sechs in FR, drei in IT in den zurückliegenden vier Jahren) tatsächlich Verbandsklagen angestrengt.

(16)

Zudem kann in wettbewerbsrechtlichen Fällen im UK auch ein Gruppenmitglied die Gruppe vertreten, was dieses Verfahren dann eher zu einer Gruppenklage als zu einer Verbandsklage im Sinne der Empfehlung macht.

(17)

Randnummern 8 und 9 der Empfehlung der Kommission.

(18)

So hat in Belgien das Gericht unter anderem die potenzielle Größe der Gruppe von betroffenen Verbrauchern, den Grad der Komplexität der für die kollektive Rechtsdurchsetzung zu ergreifenden Maßnahmen sowie die sich daraus ergebenden Folgen für einen wirksamen Verbraucherschutz und eine reibungslose Funktion der Justiz zu berücksichtigen.

(19)

In Italien beispielsweise hat das Gericht neben der rechtlichen Stellung der Einrichtung zu prüfen, ob ein Interessenkonflikt besteht.

(20)

In BE und NL wurden die Zulässigkeitsbestimmungen als problematisch bezeichnet, während die Länge eines solchen Verfahrens in BE und PL ausdrückliche Erwähnung fand. In Dänemark wurden die Zulässigkeitsbestimmungen im Zusammenhang mit den restriktiven Bestimmungen zur Sachlegitimation als restriktiv bezeichnet. In PL kann die Anforderung, dass die beanspruchten Summen zumindest in mehreren Teilgruppen identisch sein müssen, potenzielle Gruppenmitglieder von einer Beteiligung am Verfahren abhalten oder sie dazu verleiten, ihre Ansprüche zu vermindern, um anspruchsberechtigt zu sein. In ähnlicher Weise wurde im UK die strenge Auslegung der Anforderung als Zulässigkeitskriterium in wettbewerbsrechtlichen Fällen, wonach Ansprüche die gleichen, ähnliche oder damit in Zusammenhang stehende Sach- oder Rechtsfragen aufwerfen sollten, von einem Auskunftsgebenden im Hinblick auf die Erlangung eines Zugangs zu Rechtsmitteln für problematisch erachtet.

(21)

Randnummern 10 bis 12 der Empfehlung der Kommission.

(22)

Wie unter Punkt 3.5 der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“ (COM(2013) 401 final) erläutert.

.

(23)

Randnummer 13 der Empfehlung der Kommission.

(24)

In LU kann der erfolgreichen Partei eine Verfahrensentschädigung in einer vom Richter festzulegenden Höhe zugesprochen werden, was jedoch eine nachfolgende Antragsstellung bei Gericht und somit zusätzlichen Aufwand erfordert.

(25)

Oder die Nichterhebung von Gebühren bei Anträgen auf Erlass einer Anordnung im Bereich Verbraucherrecht vor Verwaltungsbehörden (FI, LV). Die Richtlinie über Unterlassungsklagen enthält keine Regelung hinsichtlich der diesbezüglichen Verfahrenskosten. Dessen ungeachtet wurde von qualifizierten Einrichtungen das mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einhergehende finanzielle Risiko als das wesentlichste Hindernis für eine wirksame Nutzung von Klagen dieser Art benannt. Der Studie, auf der die Eignungsprüfung beruht, zufolge bestünde die wirksamste Maßnahme in der Aufnahme einer Bestimmung in die Richtlinie über Unterlassungsklagen, der zufolge in objektiv gerechtfertigten Fällen qualifizierte Einrichtungen keine Gerichts- oder Verwaltungsgebühren zu entrichten hätten.

(26)

Mehrere Auskunftsgebende auf die Konsultation aus BE, NL, RO und FI erkannten in diesem Prinzip ein potenzielles Problem, da der Umfang der potenziellen Kostenerstattung einen erheblichen Risikofaktor darstellt, den es vor der Einreichung einer Forderung zu berücksichtigen gilt. Dies gilt in noch größerem Maße, wenn wie in CZ kein kollektiver kompensatorischer Rechtsbehelf zur Verfügung steht und solche Forderungen nur in Form von Individualklagen geltend gemacht werden können.

(27)

Wenn etwa Anwaltshonorare nur in Höhe der gesetzlichen Gebührenordnung erstattet werden, die in der Praxis überschritten werden kann.

(28)

Randnummern 14 bis 16 sowie Randnummer 32 der Empfehlung der Kommission.

(29)

Nach bürgerlichem Recht kann jeder, der Klagen eines anderen unzulässigerweise finanziert, für haftbar befunden werden, sämtliche Prozesskosten der gegnerischen Partei zu tragen, falls der Rechtsstreit verloren geht.

(30)

Randnummern 17 und 18 der Empfehlung der Kommission.

(31)

Schließlich äußerten zwei Auskunftsgebende ihre Besorgnis, dass die Zuständigkeitsregelung zum Schutz von Verbrauchern der Verordnung Brüssel I (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1) nicht für Vertreterorganisationen gilt.

(32)

Vgl. Artikel 4 der Richtlinie über Unterlassungsklagen, der ein System zur Benachrichtigung qualifizierter Einrichtungen festlegt, das in eine von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Liste aufgenommen werden soll. Allerdings reichen dem Bericht der Eignungsprüfung zufolge qualifizierte Einrichtungen kaum jemals Unterlassungsklagen in anderen Mitgliedstaaten ein, insbesondere wegen der damit verbundenen Kosten und weil sie in den meisten Fällen eine Unterlassungsklage im Zuständigkeitsbereich ihrer Gerichtsbarkeit auch mit Bezug auf Rechtsverstöße mit grenzüberschreitenden Implikationen einreichen können.

(33)

Randnummer 19 der Empfehlung der Kommission.

(34)

Vgl. Ziffer 2.1.1 dieses Berichts.

(35)

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a.

(36)

Randnummer 20 der Empfehlung der Kommission.

(37)

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c.

(38)

Zudem werden in einzelnen Mitgliedstaaten diese Sanktionen nicht bei der Anordnung festgelegt, sondern erfordern weitere rechtliche Schritte. Vor diesem Hintergrund werden in der Studie zur Eignungsprüfung klare gesetzliche Regelungen auf EU-Ebene in Bezug auf bei Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverfügung zu verhängende Sanktionen empfohlen.

(39)

Mit Ausnahme eines Auskunftsgebenden aus RO, der betonte, dass die von der staatlichen Verbraucherschutzbehörde wegen Nichtbefolgung eines Urteils verhängte Bußgeld ausgesprochen niedrig ist und keinerlei abschreckende Wirkung zeigt, wurden bei der Konsultation im Zusammenhang mit diesem Grundsatz keine besonderen Probleme berichtet.

(40)

Randnummern 21 bis 24 der Empfehlung der Kommission.

(41)

In drei Antworten auf die Konsultation wurde Unterstützung für ein „Opt-out“-System geäußert, beispielsweise in bestimmten Situationen, in denen sich die Identität der betroffenen Personen nicht ohne weiteres ermitteln lässt, etwa bei mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Drittstaaten, insbesondere mit Bezug auf die Arbeitsbedingungen, und Maßnahmen gegen Beklagte mit Mandat in einem Mitgliedstaat eingeleitet werden können. Allerdings äußerte ein Auskunftsgebender aus dem UK Zweifel an der Wirksamkeit des „Opt-out“-Systems, da die Erfahrung zeige, dass dieses mit hohen Kosten und ebenfalls hohem Verwaltungsaufwand im Hinblick auf die Ermittlung der Personen verbunden ist, die in eine bestimmte Kategorie fallen. Schließlich noch äußerte ein Auskunftsgebender aus den NL Unterstützung für ein System, das zwischen einem „Opt-in“ in Bezug auf Sammelklagen und einem „Opt-out“ bezüglich kollektiver Vergleiche unterscheidet, während ein Auskunftsgebender aus BE ausdrücklich das „Opt-in“-System favorisierte.

(42)

Randnummern 25 bis 28 der Empfehlung der Kommission.

(43)

ABl. L 136 vom 24.5.2008, S. 3.

(44)

In Erwägungsgrund 27 der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG wird klargestellt, dass die Richtlinie keine kollektive alternative Streitbeilegung auf dem Gebiet des Verbraucherrechts regelt, jedoch vorurteilslos gegenüber Mitgliedstaaten auftritt, welche solche alternativen Streitbeilegungsverfahren fort- oder einführen.

(45)

Randnummer 26 der Empfehlung im Vergleich mit Artikel 1 der Richtlinie 2013/11/EU, in dem festgelegt ist, dass Letztere vorurteilslos gegenüber einzelstaatlicher Gesetzgebung ist, welche die Teilnahme an Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung verpflichtend auferlegt, sofern Rechtsvorschriften dieser Art die Parteien nicht an der Ausübung ihres Rechts auf Zugang zum Justizsystem hindern.

(46)

So wird in mehreren Antworten auf die in den Niederlanden gemachten Erfahrungen mit Gesetzgebung über von Gerichten geprüfte kollektive Einigungen (WCAM) verwiesen, bei denen unmittelbare Vergleichsverhandlungen und Gerichtsverfahren parallel zueinander anhängig sind. In einer Antwort wird erwähnt, dass von den zehn Fällen kollektiver verbraucherrechtlicher Rechtsbehelfe, die in FR seit der Einführung der Rechtsvorschriften im Oktober 2014 eingelegt worden sind, zwei durch Schlichtung (mit anschließender gerichtlicher Bestätigung) beigelegt wurden. Über eine ähnliche Erfahrung wird aus SE, FI und BE berichtet, wo ein Gericht unlängst eine in einem verbraucherrechtlichen Fall mit Bezug auf Fahrgastrechte erzielte Einigung bestätigte.

(47)

Randnummern 29 und 30 der Empfehlung der Kommission.

(48)

Randnummer 31 der Empfehlung der Kommission.

(49)

Aufgrund des Fehlens eines Systems kollektiver kompensatorischer Rechtsbehelfe ist Strafschadenersatz in diesem Bereich nicht von Bedeutung gewesen.

(50)

Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. L 349 vom 5.12.2014, S. 1.

(51)

Randnummern 33 und 34 der Empfehlung der Kommission.

(52)

Außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/104/EU, insoweit die Mitgliedstaaten kollektive Folgeklagen auf wettbewerbsrechtlichem Gebiet vorsehen.

(53)

Randnummern 35 bis 37 der Empfehlung der Kommission.

(54)

COM(2017) 650 final.

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