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Document 62017TJ0778
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 24. Oktober 2019 (Auszüge).
Autostrada Wielkopolska S.A. gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen – Konzession für eine gebührenpflichtige Autobahn – Gesetz, das eine Befreiung bestimmter Fahrzeuge von Mautgebühren vorsieht – Dem Konzessionsnehmer durch den Mitgliedstaat gewährter Ausgleich für entgangene Einnahmen – Schattenmaut – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verfahrensrechte der Beteiligten – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen – Begriff der staatlichen Beihilfe – Vorteil – Erwartete Verbesserung der finanziellen Lage des Konzessionsnehmers – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers – Art. 107 Abs. 3 Buchst. a AEUV – Staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung.
Rechtssache T-778/17.
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 24. Oktober 2019 (Auszüge).
Autostrada Wielkopolska S.A. gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen – Konzession für eine gebührenpflichtige Autobahn – Gesetz, das eine Befreiung bestimmter Fahrzeuge von Mautgebühren vorsieht – Dem Konzessionsnehmer durch den Mitgliedstaat gewährter Ausgleich für entgangene Einnahmen – Schattenmaut – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verfahrensrechte der Beteiligten – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen – Begriff der staatlichen Beihilfe – Vorteil – Erwartete Verbesserung der finanziellen Lage des Konzessionsnehmers – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers – Art. 107 Abs. 3 Buchst. a AEUV – Staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung.
Rechtssache T-778/17.
Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2019:756
Rechtssache T‑778/17
Autostrada Wielkopolska S.A.
gegen
Europäische Kommission
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 24. Oktober 2019
„Staatliche Beihilfen – Konzession für eine gebührenpflichtige Autobahn – Gesetz, das eine Befreiung bestimmter Fahrzeuge von Mautgebühren vorsieht – Dem Konzessionsnehmer durch den Mitgliedstaat gewährter Ausgleich für entgangene Einnahmen – Schattenmaut – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verfahrensrechte der Beteiligten – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen – Begriff der staatlichen Beihilfe – Vorteil – Erwartete Verbesserung der finanziellen Lage des Konzessionsnehmers – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers – Art. 107 Abs. 3 Buchst. a AEUV – Staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung“
Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verwaltungsverfahren – Pflicht der Kommission, die Beteiligten zur Äußerung aufzufordern – Recht des Beihilfeempfängers auf angemessene Beteiligung am Verfahren – Umfang – Mitgliedstaat, der sich auf die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt beruft – Verpflichtung der Kommission, besondere Wachsamkeit walten zu lassen, um die Wahrung der Verfahrensrechte des Beihilfeempfängers zu gewährleisten
(Art. 108, Abs. 2, AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 6 Abs. 1)
(Rn. 51-60)
Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verwaltungsverfahren – Pflicht der Kommission, die Beteiligten zur Äußerung aufzufordern – Recht des Beihilfeempfängers auf angemessene Beteiligung am Verfahren – Verstoß – Nichtigerklärung des Beschlusses, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird und ihre Rückforderung angeordnet wird – Voraussetzung – Möglichkeit eines anderen Ausgangs des Verwaltungsverfahrens ohne diesen Verstoß
(Art. 108, Abs. 2 und Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 6 Abs. 1)
(Rn. 61-65, 69)
Zusammenfassung
Mit Urteil vom 24. Oktober 2019, Autostrada Wielkopolska/Kommission (T‑778/17), hat das Gericht die von der Gesellschaft Autostrada Wielkopolska S.A. erhobene Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission, mit dem festgestellt wurde, dass Polen ihr eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe gewährt habe ( 1 ), abgewiesen.
Diese Rechtssache beruht auf einem im Jahr 1997 unterzeichneten Konzessionsvertrag, zu dessen Umsetzung Autostrada Wielkopolska einen Abschnitt der Autobahn A2 in Polen gebaut hat. Als Gegenleistung erhielt sie das Recht, von den Nutzern Mautgebühren zu erheben.
Nach seinem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 setzte Polen die Richtlinie über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge ( 2 ) in das polnische Recht um, gemäß der für die Benutzung ein und denselben Straßenabschnitts nicht gleichzeitig Mautgebühren und Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen. Daher verabschiedete das polnische Parlament ein Gesetz, das die Befreiung von Lkw im Besitz einer Vignette für die Benutzung von Landesstraßen von den Mautgebühren auf Autobahnen, die in Konzessionsverträgen erfasst sind, vorsieht. Gemäß diesem Gesetz sollte aber den Konzessionsnehmern wie Autostrada Wielkopolska für die Einnahmeeinbußen durch diese Befreiung ein Ausgleich bezahlt werden.
Nach Beginn der Ausgleichszahlungen an Autostrada Wielkopolska stellten die polnischen Behörden fest, dass diese Ausgleichzahlung zu hoch sei, und meldeten sie der Kommission. Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass, wenn Autostrada Wielkopolska als Gegenleistung für die Einnahmeeinbußen durch die Änderung der polnischen Rechtsvorschriften grundsätzlich ein Ausgleich zustünde, ihr eine zu hohe Ausgleichszahlung gewährt worden sei, die eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstelle.
In ihrer Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses hat sich Autostrada Wielkopolska u. a. auf eine Verletzung ihres Rechts auf Beteiligung am von der Kommission durchgeführten Verwaltungsverfahren berufen.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass Autostrada Wielkopolska als Begünstigte der in Rede stehenden Beihilfe keinen Anspruch auf die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs geltend machen kann, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, sondern lediglich das Recht hat, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden. Das Gericht hat hierzu darauf verwiesen, dass es erforderlich ist, dass die Kommission den Rahmen ihrer Prüfung im Beschluss zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens bezüglich der beanstandeten Ausgleichszahlung so genau festlegt, dass das Recht der Autostrada Wielkopolska zur Stellungnahme nicht seinen Sinn verliert. Wenn die Kommission nach Erlass des Beschlusses zur Einleitung einer Untersuchung ihre Erwägungen zum Sachverhalt oder dessen rechtliche Würdigung in einem Punkt ändert, der für die Beurteilung von entscheidender Bedeutung ist, muss sie den Einleitungsbeschluss berichtigen, damit alle Beteiligten sachdienliche Erklärungen abgeben können.
Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass sich der vorliegende Fall vom Großteil der Fälle staatlicher Beihilfen unterscheidet, da Polen, der Mitgliedstaat, der die Beihilfe gewährt hat, entgegengesetzte Interessen zur Autostrada Wielkopolska hatte und selbst geltend gemacht hatte, dass die angemeldete Maßnahme eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstelle. In diesem Zusammenhang war es insbesondere wichtig, Autostrada Wielkopolska von Seiten der Kommission die Gelegenheit zu geben, sachdienliche Stellungnahmen abzugeben. Diese verfahrensrechtliche Verpflichtung war umso mehr geboten, als Autostrada Wielkopolska das Recht auf eine Entschädigung aufgrund der Mautbefreiung hatte und ein Rechtsstreit mit Polen über den Umfang dieser Entschädigung bei den nationalen Gerichten anhängig war. Das Gericht hat festgestellt, dass es unter diesen Umständen der Kommission oblag, besondere Wachsamkeit hinsichtlich der Wahrung des Rechts der Autostrada Wielkopolska, am Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden, walten zu lassen.
Das Gericht hat hierzu darauf hingewiesen, dass die Kommission zwar den Beschluss zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens im Amtsblatt veröffentlicht und Autostrada Wielkopolska bei dieser Gelegenheit zu einer Stellungnahme aufgefordert hatte, Autostrada Wielkopolska in weiterer Folge aber nicht mehr die Gelegenheit gab, in den rund drei Jahren vor dem angefochtenen Beschluss Stellung zu nehmen, während sie hingegen mit Polen mehrfach Schreiben gewechselt hatte. Das Gericht hat festgestellt, dass die Kommission angesichts der Länge und der Intensität des Austauschs mit Polen nach dem Einleitungsbeschluss Autostrada Wielkopolska erneut die Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen. Das Gericht hat daraus geschlossen, dass die Kommission die besondere Wachsamkeit, zu der sie in diesem Fall verpflichtet war, nicht geachtet hat.
Angesichts der Umstände im vorliegenden Fall hat das Gericht dennoch festgestellt, dass das Unterlassen der Kommission, Autostrada Wielkopolska am Austausch mit Polen nach dem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Verfahrens zu beteiligen, nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führt. Das Gericht hat hierzu befunden, dass die Kommission den Rahmen ihrer Prüfung im Einleitungsbeschluss hinreichend bestimmt hat und dadurch Autostrada Wielkopolska die Gelegenheit gegeben hat, alle sachdienlichen Informationen über den Sachverhalt und dessen rechtliche Würdigung, die für den angefochtenen Beschluss wesentlich sind, zu übermitteln. Außerdem wurde nicht nachgewiesen, dass die rechtliche Beurteilung der Kommission in diesem letzten Beschluss unterschiedlich ausgefallen wäre, wenn Autostrada Wielkopolska an dem oben genannten Austausch zwischen der Kommission und Polen beteiligt gewesen wäre.
( 1 ) Beschluss (EU) 2018/556 der Kommission vom 25. August 2017 über die von Polen durchgeführte staatliche Beihilfe SA.35356 (2013/C) (ex 2013/NN, ex 2012/N) zugunsten von Autostrada Wielkopolska S.A. (ABl. 2018, L 92, S. 19).
( 2 ) Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. 1999, L 187, S. 42).