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Dokument 62008TJ0082
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
Rechtssache T-82/08
Guardian Industries Corp. und Guardian Europe Sàrl
gegen
Europäische Kommission
„Wettbewerb — Kartelle — Flachglasmarkt im EWR — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Preisfestsetzung — Nachweis der Zuwiderhandlung — Berechnung der Geldbußen — Ausschluss konzerninterner Verkäufe — Begründungspflicht — Gleichbehandlung — Mildernde Umstände“
Leitsätze ‐ Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Indizienbündel – Erforderlicher Grad der Beweiskraft – Entscheidung, die einen Zweifel beim Richter bestehen lässt – Beachtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung in Form des Abschlusses einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung festgestellt wird – Entscheidung, die sich auf Urkundsbeweise stützt – Beweispflicht der Unternehmen, die die Zuwiderhandlung bestreiten
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Absichtserklärung, die die Ungewissheit über das von dem Handelnden zu erwartende Marktverhalten beseitigt oder zumindest erheblich verringert hat – Ausreichender Umstand
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Beteiligung eines Unternehmens an einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise – Kriterien – Beitrag zur Erreichung der gemeinsamen Ziele
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Beweiswert der freiwilligen Erklärungen der Hauptbeteiligten an einem Kartell zu dem Zweck, in den Genuss der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit zu gelangen
(Art. 81 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission)
Kartelle – Teilnahme an Zusammenkünften mit wettbewerbswidrigem Zweck – Umstand, der bei fehlender Distanzierung von den getroffenen Beschlüssen auf die Beteiligung an der daraus resultierenden Absprache schließen lässt
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung in Form des Abschlusses einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung festgestellt wird – Notwendigkeit einer Bestimmung des Marktes – Fehlen bei einer Vereinbarung zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs
(Art. 81 EG)
Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang
(Art. 81 EG und 253 EG)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Von mehreren Unternehmen begangene Zuwiderhandlung – Relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Mitwirkung oder Mitläufertum des Unternehmens
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckender Charakter – Pflicht der Kommission, zwischen den an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen je nach ihrem Gesamtumsatz oder ihrem Umsatz auf dem Markt für das betreffende Erzeugnis zu unterscheiden – Fehlen
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff – Keine Verjährungsfrist – Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen – Gerichtliche Nachprüfung
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)
Die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG obliegt der Behörde, die diesen Vorwurf erhebt; diese hat die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen. Hat der Richter Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, und der Richter kann nach dem Grundsatz der Unschuldsvermutung insbesondere im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der eine Geldbuße verhängt wird, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage Zweifel bleiben. Daher muss die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde. Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht.
Ferner ist es üblich, dass die Tätigkeiten im Rahmen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen und Vereinbarungen insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich daher normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können.
(vgl. Randnrn. 32-33)
Wenn die Kommission in Kartellangelegenheiten bei ihren Überlegungen unterstellt, dass sich die festgestellten Tatsachen nur mit einer Abstimmung zwischen den Unternehmen erklären lassen, brauchen die Kläger nur Umstände nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere Erklärung dieses Sachverhalts ermöglichen, als sie die Kommission gegeben hat.
Dieser Grundsatz ist jedoch nicht anwendbar, wenn sich die Feststellungen der Kommission auf Urkundsbeweise stützen.
(vgl. Randnrn. 34-35)
Jede unmittelbare oder mittelbare Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern, durch die ein Konkurrent über das Marktverhalten ins Bild gesetzt wird, zu dem man selbst entschlossen ist oder das man in Erwägung zieht, stellt eine nach Art. 81 Abs. 1 EG verbotene abgestimmte Verhaltensweise dar, wenn eine solche Fühlungnahme bezweckt oder bewirkt, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen.
Zum Nachweis einer abgestimmten Verhaltensweise muss daher nicht dargetan werden, dass der betreffende Konkurrent sich förmlich gegenüber einem oder mehreren anderen zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet hat oder dass die Konkurrenten gemeinsam ihr zukünftiges Verhalten auf dem Markt festgelegt haben. Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen lässt bewusst eine praktische Zusammenarbeit zwischen ihnen an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten.
(vgl. Randnr. 45)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnr. 48)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnr. 54)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnrn. 73-74)
Die Kommission ist in einer Entscheidung nach Art. 81 EG nur dann zu einer Abgrenzung des Marktes verpflichtet, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht beurteilt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss von Unternehmensvereinigungen oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es jeweils geht, geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, oder eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt. Besteht bereits der Zweck einer Vereinbarung in einer Beschränkung des Wettbewerbs, ist es grundsätzlich nicht notwendig, die relevanten geografischen Märkte genau zu bestimmen, da der gegenwärtige oder potenzielle Wettbewerb zwangsläufig beschränkt worden ist, unabhängig davon, ob diese Gebiete Märkte im strengen Sinne sind oder nicht. Für die Bestimmung des geografischen Umfangs der Zuwiderhandlung, der bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, braucht die Kommission nur zu beurteilen, wie umfangreich das räumliche Gebiet des oder der betroffenen Märkte ist, ohne zur genauen Bestimmung der relevanten Märkte verpflichtet zu sein.
(vgl. Randnr. 90)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnrn. 102-103)
Wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden ist, ist für die Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle das Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat.
(vgl. Randnr. 109)
Nach Nr. 29 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzt werden, kann die passive Rolle eines Unternehmens bei der Begehung einer Zuwiderhandlung dementsprechend einen mildernden Umstand darstellen. Als Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells kann berücksichtigt werden, dass es im Vergleich zu den gewöhnlichen Mitgliedern des Kartells deutlich seltener an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt. Die Umstände, dass ein Unternehmen am unregelmäßigsten an den Kartellsitzungen teilgenommen oder sich darauf beschränkt hat, von einem Konkurrenten einseitig mitgeteilte Informationen entgegenzunehmen, ohne einen Vorbehalt oder Einwand zu äußern, können jedoch keine Rolle für die Frage spielen, ob dieses Unternehmen eine passive Rolle innerhalb eines Kartells hatte.
Ebenso kann der Umstand, dass die beschuldigten Unternehmen einige der getroffenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen nicht umsetzten, nicht für den Nachweis genügen, dass sie sich auf dem Markt wettbewerbsgemäß verhalten hätten.
(vgl. Randnrn. 110-111, 113)
Die abschreckende Wirkung der wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln des Unionsrechts verhängten Geldbußen gehört zu den Gesichtspunkten, die bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen sind. Mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, sollen nämlich rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer abgeschreckt werden, künftig Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts zu begehen. Die Kommission ist jedoch bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, für den Fall, dass gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren relevanten Umsatz zum Ausdruck kommen.
(vgl. Randnr. 117)
Weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch die Leitlinien für die Berechnung der Geldbußen, die gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzt werden, sehen eine zeitliche Höchstgrenze vor, nach deren Überschreitung ein Wiederholungsfall nicht berücksichtigt werden darf; dies verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.
Allerdings verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und einem früheren Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln verstrichen ist, bei der Beurteilung der Neigung des Unternehmens zu Verstößen gegen diese Regeln berücksichtigt wird. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts können das Gericht und gegebenenfalls der Gerichtshof daher aufgefordert sein, zu überprüfen, ob die Kommission diesen Grundsatz bei der Erhöhung der verhängten Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung beachtet hat und insbesondere, ob diese Erhöhung u. a. im Hinblick auf die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und dem früheren Verstoß gegen Wettbewerbsregeln vergangen ist, angezeigt war.
Sind mehr als 15 Jahre bis zum Beginn der zweiten von den betroffenen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung verstrichen, und ist ein Fortsetzungszusammenhang zwischen der ersten und der zweiten Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen, lässt sich nicht feststellen, dass diese Unternehmen zu Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln neigten. Somit hat die Kommission mit der Annahme, dass die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen verstrichene Zeit lang genug war, um einen Aufschlag auf die Geldbußen wegen wiederholter Zuwiderhandlung auszuschließen, das Diskriminierungsverbot nicht verletzt.
(vgl. Randnrn. 121-123)
Rechtssache T-82/08
Guardian Industries Corp. und Guardian Europe Sàrl
gegen
Europäische Kommission
„Wettbewerb — Kartelle — Flachglasmarkt im EWR — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Preisfestsetzung — Nachweis der Zuwiderhandlung — Berechnung der Geldbußen — Ausschluss konzerninterner Verkäufe — Begründungspflicht — Gleichbehandlung — Mildernde Umstände“
Leitsätze ‐ Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Indizienbündel – Erforderlicher Grad der Beweiskraft – Entscheidung, die einen Zweifel beim Richter bestehen lässt – Beachtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung in Form des Abschlusses einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung festgestellt wird – Entscheidung, die sich auf Urkundsbeweise stützt – Beweispflicht der Unternehmen, die die Zuwiderhandlung bestreiten
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Absichtserklärung, die die Ungewissheit über das von dem Handelnden zu erwartende Marktverhalten beseitigt oder zumindest erheblich verringert hat – Ausreichender Umstand
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Beteiligung eines Unternehmens an einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise – Kriterien – Beitrag zur Erreichung der gemeinsamen Ziele
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Beweiswert der freiwilligen Erklärungen der Hauptbeteiligten an einem Kartell zu dem Zweck, in den Genuss der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit zu gelangen
(Art. 81 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission)
Kartelle – Teilnahme an Zusammenkünften mit wettbewerbswidrigem Zweck – Umstand, der bei fehlender Distanzierung von den getroffenen Beschlüssen auf die Beteiligung an der daraus resultierenden Absprache schließen lässt
(Art. 81 Abs. 1 EG)
Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung in Form des Abschlusses einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung festgestellt wird – Notwendigkeit einer Bestimmung des Marktes – Fehlen bei einer Vereinbarung zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs
(Art. 81 EG)
Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang
(Art. 81 EG und 253 EG)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Von mehreren Unternehmen begangene Zuwiderhandlung – Relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Mitwirkung oder Mitläufertum des Unternehmens
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckender Charakter – Pflicht der Kommission, zwischen den an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen je nach ihrem Gesamtumsatz oder ihrem Umsatz auf dem Markt für das betreffende Erzeugnis zu unterscheiden – Fehlen
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)
Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff – Keine Verjährungsfrist – Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen – Gerichtliche Nachprüfung
(Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)
Die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG obliegt der Behörde, die diesen Vorwurf erhebt; diese hat die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen. Hat der Richter Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, und der Richter kann nach dem Grundsatz der Unschuldsvermutung insbesondere im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der eine Geldbuße verhängt wird, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage Zweifel bleiben. Daher muss die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde. Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht.
Ferner ist es üblich, dass die Tätigkeiten im Rahmen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen und Vereinbarungen insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich daher normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können.
(vgl. Randnrn. 32-33)
Wenn die Kommission in Kartellangelegenheiten bei ihren Überlegungen unterstellt, dass sich die festgestellten Tatsachen nur mit einer Abstimmung zwischen den Unternehmen erklären lassen, brauchen die Kläger nur Umstände nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere Erklärung dieses Sachverhalts ermöglichen, als sie die Kommission gegeben hat.
Dieser Grundsatz ist jedoch nicht anwendbar, wenn sich die Feststellungen der Kommission auf Urkundsbeweise stützen.
(vgl. Randnrn. 34-35)
Jede unmittelbare oder mittelbare Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern, durch die ein Konkurrent über das Marktverhalten ins Bild gesetzt wird, zu dem man selbst entschlossen ist oder das man in Erwägung zieht, stellt eine nach Art. 81 Abs. 1 EG verbotene abgestimmte Verhaltensweise dar, wenn eine solche Fühlungnahme bezweckt oder bewirkt, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen.
Zum Nachweis einer abgestimmten Verhaltensweise muss daher nicht dargetan werden, dass der betreffende Konkurrent sich förmlich gegenüber einem oder mehreren anderen zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet hat oder dass die Konkurrenten gemeinsam ihr zukünftiges Verhalten auf dem Markt festgelegt haben. Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen lässt bewusst eine praktische Zusammenarbeit zwischen ihnen an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten.
(vgl. Randnr. 45)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnr. 48)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnr. 54)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnrn. 73-74)
Die Kommission ist in einer Entscheidung nach Art. 81 EG nur dann zu einer Abgrenzung des Marktes verpflichtet, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht beurteilt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss von Unternehmensvereinigungen oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es jeweils geht, geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, oder eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt. Besteht bereits der Zweck einer Vereinbarung in einer Beschränkung des Wettbewerbs, ist es grundsätzlich nicht notwendig, die relevanten geografischen Märkte genau zu bestimmen, da der gegenwärtige oder potenzielle Wettbewerb zwangsläufig beschränkt worden ist, unabhängig davon, ob diese Gebiete Märkte im strengen Sinne sind oder nicht. Für die Bestimmung des geografischen Umfangs der Zuwiderhandlung, der bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, braucht die Kommission nur zu beurteilen, wie umfangreich das räumliche Gebiet des oder der betroffenen Märkte ist, ohne zur genauen Bestimmung der relevanten Märkte verpflichtet zu sein.
(vgl. Randnr. 90)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Randnrn. 102-103)
Wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden ist, ist für die Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle das Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat.
(vgl. Randnr. 109)
Nach Nr. 29 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzt werden, kann die passive Rolle eines Unternehmens bei der Begehung einer Zuwiderhandlung dementsprechend einen mildernden Umstand darstellen. Als Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells kann berücksichtigt werden, dass es im Vergleich zu den gewöhnlichen Mitgliedern des Kartells deutlich seltener an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt. Die Umstände, dass ein Unternehmen am unregelmäßigsten an den Kartellsitzungen teilgenommen oder sich darauf beschränkt hat, von einem Konkurrenten einseitig mitgeteilte Informationen entgegenzunehmen, ohne einen Vorbehalt oder Einwand zu äußern, können jedoch keine Rolle für die Frage spielen, ob dieses Unternehmen eine passive Rolle innerhalb eines Kartells hatte.
Ebenso kann der Umstand, dass die beschuldigten Unternehmen einige der getroffenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen nicht umsetzten, nicht für den Nachweis genügen, dass sie sich auf dem Markt wettbewerbsgemäß verhalten hätten.
(vgl. Randnrn. 110-111, 113)
Die abschreckende Wirkung der wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln des Unionsrechts verhängten Geldbußen gehört zu den Gesichtspunkten, die bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen sind. Mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, sollen nämlich rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer abgeschreckt werden, künftig Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts zu begehen. Die Kommission ist jedoch bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, für den Fall, dass gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren relevanten Umsatz zum Ausdruck kommen.
(vgl. Randnr. 117)
Weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch die Leitlinien für die Berechnung der Geldbußen, die gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzt werden, sehen eine zeitliche Höchstgrenze vor, nach deren Überschreitung ein Wiederholungsfall nicht berücksichtigt werden darf; dies verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.
Allerdings verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und einem früheren Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln verstrichen ist, bei der Beurteilung der Neigung des Unternehmens zu Verstößen gegen diese Regeln berücksichtigt wird. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts können das Gericht und gegebenenfalls der Gerichtshof daher aufgefordert sein, zu überprüfen, ob die Kommission diesen Grundsatz bei der Erhöhung der verhängten Geldbuße wegen wiederholter Zuwiderhandlung beachtet hat und insbesondere, ob diese Erhöhung u. a. im Hinblick auf die Zeit, die zwischen der fraglichen Zuwiderhandlung und dem früheren Verstoß gegen Wettbewerbsregeln vergangen ist, angezeigt war.
Sind mehr als 15 Jahre bis zum Beginn der zweiten von den betroffenen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung verstrichen, und ist ein Fortsetzungszusammenhang zwischen der ersten und der zweiten Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen, lässt sich nicht feststellen, dass diese Unternehmen zu Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln neigten. Somit hat die Kommission mit der Annahme, dass die zwischen den beiden Zuwiderhandlungen verstrichene Zeit lang genug war, um einen Aufschlag auf die Geldbußen wegen wiederholter Zuwiderhandlung auszuschließen, das Diskriminierungsverbot nicht verletzt.
(vgl. Randnrn. 121-123)