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Document 62008CJ0264

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 217 Abs. 1 und 221 Abs. 1)

2. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 217 Abs. 1 und 221 Abs. 1, und Verordnung Nr. 1150/2000 des Rates, Art. 6)

3. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben – Erfordernis einer buchmäßigen Erfassung des Abgabenbetrags vor der Mitteilung an den Zollschuldner

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 221 Abs. 1)

4. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben – Erfordernis einer buchmäßigen Erfassung des Abgabenbetrags vor der Mitteilung an den Zollschuldner

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 217)

5. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Erstattung oder Erlass von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben – Erfordernis einer buchmäßigen Erfassung des Abgabenbetrags vor der Mitteilung an den Zollschuldner

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 217 Abs. 1 und 221 Abs. 1)

6. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Erstattung oder Erlass von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben – Erfordernis einer buchmäßigen Erfassung des Abgabenbetrags vor der Mitteilung an den Zollschuldner

(Verordnung Nr. 2913 des Rates, Art. 221 Abs. 1 und 3 und 236 Abs. 1 Unterabs. 1)

Leitsätze

1. Art. 221 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die „buchmäßige Erfassung“ des Betrags der zu erhebenden Abgaben im Sinne dieser Bestimmung die „buchmäßige Erfassung“ dieses Betrags im Sinne von Art. 217 Abs. 1 der Verordnung darstellt.

(vgl. Randnr. 17, Tenor 1)

2. Die „buchmäßige Erfassung“ im Sinne von Art. 217 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist von der Aufnahme der festgestellten Ansprüche in die Eigenmittel‑Buchführung im Sinne von Art. 6 der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften zu unterscheiden. Da Art. 217 der Verordnung Nr. 2913/92 keine Einzelheiten der „buchmäßigen Erfassung“ im Sinne dieser Bestimmung und somit keine technischen oder förmlichen Mindestanforderungen vorschreibt, ist diese buchmäßige Erfassung, die durch Eintragung des Betrags in ein Protokoll erfolgen kann, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen die zollrechtlichen Vorschriften festgestellt wird, so vorzunehmen, dass gesichert ist, dass die zuständigen Zollbehörden den genauen Betrag der einer Zollschuld entsprechenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eintragen, um insbesondere zu ermöglichen, dass die buchmäßige Erfassung der betreffenden Beträge auch gegenüber dem Zollschuldner mit Bestimmtheit festgestellt wird.

(vgl. Randnrn. 18-20, 22-25, Tenor 2)

3. Art. 221 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die Mitteilung des Betrags der zu zahlenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben an den Zollschuldner durch die Zollbehörden in geeigneter Form nur dann wirksam erfolgen kann, wenn der Betrag dieser Abgaben von diesen Behörden zuvor buchmäßig erfasst worden ist. Dieser chronologische Ablauf der buchmäßigen Erfassung und der Mitteilung des Abgabenbetrags ist zu beachten, soll es nicht zu Ungleichbehandlungen zwischen den Zollschuldnern kommen und das harmonische Funktionieren der Zollunion nicht beeinträchtigt werden.

Im Übrigen sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, spezifische Verfahrensregeln hinsichtlich der Form zu erlassen, in der die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge dem Zollschuldner mitzuteilen sind, sofern auf diese Mitteilung innerstaatliche Verfahrensregeln mit allgemeiner Geltung angewandt werden können, die eine angemessene Information des Zollschuldners gewährleisten und es diesem ermöglichen, seine Rechte in voller Kenntnis der Sachlage wahrzunehmen.

(vgl. Randnrn. 26-30, Tenor 3)

4. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem nationalen Gericht nicht, sich auf eine Vermutung der Richtigkeit der Erklärung der Zollbehörden zu stützen, dass die „buchmäßige Erfassung“ des Betrags der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben im Sinne von Art. 217 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vor der Mitteilung dieses Betrags an den Schuldner erfolgt ist, vorausgesetzt, dass der Effektivitätsgrundsatz und der Äquivalenzgrundsatz beachtet worden sind.

Fehlt es in einem bestimmten Bereich an einer Gemeinschaftsregelung, ist es nämlich Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern – entsprechend dem Äquivalenzgrundsatz – diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen und – entsprechend dem Effektivitätsgrundsatz – die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Dies gilt auch für die für Klagen betreffend Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht geltenden Beweisvorschriften, insbesondere die Regeln über die Verteilung der Beweislast.

Stellt daher ein nationaler Richter in einem bestimmten Verfahren fest, dass der Umstand, dass die Beweislast für das Unterbleiben der buchmäßigen Erfassung der Zollschuld den Zollschuldner trifft, geeignet ist, die Führung dieses Beweises praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren, etwa weil er Daten betrifft, über die der Zollschuldner nicht verfügen kann, so muss er, um die Einhaltung des Effektivitätsgrundsatzes sicherzustellen, alle ihm nach dem nationalen Recht zu Gebote stehenden Verfahrensmaßnahmen ausschöpfen, darunter die Anordnung der erforderlichen Beweiserhebungen, einschließlich der Vorlage von Urkunden oder Schriftstücken durch eine Partei oder einen Dritten.

(vgl. Randnrn. 32-36, Tenor 4)

5. Art. 221 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass der Mitteilung des Betrags der zu erhebenden Abgaben die buchmäßige Erfassung dieses Betrags durch die Zollbehörden des betreffenden Mitgliedstaats vorausgegangen sein muss und dass, wenn eine buchmäßige Erfassung gemäß Art. 217 Abs. 1 dieser Verordnung nicht stattgefunden hat, dieser Betrag von diesen Behörden nicht erhoben werden kann, die jedoch die Möglichkeit behalten, unter Beachtung der in Art. 221 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen und der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zollschuld entstanden ist, geltenden Verjährungsvorschriften eine neue Mitteilung des Betrags vorzunehmen.

(vgl. Randnrn. 37-39, Tenor 5)

6. Der Betrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bleibt auch dann „gesetzlich geschuldet“ im Sinne von Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, wenn er dem Zollschuldner mitgeteilt worden ist, ohne zuvor gemäß Art. 221 Abs. 1 dieser Verordnung buchmäßig erfasst worden zu sein, doch muss der Zollschuldner, wenn eine solche Mitteilung nicht mehr möglich ist, weil die in Art. 221 Abs. 3 dieser Verordnung festgelegte Frist abgelaufen ist, grundsätzlich diesen Betrag von dem Mitgliedstaat erstattet erhalten können, der ihn erhoben hat.

Mangels einer Gemeinschaftsregelung über die Erstattung zu Unrecht erhobener inländischer Abgaben ist es Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen (Äquivalenzgrundsatz und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren Effektivitätsgrundsatz).

(vgl. Randnrn. 40-47, Tenor 6)

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