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Document 62008CJ0141

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingverfahren – Verteidigungsrechte – Unterrichtung der Unternehmen durch die Kommission über die endgültigen Feststellungen – Übermittlung des Vorschlags der Kommission für endgültige Maßnahmen an den Rat weniger als zehn Tage nach der genannten Unterrichtung – Unregelmäßigkeit

(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 20 Abs. 4 und 5)

2. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingverfahren – Verteidigungsrechte – Entscheidung der Kommission, den Status eines in einer Marktwirtschaft tätigen Unternehmens unter Missachtung der nach Art. 20 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 vorgesehenen Frist zu versagen – Möglichkeit, die Aufhebung der genannten Entscheidung durch den Nachweis zu erwirken, dass diese ohne diesen Verfahrensfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre

(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 20 Abs. 5)

3. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne – Bestimmung des Normalwerts – Untersuchung

(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 2 Abs. 7 Buchst. c)

Leitsätze

1. Sieht die Kommission für den in ihren ersten endgültigen Feststellungen vorgesehenen Antidumpingzoll eine Erhöhung vor, so ist sie zum Zweck der Einhaltung von Art. 20 Abs. 4 und 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 gehalten, die betroffenen Unternehmen darüber durch die Übermittlung neuer abschließender Feststellungen zu unterrichten und den Ablauf der nach Art. 20 Abs. 5 dieser Verordnung vorgesehenen Frist abzuwarten, bevor sie dem Rat ihren Vorschlag für endgültige Maßnahmen zuleitet, damit diese Unternehmen ihre Stellungnahmen abgeben können.

Diese Auslegung ergibt sich nicht nur aus dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift; sie ist vielmehr auch geboten, um zu gewährleisten, dass etwaige Bemerkungen von Beteiligten wirksam und unvoreingenommen berücksichtigt werden. Der Umstand nämlich, dass der Rat bereits mit einem Vorschlag für endgültige Maßnahmen befasst war, war als solcher geeignet, die Folgerungen zu beeinflussen, die aus diesen Bemerkungen gezogen werden konnten. Etwaige Schwierigkeiten schließlich, die sich für die Gemeinschaftsorgane im Hinblick auf die Einhaltung der in der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 festgelegten Fristen ergeben, dürfen nicht dazu führen, dass diese zum Schutz der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen vorgesehenen Fristen missachtet werden. Es ist vielmehr Aufgabe der Gemeinschaftsorgane und insbesondere der Kommission, dem durch die genannte Verordnung auferlegten Zeitdruck unter Wahrung der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen Rechnung zu tragen.

Die Nichtbeachtung der Zehntagefrist des Art. 20 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 kann jedoch nur dann zur Nichtigerklärung der streitigen Verordnung führen, wenn das Verwaltungsverfahren aufgrund dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte führen können und damit die Verteidigungsrechte der Klägerin konkret beeinträchtigt wurden.

(vgl. Randnrn. 74, 76, 78-79, 81)

2. Die Wahrung der Verteidigungsrechte ist in allen Verfahren, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können, ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der auch dann zu beachten ist, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die Adressaten von Entscheidungen, die deren Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt in sachdienlicher Weise vorzutragen.

Der Beachtung des genannten Grundsatzes kommt in Antidumpingverfahren größte Bedeutung zu. Will das betroffene Unternehmen die Aufhebung einer Entscheidung der Kommission, den Status eines in einer Marktwirtschaft tätigen Unternehmens unter Missachtung der nach Art. 20 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 vorgesehenen Frist zu versagen, erwirken, braucht es nicht nachzuweisen, dass diese Entscheidung anders ausgefallen wäre, sondern lediglich, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist, wenn es sich ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können.

(vgl. Randnrn. 83-85, 89, 91, 93-94)

3. Stellt die Kommission im Laufe eines Antidumpingverfahrens fest, dass ein Unternehmen entgegen ihrer ersten Beurteilung die in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 festgelegten Kriterien erfüllt, so dass ihm der Status eines in einer Marktwirtschaft tätigen Unternehmens zuerkannt werden kann, so hat sie daraus die angemessenen Schlussfolgerungen zu ziehen und dabei dafür zu sorgen, dass die nach der Grundverordnung vorgesehenen Verfahrensgarantien beachtet werden.

Die Kommission kann daher ihren Standpunkt noch ändern, wenn sie feststellt, dass die in der genannten Vorschrift festgelegten materiellen Kriterien ursprünglich erfüllt waren. In Anbetracht der Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung darf Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung nämlich nicht so ausgelegt werden, dass die Kommission verpflichtet wäre, dem Rat endgültige Maßnahmen vorzuschlagen, die zulasten des betroffenen Unternehmens einen bei der ersten Beurteilung der genannten materiellen Kriterien begangenen Fehler aufrechterhalten würden.

(vgl. Randnrn. 111-112)

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