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Document 61998CJ0407

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1 Vorabentscheidungsverfahren - Anrufung des Gerichtshofes - Einzelstaatliches Gericht im Sinne des Artikels 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) - Begriff - Överklagandenämnd för Högskolan mit Zuständigkeit für Beschwerden im Hochschulbereich - Einbeziehung

(EG-Vertrag, Artikel 177 [jetzt Artikel 234 EG])

2 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Zugang zur Beschäftigung und Arbeitsbedingungen - Gleichbehandlung - Ausnahmen - Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen - Auswahlverfahren zur Besetzung einer Stelle im öffentlichen Dienst - Nationale Regelung, die Bewerbern des unterrepräsentierten Geschlechts unbedingten Vorrang einräumt, es sei denn, daß durch den Unterschied zwischen den Qualifikationen die Sachgerechtigkeit bei der Einstellung beeinträchtigt wird - Unzulässigkeit - Beschränkung des Anwendungsbereichs der Maßnahme - Einstufung der zu besetzenden Stelle - Unbeachtlich

(Artikel 141 Absatz 4 EG; Richtlinie 76/207 des Rates, Artikel 2 Absätze 1 und 4)

3 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Zugang zur Beschäftigung und Arbeitsbedingungen - Gleichbehandlung - Ausnahmen - Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen - Auswahlverfahren zur Besetzung einer Stelle im öffentlichen Dienst - Auf einer Verwaltungspraxis beruhende Regelung, mit der Bewerbern des unterrepräsentierten Geschlechts Vorrang eingeräumt wird - Zulässigkeit - Voraussetzungen

(Richtlinie 76/207 des Rates, Artikel 2 Absätze 1 und 4)

Leitsätze

1 Zur Beurteilung der Frage, ob eine vorlegende Einrichtung Gerichtscharakter im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) besitzt, ist auf eine Reihe von Gesichtspunkten wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit abzustellen. Der schwedische Överklagandenämnd för Högskolan, der für Beschwerden gegen bestimmte Entscheidungen im Hochschulbereich zuständig ist, erfuellt diese Kriterien.

(vgl. Randnrn. 29-30)

2 Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen und Artikel 141 Absatz 4 EG stehen einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts um eine Stelle im öffentlichen Dienst, der hinreichende Qualifikationen für diese Stelle besitzt, vor einem Bewerber des anderen Geschlechts, der sonst ausgewählt worden wäre, auszuwählen ist, sofern dies erforderlich ist, damit ein Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts ausgewählt wird, und sofern der Unterschied zwischen den Qualifikationen der Bewerber nicht so groß ist, daß sich daraus ein Verstoß gegen das Erfordernis der Sachgerechtigkeit bei der Einstellung ergeben würde.

Zum einen steht eine solche Auswahlmethode nicht im Einklang mit Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie, da die Auswahl eines Bewerbers unter den Personen mit hinreichenden Qualifikationen letztlich allein auf seiner Zugehörigkeit zum unterrepräsentierten Geschlecht beruht, wobei dies auch dann gilt, wenn die Qualifikationen des ausgewählten Bewerbers geringer sind als die eines Bewerbers des anderen Geschlechts. Zum anderen gestattet Artikel 141 Absatz 4 EG den Mitgliedstaaten zwar, zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen, um die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben zu gewährleisten, doch läßt diese Bestimmung keine Auswahlmethode zu, die jedenfalls zu dem verfolgten Ziel außer Verhältnis steht.

Auch die Beschränkung des Anwendungsbereichs einer derartigen positiven Diskriminierung kann nichts an ihrem absoluten und unverhältnismäßigen Charakter ändern, so daß die genannten Bestimmungen einer solchen nationalen Regelung auch dann entgegenstehen, wenn sie nur für die Besetzung einer von vornherein festgelegten begrenzten Stellenzahl oder von Stellen gilt, die im Rahmen eines von einer konkreten Hochschule besonders beschlossenen Programms über die Zulassung positiver Diskriminierung geschaffen worden sind.

Im übrigen hängt die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung nach dem Gemeinschaftsrecht nicht von der Einstufung der zu besetzenden Stellen ab. Daraus folgt, daß die Beurteilung der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung, mit der im Hochschulbereich eine positive Diskriminierung bei der Einstellung geschaffen worden ist, nicht von der Einstufung der zu besetzenden Stelle abhängt.

(vgl. Randnrn. 53, 55-56, 58-59, 64-65, Tenor 1-2, 4)

3 Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen steht einer auf einer nationalen Verwaltungspraxis beruhenden Regelung, nach der ein Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts um eine Stelle im öffentlichen Dienst einem Bewerber des anderen Geschlechts vorgezogen werden kann, wenn die Verdienste der Bewerber als gleichwertig oder fast gleichwertig anzusehen sind, nicht entgegen, sofern die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der die besondere persönliche Lage aller Bewerber berücksichtigt wird.

(vgl. Randnr. 62, Tenor 3)

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