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Document 61995CJ0106

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen - Vereinbarung über die Zuständigkeit - Gerichtsstandsvereinbarung - Formerfordernisse - Vereinbarung in einer den internationalen Handelsbräuchen entsprechenden Form - Begriff - Mündlich geschlossener Vertrag - Klausel in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben und in Rechnungen, die bezahlt worden sind - Kein Widerspruch - Gültigkeit der Klausel - Voraussetzungen

(Übereinkommen vom 27. September 1968, Artikel 17 in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1978)

2 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen - Besondere Zuständigkeiten - Gerichtsstand des Erfuellungsorts der vertraglichen Verpflichtung - Mündliche Vereinbarung der Parteien über einen anderen Ort als den der tatsächlichen Erfuellung mit dem alleinigen Ziel, einen bestimmten Gerichtsstand festzulegen - Unanwendbarkeit des Artikels 5 Nummer 1 - Anwendbarkeit der für Gerichtsstandsvereinbarungen erforderlichen Formvorschriften

(Übereinkommen vom 27. September 1968, Artikel 5 Nummer 1 und 17

Leitsätze

3 Artikel 17 Absatz 1 Satz 2 dritter Fall des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, daß im internationalen Handelsverkehr im Rahmen eines mündlich geschlossenen Vertrages gemäß dieser Bestimmung eine Gerichtsstandsvereinbarung auch in der Weise getroffen werden kann, daß die eine Vertragspartei auf ein ihr von der anderen Partei übersandtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das einen vorgedruckten Hinweis auf den Gerichtsstand enthält, nicht reagiert oder wiederholt Rechnungen, die einen solchen Hinweis enthalten, widerspruchslos bezahlt, sofern dieses Verhalten einem Handelsbrauch in dem Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, in dem die Parteien tätig sind, und sofern dieser Brauch ihnen bekannt ist oder als ihnen bekannt angesehen werden muß.

In einem Geschäftszweig des internationalen Handelsverkehrs besteht ein Handelsbrauch namentlich dann, wenn ein bestimmtes Verhalten von den dort tätigen Kaufleuten bei Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein befolgt wird. Daß die Vertragsparteien einen solchen Handelsbrauch kennen, steht namentlich dann fest, wenn sie schon früher untereinander oder mit anderen in dem betreffenden Geschäftszweig tätigen Vertragspartnern Geschäftsbeziehungen angeknüpft hatten oder wenn in diesem Geschäftszweig ein bestimmtes Verhalten bei dem Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein und regelmässig befolgt wird, so daß es als ständige Übung angesehen werden kann.

4 Das Übereinkommen ist dahin auszulegen, daß eine mündliche Vereinbarung über den Erfuellungsort, die nicht die Festlegung des Ortes bezweckt, an dem der Schuldner die ihm obliegende Leistung tatsächlich zu erbringen hat, sondern allein darauf abzielt, einen bestimmten Gerichtsstand festzulegen, nicht unter Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens, sondern unter dessen Artikel 17 fällt und nur zulässig ist, wenn sie dieser Bestimmung entspricht. Auch wenn es den Vertragsparteien freisteht, einen anderen Erfuellungsort für die vertraglichen Verpflichtungen als denjenigen zu vereinbaren, den die auf den Vertrag anwendbaren Rechtsvorschriften vorsehen, ohne daß sie hierfür eine besondere Form einhalten müssten, dürfen sie nach dem System des Übereinkommens nämlich nicht mit dem alleinigen Ziel, den Gerichtsstand festzulegen, einen Erfuellungsort bestimmen, der keinen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit aufweist und an dem die vertraglichen Verpflichtungen nach dem Vertrag nicht erfuellt werden können.

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