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Document 61990CJ0195
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
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1. Verkehr - Einführung einer gemeinsamen Politik - Stillhalteregelung des Artikels 76 EWG-Vertrag - Bedeutung - Strassenverkehr - Einführung einer Gebühr für die Benutzung von Strassen mit schweren Lastfahrzeugen durch einen Mitgliedstaat bei gleichzeitiger Senkung der von den inländischen Verkehrsunternehmen erhobenen Kraftfahrzeugsteuer - Unzulässigkeit
(EWG-Vertrag, Artikel 76)
2. Mitgliedstaaten - Verpflichtungen - Allgemeine Verpflichtung aus Artikel 5 EWG-Vertrag - Konkretisierung auf einem bestimmten Gebiet durch einen speziellen Artikel - Feststellung der Vertragsverletzung nur in bezug auf den speziellen Artikel
(EWG-Vertrag, Artikel 5 und 76)
1. Eine nationale Regelung, mit der eine Gebühr für die Benutzung von Strassen mit schweren Lastfahrzeugen eingeführt wird, die von allen Benutzern unabhängig von deren Staatsangehörigkeit zu zahlen ist, und gleichzeitig eine nur den inländischen Verkehrsteilnehmern zugute kommende Senkung der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen wird, bewirkt, daß die Lage der Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu der der inländischen Verkehrsunternehmen in einem für erstere ungünstigen Sinne verändert wird.
Sie verstösst daher gegen Artikel 76 EWG-Vertrag, auch wenn ihre Geltungsdauer in der Erwartung eines Tätigwerdens des Rates zur Durchführung einer gemeinsamen Politik auf diesem Gebiet beschränkt ist und sie zum Umweltschutz, der ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft ist, beitragen soll, indem sie durch die Erhöhung des Beitrags der schweren Lastfahrzeuge zu den Wegekosten die Verlagerung des Strassenverkehrs auf andere Verkehrsträger begünstigt. Um zu verhindern, daß die Einführung einer gemeinsamen Verkehrspolitik erschwert wird, sieht Artikel 76 nämlich vor, daß ein Mitgliedstaat bis zum Erlaß der in Artikel 75 Absatz 1 genannten Vorschriften die verschiedenen, bei Inkrafttreten dieses Vertrages auf diesem Gebiet geltenden Vorschriften in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten darf, es sei denn, daß der Rat einstimmig etwas anderes billigt; im Hinblick auf sein Ziel ist Artikel 76 so zu verstehen, daß er es einem Mitgliedstaat auch verbietet, den Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten den Vorteil etwaiger Maßnahmen zu entziehen, durch die die Lage dieser Unternehmen im Vergleich zur Lage der inländischen Verkehrsunternehmen günstiger gestaltet werden soll.
2. Da Artikel 76 EWG-Vertrag im Bereich des Verkehrs die Konkretisierung der allgemeinen, den Mitgliedstaaten durch Artikel 5 EWG-Vertrag auferlegten Verpflichtung darstellt, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden könnten, bewirkt die Feststellung, daß ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 76 verstossen hat, daß ein eigenständiger Verstoß dieses Mitgliedstaats gegen Artikel 5 EWG-Vertrag nicht mehr festgestellt zu werden braucht.